12.07.2015 Aufrufe

Ethischer Kodex der Festhaltetherapie nach Jirina Prekop - GFH ...

Ethischer Kodex der Festhaltetherapie nach Jirina Prekop - GFH ...

Ethischer Kodex der Festhaltetherapie nach Jirina Prekop - GFH ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>GFH</strong> e.V., Rotmoosstr. 4a, D-88131 Lindau,Tel.: 0049-(0)8382-2736048,Fax: 0049-(0)8382-2736049,E-Mail: info@prekop-festhalten.deREFLEXIONBei <strong>der</strong> Ethik geht es sicher um etwas Wesentliches und dies liegt viel tiefer als die(natürlicherweise notwendige) Disziplin.Bei <strong>der</strong> Ethik geht es vor allem um eine innerer Haltung <strong>der</strong> Ehrfurcht.Und diese Haltung erzeugt eine beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit. Und diese Aufmerksamkeitäußert sich auf verschiedenen „Fel<strong>der</strong>n“.Die Haltung <strong>der</strong> Wertschätzung sollte dabei deutlich im Mittelpunkt stehen.Deshalb ist nicht nur wichtig, was in den künftigen Richtlinien stehen wird, son<strong>der</strong>n auchwelche Ausstrahlung sie haben, welchen Geist sie atmen werden.Da sind ein längerer Austausch und ein längeres Reifen nötig.Die Formulierungen sollten am Ende einfach, allgemeinverständlich und treffen sein.Diese Arbeit kann gelingen, wenn wir uns gleichzeitig auch klarer werden, wer wireigentlich sind.<strong>Ethischer</strong> <strong>Kodex</strong> <strong>der</strong> <strong>Festhaltetherapie</strong> <strong>nach</strong> <strong>Jirina</strong> <strong>Prekop</strong>Die <strong>Festhaltetherapie</strong> (FTP) gehört für uns, zu den psychotherapeutischen Richtungen,die sich im Umkreis <strong>der</strong> humanistischen und <strong>der</strong> körperorientierten Psychotherapieentwickelt haben. Sie geht von einem Menschenbild aus, welches die Ganzheitlichkeitdes körperlichen und seelischen Erlebens und die Tragweite <strong>der</strong> zwischenmenschlichenBeziehungen betont. Das Menschenbild <strong>der</strong> FTP führt zu hoher Aufmerksamkeit für dieeinmalige persönliche Geschichte des Menschen und für seine ebenso einmaligeVerwurzelung in den früheren Generationen. Es beinhaltet die Wertschätzung desmenschlichen Suchens <strong>nach</strong> Sinn und Sinnerfüllung über den persönlich gegebenenRahmen von Raum und Zeit hinaus.Die Hauptkraft für diese Bewegung des Lebens - o<strong>der</strong> in deformierter Form auch <strong>der</strong>pathologische Einschränkung des Lebens (falls sie in ausreichendem Maße im Lebendes Menschen nicht gelebt werden konnte) – ist die bedingungslose Liebe und ihreAnnahme.Ihr Spiegel ist in <strong>der</strong> frühen Kindheit die Fortentwicklung <strong>der</strong> Bindung zwischen Kin<strong>der</strong>nund ihren Bezugspersonen. Dieses Geschehen wird zur Grundlage für die weiterensozialen Beziehungen.Betrachten wir die FTP und die mit ihr verbundene Komplexität <strong>der</strong> Zugänge undMethoden als Psychotherapie, so sollte <strong>der</strong> Festhaltetherapeut die Qualifikation alsPsychotherapeut haben.Wir gehen davon aus (mit womöglich allgemeiner Tragweite), dass die FTP, die imRahmen <strong>der</strong> Gesundheitsdienste gewährt wird, als klinische Psychotherapie zubenennen ist. Daneben konstatieren wir, dass die Methoden und Zugänge,1


