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Der Operationsverstärker - Medienwissenschaft

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Analogrechners darin, so konfigurierbar zu sein, dass er sich zum zu berechnenden Problemanalog verhält. 7Die diskursive Bedeutung der Gegenüberstellung von analog und digital für die Medientheoriekann also nicht allein in den technischen Eigenschaften der jeweiligen Rechenmaschinenbegründet sein. Dennoch lassen sich im Programm der Kybernetik Spuren finden, die diese Unterscheidungwesentlich aufhellen können. Ihre initiale Beobachtung formuliert die Kybernetikin einem Aufsatz aus dem Jahr 1943: Mechanismen der Rückkopplung, die bestimmten Maschinenein zielgerichtetes Verhalten ermöglichen, eignen sich demnach auch zur Beschreibung desVerhaltens lebendiger Organismen, folglich auch des Menschen:Purposeful active behaviour may be subdivided into two classes: “feed-back” (or “teleological”) and“non-feed-back” (or “non-teleological”). The expression feed-back is used by engineers in two differentsenses. In a broad sense it may denote that some of the output energy of an apparatus or machine isreturned as input; an example is an electrical amplifier with feed-back. […]Finally it reveals that a uniform behaviouristic analysis is applicable to both machines and livingorganisms, regardless of the complexity of behaviour. 8„Epistemologien sind eben auch eine Frage der Hardware.“ 9 In diesem Sinne ist auch die medienarchäologischeIntention der vorliegenden Arbeit zu verstehen, die ganz konkret den zitiertenelektronischen Verstärker mit Rückkopplung in den Fokus rückt. Als Operationsverstärker, wiedieser erstmals in einem Artikel aus dem Jahr 1947 betitelt wird, 10 ist dieses materielle technischeDing nicht nur in allen Beschreibungen des elektronischen Analogrechners als dessen„wichtigste[s] Bauelement“ präsent, 11 sondern gleichzeitig ein wichtiges Teil der „Hardware“der frühen Kybernetik.Doch das eingangs erwähnte Zitat macht es deutlich: der Einsatz eines Verstärkers als Rechenhardwareerscheint zunächst alles andere als offensichtlich. Dies ist nicht verwunderlich,denn auch die Hardwarewerdung des Operationsverstärkers steht am Ende eines langen Prozesses,der maßgeblich durch empirische Experimente geprägt ist. <strong>Der</strong> WissenschaftshistorikerHans-Jörg Rheinberger hat solche Prozesse innerhalb von Experimentalsystemen verortet: „Ex-7 In Anbetracht des begrenzten Umfangs dieser Arbeit kann an dieser Stelle keine detailliertere Beschreibungunterschiedlicher analoger Rechenmaschinen erfolgen. Es sei stattdessen auf Ulmann, Analogrechner, S. 2 ff. verwiesen.Eine sehr detaillierte Diskussion des Unterschieds zwischen analog und digital findet sich außerdem inJörg Pflüger. „Wo die Quantität in Qualität umschlägt. Notizen zum Verhältnis von Analogem und Digitalem“. In:HyperKult II. Zur Ortsbestimmung digitaler Medien. Hrsg. von Martin Warnke, Wolfgang Coy und Georg ChristophTholen. Bielefeld: Transcript, 2005, S. 27–94.8 Arturo Rosenblueth, Norbert Wiener und Julian Bigelow. „Behavior, Purpose, and Teleology“. In: Philosophyof Science 10.1 (Jan. 1943), S. 18–24, hier S. 19, 22.9 Wolfgang Hagen. „Die Camouflage der Kybernetik“. In: Cybernetics – Kybernetik. The Macy-Conferences1946–1953. Bd. 2: Essays & Documents/Essays & Dokumente. Hrsg. von Claus Pias. Zürich und Berlin: Diaphanes,2004, S. 191–207, hier S. 191.10 Die englische Originalbezeichnung lautet operational amplifier, vgl. John R. Ragazzini, Robert H. Randall undFrederick A. Russell. „Analysis of Problems in Dynamics by Electronic Circuits“. In: Proceedings of the I. R. E. (Mai1947), S. 444–452.11 Hier als aktuelles Beispiel: Ulmann, Analogrechner, S. 92 ff.2

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