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Heft 5/2008 (1,2 MB) - Lemmens Medien GmbH

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G 21233<br />

14. Jahrgang · <strong>Heft</strong> 5<br />

September/Oktober <strong>2008</strong><br />

Einzelpreis: 19,80 �<br />

ISSN 0947-9546<br />

5/08<br />

Wissenschafts<br />

management<br />

Zeitschrift für innovation<br />

Wirtschaftsförderung:<br />

technologiepark adlershof –<br />

Maximale flexibilität<br />

■<br />

Netzwerke:<br />

stadtentwicklung in<br />

der Wissensgesellschaft<br />

■<br />

Steuerung:<br />

evaluationen<br />

im Governance-Mix<br />

■<br />

Geotechnologien:<br />

Das fue-Programm<br />

GeotechnoLoGien


Change – für die Bildung der Zukunft<br />

Campus Innovation<br />

und<br />

V. Konferenztag<br />

Studium und Lehre<br />

20. und 21.<br />

November <strong>2008</strong><br />

in Hamburg<br />

Alle Informationen zur Veranstaltung:<br />

www.campus-innovation.de<br />

Elektronische Prozesse sind aus der modernen<br />

Hochschule nicht mehr wegzudenken.<br />

Wir beobachten die Emanzipation des „e”:<br />

IT-Einsatz in Lehre und Verwaltung wandelt<br />

sich immer stärker von einem Randthema<br />

hin zu einem zentralen strategischen Faktor.<br />

Ging es bisher vornehmlich um singuläre<br />

Anwendungen in ausgewählten Bereichen,<br />

so lässt sich jetzt eine Verstetigung und<br />

Vernetzung IT-gestützter Prozesse in unterschiedlichen<br />

Hochschulbereichen feststellen.<br />

Lehr- und Verwaltungsprozesse greifen<br />

dabei zunehmend ineinander.<br />

Dies zeigen auch die Erfahrungen der Universität<br />

Hamburg, wo die Einführung des<br />

integrierten Campus Management-Systems<br />

STiNE (CampusNet) zu einer Reorganisation<br />

des Bereichs Studium und Lehre geführt<br />

hat.<br />

Eine klare Trennung von eLearning und<br />

eCampus ist nicht mehr möglich und auch<br />

nicht mehr sinnvoll. Im Gegenteil: Die Kom-<br />

bination aus eLearning und IT-Service-Ma-<br />

nagement schafft ideale Studienbedingungen<br />

im Zeitalter von Bologna und Web<br />

2.0. Das „e” wird zunehmend zu einem<br />

entscheidenden Wettbewerbsfaktor unter<br />

den Hochschulen.<br />

Die gemeinsame Veranstaltung von Campus<br />

Innovation <strong>2008</strong> und dem V. Konferenztag<br />

Studium und Lehre der Universität Hamburg<br />

diskutiert die Handlungsbedarfe und -mög-<br />

lichkeiten für die Positionierung und<br />

Gestaltung der Hochschule im 21. Jahrhundert.<br />

Change – für die Bildung der Zukunft


Open Access<br />

Die Frankfurter Buchmesse bietet seit langem auch für die Wissenschaftskommunikation<br />

eine Standortbestimmung. In diesem Herbst machen<br />

sehr positive Absatzzahlen mit den neuesten Versionen der E-Books<br />

die Runde. Gleichzeitig bestätigen die Analysen des Börsenvereins des<br />

Deutschen Buchhandels, dass sich die Print- und Onlinepublikationen gegenseitig<br />

ergänzen und nicht vom Markt drängen.<br />

Bücher wird es somit immer geben. Aber Online-Angebote nehmen in<br />

dem vergleichsweise noch jungen Internet-Markt rasant zu. Was nun individuell<br />

zählt, ist die institutionelle Entscheidung, mit welchem Mix an<br />

<strong>Medien</strong>trägern kommuniziert werden soll. Dabei kommt es auf eine langfristige Strategie an. Das<br />

ist eine Aufgabe, der sich auch Hochschulen und Forschungseinrichtungen zuwenden müssen. Aus<br />

der Perspektive unserer Zeitschrift ist damit ein neues Teilthema des Wissenschaftsmanagements<br />

identifiziert: Die Strategie der Wissenschaftskommunikation in das Hochschul- und Forschungsmanagement<br />

einbinden; Open Access (OA) bietet hierzu einen guten Anlass.<br />

Open Access – das zeigen die Debatten seit der Berliner Erklärung aus dem Jahr 2003 – ist eine Ergänzung<br />

des Bisherigen: Was traditionell als wissenschaftliche Publikation per Print (Buch oder Zeitschrift)<br />

geschah, kommt immer häufiger online auf den Markt und erreicht in einer nächsten Stufe<br />

als Open-Access-Angebot – dem kostenfreien Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen durch das<br />

Internet – die Fachdiskussionen. Hybride Formen – gleiche Inhalte in Print- und Onlineprodukten aufbereitet<br />

– sind aus Sicht der Wissenschaft sehr interessant: Es geht schnell, ist weltweit zugänglich,<br />

für den Leser kostenfrei und kann auch – was für Geisteswissenschaften wichtig ist – bei Bedarf<br />

als Buch oder gedruckter Artikel (Printing on Demand) abgerufen werden. Die Naturwissenschaften,<br />

ohenhin mehr am wissenschaftlichen Disput über Zeitschriftenartikel und aufgrund ihrer naturgemäß<br />

kürzeren Gültigkeit der Erkenntnisse am schnellen Online-Weg interessiert, drängen ganz deutlich in<br />

diese Richtung.<br />

Die Wissenschaftsverlage sind gefordert, ihre Leistungen zu definieren und tun dies auch. Ein Beispiel:<br />

die geisteswissenschaftlichen Verlage, die jetzt gemeinsam mit dem Börsenverein des Deutschen<br />

Buchhandels eine Broschüre zu Open Access vorgelegt haben und darin ihren Mehrwert im<br />

OA-Publikationsprozess herausstellen. Damit schließt sich der Kreis zu den diesjährigen Open-Access-Tagen<br />

an der Freien Universität Berlin. Die mit über 250 Teilnehmern deutlich angewachsene<br />

Fachveranstaltung – die erstmals eine begleitende Open-Acess-Messe in Berlin anbot – zeigte im<br />

Oktober, dass an OA kein Weg vorbeiführt. Die Verlage wurden zur Kooperation eingeladen, die diese<br />

eingehen, sofern klar ist, dass Open Access auch Geld kostet und geklärt wird, woher die Verlage ihre<br />

Leistungen bezahlt bekommen. Die Wissenschaftseinrichtungen, das kam ebenso heraus, müssen<br />

jetzt OA-Publikationsstragegien entwickeln, die den unterschiedlichen Disziplinen gerecht werden.<br />

Hier ist also das Wissenschaftsmanagement gefordert.<br />

Markus <strong>Lemmens</strong><br />

editorial 3<br />

14. Jahrgang · <strong>Heft</strong> 5 · September/Oktober <strong>2008</strong> · Einzelpreis: 19,80 D<br />

news & facts<br />

4 Forschungsunion XI<br />

Innovationsfeld „Pflanze“<br />

6 Interview<br />

Zum Tätigkeitsprofil des Forschungsreferenten<br />

Wolfgang Adamczak und Sylvia Springer<br />

8 Informationsfluss<br />

Asse II: „Es hat doch keinen interessiert“<br />

wissenschaftsmanager<br />

10 Nachgefragt<br />

bei Prof. Dr. habil. Thomas Armbrüster,<br />

heibronn business school<br />

12 wissenswertes<br />

aktuell & kompakt<br />

management<br />

13 Wirtschaftsförderung<br />

Technologiepark Adlershof –<br />

Maximale Flexibilität<br />

18 Netzwerke<br />

Stadtentwicklung in<br />

der Wissensgesellschaft<br />

24 Steuerung<br />

Evaluationen im Governance-Mix<br />

30 Geotechnologien<br />

Vernetzung am Beispiel des<br />

FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN<br />

40 Forschungsinformation II<br />

Vorstellung universitärer<br />

Hochschulsysteme<br />

weiterbildung<br />

49 Aktueller Begriff<br />

Recruiting<br />

buchbesprechung<br />

51 Jens Heiling<br />

Rechnungslegung staatlicher<br />

Hochschulen<br />

53 Buchmarkt<br />

54 Impressum<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


4 news & facts<br />

forschunGsunion Xi<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Zwischen „Tank“ und „Teller“<br />

Mit moderner Pflanzenzüchtung nachwachsende Rohstoffe<br />

effizienter nutzen<br />

Das innovationsfeld Pflanze erlebt der-<br />

zeit eine grundlegende technologische,<br />

ökonomische und gesellschaftliche neubewertung.<br />

Der auf Dauer zu erwartende<br />

trend zu steigenden Weltmarktpreisen von<br />

agrarrohstoffen bietet chancen für eine<br />

nachhaltig rentable landwirtschaftliche<br />

Produktion auch in Deutschland. Der verstärkte<br />

einsatz der Biomasse zur erzeugung<br />

regenerativer energie trägt zu dieser<br />

entwicklung zumindest teilweise bei und<br />

hat in kurzer Zeit eine Problemdebatte<br />

über die mögliche Konkurrenz zwischen<br />

„tank und teller“ ausgelöst. im Kern bleibt<br />

die notwendigkeit, die pflanzliche Produktion<br />

global wie national in erheblichem<br />

Maße stetig zu steigern.<br />

Diese Notwendigkeit dokumentiert sich nicht<br />

nur in der Zusammenarbeit unterschiedlicher<br />

Ministerien im Rahmen der Hightech-<br />

Strategie, sondern zeigt sich auch im Bericht<br />

„Welternährungslage“ einer Ressortarbeitsgruppe<br />

der Bundesregierung zum Thema<br />

„Globale Ernährungssicherung durch nachhaltige<br />

Entwicklung und Agrarwirtschaft“ im<br />

April <strong>2008</strong>.<br />

Deutschland ist eines der wenigen Länder der<br />

Welt, welches das Innovationsfeld Pflanze als<br />

nationalen Hightech-Bereich identifiziert hat.<br />

Im Rahmen der Promotorentätigkeit und der<br />

damit verbundenen vor- und nachbereitenden<br />

Aktivitäten wurde deutlich, dass in Wissenschaft<br />

und Wirtschaft das zukünftige Potenzial<br />

dieses Innovationsfeldes als sehr hoch eingeschätzt<br />

wird. So wird die weltweit steigende<br />

Nachfrage nach Bioenergie auch zu einer<br />

verstärkten Nachfrage nach Technologien<br />

„made in Germany“ führen. Hier bieten sich<br />

Exportchancen für die deutsche Wirtschaft<br />

und zugleich Möglichkeiten, die ehrgeizigen<br />

Klimaschutzziele der Bundesregierung technologisch<br />

zu unterstützen.<br />

Bis 2010 soll der Anteil erneuerbarer Energien<br />

an der Primärenergieerzeugung auf 12 Prozent,<br />

bis 2020 auf 20 Prozent steigen. Doch<br />

2006 deckte die Bioenergie gerade einmal 3,4<br />

Prozent des Gesamtprimärenergiebedarfs. Die<br />

Lücke besteht aus mehreren hundert Millionen<br />

Tonnen Biomasse, die zusätzlich erzeugt<br />

werden müssen. Um sie zu schließen, fehlen<br />

jedoch die nötigen Ackerflächen ebenso wie<br />

die ausreichend ertragreichen Feldfrüchte.<br />

Ohne gewaltige Fortschritte in der Züchtungsforschung,<br />

in den Anbauverfahren und bei<br />

der Verarbeitung und Umwandlung in Energie<br />

werden wir diese Ziele nicht erreichen.<br />

Das Erfolgsrezept für die Zukunft heißt „bioökonomisch“<br />

denken! Um für die mit dem<br />

Klimawandel und den Bedürfnissen einer<br />

steigenden Weltbevölkerung einhergehenden<br />

Herausforderungen gewappnet zu sein, muss<br />

der Ausbau einer wissensbasierten, auf biotechnologischen<br />

Prozessen basierenden Bioökonomie<br />

vorangetrieben werden. Der Begriff<br />

der Bioökonomie bezieht dabei alle industriellen<br />

und wirtschaftlichen Sektoren ein, die<br />

biologische Ressourcen nutzen. Viele der hierzu<br />

notwendigen einzelnen Bestandteile sind<br />

bereits vorhanden, etwa die Spitzenforschung<br />

im Bereich Pflanze, eine chemische Industrie,<br />

die mehr und mehr auf biogene Rohstoffe<br />

setzt, Ingenieurswissenschaften, die in vielen<br />

Bereichen zur Weltspitze zählen und eine<br />

innovative Pflanzenzuchtbranche, die wissenschaftliche<br />

Innovation in neue Pflanzensorten<br />

überführt. Es geht nun darum, diese


Komponenten zu fachübergreifenden Innovationspipelines<br />

zusammenzufügen und sie bis<br />

hin zu marktfähigen, konkurrenzstarken Produkten<br />

zu verlängern.<br />

Die Forschungsunion Wirtschaft-Wissenschaft<br />

hat der Bundesregierung die Etablierung<br />

eines Forschungs- und Technologierates Bioökonomie<br />

empfohlen, in dem Vertreter aus<br />

Wirtschaft und Wissenschaft mit den beteiligten<br />

Ressorts langfristige Forschungs- und<br />

Innovationsvorhaben entlang der Wertschöpfungskette<br />

definieren und politische Rahmenbedingungen<br />

dafür abstimmen. Ziel der<br />

Einrichtung soll es sein, die Bundesregierung<br />

und die mit Forschungsförderung im Bereich<br />

Bioökonomie befassten Ressorts und Länderministerien<br />

zu beraten und den Dialog mit den<br />

entsprechenden Instanzen auf Länderebene<br />

und Hochschulseite zu intensivieren. Der Rat<br />

soll auch dazu beitragen, die Bedeutung der<br />

Bioökonomie als innovatives Zukunftsfeld zu<br />

unterstreichen. Es ist sehr erfreulich, dass<br />

diese Empfehlung aufgenommen wurde und<br />

sich derzeit in der Umsetzung befindet.<br />

Die auf nationaler Ebene gegebenen Impulse<br />

für die Entwicklung einer Forschungsrichtung<br />

Bioökonomie müssen sich sowohl in der<br />

Forschung und Entwicklung aber auch in der<br />

Strukturierung entsprechender Lehrangebote<br />

an den Universitäten niederschlagen. Konkret<br />

geht es um die Einrichtung neuer Studiengänge<br />

und die Definition entsprechender<br />

Qualifizierungsprofile für Absolventen, um für<br />

die sich neu entwickelnden Berufs- und Forschungsfelder<br />

den wissenschaftlichen Nachwuchs<br />

sicherzustellen.<br />

Bis nachwachsende Rohstoffe aber ihr volles<br />

ökonomisches Potenzial entfalten können,<br />

müssen Industrie, Wissenschaft und Politik<br />

noch einige Hürden überwinden. Es sind sowohl<br />

wissenschaftliche Erkenntnisdefizite wie<br />

gesetzliche Rahmenbedingungen, die den<br />

Durchbruch der grünen Biotechnologie behindern.<br />

Namentlich das deutsche Gentechnikgesetz<br />

spielt eine erhebliche – und lähmende –<br />

Rolle. Für alle Bereiche der pflanzlichen Wert-<br />

schöpfungsketten wird es erforderlich sein,<br />

die Erträge der Kulturpflanzen kontinuierlich<br />

zu steigern. Das ist mit konventioneller<br />

Pflanzenzüchtung alleine nicht zu erreichen,<br />

sondern kann nur unter Nutzung „grüner“<br />

Gentechnik gelingen. Entgegen dem globalen<br />

Trend zur Ausweitung des Anbaus gentechnisch<br />

veränderter Pflanzen konterkariert das<br />

im Frühjahr diesen Jahres in Kraft getretene<br />

Gentechnikrecht diese Erfordernisse, denn es<br />

schafft für den praktischen Anbau unzumutbar<br />

hohe Hürden und belässt den Landwirt<br />

weiterhin in einer großen Rechtsunsicherheit.<br />

Damit verbaut sich Deutschland für den gesamten<br />

technologischen Bereich Chancen im<br />

internationalen Wettbewerb. So fehlt der gentechnischen<br />

Pflanzenforschung in Deutschland<br />

auch weiterhin die Möglichkeit, die Anwendung<br />

der eigenen Produkte im eigenen<br />

Land zu erproben und zu demonstrieren.<br />

Das bedroht den Forschungsstandort. Denn<br />

mittelfristig folgt die Forschung den Märkten,<br />

wie aktuelle Zahlen der Stifterverband-<br />

Wissenschaftsstatistik belegen. Innovative<br />

Pflanzenzüchtung ist nur zu erreichen, wenn<br />

die verschiedenen Anbauformen (klassisch,<br />

ökologisch und mit Hilfe gentechnologischer<br />

Methoden) Chancengleichheit haben und in<br />

integrative landwirtschaftliche Konzepte eingebunden<br />

werden.<br />

news & facts 5<br />

Die auf nationaler Ebene gegebenen<br />

Impulse für die Entwicklung<br />

einer Forschungsrichtung Bioökonomie<br />

müssen sich sowohl in<br />

der Forschung und Entwicklung<br />

aber auch in der Strukturierung<br />

entsprechender Lehrangebote an<br />

den Universitäten niederschlagen.<br />

Autor:<br />

Dr. Arend Oetker<br />

Präsident des Stifterverbandes für die Deutsche<br />

Wissenschaft e.V., in der Forschungsunion Promotor<br />

für die Querschnittsaktivität „Bündelung der Kräfte<br />

von Wissenschaft und Wirtschaft“.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


6 news & facts<br />

intervieW<br />

Wolfgang Adamczak, Robert Debusmann,<br />

Ellen Krause, Nadine Merkator<br />

Traumberuf ForschungsreferentIn?<br />

Werkstattberichte – Band 68<br />

Internationales Zentrum für Hochschulforschung<br />

Kassel, Kassel 2007<br />

ISBN 978-3-934377-53-0,<br />

online unter www. uni-kassel.de/v_pub/wb/wb68.pdf<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Große Zufriedenheit trotz<br />

hohem Arbeitsaufwand<br />

Fragen an Wolfgang Adamczak und Sylvia Springer<br />

zum Tätigkeitsprofil des Forschungsreferenten<br />

KasseL. Wie beurteilen forschungsreferenten<br />

ihre eigene arbeitssituation? Was<br />

schätzen sie an ihrer tätigkeit und was<br />

vermissen sie? Diesen fragen sind Wolfgang<br />

adamczak, robert Debusmann, ellen<br />

Krause und nadine Merkator in einer empirischen<br />

untersuchung nachgegangen, die<br />

unter dem titel „traumberuf forschungsreferentin?“<br />

veröffentlicht wurde. um ein<br />

tätigkeitsprofil dieser Berufsgruppe zu<br />

gewinnen, hatten die autoren eine umfassende<br />

Befragung von forschungsreferenten<br />

durchgeführt und daraus eine reihe<br />

von handlungsempfehlungen abgeleitet.<br />

eine der empfehlungen sah vor, einen<br />

sprecherrat zu bilden, was <strong>2008</strong> in die tat<br />

umgesetzt wurde. Zum ersten vorsitzenden<br />

des sprecherrates wurde Dr. Wolfgang<br />

adamczak, Leiter des forschungsreferats<br />

an der universität Kassel, gewählt. seine<br />

stellvertreterin ist Dr. habil. sylvia springer,<br />

Leiterin des technologie-transfer-<br />

Zentrums der universität Magdeburg. Die<br />

fragen stellte Kristin Mosch.<br />

herr Dr. adamczak, sie und ihre Kollegen<br />

haben die arbeitssituation der forschungsreferenten<br />

umfassend analysiert.<br />

Gab es ein ergebnis ihrer Befragung, das<br />

sie besonders überrascht hat?<br />

adamczak: Ja. Das für uns interessanteste<br />

Resultat war die hohe Arbeitszufriedenheit<br />

der Forschungsreferenten. Dies ist vor allem<br />

deswegen erstaunlich, weil eine hohe Arbeitsbelastung<br />

besteht und keine beruflichen Aufstiegschancen<br />

gesehen werden.<br />

frau Dr. springer, wie erklären sie sich<br />

diesen scheinbaren Widerspruch?<br />

springer: Mit dem großen persönlichen Gestaltungsspielraum,<br />

den ein Forschungsreferent<br />

hat. Er kann die Schwerpunkte seiner<br />

Arbeit frei setzen, es gibt keine Konkurrenzkämpfe<br />

mit Kollegen, sei es um die Besetzung<br />

von Themen oder um Ressourcen.<br />

Worin bestehen denn die aufgabenschwerpunkte<br />

der referenten?<br />

adamczak: Die wesentlichen Tätigkeitsfelder<br />

sind Information, Beratung und Hilfe bei der<br />

Antragstellung auf Fördermittel. Die Mehrzahl<br />

der Kollegen kümmert sich darüber hinaus<br />

um die Förderung des wissenschaftlichen<br />

Nachwuchses, die Forschungsberichterstattung<br />

und Transferaktivitäten.<br />

springer: Der Forschungsreferent ist Mittler<br />

zwischen Wissenschaft und Verwaltung. Ziel<br />

ist es, den Wissenschaftlern möglichst viele<br />

Verwaltungsaufgaben abzunehmen.<br />

Das forschungsreferat gehört zu den<br />

neuen Professionen im hochschulmanagement.<br />

viele davon sind relativ neue einrichtungen,<br />

die es erst seit wenigen Jahren<br />

gibt. Wie machen sie die Wissenschaftler<br />

auf ihre angebote aufmerksam?<br />

adamczak: Primär besteht unser Ansatz<br />

darin, auf die Leute zuzugehen. Alle neuen<br />

Hochschullehrer erhalten von mir zum Beispiel<br />

ein persönliches Anschreiben. Ich versuche<br />

zudem mit jedem, der neu kommt, ein<br />

Gespräch zu führen.<br />

springer: Wir besuchen die Wissenschaftler<br />

auch gerne persönlich an ihren Arbeitsplätzen,<br />

um einen Eindruck von ihren Projekten<br />

zu gewinnen.