die als psychotherapeutisch charakterisiert werden, auch außerhalb desGesundheitswesens angewandt werden.Die Voraussetzungen für die Psychotherapeutentätigkeit in <strong>der</strong> Tschechischen Republikwerden in <strong>der</strong> Regel durch die Absolvierung einer fünfjährigen Ausbildung mitSelbsterfahrung (vom Umfang her mindestens 500 Stunden) und einer festgelegtenAnzahl <strong>der</strong> Supervisionsstunden (etwa 100 Stunden) vorgegeben. Voraussetzung dafürist auch ein vorgeschriebenes theoretisches Studium (im Umfang etwa einesMagisterstudiums) auf dem Gebiet <strong>der</strong> klinischen Psychotherapie im Fach Medizin o<strong>der</strong>Psychologie. Für die Psychotherapie außerhalb des Gesundheitswesens werdeneventuell an<strong>der</strong>e helfende Berufe (jetzt auch u.a. das Studium <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>pädagogik,<strong>der</strong> Sozialarbeit, <strong>der</strong> Theologie) akzeptiert.Im Gesundheitswesen <strong>der</strong> Tschechischen Republik wird - bei Erfüllung <strong>der</strong> obengenannten Voraussetzungen - die Qualifikation eines Psychotherapeuten durch einespezielle Prüfung im Fach Psychotherapie erreicht, die gleichzeitig die Zertifizierung ineiner funktionellen psychiatrischen Spezialisierung o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> klinischen Psychologiebeinhaltet.Der ethische <strong>Kodex</strong> eines Festhaltetherapeuten ist notwendigerweise <strong>der</strong> ethische<strong>Kodex</strong> eines Psychotherapeuten, <strong>der</strong> selbstverständlich - je <strong>nach</strong> seinerHauptprofession – auch den entsprechenden <strong>Kodex</strong> dieser Profession akzeptiert (z.B.des Psychologen o<strong>der</strong> Arztes).Hinsichtlich <strong>der</strong> weiteren spezifischen Charakteristika <strong>der</strong> FTP, beschäftigt sich ihrethischer <strong>Kodex</strong> auch ausdrücklich mit diesen Aspekten. Aus diesen Gründen wird <strong>der</strong>erste Teil des ethischen <strong>Kodex</strong>es <strong>der</strong> FTP durch den ethischen <strong>Kodex</strong> <strong>der</strong>Tschechischen Psychotherapeutischen Gesellschaft gebildet.Dieser <strong>Kodex</strong> wird durch spezifische Punkte ergänzt, die in vier grundsätzlichenethischen Prinzipien des Europäischen Metakodexes <strong>der</strong> psychologischen Ethikverankert sind.Das Prinzip des Respekts beschäftigt sich detailliert mit <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Einwilligung desKlienten, insbeson<strong>der</strong>e des Kindes und dessen Eltern, vorzugsweise des Klienten, <strong>der</strong>für seine Entwicklungsstufe (Kleinkind) o<strong>der</strong> wegen seinem gesundheitlichen o<strong>der</strong>psychischen Zustand, nicht in <strong>der</strong> Lage ist, verantwortlich zu entscheiden.Das Prinzip <strong>der</strong> Kompetenz beschäftigt sich mit den oben genannten Problemen <strong>der</strong>Kompetenz zur Durchführung <strong>der</strong> FTP. Es wird auch daran erinnert, dass die FTP alsrelativ neue und sich ständig weiterentwickelnde Methode, hohe Ansprüche an einelaufende fachliche Fortbildung sowie an die Supervision <strong>der</strong> Therapeuten stellt.Dies betrifft auch das anspruchsvolle und kritische Herangehen sowie diewissenschaftliche Begleitung <strong>der</strong> Therapiepraxis und die Evaluation <strong>der</strong>Therapieergebnisse.Das Prinzip <strong>der</strong> Verantwortlichkeit verlangt dann im besten Interesse des Klienten,dass das Unbehagen o<strong>der</strong> negative Emotionen des Klienten sich im Verlauf <strong>der</strong> FTPminimalisieren und dass sie bei Beendigung <strong>der</strong> Therapie eindeutig in positiveEmotionen münden und aufgewogen werden, soweit es möglich ist, in <strong>der</strong> Erneuerungbedingungsloser Liebe. Die therapeutische Verantwortlichkeit bezieht sich gleichzeitigauf die weitere Erreichbarkeit des Therapeuten durch den Klienten und dietherapeutische Nachsorge.Das Prinzip <strong>der</strong> Integrität, bedeutet mehr als nur den Hippokratischen Eid nicht zu„verletzen“- „ non nocere“, son<strong>der</strong>n es bemüht sich um den Erfolg und das Wohlsein desKlienten. Es führt auch im Rahmen des <strong>Kodex</strong>es zur Reflexion von Körperkontakt undBerührung als einem integralen Bestandteil <strong>der</strong> FTP, selbstverständlich unter <strong>der</strong>Voraussetzung von klar gestellten ethischen Kriterien.2


