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Compendium 2012 - PR Report

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6 <strong>PR</strong> <strong>Report</strong> <strong>Compendium</strong> <strong>2012</strong> <strong>PR</strong> <strong>Report</strong> <strong>Compendium</strong> <strong>2012</strong> 7<br />

1Hallo, CEO<br />

Die Bedeutung der Unternehmensführer für die Reputation<br />

ihres Unternehmens nimmt zu, das Wissen um die richtige<br />

Kommunikation mit relevanten Stakeholdern aber ab. Einige<br />

Tipps für Unternehmensführer und solche, die es noch werden<br />

wollen, von jemandem, der zwischen den wirtschaftlichen<br />

Welten wandelt. Von Ernst Primosch<br />

Es gibt jede Menge<br />

scheinbar ganz toller<br />

Kommunikationsstrategien,<br />

die am<br />

Ende nur Verlierer<br />

zurücklassen.<br />

In Harvard lernt jeder Student, dass Erfolg kein Zufall<br />

ist, sondern das Produkt harter und strukturierter<br />

Arbeit. Man gibt sich eine Vision, definiert klare<br />

und messbare Ziele, entwickelt die Strategien, um<br />

diese Ziele zu erreichen, und schlussendlich einen<br />

Prozess, wie und wann man den Erfolg einer Strategie<br />

messen möchte und kann. Das haben gute<br />

Harvard-Studenten genauso im Blut, wie gute Beratungsunternehmen<br />

es im Handgepäck haben. Wissen.<br />

Wissen, dass jede operative Umsetzung auf ein höheres<br />

Ziel einzahlen muss und nur im Rahmen eines<br />

Gesamtkonzeptes Sinn macht.<br />

So kann es auch öfter mal Sinn machen, auf die<br />

eine oder andere Maßnahme zu verzichten, wenn sie<br />

nicht dazu beiträgt, der Erfüllung einer Unternehmensvision<br />

näher zu kommen. Dazu kann auch<br />

gehören, mal den Mund zu halten, wenn jedwede<br />

Aussage die eigene Kommunikationsstrategie nur zu<br />

konterkarieren vermag. Es gibt jede Menge scheinbar<br />

ganz toller Kommunikationsstrategien für Führungskräfte,<br />

die auf den ersten Blick sehr attraktiv<br />

erscheinen, am Ende aber nur Verlierer zurücklassen,<br />

weil sie zu kurz gedacht sind.<br />

So wichtig CEOs und mittlerweile auch Aufsichtsräte<br />

für die Reputation ihres Unternehmens sind, so<br />

fahrlässig werden diese immer öfter beraten und in<br />

mediale Schlachten geschickt, ohne ihnen zu erklären,<br />

dass eine Schlacht auch blutig enden kann. Für<br />

sie. Einige wirklich gute Führungskräfte in Deutschland<br />

haben sich so selbst dem Markt entzogen. Ohne<br />

wirkliche Notwendigkeit, aber vielleicht doch zum<br />

Wohle des Unternehmens. Denn allein fachliche<br />

Kompetenz reicht für die Reputation nicht mehr aus.<br />

Ein guter CEO bedeutet gute Reputation<br />

Der CEO und sein Führungsteam tragen rund 40 bis<br />

60 Prozent zur gesamten Reputation eines Unternehmens<br />

bei. Das ist neben der eigentlichen Produktleistung<br />

der mit Abstand wichtigste Reputati-<br />

onsbeitrag. Und Reputation, also die Summe der<br />

Images bei relevanten Stakeholdergruppen, ist essenziell<br />

wichtig für den Erfolg eines Unternehmens.<br />

Gute Reputation führt in Verbindung mit einer<br />

hohen Bekanntheit zu einer positiven Verhaltensveränderung<br />

bei allen relevanten Zielgruppen.<br />

Gleichgültig, ob es potenzielle Kunden, die Politik,<br />

Medien oder die besten Nachwuchskräfte am Arbeitsmarkt<br />

sind. Wirkungsforschungen zeigen, dass<br />