adamczak: Wenn Sie beispielsweise ein naturwissenschaftliches<br />

Labor betreten und es<br />

ist alles blitzblank, dann können Sie daraus<br />

schließen, dass Unterstützungsbedarf bei der<br />

Drittmittelakquise besteht.<br />

sie gehen also auf die Wissenschaftler zu,<br />

um den Bedarf zu ermitteln. Woran merken<br />

sie denn hinterher, ob ihre Beratung etwas<br />

gefruchtet hat?<br />

adamczak: Das ist schwer festzustellen.<br />

Dass meine Arbeit erfolgreich war, habe ich in<br />

einem Fall an einer Beschwerde gemerkt. Die<br />

betraf die Graduiertenförderung. Es ging um<br />

Doktoranden in den Wirtschaftswissenschaften.<br />

Dabei wurden vier Kandidaten von der<br />

Gutachterkommission abgelehnt. Nur einer<br />

kam durch – das war der, den ich beraten<br />

hatte. Daraufhin hat sich ein betreuender Professor<br />

einer abgelehnten Person beschwert<br />

und gesagt: Wer von Herrn Adamczak beraten<br />

wird, hat größere Erfolgschancen, das ist ein<br />

unfairer Vorteil. Für mich war das natürlich ein<br />

Kompliment, da alle diese Beratung erhalten<br />

können.<br />

springer: Insgesamt erhält man allerdings<br />

wenig Feedback. Im Technologietransfer, der<br />

ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist, laufen<br />

viele Dinge über persönliche Kontakte. Die<br />

Transferstelle wird eigentlich nur dann eingeschaltet,<br />

wenn einer niemanden kennt. Dann<br />

stellen wir Kontakte her. Was jedoch im Einzelfall<br />

daraus wird, erfahren wir nur, wenn wir<br />

später gezielt nachfragen.<br />

auch wenn die rückmeldungen nicht immer<br />

so explizit sind, hat ihre studie doch<br />

ergeben, dass Wissenschaftler und hochschulleitung<br />

die arbeit der forschungsreferate<br />

positiv bewerten. Dennoch gibt es<br />

auch veränderungsbedarf. Worin besteht<br />

dieser?<br />

springer: Wichtig wäre uns eine engere Einbindung<br />

in zentrale Entscheidungsprozesse<br />

der Hochschulleitung. Die Forschungsreferenten,<br />

die ja mit allen Fachbereichen in<br />

engem Kontakt stehen, haben im Laufe ihrer<br />

Tätigkeit viel Wissen über die gesamte Einrichtung<br />

angesammelt. Das bedeutet, dass<br />

sie zu strategischen Entscheidungen der<br />

Hochschule einiges beisteuern können.<br />

adamczak: Generell sollte die eher informelle<br />

Einbindung in die Prozesse der Hochschulleitungen<br />

durch eine institutionalisierte ersetzt<br />

werden. Es wäre von Vorteil, wenn die Referenten<br />

intensiver mit benachbarten Referaten<br />

wie der Haushalts- und Finanzabteilung<br />

zusammenarbeiten könnten. Auf diese Weise<br />

ließen sich Projekte auch über die Antragsstellung<br />

hinaus betreuen bis hin zum Vertragsabschluss.<br />

Eine weitere Empfehlung besteht<br />

darin, Karrierewege zu schaffen. Als ein<br />

Instrument könnte hier die Hospitanz dienen,<br />

also ein zeitlich begrenzter Arbeitsaufenthalt<br />

in einer befreundeten Organisation wie der<br />

Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der<br />

VolkswagenStiftung.<br />

Gibt es in diesem Bereich bereits erfahrungen?<br />

adamczak: Ja! Die Abordnung in das jeweilig<br />

zuständige Landesministerium ist durchaus<br />

gängig.<br />

springer: Wichtig wäre auch die Entwicklung<br />

von Fortbildungsangeboten. Es gibt ja keine<br />

spezielle Qualifikation für die Position des Forschungsreferenten;<br />

die Kollegen eignen sich<br />

die erforderlichen Kenntnisse on the job an.<br />

Hier wünschen wir uns Maßnahmen, die gezielt<br />

für den Bedarf der Referenten geschaffen<br />

werden. Das Beste wäre, wenn der Referent<br />

gleich bei der Einstellung vom Kanzler auf die<br />

Teilnahme an einer solchen Fortbildung verpflichtet<br />

würde.<br />

sind hierfür Mittel innerhalb der universitäten<br />

vorhanden?<br />

adamczak: Wenn man es für sinnvoll hält<br />

und auch will, dann gibt es auch Mittel! Zumal<br />

es auch für die anderen neuen Hochschulprofessionen<br />

Modellcharakter hätte.<br />

news & facts 7<br />

Dr. Wolfgang Adamczak<br />

ist Leiter des Forschungsreferats<br />

an der<br />

Universität Kassel und<br />

Vorsitzender des Sprecherrats,<br />

eine Einrichtung<br />

zur Interessenvertretung<br />

deutscher Forschungsreferenten.<br />

Dem Sprecherrat obliegt<br />

unter anderem die<br />

Verwaltung und Pflege<br />

der Kommunikationsplattformwww.forschungsreferenten.de.<br />

Dr. habil. Sylvia Springer<br />

ist Leiterin des<br />

Technologie-Transfer-<br />

Zentrums der Universität<br />

Magdeburg und<br />

stellvertretende Vorsitzende<br />

des Sprecherrats.<br />

Sie wünscht sich<br />

für die Zukunft mehr<br />

Fortbildungsangebote<br />

für Forschungsreferenten.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


8 news & facts<br />

inforMationsfLuss „Es hat doch keinen interessiert …“<br />

Bereits Ende der 1960er-Jahre, als das „Forschungsbergwerk“<br />

eingerichtet worden war, hatten mehrere<br />

Wissenschaftler und Journalisten vor einer Nutzung<br />

der Asse als Atomendlager gewarnt. Doch erst seit<br />

Ende Juni <strong>2008</strong> hat die Problematik um Asse II eine<br />

steile Nachrichtenkarriere gemacht.<br />

Foto: Wusel007, Wikimedia Commons<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Asse II – Vor allem ein Problem der wissenschaftlichen<br />

Kommunikation?<br />

reMLinGen. asse ii, ein ehemaliges salzbergwerk<br />

in der nähe von Wolfenbüttel, ist<br />

wieder aus den schlagzeilen der Print- und<br />

tv-<strong>Medien</strong> verschwunden. Mehr als 126.000<br />

fässer mit schwach- bis mittelschwachem<br />

atommüll, die in den zurückliegenden Jahrzehnten<br />

in diesem salzstock eingelagert<br />

worden sind, aber sorgen weiter für eine<br />

große unsicherheit in der niedersächsischen<br />

Bevölkerung. Zugleich stellen sie auch bohrende<br />

fragen nach Wissenschaftskommunikation<br />

und -management, die durchaus der<br />

helmholtz-Gemeinschaft Kopfzerbrechen<br />

bereiten sollten. Denn diese war bislang für<br />

asse ii zuständig.<br />

Hat das verantwortliche Helmholtz-Zentrum<br />

München, Deutsches Forschungszentrum für<br />

Gesundheit und Umwelt, vielleicht wichtige<br />

Informationen über eintretendes Wasser, brüchige<br />

Stollen und mögliche radioaktive Verseuchung<br />

des Grundwassers verschwiegen?<br />

Heinz-Jörg Haury, Sprecher des Münchener<br />

Zentrums, erregt sich: „Nichts haben wir verschweigen.<br />

Nur interessiert hat es doch keinen.“<br />

Über die Jahre hinweg sei Asse II ein<br />

„Unthema“ gewesen. Jetzt aber, wo die Politiker<br />

das Thema entdeckt hätten, sei dieser<br />

Salzstock in aller Munde. <strong>Medien</strong>schelte wolle<br />

er nicht betreiben, aber die <strong>Medien</strong> würden in<br />

erster Linie doch nur das berichten, was die<br />

Politiker erklärten.<br />

Jetzt muss das Helmholtz-Zentrum die Verantwortung<br />

in die Hände des Bundesamtes für<br />

Strahlenschutz (BfS) legen, so dass nicht mehr<br />

das Berg-, sondern das Atomrecht zum Zuge<br />

kommt. Die Frage ist, ob Asse II – wo von 1967<br />

bis1978 rund 125.000 Behälter mit schwachradioaktiven<br />

und von 1972 bis 1977 rund 1.300<br />

mit mittelradioaktiven Abfällen eingelagert wur-<br />

den – nicht gleich unter die Atomaufsicht statt<br />

unter Bergrecht hätte gestellt werden müssen.<br />

Letzteres ermöglichte es dem Münchener<br />

Helmholtz-Zentrum die Anlage zu übernehmen,<br />

die 1965 von der damaligen Gesellschaft für<br />

Strahlenforschung (GSF) im Auftrag des Bundes<br />

gekauft worden war. Im Mittelpunkt stand die<br />

Forschung, wie sich Radioaktivität und Salz vertragen<br />

und unter welchen Bedingungen Atommüll,<br />

der sich in Asse II auf 89.000 t summiert,<br />

für immer verschlossen werden kann. Die Politik<br />

erhoffte sich Erkenntnisse für das Zwischenlager<br />

Gorleben als Endlagerung für hochradioaktiven<br />

Müll, für eine, nach wie vor nicht gelöste,<br />

Endlagerung allgemein und ob Asse II nicht als<br />

Endlager tauge.<br />

Bundesforschungsministerin Annette Schavan<br />

(CDU) attestierte noch Anfang August <strong>2008</strong><br />

den in Asse beschäftigten Mitarbeitern des<br />

Helmholtz-Zentrums „erstklassige Kompetenz“,<br />

verwies aber zugleich mit Blick auf das geplante<br />

Schließungsverfahren für Asse II auf die Sicherheit<br />

der Bevölkerung, die „höchste Priorität“<br />

habe. Doch diese ist inzwischen so verunsichert,<br />

dass es dem Helmholtz-Zentrum zuletzt nicht<br />

mehr möglich war, die einlaufende Lauge in<br />

anderen Salzbergwerken zu verklappen. Immer<br />

neue Tanks müssen gebaut werden, um diese<br />

Lauge nun vorerst aufzufangen.<br />

Die Helmholtzianer erklärten am 4. September<br />

<strong>2008</strong>, dass sie den Wechsel der Zuständigkeit<br />

für Asse II als Chance sehen, „eine neue politische<br />

Basis und Rechtssicherheit für die sichere<br />

Schließung der Asse zu schaffen.“ Aus<br />

dem Bundesumweltministerium, das für die<br />

Atomsicherheit im Lande zuständig ist, verlautet<br />

jedoch: Es kann sein, dass ein Teil der radioaktiven<br />

Fässer wieder aus dem Salzstock nach


oben befördert werden muss. Wenn nicht gar<br />

der gesamte Stock zu räumen ist. Die Kostenschätzung<br />

beläuft sich auf „Milliarden Euro“.<br />

Der bisherige Asse-Betreiber wünscht sich,<br />

dass endlich einmal zur Kenntnis genommen<br />

wird, dass rechtzeitig auf eintretendes Wasser<br />

aufmerksam gemacht wurde und dass es eine<br />

Vielzahl wichtiger Forschungen für die Endlagerung<br />

von Atomabfällen gegeben habe.<br />

In den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts<br />

wollte das Helmholtz-Zentrum mit Attrappen<br />

moderner Atommüllbehälter erforschen,<br />

wie sich Salz mit heißem Atommüll verträgt. Für<br />

fünf Jahre sollten 30 hochradioaktive Behälter<br />

aus den USA im Salz versenkt werden. Doch<br />

es blieb bei der Idee. Allein die Vorbereitungen<br />

verschlangen etwa 100 Millionen Euro. Wichtig<br />

waren Versuche, Bohrlöcher ohne Wasserzusatz<br />

zu bohren. Das sind nur wenige Beispiele für<br />

die forschungspolitische Seite. Heute gehen die<br />

meisten Experten davon aus, dass sich Asse II –<br />

das über das gleiche Salz verfügt wie Gorleben<br />

–nicht als Endlager eignet.<br />

Die wissenschaftlichen Untersuchungen aber<br />

interessieren die Menschen vor Ort und Politiker<br />

weniger. Dagegen interessiert sie, was mit der<br />

von außen eindringenden Lauge, mit vermutlich<br />

beschädigten Fässern und mit dem Wasser<br />

in dem ehemaligen Salzbergwerk ist, das dort<br />

eigentlich nicht sein darf und ob unter diesen<br />

Bedingungen Asse II überhaupt geschlossen<br />

werden darf.<br />

In einer Erklärung des Helmholtz-Zentrums München<br />

vom 3. September <strong>2008</strong> heißt es unter anderem,<br />

dass sich der Vorwurf „jahrelanger Pannen<br />

und schwerer Fehler“ schon „rein sachlich<br />

nicht nachvollziehen“ lasse. Man verweist auf<br />

den TÜV Nord, nach dem in Asse II keine wärmeentwickelnden<br />

Abfälle eingelagert worden<br />

sind und weiter: „Auf die schwierige Situation,<br />

die durch die seit rund 20 Jahren zufließenden<br />

Salzlösungen entstanden ist, hat das Helmholtz-<br />

Zentrum München immer hingewiesen.“<br />

Schiebt hier einer die Schuld auf den anderen?<br />

Offensichtlich sind zahlreiche Daten und Hinweise<br />

des Helmholtz-Betreibers von den verantwortlichen<br />

Ministerien in Hannover und Berlin<br />

nicht genau gelesen worden. Dabei ist für den<br />

emeritierten Professor für physikalische Chemie,<br />

Rolf Bertram, eines klar: „Wenn Salzlauge<br />

mit dem Atommüll in Berührung kommt, kann<br />

es jede Menge chemischer Reaktionen geben“.<br />

Oder hat sich das Helmholtz Zentrum München<br />

so sehr auf die Forschung verlegt, dass es die<br />

Ängste und Fragen der Menschen vor Ort vernachlässigte<br />

oder falsch einschätze?<br />

Asse II ist das weltweit erste unterirdische Lager<br />

für Atommüll, das vor allem radioaktiv belastete<br />

Abfälle aus Kliniken und Labors aufgenommen<br />

hat. Doch nun scheint es bereits wenige Jahrzehnte<br />

nach seiner Inbetriebnahme höchst unsicher<br />

zu sein, obwohl der dort lagernde Müll über<br />

zehntausende von Jahren weggeschlossen bleiben<br />

muss. Und mit Asse II ist sofort wieder der<br />

Streit um die weitere Nutzung der Atomenergie<br />

– und damit auch um den möglichen Bau neuer<br />

Kernkraftwerke – entbrannt. Einmal mehr zeigt<br />

sich, dass gerade auf dem Feld der Kernenergie<br />

noch eine große Lücke zwischen Forschung und<br />

Öffentlichkeit existiert.<br />

Die nach Hermann von Helmholtz (1821-1894)<br />

benannte Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher<br />

Forschungszentren ist die größte deutsche<br />

Großforschungseinrichtung. Ist durch die Vorkommnisse<br />

und den politischen Streit um Asse<br />

II auch das Ansehen der Helmholtz-Gemeinschaft<br />

in Mitleidenschaft gezogen? Heinz-Jörg<br />

Haury bestreitet nicht, dass der Name gelitten<br />

haben könnte. Allerdings gebe es keine Umfragen<br />

dazu.<br />

Thomas Gazlig, Presseprecher der Helmholtz-<br />

Gemeinschaft, räumt ein, dass man durch den<br />

Asse II-Streit „nicht gerade ins positive Licht“<br />

gerückt worden sei. In München könne man<br />

sich aber jetzt wieder auf die eigentliche Forschungsarbeit<br />

konzentrieren.<br />

K.Rüdiger Durth<br />

news & facts 9<br />

Der bisherige Asse-Betreiber<br />

wünscht sich, dass endlich einmal<br />

zur Kenntnis genommen<br />

wird, dass rechtzeitig auf eintretendes<br />

Wasser aufmerksam<br />

gemacht wurde und dass es eine<br />

Vielzahl wichtiger Forschungen<br />

für die Endlagerung von Atomabfällen<br />

gegeben habe.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


10 wissenschaftsmanager Armbrüster – Berührungsängste abbauen<br />

nachGefraGt<br />

„Management kann Freude machen“ appelliert Prof.<br />

Dr. habil. Thomas Armbrüster an alle Hochschullehrer,<br />

für die Wissenschaftsmanagement noch immer<br />

nur ein unbeliebtes Amt ist. Mit seiner Arbeit an der<br />

heilbronn business school will er Zeichen setzen sowohl<br />

für die Region als auch für die deutsche Hochschullandschaft.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Berührungsängste abbauen<br />