So vorbereitet wenden wir uns nun dem ethischen <strong>Kodex</strong> <strong>der</strong> FTP zu.Die Festhaltetherapeuten <strong>nach</strong> <strong>Jirina</strong> <strong>Prekop</strong> richten sich in ihrer fachlichen Tätigkeit<strong>nach</strong> dem ethischen <strong>Kodex</strong> <strong>der</strong> deutschen psychotherapeutischer Gesellschaft, den wirhier zitieren:Die ständige ethische Kommission <strong>der</strong> Europäischen Fö<strong>der</strong>ation <strong>der</strong> psychologischenAssoziationen, hat im Jahre 1995 den Metakodex <strong>der</strong> psychologischen Ethikausgearbeitet, <strong>der</strong> in Details in <strong>der</strong> tschechischen Übersetzung im Buch: Lindsay a kol. :Etika pro evropske psychology (Ethik für europäische Psychologen), Triton a Hogrefe-Testcentrum, Praha, 2010 zu finden ist.Er stellt die Quintessenz <strong>der</strong> ethischen Prinzipien dar, von denen die ethischen <strong>Kodex</strong>ein verschiedenen Län<strong>der</strong>n auf den verschiedenen Gebieten <strong>der</strong> Psychologie ausgehenund einen gemeinsamen Nenner haben.Es sind folgende Prinzipien:- Prinzip des Respekts- Prinzip <strong>der</strong> Kompetenz- Prinzip <strong>der</strong> Verantwortlichkeit- Prinzip <strong>der</strong> IntegritätDa es sich hier speziell um die Therapie unter fester Umarmung handelt, sind für dieFesthaltetherapeuten darüber hinaus weitere Grundsätze verbindlich, die wir <strong>nach</strong>einzelnen ethischen Prinzipien klassifizieren:1. Prinzip des RespektsDer authentische Ausdruck <strong>der</strong> Achtung vor dem Klienten ist eine Grundvoraussetzung<strong>der</strong> <strong>Festhaltetherapie</strong> (FTP). Dazu gehört die freiwillige, informierte und <strong>nach</strong> Bedarferneuerte und konkretisierte Zustimmung <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Therapie teilnehmenden Klienten.Vor dem Aussprechen <strong>der</strong> Zustimmung o<strong>der</strong> Nichtzustimmung ist <strong>der</strong> Klient ausreichendund konkret mit dem Verlauf, den möglichen und etwaigen Komplikationen und auchdem Ziel <strong>der</strong> Therapie, einschließlich einer realistischen Vorstellung über ihre Dauer,informiert.Der Klient hat das Recht seine ausgesprochene Zustimmung gegebenenfalls zuentziehen und die Zusammenarbeit freiwillig durch seine Entscheidung zu beenden.Bei <strong>der</strong> FTP <strong>der</strong> Eltern mit Kin<strong>der</strong>n ist es notwendig, alles dafür zu tun, damit das Kindmöglichst vollständig den Sinn und die Form <strong>der</strong> FTP versteht. Es kann da<strong>nach</strong> - imRahmen seiner Möglichkeiten - sein Einverständnis ausdrücken und Mitwirkung leisten.Die Eltern (bzw. seine gesetzlichen Vertreter) und <strong>der</strong> Therapeut respektieren dabei dieerreichte Entwicklungsstufe des Kindes. Falls das Kind wegen seiner mangelndenErkenntnisfähigkeit (z.B. aus Gründen des Alters (in <strong>der</strong> Regel bei Kin<strong>der</strong>n jünger alsvier Jahre) o<strong>der</strong> wegen psychischer Störungen, zerebraler Behin<strong>der</strong>ungen, usw.) nichtin <strong>der</strong> Lage ist über die Indikation <strong>der</strong> FTP selbständig zu entscheiden, so übernimmtdie Kompetenz dazu die Eltern.Für die FTP ist in <strong>der</strong> Regel die Zustimmung bei<strong>der</strong> Eltern (o<strong>der</strong> <strong>der</strong> gesetzlichenVertreter) notwendig, falls sie praktisch zu erreichen sind. Die Zustimmung des zweitenElternteils sollte <strong>der</strong>jenige von den Eltern beantragen, <strong>der</strong> die Therapie für sein Kindverlangt. Für die Anwendung <strong>der</strong> FTP zwischen Eltern und dem Kind gilt die Bedingung,dass <strong>der</strong> umarmende Elternteil vor dem an<strong>der</strong>en, möglicherweise abwesenden Elternteil3