im Idealfall bis zu 60 Prozent der Stakeholder ihr<br />

Verhalten zugunsten einer Organisation und deren<br />

Leistungen verändern. Wobei der Aufbau von Reputation<br />

im Gegensatz zur Bekanntheit Zeit benötigt,<br />

da es auch um Vertrauen geht.<br />

Zwischen Star und Mauerblümchen<br />

Auch wenn die Wichtigkeit des CEOs für die Reputation<br />

eines Unternehmens unbestritten ist, muss<br />

um ihn noch lange kein Personenkult betrieben werden.<br />

Im Gegenteil, wohin ein Kult führen kann,<br />

haben jüngste Beispiele gezeigt. Abgehobenheit, der<br />

Glauben an die eigene Unfehlbarkeit und eine zu<br />

hohe Bereitschaft zum Risiko. Dabei gilt in unserer<br />

modernen Medienwelt das eherne Prinzip: „What<br />

goes up, must come down!“<br />

Es ist das Ikarus-Prinzip: Je näher man der Sonne<br />

kommt, desto mehr sollte man auf das Wachs achten,<br />

das die Flügel zusammenhält. Wobei, Ikarus<br />

hatte es in seiner Eitelkeit und Selbstüberschätzung<br />

noch leicht. Er war nur sich selbst Feind, hatte also<br />

keine Konkurrenz und kaum Neider. Und auch keine<br />

Medien, die es lieben, aus Menschen Stars zu<br />

machen. Aber sie lieben es noch mehr, den Fall eines<br />

Sterns zu dokumentieren. Sie führen im Sinne von<br />

Canetti die Klagemeute an, und das verkauft sich<br />

noch viel besser.<br />

Die Alternative zum Personenkult aber ist keinesfalls<br />

ein Rückzug aus der Öffentlichkeit, sondern ein<br />

überlegter und authentischer Auftritt, der keinen<br />

kurzfristigen Moden folgt. Ein Unternehmensführer<br />

steht ohnehin unter ständiger Beobachtung. Und<br />

aus jedem Halbton, der zwischen beruflicher, privater<br />

und höchstpersönlicher Rolle erklingt, wird sehr<br />

rasch ein medialer Trauermarsch komponiert.<br />

Evolution statt Revolution: Was für jede gute Markenführung<br />

gilt, das gilt auch für den Unterneh-<br />

mensführer. Permanente Weiterentwicklung ist in<br />

den meisten Fällen die bessere Strategie, ihn und<br />

sein Unternehmen langfristig zu positionieren, als<br />

spontane Ankündigungen. Starke Sprüche, das Ausrufen<br />

einer Revolution, also eine Form der Mutation,<br />

bedeutet einen sehr oft schmerzhaften Bruch im<br />

genetischen Code oder anders ausgedrückt: Man hat<br />

Entwicklungen in der Vergangenheit verschlafen.<br />

Revolutionen sind übrigens nur dann angebracht,<br />

wenn eine Organisation nicht mehr im Einklang mit<br />

ihrer Umwelt steht. Der Schaden, der deutschen Unternehmen<br />

und Organisationen allein durch nicht<br />

notwendige Revolutionen, also Veränderungen, die<br />

nur um der Veränderung willen herbei geführt werden,<br />

entsteht, dürfte grob geschätzt zumindest einen<br />

hohen zweistelligen Milliardenbetrag ausmachen.<br />

Promise and deliver: Überraschungen gibt es nur<br />

zu Weihnachten. Das Wirtschaftsleben liebt sie<br />

nicht. Und der Unternehmensführer ist kein Weihnachtsmann.<br />

Darum ist ein professionelles Erwartungsmanagement<br />

Teil jeder strategischen Unternehmensführung.<br />

Verlässlichkeit in der Kommunikation: Ob Sonne<br />

oder Sturm, die Kommunikation nach innen und<br />

außen hat stattzufinden. Unaufgeregt, klar und souverän.<br />

Fehler kann immer jemand machen, aber<br />

man sollte einen Fehler nicht verleugnen und vor<br />

allem sollte man denselben Fehler nicht wiederholen.<br />