Prof. Dr. habil. Thomas Armbrüster,<br />

Präsident der heilbronn business school<br />

1Wie sind sie Wissenschafts manager<br />

geworden?<br />

Als Lehrstuhlinhaber an der Universität Witten/Herdecke<br />

wurde ich gefragt, ob ich das<br />

Amt des Dekans der Wirtschaftsfakultät übernehmen<br />

möchte. Da ich schon länger mit dem<br />

Gedanken gespielt habe, nicht mehr reiner<br />

Forschungsprofessor zu sein, sondern einen<br />

Fuß in die Tür des Wissenschaftsmanagements<br />

zu setzen, war mir die Anfrage willkommen<br />

und ich habe angenommen. Ein Jahr<br />

später kam die Anfrage, ob ich Präsident der<br />

heilbronn business school werden möchte;<br />

das war dann der endgültige Schritt ins Wissenschaftsmanagement.<br />

2Worin besteht ihre aktuelle<br />

tätigkeit?<br />

Als Präsident der heilbronn business school<br />

(hbs) und Geschäftsführer der g<strong>GmbH</strong> leite ich<br />

die akademischen und wirtschaftlichen Geschicke<br />

der hbs. Dabei geht es vor allem um<br />

die kontinuierliche Verbesserung der Lehre,<br />

um die Koordination unserer zahlreichen<br />

englischsprachigen Adjunct-Professoren aus<br />

dem Ausland, und darum, aus dem Studium<br />

an der hbs ein Gesamterlebnis zu machen –<br />

das Ganze unter Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips.<br />

Es gilt, sehr gute Inhalte und<br />

Didaktik sicherzustellen und unser studentisches<br />

Gemeinschaftsgefühl mit Exkursionen,<br />

Vorträgen und vielen anderen Veranstaltungen<br />

weiter zu stärken. Darüber hinaus ist die heilbronn<br />

business school für eine Fachhochschule<br />

sehr forschungsstark. Hier stelle ich<br />

die Rahmenbedingungen sicher, z.B. durch<br />

die Rekrutierung von forschungsstarken Professoren<br />

und durch die internationale Vernet-<br />

zung der Business School. Last but not least<br />

ist die heilbronn business school regional eng<br />

vernetzt, daher habe ich viele Termine bei Unternehmen<br />

der Region, bei denen es vor allem<br />

um unsere berufsbegleitenden Angebote geht.<br />

Und natürlich gehören deutschlandweite und<br />

internationale Repräsentationsaufgaben dazu,<br />

wodurch unsere Sichtbarkeit als Business<br />

School weiter gefördert wird. Und gelegentlich<br />

komme ich auch noch dazu, einen Artikel<br />

zu schreiben.<br />

3Welche beruflichen<br />

Ziele haben sie?<br />

Den Erfolg der heilbronn business school weiter<br />

voranzutreiben. Das nützt der Region und<br />

setzt in der deutschen Hochschullandschaft<br />

den wichtigen Akzent, mit berufsbegleitenden,<br />

komplett englischsprachigen Angeboten eine<br />

neue Facette von Bildung und Berufsausbildung<br />

zu bieten. Ein übergeordnetes Ziel ist,<br />

einen Beitrag zu leisten, das Hochschulwesen<br />

in Deutschland durchlässiger, liberaler, weniger<br />

hierarchisch, kooperativer, gelassener und<br />

weniger steif zu machen. Eine offene Gesellschaft<br />

braucht ein offenes Hochschulsystem<br />

mit durchlässigen Grenzen zwischen den<br />

Ebenen und zwischen Fachdisziplinen – und<br />

ohne Berührungsängste für Unternehmen,<br />

für Praktiker, für Studieninteressierte und für<br />

diejenigen, die Bildung nicht automatisch im<br />

Elternhaus bekommen.<br />

4Die größte herausforderung für<br />

das Wissenschaftsmanagement?<br />

Die unterschiedlichen Interessen und Gestaltungsziele<br />

innerhalb einer Hochschule<br />

möglichst konfliktfrei unter einen Hut zu be-


kommen. Etwas überspitzt ausgedrückt: Die<br />

Studenten wollen hundertprozentige Aufmerksamkeit<br />

der Professoren. Die Professoren<br />

möchten forschen, zeiteffizient gute Lehre<br />

machen und ansonsten in Ruhe gelassen<br />

werden. Die Geldgeber möchten einen effizienten,<br />

schlanken Hochschulbetrieb. Die Professoren<br />

und wissenschaftlichen Mitarbeiter<br />

wollen eine gute Ausstattung und berufliche<br />

Perspektiven. Der Marketingleiter möchte die<br />

Professoren am liebsten als Vertriebsmitarbeiter<br />

einsetzen. Die Verwaltungsmitarbeiter<br />

wollen einen stets geordneten Ablauf mit beruflichen<br />

Perspektiven. Diese Interessen unter<br />

einen Hut zu bekommen, erfordert immer wieder<br />

Gespräche – als größere Besprechungen<br />

oder unter vier Augen. Die Herausforderungen<br />

an den Wissenschaftsmanager sind das effiziente<br />

Zeitmanagement, das diplomatische<br />

Geschick, die unterschiedlichen Vorstellungen<br />

zu balancieren und dabei selber gestalten zu<br />

können, und die Fähigkeit, alle zum Ziehen an<br />

einem Strang zu motivieren.<br />

5Wohin wird sich das Wissenschaftsmanagement<br />

entwickeln?<br />

Zu einem eigenständigen Arbeitsmarkt. Zurzeit<br />

wird an den meisten Hochschulen noch<br />

mit turnusmäßiger Übernahme eines unbeliebten<br />

Amts gearbeitet. Aber durch die sehr<br />

dynamische Entwicklung des Bildungsmarkts<br />

und die deutlich gesteigerten Gestaltungsspielräume<br />

für Hochschulen werden aus den<br />

unbeliebten Ämtern immer mehr neue, attraktive<br />

Arbeitsplätze für Manager mit Führungsqualitäten.<br />

An einen aktiven Wissenschaftsmanager<br />

steigt mit dem Gestaltungsspielraum<br />

auch die Verantwortung – hier wird das<br />

Vergütungssystem, vor allem an staatlichen<br />

Hochschulen, eindeutig nachziehen müssen,<br />

ansonsten bleiben Hochschulen von unwilligen<br />

Interimsmanagern geleitet. Denkbar ist<br />

auch, dass ein akademischer Dekan und ein<br />

professioneller Wissenschaftsmanager zusammen<br />

eine Fakultät leiten oder dass dem<br />

professionellen Wissenschaftsmanager als<br />

Leiter der Einrichtung nicht nur ein Studiende-<br />

Armbrüster – Berührungsängste abbauen wissenschaftsmanager 11<br />

kan, sondern auch ein Forschungsdekan zur<br />

Seite gestellt wird. Hier werden sich in den<br />

kommenden Jahren voraussichtlich zwei oder<br />

drei Modelle herauskristallisieren, sowohl auf<br />

Fakultäts- als auch auf Hochschulebene, und<br />

alle unter Einbezug von Wissenschaftsmanagern.<br />

6ihre Botschaft an die Kolleginnen<br />

und Kollegen?<br />

An die Kolleginnen und Kollegen Wissenschaftsmanager:<br />

Lasst euch nicht aus der<br />

Ruhe bringen und von den verschiedenen Seiten<br />

nicht zu sehr an euch zerren. Setzt Grenzen<br />

an die Anspruchsgruppen. An die Hochschullehrer,<br />

die nicht als Wissenschaftsmanager<br />

arbeiten: Wollt ihr bis Mitte/Ende 60 nur<br />

Forschung und Lehre machen? Habt ihr keine<br />

Befürchtung, damit zu stagnieren? Management<br />

kann große Freude bereiten; man kann<br />

an Schwächen arbeiten, eigene Stärken entdecken<br />

und weiterentwickeln; deutschlandweit<br />

neue, interessante Menschen kennenlernen;<br />

international neue Kontakte knüpfen. An<br />

die Geldgeber, in der Regel die Bundesländer:<br />

Gestaltet Wissenschaftsmanagement als offenen<br />

Arbeitsmarkt für Professoren und externe<br />

Manager und vergütet die Tätigkeiten wie<br />

höhere Manager – nur dann bekommt ihr ein<br />

Hochschulmanagement, das den Namen verdient<br />

und das ihr euch schon lange erhofft.<br />

Die Herausforderungen an den<br />

Wissenschaftsmanager sind das<br />

effiziente Zeitmanagement, das<br />

diplomatische Geschick, die unterschiedlichen<br />

Vorstellungen<br />

zu balancieren und dabei selber<br />

gestalten zu können, und die Fähigkeit,<br />

alle zum Ziehen an einem<br />

Strang zu motivieren.<br />

Kontakt:<br />

Prof. Dr. habil. Thomas Armbrüster<br />

Präsident<br />

heilbronn business school<br />

Bahnhofstr. 1<br />

D-74072 Heilbronn<br />

Tel.: + 49 7131 64 56 36 – 12<br />

Fax: + 49 7131 64 56 36 – 27<br />

armbruester@hn-bs<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


12 news & facts<br />

WissensWertes<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Aktuell und kompakt<br />

Die Qualität der deutschen Forschung sieht<br />

der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft,<br />

Matthias Kleiner, durch die Zuerkennung<br />

des diesjährigen Nobelpreises für<br />

Medizin an den Heidelberger Krebsforscher<br />

Professor Harald zur Hausen belegt. Der Preis<br />

stehe zudem für die erfolgreiche Verbindung<br />

von universitärer und außeruniversitärer Forschung.<br />

Nicht minder bahnbrechend seien die<br />

Verdienste des neuen Nobelpreisträgers um<br />

die Vermittlung wissenschaftlicher Ergebnisse<br />

in die Gesellschaft. Mit dem Krebsinformationsdienst<br />

des Deutschen Krebsforschungszentrums<br />

(KID), habe zur Hausen ein anerkanntes<br />

Medium geschaffen, das die Öffentlichkeit<br />

fundiert informiere.<br />

Mehr frauen müssen angesichts des demografischen<br />

Wandels für technische Berufe<br />

begeistert werden. Diese Auffassung vertritt<br />

die Arbeitsmarktforscherin Franziska Schreyer<br />

vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />

der Bundesagentur für Arbeit (IAB).<br />

Gegenwärtig machten sie lediglich 22 Prozent<br />

der Studierenden in ingenieurwissenschaftlichen<br />

Fächern aus. Um diese Zahl zu erhöhen,<br />

müssten auch die Arbeitsbedingungen<br />

in dieser nach wie vor männlich geprägten<br />

Domäne geändert werden, u.a. durch mehr<br />

Teilzeitstellen. Mehr Ingenieure und Maschinenbauer<br />

hält auch Barbara Ischinger von der<br />

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (OECD) für notwendig,<br />

wenn Deutschland auch in Zukunft wettbewerbsfähig<br />

bleiben wolle.<br />

fünf spitzencluster erhalten fünf Jahre<br />

lang von der Bundesregierung zusammen<br />

200 Millionen Euro. Insgesamt waren 38 Bewerbungen<br />

eingegangen, von denen sich der<br />

Mikroelektronik-Cluster Cool Silicon aus der<br />

Region Dresden, der Solarzellenverbund Solarvalley<br />

Mitteldeutschland, zwei Cluster der<br />

organischen Elektronik und der Molekularen<br />

Medizin aus dem Rhein-Neckar-Raum und ein<br />

Luftfahrtcluster aus Hamburg durchsetzten.<br />

Ziel ist es, die Verbünde aus Unternehmen und<br />

Wissenschaftlern international konkurrenzfähig<br />

zu machen. Außerdem sollen neue Ideen<br />

schneller in Produkte umgesetzt werden.<br />

Das 8. Gain-Jahrestreffen, das diesmal in<br />

Boston (USA) stattfand, hat sich aus der Sicht<br />

der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />

mehr als bewährt. Ziel dieser Treffen, die zusammen<br />

mit der Alexander von Humboldt-<br />

Stiftung (AvH), dem Deutschen Akademischen<br />

Austauschdienst (DAAD) und der German<br />

Scholars Organization (GSO) durchgeführt<br />

werden, ist es, in den USA und Kanada arbeitenden<br />

jungen deutschen Wissenschaftlern<br />

neue Chancen in der Heimat zu erörtern.<br />

DFG-Präsident Matthias Kleiner nach seiner<br />

Rückkehr: „Wir haben die Türen in Deutschland<br />

weit geöffnet. Viele junge Talente wollen<br />

kommen. Wir dürfen sie nicht enttäuschen.“<br />

Mehr als kritisch hat sich der Deutsche<br />

Hochschulverband zum Bologna-Prozess geäußert,<br />

den er letztlich für gescheitert erklärt.<br />

Vor allem die neuen Bachelor-Studiengänge<br />

führten wegen ihrer Modularisierung zu weniger<br />

statt zu mehr Mobilität. Die Schaffung<br />

eines europäischen Hochschulraumes werde<br />

verfehlt. Da das eingeführte Punktesystem<br />

sehr unterschiedlich angewandt werde, seien<br />

Leistungsvergleiche kaum noch möglich.<br />

Nach Ansicht des Hochschulverbandes ist der<br />

Bologna-Prozess nur noch zu retten, wenn der<br />

Master anstelle des Bachelor zum berufsbefähigenden<br />

Regelabschluss an Universitäten gemacht<br />

werde. Gegenwärtig würden nur bis zu<br />

30 Prozent der Studierenden ihr Studium mit<br />

einem Master abschließen, notwendig seien<br />

aber 70 bis 80 Prozent.<br />

K. Rüdiger Durth


Jörg Friedel<br />

Maximale Flexibilität<br />

Technologiepark lockt mit „Kommunikation aus der Steckdose“<br />

Mit über 400 unternehmen, forschungseinrichtungen und universitätsinstituten zählt<br />

der Wissenschafts- und technologiepark adlershof im südosten Berlins zu den ambiti-<br />

onierten Wirtschaftsförderungsprojekten in Deutschland. ein Grund, warum sich immer<br />

mehr firmen auf dem 80 hektar großen Gelände ansiedeln, ist die erstklassige it- und<br />

Kommunikationsinfrastruktur. auch ihre Bereitstellung für die Mieter ist in dieser Größen-<br />

ordnung bundesweit einzigartig – ein überblick, der ähnlichen überlegungen in Deutsch-<br />

land zur orientierung dient.<br />

Sie waren echte Pioniere der Luftfahrt – Flugzeugbauer wie Anton Herman Fokker, Wilbur Wright<br />

oder Edmund Rumpler, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Motorflugzeuge Deutschlands<br />

von einer Wiese im Südosten Berlins in die Wolken aufsteigen ließen. Johannisthal hieß<br />

seinerzeit der Flugplatz, dessen Gelände einhundert Jahre später erneut ein von Pioniergeist<br />

geprägter Ort ist: der Wissenschafts- und Technologiepark Berlin-Adlershof.<br />

Wenn die Entwicklung des Geländes beschrieben wird, ist häufig von „Erfolgsmodell“ oder<br />

„Boomtown“ die Rede. Vor der Wende waren hier unter anderem verschiedene Fernsehstudios<br />

und neun Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR angesiedelt, von denen acht mit<br />

dem Beschluss zur „Schaffung des integrierten Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Adlershof“<br />

in bestehende bundesdeutsche Großforschungseinrichtungen überführt wurden. Gleichzeitig<br />

schufen die Verantwortlichen Voraussetzungen dafür, in der unmittelbaren Nachbarschaft<br />

zahlreiche innovative Firmen anzusiedeln.<br />

In sanierten Altbauten oder in neuen Gebäuden mit teilweise preisgekrönter Architektur entstanden<br />

moderne Fachzentren, etwa für Photonik und optische Technologien, für Umwelt-, Bio- und<br />

Energietechnologien, für Informations- und <strong>Medien</strong>technologie sowie für Material- und Mikrosystemtechnologie.<br />

Von 1998 bis 2003 verlegte zudem die Berliner Humboldt-Universität ihre<br />

mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultäten nach Adlershof. Den Kern dieser „Stadt in der<br />

Stadt“ – die mit Naturschutz- und Sporteinrichtungen, Wohnquartieren, Läden, Hotels, Restaurants<br />

und Kindergärten alles Lebensnotwendige bietet – ist auf einer Fläche von etwa 80 Hektar<br />

der Wissenschafts- und Technologiepark. Insgesamt 413 Unternehmen, sechs universitäre Institute<br />

sowie zwölf weitere wissenschaftliche Einrichtungen haben sich hier angesiedelt.<br />

Sprach- und Datenkommunikation auf hohem Niveau<br />

Die WISTA-MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H als Entwicklungs- und Betreibergesellschaft des Wissenschafts-<br />

und Technologieparks stellt eine leistungsstarke Infrastruktur für die Sprach- und Datenkommunikation<br />

zur Verfügung. Allerdings kommt es für sie nicht infrage, eine solche komplexe<br />

Infrastruktur in Eigenregie zu betreiben. Die Kernkompetenz der WISTA-MANAGEMENT<br />

G<strong>MB</strong>H besteht vielmehr darin, gute Standortbedingungen zu schaffen sowie zwischen Unterneh-<br />

Friedel – Maximale Flexibilität management 13<br />

WirtschaftsfÖrDerunG<br />

In Adlershof steht die dauerhafte Zufriedenheit der<br />

Nutzer im Mittelpunkt. Und dies nicht nur in Bezug<br />

auf die Bereitstellung und den Betrieb der Dienste,<br />

sondern auch im Hinblick auf die Weiterentwicklung<br />

der Technologie sowie auf die Versorgungssicherheit<br />

und Kostenoptimierung.<br />

Foto: © WISTA-MG – www.adlershof.de<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


14 management Friedel – Maximale Flexibilität<br />

Den Nutzern stehen unabhängig<br />

von ihrer jeweiligen Größe hochwertige<br />

Kommunikationsgeräte<br />

und -dienste zur Verfügung, deren<br />

Systemkosten ausschließlich<br />

anschluss- beziehungsweise<br />

arbeitsplatzbezogen berechnet<br />

werden.<br />

Stichwörter<br />

Wissenschafts- und Technologiepark<br />

Sprach- und Dateninfrastruktur<br />

individuelle Kommunikationsdienstleistungen<br />

Unified Communications<br />

Managed Services<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

men, wissenschaftlichen Einrichtungen und Universitätsinstituten Austausch und Kooperation<br />

zu vermitteln. Für den Betrieb des Sprach- und Datennetzes arbeitet die WISTA-MANAGEMENT<br />

G<strong>MB</strong>H mit einem externen Partner zusammen.<br />

Um dem hohen Anspruch an die Infrastruktur gerecht zu werden, wurde die turnusgemäße Ausschreibung<br />

dieser Dienstleistung im Jahr 2006 zum Anlass genommen, auch das auf dem Areal<br />

vorhandene Telekommunikationsnetz zu modernisieren. Denn dieses fast zehn Jahre alte Netz<br />

auf Basis der ATM-Technologie (Asynchronous Transfer Mode) war mit einer Übertragungsrate<br />

von 155 Megabit/s mittlerweile veraltet, zudem lief der vereinbarte Support-Vertrag für die<br />

sechs vorhandenen Telekommunikationsanlagen vom Typ Hicom 300 aus. Ein leistungsfähiger<br />

Gigabit-Backbone, in dem sowohl Sprache wie Daten über ein einziges Netz übertragen werden,<br />

sollte die bisherige Infrastruktur ersetzen und auf der Basis von Voice-over-IP (VoIP) die Voraussetzungen<br />

für „unified communications“ schaffen.<br />

Die dafür notwendigen Investitionen wollte die WISTA-MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H allerdings nicht<br />

selbst schultern. Stattdessen wurde ein Geschäftsmodell angestrebt, bei dem der Partner sowohl<br />

die Verantwortung für die technische Infrastruktur übernimmt, als auch den Unternehmen und<br />

Forschungseinrichtungen vor Ort hochwertige Kommunikationsdienste zu kundenfreundlichen<br />

Konditionen zur Verfügung stellt. Im Gegenzug sollte dem Betreiber das Recht eingeräumt werden,<br />

an die potenziellen Kunden vor Ort heranzutreten, um seine Telefonie-, Daten- und Security-Dienstleistungen<br />

zu vermarkten. Damit verbunden wurde die Forderung, dass der zukünftige<br />

Partner seinen Sitz auf dem Gelände des Wissenschafts- und Technologieparks nimmt, um von<br />

dort aus vertriebliche Aktivitäten zu starten, aber auch, um kurze Wege für die Kundenbetreuung<br />

zu gewährleisten.<br />

Keine finanziellen Vorleistungen<br />

Der Dienstleister, der die europaweite Ausschreibung schließlich für sich entschied, war Siemens<br />

Enterprise Communications mit dem Angebot der „HiPath Managed Services“. Der entscheidende<br />

Pluspunkt dieser Lösung: Die WISTA-MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H kann die IT-Infrastruktur<br />

auf dem Campus ohne Risiken und finanzielle Vorleistungen auf den neuesten Stand der Technik<br />

bringen. Gleichzeitig erhalten die Unternehmen vor Ort moderne Kommunikationsleistungen bei<br />

maximaler Flexibilität, d.h. auch neue Mieter können sofort nach dem Einzug auf ihre Bedürfnisse<br />

maßgeschneiderte IT- und Telekommunikationsservices „aus der Steckdose“ beziehen.<br />

Die Managed-Services-Lösung sieht vor, dass der Dienstleister nicht nur die komplette Infrastruktur,<br />

sondern auch die notwendigen Applikationen für die Nutzer und das Performance-Management<br />

des Sprach-Daten-Netzes bereitstellt. Auf dieser Basis können die auf dem WISTA-<br />

Gelände angesiedelten Firmen und Forschungseinrichtungen jeweils individuell zugeschnittene<br />

Kommunikationspakete beziehen. Die Qualität der Dienstleistung wird in sogenannten Service<br />

Level Agreements (SLA) definiert, für deren Einhaltung der Dienstleister die Gewähr bietet.<br />

Das Besondere dieser Vereinbarung besteht darin, dass die WISTA-MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H zwar<br />

als Auftraggeber und Verhandlungspartner für das Gesamtprojekt auftritt, die eigentliche Kundenbeziehung<br />

jedoch nur zwischen dem Dienstanbieter und den einzelnen Unternehmen bzw.<br />

Instituten besteht. Auf diese Weise fungiert der Provider praktisch als eigene Firma unter dem<br />

WISTA-Dach. Mit positiven Folgen für die Nutzer auf dem Gelände des Wissenschafts- und Technologieparks:<br />

Ihnen stehen unabhängig von ihrer jeweiligen Größe hochwertige Kommunikationsgeräte<br />

und -dienste zur Verfügung, deren Systemkosten ausschließlich anschluss- beziehungsweise<br />

arbeitsplatzbezogen berechnet werden. Sie müssen sich also kein eigenes Equip-


ment anschaffen, leasen oder mieten, das häufig entweder überdimensioniert ist oder bei einem<br />

raschen Wachstum nicht mehr ausreicht.<br />

Überschaubarer Kostenrahmen<br />

In einem vertraglich vereinbarten Rahmen, der auf Wunsch auch sehr kurze Kündigungsfristen<br />

vorsieht, kann zum Beispiel die Anzahl der Endgeräte je nach betrieblichen Erfordernissen erhöht<br />

oder reduziert werden – bezahlt werden müssen dabei nur die Leistungen, die tatsächlich<br />

in Anspruch genommen werden. Für die Nutzer entstehen keine eigenen Investitionskosten, die<br />

monatlichen Abrechnungen können als variable Kosten verbucht werden. Auf diese Weise erhalten<br />

die Anrainer einen Kostenrahmen, der überschaubar und planbar ist.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen der WISTA-MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H und der Siemens-Tochter begann<br />

am 1. Januar 2007, als der Dienstleister von dem bisherigen Betreiber das bestehende<br />

ATM-Netz übernahm. Parallel zur Implementierung des neuen redundanten Gigabit-Backbones<br />

wurde der Hicom 300-Netzverbund zu einer IP-fähigen Kommunikationsplattform HiPath 4000<br />

hochgerüstet. Sie ist skalierbar, bietet höchste Ausfallsicherheit und Verfügbarkeit. Nach der<br />

Migration des bestehenden Netzwerkes und dem Einbau neuer leistungsfähiger Komponenten<br />

beträgt die Datenübertragungsrate auf dem Campus heute 1 GBit/s. Über 10/100-<strong>MB</strong>it/s-Ports<br />

werden die Nutzer mit Anschlüssen für VoIP-Endgeräte versorgt. Außerdem wurde eine Wireless-<br />

