Alt – allein – was nun? - Schule für Sozialbegleitung
Alt – allein – was nun? - Schule für Sozialbegleitung
Alt – allein – was nun? - Schule für Sozialbegleitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 1 von 49<br />
<strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>?<br />
<strong>Sozialbegleitung</strong> alter <strong>allein</strong> stehender Menschen<br />
durch gewinnorientierte Institution<br />
Abschlussarbeit<br />
Cornelia Schwyter<br />
<strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Zürich<br />
Ausbildungsklasse 2006/B, 2006-2009<br />
Zürich, Juni 2009<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 2 von 49<br />
<strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Zürich<br />
Erschei<strong>nun</strong>gsjahr 2009<br />
Autorin Cornelia Schwyter<br />
Ausbildungsklasse 2006/B, 2006 <strong>–</strong> 2009<br />
Begleiter der Abschlussarbeit Heinz Lippuner, lic.phil.<br />
(Fachpsychologe <strong>für</strong> klinische Psychologie und Psychotherapie FSP)<br />
<strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>?<br />
<strong>Sozialbegleitung</strong> alter <strong>allein</strong> stehender Menschen durch gewinnorientierte Institution<br />
Stichworte zum Inhalt<br />
• Persönlicher Bezug<br />
• Einsamkeitsrisiken im <strong>Alt</strong>er<br />
• Begleitansätze und rechtliche Aspekte<br />
• <strong>Sozialbegleitung</strong> durch eine gewinnorientierte Institution<br />
• Dienstleistungsangebote<br />
Kurze Zusammenfassung des Inhalts<br />
Bei einer Wohnbevölkerung in der Schweiz von über 7,7 Millionen Menschen (Stand Ende<br />
2008) erscheint einem der Gedanke seltsam, dass jemand <strong>allein</strong> sein könnte. Infolge<br />
Verlusts nahe stehender Menschen, Einschränkung des Lebenskreises durch Krankheit,<br />
Behinderung und Anpassung an Unvertrautes leben aber immer mehr alte Menschen ganz<br />
<strong>allein</strong>e.<br />
In meiner Abschlussarbeit zeige ich die Schwierigkeiten des Alleinseins im <strong>Alt</strong>er im<br />
Privathaushalt und im <strong>Alt</strong>ersheim auf. Ich beschreibe verschiedene Bewältigungsmöglich-<br />
keiten, wie sich der alte Mensch aktiv mit der letzten Lebensphase auseinandersetzen kann<br />
und gebe einen Einblick in die Arbeit einer Sozialbegleiterin in einer gewinnorientierten<br />
Institution, welche alten Menschen administrative Unterstützung auf dem letzten Lebens-<br />
abschnitt anbietet. Insbesondere behandle ich wichtige rechtliche Aspekte <strong>für</strong> alte <strong>allein</strong><br />
stehende Menschen.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 3 von 49<br />
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S<br />
1. Persönlicher Bezug zum Thema<br />
1.1 Motivation und Begründung zur Wahl des Themas …………..……….........……............ 5<br />
1.1.1 Eigene Betroffenheit …..…...…………………………………………….................. 5<br />
1.1.2 Mein Arbeitsfeld ....…………………………………………...…………………..…... 6<br />
1.2 Personengruppe ………………………………………………………………………..….….. 7<br />
1.3 Persönliches Ziel dieser Abschlussarbeit ...…………………………………………........... 7<br />
2. Theoretischer Teil<br />
2.1 Definitionen ...………...………………………..………………………………………........... 8<br />
2.1.1 <strong>Alt</strong> sein, <strong>Alt</strong>ersbilder …....……………………………………………………………. 8<br />
2.1.2 Allein sein ..………………………………………………………………………....... 11<br />
2.1.3 Einsam sein ...………………………………………………………………………... 13<br />
2.2 Einsamkeitsrisiken im <strong>Alt</strong>er ………..………………………...…………………………....... 14<br />
2.2.1 Tod einer nahe stehenden Person ..……………………………………………..... 14<br />
2.2.2 Verlust der Sinnesorgane / Mobilität ………………...……………………...…….. 15<br />
2.2.3 Verlust der Woh<strong>nun</strong>g; zwangsweiser Umzug ….…………………………………. 15<br />
2.3 Belastungsstörungen und deren Bewältigung ….………………..……………………….. 17<br />
2.3.1 Bewohner in Heimen ….………………………………..…………………………… 17<br />
2.3.2 Bewohner in Privathaushalten ….………………….………………………………. 17<br />
2.4 Begleitansätze ….………………………………………..…………………………………… 19<br />
2.4.1 Personzentriertes Konzept ..………………..……………………………………… 19<br />
2.4.2 Krisenintervention ………..…………..……………………………………………... 21<br />
2.4.3 Soziale Netzwerkarbeit ….……....…………………………………………………. 23<br />
2.5 Rechtliche Aspekte / Administration / Sterbevorsorge ….……………………………….. 25<br />
2.5.1 Finanzielles ………………………………………………………………………….. 25<br />
2.5.2 Vertretungs-Vollmacht …………………………………………………………….... 26<br />
2.5.3 Patienten-Verfügung……………………………………………………………….... 27<br />
2.5.4 Bestattung ………………………………………………………………………….... 27<br />
2.5.5 Testament ...……………………………………………………………………….… 28<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 4 von 49<br />
3. Praktischer Teil<br />
3.1 <strong>Sozialbegleitung</strong> im Treuhandbereich (Praxis) ….………………………………….…… 30<br />
3.1.1 Der Betreuungsauftrag …….……………………………………………….……... 30<br />
3.1.2 Einblick in eine Begleitsituation …………………………………………….…….. 31<br />
3.1.3 Umsetzung der Begleitansätze in der Praxis …………………………….……... 31<br />
3.1.4 Grundhaltung der Sozialbegleiterin ……………………………………….……... 35<br />
3.1.5 Umgang mit meinen Gefühlen ………………………………………….………… 34<br />
3.2 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen aus den Umfragen zum Umgang mit<br />
dem Alleinsein im <strong>Alt</strong>er ...…………………………………………………….…………….. 36<br />
3.2.1 Die Befragungspersonen …………………………………….………….....……... 36<br />
3.2.2 Tagesstruktur alter <strong>allein</strong> stehender Menschen im<br />
<strong>Alt</strong>ersheim / Privathaushalt ……………………………………………………….. 36<br />
3.2.3 Auswertung …………………………………………………………………………. 37<br />
4. Ausblick<br />
4.1 Wie beurteile ich, als Sozialbegleiterin, die Begleitung durch die<br />
gewinnorientierte Institution? ......………………………………….……………………….. 38<br />
4.1.1 Vor- und Nachteile gegenüber <strong>Sozialbegleitung</strong> in sozialen Institutionen ........ 39<br />
4.1.2 Chancen und Grenzen in der gewinnorientierten Institution ..………………….. 39<br />
4.1.3 Meine Hoff<strong>nun</strong>gen und Wünsche als Sozialbegleiterin ..…………………….…. 40<br />
5. Schlussteil<br />
5.1 Reflexionen ................................................................................................................... 41<br />
5.2 Persönliche Beurteilung .…………………………………………….…..………………...... 41<br />
5.3 Schlussfolgerungen …………………………………………………..…..…………….....… 42<br />
5.4 Danksagung ..………………………………………………….………………………….….. 43<br />
6. Literaturverzeichnis 44<br />
7. Anhang<br />
• Umfragebogen ………………………………………………………………………...…….. 46<br />
• Vertretungs-Vollmacht ………………………………………………………………………. 47<br />
• Patienten-Verfügung ………………………………………………………………………… 48<br />
• Dienstleistungsangebote / Hilfe in der Alltagsbewältigung, Adressen und Links …….. 49<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 5 von 49<br />
1. PERSÖNLICHER BEZUG ZUM THEMA<br />
1.1 Motivation und Begründung zur Wahl des Themas<br />
Auf mein Diplomthema bin ich Mitte letzten Jahres gestossen. Ich habe mir überlegt, über<br />
et<strong>was</strong> zu schreiben, das mich heute selber betrifft (<strong>allein</strong> sein) und über et<strong>was</strong>, das mich in<br />
einigen Jahrzehnten noch betreffen wird (alt sein). Schliesslich gab mir meine tägliche Arbeit<br />
mit alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen den Anstoss zu dieser Themenwahl. Mich motiviert vor<br />
allem herauszufinden, unter welchen Voraussetzungen ein Allein leben im <strong>Alt</strong>er überhaupt<br />
möglich ist und wie eine gewinnorientierte Institution die Lebensqualität alter <strong>allein</strong> stehender<br />
Menschen in sozialbegleiterischer Hinsicht beeinflussen kann.<br />
1.1.1 Eigene Betroffenheit<br />
Mit der düsteren Seite des Alleinseins machte ich schon sehr früh meine Erfahrungen. Als<br />
ich sechs Jahre alt war, starb mein Vater im <strong>Alt</strong>er von 44 Jahren. Meine vier Geschwister<br />
sind um einige Jahre älter als ich und wohnten beim Tod des Vaters nicht mehr zuhause. Da<br />
mein Vater Selbständigerwerbender war, bekam meine Mutter durch seinen Tod nur eine<br />
sehr kleine Witwenrente und musste sich daher selber vollständig um das eigene Geschäft<br />
kümmern, damit sie unseren Lebensunterhalt sicherstellen konnte.<br />
Obwohl meine Mutter <strong>–</strong> als meine einzige Bezugsperson <strong>–</strong> in meiner Nähe war, so erlebte<br />
ich immer wieder Momente des Alleinseins. Ich bin der Mei<strong>nun</strong>g, dass die Fähigkeit, auch in<br />
Anwesenheit eines Menschen <strong>allein</strong> sein zu können, eine unabdingbare Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong> ist, später <strong>allein</strong> mit sich selbst zurechtzukommen.<br />
Als <strong>allein</strong> lebende Frau im <strong>Alt</strong>er von 42 Jahren, geschieden und kinderlos suche ich stets<br />
nach Wegen, wie ich mit dem Alleinsein umgehen kann. Zeitweise erfahre ich es als<br />
Belastung, <strong>allein</strong>e zu sein, dann wieder als eine Zeit der Quelle und Inspiration. Ich habe mir<br />
auch schon mehrmals über das Alleinsein im <strong>Alt</strong>er Gedanken gemacht. Mich beschäftigt die<br />
Frage, wie es <strong>für</strong> mich sein wird, wenn ich dann einmal in meinen letzten Lebensabschnitt<br />
trete <strong>–</strong> Allein, ohne Nachkommen?<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 6 von 49<br />
1.1.2 Mein Arbeitsfeld<br />
Seit 5 1/2 Jahren arbeite ich bei der Steiner Vorsorge AG, einer Erbschafts- und<br />
Bestattungstreuhandfirma in der Stadt Zürich. Der Kundenkreis setzt sich zu 10 % aus<br />
verheirateten und zu 90% aus <strong>allein</strong> stehenden (Frauenanteil: 75%, Männeranteil: 15%)<br />
Kunden im Durchschnittsalter von 78 Jahren zusammen.<br />
Für mich zeigt sich, dass das Bedürfnis alter <strong>allein</strong> stehender Menschen nach Sicherheit,<br />
Geborgenheit und Verbundenheit sehr stark bewertet wird. Für sie ist es wichtig zu wissen,<br />
dass jemand da ist der sie auf dem letzten Lebensweg begleitet, unterstützt und ihnen hilft,<br />
die ihnen noch verbleibende Zeit unabhängig von administrativen Belastungen geniessen zu<br />
können.<br />
Zum Titelbild:<br />
Quelle Titelbild:<br />
http://www.fotalia.com<br />
Nr. #1464428<br />
Das Titelbild hat <strong>für</strong> mich folgenden Bezug zu meinem<br />
Abschlussthema „Alleinsein im <strong>Alt</strong>er“:<br />
• Der Leuchtturm steht am Übergang zwischen Land und<br />
Meer. Er ist Wachposten des Lichts, der oft verlassen und<br />
einsam im meerumtosten Land steht, um stets den Weg<br />
auszuleuchten.<br />
• Der alte Mensch steht am Übergang zwischen Leben und<br />
Tod. Er ist Zeitzeuge einer langen Vergangenheit und im<br />
hohen <strong>Alt</strong>er oft <strong>allein</strong>.<br />
Der Leuchtturm in der Abenddämmerung symbolisiert <strong>für</strong><br />
mich den alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen in seinem letzten<br />
Lebensabschnitt, der viel erlebt hat und <strong>nun</strong> seine<br />
Lebensbilanz zieht.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 7 von 49<br />
1.2 Personengruppe<br />
Das Thema „Alleinsein im <strong>Alt</strong>er“ ist dermassen weitläufig, dass ich die Personengruppe <strong>für</strong><br />
meine Arbeit einschränken muss. Ich konzentriere mich daher speziell auf meinen<br />
Kundenkreis von <strong>allein</strong> stehenden Frauen und Männern ab 80 Jahren und älter. Das sind<br />
entweder ledige, verwitwete oder geschiedene Personen, die kinderlos geblieben sind. Sie<br />
sind körperlich und geistig so gesund, dass sie selbständig noch et<strong>was</strong> unternehmen<br />
können. Diese Menschen leben in der Stadt Zürich. Sie stammen aus unterschiedlichen<br />
Milieuschichten, sprechen deutsch und sind Schweizer.<br />
Ich nenne meine Personengruppe Kunden. In Kapitel 3.1 werde ich den Grund dieser<br />
Formulierung noch näher beschreiben.<br />
Meine Abschlussarbeit habe ich in der maskulinen Schreibweise erstellt. Sie soll<br />
selbstverständlich stellvertretend auch <strong>für</strong> die feminine Form gelten.<br />
1.3 Persönliches Ziel dieser Abschlussarbeit<br />
Ziel meiner Arbeit ist es, alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie<br />
sie mit dem Alleinsein besser umgehen können, bzw. <strong>was</strong> die Voraussetzungen da<strong>für</strong> sind,<br />
dass eine gute Lebensqualität bis zum Lebensende aufrechterhalten werden kann. Ich<br />
möchte die alten Menschen dazu ermutigen, sich selber mit ihren Möglichkeiten und<br />
Grenzen auseinanderzusetzen. Dass sie beim Wahrnehmen von psychischen und<br />
physischen Verlusten der Gesundheit Hilfe anfordern, solange sie dies noch eigenständig<br />
machen können. Falscher Stolz (z.B. es kommt schon wieder…, ich kann doch noch ohne<br />
Stock gehen… etc.) kann unter Umständen bewirken, dass „unerwünschte“ Hilfe von aussen<br />
einen Eingriff in die Persönlichkeit bedingt.<br />
Ebenso möchte ich aufzeigen, welches „Rüstzeug“ <strong>für</strong> die Arbeit mit alten <strong>allein</strong> stehenden<br />
Menschen hilfreich sein könnte. Zudem soll zum Ausdruck kommen, inwieweit dieses Thema<br />
mit mir als Sozialbegleiterin in einer gewinnorientierten Institution zu tun hat.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 8 von 49<br />
