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Interview mit Isidor Fuchser, Chef Leistungssport Nachwuchs ... - ALV

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Die Schweizer Leichtathletik übernimmt vonSwiss Olympic eine Pionierrolle in derTalentselektion. Diesen Richtlinien ist derAargauer Leichtathletikverbanduntergeordnet. Mit dem heute aktuellgeführt, gelebt und belebten regionalenLeistungszentrum LA eineVorzeigeorganisation Schweiz weit.Swiss Olympic hat die Talentselektionvereinheitlicht. Das Instrument dazu verbirgtsich unter dem etwas sperrigen Namen"Prognostische Integrative SystematischeTrainer-Einschätzung", kurz PISTE. Dieregionale Leichtathletik übernimmt da<strong>mit</strong>international eine Pionierrolle. <strong>Chef</strong><strong>Leistungssport</strong> <strong>Nachwuchs</strong> von Swiss Athletics,<strong>Isidor</strong> <strong>Fuchser</strong> beantwortet einige aktuelleFragen.aber überzeugt, dass wir <strong>mit</strong> dem neuenSystem mehr „echte“ Potenziale herausfiltern,als früher wo wir viel zu oft einfachFrühentwickler <strong>mit</strong> einer Karte belohnten. DieTesttage und insbesondere der Physiotestwerden sehr geschätzt und positiv beurteilt.Selbstkritisch muss ich vielleicht sagen, dassSwiss Athletics PISTE -von Swiss Olympicübrigens als absolutes Vorzeigemodelldargestellt- aufgrund der vielenberücksichtigten Kriterien halt sehr komlexund daher leider eher schwierig zu erklären ist.Da<strong>mit</strong> kämpfe ich am meisten.Wie steht der Aargau im Vergleich zurgesamten Schweiz Talentdichte bezogen da?Seit 3 Jahren werden die PISTEN-TEST`s durchSwiss Athletics durchgeführt. WelcheErfahrungen oder Kenntnisse kannst Dumachen?Der Aufwand ist natürlich viel grösser alsvorher, wo Ende Jahr lediglich eineLeistungslinie in der Bestenliste gezogenwerden musste, um die Kaderselektion zumachen. Ob wir die Zielsetzung (langfristigeFörderung der Athleten die sich bis zumAktivalter durchsetzen und da<strong>mit</strong> wenigerKaderfluktuation) erreichen, dazu ist es füreine Beurteilung noch zu früh. Nach der erstenPISTE-Generation, d.h. in etwa drei Jahrenkann eine hieb- und stichfest messbareAussage darüber gemacht werden. Ich binInsgesamt derzeit eher unterdurchschnittlich.Bei einem Gesamt-Bevölkerungsanteil von7.8% hat der Aargau 2013 nur einen N-Cardholder (1.5%), sieben R-Cardholder (6.6% )und dann 24 L-Cardholder (13.3%). Absolutmacht das zwar 9.1% aller Kader<strong>mit</strong>glieder,aber für mich entscheidender sind die höherenKader. Der Aargau hat sehr guteVoraussetzungen betreffend Infrastruktur,aber die Kadertätigkeit beginnt jetzt eben erstrichtig. Ich bin überzeugt, dass sich die Zahlen<strong>mit</strong> der derzeit sehr aktiven Kaderaktivität inden nächsten Jahren ändert; das konnten wireinige Jahre nach der Lancierung des<strong>Nachwuchs</strong>kader Nordwestschweiz (Basel)deutlich spüren.Die Vergabe der Talentcard ist an einenSelektionsprozess namens PISTE gebunden,der <strong>mit</strong> der Kaderselektion der Swiss AthleticTalents sowie der unter 20jährigen B-