Achtung hat.Ebenso ist Bedingung für die <strong>Festhaltetherapie</strong> zwischen Adoptiveltern (o<strong>der</strong> einemPfleger) und dem Kind, dass die Ersatzeltern die biologischen Eltern achten.2. Prinzip <strong>der</strong> Kompetenza) Kompetenz zur Durchführung <strong>der</strong> FTPDieses Prinzip bedeutet, dass <strong>der</strong> Therapeut sich wohl seiner positiven Möglichkeiten,aber auch den Grenzen seiner Fachlichkeit bewusst ist. Er bietet nur die Dienste an un<strong>der</strong> wendet nur die Methoden, in <strong>der</strong>en Anwendung er entsprechend ausgebildet(theoretisch und praktisch) ist und mit denen er genügend Erfahrung hat.Dieses Prinzip verlangt gute Kenntnisse und die Verinnerlichung <strong>der</strong> Ethik sowie <strong>der</strong>enIntegration in die professionelle Praxis. (das ethische Unterbewusstsein)Für die FTP als psychotherapeutische Methode ist <strong>der</strong> Träger <strong>der</strong> Kompetenz für dieselbständige Durchführung <strong>der</strong> erfolgreiche Absolvent <strong>der</strong> <strong>Festhaltetherapie</strong> <strong>nach</strong> <strong>Jirina</strong><strong>Prekop</strong> (mit entsprechendem Nachweis), <strong>der</strong> die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>nach</strong>weisen kann, diean den Psychotherapeuten gestellt werden. (Erfolgreiche Beendigung despsychotherapeutischen Langzeitstudiums mit Selbsterfahrung im akkreditiertemProgramm <strong>der</strong> psychotherapeutischen Ausbildung, des vorgeschriebenen theoretischenStudiums, z.B. ähnlich wie das System SUR o<strong>der</strong> die Prager psychotherapeutischeFakultät, die eine bestimmte Anzahl von Supervisionsstunden vorschreibt).Zur Durchführung <strong>der</strong> <strong>Festhaltetherapie</strong> im Rahmen des Gesundheitswesens (alsBestandteil <strong>der</strong> psychotherapeutischen Versorgung), ist <strong>der</strong> erfolgreiche Abschluss <strong>der</strong>funktionellen Spezialprüfung in Psychotherapie <strong>nach</strong> den entsprechendenBestimmungen Voraussetzung.Die Inhaber des Berechtigungs<strong>nach</strong>weises über den erfolgreichen Abschluss <strong>der</strong><strong>Festhaltetherapie</strong>ausbildung durch die Gesellschaft zur För<strong>der</strong>ung des Festhaltens alsTherapie und Lebensform e.V. (mit aktuellem Sitz in Lindau), die die oben genanntenKriterien für die selbständige Ausführung <strong>der</strong> Psychotherapie nicht erfüllen, könnendiese Form <strong>der</strong> Fürsorge unter <strong>der</strong> Führung und <strong>der</strong> Garantie einesFesthaltetherapeuten ausführen, <strong>der</strong> voll qualifizierter Psychotherapeut ist. DieserPsychotherapeut kann dann auf den Festhaltetherapeuten eines einzelnen Klienten dieAufgaben und die Durchführung einer therapeutischen Handlung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fürsorge ausdem Repertoire <strong>der</strong> FTP ( z. B. Aussöhnung mit einem Elternteil unter Visualisierung)delegieren o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Festhaltetherapeut kann als psychotherapeutischer Assistent andem psychotherapeutischen Prozess o<strong>der</strong> als ein Teil des therapeutischen Teamsteilnehmen.Die Verantwortung für den ganzen therapeutischen Prozess liegt dabei beimqualifizierten Psychotherapeuten.Der Festhaltetherapeut geht bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> FTP mit einer beson<strong>der</strong>enBehutsamkeit vor, da er sich bewusst ist, dass die FTP zu den Methoden gehört, dierelativ neu sind und sich weiter entwickeln. Dazu gehört auch die Pflicht desTherapeuten sich fortlaufend während seiner Tätigkeit fortzubilden, kritisch offen fürneue Entwicklungen und neue Erkenntnisse sein und diese in seine Praxis zuübertragen mit <strong>der</strong> festen Absicht, die Auswirkungen sorgfältig und langfristig zubeobachten und auszuwerten.b) SupervisionDer Festhaltetherapeut nimmt fortlaufend an Supervisionen im Umfang von zumindest4