LAN-Infrastruktur implementiert, die die Schnurlostelefonie mit Hilfe von mobilen IP-Phones auf<br />

dem Campus ermöglicht.<br />

Zu den in Adlershof heute angebotenen innovativen Sprach-, Daten- und Security-Diensten gehören<br />

beispielsweise Komplettpakete für Büro- oder Komfortarbeitsplätze, die entsprechende<br />

Endgeräte, Leitungsanschlüsse und die Carrier-Grundgebühr enthalten. Aber auch Angebote für<br />

mobiles Telefonieren, für eine Voice-Mail-Box, PC-Fax und CTI-Funktionalitäten (Computer-Telefonie-Integration).<br />

Hinzu kommen im Bereich der Datendienste komplett ausgestattete Desktopund<br />

mobile Arbeitsplätze, 10/100 Mbit/s-Datenanschlüsse, 10 Mbit/s-Internetanbindungen mit<br />

Flatrate oder Sicherheitspakete mit Firewall und Virenscanner. Für Start-ups gibt es sogenannte<br />

Gründerpakete, die mehrere Telefonarbeitsplätze, Faxanschluss, eine breitbandige Carrieranbindung,<br />

Internet-Anschluss sowie Sicherheitsleistungen wie eine „Managed Firewall“ und Spamfilter<br />

enthalten. Alle diese Dienstleistungen sind modular buchbar und werden vom Siemens-<br />

Rechenzentrum mit hoher Verfügbarkeit bereitgestellt.<br />

Individuelle Kommunikationslösungen<br />

Da der neue Partner von Anfang an aktiv auf seine potenziellen Kunden zugehen sollte, begann<br />

der Dienstleister parallel zur Fertigstellung der Infrastruktur mit der Beratung der Anrainer,<br />

deren Verträge mit dem bisherigen Betreiber ausliefen. Gleichzeitig wurde auf dem Gelände ein<br />

Dienstleistungszentrum eingerichtet, dass neben den technischen Anlagen eine Anlaufstelle für<br />

die Kunden beherbergt. Zudem ging eine spezielle Website online, auf der sich die Anwender im<br />

Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof über das laufende Angebot, die aktuellen Preise<br />

oder die Gebührentarife für In- und Ausland informieren, sich ihre Rechnung online anzeigen lassen<br />

oder die Produktpalette der Endgeräte für den Bürobetrieb in Augenschein nehmen können.<br />

Auf diese Weise überzeugte der neue Dienstleister im persönlichen Kontakt und in kürzester Zeit<br />

etwa 370 Anrainer von dem Managed-Services-Angebot. In dieser Größenordnung ist der Aufbau<br />

und Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur im Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof<br />

ein bundesweit einzigartiges Projekt. Zwar gibt es auch in anderen Technologie- und Gründer-<br />

Friedel – Maximale Flexibilität management 15<br />

Jörg Friedel ist<br />

Enterprise Business<br />

Manager bei Siemens<br />

Enterprise Communications<br />

in Berlin.<br />

summary<br />

The Science and Technology Park<br />

Berlin-Adlershof is one of the<br />

ambitious projects for business<br />

development in Germany. One<br />

reason to settle there is its first<br />

class voice and data infrastructure.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


16 management Friedel – Maximale Flexibilität<br />

Ein Ziel ist es, die Zusammenarbeit<br />

zwischen den hier ansässigen<br />

Technologieunternehmen<br />

mit dem wissenschaftlichen Umfeld<br />

bestmöglich zu unterstützen.<br />

keywords<br />

science and technology park<br />

voice and data infrastructure<br />

individual communication<br />

services<br />

unified communications<br />

managed services<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

zentren oder Businessparks entsprechende „All inclusive“-Angebote für die Mieter – die Dimensionen<br />

sind allerdings nicht vergleichbar. Mit dem Ergebnis der Partnerschaft ist die Betreibergesellschaft<br />

des Wissenschafts- und Technologieparks bisher hochzufrieden. Denn ein Wechsel<br />

des Netzbetreibers kann ja unter Umständen erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen. Doch<br />

in Adlershof hatte sich für die Mieter nicht nur die Leistungsfähigkeit der Kommunikationsinfrastruktur<br />

verbessert, sondern auch die Servicequalität spürbar erhöht.<br />

Um die Erreichbarkeit der Telefon- und Datenanschlüsse für alle Anwender zu garantieren, hat<br />

die WISTA-MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H ebenfalls vorgesorgt. Sie vereinbarte mit dem Dienstleister, dass<br />

in dem Dienstleistungszentrum auf dem Campus eine Servicemannschaft bereitsteht und im Störungsfall<br />

sofort aktiv wird. Sie ist arbeitstäglich von 8 bis 17 Uhr über eine Hotline erreichbar und<br />

greift nach einer Meldung innerhalb von zwei Stunden aus der Ferne oder direkt vor Ort ein.<br />

Schnelle Hilfe im Störungsfall<br />

Jeder telefonische Hilferuf wird in ein sogenanntes „Trouble Ticket“ umgesetzt, in dem alle Einzelheiten<br />

des Vorfalls erfasst sind und das die Störungsbearbeitung bis zum Abschluss begleitet.<br />

Auf diese Weise kann ein Störungsverlauf im Nachhinein gut nachvollzogen werden. Die Bearbeitung<br />

wird so einerseits optimiert und andererseits transparent. Denn in jedem Quartal gibt<br />

es ein Reporting bei der WISTA-MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H, wo in einem Review die geleistete Arbeit<br />

bilanziert wird. Dabei wurde sehr schnell deutlich, dass es bisher keinen größeren Ausfälle und<br />

alle kleineren Störungen reibungslos behoben wurden.<br />

Das neue Sprach- und Datennetz ist nun eine tragende Säule des Technologiestandortes Adlershof.<br />

Ein Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen den hier ansässigen Technologieunternehmen<br />

mit dem wissenschaftlichen Umfeld bestmöglich zu unterstützen. So ermöglicht die<br />

Aufteilung in die vier Fachzentren etwa die Nutzung von Gemeinschaftsgeräten genauso wie die<br />

Bildung von Netzwerken, wodurch Forschungs- und Entwicklungsergebnisse schnell in marktfähige<br />

Produkte überführt werden können. Neben den kurzen Wegen ist für diesen Austausch<br />

eine hochleistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur unbedingte Voraussetzung. Für die hier<br />

ansässigen Firmen, die dieses Angebot nutzen, bedeutet es zudem ein Stück Gemeinsamkeit.<br />

Denn alle Nutzer sind über die gemeinsame Rufnummer 6392 plus die eigenen Firmendurchwahlen<br />

erreichbar, sofern sie keine andere Telefonnummer nutzen wollen. Das wirkt unter den<br />

Anrainern, aber auch außerhalb des Campus durchaus identitätsstiftend.<br />

Das Port-Preis-Modell, das alle Kommunikationsdienstleistungen arbeitsplatzbezogen abrechnet<br />

und größtmögliche Flexibilität bietet, ist überdies ein gutes Argument bei der Akquisition<br />

von Neuansiedlungen und strahlt positiv auf den Standortbetreiber zurück. Denn gleichgültig, ob<br />

ein gerade ausgegründetes Unternehmen die Arbeit aufnehmen will oder ein Institut kurzfristig<br />

für ein Forschungsprojekt neue Arbeitsplätze einrichten muss: Je nach Bedarf stellt der Partner<br />

Endgeräte und Dienstleistungen bereit, die dann monatlich abgerechnet werden – Wartung<br />

sowie Betreuung inklusive.<br />

Das gemeinsame Netz macht sich ebenfalls unmittelbar auf der Kostenseite bemerkbar, da die<br />

Telefonkommunikation zwischen Unternehmen und Instituten auf dem Gelände kostenlos ist,<br />

wenn sie über das Campusnetz geführt wird. In einzelnen Instituten kann das rund 20 Prozent<br />

der monatlichen Telefonkosten ausmachen. Aber auch Anrainer mit einer anderen Berliner Telefonnummer<br />

können diese von den Experten auf die Telekommunikationsanlage portieren lassen.<br />

Der Teilnehmer kann dann an der kostenlosen Telefonie innerhalb des Campus-Netzes teilhaben,<br />

Managed Services in Anspruch nehmen und trotzdem seine gewohnte Rufnummer behalten.


Fazit<br />

Im Rahmen eines Managed-Services-Konzeptes stellt der Dienstleister ein ganzes Paket von<br />

individuell gestalteten Sprach-, Daten- und Security-Services zur Verfügung – bezahlt werden<br />

müssen dabei nur die Leistungen, die tatsächlich in Anspruch genommen werden. Für die Nutzer<br />

entstehen bei diesem Port-Preis-Modell keine eigenen Investitionskosten, die monatlichen<br />

Abrechnungen können als variable Ausgaben verbucht werden. Ein weiterer Vorteil des neuen<br />

Sprach- und Datennetzes: Die Kommunikation zwischen den Unternehmen und Instituten auf<br />

dem Gelände ist kostenlos. Das Besondere an diesem Konzept besteht darin, dass die landeseigene<br />

WISTA MANAGEMENT G<strong>MB</strong>H als Betreiber des Technologieparks zwar als Auftraggeber und<br />

Verhandlungspartner für das Gesamtprojekt auftritt, die eigentliche Kundenbeziehung jedoch nur<br />

zwischen dem Service-Provider und den einzelnen Anwendern besteht. Dadurch muss das landeseigene<br />

Unternehmen weder in finanzielle Vorleistungen treten noch das Risiko tragen.<br />

Quartäre Bildung<br />

Firmen wünschen mehr Orientierung<br />

Die Hochschulen können in der wissenschaftlichen Weiterbildung expandieren. Die Unternehmen<br />

würden wesentlich mehr Angebote aus Fachhochschulen und Universitäten in<br />

Anspruch nehmen, wenn sie mehr Beratung und Orientierung erhielten. Das belegt der<br />

Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (SV) mit einer aktuellen Studie zur „Quartären<br />

Bildung“. „Das Stück des Weiterbildungsmarktes für Hochschulen kann deutlich<br />

größer werden. Dazu müssen jetzt aber auch die Hochschulen einen Paradigmenwechsel<br />

durchlaufen“, erklärt Volker Meyer-Guckel, der stellvertretende Generalsekretär des Stifterverbandes,<br />

anlässlich der Vorstellung der Untersuchung, an der rund 500 Unternehmen<br />

teilnahmen. Und dass es sich um einen lukrativen Markt handelt, belegt das aktuelle<br />

BDI- und BDA-Präsidiumspapier zur „Bildungsrepublik“. Demnach investieren deutsche<br />

Unternehmen jährlich insgesamt gut 55 Milliarden Euro in die betriebliche Aus- und Weiterbildung.<br />

Befragt nach ihren Wünschen, äußerten die Unternehmen in der SV-Studie, die mit den<br />

Kooperationspartnern Deloitte und MLP durchgeführt wurde, dass sie in erster Linie mehr<br />

Transparenz über die bestehenden Angebote der Hochschulen erwarteten.<br />

Weiter sei es den Firmen auch wichtig, dass die Hochschulen passgenaue Weiterbildungsmöglichkeiten<br />

mit hohem Praxisbezug und Problemorientierung schafften; neue Tendenzen<br />

in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft könnten dadurch schnell aufgegriffen und<br />

als Weiterbildung angeboten werden.<br />

Friedel – Maximale Flexibilität management 17<br />

Kontakt:<br />

Jörg Friedel<br />

Siemens Enterprise Communications<br />

Nonnendammallee 101<br />

13629 Berlin<br />

Tel.: +49 30 386-3 14 16<br />

Fax: +49 30 386-11 33 14 16<br />

joerg.friedel2@siemens.com<br />

In Deutschland gibt es ein dichtes Angebot an beruflicher Weiterbildung. Meistens bieten<br />

private Weiterbildungseinrichtungen die Leistungen an. Die öffentlichen Hochschulen<br />

profitierten – so die Studie – nur wenig von den jährlich 30 Milliarden Euro, die direkt von<br />

Unternehmen dafür ausgegeben würden. Gründe seien unter anderem darin zu suchen,<br />

dass die quartäre Bildung (Weiterbildung nach dem tertiären Abschluss) für die Hoch- www.stifterverband.de<br />

schulen oftmals nur eine marginale Rolle spielte. Die meisten Bildungsangebote seien für<br />

Abiturienten gedacht, die ein Studium als Erstausbildung antreten möchten. Meyer-Guckel: „Die Dax-Unternehmen haben noch keine strategische<br />

Verschränkung zwischen der Veränderung ihrer Geschäftsfelder und ihrem Bedarf an quartärer Bildung erreicht.“ Hochschulen, die Firmen hier erst<br />

Beratungsleistungen und anschließend zugeschnittene Fort-und Weiterbildungsangebote unterbreiten, haben laut SV-Studie den entscheidenden<br />

Schritt getan.<br />

Die Studie bietet einen Überblick über die Situation der quartären Bildung an Deutschlands Hochschulen, beschreibt die Anforderungen und Wünsche<br />

der Unternehmen an eine wissenschaftlich fundierte berufliche Weiterbildung. Ebenso werden Handlungsstrategien der Hochschulen und der einzelnen<br />

Bundesländer beleuchtet. Zahlreiche Statistiken und Grafiken bereiten den Markt der quartären Bildung auf. Luis Padberg<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


18 management Hohn/Meyer/Schmidt – Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft<br />

netZWerKe<br />

Jedes Jahr laden Hochschulen und Stadt zum Hochschultag<br />

nach Münster ein – 2007 kamen an diesem<br />

Tag 17.000 studieninteressierte Schülerinnen und<br />

Schüler nach Münster.<br />

Foto: Universität Münster<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Stefanie Hohn, Clas Meyer<br />

und Matthias Schmidt<br />

Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft<br />

Erfolgsfaktoren für den Aufbau von Netzwerkstrukturen<br />

zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik<br />

Der sich verschärfende Wettbewerb zwischen städten findet heute primär um die kreativen<br />

Köpfe der Leistungselite statt. im weltweiten Wettstreit der innovationsstandorte<br />

geht es vor allem darum, die am besten qualifizierten Wissenschaftler und nachwuchskräfte,<br />

die besten forschungs- und entwicklungszentren, die innovativsten unternehmen<br />

und letztendlich auch nationale wie internationale fördergelder für die eigene region zu<br />

gewinnen. Die ressource Wissen gilt als wichtigster ökonomischer entwicklungsmotor für<br />

die Zukunftsfähigkeit von städten und regionen. Diese versuchen sich infolgedessen als<br />

Wissenschaftsstandorte zu profilieren. Zentrale voraussetzung für diese innovationsstrategie<br />

ist die etablierung von leistungsfähigen netzwerkstrukturen zwischen Wissenschaft,<br />

Wirtschaft und Politik. am Beispiel der stadt Münster, die gemäß ihrem Leitbild eine „wissensbasierte<br />

stadtentwicklung“ verfolgt, werden die wichtigsten erfolgsfaktoren für den<br />

aufbau derartiger netzwerke dargestellt.<br />

Spätestens seit dem Beschluss des Europäischen Rates im Jahr 2000, die EU zum „wettbewerbsfähigsten<br />

und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ zu entwickeln, denken<br />

Städte und Regionen vermehrt darüber nach, wie sie sich im Wettbewerb um die wichtigste Ressource<br />

„Wissen“ profilieren können. Städte interessieren sich in diesem Zusammenhang für die<br />

Bezüge zwischen wissenschaftlichem Know-how und den dafür notwendigen siedlungskulturellen<br />

Räumen innerhalb von Stadtregionen.<br />

Das Verhältnis von Wissensentwicklung und Raumentwicklung erfährt derzeit in Forschung und<br />

Politik unter dem Begriff der Wissensstadt starke Beachtung. Mit dem Übergang von der Informations-<br />

zur Wissensgesellschaft hat der (Stadt-) Raum als wichtiger Ort des Wissensaustauschs<br />

stark an Bedeutung gewonnen.<br />

Die „Wiederentdeckung“ des (Stadt-) Raums in der Wissensgesellschaft<br />

Die Informationsgesellschaft konzentrierte sich primär auf kodifizierte Informationsprozesse und<br />

den Ausbau der technischen Infrastruktur. Damit schrumpfte der soziale Raum „tendenziell zur<br />

vernachlässigbaren temporären location für die Hardware von Kommunikations- und Informationsmedien“<br />

(Matthiesen/Bürkner 2004, S. 67). Dies fand seine siedlungsstrukturelle Entsprechung<br />

unter anderem in solitären Campus- und Technologiepark-Lösungen „auf der grünen Wiese“.<br />

Seit Ende der 1990er-Jahre ist dieses Verdikt eines unumkehrbaren Bedeutungsverlustes konkreter<br />

Räume aufgehoben. In der Wissensgesellschaft rücken die impliziten, also nicht kodifizierbaren<br />

Wissensformen, die an Personen gebunden sind, ins Zentrum. Diese Wissensträger können<br />

überall auf der Welt arbeiten; sie bevorzugen aber bestimmte, meist urbane Lebensräume und


Hohn/Meyer/Schmidt – Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft management 19<br />

suchen den persönlichen Austausch mit anderen Wissensträgern. Damit entscheiden nicht nur<br />

vorhandene Wissensstrukturen, sondern auch urbane Qualitäten über Anziehung und Bindung von<br />

Wissen an Stadtregionen (vgl. Matthiesen/Bürkner 2004, S. 65 ff).<br />

Netzwerke als „Transmissionsriemen“ der Wissensgesellschaft<br />

Zur Klärung der Frage, wie und wo sich Wissensindustrien und kreative Köpfe ansiedeln, muss der<br />

veränderte Prozess der Wissensproduktion beleuchtet werden. Die Produktion von Wissen lässt<br />

sich hierzu in zwei Logiken, mode1 und mode2, unterteilen, welche parallel und verknüpft existieren<br />

können und müssen. Mode1 meint die herkömmliche Wissenserzeugung im Sinne einer<br />

disziplinären Wissensproduktion, also Wissensgewinnung durch Akademiker und Institutionen. Die<br />

gewonnenen Erkenntnisse werden in der Regel in der jeweiligen Institution (z.B. Hochschule) bewahrt<br />

und sind nur intern zugänglich und für interne Zwecke nutzbar. Ein wesentliches Kennzeichen<br />

von mode1 ist die lange Gültigkeit der Ergebnisse.<br />

Die neue Form der Wissensproduktion wird mode2 genannt und basiert auf der Erkenntnis, dass<br />

die Gültigkeitsdauer von Wissen heute rapide abnimmt. Eine stetige Aktualisierung und Erneuerung<br />

von Wissen ist vonnöten. Die Erzeugung von Wissen nach mode2 erfolgt nicht mehr ausschließlich<br />

durch Wissenschaftler, sondern entsteht durch den Austausch zwischen Theorie und Praxis. Die<br />

Produktion von Wissen nach mode2 setzt persönlichen Austausch und Vernetzung voraus, damit<br />

auch verborgene Wissensreserven, die mit dem Begriff „tacit knowledge“ bezeichnet werden, genutzt<br />

werden können. Transfer und Kommunikation sind der Schlüssel für die Verbreitung dieses<br />

Wissens.<br />

Da die Verbindung von formellem und informellem Wissen ein entscheidendes Kriterium für Innovation<br />

ist, müssen die notwendigen Voraussetzungen für Interaktionsnetze geschaffen werden. Der<br />

räumliche Bezug, also die Nähe der einzelnen Wissenspotenziale zueinander, spielt daher wieder<br />

eine wichtige Rolle in einer wissensbasierten Ökonomie (Genosko 1999, S. 37 ff; Berkin 2004, S.<br />

43 ff; Barta <strong>2008</strong>, S. 24 ff).<br />

Erfolgreiche Wissensstandorte zeichnen sich durch eine gelungene Vernetzung von unterschiedlichen<br />

Wissensakteuren mit ihren jeweiligen Wissensformen aus. Aufgabe der Verantwortlichen<br />

des Stadtentwicklungsprozesses ist es, diesen Vernetzungsprozess geschickt anzustoßen und<br />

dauerhaft am Leben zu halten.<br />

Um Wissensträger erfolgreich vor Ort vernetzen zu können, müssen diese natürlich zuerst angeworben<br />

und an den Standort gebunden werden. Dies gelingt nur, wenn ihre Anforderungen an das<br />

Lebens- und Arbeitsumfeld erfüllt werden. Eine hohe Lebensqualität und das ständige Bemühen<br />

um die Erfüllung der Standortpräferenzen ist deshalb die notwendige Voraussetzung für Standortsicherung<br />

in der Wissensgesellschaft.<br />

Am Beispiel der Stadt Münster soll der strategisch ausgerichtete Prozess zur Etablierung einer<br />

Wissenschaftsstadt nachgezeichnet werden. Ein wichtiger Erfolgsfaktor wurde in der engen Verzahnung<br />

mit dem „Integrierten Stadtentwicklungs- und Stadtmarketingprozess“ erkannt. Ferner<br />

lässt sich anhand der Analyse des Münsteraner Beispiels illustrieren, wie unterschiedliche Wissensformen<br />

und Netzwerke strategisch in die Standortentwicklung eingebracht werden können.<br />