Dann gilt es nur noch rasch zu kommunizieren.<br />

Im Sinne seiner Stakeholder, aber vor allem auch aus<br />

Eigeninteresse, denn negative Nachrichten, umfassend<br />

und schnell kommuniziert, sind üblicherweise<br />

nach wenigen Tagen Schnee von gestern.<br />

Manipulation nicht manipulieren: Auch wenn die<br />

Antwort auf die grundsätzliche Frage, ob man die<br />

Manipulation selbst manipulieren kann, mit einem<br />

klaren Ja zu beantworten ist, lautet die Empfehlung,<br />

es gar nicht erst zu versuchen. Fast jeder Sachverhalt<br />

hat mittlerweile so viele Variablen, dass jedes Konstrukt<br />

sehr schnell so komplex wird, dass man es<br />

nicht mehr selbst steuern kann, sondern von ihm<br />

gesteuert wird. Oberschlaue versuchen es immer<br />

wieder mit den Medien, bemerken aber meist viel zu<br />

spät, dass sie doch nicht schlau genug waren. Viele<br />

Politiker und viele Executives mussten in den letzten<br />

Wochen und Monaten sehr schmerzvoll lernen, dass<br />

andere auch clever sind.<br />

Krisen sind selten<br />

Abschließend vielleicht noch eine Anmerkung, weil<br />

unter der Ausrufung von Krisen so unendlich viel an<br />

Unsinn und hektischen Aktivitäten stattfindet, die<br />

keinerlei Erkenntnis- oder Wertzuwachs erbringen.<br />

Erstens: Echte Krisen sind selten. Zweitens: Aufmerksamkeit<br />

allein ist noch keine Krise. Erst die<br />

Verhaltensveränderung relevanter Stakeholder zu<br />

Ungunsten eines Unternehmens ist ein Anzeichen<br />

für eine Krise. Wenn man aber seine Absatzmärkte,<br />

seine licence to operate zu verlieren droht, dann<br />

muss man mehr, möglicherweise alles, in die<br />

Schlacht werfen. Und wenn man das tut, dann sollte<br />

sich der Unternehmensführer zurückhalten, bis die<br />

Sachlage klar ist. Wer einmal seine Glaubwürdigkeit<br />

verloren hat, erhält in der Krise keine zweite Chance.<br />

Manchmal möchte man Unternehmensführern<br />

oder Aufsichtsräten zurufen: Hallo, warum macht<br />

Ihr Euch das kommunikative Leben eigentlich so<br />

schwer? Warum sind die Sachen nicht zu Ende gedacht?<br />

Warum macht Ihr Euch zum Gaudium des<br />

Publikums, zu Schauspielern auf einer medialen<br />

Bühne, die Ihr nie betreten wolltet?<br />

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Beispiele<br />

von Unternehmensführern, denen es gelungen ist,<br />

sich perfekt zu positionieren. Es sind all jene, die erkannt<br />

haben, dass Nachhaltigkeit auch in der Kommunikation<br />

von entscheidender Bedeutung ist. Wir,<br />

als die Berater jener Männer und Frauen, hoffen,<br />

dass es noch deutlich mehr werden. ◾<br />

DER AUTOR<br />

Ernst Primosch ist CEO & Chairman von Hill+Knowlton<br />

Strategies, der ältesten Kommunikationsberatung der<br />

Welt. Er zeichnet für die DACH-Region verantwortlich<br />

und lebt und arbeitet in Düsseldorf, Berlin und Frankfurt.<br />

Er hat jahrelange Erfahrung in Spitzenpositionen<br />

der Industrie und gilt als einer der renommiertesten<br />

Experten im europäischen Raum für Kommunikation<br />

und die Positionierung von Unternehmen, Personen<br />

und Marken.<br />

Manchmal möchte<br />

man Unternehmensführern<br />

oder Aufsichtsräten<br />

zurufen:<br />

Hallo, warum macht<br />

Ihr Euch das Leben<br />

eigentlich so schwer?

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