2 THEORETISCHER TEIL<br />
In diesem Kapitel betrachte ich mein Thema aus theoretischer Sicht. Mich interessieren von<br />
der Fachliteratur aufgeführte Gründe und Lösungsvorschläge betreffend Alleinsein im <strong>Alt</strong>er.<br />
Zudem versuche ich die Begriffe „<strong>Alt</strong>“, „Allein“ und „Einsam“ zu definieren und ihre<br />
Bedeutung <strong>für</strong> den Menschen bei ihrem gleichzeitigen Auftreten zu verdeutlichen.<br />
2.1 Definitionen<br />
Ich befasse mich mit dem Thema „Alleinsein im <strong>Alt</strong>er“. Mir stellt sich zunächst die Frage,<br />
wann jemand überhaupt alt, <strong>allein</strong> oder einsam ist. Was macht es aus, damit die Menschen<br />
mit dem <strong>Alt</strong>er, dem Allein- und Einsamsein konstruktiv umgehen und ein würdiges Leben<br />
führen können? Nachfolgend gehe ich speziell auf diese einzelnen Definitionen ein.<br />
2.1.1 <strong>Alt</strong> sein, <strong>Alt</strong>ersbilder<br />
Hinter dem Begriff „<strong>Alt</strong>er“ steht eine Vielfalt unterschiedlichster Lebenssituationen und<br />
Bedürfnisse. <strong>Alt</strong>er hat viele Gesichter.<br />
Ich denke, alt fühlt sich jemand, der körperliche, seelische und soziale Zeichen als<br />
Begrenzungen oder bedrohliche Ereignisse wahrnimmt. Vieles, <strong>was</strong> bis anhin möglich war,<br />
geht nicht mehr. Der sich alt fühlende Mensch betritt auf seiner Lebensreise Neuland und<br />
muss sich neu orientieren. Diese Lebenswende ist so einschneidend wie die Wahl eines<br />
Berufes oder der Umzug in eine unvertraute Umgebung. Sie kann das Leben vollkommen<br />
auf den Kopf stellen.<br />
Das <strong>Alt</strong>er ist die Vollendung unseres lebenslangen Reifungs- und Verwandlungsprozesses<br />
und beinhaltet Abschied nehmen, Trauer und Ängste. <strong>Alt</strong>er ist die Zeit des Rückblickes und<br />
der Gesamtschau unserer Existenz (Mietzel, 1997).<br />
Es bedeutet auch, die vorangegangenen Lebensphasen abzuschliessen und die<br />
altersbedingten Verluste (Abnahme der Sinnesorgane, Einschränkung der Mobilität, Tod<br />
nahe stehender Personen) zu akzeptieren.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 9 von 49<br />
Andererseits aber sehr sorgfältig darauf bedacht zu sein, die verbleibenden Spielräume<br />
möglichst auszuschöpfen und die Reichtümer der späten Jahre wahrzunehmen und zu<br />
geniessen.<br />
Das <strong>Alt</strong>er verlangt Selbstbestimmung, Selbstwirksamkeit und Gestaltung des Lebens durch<br />
vorhandene Ressourcen. Wer im <strong>Alt</strong>er auf Leistungsreserven zurückgreift, Beschränkungen<br />
vornimmt und <strong>für</strong> Schwächen einen Ausgleich schafft, dem ist es möglich, auftretende<br />
Verluste auszugleichen (Mietzel, 1997).<br />
In der Literatur werden zwischen fünf Konzepten von <strong>Alt</strong>er unterschieden (Höpflinger &<br />
Stuckelberger, 1992):<br />
• Das kalendarische <strong>Alt</strong>er erfasst das <strong>Alt</strong>er in Lebensjahren. Dadurch ist das <strong>Alt</strong>er<br />
leicht zu bestimmen und internationale Vergleiche sind möglich.<br />
• Das biologische <strong>Alt</strong>er beschreibt das <strong>Alt</strong>er als einen normalen physiologischen<br />
Prozess, durch welchen alle Funktionen der Organe und die geistigen Fähigkeiten<br />
zurückgehen.<br />
• Das funktionale <strong>Alt</strong>er bezieht sich darauf, in welchem Mass zentrale<br />
Alltagsfunktionen erfüllt werden können.<br />
• Das psychologische <strong>Alt</strong>er hängt mit dem eigenen Selbstbild zusammen (wie alt man<br />
sich fühlt).<br />
• Das soziologische <strong>Alt</strong>er beschreibt den Status, welcher einer Person innerhalb einer<br />
Personengruppe zugeordnet wird. Das Konzept des soziologischen <strong>Alt</strong>ers ist eng mit<br />
den Wert- und Normvorstellung einer Gesellschaft verbunden.<br />
Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) unterscheidet zwischen älteren Menschen<br />
(60- bis 75-jährig), alten Menschen (70- bis 90-jährig), hochbetagten Menschen (><br />
90-jährig) und langlebigen Menschen (> 100-jährig).<br />
Die Lebenserwartung hat sich in den letzten Jahrzehnten ausgedehnt, und mehr Frauen und<br />
Männer erreichen ein hohes Lebensalter. Auffallend sind die ausgeprägten Unterschiede je<br />
nach Geschlecht. Dies wird deutlich, wenn die Zivilstandsverteilung der über 80-jährigen<br />
Bevölkerung betrachtet wird.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 10 von 49<br />
Zum einen blieben in diesen Generationen mehr Frauen als Männer ledig. Zum anderen ist<br />
Verwitwung im <strong>Alt</strong>er primär ein Frauenschicksal: Frauen erleben nicht nur häufiger, sondern<br />
vielfach auch früher eine Verwitwung als Männer.<br />
Ständige Wohnbevölkerung nach Zivilstand in der Schweiz am 31. Dezember 2007:<br />
Ledig<br />
Verwitwet<br />
Geschieden<br />
Total<br />
(Gesamtbevölkerung)<br />
3'233’786<br />
(100 %)<br />
406’281<br />
(100 %)<br />
521’050<br />
(100 %)<br />
Männer<br />
(80+ Jahre)<br />
7'059<br />
(0,2 %)<br />
30'159<br />
(7 %)<br />
4'226<br />
(0,8 %)<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009<br />
Frauen<br />
(80+ Jahre)<br />
24'161<br />
(0,7 %)<br />
147'123<br />
(36 %)<br />
12'848<br />
(2,4 %)<br />
Quelle: Bundesamt <strong>für</strong> Statistik, Wohnbevölkerung nach Zivilstand in der Schweiz am 31. Dezember 2007<br />
Bestand der Bevölkerung nach Haushaltsform in der Stadt Zürich (Männer und Frauen):<br />
Einpersonenhaushalte<br />
1970<br />
(Gesamtbevölkerung)<br />
51’775<br />
(100 %)<br />
1970<br />
(80+ Jahre)<br />
2’326<br />
(4,4 %)<br />
2000<br />
(Gesamtbevölkerung)<br />
94’797<br />
(100 %)<br />
2000<br />
(80+ Jahre)<br />
9’320<br />
(9,8 %)<br />
Wohnbevölkerung aller 80+ Jahre (Männer und Frauen, auch Mehrpersonenhaushalte) in<br />
der Stadt Zürich am 31.12.2008: 21'248 bzw. 5,6 % der Gesamtbevölkerung<br />
Quelle: Personenmeldeamt der Stadt Zürich<br />
Das <strong>Alt</strong>er ist die letzte Aufgabe, die wir zu lösen haben <strong>–</strong> jeder <strong>für</strong> sich selbst!
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 11 von 49<br />
2.1.2 Allein sein<br />
Allein sein ist <strong>für</strong> mich zunächst eine neutrale Situationsbeschreibung. Wenn wir <strong>allein</strong> sind,<br />
ist das ein Zustand, der sich dadurch auszeichnet, dass da kein anderer Mensch bei uns ist<br />
<strong>–</strong> und das kann <strong>für</strong> uns positiv oder negativ sein.<br />
Ich denke, dass <strong>für</strong> den konstruktiven Umgang des alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen mit<br />
Erfahrungen des Alleinseins die Offenheit <strong>für</strong> neue Möglichkeiten und Anforderungen der<br />
Situation entscheidend ist. Offenheit sehe ich als eine Lebenseinstellung, die sich im Laufe<br />
der Biographie ausbildet.<br />
Meiner Mei<strong>nun</strong>g nach <strong>für</strong>chtet ein Mensch das Allein sein weniger, wenn er schon in<br />
jüngeren Jahren <strong>allein</strong> gelebt hat. Doch das erfordert eine starke Persönlichkeit und<br />
seelische Substanz, die nicht jedem gegeben ist. Ich stellte mir zunächst die Frage, wie<br />
jemand über längere Zeit das Allein sein überhaupt bewältigen kann. Es braucht sehr viel<br />
Selbstmotivation, sich <strong>allein</strong>e durchs Leben zu „kämpfen“. Ich denke, psychisch labile<br />
Menschen ertragen das Allein sein nur schwer, sie fühlen sich im Allein sein rasch einsam.<br />
Die Antwort auf meine Frage fand ich im Modell der Salutogenese von Antonovsky (Kaluza,<br />
2005). Das Modell basiert auf der Vorstellung, dass das Grundprinzip des Lebens auf<br />
Ungleichgewicht, Krankheit und Leiden aufgebaut ist. Sein Kernkonzept ist das Kohärenz-<br />
gefühl. Dem Salutogenese-Modell zufolge bestimmt das Kohärenzgefühl die Wiederher-<br />
stellung von Ord<strong>nun</strong>g und Gesundheit über die Lebensspanne. Antonovsky unterscheidet<br />
drei Komponenten, aus denen sich Kohärenzerleben zusammensetzt:<br />
• Das Gefühl von Verstehbarkeit; der alte Mensch nimmt seine Lebenssituation (<strong>allein</strong><br />
sein) als kognitiv sinnvoll sowie als Information wahr, die geordnet, konsistent,<br />
strukturiert und klar ist und nicht als zufällig oder unerklärlich.<br />
• Das Gefühl der Machbarkeit; seine zur eigenen Verfügung stehenden Ressourcen<br />
(Persönlichkeitseigenschaften, Kompetenzen, Grundhaltungen etc.) eignen sich zur<br />
Bewältigung des Alleinseins.<br />
• Das Gefühl der Sinnhaftigkeit; der alte Mensch sieht in seinem Alleinsein keine Last<br />
sondern eine Herausforderung, die es Wert ist, Energie zu investieren damit das<br />
Leben einen emotionalen Sinn hat.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 12 von 49<br />
Ein hohes Vertrauen, dass das Leben verstehbar, kontrollierbar und sinnhaft ist, zeichnet<br />
Menschen mit einem hohen Kohärenzsinn aus. Diese Personen überstanden sowohl<br />
physische wie auch psychische Belastungssituationen besser als die mit niedrigem<br />
Kohärenzsinn (Schmuck, 2007).<br />
Meine Erfahrung zeigt, dass das Allein sein ebenso befriedigend und selbstwertfördernd sein<br />
kann wie das Zusammenleben mit anderen. Die positiven Seiten weiss man allerdings erst<br />
dann zu schätzen, wenn man eine liebevolle Beziehung zu sich selbst aufzubauen vermag.<br />
Nicht die Vermeidung des Alleinseins aus Furcht vor Normabweichung ist zu empfehlen,<br />
sondern das bewusste und akzeptierende Annehmen.<br />
Wie schon erwähnt, ist das Problem des Alleinseins im <strong>Alt</strong>er bei Frauen besonders deutlich.<br />
Dies begründet sich nicht <strong>allein</strong> nur aus der Tatsache der durchschnittlich längeren<br />
Lebenszeit von Frauen, sondern eben auch, weil Ehemänner häufig älter oder wesentlich<br />
älter sind als deren Ehefrauen. Im <strong>Alt</strong>er <strong>allein</strong> zu sein ist und bleibt wohl weiterhin primär ein<br />
Frauenschicksal. Derzeit ist der Frauenanteil bei den Hochaltrigen (über 90 Jahre alt) 77<br />
Prozent (Quelle: Pro Senectute).<br />
Die Zuwendung von aussen ist zwar wichtig und wärmt unser Leben, sie reicht aber nicht<br />
aus, um die Liebe zum eigenen Leben entfalten zu können. Es bleibt eine persönliche<br />
Aufgabe, die Tiefe des Lebens auszuloten und ihren Wert zu schöpfen. Wer diesen Wert in<br />
sich trägt, braucht sein Leben nicht vom Leben anderer abhängig zu machen.<br />
Ich denke, dass der Mensch letztlich immer <strong>allein</strong> ist.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 13 von 49<br />
2.1.3 Einsam sein<br />
Unter Einsamkeit verstehe ich vor allem ein Gefühl mit dem wir die Situation, in der wir sind<br />
(nämlich <strong>allein</strong> zu sein) negativ bewerten. Einsam können wir uns im Alleinsein fühlen, aber<br />
auch, wenn wir unter Menschen sind. Einsamkeit ist ein tiefer Schmerz darüber, dass wir uns<br />
niemandem nahe fühlen und mit keinem teilen können, <strong>was</strong> in uns ist. In meinem<br />
Bewusstsein drückt sich dies in einem Auseinanderklaffen zwischen der gewünschten<br />
(idealen) und der als tatsächlich (real) wahrgenommenen Qualität der sozialen Beziehungen<br />
aus.<br />
Einsamkeit bedeutet auch Empfindungen von Verzweiflung, Traurigkeit, Hoff<strong>nun</strong>gslosigkeit in<br />
Zusammenhang mit dem Zerbrechen von Beziehungen, emotioneller Tren<strong>nun</strong>g und Verlust.<br />
Niedergeschlagenheit und Depressivität beinhalten demotivierende emotionale Gefühle. Ein<br />
längeres Andauern derartiger Gefühle kann zu chronischer Einsamkeit und Depressivität<br />
führen.<br />
<strong>Alt</strong>e Menschen mit Einsamkeitsgefühlen sollen Ermunterung, Ermutigung und Befähigung<br />
durch betreuende Personen erhalten. Es gilt, Ziele (und wenn es auch ganz kleine sind) zu<br />
verfolgen, die dem Leben wieder einen Sinn verleihen. Das Leben behält einen Wert,<br />
solange man durch Liebe, Freundschaft und Mitgefühl am Leben der anderen teilnimmt.<br />
Mietzel (1992, Seite 199-200) beschreibt, dass Einsamkeitsgefühle vornehmlich dann<br />
auftreten, wenn unkontrollierbare Lebensereignisse, wie z.B. der Tod des Partners oder<br />
Krankheit und Einschränkung der Mobilität, den Rückzug aus sozialen Aktivitäten erzwingen.<br />
Der Gegenpol der Einsamkeit ist nicht das Zusammensein mit anderen, sondern das<br />
Bewusstsein innerer Übereinstimmung und Verbundenheit mit anderen Menschen.<br />
Grenzen bezüglich Hilfestellungen gegen Einsamkeit im <strong>Alt</strong>er stellen sich dem Helfenden,<br />
wenn der einsame Mensch sämtliche Hilfe abweist, zu wenig Willen und Selbstvertrauen<br />
aufbringt, um an eine Problemlösung zu glauben, oder er seine Einsamkeit gar nicht<br />
wahrhaben möchte.<br />
Einsamkeit ist eine Gefängniszelle, die sich nur von innen öffnen lässt.<br />
Alfredo La Mont<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 14 von 49<br />
2.2 Einsamkeitsrisiken im <strong>Alt</strong>er<br />
Einsamkeit definiere ich, wie bereits schon erwähnt, als subjektiv erlebten Zustand, der als<br />
eine psychische Reaktion auf den Zustand des Alleinseins verstanden werden kann.<br />
Einsamkeit ist das individuelle Erleben eines Menschen, der sich <strong>allein</strong>gelassen fühlt und<br />