Fallstudie Münster: Mit strategischem Marketing auf dem Weg zur Wissenschaftsstadt<br />

Seit Ende der 1999er-Jahre betreibt Münster einen beteiligungsintensiven „Integrierten Stadtentwicklungs-<br />

und Stadtmarketingprozess“ (ISM), mit dem lokales Wirtschaftswachstum ebenso ge-<br />

Erfolgreiche Wissensstandorte<br />

zeichnen sich durch eine gelungene<br />

Vernetzung von unterschiedlichen<br />

Wissensakteuren mit ihren<br />

jeweiligen Wissensformen aus.<br />

Stichwörter<br />

Vernetzung<br />

Wissenschaftsstadt<br />

Wissensbasierte Stadtentwicklung<br />

Städtewettbewerb<br />

Wissensproduktion<br />

Technologieinitiative<br />

Konzertierte Aktion Wissenschaftsstadt<br />

Wissenschaftsbüro<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


20 management Hohn/Meyer/Schmidt – Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft<br />

Literatur<br />

Barta, Y., Knowledge City – Wissen schafft Stadt –<br />

Wissenschaftsstadt schafft Wissen, München <strong>2008</strong>.<br />

Becker, T./Dammer, I, Netzwerkmanagement – Mit<br />

Kooperation zum Unternehmenserfolg, 2. Auflage,<br />

Berlin 2007.<br />

Bender, G., mode2 – Wissenserzeugung in globalen<br />

Netzwerken?, in: Matthiesen, U., Stadtregion und<br />

Wissen, Wiesbaden 2004, S. 149-158.<br />

Genosko, J., Netzwerke in der Regionalpolitik, Marburg<br />

1999.<br />

Ivanisin, M., Regionalentwicklung im Spannungsfeld<br />

von Nachhaltigkeit und Identität, 1.Auflage, Wiesbaden<br />

2006.<br />

Matthiesen, U./Bürkner, H.-J., Wissensmilieus – Zur<br />

sozialen Konstruktion und analytischen Rekonstruktion<br />

eines neuen Sozialraum-Typus, in: Matthiesen, U.,<br />

Stadtregion und Wissen, Wiesbaden 2004, S. 65-90.<br />

Schulz-Schaeffer, I./Böschen, St., Wissenschaft in der<br />

Wissensgesellschaft, 1.Auflage, Wiesbaden 2003.<br />

keywords<br />

networking<br />

knowledge city<br />

knowledge based city<br />

development<br />

knowledge society<br />

towns competition<br />

knowledge production<br />

technology initiative<br />

concerted initiative knowledge<br />

city<br />

knowledge office<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

sichert werden soll wie eine internationale Konkurrenzfähigkeit. Die Gründung des Eigenbetriebs<br />

Münster Marketing im Jahr 2001 bot die Chance, die bisher isolierten Zukunftsdebatten des Stadtmarketing,<br />

der Stadtentwicklung (Strategisches Stadtentwicklungskonzept), der lokalen Agenda<br />

21 und der Altstadtplanung (Integriertes Handlungskonzept City) im ISM zusammenzuführen. Die<br />

Kernaufgabe des Eigenbetriebs liegt in der Profilierung und Stärkung von Münster im Städtewettbewerb.<br />

Neben der Entwicklung geeigneter Strategien, welche eine überregionale Wahrnehmung<br />

ermöglichen, liegt der Fokus der Betrachtung auf einer Stadtentwicklung, die für Zukunftsaufgaben<br />

gerüstet ist. Im Besonderen beziehen sich die Aktivitäten auf ein Standortmarketing, welches<br />

sich zum einen an Wirtschaftsbetriebe richtet und zum anderen versucht, das Potenzial der ansässigen<br />

Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen weiterzuentwickeln und für die Stadt zu<br />

nutzen. Unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungen und vielfältige Foren wie die „Münsteraner<br />

Zukunftsgespräche“ oder kleinere Netzwerkinitiativen haben die große Bedeutung der<br />

Wissenschaft für die Stadt erhellt und bestätigt. Die wissensbasierte Stadtentwicklung ist durch<br />

das Leitmotiv „Wissenschaft und Lebensart“ fest im strategischem Stadtmarketing verankert.<br />

Vom Technologiehof zur „Konzertierten Aktion Wissenschaftsstadt“<br />

Erste Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft hat es in Münster bereits Anfang<br />

der 1990er-Jahre gegeben. Damals wurde der Technologiehof gegründet und mit ihm optimale<br />

Rahmenbedingungen für die kommunale Technologieförderung geschaffen. Auf über 10.000<br />

qm Mietfläche wurde Raum für innovativen Unternehmernachwuchs aus den Bereichen Analytik,<br />

Nanotechnologie, Medizintechnik, Pharmazeutik sowie den angewandten Biowissenschaften geschaffen.<br />

Der Technologiehof ist bis heute ein aufstrebendes Technologie- und Gründerzentrum,<br />

welches den Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gewährleistet. Ein großes<br />

Flächenangebot, eine ausgereifte Infrastruktur sowie zahlreiche Servicedienstleistungen fördern<br />

Unternehmensexpansionen und innovative Neugründungen in der Stadt.<br />

Im Jahr 1996 wurden von Seiten der Stadt weitere Maßnahmen ergriffen, um den Technologiestandort<br />

Münster nachhaltig zu fördern. Die Stadt hat zusammen mit der Fachhochschule Münster,<br />

der Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer, der Sparkasse Münsterland Ost, der<br />

Volksbank Münster, der Technologieförderung Münster <strong>GmbH</strong> und der Westfälischen Wilhelms-<br />

Universität Münster die Technologieinitiative Münster (tim) ins Leben gerufen. Der Fokus lag auf<br />

der Profilierung der Stadt Münster als anerkannter Technologiestandort mit überregionaler Ausstrahlung.<br />

Inhaltlich sollte der zuvor genannte Technologiepark aufgebaut, Wissens- und Technologietransfer<br />

gefestigt, effektives Standortmarketing betrieben und das Innovationspotenzial der<br />

Wirtschaft gefördert werden. Dieser Initiative schlossen sich weitere wichtige Partner wie das<br />

Universitätsklinikum Münster, das Zentrum für Nanotechnologie (CeNTech), die Gesellschaft für<br />

Bioanalytik e.V., das Kompetenzzentrum für Nanoanalytik, das Max-Planck-Institut für Molekulare<br />

Biomedizin, die Volksbank Münster, die LSA Life Sciences Agency NRW sowie einige Technologieunternehmen<br />

an.<br />

Aus diesem städtischen Findungsprozess sind in den Bereichen Nanotechnologie, Life Sciences<br />

sowie in den Informations- und Kommunikationstechnologien Cluster entstanden, die sich überregionaler<br />

und zum Teil auch internationaler Wahrnehmung erfreuen.<br />

Die bereits bestehenden Netzwerkstrukturen wurden <strong>2008</strong> in die „Konzertierte Aktion Wissenschaftsstadt“<br />

überführt. Dieses von Münster Marketing, der Wirtschaftsförderung Münster <strong>GmbH</strong>,<br />

der Westfälischen Wilhelms-Universität und der Fachhochschule Münster initiierte Netzwerk dient<br />

neben der inhaltlichen Profilierung vor allem als strategische Allianz. Durch die Etablierung ver


Hohn/Meyer/Schmidt – Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft management 21<br />

bindlicherer Strukturen soll der Aufbau der Wissensstadt beschleunigt werden. Die „Konzertierte<br />

Aktion“ soll ferner eine wichtige Ebene für die Bildung von Antragskonsortien sein, wenn Bewerbungen<br />

um Ausschreibungen oder Wettbewerbe im Raum stehen. Die Allianz ist somit auch eine<br />

Reaktion auf die zunehmende Tendenz, dass bei Ausschreibungen, Wettbewerben etc. Partner aus<br />

Wirtschaft, Wissenschaft und Region benannt werden müssen.<br />

Bewerbung um den Titel „Stadt der Wissenschaft“ als Antrieb<br />

Ein wichtiger Meilenstein beim Aufbau der oben beschriebenen Netzwerkstrukturen war die Bewerbung<br />

um den Titel „Stadt der Wissenschaft“. Dieses vom Stifterverband für die Deutsche<br />

Wissenschaft e.V. jährlich ausgeschriebene Förderprogramm soll die Verbindung von Wissenschaft,<br />

Wirtschaft, Kultur, Politik auf regionaler Ebene unterstützen. Die Initiative verleiht dem<br />

Wettbewerbssieger die Möglichkeit, für die Dauer eines Jahres seine Kompetenzen im Bereich<br />

Wissenschaft, Forschung und Technologie der Öffentlichkeit zu präsentieren. Neben dem Prädikat<br />

„Stadt der Wissenschaft“ ist die Initiative mit einem Preisgeld von 125.000 Euro dotiert. Ziel ist,<br />

die Gesellschaft für die Wissenschaft zu begeistern und die Vernetzung unterschiedlicher Akteure<br />

zu fördern. Die Anforderungskriterien an die Bewerberstädte sind anspruchsvoll: Interdisziplinäre<br />

Ansätze, Originalität der Konzepte, Nachhaltigkeit und Gewichtigkeit für die Stadtentwicklung, Dialogorientierung,<br />

Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie die aktive Rolle der<br />

Kommune bei der Netzwerkbildung seien als Kriterien des Auswahlprozesses genannt.<br />

Die Stadt Münster hat sich 2005 und 2006 mit den beiden Konzepten „Multitalent Münster – Wege<br />

der Wissenschaft“ und „Wissen schafft Münster“ um den Titel beworben. Das Konzept von 2005<br />

hat es unter die Top 10 der 37 Bewerberstädte geschafft und verpasste nur knapp die Endrunde<br />

der letzten vier. Der Wettbewerb wurde zwar nicht gewonnen, dennoch hat die Stadt nach Einschätzung<br />

der Beteiligten davon profitiert. Die bestehenden Kooperationen in Münster haben sich<br />

weiter gefestigt und es ist zu neuen Bündnissen im Prozess der Stadtentwicklung gekommen.<br />

Diese gestärkten Vernetzungen haben schließlich zum erneuten Bewerbungskonzept 2006 geführt.<br />

Der inzwischen weit fortgeschrittene „Integrierte Stadtentwicklungs- und Stadtmarketingprozess“<br />

(ISM) hatte ebenfalls dazu geführt, das Thema Wissenschaft noch stärker in Münsters<br />

Profilierungsprozess einzubinden. Der zweite Bewerbungstitel „Wissen schafft Münster“ verdeutlichte<br />

dieses Bewusstsein. Der Zukunftsfaktor Wissenschaft und die Bewältigung des Strukturwandels<br />

waren Schwerpunkte der zweiten Bewerbung, die allerdings auch nicht zum Erwerb des<br />

Titels geführt hat.<br />

Obwohl sich Münster in den Wettbewerben nicht als Sieger durchgesetzt hat, können beide Bewerbungen<br />

als Treiber für die Netzwerkbestrebungen der Stadt angesehen werden. Die entstandenen<br />

Beziehungen haben bis heute Bestand und werden kontinuierlich gefestigt.<br />

Ein entscheidender Meilenstein ist auch das 2005 entstandene Wissenschaftsbüro bei Münster<br />

Marketing, welches sich seither als „Knotenpunkt“ für die vielen Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft<br />

und auch Politik etabliert hat. Es arbeitet seitdem vorwiegend an dem Auf- und Ausbau<br />

sowie dem Management von Netzwerkstrukturen und der auch internationalen Positionierung<br />

Münsters als Wissenschaftsstadt.<br />

Anforderungen an kommunale Netzwerke im Kontext Wissenschaftsstadt<br />

Im Rahmen umfangreicher Experteninterviews mit den beteiligten Netzwerkpartnern wurden<br />

deren Anforderungen an erfolgreiche Netzwerkarbeit untersucht. Entscheidend für den Zusammenhalt<br />

von Netzwerken ist zum einen die Netzwerkkultur, welche auf offener Kommunikation<br />

Prof. Dr. Stefanie Hohn<br />

ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre<br />

an der Fakultät für<br />

Wirtschaft- und Sozialwissenschaft<br />

der Fachhochschule<br />

Osnabrück<br />

mit dem Schwerpunkt<br />

öffentliches Marketing.<br />

Clas Meyer ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter<br />

im Forschungsprojekt<br />

„Standortentwicklung<br />

durch Wissensnetzwerke“<br />

an der Fakultät<br />

für Wirtschaft- und Sozialwissenschaft<br />

der<br />

Fachhochschule Osnabrück.<br />

Dr. Matthias Schmidt<br />

ist Leiter des Wissenschaftsbüros<br />

der Stadt<br />

Münster.<br />

wissenschaftsmanagement 4 • juli/august • <strong>2008</strong>


22 management Hohn/Meyer/Schmidt – Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft<br />

summary<br />

The current contest of the innovative<br />

regions refers primarily<br />

to creative heads of the performance<br />

elite. The requirements<br />

of the new factor knowledge<br />

have an important impact for<br />

regions and cities. The emphasis<br />

is more on the production,<br />

acquirement and utilization of<br />

knowledge. In addition there is<br />

in-tensified town competition,<br />

structural change and the pressure<br />

to be innovative. These new<br />

claims require a cooperation of<br />

different participants of economics,<br />

science, administration and<br />

policy, since the local range of<br />

tasks is not to be mastered alone<br />

any more. In this context, networked<br />

structures have become<br />

indispensable.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

und kooperativem Miteinander beruhen sollte und zum anderen die Existenz von Spielregeln, die<br />

von allen Netzwerkpartnern akzeptiert und durch eine externe Moderation und ein professionelles<br />

Projektmanagement immer wieder in Erinnerung gerufen werden.<br />

Netzwerke benötigen Steuerung durch definierte Ansprechpartner und Anlaufstellen, die Akteure<br />

und Aktivitäten koordinieren. Häufig müssen sich diese Knotenpunkte auch als Treiber in der<br />

Strukturentwicklung des Netzwerks betätigen, d.h. sie müssen operativ agiler sein als die anderen<br />

Netzwerkakteure. Hinzu kommt, dass Netzwerke nur über feste Strukturen effektiv arbeiten können.<br />

Das bedeutet beispielsweise, redundante Netzwerkstrukturen so zu bündeln, dass Koordinationsprobleme<br />

und Mehrarbeit vermieden werden.<br />

Ein weiterer Erfolgsfaktor besteht darin, dass allen Akteuren der Nutzen der Partnerschaft ersichtlich<br />

ist. Gerade die Kooperation mit Hochschulen oder Wirtschaftsunternehmen erfordert die klare<br />

Herausstellung des Mehrwerts. Um diese Grundlage zu schaffen, müssen die Netzwerkziele gemeinschaftlich<br />

definiert werden. Auch bedürfen sie politischer Bestätigung. Ein erfolgreiches Netzwerkmanagement<br />

hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, die auftretenden unterschiedlichen<br />

Interessen auszutarieren.<br />

Netzwerke funktionieren gut, wenn zwischen der Bindung an das Netzwerk und dem individuellen<br />

Freiraum der Akteure ein Gleichgewicht geschaffen wird. Netzwerke lassen sich in der Regel nicht<br />

durch Verträge fixieren und müssen deswegen auf dem Prinzip der Reziprozität beruhen. In diesem<br />

Kontext muss auch hervorgehoben werden, dass Netzwerkbeziehungen nur erfolgreich sein<br />

können, wenn gegenseitiges Vertrauen besteht.<br />

Vertrauen wird über persönliche Kontakte und Kommunikationswege aufgebaut. Die Pflege dieser<br />

vertrauensbildenden Beziehungen wird von den Befragten als wesentlich für die positive Entwicklung<br />

in Münster eingestuft. Netzwerkerfolge müssen zudem mittels professioneller Kommunikationspolitik<br />

kontinuierlich sichtbar gemacht werden. Geschieht das nicht, können die Bürger die<br />

Relevanz der Thematik Wissenschaftsstadt nicht erkennen und mittragen.<br />

Oft scheint es notwendig, dass sich kommunale Netzwerke der Hilfe externer Partner oder Berater<br />

bedienen. Um langfristig Innovationen und Lernprozesse zu fördern, müssen Ideen, die von außen<br />

kommen, integriert werden. Da die europäische beziehungsweise globale Dimension maßgeblich<br />

für den Standortwettbewerb ist, sollten Kooperationen mit vergleichbaren Städten eingegangen<br />

werden, um Synergien herstellen und neue Informationen für den eigenen Standortentwicklungsprozess<br />

gewinnen zu können. Dabei ist das sensible Gleichgewicht zwischen interkommunaler<br />

Kooperation und Konkurrenz ständig neu zu tarieren.<br />

In kommunalen Netzwerken lassen sich viele Anforderungskriterien finden, welche auch in der<br />

„klassischen“ Netzwerktheorie diskutiert werden. Zu beachten ist allerdings, dass kommunale<br />

Netzwerke weit höhere Ansprüche an die beteiligten Akteure und ihr Umfeld stellen: so die politische<br />

Legitimation, regelmäßige Erfolge, die Notwendigkeit, permanent zu agieren, die Integration<br />

Externer. Aus dem Genannten folgt, dass städtische Netzwerke immer nur fall- und situationsspezifisch<br />

auszugestalten sind.<br />

Fazit<br />

Zusammenfassung der wichtigsten Erfolgsfaktoren:<br />

u Die Ziele der Netzwerkarbeit und die angestrebten Cluster müssen gemeinschaftlich formuliert<br />

werden; sie bedürfen des politischen Rückhalts.


Hohn/Meyer/Schmidt – Stadtentwicklung in der Wissensgesellschaft management 23<br />

u Die Netzwerkarbeit sollte in strategische Stadtentwicklungs-und Stadtmarketingprozesse eingebunden<br />

sein.<br />

u Die Einschaltung neutraler Moderatoren, gerade zu Beginn der Netzwerkarbeit, ist unerlässlich.<br />

Ebenso notwendig ist ein professionelles Projektmanagement mit klaren Ansprechpartnern und<br />

mindestens einer Person, die kontinuierlich für das Funktionieren des Netzwerks Sorge trägt.<br />

Im Fall Münster übernimmt das Wissenschaftsbüro viele dieser Aufgaben.<br />

u Für die Auswahl von Projekten und Veranstaltungen müssen klare Kriterien gemeinsam erarbeitet<br />

werden.<br />

u Persönliche Kontakte sollten gepflegt werden, um Vertrauen aufzubauen, Vertrauen als unverzichtbare<br />

Bedingung jedweder Kooperation. Die räumliche „Kompaktheit“ Münsters kann dabei<br />

als Vorteil eingestuft werden.<br />

u Die Existenz von Schlüsselpersonen, die gleichzeitig in unterschiedlichen Netzwerken und Kooperationen<br />

aktiv sind, ist von stabilisierender Wirkung. Diese Personen, die wie eine Art „Brückenkopf“<br />

agieren, gilt es zu identifizieren und insbesondere in Maßnahmen der Kommunikationspolitik<br />

einzubinden..<br />

u Netzwerke brauchen kontinuierlich Erfolgsmeldungen, als Gegengewicht zu den ihnen inhärenten<br />

„Fliehkräften“. Deshalb müssen neben der langfristigen Perspektive auch immer kurzfristig<br />

realisierbare Projekte eingeplant werden, die die Erfolge der Netzwerkarbeit sichtbar und<br />

erlebbar machen.<br />

In Zukunft werden vor allem die Standorte erfolgreich im Wettbewerb bestehen, die als wichtige<br />

„Infrastruktur“ einen optimalen Zugang zu Wissen(schaft) zur Verfügung stellen können.<br />

Die genannten Erfolgsfaktoren einer kommunalen Vernetzungsstrategie sind dafür eine wichtige<br />

Voraussetzung. Nicht zuletzt deshalb, weil nationale bzw. europäische Förderprogramme diese<br />

Vernetzung zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Kommune zunehmend zur Auflage für die<br />

Finanzierung von Projekten machen.<br />

Anzeige<br />

Kontakt:<br />

Prof. Dr. Stefanie Hohn<br />

Öffentliches Management<br />

Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften<br />

Fachhochschule Osnabrück<br />

Caprivistr. 30a<br />

49076 Osnabrück<br />

Tel.: +49 541 969-32 98<br />

Fax: + 49 541 969-31 76<br />

s.hohn@fh-osnabrück.de<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


24 management Knie/Simon – Evaluationen im Governance-Mix<br />

steuerunG<br />

Damit Evaluationen Anerkennung finden und zum Erfolg<br />

führen können, müssen Wissenschaft und Staat<br />

gemeinschaftlich neue Formen der Qualitätskontrolle<br />

erarbeiten.<br />

Foto: S. Hofschlaeger/PIXELIO<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Andreas Knie und Dagmar Simon<br />

Evaluationen im Governance-Mix<br />

Herausforderungen für das deutsche Wissenschaftssystem<br />

evaluationen – vor allem in ihren quantifizierenden ausformungen in rankings und ratings<br />

– erfreuen sich keiner großen Beliebtheit bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.<br />