20 Stunden jährlich teil. Die Supervision kann als Einzelsupervision o<strong>der</strong> alsGruppensupervision stattfinden. Bis zu 10 Stunden kann sie die Form <strong>der</strong> kollegialenBeratung bzw. Supervision haben. Mindestens die Hälfte <strong>der</strong> Gesamtzahl <strong>der</strong>Supervision findet unter <strong>der</strong> Führung eines Supervisors statt, <strong>der</strong> vom Träger <strong>der</strong>Ausbildung anerkannt ist. Bis zu 10 Stunden kann die Supervision von einem Supervisordurchgeführt werden, <strong>der</strong> die Qualifikation als Supervisor in <strong>der</strong> Psychotherapie hat undsich selber supervidieren lässt.3. Prinzip <strong>der</strong> Verantwortlichkeita) Handeln im besten Interesse des KlientenIn Zusammenhang mit seiner Tätigkeit trägt <strong>der</strong> Therapeut die volle Verantwortlichkeitgegenüber dem Klienten, seinem Arbeitsteam und <strong>der</strong> Gesellschaft. Die ethischeVerantwortlichkeit für das professionelle Handeln und seine Konsequenzen istpersönlich.Der Therapeut handelt im besten Interesse des Klienten. Ähnlich wie in <strong>der</strong> Medizin giltauch in FTP <strong>der</strong> Hippokratische Grundsatz: Primum non nocere. (Vor allem nichtschaden.)Sehr sorgfältig - im Geiste des vollen Respekts vor den Rechten des Klienten – werdenEntscheidungen und das therapeutische Handeln erwogen und abgewogen, die – direktund indirekt - bei dem Klienten o<strong>der</strong> bei seinen Nächsten (Eltern, Partner etc. ) imVerlauf des therapeutischen Prozesses o<strong>der</strong> im Zusammenhang mit ihm zu Belastung,Nie<strong>der</strong>geschlagenheit, Kummer o<strong>der</strong> emotionalem bzw. körperlichem Unwohlseinführen können.Negative Emotionen, Gefühle, Erlebnisse und Erfahrungen sind im Verlauf <strong>der</strong> FTPnotwendig verbal und nonverbal voll auszudrücken. Dies geschieht in <strong>der</strong> geschütztenund sicheren Umgebung, die <strong>der</strong> Therapeut gestaltet.Achtsam sind Auswirkungen und Folgerungen abzuwägen, um für den Klienten in <strong>der</strong>gegebenen Situation die bestmögliche Variante zu suchen.An dieser Stelle ist <strong>der</strong> Unterschied zwischen Weg und Ziel, zwischen Intervention undihrem Ergebnis bewusst zu machen. Das mögliche Unbehagen des Klienten ist durchden „ Weg“ während des Prozesses zuzulassen, es ist aber nie das Ziel.Die FTP stellt ein dynamisches Geschehen dar, in dessen Verlauf <strong>der</strong> Klient denProzess <strong>der</strong> Verwandlung gehen kann und die Hoffnung auf die positive Lösunggewinnen soll.b) Ziele und Sinn <strong>der</strong> FTPDas Ziel und <strong>der</strong> Sinn des Prozesses in <strong>der</strong> FTP sind aus <strong>der</strong> fachlichen, menschlichenund ethischen Sicht die Erneuerung, die Vertiefung, die Verwandlung und die positiveKorrektur <strong>der</strong> gegenseitigen Annahme.Die ethische Maxime ist die bedingungslose Liebe. Auf das Kind bezogen bedeutet diesdarüber hinaus die sichere Bindung. Im Festhalte-Prozess ist deshalb <strong>der</strong> Respekt vorden Möglichkeiten <strong>der</strong> Klienten zu bewahren. Das heißt, dass ausreichend Zeit zurVerfügung steht, damit im Verlauf <strong>der</strong> gegenseitigen emotionalen Konfrontationzwischen dem Umarmenden und dem Umarmten, sich die Klienten die Fülle <strong>der</strong>Polarität des emotionalen Erlebens bewusst machen können. Dies ermöglicht dasvollständige Ausdrücken <strong>der</strong> Emotionen und dadurch die Verwandlung <strong>der</strong> negativenEmotionen in die gegenseitige Liebe <strong>nach</strong> dem Paulus-Wort: „Lasst die Sonne übereurem Zorn nicht untergehen!“ ( Eph 4,26)5