dies als belastend empfindet. Einsamkeit steht in engem Zusammenhang mit Depression,<br />
Langeweile, Abhängigkeit und dem Fehlen von menschlichen Beziehungen.<br />
Meine Erfahrung in der Arbeit mit alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen zeigt, dass diese nicht<br />
über Einsamkeitsgefühle sprechen. Vielmehr erwähnen sie, dass sie zwar <strong>allein</strong>e aber nicht<br />
einsam sind. Wird Einsamkeit wie ein Geheimnis vor andern versteckt? Ich weiss es nicht.<br />
Vielleicht ist es wirklich so, dass viele <strong>allein</strong> stehende alte Menschen nicht über ihre<br />
negativen Gefühle sprechen möchten. Dies wiederum macht es <strong>für</strong> Betreuungspersonen<br />
schwierig, diese Menschen aus ihrer Einsamkeit heraus zu holen.<br />
Mit zunehmendem <strong>Alt</strong>er werden Menschen häufiger mit Situationen konfrontiert, die als<br />
kritisch bewertet werden. In diesem Kapitel möchte ich mögliche Einsamkeitsrisiken im <strong>Alt</strong>er<br />
aufzeigen, welche alte <strong>allein</strong> stehende Menschen treffen könnten.<br />
2.2.1 Tod einer nahe stehenden Person<br />
Nach dem Tod des Partners steht häufig der Wunsch, ebenfalls zu sterben, im Vordergrund.<br />
Der Gedanke und die Vorstellung, <strong>nun</strong> <strong>allein</strong> zu sein und <strong>allein</strong> leben zu müssen, führen in<br />
tiefe Trostlosigkeit. Die Leere und das Gefühl des Verlassenseins können sich bis zur<br />
Zurückgezogenheit und Abkapselung auswirken. Ich denke, Männer sind generell stärker<br />
davon betroffen zu vereinsamen, als Frauen. Neigen sie doch eher dazu, sich von Freunden<br />
und Bekannten zurückzuziehen und durch die traditionelle Rollenverteilung während der Ehe<br />
(Mann: Finanzen, Frau: Haushalt) sind sie nicht daran gewöhnt, sich selbständig und mit der<br />
nötigen Sicherheit zu versorgen, sei es mit Essen oder andern im Haushalt notwendigen<br />
Dingen.<br />
Der Lebensstil des Überlebenden könnte sich aber auch nach dem Tod des Partners, mit<br />
dem man vier, fünf oder gar sechs Lebensjahrzente verbrachte, durchaus grundlegend<br />
verändern. Nach jahrelanger Pflege des Partners oder Einschränkung der selbständigen<br />
Lebensführung, möchte man das Leben <strong>nun</strong> nach eigenen Vorstellungen und Wünschen<br />
leben. Die Freiheit spüren, das Leben so gestalten zu können, wie man es sich wünscht.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 15 von 49<br />
Ich denke, dass in beiden Fällen schon eine deutliche Strukturierung des Tagesablaufs (z.B.<br />
zu annähernd festen Zeiten aufstehen, essen, einkaufen, Spaziergänge und Besuche<br />
machen, schlafen gehen etc.) die psychische und physische Situation des alten, <strong>allein</strong><br />
stehenden Menschen positiv beeinflusst. Für viele könnte auch ein Hund der beste<br />
„Schrittmacher“ ihres Lebens werden. Mit ihm müssen sie regelmässig nach draussen<br />
gehen. Sie müssen <strong>für</strong> den Hund sorgen und sie fühlen sich <strong>für</strong> ihn verantwortlich. Ein<br />
Haustier kann dem Alltag wieder eine klare Struktur geben.<br />
2.2.2 Verlust der Sinnesorgane / Mobilität<br />
Der körperliche Abbau im <strong>Alt</strong>er, wie Harnschwäche, hirnorganische Störungen (z.B. Demenz<br />
oder Alzheimerkrankheit), Seh- oder Hörbehinderungen sowie Gehbehinderungen gehören<br />
zu den Faktoren, welche Einsamkeit im <strong>Alt</strong>er begünstigen.<br />
Die erlebten Verluste, die endgültig und unaufhebbar sind, erschweren die Kontaktpflege.<br />
Das Nicht-Besuchen-Können von Freizeitangeboten vermindern die Kontakt- und<br />
Austauschfähigkeit und lassen das Netzwerk kleiner werden. Die Menschen werden mit den<br />
Grenzen ihrer Existenz konfrontiert.<br />
Die Fähigkeit des Menschen, jene Verluste, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen,<br />
anzunehmen und zugleich die möglichen Gewinne des <strong>Alt</strong>ers wahrzunehmen und im<br />
eigenen Leben zu verwirklichen, gilt als Grundlage <strong>für</strong> Lebenszufriedenheit (siehe dazu auch<br />
Kapitel 2.1.2, das Salutogenese-Modell). Unter möglichen Gewinne des <strong>Alt</strong>ers verstehe ich,<br />
die Reichtümer der späten Jahre wie z.B. Reife, Weisheit, Ruhe, Gelassenheit etc.<br />
wahrzunehmen und zu geniessen.<br />
2.2.3 Verlust der Woh<strong>nun</strong>g; zwangsweiser Umzug<br />
Zuhause leben ist im <strong>Alt</strong>er mit Vor- und Nachteilen verbunden. Für viele alte Menschen ist es<br />
jedoch schwer vorstellbar, sich nach Jahren des <strong>allein</strong> Lebens in eine Wohnform (z.B.<br />
<strong>Alt</strong>ersheim) zu wagen, die nicht zuletzt geprägt wird von täglichen Prozessen der<br />
Anpassung, Toleranz und Auseinandersetzung.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 16 von 49<br />
Der Anstoss zur Auseinandersetzung mit der Zukunft kommt häufig von äusseren, wenig<br />
beeinflussbaren Umständen <strong>–</strong> das können gesundheitliche Probleme sein, die drohende<br />
Vereinsamung, der fehlende Lift im mehrstöckigen Miethaus usw.<br />
Wer sich zu wenig oder zu spät mit <strong>Alt</strong>ernativen zur bisherigen Wohnsituation auseinander<br />
setzt, kann oft nicht mehr selber über seine Wohnform entscheiden, sondern wird von den<br />
äusseren Umständen zum Eintritt in eine Institution gezwungen. Das kann zur Folge haben,<br />
dass Betagte die Umstellung mit einer schicksalergebenen und passiven Haltung vollziehen.<br />
D.h. einige Menschen entscheiden sich, nicht zu entscheiden, und delegieren die<br />
Entscheidung damit an andere. Das ist keine gute Ausgangslage <strong>für</strong> eine befriedigende<br />
Veränderung und <strong>für</strong> eine glückliche Integration in ein neues Wohnumfeld.<br />
Ins <strong>Alt</strong>ersheim umziehen ist ein wichtiger Schritt. Die meisten tun ihn, weil sie es leichter<br />
haben möchten. Keine Hausarbeiten mehr erledigen müssen, zum Beispiel. Oder weil immer<br />
jemand da ist, wenn sie Unterstützung brauchen.<br />
Wenn die Einsamkeit im Privathaushalt Überhand nimmt, kann durchaus der Moment<br />
gekommen sein, dass die Vorteile eines Heims gegenüber der bisherigen Wohnsituation zu<br />
überwiegen beginnen. Mit einem Neuanfang in einem <strong>Alt</strong>ersheim kann der Einsamkeit<br />
wenigstens ein bisschen entgegengewirkt werden.<br />
Auf die andere Seite ist mit dem Umzug natürlich auch das Risiko verbunden, dass<br />
Beziehungen und Freundschaften nicht mehr in der gewohnten Weise gepflegt werden<br />
können, womit das Risiko <strong>für</strong> Einsamkeit im <strong>Alt</strong>ersheim wieder ansteigen kann.<br />
Ich bin der Mei<strong>nun</strong>g, dass die Einsamkeit keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern<br />
macht und denke, dass sie bei Männern mindestens ebenso häufig auftritt wie unter Frauen.<br />
Doch nehme ich aus meiner Erfahrung in der Arbeit mit alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen<br />
wahr, dass es Frauen im Allgemeinen leichter fällt, sich zu ihren seelischen Problemen zu<br />
bekennen als Männer.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 17 von 49<br />
2.3 Belastungsstörungen und deren Bewältigung<br />
Was geschieht, wenn … - mit der Einbeziehung von kritischen Lebensereignissen (KLE)<br />
nähern sich die Bilder ein erstes Stück der Realität. Man selbst wird pflegebedürftig. Der<br />
Haushalt kann nicht mehr selbständig erledigt werden. Die Woh<strong>nun</strong>gsmiete steigt und steigt.<br />
Es gibt eine Vielzahl solcher kritischer Situationen, die den Alltag im <strong>Alt</strong>er stark verändern<br />
können. Wie können diese Schwierigkeiten gemeistert werden, welche Lösungen sind<br />
möglich?<br />
2.3.1 Bewohner in Heimen<br />
Mit dem Heimeintritt kann der Umfang der Sozialkontakte merklich abnehmen und das<br />
Ausmass an Aktivitäten nachlassen. Einsamkeit, Langeweile und Abhängigkeit sind<br />
zusätzliche Faktoren, die ein Leben im Heim erschweren. Dem Eintritt haftet et<strong>was</strong><br />
Endgültiges an und manche Bewohner haben kein Ziel mehr vor Augen; sie haben nicht<br />
mehr das Gefühl, et<strong>was</strong> zu leisten. Wer nirgends mehr gebraucht wird, empfindet Leere. Der<br />
Zeitbezug verändert sich. Die Zukunftsorientierung erfährt eine Begrenzung und die<br />
subjektive Sicht der Vergangenheit verändert sich.<br />
Trotz allem denke ich jedoch, dass ein alter <strong>allein</strong> stehender Mensch in einem <strong>Alt</strong>ersheim<br />
nicht so stark den vorgenannten Einsamkeitsrisiken ausgesetzt ist, als eine <strong>allein</strong> stehende<br />
Person, welche noch im Privathaushalt wohnt. Auch wenn die subjektive Empfindung als<br />
Einsamkeit wahrgenommen wird, ist dem Bewohner im <strong>Alt</strong>ersheim doch die Sicherheit<br />
gewährleistet, dass er täglich betreut und unterstützt wird. Es ist immer jemand da.<br />
2.3.2 Bewohner in Privathaushalten<br />
Gegenwärtig lebt gut ein Drittel der in Privathaushaltungen lebenden über 80-jährigen<br />
Männer <strong>allein</strong>, und bei den gleichaltrigen Frauen sind es sogar über zwei Drittel (Quelle: Pro<br />
Senectute). Es ist unter den älteren Menschen ein weit verbreiteter Wunsch, möglichst lange<br />
in der gewohnten Umgebung zu bleiben, auch wenn dies oftmals bedeutet <strong>allein</strong>e zu leben.<br />
Was aber, wenn der Alltag beschwerlicher wird? Was in jüngeren Jahren perfekt war, kann<br />
mit zunehmendem <strong>Alt</strong>er problematisch werden.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 18 von 49<br />
Die Sicherheit in den eigenen vier Wänden ist dem alten Menschen sehr wichtig. So stellt<br />
sich so manch alter <strong>allein</strong> stehende Mensch auch die Frage; „<strong>was</strong> passiert, wenn meine<br />
Kraft und meine Gesundheit nachlassen, ich stürze, am Boden liege und niemand hilft mir?“<br />
Der Sturz ist der häufigste Unfall und die häufigste Ursache <strong>für</strong> Abhängigkeit und<br />
Pflegebedürftigkeit im <strong>Alt</strong>er. Gerade im <strong>Alt</strong>er kann ein Sturz auch tödliche Folgen haben. Die<br />
Installation eines Notruf- und Alarmsystems (Armbanduhr mit Notrufknopf, z.B.<br />
Schweizerisches Rotes Kreuz) gibt dem alten Menschen die Sicherheit, im Notfall sofortige<br />
externe und professionelle Hilfe zu erhalten.<br />
In meiner täglichen Arbeit kommt es vor, dass Kunden in der eigenen Woh<strong>nun</strong>g versterben<br />
und erst nach Wochen von der Polizei aufgefunden werden.<br />
Warum wird ein Todesfall nicht schon früher bemerkt?<br />
Die Menschen leben <strong>allein</strong> und zurückgezogen in Wohnblöcken in der Stadt Zürich ohne<br />
Kontakt zu den Nachbarn. Aufgrund dieser Erfahrungen empfehle ich <strong>allein</strong> lebenden<br />
Menschen, Kontakte zu mindestens einer Person zu pflegen, welche ein Auge auf diese hat<br />
und reagieren kann, wenn eine Situation in der Hilfe benötigt wird eintritt. Vielleicht sogar ein<br />
Zeichen mit dieser Person vereinbart (z.B. morgens um 10 Uhr Rolladen hochziehen etc.)<br />
um aktiv zu werden, wenn et<strong>was</strong> aussergewöhnlich ist. Dies kann den Betroffenen ein<br />
Gefühl von Sicherheit verleihen und unter Umständen sogar lebensrettend sein.<br />
Nachbarn sind im <strong>Alt</strong>er eine sehr wichtige Quelle <strong>für</strong> Hilfen, weil sie gemeinsame Wege z.B.<br />
beim Einkaufen haben und in der Nähe sind, wenn plötzlich Unterstützung gebraucht wird.<br />
Gerade gegenüber Nachbarn sind die Spielregeln <strong>für</strong> angemessene Gegenleistungen aber<br />
oft unklar. Besonders ältere Menschen, die Unterstützung oder Hilfe benötigen und sich<br />
deshalb nicht mehr aktiv oder im gleichen Mass erkenntlich zeigen können, scheuen sich<br />
deshalb, um Hilfen zu bitten oder diese anzunehmen. Nachbarn haben umgekehrt oft<br />
Hemmungen weil sie <strong>für</strong>chten, ihre Angebote könnten als Einmischung empfunden werden.<br />
Das Anfordern von Unterstützung ist jedoch kein Zeichen des Versagens, ganz im Gegenteil.<br />
Wer die eigenen Grenzen ernst nimmt und rechtzeitig handelt, spart Kräfte. Im Anhang führe<br />
ich eine Liste an, welche mit Unterstützungsangeboten im Alltag versehen ist.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 19 von 49<br />
2.4 Begleitansätze<br />
In meiner täglichen Arbeit mit alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen erscheinen mir besonders<br />
drei Begleitansätze zur Bewältigung kritischer Lebensereignisse (Kaluza, 2005) - wie z.B. die<br />
Wiederanpassung nach dem Tod des Ehepartners - als sinnvoll. Die theoretischen Erläute-<br />
rungen der Methoden folgen nachstehend. Im praktischen Teil meiner Abschlussarbeit<br />
können die Methoden anhand von praxisnahen Beispielen nachvollzogen werden.<br />
2.4.1 Personzentriertes Konzept<br />
Der personzentrierte Ansatz geht auf den amerikanischen Psychologen Carl Rogers (1902-<br />
1987) zurück. Die Grundlagen der personzentrierten Arbeit bestehen aus (Pörtner, 2005);<br />
• dem humanistischen Menschenbild, welches in jedem Menschen eine eigenständige in<br />
sich wertvolle Persönlichkeit sieht und die Verschiedenartigkeit der Menschen<br />
respektiert.<br />
• der personzentrierten Haltung, welche durch drei Elemente charakterisiert wird;<br />