Die Gründe werden in den verändernden Koordinations- und steuerungsformen<br />

(Governancestrukturen) des Wissenschaftssystems vermutet. Die auswirkungen<br />

auf die evaluationspraxis sind umfassend. Das Problem scheint im Kern darin zu liegen,<br />

einerseits eine am Bedarf der Wissenschaft ausgerichtete form der Qualitätsüberprüfung<br />

zu ermöglichen, andererseits aber gegenüber der staatlichen Politik und der Öffentlichkeit<br />

transparente verfahren zu schaffen. ein ausweg kann offenkundig nur dann gelingen,<br />

wenn sich Wissenschaft und staatliche Politik auf ein neues, gegenseitig respektiertes<br />

rollenverständnis einigen.<br />

Wir leben alle in der „Audit Society“. Diese zeichnet sich laut Michael Power durch die Einführung<br />

von Kontrollsystemen in allen möglichen gesellschaftlichen Bereichen aus, die steigende<br />

Effizienz und Effektivität versprechen, aber oftmals auch zu nicht intendierten Effekten führen,<br />

die Innovationen und Kreativität verhindern (Power 1997). Nun hat auch die „Auditierung“ und<br />

damit die Mentalität der Rechnungslegung die Wissenschaftssysteme ereilt und droht, die hier<br />

eingesetzten etablierten Instrumente der Bewertung von Qualität zu überformen. „What is meant<br />

by ‚auditization’ is the processes, explicit or implicit, by which practices of evaluation come<br />

to constitute themselves in the shadow of the financial audit model – specifically through the<br />

emergence of best-practice standards of performance which can be checked“ (Power <strong>2008</strong>, S.<br />

16). Diese Tendenz könnte dazu führen – so die Kritiker –, dass Wissenschaft nur noch dahin<br />

überprüft wird, ob die best practice-Standards eingehalten sind. In der Konsequenz wird bei<br />

einer solchen Perspektive das bisherige Modell der wissenschaftsinternen Qualitätsprüfung, das<br />

Peer-Review, entwertet und den Fachkollegen im Grunde die Legitimation abgesprochen, kompetente<br />

Experten für die Qualitätssicherung in der Wissenschaft darzustellen.<br />

Unerwünschte (Neben-)effekte von Auditierungen, Zertifizierungen und anderen Instrumenten<br />

in Unternehmen, Verwaltungen und Politikfeldern werden zwar überall kritisch diskutiert, aber<br />

in keinem gesellschaftlichen Teilsystem auch so vehement abgelehnt wie in der Wissenschaft.<br />

Dies konnte bereits bei der Einführung flächendeckender Evaluationen im deutschen Wissenschaftssystem<br />

in den 1980er-Jahren beobachtet werden und steigerte sich noch bei der Einführung<br />

externer Bewertungsverfahren wie der Ziel- und Leistungsvereinbarungen oder denen<br />

von Rankings und Ratings. Neben dem grundsätzlichen Gefühl, einem permanenten Prozess<br />

sachfremder Qualitätsüberprüfungen ausgesetzt zu sein, die zudem die Wissenschaftler nur von<br />

ihren eigentlichen Forschungs- und Lehraufgaben abhalten, gesellen sich weitere Argumente<br />

der Kritiker hinzu: Die quantifizierenden Instrumente der Beobachtung und Bewertung seien dem<br />

Gegenstand Wissenschaft und Forschung nicht adäquat und führten zu einer unsachgemäßen<br />

„Ökonomisierung“ der Wissenschaft, wodurch im Ergebnis fatale Anpassungseffekte produziert<br />

würden (vgl. Hoffmann 2003).


Warum also das ganze Zählen, Gewichten, Wiegen und weshalb die Vehemenz der Kritik aus<br />

der Wissenschaft? Denn die Prüfung und Bewertung wissenschaftlicher Leistungen existiert,<br />

solange es organisierte Wissenschaft gibt. Und bei aller Zurückweisung externer Kontroll- und<br />

Überwachungsversuche bleibt doch daran zu erinnern, dass Wissenschaft Teil der Gesellschaft<br />

ist und letztlich von dieser auch alimentiert wird.<br />

Wer steuert wen und was im Wissenschaftssystem?<br />

Wissenschaft und Forschung – und damit ihre erzeugenden, organisatorischen Kontexte wie<br />

die Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen – sehen sich in den letzten<br />

Dekaden einem verstärkten Legitimationsdruck ausgesetzt. Die gesellschaftliche Relevanz<br />

muss unter Beweis gestellt werden und das auch noch im Zusammenhang zunehmender Erwartungen<br />

an wissenschaftliche Beiträge zur Sicherung der ökonomischen Wettbewerbsposition<br />

der Volkswirtschaften. In den hochschul- und wissenschaftspolitischen Diskursen spiegelt sich<br />

daher auch dieser grundlegende Wandel der gesellschaftlichen Legitimationsbedingungen von<br />

Wissenschaft wider (Krücken 2006). Damit verbunden ist ein erheblicher Vertrauensverlust in<br />

die wissenschaftliche Selbststeuerung, der zu neuen Modellen der Koordinierung öffentlicher<br />

Lehr- und Forschungseinrichtungen geführt hat.<br />

Als Zielgröße neuer Steuerungsversuche gilt jedoch nicht nur die Relevanz – letztendlich bezogen<br />

auf den volkswirtschaftlichen Nutzen von Wissenschaft und Forschung –, sondern auch die Steigerung<br />

der Effizienz bei den eingesetzten Mittel, die mit erhöhtem Wettbewerbsdruck erreicht werden<br />

soll. Anreiz- und Sanktionsmodelle wie leistungsorientierte Mittelvergabe wurden in den Hochschulen<br />

eingeführt, während in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen betriebswirtschaftlich orientierte<br />

Instrumente wie Kosten-Leistungs-Rechnungen und Programmbudgets diskutiert werden. Allerdings<br />

bedeutet dies nicht, dass mit einer Einführung dieser neuen, wettbewerblich ausgerichteten<br />

Ansätze die etablierten Elemente der Kameralistik abgeschafft wären, sie bestehen und wirken weiter.<br />

Das Prinzip der Jährlichkeit und die dementsprechend etablierte Form der Mittelbewirtschaftung treffen<br />

gleichzeitig auf unternehmerisch orientierte Denkansätze eigenverantwortlicher Budgetverwaltung<br />

innerhalb einer Einrichtung. Man kann also eine ganze Mixtur von inkonsistenten exogenen und endogenen<br />

Steuerungsversuchen beobachten, die kein konsistentes Verhalten produzieren können. Die<br />

betroffenen Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, also<br />

die von Bund und Ländern grundfinanzierten Institute der Max-Planck-Gesellschaft, der Fraunhofer<br />

Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und in den Helmholtz Zentren, werden zur gleichen Zeit nach<br />

der Logik der Kameralistik behandelt und müssen Leistungsnachweise auf der Basis der Kosten-<br />

Leistungs-Rechung hinterlegen, bei denen kooperative Projektforschungen in Einzelteile zerlegt werden<br />

müssen, damit sie den Kostenstellen zugeordnet werden müssen. Diese verschiedenen Governance-Logiken<br />

führen dazu, dass zum einen eine marktliche Wettbewerbssituation simuliert wird und<br />

Evaluationen von Forschung und Lehre den Charakter von „Quasi-Märkten“ erhalten. Auf der anderen<br />

Seite aber lassen die staatlichen finanziellen Rahmenbedingungen den Universitäten nach wie vor nur<br />

bedingte Bewegungsfreiheit, die Kameralistik schafft den neuen internen Steuerungsmodellen wenig<br />

Entfaltungsmöglichkeiten, weil die Mittelvergabe detailliert und weitgehend objektfixiert ist, ja gerade<br />

dazu erfunden wurde, unternehmerische Handlungen zu unterbinden.<br />

Diese sehr unterschiedlichen und sich in ihrer Wirkung überlagernden Verfahren zur Leistungsmessung<br />

und Budgetsteuerung werden daher als widersprüchliche, aufgesetzte, wirkungslose<br />

und der Bevormundung dienende Instrumente wahrgenommen, da ihre Konsequenzen vor allem<br />

im Hinblick auf Struktur- und Organisationsfragen von den Einrichtungen kaum umgesetzt werden<br />

können.<br />

Knie/Simon – Evaluationen im Governance-Mix management 25<br />

Man kann also eine ganze Mixtur<br />

von inkonsistenten exogenen und<br />

endogenen Steuerungsversuchen<br />

beobachten, die kein konsistentes<br />

Verhalten produzieren können.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


26 management Knie/Simon – Evaluationen im Governance-Mix<br />

Die Wissenschaft selbst hat es<br />

bislang nicht geschafft, eine für<br />

diese Erkenntnisform angemessene<br />

interne Leistungsbewertung<br />

so transparent zu gestalten, dass<br />

diese für staatliche Politik oder<br />

für die Öffentlichkeit nachvollziehbar<br />

wäre.<br />

Stichwörter<br />

Evaluationen<br />

Governance<br />

Qualitätsentwicklung<br />

Scientific Community<br />

Wissenschaftspolitik<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Evaluationen in der Kritik<br />

Bei einer ersten Betrachtung des unübersichtlichen und zum Teil widersprüchlichen Governance-<br />

Mix im Wissenschaftssystem nehmen die systematisch eingeführten und auf Dauer gestellten<br />

Evaluationen mehr und mehr die zentrale Rolle bei der Bewertung der Qualität von Leistungen<br />

in Wissenschaft und Forschung ein. Die Kritik ist seitens der wissenschaftlichen Fachgemeinschaften<br />

groß und die Überfrachtung des Wissenschaftssystems mit betriebswirtschaftlich orientierten<br />

und daher fachfremden Instrumenten, Kriterien und Verfahren wird stark beklagt.<br />

Die Kritik richtet sich dabei gleichermaßen auf die Ziele, Verfahren und Kriterien der Evaluationen.<br />

Hierbei entsteht das objektive Problem, dass Evaluationen häufig die Rolle einer „Multifunktionswaffe“<br />

einnehmen. Geht es beispielsweise um die Bewertung von Erkenntnissen<br />

im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Güte oder ihre gesellschaftliche Relevanz oder sind es<br />

Fragen nach einer effizienten Organisation der Erkenntnisproduktion, also Probleme der Steuerung<br />

im Hinblick auf den effizienten Einsatz von Ressourcen und eine Optimierung des Ertrages?<br />

In Bezug auf letztere Dimension wird die Ökonomisierung der Wissenschaft kritisiert,<br />

weil in diesem Prozess die „ökonomischen Kriterien zunehmend den Primat gegenüber anderen<br />

Leitvorstellungen übernehmen“ (Hoffmann/Neumann 2003, S. 9) und Kriterien zur Anwendung<br />

kommen, die einer wissenschaftlichen Leistungsbeurteilung nicht angemessen seien. Dieser Paradigmenwechsel<br />

– so wird gemutmaßt – ersetzt die Kategorie der „Wahrheit“, die auch immer<br />

schon stark umstritten war, durch die der „Nützlichkeit“, die aus instrumentell-technologischer<br />

Perspektive entwickelt wird (Hoffmann/Neumann 2003, S 18). Allerdings bleibt dabei unbewiesen,<br />

ob ohne Verpflichtung auf diese externen Evaluationen die Wissenschaft den Antrieb zum<br />

Unkonventionellen, Risikoreichen und Erkenntnisgetriebenen tatsächlich besser und störungsfreier<br />

entwickeln könnte. Die Wissenschaft selbst hat es bislang nicht geschafft, eine für diese<br />

Erkenntnisform angemessene interne Leistungsbewertung so transparent zu gestalten, dass<br />

diese für staatliche Politik oder für die Öffentlichkeit nachvollziehbar wäre.<br />

In der Kritik stehen zwar die – aus Sicht der Wissenschaften - nicht angemessenen Indikatoren,<br />

mit denen die Aufgaben, Ziele und Leistungen des entsprechenden Instituts oder Fachbereichs<br />

abgebildet werden sollen und die einen „Zwang zur Anpassung an Leistungsindikatoren“ entwickeln,<br />

der Annahmen über „gute“ und auch „gesellschaftlich relevante“ Forschung vornimmt.<br />

Unterschiede in der Aufgabenstellung der wissenschaftlichen Einrichtung oder in den wissenschaftlichen<br />

Disziplinen würden nur ungenügend zur Kenntnis genommen und es entstünden<br />

opportunistische Anpassungseffekte, die den jeweiligen wissenschaftlichen Zielen zum Teil zuwider<br />

liefen. Es geht hierbei nicht nur um die Art der Kriterien, sondern auch um die Entwicklung<br />

zur Quantifizierung bei der Bewertung der Qualität von wissenschaftlichen Leistungen, frei nach<br />

dem Motto: Bei Evaluationen wird nicht mehr gelesen, sondern gezählt. Hierbei stehen insbesondere<br />

die Zahl der Veröffentlichungen in refereed journals, die Zahl der Zitationen und die<br />

Einwerbung von Drittmitteln hoch im Kurs.<br />

Die Kritik scheint sicherlich zu weiten Teilen berechtigt (vgl. Matthies/Simon <strong>2008</strong>). In den Evaluationen<br />

von Forschungseinrichtungen ist tatsächlich – selbst bei multidisziplinär und aus unterschiedlichen<br />

Institutionen zusammengesetzten Gutachtergruppen – immer wieder die Homogenität<br />

einer Vorstellung von „guter Forschung“ verblüffend (Barlösius 2006; Schimank 2006), ein<br />

„normative isomorphism“ wie es Powell einmal ausdrückte. Dies funktioniert aber nur deshalb<br />

so gut, weil sich alle beteiligten Wissenschafter und Wissenschafterlinnen ihrer gegenseitigen<br />

Abhängigkeit bewusst sind und die Beteiligung am Peer Review nicht nur eine Frage der inhaltlichen<br />

Bewertung ist, sondern vor allem auch eine Verständigung auf Verfahrensgrundsätze


darstellt, die eine grundlegende Anerkennung und Akzeptanz dieser wechselseitigen Abhängigkeiten<br />

voraussetzt (Knie/Matthies/Simon <strong>2008</strong>). Damit werden Bewertungen und Empfehlungen<br />

produziert, die für außerhalb des Wissenschaftssystems stehende Beobachter oft schwer nachvollziehbar<br />

sind.<br />

Symptomatisch insbesondere für die deutsche Diskussion ist das Beharren großer Teile der<br />

akademischen Gemeinde auf der Re-Etablierung eines Status quo ante, einem „vor-evaluativen<br />

Zeitalter“, in dem die Qualitätskontrolle – konzentriert auf die Bereiche Forschungsförderung<br />

und Publikationspraxis – im Wesentlichen den Fachkollegen, den „peers“ – vorbehalten war. Mit<br />

diesen Forderungen wird aber das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Bei aller Kritik an externen<br />

Leistungskontrollen wird vergessen, welche erheblichen Strukturprobleme des deutschen Wissenschaftssystems<br />

alleine in den letzten zwanzig Jahren entstanden sind. Eine fehlenden Nachwuchsförderung,<br />

die mangelnde Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft sowie die kaum<br />

vorhandenen beruflichen Entwicklungspfade bei einer institutionellen Verkrustung und Versäulung<br />

der Institutslandschaften und nur schwach entwickelter Instrumente des Monitorings sind<br />

nur wenige Stichworte um die gravierenden Mängel eines ausschließlich auf interne Bewertung<br />

setzenden Wissenschaftssystems zu beschreiben (vgl. Wissenschaftsrat 2003; Winnacker 2006).<br />

Die Selbststeuerungsinstrumente der scientific communities eignen sich offensichtlich alleine<br />

nicht zu einer Regulierung offensichtlicher Problemlagen, sondern „die das wissenschaftliche<br />

Wissen produzierenden Fachgemeinschaften weisen das für Gemeinschaften charakteristische<br />

Defizit endogener Governance auf, das zugleich ein Defizit von Kanälen für die Intervention exogener<br />

Governance ist (Gläser/Lange 2007, S. 438).<br />

Von der Kontrolle zum Monitoring?<br />

In der letzten Dekade ist nicht nur viel über Evaluationen gestritten, sondern es sind auch Instrumente<br />

und Verfahren der Qualitätsbewertung von Forschungseinrichtungen weiterentwickelt<br />

worden: Bewertungskriterien wurden ausdifferenziert und den jeweiligen Aufgabenprofilen und<br />

institutionellen Zielen angepasst, disziplinäre Ausdifferenzierungen berücksichtigt, Struktur- und<br />

Organisationsfragen einen höheren Stellenwert beigemessen; Transparenz und Partizipation der<br />

betroffenen Akteure und Institutionen als wichtige Verfahrensgrundsätze verabschiedet und vor<br />

allem stärker auf die Entwicklung von Handlungsempfehlungen als auf ausschließliche Kontrollmechanismen<br />

gesetzt (Leibniz Gemeinschaft 2007; Wissenschaftsrat 2007; Simon <strong>2008</strong>).<br />

Es zeichnen sich in Deutschland damit ähnliche Trends ab wie auch in anderen europäischen<br />

Staaten. Hemlin und Rasmussen (2006) konstatieren etwa in den Qualitätssicherungssystemen<br />

der Wissenschaft generell eine Schwerpunktverlagerung von der Produkt- zur Prozesskontrolle<br />

sowie die Relativierung von internen Bewertungskriterien der Wissenschaft wie etwa Originalität<br />

und methodische Ansätze durch die Hinzunahme von Kriterien wie gesellschaftliche Relevanz.<br />

Außerdem spielen ethische und politische Fragen eine stärkere Rolle. Darüber hinaus geht die<br />

Entwicklung von der Evaluation von Individuen zu Organisationen, einschließlich solcher, die die<br />

Grenzen des Wissenschaftssystems überschreiten. Insgesamt ist eine Tendenz von punktuellen<br />

Qualitätskontrollen zu einem kontinuierlichen Monitoringprozess erkennbar.<br />

Beispiele aus Schweden zeigen, dass sich in der Forschungsförderung die sogenannten strategic<br />

research funds auf die Förderung von transdisziplinärer Forschung und Forschung mit direktem<br />

Bezug auf gesellschaftliche Problemfelder oder ökonomische Verwertungsaspekte orientieren.<br />

Auch die Gründung neuer Universitäten in Schweden setzt auf multi- und transdisziplinäre Forschung<br />

und bei der Rekrutierung des Leitungspersonals gehen die Leistungskriterien über die<br />

der wissenschaftlichen Exzellenz hinaus.<br />

Knie/Simon – Evaluationen im Governance-Mix management 27<br />

Literatur/Links:<br />

Barlösius, E, Wissenschaft evaluiert – praktische Beobachtungen<br />

und theoretische Betrachtungen, in:<br />

Flick, U. (Hrsg.), Qualitative Sozialforschung. Konzepte,<br />

Methoden, Umsetzungen. Reinbek bei Hamburg<br />

2006, S. 385-404.<br />

Hemlin, S./Rasmussen, S. B., The Shift in Academic<br />

Qualitiy Control, in: Science, Technology & Human Values,<br />

31,2 (2006), S. 173-198.<br />

Hoffmann, D., Zur Kritik einer ‚neuen’ Hochschulpolitik:<br />

Lässt sich wissenschaftlicher Erfolg institutionell<br />

organisieren? in: Ders./Neumann, K. (Hrsg.): Ökonomisierung<br />

der Wissenschaft: Forschen, Lehren und<br />

Lernen nach den Regeln des „Marktes“. Weinheim<br />

2003, S. 15-41.<br />

Gläser, J., Wissenschaftliche Produktionsgemeinschaften.<br />

Die soziale Ordnung der Forschung, Frankfurt/New<br />

York 2006.<br />

Gläser, J./ Lange, St., Wissenschaft, in: Benz, A./Lütz,<br />

S./Schimank, U./Simonis, G. (Hrsg.): Handbuch Governance.<br />

Theoretische Grundlagen und empirische Anwendungsfelder,<br />

Wiesbaden 2007, Seite 437-451.<br />

Hoffmann, D./Neumann, K., Einleitung in: dies.<br />

(Hrsg.), Ökonomisierung der Wissenschaft: Forschen,<br />

Lehren und Lernen nach den Regeln des „Marktes“,<br />

Weinheim 2003, S. 7-14.<br />

Knie, A./Matthies, H./Simon, D., Gefühlte Exzellenz –<br />

Implizite Kriterien der Bewertung von Wissenschaft<br />

als Dilemma der Wissenschaftspolitik, in: Matthies,<br />

H./Simon, D. (Hrsg.), Wissenschaft unter Beobachtung.<br />

Effekte und Defekte von Evaluationen, Leviathan<br />

Sonderband 2007, Wiesbaden <strong>2008</strong>, S. 331-344.<br />

Krücken, G., Wandel – welcher Wandel? Überlegungen<br />

zum Strukturwandel der universitären Forschung in<br />

der Gegenwartsgesellschaft, in: die hochschule<br />

1/2006, S. 7-18.<br />

Editorial, in: Matthies, H./Simon, D.(Hrsg.), Wissenschaft<br />

unter Beobachtung: Effekte und Defekte von<br />

Evaluationen, Leviathan Sonderband 2007, Wiesbaden<br />

<strong>2008</strong>, S. 9-12.<br />

Power, M., The Audit Society: Rituals of Verification,<br />

Oxford 1997.<br />

Power, M., Research Evaluation in the Audit Society,<br />

in: Mattthies, H./Simon, D. (Hrsg.), Wissenschaft unter<br />

Beobachtung. Effekte und Defekte von Evaluationen,<br />

Leviathan Sonderband 2007. Wiesbaden <strong>2008</strong>, S.15-<br />

24.<br />

Schimank, U., New Public Management and the Academic<br />

Profession: Reflections on the German Situation,<br />

in: Minerva 43, 2005, S. 361-376.<br />

Simon, D., Als Konsequenz mehr Kohärenz? Strukturelle<br />

Wirkungen von Evaluationen, in: Matthies, H./,<br />

Simon, D. (Hrsg.), Wissenschaft unter Beobachtung.<br />

Effekte und Defekte von Evaluationen, Leviathan Sonderband<br />

2007, Wiesbaden <strong>2008</strong>, S. 178-190.<br />

Winnacker, E.-L., Wissenschaft an der Zeitenwende,<br />

Freiburg i. Br. 2006.<br />

Wissenschaftsrat, Strategische Forschungsförderung<br />

– Empfehlungen zur Kommunikation, Kooperation und<br />

Wettbewerb im Wissenschaftssystem, 2003, Drs.<br />

5654/03, Köln.<br />

Wissenschaftsrat, Aufgaben, Kriterien und Verfahren<br />

des Evaluationsausschusses des Wissenschaftsrates,<br />

<strong>2008</strong>, Drs. 8328-08, Köln.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