Kaderathleten gekoppelt ist. DiesesSelektionsinstrument basiert auf einerPotenzialeinschätzung, welche nebst derWettkampfleistung auch andere Faktoren<strong>mit</strong>berücksichtigt. In dieser PISTE werdenPunkte vergeben, welche dann zu einerEinstufung nach Potenzial National, Regionaloder Lokal abgestuft sind. Aus welchenGründen fallen die Selektionen derartunterschiedlich auf Verbandsebenen aus?Es folgt grundsätzlich dem dreistufigen Modellvon Swiss Olympic, dem auch wir unsanpassen mussten. Die Einstufungen bilden jadie verschiedenen Zielpotenziale ab, die auchden Umfang der Förderung zeigt.In der LA ist die Leistung <strong>mit</strong> etwa 40-55%Gewichtung das <strong>mit</strong> Abstand wichtigsteKriterium und vergleichbar <strong>mit</strong> internationalenEntwicklungskurven. Mit Potenzial Nationalbeurteilen und fördern wir diejenigen Athleten,denen wir eine Entwicklung an InternationaleGrossanlässe wie die EM als wahrscheinlichzutrauen oder es bereits <strong>mit</strong> der Quali füreinen <strong>Nachwuchs</strong>grossanlass unter Beweisgestellt haben. Die Regional-Potenziale habenzumeist leistungsmässig den Sprung auf dienötige Entwicklungskurve noch nichtgeschafft, aber haben gute Chance dies in denetwa nächsten 2 Jahren zu schaffen. DieLokalen Potenziale sind meist eher jungeAthleten, bei denen die Voraussage noch sehrschwierig ist. Es gibt derzeit auf der ganzenWelt kein verlässliches Instrument, wie wir beieinem 13jährigen die spätereLeistungsentwicklung annähernd richtigvoraussagen können.In den vergangenen Wochen wurde ichmehrfach um Gesuche oder Empfehlungen fürein dispensieren von Schulsport angefragt, dieich grösstenteils ablehnte. Was haltest Du vonderartigen Gesuchen und wie wird es durchSwiss Athletics geregelt?Wir unterstützen eine Dispensation vomSchulsport bis zur 9. Schulklasse grundsätzlichauch nicht. Danach machen wir eine Einzelfall-Beurteilung.Wie beurteilt man, ob jemand talentiert genugist für eine Sportklasse?Die Beurteilung obliegt ja grundsätzlich denSchulen, nicht uns. Für mich dürfte keinemLeichtathleten <strong>mit</strong> einer Talentcard L undhöher der Zugang zu einer Sportklasseverwehrt werden. Ich beobachte, dass dieVerantwortlichen der Schulen in der Schweizextrem unterschiedliche Massstäbe anwenden.Der Aargau bildet hierbei sicher das obersteEnde der Skala, was ich auch scharf kritisiere.Die spezifische Alters- und Förderstrukturunserer Sportart wird von vielen nichtverstanden und insbesondere die L-Cardswerden daher stark unterbewertet.Im Kanton Aargau werden folgendeSportklassen angeboten: Alte KantonsschuleAarau, Sportschule Buchs/Rohr im OrtsteilRohr, Berufsschule Aarau und KV Aarau. Wieentscheide ich, ob ich eine Sportklasse einerherkömmlichen Schulklasse vorziehen soll?Und wenn ja, welche Sportklasse ist für michgeeignet?


Es muss immer der Einzelfall betrachtetwerden. Insbesondere die Reisewege solltengenau unter die Lupe genommen werden. Esspielt eine grosse Rolle, wie weit Heim,Training und Schule auseinander liegen.Entsprechend sollte dies neben derVerfügbarkeit von Trainingsmöglichkeiten einegrosse Rolle spielen. Wenn die Reiserei gleichviel oder mehr Zeit verursacht wie die von derSportschule geschaffene Mehrkapazität, dannbringt eine gute individuelle Lösung in einerherkömmlichen Schulklasse sicher mehrVorteile. Wir sprechen bei über einer halbenStunde one-way von Tür zu Tür von einemlangen Reiseweg. Für mich ist im Übrigen dieMassierung auf zwei Sportschulstandorte imAargau für alle dezentralen Sportarten (OL,Triathlon, Leichtathletik, etc) benachteiligendund daher als strategische Fehlplanung zubezeichnen, von denen ausschliesslich HallenundMannschaftssportarten profitieren. Dasbedauern wir ausserordentlich. AndereKantone wie Bern, Basel, Zürich haben dieslängst erkannt und eine viel differenziertereVerteilung aufgegleist.Für die PISTE-Selektion kann sich eine Athletinoder ein Athlet nicht anmelden. Die Erfassunggeschieht über sogenannte Disziplinen-Scoutsdes Verbandes Swiss Athletics. Nach welchenKriterien melden die Szenenkenner derDisziplinen die Athletinnen und Athleten ausund in welcher Anzahl?Die Scouts halten sich unter anderem (abernicht nur) an sogenannte Orientierungswertedes Verbandes. Das sind Leistungswerte proDisziplin für jedes Altersjahr. Diese Wertehaben wir ja auch auf swiss-athletics.chveröffentlicht. Die Anzahl spielt keine Rolle, dawir nach Leistung und nicht nach Kontingentarbeiten.Die Testverfahren werden in drei Schritten –Fragebogen, Physiotest und <strong>Interview</strong>durchlaufen. In welcher Form werden dieFragen zusammengestellt? Gibt es da vonDisziplin zu Disziplin Unterschiede?Die Fragen im Online-Fragebogen sind für alledieselben. Die Bewertung ist teilweiseunterschiedlich. Disziplinspezifische Dingewerden dann aber im <strong>Interview</strong> noch genauerthematisiert.Die Talentcard ist ein Förderinstrument vomnationalen Olympischen Verband, SwissOlympic – also nicht von Swiss Athletics oderdem Aargauer Leichtatletikverband. BeiSportschulen ist die Talentcard quasi dasEintrittsticket und löst weiter diverseFördermassnahmen von Bund und Kantonenaus. Was für Fördermassnahmen können dassein?Swiss Athletics unterstützt <strong>mit</strong> denGeldbeträgen von Swiss Olympic ja dieLeistungszentren, wo die Athleten dannvergünstigt oder sogar gratis trainierenkönnen. Dies unterstützt das regelmässigeTraining der Athleten in den dezentralenLeistungszentren. Weiter können je nachKanton und Förderstufe auch Subventionengelöst werden. Der Verband bietet zweinationale Trainingslager in Magglingen und St.Moritz <strong>mit</strong> Verbandstrainern an, die nur denKaderathleten offen stehen. Und schliesslichstehen den Kaderathleten und ihren Trainernauch die Disziplintrainer als Berater zurVerfügung.Im Vergleich zu anderen Sportverbände imAargau selektieren diese bereits Knaben undMädchen zwischen 8 und 10 Jahren. Dasheisst, dass diese bereits zum Zeitpunkt derSportklassenbewerbungen ggf. im Besitz einerTalent Card National oder Regional sein