- Empathie (einfühlendes Verstehen) ist die Fähigkeit, das Erleben und die Gefühle<br />
anderer Menschen genau und sensibel zu erfassen. Den inneren Bezugsrahmen des<br />
anderen möglichst exakt wahrzunehmen, mit all seinen emotionalen Komponenten<br />
und Bedeutungen, gerade so, als ob man die andere Person wäre, jedoch ohne<br />
jemals die „Als-ob“-Position aufzugeben. Es ist notwendig, sich auf die<br />
gefühlsmässigen Empfindungen des Kunden zu konzentrieren und ihn aus seiner<br />
Sichtweise heraus zu verstehen.<br />
- Wertschätzung bedeutet, eine Person so zu akzeptieren, wie sie im Augenblick ist,<br />
mit all ihren Schwierigkeiten und Möglichkeiten, ohne sie zu werten. Besonders alte<br />
Menschen haben oft eine ganz andere Wahrnehmung als die jüngeren. Das muss<br />
berücksichtigt und respektiert werden.<br />
- Kongruenz (Echtheit) heisst, dass die Sozialbegleiterin ihr eigenes Erleben bewusst<br />
wahrnimmt und von dem trennen kann, <strong>was</strong> ihr vom Gegenüber entgegenkommt.<br />
Kongruenz bedeutet auch, dem anderen Menschen als Person zu begegnen und sich<br />
nicht hinter einer professionellen Maske zu verstecken.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 20 von 49<br />
Personzentriert arbeiten heisst, mit den betroffenen Menschen zu arbeiten und nicht <strong>für</strong> sie<br />
Lösungen zu suchen und Wege zu finden. Personzentriert arbeiten ist in erster Linie eine<br />
Haltung. Denn eine Haltung darf nicht in schönen Worten stecken bleiben, sondern muss<br />
sich im täglichen Handeln verwirklichen.<br />
Zuhören ist die Basis, auf der die personzentrierte Haltung sich entfaltet. Zuhören ist die<br />
Voraussetzung, um verstehen zu können, wie andere Menschen empfinden und <strong>was</strong> sie<br />
brauchen, und um herauszufinden, wie man am besten auf sie eingeht. Insbesondere bei<br />
alten Menschen, auch wenn ihre Äusserungen realitätsfern oder verworren erscheinen.<br />
Qualitätskriterien, die sich an der personzentrierten Arbeitsweise mit alten Menschen<br />
orientieren (Pörtner, 2005):<br />
• Klarheit; wie klar sind Betreuende in ihrer Ausdrucksweise und in ihrem Handeln?<br />
• Entscheidend ist nicht, <strong>was</strong> fehlt, sondern <strong>was</strong> vorhanden ist; Ressourcen<br />
erkennen<br />
• Selbstverantwortung; Kunden Verantwortung überlassen<br />
• Auf das Erleben eingehen; Situation des Kunden verstehen<br />
• Eigenständigkeit unterstützen / Stützen <strong>für</strong> selbständiges Handeln<br />
• Zuhören / Ernstnehmen / die Sprache des Gegenübers finden; sind Betreuende<br />
fähig und bereit, ihre eigenen Vorstellungen beiseite zu stellen und sich auf die Welt<br />
des anderen Menschen einzulassen? Hören sie genau zu oder vermischen sie, <strong>was</strong><br />
sie hören, mit ihren eigenen Ansichten?<br />
• Den eigenen Anteil erkennen; sind Betreuende fähig und bereit, das eigene<br />
Handeln zu reflektieren?<br />
<strong>Alt</strong>e Menschen wollen in ihrer ganz persönlichen Eigenart ernst genommen und verstanden<br />
werden. Betreuung und Begleitung müssen dem individuellen Erleben dieses Lebensab-<br />
schnitts Rech<strong>nun</strong>g tragen.<br />
Nicht von Vorstellungen ausgehen, wie Menschen sein sollten, sondern davon,<br />
wie sie sind, und von den Möglichkeiten, die sie noch haben.<br />
Marlis Pörtner<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 21 von 49<br />
2.4.2 Krisenintervention<br />
Krisenintervention bedeutet kurzfristig wirksame professionelle Hilfe <strong>für</strong> Menschen, die sich<br />
in einer akuten psychischen Notlage befinden (Dross, 2001). Die Intervention (dazwischen-<br />
treten, sich einschalten) muss darauf gerichtet sein, möglichst baldige Entlastung zu<br />
bewirken, vom ersten Kontakt an. Im Mittelpunkt stehen hier nicht Entscheidungs- sondern<br />
Handlungsprobleme. Das Ziel der Intervention ist, eine kritische Entwicklung zur möglichen<br />
Katastrophe aufzuhalten und zu bewältigen. Es geht um die Aktivierung von personalen<br />
(personeninternen) oder sozialen Ressourcen.<br />
Krisen sind zeitlich begrenzte Zustände, die einen Anfang und einen offenen Ausgang<br />
haben. Ebenso sind Krisen Reaktionen auf auslösende Ereignisse (z.B. Verlust einer nahe<br />
stehenden Person, Umzug ins <strong>Alt</strong>ersheim).<br />
Die Krisenbewältigung ist von den individuellen Ressourcen (z.B. Optimismus,<br />
mitmenschliche Unterstützung, Erfahrungen früherer Bewältigung etc.), über die ein Mensch<br />
verfügt, abhängig. In der Krise erfährt der Mensch einen Kontrollverlust über bisher<br />
selbstverständlich beeinflussbare Lebensbedingungen. Vorübergehende Hilfslosigkeits-<br />
erfahrung kann zur dauernden Fehlhaltung führen, wenn Misserfolge grundsätzlich dem<br />
eigenen Versagen angelastet werden.<br />
Margret Dross beschreibt in ihrem Buch über Krisenintervention (2001), dass in einer<br />
Krisensituation die Betroffenen in erster Linie Unterstützung und Verständnis <strong>für</strong> ihre Gefühle<br />
erwarten. Dazu ist es erforderlich, dass die Betreuer selber in Balance bleiben und die<br />
richtige Mitte zwischen naher Anteilnahme und hilfreichem Überblick wahren. Ich denke,<br />
dass es gerade in meiner Arbeit im Gespräch mit dem hinterbliebenen Partner wichtig ist,<br />
trotz Betroffenheit und eigenem Nacherleben der entsprechenden Situation, der Person nicht<br />
die eigene Betroffenheit aufzudrängen.<br />
Um eine emotionale Stabilisierung bei den Kunden zu erreichen, ist es vor allem wichtig:<br />
• Anteilnahme zu zeigen<br />
• Fürsorge zu entwickeln<br />
• Unruhe aufzufangen<br />
• Zorn und Wut zu akzeptieren<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 22 von 49<br />
Dies hat zum Ziel, dass die Kunden trotz Erregung, Betroffenheit und Schmerz ihre Gefühle<br />
ertragen, ihren Alltag bewältigen und anstehende sachliche Probleme lösen können.<br />
Aspekte der Krise <strong>für</strong> den alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen (z.B. nach dem Tod des<br />
Partners):<br />
Problemkuchen (Schwäbisch & Siems, 1974)<br />
Oft bedroht die Krise mehrere zentrale Daseinsbereiche. Anhand des Problemkuchens wird<br />
ersichtlich, dass die Kontrolle über notwendige Lebensbedingungen und <strong>–</strong>vollzüge wie z.B.<br />
materielle Versorgung, Erledigung der administrativen Arbeiten (Zahlungen) nicht mehr<br />
gegeben sind. Diese Schwierigkeiten müssen sachlich geklärt und sofort behoben werden.<br />
Mit der sofortigen Unterstützung durch Bezahlung der anstehenden Rech<strong>nun</strong>gen und<br />
Anmeldung der Witwenrente (allenfalls Anforderung von Ergänzungsleistungen) kann sich<br />
der Kunde wenigstens einigermassen sicher und geborgen fühlen.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 23 von 49<br />
2.4.3 Soziale Netzwerkarbeit<br />
Gute soziale Beziehungen sind ein wichtiger Teil menschlicher Lebensqualität. Sie wirken<br />
sich direkt oder indirekt auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen aus.<br />
Befriedigende soziale Kontakte sind ein Lebenselixier, das im <strong>Alt</strong>er eher wichtiger wird.<br />
Besonders alte Menschen sind mit dem Rückgang der Gesundheit und dem Verlust von<br />
Freunden, Verwandten oder des Partners konfrontiert. Das soziale Netz ist im <strong>Alt</strong>er stark<br />
ausgedünnt. Welche sozialen Unterstützungen den Bedürfnissen eines alten <strong>allein</strong><br />
stehenden Menschen überhaupt entsprechen, könnte anhand einer Netzwerk-Karte<br />
(Bullinger, Nowak, 1998) herausgefunden werden.<br />
Mit dieser Verfahrenstechnik kann das soziale Netzwerk eines Kunden analysiert und<br />
dessen Veränderungen im historischen Zeitablauf anschaulich gemacht werden.<br />
Beispiel: Soziales Unterstützungsnetzwerk einer <strong>allein</strong> stehenden Frau, 90 Jahre alt,<br />
wohnhaft in Privatwoh<strong>nun</strong>g.<br />
PRIMÄRE NETZWERKE<br />
Familie - Verwandtschaft Freunde-Nachbarn-Kollegen<br />
Sämtliche Familienmitglieder sind gestorben<br />
Frau K.<br />
Steiner Vorsorge AG keine<br />
(Bestattungs- und Erbschaftstreuhand)<br />
Nachbarin (96 Jahre alt)<br />
Selbsthilfe - Berater <strong>Schule</strong> - Arbeit - Ämter - Firmen<br />
TERTIÄRE NETZWERKE SEKUNDÄRE NETZWERKE<br />
Die <strong>allein</strong> lebende Frau hat durch ihr aktuelles kleines persönliches Netzwerk ein einge-<br />
schränktes soziales Unterstützungspotential in allen drei Teil-Netzwerken.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 24 von 49<br />
Auf der Grundlage der Netzwerk-Karte können mit dem alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen<br />
Vereinbarungen getroffen werden, <strong>was</strong> er in seinen Beziehungen verändern möchte und<br />
welche sozialen Unterstützungsressourcen der Person (nicht) zur Verfügung stehen.<br />
Das Erstellen einer Netzwerk-Karte dient zum einen dazu, dem alten <strong>allein</strong> stehenden<br />
Menschen deutlich zu machen, wie er sein Netzwerk wahrnimmt und welche Bedeutung es<br />
<strong>für</strong> ihn hat. Er soll auf diesem Weg die Stärken und die Schwachstellen seines Netzes<br />
erkennen und sehen, wie wichtig die soziale Unterstützung ist, die er von diesen Netzwerken<br />
erhält.<br />
Begleitpersonen können sich mit Hilfe einer Netzwerk-Karte vergegenwärtigen, wo<br />
Potenziale <strong>für</strong> soziale Teilhabe liegen und davon ausgehend geeignete Wege suchen, sie zu<br />
erschliessen oder auszubauen.<br />
Das Ziel der Netzwerkarbeit ist es, die Netzwerke so zu gestalten, dass ihre sozialen<br />
Unterstützungsfunktionen <strong>für</strong> den einzelnen Menschen verbessert werden. Netzwerke wirken<br />
aber nicht nur positiv, sondern üben auch soziale Kontrolle aus. So kann dies <strong>für</strong> manch<br />
einen alten Menschen ein Eingriff in seine Persönlichkeit sein, da er doch lieber <strong>allein</strong>e sein<br />
möchte. Daher erachte ich auch anhand einer schön dargestellten Netzwerk-Karte keinen<br />
weiteren Handlungsbedarf, dem Kunden soziale Kontakte aufzudrängen, wenn er mit den<br />
bestehenden glücklich ist. Möglichkeiten zur Aufnahme allfälliger Kontakte (auch im Hinblick<br />
auf eine mögliche Vereinsamung) werde ich ihm jedoch aufzeigen (s. Unterstützungs-<br />
angebote im Anhang).<br />
Auf die Frage an meine Kunden, ob sie sich intensivere Kontakte und Unterstützung<br />
wünschen, bekomme ich immer wieder als Antwort zu hören: „Der bestehende Kontakt<br />
genügt mir, ich bin gerne <strong>allein</strong>.“<br />
Diesbezüglich denke ich mir, dass alten Menschen die Qualität der Kontakte im Vordergrund<br />
steht und nicht etwa die Quantität. Ein Mensch im hohen <strong>Alt</strong>er macht sich wohl auch<br />
vermehrt Gedanken über seine Lebensbilanz. Vielleicht sind es gerade die stillen Momente<br />
die er dabei als Glück empfindet und ist froh, wenn er in Ruhe gelassen wird.<br />
Auf der letzten Wegstrecke sind wir <strong>allein</strong>, auch wenn andere uns<br />
ein Stück weit zu begleiten versuchen.<br />
Marlis Pörtner<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 25 von 49<br />
2.5 Rechtliche Aspekte / Administration / Sterbevorsorge<br />
Immer mehr ältere Menschen brauchen Hilfe im Verkehr mit Ämtern, Versicherungen und<br />
Banken. Sie meistern den Alltag selbständig, aber bei administrativen Arbeiten fehlt ihnen<br />
häufig die Unterstützung.<br />
2.5.1 Finanzielles<br />
Heute ist gerne von den „reichen Rentnern“ die Rede, die ihren Lebensabend in Saus und<br />
Braus verbringen können. Dabei wird allerdings leicht übersehen, dass gerade im AHV-<strong>Alt</strong>er<br />
die Unterschiede bei Einkommen und Vermögen gewaltig sind.<br />
Eine Untersuchung des Bundesamtes <strong>für</strong> Statistik belegt, dass nur ein Fünftel aller<br />
pensionierten Männer, aber annähernd die Hälfte aller Frauen im <strong>Alt</strong>er einzig über eine AHV-<br />
Rente verfügt. Die über 80-jährigen Männer und Frauen sind überdurchschnittlich auf<br />
Ergänzungsleistungen zur AHV angewiesen. 25 Prozent der <strong>allein</strong> stehenden 90-jährigen<br />
Männer und 36 Prozent der <strong>allein</strong> stehenden 90-jährigen Frauen beziehen<br />
Ergänzungsleistungen zur AHV, wobei die Leistungen in dieser <strong>Alt</strong>ersgruppe häufig zur<br />
Deckung von Pflegeheimkosten eingesetzt werden (Quelle: Pro Senectute).<br />
Auszahlungen der Ergänzungsleistungen zur AHV (EL an Betagte, über 65 Jahre alt) in<br />
Mio. Franken im Kanton Zürich am 31.12.2007:<br />
Total<br />
(Leistungen an Alleinstehende<br />
und Ehepaare)<br />
262,4<br />
(100 %)<br />
Quelle: Statistisches Jahrbuch des Kantons Zürich 2009<br />
Alleinstehende Männer<br />
57,6<br />
(22 %)<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009<br />
Alleinstehende Frauen<br />
177,8<br />
(68 %)
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 26 von 49<br />
Viele hochaltrige Frauen, aber auch manche hochaltrige Männer konnten aus<br />
wirtschaftlichen Gründen keine weiterführende Ausbildung absolvieren. Ebenso führte auch<br />
das fehlende Berufliche Vorsorge Gesetz (BVG, Beschluss 1985) in späteren Jahren zu<br />
tiefen Einkommen. Deshalb sind viele hochaltrige Menschen wirtschaftlich weniger gut<br />
