"What is especially exiting is not just that motor development researchers arelearning more and more about how babies come to control their limbs and bodies butalso that the field of motor development may again provide theoretical leadership forunderstanding human development in general." (THELEN 1995, S. 80)Dementsprechend sind aktuelle Bestrebungen darauf ausgerichtet, der Erforschung derBeziehungen von Wahrnehmung und Handlung den Vorrang zu geben vor kausalenErklärungsmodellen. Berücksichtigt wird damit auch die Tatsache, daß Bewegung nichtunabhängig von dem handelnden Menschen und seinem Bezug zur Umwelt stattfindet. Diezirkulären Zusammenhänge, "der Kreis Umwelt - Sinnesempfindung - Nervensystem -motorische Tätigkeit - Umwelt und die Rückmeldungen aus ihm" (vgl. FELDENKRAIS1987, S. 189), bestimmen die Art und Weise der ausgeführten Aktionen. Bewegung kann alsonie für sich beschrieben und erforscht werden, sondern nur in Verbindung mit allen daranbeteiligten Aspekten, einschließlich der bisher gemachten Erfahrungen des Einzelnen. DieFrage, woher der innere Antrieb für nicht angeborene Bewegungen kommt, führt THELEN(1995) zu der Annahme, daß Kinder durch die jeweiligen Anforderungen motiviert werden,die zu bewältigen sind, um etwas Bestimmtes zu erreichen. Um etwa dem Wunschnachzukommen, ein Spielzeug zum Mund zu führen, müssen sie lernen, sich entsprechend zuorganisieren. Auch die durch Reifung mitbestimmten Fähigkeiten werden demnach in einemaktiven Prozeß der Auseinandersetzung mit der Umwelt gelernt und entstehen nicht völligvon selbst (vgl. THELEN 1995, S. 86).FELDENKRAIS legt seinen Annahmen ebenfalls dieses Zusammenspiel von Reifen undLernen zugrunde. Auf die hohe Neigung des Nervensystems neue Muster zu bilden, führt erdie größere Neugier und Erkundungslust des Menschen im Vergleich zu niedrigeren Tierenzurück (vgl. FELDENKRAIS 1992, S. 128). Neurophysiologisch ließe sich damit eineErklärung für die kindliche Motivation zur Bewältigung ständig neuer Aufgaben finden.Warum diese Motivation dem Menschen im Laufe seiner Entwicklung so oft verloren geht,obwohl sie ihm ein Leben lang zur Verfügung stehen würde, liegt FELDENKRAIS zufolge ineiner zwanghaften Erziehung und in der <strong>Ausbildung</strong> starrer Gewohnheiten begründet. Dergrundsätzliche Nutzen, den Gewohnheiten für ein rasches und angemessenes Handeln haben,wurde hier bereits angesprochen. "Aber blind angewandt oder als wären sie Naturgesetze unddaher unabänderlich, sind Gewohnheiten nichts als festgefahrene, fortgesetzte und mit unsererZustimmung bekräftigte Ignoranz." (FELDENKRAIS 1987, S. 177)Ein weiterer Grund dafür, daß viele Menschen ab einem gewissen Zeitpunkt aufhören sichweiterzuentwickeln, mag auch mit unseren gesellschaftlich bedingten Vorstellungen vomErwachsensein zusammenhängen. Kindliche Verhaltensweisen gelten dann als unreif, sichanzustrengen und Leistung zu erbringen wird wichtiger als der spielerische Umgang mit denSeite 55
eigenen Fähigkeiten. Schließlich wird die Möglichkeit einer Veränderung kaum mehrwahrgenommen."Man kann lernen, sich anders zu bewegen, anders zu gehen, anders zu stehn; aberviele haben das aufgegeben, weil sie meinen, es sei jetzt zu spät, ihrEntwicklungsprozeß sei abgeschlossen, sie könnten nichts Neues mehr erlernen, siehätten keine Zeit oder es fehlte ihnen die nötige Fähigkeit." (FELDENKRAIS 1987,S. 175)Auch wenn der von FELDENKRAIS vorgeschlagene Weg zur Verhaltensänderung sich andessen Entstehung, also der mit ihr untrennbar verbundenen Bewegungsentwicklung,orientiert, braucht man dafür nicht ins Säuglingsstadium zurückgehen, sondern kann zu jedemZeitpunkt damit beginnen (vgl. 1987, S. 175). Wie die Entwicklung im Kindesalter, soverläuft allerdings auch dieser Prozeß nicht kontinuierlich und ist nicht frei von Störungen.Sich darüber klar zu sein, "daß der Lernprozeß nicht ebenmäßig und daß er in Schritten vorsich geht; und daß es dabei nicht immer nur aufwärts, sondern auf und ab gehen wird", siehtFELDENKRAIS ebenso als notwendige Voraussetzung für eine Änderung, wie die Tatsache,daß dabei neue Schwierigkeiten auftauchen werden, die bislang unbemerkt geblieben waren(vgl. 1978, S. 27). Hier wird noch einmal der Unterschied zwischen Lernen und Heilendeutlich. Während eine Heilung auf die Wiederherstellung eines Zustandes ausgerichtet ist,den man von früher her kennt und gewohnt ist, und den man nicht weiter in Frage stellt, istder durch Lernen zu erreichenden Verbesserung kein bestimmtes Ziel gesetzt. Es ist ein in dieZukunft hinein offener Prozeß - wie das Leben selbst."Das Gewohnte bildet den automatischen Hintergrund unseres Systems; Fortschrittist der Vordergrund unserer Bewußtheit. Das sind zwei grundverschiedeneDimensionen. Das eine ist eine atavistische Empfindung; das andere ein erlerntesWissen, das es uns erst ermöglicht, frei zu wählen. Und das ist das vornehmlicheMerkmal des homo sapiens." (FELDENKRAIS 1981, S. 59)2.2.6. Bewußtheit als ErziehungszielAls Grundlagen einer ganzheitlichen Umerziehung des Menschen, wie sie FELDENKRAISdarstellt, wurden bisher die untrennbare Einheit von Körper und Geist, die dynamischenZusammenhänge zwischen Wahrnehmung, Selbstbild und Handlung, die Fähigkeit desorganischen Lernens und die zentrale Bedeutung von Bewegung für die menschlicheEntwicklung genannt. Dies alles sind Voraussetzungen, die der Mensch nutzen kann, um seinLeben selbstbestimmt zu gestalten, und auch um anderen bei der Entwicklung hin zu einerreifen und handlungsfähigen Persönlichkeit zu helfen. Die Bildsamkeit des Menschen, alsoseine Veränderbarkeit und Lernfähigkeit, ist in diesen Voraussetzungen als ErmöglichungSeite 56
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