können. Weshalb gelingt das Swiss Athleticsnicht, TC bereits ab 14 Jahren zu vergeben?Weil es sich gezeigt hat, dass in unsererSportart die Prognose für später erfolgreicheAthleten sehr schwierig für so junge Athletenist. Dazu haben wir etliche Statistiken aus demIn- und Ausland, die das belegen. Die bestenAktiv-Athleten waren nur selten bereits <strong>mit</strong> 10Jahren nationale Spitze. Wir sind nun mal eineSpätentwickler-Sportart. Ich habe auchHinweise darauf, dass nicht alle Sportarten <strong>mit</strong>derselben Sorgfalt die Cardvergabehandhaben wie wir.In einer Skala 1-10, wo würdest Du das RLZ LAvom Aargauer Leichtathletikverbandes imVergleich der CH-weiten Angeboteneinordnen?Phu, das ist sehr schwierig, da sich aufgrundunterschiedlicher Voraussetzungen undGrössen die verschiedenen Leistungszentrennicht vergleichen lassen. Ich würde mal sageneine gute Note 7 weil der Aargau bereits aufeiner regionalen Stufe eine sehr grosse undregelmässige stattfindende Palette anDisziplinen abdeckt.Als <strong>Chef</strong> <strong>Leistungssport</strong> <strong>Nachwuchs</strong> bei SwissAthletics beschäftigt man sich nicht nur <strong>mit</strong> TCoder Test`s. Das neu seit diesem Jahrzusammengestellte Team <strong>mit</strong> Ihnen an derSpitze hat unterschiedliche Aufgaben, wasbeinhalten diese?Unser seit 7 Jahren zusammenarbeitendeTeam hat <strong>mit</strong> dem Aarauer David Zumbach inder Tat einen willkommenen Zuwachserhalten. Mein Dossier hat deswegen abernicht verändert. Meine Aufgaben sind dieKaderselektion und alles rund um dieKadertätigkeiten. Nebst der gesamtenOrganisation der PISTE bin ich für die<strong>Nachwuchs</strong>kader-Lager und die<strong>Nachwuchs</strong>grossanlässe (EYOF, U18 WM, U20EM) zuständig und bin dort auch derverantwortliche Teamleiter vor Ort. Dazukommen viele administrative Arbeiten wie dieJ+S <strong>Nachwuchs</strong>förderung und die Verbindungzu den Sportschulen.Ab 2014/15 gibt es einige Änderungen bei derKaderselektion (PISTE). Kannst Du uns bereitsverraten, was und in welchen Stufenumgesetzt und angepasst wird?Im nächsten Jahr werden wir voraussichtlicheher viele kleine Verbesserungen machen. Wirwerden in mehreren Kriterien die Entwicklungseit dem letzten Jahr noch besser in dieBewertung reinnehmen und nicht nur einenfixen Zeitpunkt bewerten. Das Trainingsumfeldmöchten wir noch verfeinert bewerten, indemwir beim Heimtrainer auch die AnzahlKaderathleten der letzten 5 Jahre anrechnen.Und natürlich ist die Formulierung undAussagekraft des Feedback-Bogens <strong>mit</strong> denResultaten der PISTE ein Dauerbrenner.


Abschliessend, hast du an den AargauerLeichtathletikverband oder an die Basis derjungen und gewillten Leichtathletikfamilienetwas das du bei dieser Gelegenheitver<strong>mit</strong>teln willst?Allen ehrenamtlichen Helfern im <strong>ALV</strong> und denVereinen möchte ich meinen allergrösstenDank und ein dickes Lob aussprechen für diesehr vorbildliche Arbeit. Wir nehmen das <strong>ALV</strong>-Kader und deren Vertreter als eines derdynamischsten Teams wahr. Den Athletenmöchte ich viel sagen: glaubt an eure Ziele,arbeitet hart dafür – und ihr werdet von Erfolghaben.<strong>Interview</strong>; Christian Winter RLZ LA

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