abgesichert als spätere Generationen.<br />
Soziale Kontakte sind oft mit finanziellen Ausgaben gekoppelt. Freizeitaktivitäten, wie Reisen<br />
oder Restaurantbesuche kosten et<strong>was</strong>. Wer sehr kleine Renten erhält und diese mit seinem<br />
Vermögen nicht auszugleichen vermag, kann weniger soziale Anlässe besuchen als andere.<br />
Leider ist es immer noch so, dass Anspruchsberechtigte nicht von den Ergänzungsleistun-<br />
gen profitieren, sei es, weil sie diese nicht kennen oder weil sie nichts annehmen wollen, <strong>was</strong><br />
sie nicht durch Arbeit verdient haben. Ergänzungsleistungen zur AHV (EL) sind jedoch keine<br />
Almosen oder Fürsorgeleistungen; sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, hat<br />
der alte Mensch einen rechtlichen Anspruch darauf. Ein Anspruch auf EL ist grundsätzlich<br />
dann gegeben, wenn die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen<br />
übersteigen. Der Anspruch auf EL kann bei der zuständigen AHV-Zeigstelle der Wohnge-<br />
meinde geltend gemacht werden.<br />
2.5.2 Vertretungs-Vollmacht<br />
Jeder urteilsfähige Mensch besitzt das Recht auf Selbstbestimmung. Dies erlaubt es ihm,<br />
seinen Willen im Voraus zu äussern. Auf diese Weise kann er Fragen regeln, die sich dann<br />
stellen, wenn er urteilsunfähig geworden ist.<br />
So ist es möglich, Drittpersonen eine Vertretungs-Vollmacht zu erteilen, die dann wirksam<br />
wird, wenn die zu vertretende Person urteilsunfähig wird oder auch wenn sie ihren<br />
Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann oder will. Ein solcher Auftrag beinhaltet die<br />
Vertretung <strong>für</strong> die täglichen Geschäfte (Erledigung von administrativen Angelegenheiten,<br />
Verwaltung des Vermögens, Besorgen der Einkäufe, das Öffnen der Post etc.).<br />
Ein Muster einer solchen Vertretungs-Vollmacht finden die Interessierten im Anhang meiner<br />
Diplomarbeit.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 27 von 49<br />
2.5.3 Patienten-Verfügung<br />
So lange jemand bei vollem Bewusstsein und urteilsfähig ist, kann er Entscheidungen<br />
autonom und frei treffen. Wie sieht es aber aus, wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, das<br />
Selbstbestimmungsrecht auszuüben? Diese Frage fordert heraus. Sie ist aber wichtig, denn<br />
sie hat mit der Achtung des Menschen, seiner Würde, seines Willens und seinen<br />
Wertvorstellungen zu tun.<br />
Eine Patienten-Verfügung ist in diesem Fall von grosser Bedeutung. Sie regelt die<br />
medizinische Behandlung und Versorgung <strong>für</strong> den Fall, dass man sich nicht mehr persönlich<br />
äussern kann. Deshalb soll das Dokument rechtzeitig als Ausdruck eines freien Willens und<br />
im Vollbesitz der Urteilsfähigkeit ausgestellt werden. Das Dokument muss handschriftlich<br />
datiert und signiert werden. Besonders ist zu beachten, dass das Dokument dem Arzt ohne<br />
Umstände zur Verfügung steht.<br />
Ein Muster einer solchen Patienten-Verfügung finden die Interessierten im Anhang meiner<br />
Diplomarbeit.<br />
2.5.4 Bestattung<br />
All die Gedankenlosen, die sich nicht sorgen,<br />
zu welcher Zeit des Todes Boten kommen.<br />
(Tibetanisches Totenbuch. Des Todes Boten, um 750 n. Chr.; aus: F. Walter, 1997, S. 153)<br />
Sterben, Tod und Endlichkeit sind untrennbar mit der menschlichen Existenz verbunden. Im<br />
<strong>Alt</strong>er nehmen Erfahrungen der Endgültigkeit des Lebens zu. Wenn es dem Menschen<br />
gelingt, solche Erfahrungen bewusst zu reflektieren und anzunehmen, so gelingt es ihm auch<br />
eher, den Tod zu „integrieren“.<br />
Wie aus den Gesprächen mit meinen Kunden immer wieder hervorgeht, ist es vielen älteren<br />
Menschen ein wichtiges Bedürfnis, die Finanzierung und die Art ihrer eigenen Bestattung<br />
frühzeitig selbst zu regeln. Vor allem <strong>für</strong> <strong>allein</strong> stehende Menschen finde ich es sehr sinnvoll,<br />
wenn diese ihren Bestattungswunsch zu Lebzeiten kundtun.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 28 von 49<br />
Mir ist schon bewusst, dass die meisten Menschen nicht gerne über den eigenen Tod<br />
sprechen. Aber auch Menschen, denen das Reden über die eigene Sterblichkeit schwer fällt,<br />
können eine vertrauliche Anweisung <strong>für</strong> den Todesfall anhand einer Checkliste persönlich <strong>für</strong><br />
sich aufstellen und bei einer Vertrauensperson deponieren. Sind keine Vertrauenspersonen<br />
vorhanden jedoch der Wunsch nach einer geregelten Bestattung besteht, können die<br />
Anweisungen beim Bestattungsamt oder beim Bestattungsunternehmen hinterlegt werden.<br />
Auch wenn wir die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit unseres Lebens <strong>für</strong>chten oder<br />
uns bemühen, diese zu verdrängen, die Konfrontation mit dieser ist unvermeidlich. Dass wir<br />
eines Tages sterben müssen, ist ja das einzige, <strong>was</strong> im Leben ohne jeden Zweifel ganz<br />
sicher feststeht.<br />
Stirbt in der Stadt Zürich ein <strong>allein</strong> stehender Mensch - weder Angehörige noch Freunde -<br />
ohne Anord<strong>nun</strong>gen über seine Bestattung zu hinterlassen, entscheidet das Bestattungsamt<br />
über die Bestattungsart (in der Regel: Kremation, Gemeinschaftsgrab).<br />
2.5.5 Testament<br />
Haltet euch bereit, denn Ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.<br />
In der Schweiz werden Jahr <strong>für</strong> Jahr Vermögen in unbestimmter Höhe verteilt, welche<br />
testamentarisch nicht vermacht wurden. Viele Leute sterben, ohne ein Testament zu<br />
hinterlassen. Stirbt eine Person mit letztem Wohnsitz im Kanton Zürich so wird die<br />
Erbenermittlung durch das Bezirksgericht nach den gesetzlichen Bestimmungen<br />
(Schweizerisches Zivilgesetzbuch, ZGB) aufgenommen. Die gesetzliche Erbenermittlung<br />
hört mit dem Stamm der Grosseltern (dritter Stamm) auf.<br />
Hinterlässt der Verstorbene kein Testament und hat er auch keine blutsverwandten<br />
Angehörigen mehr, fällt sein Nachlass an den Staat.<br />
Wie bereits schon bei der Bestattungsvorsorge umschrieben, ist es vielen alten <strong>allein</strong><br />
stehenden Menschen auch ein Bedürfnis zu wissen, wem ihr noch vorhandenes Hab und<br />
Gut einmal zufallen soll.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 29 von 49<br />
Das Wissen um eine geregelte Sterbevorsorge gibt dem alten Menschen ein gutes Gefühl,<br />
den Lebensabend ohne Sorgen noch geniessen zu können.<br />
Eine 85jährige Frau macht sich zum Beispiel folgende Gedanken: „Ich bin <strong>allein</strong> stehend und<br />
habe noch eine Grossnichte (Enkelin ihres vorverstorbenen Bruders) in Amerika, die ich<br />
nicht kenne. Wie kann ich verhindern, dass diese einmal mein Vermögen erhält?“ Mit der<br />
Erstellung eines Testaments und der Einsetzung ihrer Wunschperson (natürlich oder<br />
juristisch) kann sie ihrem Wunsch selber entsprechen, dass die Grossnichte nichts von ihrer<br />
damaligen Hinterlassenschaft erhält.<br />
Anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass vielen alten Menschen das Reden über die eigene<br />
Sterblichkeit schwer fällt. Wer allerdings noch ein ganzes Testament von Anfang bis Schluss<br />
von Hand niederschreiben kann, kann dies auch im stillen Kämmerlein <strong>für</strong> sich erledigen<br />
(weitere mögliche Testamentsformen: öffentliches Testament mit zwei Zeugen und Notar,<br />
mündliches Nottestament). Die Aufbewahrung zu Hause ist grundsätzlich möglich, birgt aber<br />
die Gefahr des Verlustes oder der unbefugten Einsichtnahme in sich.<br />
Mir ist bewusst, dass meine Ausführungen über die Nachlassregelung nicht vollständig sind,<br />
ich habe dieses Kapitel nur am Rande gestreift. Mein Ziel diesbezüglich ist es vor allem, die<br />
alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen dazu zu ermuntern, sich mit ihrer Endlichkeit auseinander<br />
zu setzen. Der Gang zu einer Fachperson, um mehr Informationen über Testament und<br />
Erbschaft zu erhalten, ist ihnen grundlegend freigestellt.<br />
Meiner Ansicht nach bildet eine klare Verfügung über seine Hinterlassenschaft<br />
gewissermassen den Schlusspunkt des materiellen Teiles unserer Lebensbilanz.<br />
Mit dieser Aussage möchte ich den theoretischen Teil meiner Abschlussarbeit beenden und<br />
zum praktischen Teil übergehen. Die theoretischen Ausführungen werde ich im<br />
nachfolgenden Teil anhand von praktischen Beispielen erläutern, damit die beschriebene<br />
Theorie praktisch nachvollziehbar wird.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 30 von 49<br />
3 PRAKTISCHER TEIL<br />
3.1 <strong>Sozialbegleitung</strong> im Treuhandbereich (Praxis)<br />
In diesem Kapitel bearbeite ich mein Thema aus praktischer Sicht. Als Sozialbegleiterin in<br />
einer gewinnorientierten Institution zu arbeiten ist eine grosse Herausforderung. Einerseits ist<br />
da ein Tätigkeitsgebiet, welches sich vorwiegend auf administrative Arbeiten beschränkt.<br />
Andererseits sind da die alten Menschen, welche Aufmerksamkeit, Zeit und Geduld<br />
brauchen. Dabei die erbrachten Dienstleistungen „sozial“ zu verrechnen, empfinde ich als<br />
einen Spagat zwischen Menschlich- und Sachlichkeit.<br />
Die Menschen, welche ich professionell begleite, bezeichne ich in meiner Abschlussarbeit<br />
deshalb als Kunden, weil sie freiwillig zu uns kommen und als Auftraggeber unsere<br />
Dienstleistungen gegen Bezahlung entgegennehmen. Am Wort „Klient“ (abgeleitet von lat.<br />
Cliens = Anhänger, Höriger) jedoch haftet <strong>für</strong> mich eine gewisse Abhängigkeit des Menschen<br />
gegenüber der Institution.<br />
3.1.1 Der Betreuungsauftrag<br />
Bei Ehepaaren der Generation meiner Kunden ist es noch üblich, dass vorwiegend der Mann<br />
die administrativen Arbeiten (Zahlungen machen, Steuererklärungen ausfüllen etc.) erledigt.<br />
Stirbt der Mann, fühlt sich die zurückgelassene Ehefrau mit diesen Arbeiten überfordert.<br />
Meiner Erfahrung nach sind alte <strong>allein</strong> stehende Menschen infolge zunehmender<br />
Sehbehinderung und kognitiver Verluste nicht mehr in der Lage, ihre administrativen<br />
Verpflichtungen selbständig zu erledigen.<br />
Hier entstehen Betreuungsaufträge, welche sich nicht nur auf das Erledigen der<br />
Administration beschränken sondern auch noch der zwischenmenschliche Kontakt zu den<br />
Kunden aktiv gepflegt wird.<br />
Der Inhalt eines solchen Betreuungsauftrages regelt die zu erledigenden Arbeiten sowie die<br />
Kosten dieser Dienstleistung (analog der Vertretungs-Vollmacht im Anhang).<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 31 von 49<br />
3.1.2 Einblick in eine Begleitsituation<br />
Beispiel: Frau K., 90 Jahre alt, verwitwet, keine Nachkommen oder Angehörige, psychisch<br />
und physisch weitgehend noch aktiv, wohnt in einem <strong>Alt</strong>ersheim in Zürich. Ihr Ehemann ist<br />
vor zwei Jahren gestorben. Frau K. ist nicht in der Lage, ihren administrativen<br />
Verpflichtungen nachzukommen und möchte seit dem Tod ihres Partners durch die Steiner<br />
Vorsorge AG bzw. durch mich betreut werden.<br />
Mit einem administrativen Betreuungsauftrag kann eine Beistandschaft, welche durch die<br />
Vormundschaftsbehörde anzuordnen wäre, umgangen werden. Der Betreuungsauftrag<br />
entspricht einer unbürokratischen und persönlichen Begleitung. Ein- bis zweimal im Monat<br />
besuche ich Frau K. im <strong>Alt</strong>ersheim um mit ihr gemeinsam ihre Post zu sortieren und ihre<br />
Rech<strong>nun</strong>gen zur Zahlung mitzunehmen.<br />
Durch den regelmässigen persönlichen Kontakt entstand eine vertraute Beziehung zwischen<br />
Frau K. und mir. In einer solch vertrauenswürdigen Athmosphäre kann sich meine Arbeit<br />
nicht nur auf den sachlichen Teil (Treuhand) beschränken sondern auch der menschliche<br />
Teil (Soziales) muss gepflegt werden. So ergeben sich Gespräche über ihre 60 jährige Ehe,<br />
das Alleinsein im <strong>Alt</strong>er und über alltägliches Geschehen.<br />
Frau K. fühlt sich durch die wenigen, aber da<strong>für</strong> sehr vertrauten Kontakte durch unsere<br />
Institution nicht <strong>allein</strong>e gelassen. Es vermittelt ihr Sicherheit, dass ihre administrativen<br />
Angelegenheiten erledigt werden.<br />
3.1.3 Umsetzung der Begleitansätze in der Praxis<br />
<strong>Alt</strong> sein ist anders … Körperliche Kräfte nehmen ab, manches wird umständlicher, vieles<br />
geht nicht mehr so schnell, die Reaktionen werden langsamer, Hören und Sehen<br />
verschlechtern sich, die Geschicklichkeit lässt nach, Fehlleistungen und Vergesslichkeit<br />
nehmen zu. Dank diesem Wissen fällt es mir nicht schwer, mich in die Wahrnehmungen und<br />
Empfindungen meiner alten Kunden einzufühlen.<br />
Dabei hilft mir der Ansatz der personzentrierten Betreuung (Pörtner, 2005). Zuhören ist die<br />
Basis, auf der die personzentrierte Haltung sich entfaltet. <strong>Alt</strong>e <strong>allein</strong> stehende Menschen<br />
haben oft nur wenige Bezugspersonen, welchen sie persönliche Dinge mitteilen können oder<br />
wollen. Als Vertrauensperson nehme ich wahr, dass es meinen Kunden ein grosses<br />
Bedürfnis ist, wenn jemand da ist, der ihnen zuhört.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 32 von 49<br />