28 management Knie/Simon – Evaluationen im Governance-Mix<br />

summary<br />

Evaluations – especially in their<br />

quantified forms of rankings and<br />

ratings – are not very popular<br />

among scientists. Reasons for<br />

this are expected to be found in<br />

the changed forms of coordination<br />

and controlling (governance<br />

structures) of the science system.<br />

The effects of evaluation practice<br />

are widespread. The core of the<br />

problem seems to be to allow<br />

for a form of quality assurance<br />

suiting the needs of science, and<br />

at the same time to create procedures<br />

transparent for politics<br />

and the public. The dilemma can<br />

obviously only be overcome if<br />

science and politics agree upon<br />

a new, mutually-respectful role<br />

perception.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Dimension Quality control<br />

(Product orientation)<br />

Quality Monitoring<br />

(Process orientation)<br />

criteria Scientific Scientific and societal<br />

focus Individual researchers Organizations, networks<br />

Goal Valid, reliable knowledge Socially robust knowledge,<br />

learning<br />

evaluator Traditional peers New peers, users. consultants,<br />

lay persons<br />

evaluation time After production Continuously<br />

science study perspective First order: philosophy and<br />

sociology of knowledge<br />

Second order: knowledge<br />

management, organizational<br />

learning<br />

The Transition from Quality Control to Quality Monitoring in Science; Quelle: nach Hemlin/Rasmussen 2006)<br />

Ähnliche Entwicklungen sind auch in anderen europäischen Ländern zu beobachten und sie<br />

werden in engem Zusammenhang mit veränderten wissenschaftlichen Produktionsweisen diskutiert,<br />

die die Grenzen wissenschaftlicher Einrichtungen überschreiten und neue institutionelle<br />

Verbindungen mit Partnern aus gesellschaftlichen Praxisbereichen eingehen. Sie erfordern aber<br />

auch Governanceformen, die phasen- und kontextgerecht wissenschaftliche Erkenntnisprozesse<br />

begleiten und angemessen im Sinne der Schaffung kreativer Arbeitsumgebungen unterstützen.<br />

Neue Formen wissenschaftlicher Qualitätskontrolle<br />

Um also auch in Deutschland zu neuen Formen des Umgangs mit der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle<br />

zu kommen, sind mehrere Bedingungen zu erfüllen:<br />

(1) Wenn man von einer stärkeren Verflechtung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, Wirtschaft,<br />

<strong>Medien</strong> und anderen gesellschaftlichen Teilsystemen ausgehen kann, dann sollten diese<br />

Umstände eine deutlichere Beachtung in Evaluationsverfahren erhalten und sich in einer entsprechend<br />

differenzierten Bewertungsphilosophie niederschlagen. Dies heißt beispielsweise,<br />

dass seitens der Wissenschaft grundsätzlich anerkannt wird, dass die reklamierte Selbstverwaltung<br />

nur auf Basis einer Abstimmung mit öffentlichen Mittelgebern zu erreichen ist. Dies heißt<br />

aber auch, nicht bei jedem Anlass nach Verwendungsmöglichkeiten oder der Praxisrelevanz zu<br />

fahnden. Erkenntnisprozesse vollziehen sich nicht innerhalb linearer Prozesse, sondern verlaufen<br />

in rekursiven Schleifen, bei der jede Etappe für sich eigene Kriterien der Messung benötigt.<br />

Außerwissenschaftliche Nützlichkeit ist zudem nicht immer und überall mit wirtschaftlicher<br />

Verwertbarkeit und entsprechenden Patentstatistiken gleichzusetzen. Dem bereits erreichten<br />

Grad an komplexen Formen entgrenzter und hybridisierter Wissenschaftsproduktion kann nur<br />

mit angemessen Verfahren der Bewertung begegnet werden. Hierbei sind die unterschiedlichen<br />

Etappen sowie die verschiedenen Produktionsformen zu berücksichtigen. Eine systematische<br />

Validierung der gesellschaftlichen Einbettung und Bedeutung von Forschungsfeldern und ihrer<br />

Weiterentwicklung durch entsprechende Experten ist eine Voraussetzung wie aber auch der<br />

Abgleich wissenschaftlicher Ergebnisse durch die Fachgemeinschaft. Erst die Zusammenschau<br />

beider Validierungen kann ein adäquates Bild von der Leistungsfähigkeit wissenschaftlicher Einrichtungen<br />

geben.


(2) Die Prozesse selbst müssen sich wandeln. Auch wenn es zunächst wie ein Widerspruch<br />

klingt: Chancen und Optionen, Ziele, Verfahren und Kriterien von Evaluationen sind in einem offenen<br />

Verfahren zu gestalten. Dies geschieht noch nicht in dem Ausmaß wie es tatsächlich möglich<br />

wäre (vgl. Schimank 2005), sondern vielmehr werden Prozess- und Kriteriendefinitionen<br />

den Wissenschaftsadministrationen mit bekannten Ergebnissen überlassen: Dabei besteht die<br />

Chance darin, die Aus- und Entdifferenzierung der wissenschaftlichen Disziplinen und Fachgebiete<br />

in ihren verschiedenen epistemischen Praktiken und Bezügen auf unterschiedliche Adressatengruppen<br />

stärker in Verfahrenselemente und Kriterien zu respektieren und zu integrieren.<br />

Denn auf diese Weise können die Betroffenen frühzeitig und umfassend am ganzen Vorhaben<br />

beteiligt werden.<br />

Evaluierungen werden bisher von den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zumeist als<br />

zusätzliche Belastung wahrgenommen, die ausschließlich ihr wertvollstes Gut, nämlich Zeit für<br />

die Erstellung wissenschaftlicher Produkte, rauben. Ein Kernproblem besteht daher vor allem<br />

darin, dass Evaluationen im Reputationssystem der Wissenschaft nicht verankert sind, keine<br />

Anerkennung genießen und nicht als Element der eigenen Professionsentwicklung wahrgenommen<br />

werden. Dies liegt auch an den bisherigen Evaluationsprozessen, denn gezählt werden in<br />

der Bewertung von Forschungseinrichtungen und Hochschulen die Publikationen und Drittmitteleinwerbungen,<br />

aber nicht das Engagement der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in<br />

Evaluierungen und anderen bewertenden und beratenden Aktivitäten.<br />

Fazit<br />

Ein Ausweg aus dem bisherigen Governance-Mix im Wissenschaftssystem mit seinen zum Teil<br />

kontraproduktiven Effekten ist alles andere als einfach. Eine Voraussetzung hierfür ist die Neufassung<br />

des Verständnisses über Aufgabenzuschnitte und Rollenverständnisse. Der Hochschulforscher<br />

Uwe Schimank schlug hierfür die Abfassung eines neuen „Vertrags“ vor „[…] between<br />

those who produce and diffuse knowledge, and those who guard the public purse“ (Schimank<br />

2005, S. 376). Gegenstand wäre die Aushandlung eines gemeinsamen Konsenses darüber, dass<br />

Evaluationen Teil einer modernen wissenschaftlichen Praxis sind, deren Prozesse und Inhalte<br />

aber zwischen den Fachgemeinschaften und den Wissenschaftsadministrationen auszuhandeln<br />

sind. Dies erfordert seitens der Scientific Community die Einsicht, dass externe Akteure und ihre<br />

Realitätsdeutung Teil des gesamten wissenschaftlichen Umfeldes sind und entsprechend respektiert<br />

werden müssen. Auf der anderen Seite muss sich die staatliche Politik bei der Definition<br />

der Rahmenbedingungen auf eine konsistente Steuerungsphilosophie verständigen: Entweder<br />

wird den Einrichtungen eine eigenverantwortliche Budgetverantwortung mit allen Rechten und<br />

Pflichten eingeräumt oder es bleibt bei der klassischen kameralistischen Kontrollmethode, bei<br />

der Wissenschaftsreinrichtungen als Teil des öffentlichen Kontrollsystems verstanden werden.<br />

Verbindungen oder Kompromisse verhindern die Entstehung klarer Orientierungen, die aber für<br />

die Entwicklung eines gegenseitig respektvollen Umgangs notwendig sind.<br />

Knie/Simon – Evaluationen im Governance-Mix management 29<br />

Prof. Dr. Andreas Knie, Politikwissenschaftler<br />

ist Geschäftsführer<br />

des Innovationszentrums für Mobilität<br />

und gesellschaftlichen Wandel<br />

und verantwortlich für die wissenschaftliche<br />

Koordination der ForschungsgruppeWissenschaftspolitik<br />

am WZB.<br />

Kontakt:<br />

Dr. Dagmar Simon ist<br />

Politikwissenschaftlerin<br />

und Leiterin der<br />

Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik<br />

am<br />

Wissenschaftszentrum<br />

Berlin für Sozialforschung<br />

(WZB).<br />

Dr. Dagmar Simon<br />

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung<br />

Forschungsgruppe Wissenschaftspolitik<br />

Reichpietschufer 50<br />

10785 Berlin<br />

Tel.: +49 30 2 54 91-588<br />

dsimon@wzb.eu<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


30 management Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement<br />

GeotechnoLoGien<br />

GEOTECHNOLOGIEN – High Tech in der Grundlagen-<br />

und Anwendungsforschung. Die großen Tunnelbohrmaschinen<br />

sind komplexe Lösungen, darin sind Sensoren<br />

und Empfänger für die seismische Vorauserkundung<br />

integriert.<br />

Foto: Herrenknecht<br />

Abb. 1: Das FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN im<br />

Wirkungsdreieck Wissenschaftsorganisation, Projektkoordination,<br />

Wirtschaftskooperation.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Ludwig Stroink und Volker Mosbrugger<br />

Integratives Forschungsmanagement<br />

Vernetzung – am Beispiel des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN<br />

aufbruchstimmung herrschte vor gut acht Jahren: Die damalige Bundesministerin für Bildung<br />

und forschung, edelgard Bulmahn, und der zu dieser Zeit aktive Präsident der Deutschen<br />

forschungsgemeinschaft (DfG), ernst-Ludwig Winnacker, stellten gemeinsam das<br />

neue forschungs- und entwickungsprogramm (fue) GeotechnoLoGien der Öffentlichkeit<br />

vor. ehrgeizig war nicht nur der ansatz, ein gemeinsames forschungsprogramm der<br />

beiden wichtigsten deutschen forschungsförderungseinrichtungen zu etablieren. ambitioniert<br />

war auch die idee, durch ein abgestimmtes handeln über die fächer- und Ländergrenzen<br />

hinweg, den Grundstein für ein globales „erdsystemmanagement“ zu legen. Mit<br />

der Jahrtausendwende gingen die ersten vorhaben in die förderung. Jetzt ist Zeit, eine<br />

erste Bilanz zu ziehen, wie auch den Blick auf das integrierte forschungsmanagement<br />

einer Grundlagenwissenschaft mit hohem anwendungsbezug zu richten.<br />

Zur Bewältigung der Zukunftsaufgaben sind die Geowissenschaften gefordert, sich aktiv um<br />

eine Überwindung der Grenzen zu den einschlägigen Nachbardisziplinen in den Ingenieur-,<br />

Natur- und Sozialwissenschaften zu bemühen. Gleichzeitig muss die Zusammenarbeit zwischen<br />

öffentlich geförderter Wissenschaft und privater Wirtschaft gestärkt werden, um auch die technologischen<br />

Grundlagen für ein globales „Erdsystemmanagement“ zu legen.


Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement management 31<br />

Diesen übergreifenden Ansatz verfolgt das FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN. Seine zwölf interdisziplinär<br />

ausgerichteten und thematisch aufeinander abgestimmten Schlüsselthemen ermöglichen<br />

es, den „Lebensraum Erde“ von der globalen Beobachtung aus dem Weltraum bis<br />

in die atomare Dimension seiner einzelnen Bausteine zu untersuchen. Dadurch können Ideen<br />

und Kenntnisse gebündelt und neue Synergien geschaffen werden, die in den einzelnen Fachgebieten<br />

selbst nicht entstehen können. Das Programm GEOTECHNOLOGIEN hat damit den eingeleiteten<br />

Paradigmenwechsel von der disziplinären Forschung zu transdisziplinären Konzepten<br />

und Lösungsansätzen konsequent fortgesetzt und ausgebaut.<br />

Bevorzugt werden interdisziplinäre Gemeinschaftsverbünde gefördert, in denen sich Forschungseinrichtungen<br />

und Unternehmen zusammenschließen. Bislang haben sich 44 Universitäten,<br />

31 außeruniversitäre Einrichtungen und 52 Unternehmen in 113 Verbundprojekten zu<br />

neun Schlüsselthemen beteiligt. Die Fördersumme von Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

(B<strong>MB</strong>F) und DFG beträgt bislang cirka 150 Millionen Euro. Entsprechend der Philosophie<br />

des Programms versteht es sich von selbst, dass die Mehrzahl der Vorhaben in internationale<br />

Großprojekte eingebettet ist.<br />

Integrative Managementstruktur des Programms<br />

Integrativ wie die Programminhalte ist die Managementstruktur des FuE-Programms. Ziel ist es,<br />

auch hier Kräfte zu bündeln und aus der Wissenschaft heraus handlungsfähig zu sein. Die strategische<br />

Planung und wissenschaftlich-technologische Begleitung des Forschungsprogramms<br />

obliegt einem unabhängigen wissenschaftlichen Steuerungsgremium. Die sechs Mitglieder<br />

werden für eine Amtszeit von bis zu zweimal vier Jahren durch das B<strong>MB</strong>F berufen. Den Vorsitz<br />

übernimmt in Personalunion der jeweils amtierende Vorsitzende der Senatskommission für<br />

Geowissenschaftliche Gemeinschaftsforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (kurz:<br />

Geokommission).<br />

Dem wissenschaftlichen Aufsichtsgremium steht die Geschäftsstelle GEOTECHNOLOGIEN zur<br />

Seite. Gemeinsam nehmen sie folgende Aufgaben wahr:<br />

u Wissenschaftliche Koordination des Gesamtprogramms und Förderung der interdisziplinären<br />

Zusammenarbeit (national/international; inhaltlich/institutionell)<br />

u Identifizieren und vermarkten von wirtschaftlich verwertbaren Technologien, Verfahren und<br />

Dienstleistungen aus den Geowissenschaften<br />

u Erkennen und rasches Umsetzen neuer wissenschaftlich-technologischer Entwicklungen und<br />

gezielte Förderung der Innovationskultur in den GEOTECHNOLOGIEN<br />

u Einbindung von Unternehmen mit dem Ziel des Wissenstransfers in die Anwendung<br />

u Qualitätsmanagement<br />

u Umsetzen einer breiten Informations- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Bottom-up statt Top-down – Entwicklung neuer Projekte in den GEOTECHNOLOGIEN<br />

Innovationen können nicht verordnet werden, sie müssen wachsen. Im wissenschaftlichen Steuerungsgremium<br />

werden daher lediglich Themenrahmen gesetzt und Ziele formuliert. Sie orientieren<br />

sich an den wissenschaftlichen Bedürfnissen, spiegeln aber auch die berechtigten Interessen<br />

und Erwartungen wider, die von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft an die Wissenschaft<br />

Integrativ wie die Programminhalte<br />

ist die Managementstruktur<br />

des FuE-Programms. Ziel ist<br />

es, auch hier Kräfte zu bündeln<br />

und aus der Wissenschaft heraus<br />

handlungsfähig zu sein.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


32 management Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement<br />

Stichwörter<br />

Geowissenschaften<br />

Erdsystemmanagement<br />

Koordinierte Forschung<br />

Transdisziplinarität<br />

Qualitätsmanagement<br />

Forschung & Öffentlichkeit<br />

Technologietransfer<br />

Geotechmarket<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

herangetragen werden. Zentrales Anliegen ist es, neue Wissensgebiete zu definieren, die einerseits<br />

Spitzenforschung garantieren, andererseits aber auch konkrete Verwertungsperspektiven<br />

von neuem Wissen ermöglichen. „Verwertung“ wird „ganzheitlich“ verstanden. Das heißt, sie<br />

berücksichtigt nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Faktoren.<br />

Besondere Aufmerksamkeit genießt die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Angelehnt<br />

an bewährte Förderkonzepte, besteht in jeder öffentlichen Ausschreibung auch die Möglichkeit,<br />

eine Nachwuchsgruppe zu beantragen, die – nach erfolgreicher Begutachtung - bis zu<br />

sechs Jahre gefördert werden kann. Derzeit sind zwei Nachwuchsgruppen aktiv.<br />

Internationale Begutachtung – Qualitätssicherung auf hohem Niveau<br />

Eine wichtige strategische Komponente des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN ist das Qualitätsmanagement.<br />

Es besteht aus drei Schritten:<br />

u Zweiphasiges Antragsverfahren (Skizze/Vollantrag)<br />

u Internationales Peer-Review<br />

u Kontinuierliche Begleitung geförderter FuE-Vorhaben durch die Gutachter, die Geschäftsstelle<br />

und den Steuerungsausschuss<br />

Tragende Säule ist das Peer Review. Alle Projektskizzen und Anträge werden durch unabhängige,<br />

hochkarätige Forscherinnen und Forscher (Peers) aus dem In- und Ausland begutachtet. Dabei<br />

greift die Geschäftsstelle nicht auf einen festen Stamm von Gutachtern zurück. Den wechselnden<br />

fachlichen Anforderungen Rechnung tragend, wird für jede neue Ausschreibung ein international<br />

zusammengesetztes Gutachtergremium („Review Panel“) zusammengestellt.<br />

Marktpositionierung – Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie<br />

Die Forschungsthemen des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN sind disziplinenübergreifend<br />

und vielfach an der Schnittstelle zwischen Geowissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Biowissenschaften,<br />

Physik und Chemie angesiedelt. Entsprechend breit sind die Einsatzmöglichkeiten,<br />

die eine hier entwickelte Basistechnologie besitzt. Darin unterscheiden sich die Geowissenschaften<br />

von vielen anderen Wissenschaftsbereichen. Eine besondere Herausforderung ist es<br />

daher, Unternehmen an den Forschungsvorhaben zu beteiligen und den Know-how-Transfer in<br />

die Anwendung zu unterstützen.<br />

Das wissenschaftliche Steuerungsgremium und die Geschäftsstelle GEOTECHNOLOGIEN fördern<br />

gezielt die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschungsinstitutionen. Primäres Ansinnen<br />

ist es, Firmen so zu integrieren, dass sichergestellt ist, dass sie einen eigenen Beitrag zu<br />

den Zielen des Verbundes leisten: Nur so ist auch ein wirtschaftliches (und persönliches) Interesse<br />

an der Entwicklung innovativer Technologien und Methoden gewährleistet, was letztlich dem<br />

Gesamterfolg des Verbundes zugutekommt. Eine Zusammenarbeit mit externen Anwendern, zum<br />

Beispiel als Unterauftragnehmer, bleibt dagegen die Ausnahme. Der Wunsch nach einer Kooperation<br />

ist hier in der Regel nur einseitig und daher wenig produktiv.<br />

Um das Interesse der Wirtschaft zu gewinnen, wird den speziellen Bedürfnissen der Anwender<br />

Rechnung getragen; zum Beispiel indem Unternehmensvertreter schon in die Abstimmung neuer<br />

Forschungsthemen eingebunden werden. Innovative Technologiefelder und ihre wirtschaftlichen<br />

Umsetzungsmöglichkeiten lassen sich auf diese Weise frühzeitig identifizieren und in den Förderbekanntmachungen<br />

berücksichtigen. Die Motivation der Industrie zur Mitarbeit in zukünftigen


Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement management 33<br />

FuE-Projekten wird deutlich gesteigert. Anwender haben bereits im Planungsstadium neuer For-<br />

schungsvorhaben die Möglichkeit, den industriespezifischen FuE-Bedarf zu definieren und nicht<br />

