Compendium 2012 - PR Report
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10 <strong>PR</strong> <strong>Report</strong> <strong>Compendium</strong> <strong>2012</strong> <strong>PR</strong> <strong>Report</strong> <strong>Compendium</strong> <strong>2012</strong> 11<br />
Veränderungen zu ermöglichen, zählt zu den Kernaufgaben von Führungskräften.<br />
Gefragt ist authentische Kommunikation, doch so manche Manager scheuen den<br />
aufrichtigen Dialog. Damit dürfen sie nicht länger durchkommen. Von Dirk Popp<br />
3Corporate Change<br />
Menschen sind oft<br />
flexibler als ihnen das<br />
gemeinhin zugetraut<br />
wird. Das zeigt die<br />
Evolutionsgeschichte.<br />
Es ist eine Phrase, die kaum jemand mehr hören<br />
mag: Wandel ist allgegenwärtig. Wir fühlen uns ausgeliefert<br />
und überfordert, da wir immer wieder zahlreichen<br />
Veränderungen im Berufs- und Privatleben<br />
ausgesetzt sind. Auch das ist so ein Satz, der in der<br />
einschlägigen Literatur über „Change Management“<br />
immer wieder auftaucht. Allein, die stetige Wiederholung<br />
der Aussage fügt ihrem Wahrheitsgehalt<br />
nichts hinzu. Der Mensch ist oft flexibler und steht<br />
Neuerungen aufgeschlossener gegenüber als ihm<br />
das gemeinhin zugetraut wird. Anders lassen sich<br />
200.000 Jahre Evolutionsgeschichte kaum erklären.<br />
Wie bereitwillig Menschen neue Dinge annehmen,<br />
zeigen aktuellere Beispiele, etwa das der sozialen<br />
Netzwerke. Die Plattform Facebook existiert erst<br />
seit 2004 – und zählt heute rund 800 Millionen Mitglieder.<br />
Twitter, im Jahr 2006 gegründet, bringt es<br />
immerhin noch auf circa 100 Millionen Nutzer weltweit,<br />
Tendenz steigend. Kaum eine andere Kulturtechnik<br />
dürfte in so kurzer Zeit vergleichbare Verbreitung<br />
gefunden haben. Das Beispiel illustriert<br />
allerdings auch, wie schwerfällig Organisationen auf<br />
veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Viele<br />
Unternehmen haben ihren Platz in den sozialen<br />
Netzwerken bis heute nicht gefunden oder nicht verstanden,<br />
diese für sich zu nutzen.<br />
Eine Erfahrung, die Change-Manager immer wieder<br />
machen: Schließt sich der Mensch in Gruppen<br />
zusammen, wird er oftmals deutlich unflexibler und<br />
widersetzt sich dem Wandel, zumal wenn dieser von<br />
oben oder von außen auferlegt ist. Je größer die<br />
Gruppe, desto träger, lautet die Faustregel. Und auch<br />
das ist kein Geheimnis: Kommunikation ist der<br />
Schmierstoff, der Veränderungsprozesse überhaupt<br />
in Gang bringt, in Bewegung hält und zu einem<br />
Abschluss bringt. Das gilt für Restrukturierungen<br />
genauso wie für Maßnahmen, mit denen Unternehmen<br />
ihre Mitarbeiter mobilisieren wollen. Aufgabe<br />
der Kommunikation ist es, Kontext, Rahmenbedingungen<br />
und Relevanz der Veränderungen glaubwürdig<br />
zu vermitteln. Oder ganz einfach: Sinn zu stiften.<br />
Authentische Führung?<br />
Nicht nur in Veränderungsprozessen sind Unternehmen<br />
gut damit beraten, die Kommunikationsaufgabe<br />
auf viele Schultern zu verteilen. So können<br />
sie Distanz zwischen Botschaft und Empfängern<br />
abbauen und träge Massen wachrütteln. Sicher, der<br />
Vorstandsvorsitzende sollte als Führungsfigur<br />
vorangehen, Präsenz zeigen und, sofern das Thema<br />
ausreichend Gewicht hat, die gesamte Belegschaft<br />
ansprechen. Aber es macht einen Unterschied, ob<br />
der Mitarbeiter eine Information aus der Konzernzentrale<br />
oder von seinem direkten Vorgesetzten erhält<br />
– und zwar nicht nur für den Mitarbeiter, sondern<br />
auch für die Führungskraft selbst. Denn sie ist<br />
diejenige, die Veränderungen ermöglichen muss.<br />
Sie soll Entscheidungen auch gegen Widerstände<br />
durchsetzen und gleichzeitig den Betrieb am Laufen<br />
halten.<br />
Dies gelingt leichter, wenn Kommunikation vor<br />
Ort selbst gezielt stattfinden kann, um Vertrauen<br />
auf- und auszubauen. Wenn der Manager authentisch<br />
agiert und in einen wirklichen Dialog mit Mitarbeitern<br />
eintritt, abstrakte Themen für die Praxis<br />
übersetzt oder einfach nur die Sorgen und Bedenken<br />
der Mitarbeiter entgegennimmt. Auf dieser Form<br />
des direkten Austauschs, der authentischen Kommunikation,<br />
gründet sehr wesentlich das Standing<br />
der Führungskraft. Hinzu kommt, dass sie am<br />