Ich höre meinen Kunden mit allen Sinnen zu. D.h., ich achte auch auf Reaktionen, Gefühle,<br />
Empfindungen, die keinen sprachlichen Ausdruck finden. Somit kann ich mich in den<br />
anderen Menschen einfühlen und erhalte Hinweise <strong>für</strong> sein Erleben. Die alten Menschen<br />
fühlen sich dadurch verstanden und spüren, dass sie wahrgenommen werden. Dies<br />
wiederum drücken sie in tiefer Dankbarkeit mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck aus.<br />
Personzentriert arbeiten bedeutet <strong>für</strong> mich auch mit meinen Kunden nach einer geeigneten<br />
Lösung zu suchen. Wenn es z.B. darum geht, ob die Post an den Kunden oder an unsere<br />
Institution geschickt werden soll oder die Zahlungen durchaus noch von dem Kunden erledigt<br />
werden können, aber ein Brief durch mich geschrieben werden soll. Ich versuche daher<br />
immer mit meinem Kunden nach dem <strong>für</strong> ihn noch Möglichem und seinen Ressourcen<br />
entsprechend zu suchen, ihm soweit wie möglich die Selbstbestimmung, Selbstver-<br />
antwortung und Autonomie zu lassen. <strong>Alt</strong>e Menschen haben ein Recht, sich helfen zu<br />
lassen, wenn ihnen et<strong>was</strong> beschwerlich ist. Ihnen aber auch zugestehen, die vorhandenen<br />
Ressourcen noch auszuschöpfen, wenn sie es noch selber machen können.<br />
Wenn ich von meinen Kunden Aussagen wie „ich möchte bald sterben“ oder „mir ist Geld<br />
gestohlen worden“ höre, dann gehe ich auf deren subjektives Erleben ein und kann<br />
verstehen, dass eine 96 Jahre alte Frau sich Gedanken über den Tod macht oder eine 90<br />
jährige Witwe nach dem Tod ihres Mannes ihr Portemonnaie nicht mehr findet oder<br />
misstrauisch gegenüber allen <strong>Alt</strong>ersheim-Bewohnern ist. Durch meine verständnisvolle und<br />
empathische Haltung gebe ich dann meinen Kunden zu verstehen, dass ich ihre Aussagen<br />
ernst nehme. Dies gibt ihnen wiederum das Gefühl, in ihrer Befindlichkeit wahrgenommen zu<br />
werden.<br />
Ich denke auch, dass gerade alte <strong>allein</strong> stehende Menschen eine andere Wahrnehmung<br />
haben, als alte Menschen mit vielen sozialen Kontakten. Ich versuche, mich in die Welt<br />
meiner Kunden einzufühlen und sie aus ihrer Sichtweise heraus zu begreifen. Ich bringe<br />
ihnen Klar- und Echtheit in meiner Sprache und meiner Haltung entgegen, damit sie sich in<br />
der Realität einigermassen zurechtfinden können.<br />
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich die Eigenständigkeit meiner Kunden<br />
respektiere und ihnen, wo immer es geht, Selbstverantwortung zugestehe. Ich berücksichtige<br />
den persönlichen Rhythmus meiner älteren Kunden und bringe Geduld auf <strong>für</strong> ihre Situation<br />
(<strong>allein</strong> stehend), insbesondere wenn das Bedürfnis nach Kommunikation besteht.<br />
Fazit: Der Kunde bestimmt das Tempo und die Richtung!<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 33 von 49<br />
Krisenintervention<br />
Stirbt der Ehepartner befindet sich der hinterbliebene Partner oft in einer grossen<br />
Hilflosigkeit. Der Verlust des Partners ruft ganz verschiedene Reaktionen hervor: Trauer,<br />
Angst, Verwirrung, Zorn, Ärger, Rückzug. In dieser Situation zeige ich Verständnis und<br />
Anteilnahme. Ebenso handle ich personzentriert (s. vorangehend). Dies hilft wiederum den<br />
betroffenen Menschen, sich nach und nach mit den Veränderungen zurechtzufinden.<br />
Unmittelbar nach dem Tod fühlt sich die Witwe mit der aktuellen Situation überfordert und<br />
benötigt sofortige professionelle Hilfe, welche möglichst baldige Entlastung der Situation<br />
bewirken soll. In einem ersten Schritt geht es darum, die hinterbliebene Person von<br />
zusätzlichen Aufgaben (Administration) zu entlasten. Im persönlichen Gespräch werden die<br />
Schwierigkeiten sachlich geklärt und mittels einer Betreuungs-Vollmacht kann sofort<br />
gehandelt werden. Damit vorerst ein zentraler Daseinsbereich (Existenz) gesichert ist, bin ich<br />
da<strong>für</strong> verantwortlich, dass sämtliche Einnahmen (Renten, Rückvergütungen der<br />
Krankheitskosten etc.) vergütet und die Rech<strong>nun</strong>gen bezahlt werden.<br />
In einem zweiten Schritt geht es darum, die personalen und/oder die sozialen Ressourcen zu<br />
aktivieren, so muss z.B. die hinterbliebene Witwe nach dem Tod des Partners von einem<br />
Zweierzimmer in ein Einerzimmer intern im <strong>Alt</strong>ersheim umziehen. Da stelle ich mir folgende<br />
Fragen; ist es der Person mit ihren eigenen Ressourcen (körperlich und geistigen) noch<br />
möglich, ihren Hausrat selber einzupacken, oder benötigt sie dabei Hilfe (soziale<br />
Ressourcen)? Wer ist in den Umzug involviert? Wer hilft die Möbel in das andere Zimmer zu<br />
zügeln?<br />
Um die emotionale Stabilisierung bei der Witwe zu erreichen, zeige ich ihr meine<br />
Anteilnahme und versuche, ihre Überforderung, welche durch die neuen Lebensumstände<br />
(Verlust des Partners) entstanden sind, aufzufangen. Dann kann es vorkommen, dass sich<br />
die Witwe zu sehr auf mich fixiert, da ich ihre erste Bezugsperson nach dem Tod ihres<br />
Partners bin, der sie sich anvertraut. Da muss ich mich abgrenzen und im persönlichen<br />
Gespräch zusammen mit der Witwe und der Heimleitung nach geeigneten Lösungen<br />
mitmenschlicher Unterstützung suchen.<br />
Durch die sofortige Intervention wird bewirkt, dass die Witwe keine Hilflosigkeit erfährt. Sie<br />
wird „aufgefangen“ und gestützt durch eine professionelle psycho-soziale und administrative<br />
Begleitung.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 34 von 49<br />
Die soziale Netzwerkarbeit erachte ich als einen möglichen Begleitansatz in der Arbeit mit<br />
alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen, um ihnen aufzuzeigen, welche sozialen Kontakte sie noch<br />
haben oder eben nicht mehr haben. Ich bin der Mei<strong>nun</strong>g, dass alle professionell mit alten<br />
<strong>allein</strong> stehenden Menschen Arbeitenden eine wichtige Rolle <strong>für</strong> die Netzwerkförderung<br />
spielen.<br />
Die Netzwerke meiner alten <strong>allein</strong> stehenden Kunden sind sehr klein. In persönlichen<br />
Gesprächen versuche ich, ihnen Möglichkeiten allfälliger sozialer Unterstützungsangeboten<br />
aufzuzeigen (s. Anhang). Diese möchten sie jedoch (noch) nicht annehmen, da meine<br />
beschriebene Personengruppe sich in ihrer Lebenssituation (<strong>allein</strong>) so wohl fühlen. Sie sind<br />
sich gewohnt <strong>allein</strong>e zu sein, da einige von ihnen es in ihrer Jugend auch schon waren. Ich<br />
akzeptiere diese Entscheidung, stelle mich aber <strong>für</strong> informative Angaben zur Verfügung.<br />
Durch den regelmässigen persönlichen Kontakt zu meinen Kunden nehme ich auch keine<br />
negativen Äusserungen oder allfällige psychische Veränderungen durch zuwenig soziale<br />
Kontakte wahr. Im Gegenteil spüre ich, dass sie sich nach einem Besuch müde fühlen und<br />
froh sind, wieder <strong>allein</strong>e zu sein. Ich denke auch, dass im <strong>Alt</strong>er die Qualität anstelle der<br />
Quantität der sozialen Kontakte an Wert gewinnt.<br />
Eine 92-jährige Kundin, wohnhaft im <strong>Alt</strong>ersheim, hat sogar einen Kontakt zu einer anderen<br />
älteren Dame abgebrochen, weil sie sich in ihrer Ruhe gestört fühlte. Sie liess verlauten,<br />
dass diese Frau nicht alles von ihr wissen muss, so habe sie ja überhaupt keine Privatsphäre<br />
mehr. Diese Aussage nehme ich zur Kenntnis und bin der Mei<strong>nun</strong>g, dass die Bedeutung der<br />
sozialen Kontakte in der letzten Lebensphase sehr unterschiedlich sind. Die Unruhe der<br />
früheren Jahre nach immer neuen Erlebnissen, die Angst, man könnte et<strong>was</strong> versäumen,<br />
weicht einer inneren Ruhe und Gelassenheit. Die begrenzte Zeit noch in Ruhe geniessen zu<br />
können, in sich hineinhorchen, Lebensbilanz zu ziehen ohne Besuchstermine kann genauso<br />
bereichernd sein, wie regelmässige soziale Kontakte.<br />
Leider machen es mir meine Arbeitsbedingungen bzw. die nicht vorhandene Ressource<br />
„Zeit“ unmöglich, den Wünschen der alten Menschen nach Zuneigung, Gesprächen und<br />
vermehrten Kontakten gerecht zu werden. Diesen Begleitansatz kann ich in meiner täglichen<br />
Arbeit infolge Zeitmangels leider (noch) nicht sehr ausführlich anwenden. Jedoch vermittle<br />
ich Hilfesuchende an soziale Dienste und weise sie auf helfende Aktivitäten hin (s.<br />
Unterstützungsangebote im Anhang).<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 35 von 49<br />
3.1.4 Grundhaltung der Sozialbegleiterin<br />
Mir ist es wichtig, die Haltung der Sozialbegleiterin geprägt von Achtung, Wertschätzung,<br />
Akzeptanz und Mitgefühl gegenüber den Kunden, aber auch mir gegenüber, zu vertreten. Ich<br />
bin mir sicher, dass die Wertschätzung welche ich den alten Menschen entgegenbringe,<br />
wieder auf mich zurückfällt.<br />
Mit dieser Haltung kann ich auch die Eigenständigkeit der alten Menschen akzeptieren und<br />
ihnen, wo immer es geht, Selbstverantwortung zugestehen. Ich denke, dass die Menschen<br />
dadurch mehr Lebensqualität erfahren und mir auf diese Weise die Arbeit mehr Freude<br />
bereitet, als wenn ich ständig alles unter Kontrolle haben muss.<br />
3.1.5 Umgang mit meinen Gefühlen<br />
„Ich bin so froh, dass sie mir zugehört haben…“, „Ich schätze Sie als Betreuerin sehr, da<br />
kann man so ungezwungen von Frau zu Frau reden…“, „Danke, dass Sie sich um mich<br />
kümmern, ich habe sonst niemanden mehr…“<br />
Solche Aussagen von meinen Kunden sind <strong>für</strong> mich Bestätigungen da<strong>für</strong>, dass ich mit<br />
meiner Haltung und meiner Arbeit auf dem richtigen Weg bin. Ich freue mich, dass durch<br />
meine Zuwendung die Lebensqualität dieser Menschen ein Stück weit erhalten bleibt.<br />
Doch gibt es auch Situationen, in denen das Vertrauen zu den alten Menschen zuerst<br />
aufgebaut werden muss. Zu Beginn einer Begleitung kommt es auch mal vor, dass die<br />
hinterbliebene 90jährige Witwe gegenüber meinen Dienstleistungen misstrauisch reagiert.<br />
Sie war sich 60 Jahre lang gewohnt, dass ihr verstorbener Ehemann alle administrativen<br />
Arbeiten erledigt und <strong>nun</strong> ist da plötzlich eine „junge“ Frau. Da nehme ich wahr, dass bei<br />
dieser Generation noch die traditionelle Rollenverteilung vorgeherrscht hat. Der Mann<br />
kümmerte sich um das Finanzielle und die Frau um den Haushalt.<br />
Dann fühle ich mich schon verärgert, weil ich als Frau zuerst meine Kompetenzen beweisen<br />
muss, bevor das Vertrauen überhaupt aufgebaut werden kann. Ich merke, dass meine<br />
männlichen Arbeitskollegen in dieser Situation einen leichteren Einstieg haben. Da bin ich<br />
frustriert, dass ich mein Geschlecht und mein Fachwissen zuerst beweisen muss, damit ich<br />
Anerken<strong>nun</strong>g bekomme.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 36 von 49<br />
3.2 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen aus den<br />
Umfragen zum Umgang mit dem Alleinsein im <strong>Alt</strong>er<br />
Um einen Überblick zu erhalten, wie alte <strong>allein</strong> stehende Menschen ihre Kontakte,<br />
Kontaktmöglichkeiten und das Alleinsein erleben, habe ich bei einigen ausgewählten Kunden<br />
eine Umfrage durchgeführt.<br />
Bei meinen Befragungen interessierte mich vor allem die Frage, wie sich alte <strong>allein</strong> stehende<br />
Menschen nach dem Tod einer ihnen seit Jahrzehnten vertrauten Person in ihrem Alltag<br />
wieder zurechtfinden. Ich erstellte dazu einen Umfragebogen (im Anhang angefügt). Da der<br />
grösste Teil meiner betreuten Kunden in der Motorik eingeschränkt ist, füllte ich die Blätter<br />
mit ihnen zusammen aus. Die Interviews entstanden jeweils bei den Kunden zuhause<br />
(<strong>Alt</strong>ersheim oder in der Privatwoh<strong>nun</strong>g).<br />
3.2.1 Die Befragungspersonen<br />
Die Auswahl meiner Interviewpartner fiel auf ausgewählte Kunden der Steiner Vorsorge AG,<br />
mit denen ich einen regelmässigen Kontakt pflege.<br />
Die befragten Personen in meinen Interviews sind sechs Frauen und vier Männer im <strong>Alt</strong>er<br />
zwischen 82 und 96 Jahren. Alle sind <strong>allein</strong>stehend, ohne Angehörige. Die eine Hälfte von<br />
ihnen wohnt in <strong>Alt</strong>ersheimen und die andere Hälfte in Privatwoh<strong>nun</strong>gen in der Stadt Zürich.<br />
Sie sind kognitiv noch fit und weitgehend selbständig in der Lebensführung.<br />
3.2.2 Tagesstruktur alter <strong>allein</strong> stehender Menschen im <strong>Alt</strong>ersheim / Privathaushalt<br />
Durch den Heimalltag ist eine Tagesstruktur quasi vorgegeben. Geregelte Essenszeiten,<br />
Betreuungszeiten etc. Meine fünf Befragungspersonen im <strong>Alt</strong>ersheim schätzen die<br />
Entlastung durch das Wegfallen der Haushaltsarbeiten (Kochen, Putzen, Waschen etc.). Sie<br />
fühlen sich gut aufgehoben und sicher, weil immer eine Betreuungsperson anwesend ist. Es<br />
wird <strong>für</strong> sie gesorgt und sie fühlen sich nicht <strong>allein</strong>.<br />
Bei den Personen in den Privathaushalten erfordert ein strukturierter Tagesablauf viel<br />
Selbstdisziplin. Ihnen ist sehr wichtig, dass sie immer einer Beschäftigung nachgehen. Der<br />