c) Kontinuität und NachsorgeDa die FTP zu den Kurzzeit-Interventionen gehört, ist <strong>der</strong> Festhaltetherapeut denKlienten im Anschluss an die FTP behilflich bei <strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong> therapeutischenNachsorge über einen längeren Zeitraum. Diese soll seinen Bedürfnissen undWünschen entsprechen und im Einklang mit seinen realen Möglichkeiten stehen.4. Prinzip <strong>der</strong> IntegritätDer Festhaltetherapeut strebt seine fachliche und menschliche Entfaltung an, er arbeitetan seiner Identität unter Beachtung seiner positiven Möglichkeiten, seiner Grenzen unddem zeitlichen Limit seiner Tätigkeit.In ethischer Hinsicht strebt er da<strong>nach</strong>, zunehmend eine integrierte Persönlichkeit imwahrsten Sinne des Wortes zu sein, in dem das Lateinische „Integritas“, die„Unversehrtheit“ ist, die im mittelalterlichen Latein die moralische Reinheit bedeutet.Eine gewisse Loslösung von sich selbst ist die Voraussetzung <strong>der</strong> Selbstreflexion und<strong>der</strong> Empathie. Dies stellt das Ideal dar, dem sich <strong>der</strong> Therapeut auf dem Wege despersönlichen Wachstums und seiner Arbeit anzunähern versucht.Körperlicher Kontakt und BerührungDie FTP bringt in die Psychotherapie das Thema des körperlichen Kontaktes in <strong>der</strong>Form <strong>der</strong> Berührung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Umarmung ein. Das ist möglich, wenn das o.g.angestrebte Ideal menschlicher Integrität gilt und ein entsprechend ausgebildeter(kompetenter) Therapeut mit Achtung und voller Verantwortlichkeit an den Klientenherantritt.In <strong>der</strong> FTP verstehen und respektieren wir den Menschen als die einmaligePersönlichkeit in ihrer Ganzheitlichkeit und als Einheit des körperlichen, geistigen,seelischen und des sozialen Lebens und ihrer Beziehungen.Die Berührung und die Umarmung sind ein unteilbarer Bestandteil <strong>der</strong> FTP. Sie dienen<strong>der</strong> Vertiefung des Kontaktes zu sich selbst und dem umarmten Partner und sie ist einInstrument für die gegenseitige Empathie. Während des Festhaltens kommen (mitbei<strong>der</strong>seitigem Einverständnis) zwei Subjekte in körperlichen Kontakt.In <strong>der</strong> Regel sind es Personen, die <strong>nach</strong> <strong>der</strong> natürlichen Ordnung zusammengehören.Bei <strong>der</strong> Aussöhnungstherapie unter Visualisierung o<strong>der</strong> wenn die entsprechendeBeziehungsperson nicht erreichbar ist, wählt <strong>der</strong> Klient für sein Festhalten eine ihmnahe stehende Person.Der Festhaltetherapeut selbst darf im FTP-Prozess den Klienten <strong>nach</strong> seinerZustimmung nur im Falle einer Krisenintervention festhalten. Nach Möglichkeit sollte eseine gleichgeschlechtliche Person sein.Der Therapeut berührt im Verlauf <strong>der</strong> FTP nur die am Prozess beteiligten Personen undzwar mit ihrem Einverständnis und in dem Maße, das unentbehrlich für die Einleitungund den Verlauf <strong>der</strong> FTP nötig erscheint.(Anmerkung: Die maskulinen Bezeichnungen im Text wie „Therapeut“, o<strong>der</strong> „Psychotherapeut“ o<strong>der</strong> „ Klient“ beziehen sich selbstverständlich auch auf denfemininen Teil.)Die Gestalt des ethischen <strong>Kodex</strong>es wurde unter <strong>der</strong> Leitung von Dr. <strong>Jirina</strong> <strong>Prekop</strong>besprochen und präzisiert anlässlich des Supervisionstreffens <strong>der</strong> Festhaltetherapeutenim Sommer 2012. Er wurde als verbindlich für alle Festhaltetherapeuten beschlossen.6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!