besten weiß, an welchen Stellen in ihrem Team<br />
Reibungsverluste entstehen.<br />
DER AUTOR<br />
Wichtig, da wirkungsvoll, ist also das, was auf Ebene<br />
der Teams geschieht; was dort gesagt, gehört und<br />
verstanden wird. In vielen Unternehmen ist es deshalb<br />
Standard, Kommunikationsaufgaben an die<br />
Führungskräfte zu übertragen. Zu den zentralen<br />
Maßnahmen im Change Management gehört es,<br />
Führungskräfte mit dem nötigen Rüstzeug auszustatten.<br />
Dies geschieht meist in Form von Storyline,<br />
Kernbotschaften, Präsentationen und Fragen-und-<br />
Antworten-Papieren, die nach dem Prinzip der Kaskade<br />
von oben nach unten eingesetzt werden. Aber<br />
was passiert eigentlich, nachdem das Change-Team<br />
die Kommunikation angestoßen hat? Leiten die<br />
Empfänger die Dokumente per E-Mail weiter? Berufen<br />
sie eigene Dialogrunden ein? Oder ignorieren sie<br />
den Stapel an Unterlagen? Die erschreckende Antwort:<br />
Die meisten Unternehmen wissen es nicht.<br />
Nur die wenigsten messen, ob und inwieweit Führungskräfte<br />
im Wandel kommunizieren.<br />
Wer die wichtige Kommunikationsaufgabe auf<br />
diese Weise an andere überträgt, hat entweder sehr<br />
großes Vertrauen in seine Manager. Oder er rechnet<br />
gar nicht erst damit, dass sie angemessen erledigt<br />
wird. Das Rüstzeug für die Führungskräfte zu erstellen,<br />
ist danach nicht mehr als eine Pflichtübung, die<br />
es gewissenhaft abzuhaken gilt. Aber warum sollte<br />
die Management-Regel „What gets measured gets<br />
done“ für die interne Kommunikation nicht gelten?<br />
Ist es die Sorge, den eigenen Führungskräften zu<br />
nahe zu treten? Getreu nach dem Motto: Sie wissen<br />
schon, was sie tun.<br />
Start Making Sense<br />
Dabei gibt es keinen triftigen Grund, Manager bei<br />
der Kommunikation aus ihrer Verantwortung zu<br />
entlassen. Denn Führen beschränkt sich eben nicht<br />
Dirk Popp ist CEO von Ketchum Pleon Deutschland und Global Partner von<br />
Ketchum sowie seit 2003 Mitglied im Management Board Pleon Deutschland.<br />
Seine Themenschwerpunkte sind Strategische Beratung und Konzeption,<br />
Krisenkommunikation, Change Communications, Corporate Communications<br />
und Medienarbeit. Unter anderem betreute er verschiedene Dax- und MDax-<br />
Unternehmen, Lebensmittelproduzenten, Technologiefirmen und Kliniken sowie<br />
verschiedene Mittelständler.<br />
darauf, zu verwalten und zu gestalten, sondern bedeutet<br />
auch, Sinn zu stiften. Diese Erkenntnis ist<br />
mittlerweile auf den obersten Etagen deutscher<br />
Unternehmen angekommen. In einer Studie der<br />
Personalberatung Egon Zehnder heißt es dazu: „Die<br />
Kommunikation ist in den Augen der Vorstandsvorsitzenden<br />
selbst Teil der Strategie geworden und ein<br />
Kernelement der Unternehmensführung.“ Bis zu 50<br />
Prozent ihrer Arbeitszeit setzten die in der Studie befragten<br />
CEO von Dax-30- und MDax-Konzernen<br />
und nicht börsennotierten Aktiengesellschaften<br />
demnach für die Kommunikation ein. Ob es Bestrebungen<br />
gibt, die Vorstandsvergütung deshalb an die<br />
Kommunikationserfolge zu koppeln, war leider<br />
nicht Gegenstand der Untersuchung.<br />
Hierarchiestufen umgehen<br />
Am Ende muss es aber darauf hinauslaufen: Wenn<br />
ich Veränderungskommunikation ernst nehme,<br />
sollte ich ihre Umsetzung kontrollieren, die Ergebnisse<br />
messen und angemessen honorieren. Als Instrument<br />
bieten sich zum Beispiel sogenannte Skip-<br />
Level-Befragungen an: Mitarbeiter werden – unter<br />
Umgehung einer Hierarchiestufe – befragt, ob sie die<br />
Informationen erhalten und verstanden haben und<br />
auch nachvollziehen können. Als Rahmen eignen<br />
sich die Performance-Gespräche, die in den meisten<br />
Unternehmen auf Führungsebene mittlerweile<br />
selbstverständlich sind.<br />
Wer in der Kommunikation nachweislich gut<br />
abschneidet, sollte das entsprechend in seinem<br />
variablen Gehaltsanteil merken. Wer zurückliegt,<br />
sollte hingegen gefördert werden. Denn das ist das<br />
wichtigste Rüstzeug für Manager in Veränderungsprozessen:<br />
die Fähigkeit, authentisch zu<br />
kom munizieren. ◾<br />
Dax30- und MDax-<br />
Chefs wenden bis zur<br />
Hälfte ihrer Zeit für<br />
die Kommunikation<br />
auf, sagt eine Studie