Tag ist <strong>für</strong> sie ausgefüllt und sie geniessen Momente des Alleinseins.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 37 von 49<br />
3.2.3 Auswertung<br />
Ich stellte fest, dass keine der interviewten Personen angab, sich einsam zu fühlen. Die<br />
Befragten erwähnten wohl, <strong>allein</strong>e oder verlassen zu sein, aber keine Einsamkeitsgefühle zu<br />
spüren. Aufgrund dieser Erkenntnis bin ich der Mei<strong>nun</strong>g, dass Einsamkeit nicht zwingend in<br />
Verbindung mit dem <strong>Alt</strong>er stehen muss. Da die Menschen aber vielleicht auch nicht gerne<br />
über ihre negativen Gefühle sprechen, kann ich nicht nachvollziehen, ob sie <strong>nun</strong> wirklich<br />
einsam sind oder nur nicht darüber sprechen wollen.<br />
Mit Hilfe meiner Umfragen habe ich wichtige Ergebnisse und Erkenntnisse <strong>für</strong> den Umgang<br />
mit dem Alleinsein im <strong>Alt</strong>er erfahren. Die wichtigste Erkenntnis ist wohl die, dass das<br />
Alleinsein im <strong>Alt</strong>er von den befragten Personen nicht als negativ bewertet wurde. Die <strong>allein</strong><br />
stehenden Personen geniessen die Freiheit, das Leben noch so gestalten zu können, wie sie<br />
sich dies wünschen, ohne Verpflichtungen und Rücksichtnahme auf den Partner. Für sie ist<br />
nicht die Quantität sondern die Qualität an Kontakten entscheidend. Offenbar kommt es<br />
weniger auf die Enge und Intimität des sozialen Netzwerkes an, als vielmehr auf die<br />
emotionale Einstellung zu sozialen Kontakten (Offenheit, Wertschätzung).<br />
Ebenso stellte ich eine weitere Tatsache fest: Infolge der immer grösser werdenden<br />
Komplexität an administrativen Angelegenheiten, fühlen sich meine alten Befragungs-<br />
personen bei der Erledigung dieser Arbeiten überfordert.<br />
Sie sind froh, dass sie durch eine vertrauenswürdige private Institution betreut werden,<br />
welche ihnen eine Lebensqualität fernab des Papierdschungels ermöglicht. Eine soziale<br />
Begleitung durch die gewinnorientierte Institution wird daher sehr geschätzt, weil die sozialen<br />
und die sachbezogenen (Administration) Kompetenzen miteinander verbunden werden. Die<br />
alten Menschen fühlen sich von der Betreuungsperson in der privaten Organisation<br />
verstanden, ernst genommen und vor allem nicht bevormundet. Ihnen ist bewusst, dass<br />
professionelle Dienstleistung ihren Preis hat, sie da<strong>für</strong> aber auch einen Gegenwert in Form<br />
von psycho-sozialer Betreuung erhalten und sich dadurch sicher und aufgehoben fühlen.<br />
Ebenfalls konnte ich laut ihren Aussagen feststellen, dass die Befragten ihre Jugend<br />
vorwiegend in positiver Erinnerung behielten. Daraus schliesse ich, dass sich dies wiederum<br />
in der Zufriedenheit im <strong>Alt</strong>er und der Bewältigung des Alleinseins auswirkt.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 38 von 49<br />
4 AUSBLICK<br />
4.1 Wie beurteile ich, als Sozialbegleiterin, die Begleitung durch<br />
die gewinnorientierte Institution?<br />
Bis zum Beginn meiner Weiterbildung als Sozialbegleiterin beschränkte sich mein<br />
Beschäftigungsbereich insbesondere auf die kaufmännische Arbeit innerhalb einer<br />
Treuhandfirma. Während der Weiterbildung konnte ich vermehrt persönliche Begleitungen<br />
unserer Kunden wahrnehmen und spürte dabei, dass auch die psycho-soziale Betreuung in<br />
einer gewinnorientierten Institution funktionieren muss.<br />
Meine Bedenken galten jedoch dem Kostenfaktor. Das Ziel einer gewinnorientierten<br />
Institution ist bekanntlich Gewinne zu erzielen. Die Ziele einer sozialen Institution sind<br />
sozialer und wirtschaftlicher Natur. Wie kann <strong>nun</strong> eine gewinnorientierte Institution mit<br />
sozialen Dienstleistungen trotzdem Gewinne erzielen?<br />
Das Wort „sozial“ heisst <strong>für</strong> mich; <strong>für</strong> seinen Mitmenschen da zu sein. „Wirklich sozial sein“<br />
kann aber auch heissen, als Institution Gewinne zu erzielen, damit die Existenz der<br />
Mitarbeiter gewährleistet werden kann. <strong>Sozialbegleitung</strong> durch die gewinnorientierte<br />
Institution sehe ich als Bereicherung und Lebensqualität <strong>für</strong> die Kunden, da diese nicht nur<br />
auf der sachlichen Ebene (Administration) sondern auch auf der menschlichen (sozialen)<br />
Ebene professionell betreut werden. Es wird ihnen dadurch ein Gefühl von Sicherheit und<br />
Vertrauen vermittelt, dass eine Person da ist, die ihnen einfühlsam zuhört und sie ernst<br />
nimmt.<br />
Ich denke, die <strong>Sozialbegleitung</strong> durch die gewinnorientierte Institution muss zu einer Win-<br />
Win-Situation <strong>für</strong> alle Beteiligten führen. Eine solche Dienstleistung stellt einen enormen<br />
Mehrwert <strong>für</strong> den Kunden dar. Die psycho-soziale Unterstützung wird von den Kunden sehr<br />
geschätzt und es ist ihnen bewusst, dass eine professionelle Betreuung bezahlt werden<br />
muss. Mit dieser Haltung beurteile ich die <strong>Sozialbegleitung</strong> durch eine gewinnorientierte<br />
Institution als sehr sinnvoll und sozial nachhaltig. Denn die Betreuung beschränkt sich nicht<br />
nur auf die sachliche (administrative) Ebene sondern stellt den Menschen in den Mittelpunkt.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 39 von 49<br />
4.1.1 Vor- und Nachteile gegenüber <strong>Sozialbegleitung</strong> durch soziale Institutionen<br />
Für die meisten alten Menschen ist der Gang auf ein Amt (z.B. Vormundschaftsbehörde)<br />
oder eine andere unpersönliche Institution et<strong>was</strong> Unangenehmes. Sie fühlen sich nicht ernst<br />
genommen oder bevormundet. Im Dschungel von Gesetzen, Paragrafen und Formularen<br />
fühlen sich viele verunsichert, überfordert und wünschen sich verständnisvolle<br />
Unterstützung. Der Vorteil unserer Institution ist es, dass der persönliche Kontakt zu den<br />
Kunden gewährleistet ist und sich so eine vertrauensvolle menschliche Beziehung bis zum<br />
Lebensende entwickeln kann. Das bringt Ruhe und Sicherheit in das Leben des alten<br />
Menschen. Ausserdem sind privat-rechtliche Institutionen nicht an starre Regeln oder<br />
Auflagen gebunden. Dies erleichtert zusätzlich den Umgang mit den alten Menschen.<br />
Die Problematik sehe ich darin, dass der Bezug einer sozialen Dienstleistung in der<br />
gewinnorientierten Institution <strong>für</strong> mittellose alte und <strong>allein</strong> stehende Menschen fast nicht<br />
möglich ist. In dieser Beziehung sehe ich bei den sozialen Institutionen den Vorteil, dass<br />
diese von anderen Seiten her subventioniert werden und speziell <strong>für</strong> benachteiligte<br />
Menschen da sind.<br />
4.1.2 Chancen und Grenzen in der gewinnorientierten Institution<br />
Durch eine professionelle personzentrierte Betreuung unserer Kunden sehe ich die Chance,<br />
dass auch das Umfeld dieser Menschen die Betreuung wahrnimmt und so wiederum andere<br />
alte <strong>allein</strong> stehende Menschen von dieser Dienstleistung profitieren werden. Eine weitere<br />
Chance sehe ich in der allgemeinen Kundenzufriedenheit und -treue. Die Kunden wissen<br />
den materiellen Teil ihrer Lebensbilanz geregelt zu haben und können ihren Lebensabend<br />
ohne ständige Gedanken an ihre administrativen Verpflichtungen, welche das Leben auch im<br />
<strong>Alt</strong>er noch mit sich bringt, geniessen.<br />
Andererseits sehe ich die Grenzen der gewinnorientierten Institution dort, sobald die Kunden<br />
Ergänzungsleistungsbezüger zur AHV werden. In dieser Situation ist es <strong>für</strong> eine<br />
gewinnorientierte Institution nicht möglich, über einen längeren Zeitraum den Kunden einen<br />
sozialen Tarif anzubieten. Die Dienstleistungen müssten somit von anderen Seiten bezogen<br />
werden.<br />
Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass die <strong>Sozialbegleitung</strong> in der gewinnorientierten<br />
Institution einen grösseren Stellenwert einnehmen könnte.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 40 von 49<br />
Die Menschen werden immer älter, sind <strong>allein</strong> und zum Teil auf die administrative und<br />
psycho-soziale Unterstützung bis an ihr Lebensende angewiesen. Dazu müsste jedoch eine<br />
neue Stelle mit genügend Kapazität innerhalb der gewinnorientierten Institution mit genau<br />
definiertem Tätigkeitsbeschrieb und Kostenverzeichnis geschaffen werden.<br />
Um eine professionelle Betreuung der alten Menschen zu gewährleisten, ist es wichtig, dass<br />
die betreuenden Mitarbeiter nicht noch mit zusätzlichen Arbeiten belastet werden. Dies ist<br />
nämlich enorm aufreibend, aber nicht sehr erfolgreich, da auf diese Weise die zu<br />
betreuenden Menschen zu kurz kommen, weil die Aufmerksamkeit aufgeteilt werden muss.<br />
Meine kaufmännische Mitarbeit im Treuhandbereich und die zusätzlich vermehrte psycho-<br />
soziale Betreuung der Kunden erfordern einen enormen Zeitaufwand. Dieser Aufwand bringt<br />
mich an meine Grenzen innerhalb der mir zur Verfügung stehenden Arbeitszeit.<br />
4.1.3 Meine Hoff<strong>nun</strong>gen und Wünsche als Sozialbegleiterin<br />
Die Realität der heutigen „<strong>Alt</strong>en“ widerspricht dem althergebrachten Bild von den<br />
mehrheitlich passiven, kranken, isolierten und abhängigen Betagten. Dennoch hält sich<br />
dieses Klischee hartnäckig. Meiner Erfahrung nach wird die <strong>Alt</strong>ersrolle offenbar nicht von den<br />
Betroffenen selber definiert, sondern ihnen von der Gesellschaft zugeschrieben. Ich hoffe,<br />
dass dieses Bild von der Gesellschaft revidiert und den <strong>Alt</strong>en mehr Anerken<strong>nun</strong>g, Achtung<br />
und Respekt entgegengebracht, dass der persönliche Rhythmus dieser Menschen<br />
berücksichtigt und die Eigenständigkeit respektiert werden.<br />
Ich wünsche mir mehr Offenheit von den Betreuenden <strong>für</strong> die Empfindungen alter Menschen.<br />
Jeder Mensch empfindet anders, auch wenn jemand sich nicht mehr so klar formulieren<br />
kann, gibt es Zeichen, dass et<strong>was</strong> als angenehm oder als unangenehm bewertet wird. Ich<br />
erachte es als wichtig, dass Betreuende die „Sprache“ des alten Menschen finden und sie<br />
nicht in eine Schublade der senilen <strong>Alt</strong>en stecken.<br />
Dass die Betreuenden vermehrt eine Sein-Haltung entwickeln. <strong>Alt</strong>e Menschen haben<br />
durchaus noch Ressourcen, welche aktiviert werden wollen. Diese zu erkennen und nicht nur<br />
die nicht mehr vorhandenen Fähigkeiten zu berücksichtigen, das wünsche ich mir.<br />
Ich wünsche mir auch, dass sich die alten <strong>allein</strong> stehenden Menschen vermehrt mit ihrer<br />
Lebenssituation auseinandersetzen und wenn sie Hilfe brauchen, diese auch anfordern und<br />
nicht falschen Stolz walten lassen. Und dass sie wenn möglich auch die schönen Seiten des<br />
Alleinseins im <strong>Alt</strong>er wahrnehmen können.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 41 von 49<br />
5.1 Reflexionen<br />
5 SCHLUSSTEIL<br />
Ich denke, Situationen des Alleinseins erleben wir alle. Allein oder einsam sein wird so<br />
individuell erlebt und beeinflusst unsere Identität, dass es schwer fällt zu erzählen, <strong>was</strong> dabei<br />
in uns vorgeht. Menschen, die aber im <strong>Alt</strong>er <strong>allein</strong> leben, erfahren dieses Schicksal um<br />
einiges schwerer als jüngere Menschen. Zusätzlich zum Alleinsein werden ältere Menschen<br />
noch mit dem Rückgang der Gesundheit und dem Verlust von Freunden, Verwandten oder<br />
des Partners konfrontiert.<br />
Angeborene oder erlernte charakterliche Eigenschaften, wie Kreativität und Selbstinitiative<br />
sind sehr nützlich gegen das Alleinsein im <strong>Alt</strong>er. Wer mit sich und seiner Zeit et<strong>was</strong><br />
anzufangen weiss, ist zufriedener und erträgt das Alleinsein über eine längere Zeit. Doch<br />
diese Eigenschaften müssen in früheren Jahren erfahren werden, um im <strong>Alt</strong>er hilfreich zu<br />
sein. Offenheit gegenüber Neuem, das Respektieren der Eigenheiten anderer und der Mut,<br />
beim Suchen von Kontakten auch mit einer Absage zu rechnen, helfen dem alten <strong>allein</strong><br />
stehenden Menschen bei sozialen Interaktionen.<br />
5.2 Persönliche Beurteilung<br />
Die intensive Auseinandersetzung mit meinem Thema über längere Zeit empfand ich als<br />
eine neue und wertvolle Erfahrung. Ich lernte, mich in ein Problem zu vertiefen, das mir zwar<br />
vorher nicht ganz fremd gewesen war, mir aber erst durch das Beleuchten verschiedenster<br />
Teilaspekte vertraut wurde.<br />
Im Laufe der Arbeit wurde mir bewusst, dass alt und <strong>allein</strong> sein nicht unbedingt auch einsam<br />
sein bedeutet. Die in meinen Interviews befragten Personen fühlen sich nämlich gar nicht<br />
einsam, obwohl sie alle schon über 80 Jahre alt sind. Auch ist mir während des Schreibens<br />
klar geworden, dass die Bewältigung des Alleinseins im <strong>Alt</strong>er stark von den individuellen<br />
Charakterzügen und Fähigkeiten des Menschen abhängen. Menschen, die über einen<br />
grossen Willen, Mut, Eigeninitiative, Motivationsfähigkeit, Ausdauer und Kreativität verfügen,<br />
und früher positive Erfahrungen im Umgang mit dem Alleinsein gemacht haben, fühlen sich<br />
weniger <strong>allein</strong>.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 42 von 49<br />
5.3 Schlussfolgerungen<br />
Das <strong>Alt</strong>er ist mehr als jede Lebensphase eine Phase, in welcher die Endlichkeit<br />
menschlichen Lebens zutage treten. Ich denke, dass vor allem das hohe <strong>Alt</strong>er aber auch<br />
eine Phase erhöhter Gebrechlichkeit und klarer Lebensgrenzen und daher eine Zeit<br />
allmählichen Loslassens und biographischer Besin<strong>nun</strong>g ist. Alleinsein im <strong>Alt</strong>er kann <strong>für</strong> viele<br />
Menschen eine besinnliche Zeit des Lebensrückblicks darstellen, wie z.B. in sich<br />
hineinzuhorchen oder mit sich und der Welt ins Reine zu kommen.<br />
Ich bin der Überzeugung, wenn alte <strong>allein</strong> stehende Menschen bereit sind, ihre<br />
Kompetenzverluste, wo sie unausweichlich sind, zu akzeptieren und das, <strong>was</strong> ihnen noch<br />
möglich ist, aufzunehmen und zu geniessen, dass diese Menschen ihr Leben noch würdevoll<br />
und reich gestalten können.<br />
Ich denke, dass es in Zukunft immer mehr alte <strong>allein</strong> stehende Menschen, welche<br />
zurückgezogen in ihren Woh<strong>nun</strong>gen leben, geben wird. Diese können vielleicht ihren<br />
Haushalt nicht mehr selber besorgen und vernachlässigen ihre Pflege. Sind womöglich<br />
verwirrt und haben den Überblick über ihre administrativen und finanziellen Angelegenheiten<br />
verloren. Mit einer professionellen <strong>Sozialbegleitung</strong> (unter Berücksichtigung der<br />
vorangegangen Begleitansätze) durch eine private gewinnorientierte Institution kann ich mir<br />
vorstellen, dass die Angst der alten Alleinstehenden durch eine öffentliche Instanz betreut<br />
und kontrolliert zu werden, genommen werden kann. Die Erhaltung oder Verbesserung der<br />
Lebensqualität kann so bis ins hohe <strong>Alt</strong>er gewährleistet werden. Dies bedingt jedoch, dass<br />
genügend finanzielle Mittel vorhanden sind.<br />
Ich hoffe, dass alte <strong>allein</strong> stehende Menschen durch diese Arbeit auf Anregungen stossen,<br />
die ihnen helfen, das Alleinsein im <strong>Alt</strong>er besser zu bewältigen. Auch möchte ich<br />
Betreuungspersonen anregen, durch das Lesen dieser Arbeit ihr Verständnis gegenüber<br />
dem Alleinsein im <strong>Alt</strong>er zu sensibilisieren und Lösungsideen zu erhalten.<br />
Der <strong>Alt</strong>e behält alle seine geistigen Fähigkeiten, sofern er nicht darauf verzichtet,<br />
sie zu üben und zu bereichern.<br />
Cicero<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 43 von 49<br />
5.4 Danksagung<br />
Zum Schluss geht ein ganz herzliches Dankeschön an;<br />
• Herrn Heinz Lippuner, der mich während meiner Abschlussarbeit begleitet hat und<br />
mir einige Tipps, Anregungen und Denkanstösse mit auf den Weg gab.<br />
• meine Arbeitgeberin, der Steiner Vorsorge AG, welche mir ermöglichte, während der<br />
Weiterbildung ein reduziertes Arbeitspensum aufzunehmen und an die Mitarbeiter,<br />
welche mich in dieser Zeit mit Gesprächen motiviert und unterstützt haben.<br />
• Frau Monika Schmid, Pro Senectute, welche meine Abschlussarbeit gegengelesen<br />
und mich fachlich unterstützt hat.<br />
• meine Kunden, die sich <strong>für</strong> meine Umfrage „Alleinsein im <strong>Alt</strong>er“ zur Verfügung gestellt<br />
haben.<br />
• meine Mutter und meine Freunde, weil sie grosses Verständnis <strong>für</strong> meine intensive<br />
Arbeitsphase während der Abschlussarbeit aufgebracht haben.<br />
Ebenso danke ich auch allen anderen hier nicht namentlich erwähnten Personen, die<br />
mich beim Verfassen der vorliegenden Arbeit in irgendeiner Weise unterstützt haben.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 44 von 49<br />
a) Bücher<br />
b) Skript<br />
6 LITERATURVERZEICHNIS<br />
• Dross, Margret (2001) Krisenintervention.<br />
Göttingen: Hogrefe-Verlag<br />
• Kaluza, Gert (2005) Stressbewältigung.<br />
Heidelberg: Springer Medizin Verlag<br />
• Bullinger Hermann Soziale Netzwerkarbeit.<br />
Nowak Jürgen (1998) Freiburg im Breisgau: Lambertus Verlag<br />
• Pörtner, Marlis (2005) <strong>Alt</strong> sein ist anders.<br />
Stuttgart: Klett-Cotta<br />
• Höpflinger François, <strong>Alt</strong>er und <strong>Alt</strong>ersforschung in der Schweiz.<br />
Stuckelberger Astrid (1992) Zürich: Seismo<br />
• Polt, Robert (2000) Doch das Herz wird nicht alt.<br />
Freiburg im Breisgau: Herder<br />
• Mietzel, Gerd (1997) Wege in die Entwicklungspsychologie<br />
Weinheim: Psychologie Verlags Union<br />
• Höpflinger François, Demographische <strong>Alt</strong>erung und individuelles <strong>Alt</strong>ern<br />
Stuckelberger Astrid (1999) Zürich: Seismo<br />
• Studer, Benno (1998) Testament und Erbschaft<br />
Zürich: Jean Frey AG (Beobachter-Buchverlag)<br />
• Schmuck, Jan (2007) Schulskript zur Fachsequenz,<br />
„Stress und Bewältigung“<br />
• Pro Senectute, Schweiz Zeitlupe und Visit<br />
diverse Fachartikel<br />
Quelle Titelbild: http://www.fotalia.com, Nr. #1464428, lizenzfrei, kostenlose Registration<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 45 von 49<br />
• Umfragebogen<br />
• Vertretungs-Vollmacht<br />
• Patienten-Verfügung<br />
7 ANHANG<br />
• Dienstleistungsangebote / Hilfe in der Alltagsbewältigung, Adressen und Links<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 46 von 49<br />
Umfragebogen<br />
Name <strong>Alt</strong>er<br />
<strong>Alt</strong>ersheim Woh<strong>nun</strong>g ledig geschieden verwitwet<br />
Persönliches<br />
Seit wann <strong>allein</strong>e<br />
Was musste neu organisiert werden<br />
Was ist anders als vorher<br />
Wie fühlen Sie sich heute<br />
Gibt es neue Interessen, welche<br />
Was ist schwierig als <strong>allein</strong> stehende Person<br />
Fühlen Sie sich einsam<br />
Was fehlt Ihnen am Meisten am Alleinsein<br />
Wie sieht ihr Tagesablauf aus<br />
Soziales Netzwerk<br />
Entstanden neue Kontakte<br />
Bekommen Sie Unterstützung, von wem<br />
Wissen Sie, wo Sie Hilfe anfordern können<br />
Wie sieht ihr soziales Netzwerk aus<br />
Wünschen Sie sich mehr Kontakte<br />
Erledigen Sie die administrativen Arbeiten noch<br />
selber<br />
Nachbarschaftshilfe<br />
Haben Sie mit jemanden ein Zeichen vereinbart<br />
(<strong>allein</strong> in Woh<strong>nun</strong>g, wenn et<strong>was</strong> passiert)<br />
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, <strong>was</strong><br />
passieren soll, wenn Sie krank werden und Hilfe<br />
brauchen?<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 47 von 49<br />
Vertretungs-Vollmacht (Dieses Dokument richtet sich an Drittpersonen)<br />
Ich erteile<br />
Name / Vorname<br />
Adresse<br />
die Vollmacht, mich zu vertreten,<br />
� in allen Rechtsgeschäften, die notwendig sind <strong>für</strong> meinen täglichen Lebensunterhalt, bei<br />
der normalen Verwaltung meiner Einkünfte und anderer Vermögenswerte und bei der<br />
Postöff<strong>nun</strong>g<br />
und / oder<br />
� in folgenden Geschäften<br />
Subsidiär, wenn Herr / Frau ______________________________ mich nicht vertreten kann<br />
(Abwesenheit, Urteilsunfähigkeit etc.) oder es ablehnt, mich zu vertreten, erteile ich<br />
Name / Vorname<br />
Adresse<br />
die Vollmacht, mich zu vertreten.<br />
Er/Sie kann sein/ihr Mandat jederzeit niederlegen. Er/Sie informiert dann die zuständige<br />
Vormund-schaftsbehörde darüber. Falls der Vertreter meine Interessen verletzt oder zu<br />
verletzen droht, kann die zuständige Vormundschaftsbehörde den Auftrag widerrufen.<br />
Die Person, die mich vertritt, erhält eine Entschädigung in der Höhe von CHF …… /nimmt<br />
ihre Aufgaben unentgeltlich wahr (nicht zutreffendes streichen).<br />
Ort, Datum<br />
Unterschrift Unterschrift<br />
des Auftraggebers des Beauftragten<br />
Unterschrift<br />
des subsidiär Beauftragten<br />
Quelle: Pro Senectute, Schweiz. Die Selbstbestimmung des Menschen respektieren<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 48 von 49<br />
Patienten-Verfügung (Dieses Dokument richtet sich an meinen Arzt)<br />
Allgemeine Anweisungen<br />
Ich möchte hier meine Wertvorstellungen, Überzeugungen und Glaubenssätze aufzeigen,<br />
damit Massnahmen, <strong>für</strong> die ich keine spezifischen Entscheidungen getroffen habe, unter<br />
Beachtung meines mutmasslichen Willens in Erwägung gezogen werden können.<br />
__________________________________________________________________________<br />
__________________________________________________________________________<br />
__________________________________________________________________________<br />
Spezifische Anweisungen / Anweisungen zum Lebensende<br />
Wenn ich Opfer einer sehr schweren Gehirnschädigung werde, die zum dauernden und<br />
irreversiblen Verlust meiner Kommunikationsfähigkeit führt (vegetativer Dauerzustand,<br />
schwere degenerative Erkrankung des Gehirns in fortgeschrittenem Stadium) oder wenn ich<br />
im Sterben liege, verweigere ich jede diagnostische oder therapeutische Massnahme, die<br />
eine Lebensverlängerung bezweckt; dies gilt sowohl <strong>für</strong> schwerwiegende, invasive wie auch<br />
<strong>für</strong> sanfte, einfache Massnahmen.<br />
� Ja � Nein<br />
Ich lehne jede Reanimation ab<br />
� Ja � Nein<br />
Ich lehne jede künstliche Flüssigkeitszufuhr und Ernährung ab<br />
(mittels Sonde oder Infusion)<br />
� Ja � Nein<br />
Palliativmedizin<br />
(Behandlung von Patienten mit einer nicht heilbaren und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter<br />
Lebenserwartung, <strong>für</strong> die das Hauptziel der Begleitung die Aufrechterhaltung der Lebensqualität ist.)<br />
� Ich wünsche keine palliativmedizinischen Massnahmen<br />
� Ich wünsche angemessene palliativmedizinische Massnahmen, die mir ein möglichst<br />
gutes Befinden verschaffen (medizinische, pflegerische, physiotherapeutische<br />
Massnahmen etc.), insbesondere bei Schmerzen, Atembeschwerden oder<br />
psychischem Leiden<br />
O Selbst wenn diese Massnahmen mein Bewusstsein beeinträchtigen können<br />
O Unter der Bedingung, dass diese Massnahme mein Bewusstsein nicht<br />
beeinträchtigen<br />
Ich stimme einer palliativmedizinischen Behandlung im Wissen darum zu, dass der Einsatz<br />
derartiger Medikamente im letzten Lebensabschnitt indirekt mein Leben verkürzen kann.<br />
Ort, Datum<br />
Unterschrift<br />
Patientenverfügung erneuert am<br />
Unterschrift<br />
Quelle: Pro Senectute, Schweiz. Die Selbstbestimmung des Menschen respektieren<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009
Abschlussarbeit / <strong>Alt</strong> <strong>–</strong> <strong>allein</strong> <strong>–</strong> <strong>was</strong> <strong>nun</strong>? Seite 49 von 49<br />
Dienstleistungsangebote<br />
Hilfe in der Alltagsbewältigung, Adressen und Links<br />
Kritische Lebenssituationen die mit dem <strong>Alt</strong>er in Zusammenhang stehen machen Angst. Man<br />
fühlt sich hilflos, weiss sich nicht zu helfen. Welche Auswege gibt es, wo finden sich<br />
Unterstützung und Hilfe? Was könnte helfen, et<strong>was</strong> zu unternehmen? Wenn nicht mehr alles<br />
im Leben <strong>allein</strong>e geht, können ältere Menschen heute auf ein breites Angebot zurückgreifen:<br />
Für alle Fragen im <strong>Alt</strong>er<br />
Pro Senectute Zürich, Forchstrasse 145, 8032 Zürich<br />
Tel.-Nr. 058 451 50 00, www.zh.pro-senectute.ch<br />
Neben den kantonalen Geschäftsstellen gibt es weitere lokale Beratungsstellen der Pro Senectute. Die Adressen<br />
und Telefonnummern sind bei den kantonalen Geschäftsstellen erhältlich.<br />
Beschwerdestelle <strong>für</strong> SeniorInnen<br />
Unabhängige Beschwerdestelle <strong>für</strong> das <strong>Alt</strong>er Zürich<br />
Malzstrasse 10, 8045 Zürich, Tel.-Nr. 058 450 60 60, www.uba.ch<br />
Besuchsdienst<br />
Stiftung <strong>für</strong> Betagtenhilfe, Rüdigerstrasse 17, 8045 Zürich<br />
Tel.-Nr. 044 284 20 40, www.betagtenhilfe-zuerich.ch<br />
Patientenstellen und <strong>–</strong>organisationen<br />
Beratung zu Fragen, welche im Zusammenhang mit Krankheit oder Krankenversicherung<br />
auftreten.<br />
Patienten-Organisation Zürich, Häringstrasse 20, 8001 Zürich<br />
Tel.-Nr. 044 252 54 22, www.spo.ch<br />
Patientenstelle Zürich, Hofwiesenstrasse 3, 8057 Zürich<br />
Tel.-Nr. 044 361 92 56, www.patientenstelle.ch<br />
Ergänzungsleistungen (EL)<br />
EL können über die AHV-Zweigstellen in den Gemeinden beantragt werden.<br />
Hilfsmittel<br />
SAHB Hilfsmittelberatung <strong>für</strong> Behinderte<br />
Dünnernstrasse 32, 4702 Oensingen, Tel.-Nr. 062 388 20 20, www.sahb.ch<br />
Notrufsysteme<br />
Schweizerisches Rotes Kreuz, Beratung/Notrufsystem<br />
Rainmattstrasse 10, 3001 Bern, Tel.-Nr. 031 387 71 11<br />
Spitex-Dienste<br />
In fast jeder Gemeinde oder im Quartier. Angaben dazu im Telefonbuch oder unter<br />
www.spitexch.ch Homepage des Spitex-Verbandes Schweiz<br />
Umzugshilfe <strong>für</strong> Betagte<br />
Das Angebot ist regional sehr unterschiedlich. Bei Beratungsstelle der Pro Senectute oder im<br />
Heim erkundigen.<br />
Cornelia Schwyter, <strong>Schule</strong> <strong>für</strong> <strong>Sozialbegleitung</strong> Klasse 2006/B, Juni 2009