– wie vielfach üblich – erst als „industrielles Feigenblatt“ oder Subauftragnehmer, nachträglich<br />

in die Forschungsprojekte eingebunden zu werden. Der Wunsch nach Zusammenarbeit ist somit<br />

beidseitig, was sich auf die Einsatzbereitschaft der Unternehmen positiv auswirkt. Durch diese<br />

nachfrageorientierte Strategie konnte nicht nur das unternehmerische Engagement, sondern<br />

auch die zahlenmäßige Beteiligung von Firmen in den FuE-Verbünden der GEOTECHNOLOGIEN<br />

signifikant gesteigert werden.<br />

Abb. 2: Prozentuale Entwicklung der Unternehmensbeteiligung im FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN.<br />

Angebotsorientierte Strategien zielen darauf, Innovationen aus laufenden (grundlagenorientierten)<br />

Forschungsvorhaben frühzeitig zu erkennen und mit potenziellen Anwendern zusammenzubringen.<br />

Das viel zitierte „Matching“ zwischen Wissenschaft und Wirtschaft findet hier<br />

seine praktische Umsetzung. Die erst kürzlich gestartete Initiative „Geotechmarket“ bietet hierfür<br />

die notwendige Plattform.<br />

„Geotechmarket“ – Zukunftsmodell zum Technologie- und Know-how-Transfer?<br />

Forschungsergebnisse, die sich aus öffentlich finanzierten Vorhaben ergeben, werden bislang<br />

noch zu wenig in neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen umgesetzt. Insbesondere die<br />

Erdsystem-Forschung wird in der breiten Öffentlichkeit und vielfach auch von Seiten der Unternehmen<br />

nicht als Innovationsquelle erkannt – obwohl Deutschland auf diesem Gebiet weltweit<br />

einen Spitzenplatz einnimmt. Geowissenschaftliche Forschungszentren und Universitäten verfügen<br />

über eine hervorragende wissenschaftlich-technologische Infrastruktur und über leistungsfähige<br />

und hochmotivierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Jedoch nur in Einzelfällen<br />

wird diese Infrastruktur auch schon von Unternehmen genutzt. Die Breite der Anwendungsmöglichkeiten<br />

reicht dabei weit über die klassischen Einsatzfelder der Geowissenschaften hinaus:<br />

von der Geoinformation, über die Luft- und Raumfahrt, den Anlagenbau bis hin zur Medizintechnik.<br />

Diese Potenziale werden bislang nicht ausreichend genutzt.<br />

Die Erdsystem-Forschung wird<br />

in der breiten Öffentlichkeit und<br />

vielfach auch von Seiten der Unternehmen<br />

nicht als Innovationsquelle<br />

erkannt – obwohl Deutschland<br />

auf diesem Gebiet weltweit<br />

einen Spitzenplatz einnimmt.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


34 management Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Die neu gegründete überregionale Kommunikationsplattform Geotechmarket soll hier Abhilfe<br />

schaffen. Ziel ist es, Innovationen aus geowissenschaftlichen Forschungsvorhaben frühzeitig zu<br />

erkennen und erfolgreich am Markt zu platzieren. Jenseits institutioneller und regionaler Grenzen<br />

entsteht damit eine unabhängige Verwertungsplattform zwischen Wissenschaft und Industrie, die<br />

Kontakte zu potenziellen Technologieabnehmern und -produzenten vermittelt und deren Vernetzung<br />

mit Forschungseinrichtungen und anderen Hightech-Clustern fördert. Bevorzugt klein- und<br />

mittelständischen Unternehmen, die über keine eigenen Forschungsabteilungen verfügen, soll<br />

auf diese Weise der Zugang zum anwendungsorientierten Know-how der Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

erleichtert werden.<br />

Geotechmarket verfolgt kein kommerzielles Interesse, ist bundesweit aktiv und kooperiert eng<br />

mit den Transferstellen der Forschungseinrichtungen. Die Initiative konzentriert ihre Aktivitäten<br />

auf die ersten Phasen eines Transferprozesses, um als Inkubator neue Technologien zu fördern<br />

und den Transferprozess für diese Technologien individuell zu initiieren und zu koordinieren. Darüber<br />

hinaus will Geotechmarket die Entwicklung von Netzwerken und die Bildung von strategischen<br />

Allianzen im geowissenschaftlichen Umfeld fördern und unterstützen.<br />

SWOT-Analyse: Geotechmarket<br />

(Strengths, Weakness, Opportunities, Threats)<br />

• Von Dritten unabhängig (neutral)<br />

• Nicht kommerziell ausgerichtet<br />

• Interdisziplinäres Forschungsumfeld<br />

• Individuelle Beratung und Betreuung<br />

• Anerkannte Modelle und effiziente Instrumente<br />

• Prototypischer Durchlauf des Verfahrens<br />

• Zentraler bundesweiter Ansprechpartner<br />

für Technologien aus den Geowissenschaften<br />

• Enge Kontakte zu Forschungseinrichtungen<br />

• Breite Anwendung entwickelter Basistechnologien<br />

Stärken<br />

Chancen<br />

• Komplementäres Instrument zu bestehenden Aktivitäten<br />

• Großes Interesse bei Technologieabnehmern<br />

• Erst wenige Firmenkontakte<br />

• Noch geringe Anzahl konkreter Produkte<br />

• Wissenschaftler bieten ihre Technologien noch nicht selbst an<br />

• Wenige Kontakte zu Transferbeauftragten<br />

• Noch keine ausreichende regionale Präsenz<br />

• Kein ausreichendes Marketing<br />

Schwächen<br />

Risiken<br />

• Interessenskonflikte mit Transferbeauftragten<br />

• Sehr unterschiedliche Erwartungshaltung der Wissenschaftler<br />

• Keine Anreiz- und Motivationssysteme für Wissenschaftler<br />

• Geringes Interesse der Technologieabnehmer<br />

• Fehlendes Bewußtsein über das Anwendungspotenzial<br />

Abb. 3: SWOT-Analyse als Grundlage für die Entwicklung der Plattform Geotechmarket.<br />

Die Aktivitäten von Geotechmarket orientieren sich an einem Verfahrensmodell als Grundlage<br />

für einen effizienten Technologietransfer.<br />

Es ist als fünfstufiges Kreislaufmodell konzipiert, das – im Idealfall – mehrfach im Jahr durchlaufen<br />

werden soll. Die einzelnen Stufen sind:<br />

1.) Innovations-Scouting<br />

Auf der Basis von definierten Suchfeldern werden innovative Technologien, Methoden und<br />

Dienstleistungen aus dem interdisziplinären Umfeld der Geowissenschaften identifiziert. In


Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement management 35<br />

einem persönlichen Gespräch mit dem Wissenschaftler oder der Wissenschaftlerin werden systematisch<br />

die Merkmale, der Entwicklungsstand, das Anwendungspotenzial und der Unterstützungsbedarf<br />

diskutiert.<br />

2.) Innovationsworkshop<br />

Die in Phase 1 identifizierten Technologien mit wirtschaftlich verwertbaren Potentialen werden<br />

in einem interdisziplinär besetzten Workshop durch die jeweiligen Wissenschaftler präsentiert.<br />

Anhand ausgewählter Bewertungskriterien, wie (1) technische Machbarkeit, (2) Entwicklungsstand<br />

der Technologie, (3) Reichweite der Anwendungsmöglichkeiten, (4) Mehrwertpotenziale<br />

aus Anwendersicht (Multipurpose-Technology) und (5) bereits bestehende Kontakte zu Firmen<br />

und Technologieabnehmern, erfolgt eine erste Trendbewertung und Quantifizierung durch den<br />

Ideengeber selbst. Die aussichtsreichsten Entwicklungen werden in einem Ranking abgebildet.<br />

Gleichzeitig werden die Anforderungen und Bedürfnisse der Ideengeber aufgenommen, um individuelle<br />

Transferinstrumente zu entwickeln.<br />

3.) Marktrecherche<br />

Für die aussichtsreichsten Technologien werden Profile in Form eines aussagekräftigen Exposés<br />

angelegt. Eine erste Marktrecherche identifiziert Branchen und potenzielle Firmen. Ziel ist es,<br />

ein möglichst breites Einsatzgebiet für die Entwicklung zu identifizieren (Querschnittsanwendungen),<br />

die eine Marktplatzierung auch in neuen, fachfremden Anwendungsfeldern eröffnet.<br />

Geeignet erscheinenden Unternehmen werden die Technologieprofile (anonymisiert) präsentiert.<br />

Ziel ist es, interessierte Unternehmen als Partner für ein Matching zu gewinnen.<br />

4.) Matching<br />

Ist ein (Leit)Unternehmen identifiziert wird ein Treffen zwischen Ideengeber (Wissenschaftler)<br />

und Unternehmensvertretern organisiert. Dieses Matching findet in der Regel an der wissenschaftlichen<br />

Institution des Ideengebers statt, um eine innovative Umgebungsatmosphäre zu<br />

schaffen und die Breite der wissenschaftlich-technologischen Potenziale der „Heimatinstitution“<br />

des Entwicklers vorzustellen.<br />

5.) Transferprojekt<br />

Im letzten Schritt wird idealerweise ein Transferprojekt vereinbart. Dies kann vielgestaltiger<br />

Natur sein: Denkbar ist beispielsweise ein Pilotprojekt oder ein Feldversuch, um die technische<br />

und wirtschaftliche Machbarkeit zu bewerten.<br />

Dialog mit Politik und Gesellschaft<br />

Forschung transparent und kommunikativ zu gestalten, ist ein weiteres Merkmal der GEOTECH-<br />

NOLOGIEN. Geschäftsstelle und Steuerungsausschuss sehen hierin eine wichtige „Servicefunktion“<br />

für die gesamte wissenschaftliche Community. Neben der Wissenschaft selbst sind Industrie,<br />

Politik und die „breite Öffentlichkeit“ Zielgruppen einer umfassenden Informations- und<br />

Kommunikationsstrategie.<br />

Informationen in Wort und Bild. Das Internetportal www.geotechnologien.de bietet eine umfassende<br />

Informationsplattform über laufende und geplante Förderinitiativen, öffentliche Ausschreibungen,<br />

Pressemitteilungen und -berichte sowie aktuelle Aktivitäten und Veranstaltungen. Eine<br />

spezielle Rubrik widmet sich der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Bis zu 20.000 „hits“ pro<br />

Woche spiegeln das große Interesse an dem Programm wider. Das web-basierte Informationsangebot<br />

wird durch Broschüren und Folder, zum Beispiel zu einzelnen Förderschwerpunkten,<br />

keywords<br />

Geosciences<br />

management of system earth<br />

coordinated research<br />

transdisciplinarity<br />

quality management<br />

public outreach<br />

technology transfer<br />

Geotechmarket<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


36 management Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement<br />

Literatur:<br />

Defila, R./Di Giulio, A./Scheuermann, M., Forschungsverbundmanagement<br />

– Handbuch für die Gestaltung<br />

inter- und transdisziplinärer Projekte; vdf Hochschulverlag<br />

AG an der ETH Zürich, 2006.<br />

Stroink, L., Underground Storage of CO 2 in Germany.<br />

A new research programme as part of the national<br />

R&D-Programme GEOTECHNOLOGIEN, Greenhouse<br />

Issues, No. 81, March 2006.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Abb. 4: Verfahrensmodell Geotechmarket mit seinen fünf Transferschritten.<br />

sowie einen regelmäßig erscheinenden Newsletter ergänzt. Die englischsprachige Schriftenreihe<br />

„GEOTECHNOLOGIEN Science Report“ wendet sich an die Fachwelt und berichtet regelmäßig<br />

über neue Forschungsinitiativen und Forschungsergebnisse.<br />

Stetige <strong>Medien</strong>präsenz und Transfer in die Politik. Die Pressearbeit und die populärwissenschaftliche<br />

Aufbereitung der verschiedenen Forschungsthemen sichern die regelmäßige Präsenz<br />

der Forschungsergebnisse in der nationalen und internationalen <strong>Medien</strong>landschaft. Bislang sind<br />

mehr als 250 Presseberichte erschienen, die direkt über das FuE-Programm berichten. <strong>Medien</strong>partnerschaften,<br />

unter anderem mit den internetbasierten Wissenschaftsmagazinen „planet<br />

erde“ (www.planeterde.de) und SCINEXX (www.g-o.de), sorgen auch in diesen Bereichen für<br />

die Sichtbarkeit des Programms. Die Geschäftsstelle trägt überdies für die Verbreitung von Forschungsergebnissen<br />

im politischen Umfeld Sorge. Spezielle Foren, Diskussionsrunden und Parlamentarische<br />

Abende zu ausgewählten Themen der GEOTECHNOLOGIEN bieten hier geeignete<br />

Instrumente.<br />

Konzeption und Organisation von Wanderausstellungen. Bundesweite Wanderausstellungen vermitteln<br />

Inhalte und Ergebnisse des Forschungsprogramms verständlich und spannend: Bedeutung<br />

und Alltagsrelevanz geowissenschaftlicher Forschung wird für breite Kreise der Öffentlichkeit<br />

im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar. Mehr als 100.000 Besucher sahen zum Beispiel<br />

die Wanderausstellung „In die Tiefe gehen“. Zwischen April 2004 und Oktober 2005 stellte diese<br />

an bundesweit sechs Standorten, Nutzungsmöglichkeiten des Untergrundes in den Fokus des<br />

öffentlichen Interesses. Ein noch größerer Erfolg ist die derzeitige Ausstellung „Unruhige Erde“.<br />

Sie begleitet den jüngst gestarteten Forschungsschwerpunkt „Innovative Frühwarnsysteme<br />

gegen Naturgefahren“. An den Standorten Frankfurt/Main, Münster, Bremen, München, Bonn,<br />

Berlin und Dresden ließen sich bislang insgesamt knapp 250.000 Besucher von den spektakulären<br />

Mitmachexponaten, Großaufnahmen und interaktiven Computeranimationen begeistern.


Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement management 37<br />

Herausforderungen im Management geowissenschaftlicher Forschungsvorhaben<br />

Durch den systemorientierten Ansatz, die Komplexität des Forschungsfeldes und den Auftrag<br />

zur Lösung gesellschaftlicher Probleme sind die Geowissenschaften exemplarisch für eine<br />

transdisziplinäre Forschungsrichtung. (Transdisziplinarität im Sinne von: R. Defila, A. di Giulio<br />

& M. Scheuermann, 2006). Das Management von entsprechenden Forschungsprojekten und<br />

-programmen sieht sich daher mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, wie sie auch in<br />

anderen interdisziplinären Wissenschaftsbereichen existieren. Zu nennen sind unter anderem:<br />

Vernetzung der Forschungsarbeiten, ein internes wie externes Qualitätsmanagement, die Beteiligung<br />

der Wirtschaft, Methoden und Verfahren der Synthesebildung und die in- und externe<br />

Kommunikation.<br />

Das Management geowissenschaftlicher Forschungsverbünde unterliegt jedoch aufgrund des<br />

Forschungsobjektes „Erde“ ganz speziellen Anforderungen. Im Gegensatz zu den anderen<br />

Geistes-, Natur- oder Ingenieurwissenschaften findet ein wesentlicher Teil geowissenschaftlicher<br />

Forschung nach wie vor außerhalb des Labors oder der Versuchshalle statt, im – wie wir sagen –<br />

Gelände. Die Forscherinnen und Forscher sind nicht selten mehrere Wochen in abgelegenen,<br />

unwirklichen Regionen beschäftigt, ohne Handy- oder E-Mail-Kontakt. Für die Verbundkoordinatoren<br />

bedeutet dies lange Vorlaufzeiten bei der Organisation von Planung- oder Abstimmungsgesprächen,<br />

Workshops oder Statusseminaren, insbesondere dann, wenn die Gruppen eines Verbundes<br />

weltweit in unterschiedlichen (Jahres)Zeitzonen operieren.<br />

Viele Forschungsprojekte, vornehmlich wenn es sich um technische Großprojekte in dicht besiedelten<br />

Gebieten handelt, unterliegen strengen, sehr unterschiedlichen Genehmigungsauflagen.<br />

Mangelnde Weitsicht bei der Planung, fehlende Kenntnis des Genehmigungsprozesses, Unerfahrenheit<br />

im Umgang mit beaufsichtigenden Behörden oder die vielfach langen Verfahrenswege<br />

können solche Großprojekte in erhebliche Schwierigkeiten bringen. Für die Mittelbewirtschaftung<br />

dieser meist „millionenschweren“ Projekte können Verzögerungen dann existenzielle Probleme<br />

nach sich ziehen.<br />

Seismische Versuche, die es erlauben durch künstlich erzeugte Schallwellen und deren Reflektion<br />

im Untergrund, bis tief in das Erdinnere zu „schauen“, unterliegen zudem den strengen Auflagen<br />

des Naturschutzes. Durch Brut- und Vegetationszeiten existieren nur schmale Zeitfenster,<br />

in denen diese Untersuchungen durchgeführt werden können. Fehlen entsprechende Genehmigungen<br />

oder sind die begleitenden Forschungsprojekte nicht rechtzeitig eingerichtet, verstreicht<br />

der enge Zeitkorridor. Verzögerungen bis zu einem Jahr sind die Folge; mit unabsehbaren Konsequenzen<br />

für den Projektfortgang.<br />

Letztlich gilt für die geowissenschaftliche Forschung aber gleiches wie für die Forschung generell:<br />

Sie beinhaltet diverse unplanbare Momente und kann immer wieder zu unvorhergesehenen<br />

Ergebnissen führen. Wird den besonderen Spezifika und den sich daraus ergebenen Anforderungen<br />

und Herausforderungen Rechnung getragen, lassen sich auch Großprogramme in den<br />

Geowissenschaften zum Erfolg führen.<br />

GEOTECHNOLOGIEN – Best-Practice-Beispiele koordinierter Forschung<br />

In dem FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN wird deutlich, wie produktiv und selbstverständlich<br />

Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.<br />

Neue Allianzen zwischen Forschungsinstituten und Unternehmen ermöglichen überdies<br />

überraschende und innovative Ergebnisse und zeigen die vielfältigen Anwendungsfelder geowissenschaftlicher<br />

Forschung.<br />

Dr. Ludwig Stroink ist<br />

Leiter der Geschäftsstelle<br />

GEOTECHNO-<br />

LOGIEN im Wissenschaftspark<br />

Albert Einstein<br />

in Potsdam.<br />

Professor Dr. Dr. h.c.<br />

Volker Mosbrugger,<br />

Direktor des SenckenbergForschungsinstituts<br />

und Naturmuseums<br />

in Frankfurt. Bis<br />

zum 31.10.<strong>2008</strong> war<br />

Prof. Mosbrugger Vorsitzender<br />

des wissenschaftlichenSteuerungsausschusses<br />

GE-<br />

OTECHNOLOGIEN, dem<br />

er weiterhin als Mitglied<br />

angehört.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


38 management Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement<br />

summary<br />

GEOTECHNOLOGIEN is a multidisciplinary<br />

German R&D-Programme<br />

funded by the Federal<br />

Ministry for Education and Research<br />

(B<strong>MB</strong>F) and the German<br />

Research Council (DFG). Overall<br />

approach is to study earth processes<br />

in which the earth is viewed<br />

as an integrated dynamic<br />

system, rather than a collection<br />

of isolated components. The<br />

article gives an overview on the<br />

specific challenges in terms of<br />

managing transdisciplinary programmes<br />

in geosciences.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Kleinsatelliten – Technologische Multitalente im All. Der Themenschwerpunkt „Erfassung des<br />

Systems Erde aus dem Weltraum“ gehörte zu den ersten geförderten Kernthemen des Programms.<br />

Anlass war der Start der Satelliten-Mission CHAMP im Jahre 2000. Eine schnelle Entscheidung<br />

war erforderlich, um die Beteiligung von deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />

an der Datenauswertung dieser deutsch-amerikanischen Mehrzweck-Mission<br />

von Beginn an sicherzustellen. Die Beteiligung deutscher Wissenschaftler an dieser und den<br />

nachfolgenden Missionen GRACE und GOCE wird durch das FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN<br />

sichergestellt, das den idealen Rahmen für interdisziplinäre Forschungsvorhaben dieser Dimension<br />

bietet. Seit 2001 werden seitens des B<strong>MB</strong>F 14 Forschungsverbünde mit knapp 16 Millionen<br />

Euro gefördert. Hinzu kommen diverse Projekte im DFG-Normalverfahren und das Mitte 2006<br />

gestartete DFG-Schwerpunktprogramm „Massentransporte und Massenverteilung im System<br />

Erde“. Das Schwerpunktthema „Erfassung des Systems Erde aus dem Weltraum“ ist damit exemplarisch<br />

für das integrative Förderkonzept von B<strong>MB</strong>F und DFG in den GEOTECHNOLOGIEN.<br />

Aus den Daten der GRACE-Mission berechnen Wissenschaftler beispielsweise das Schwerefeld<br />

der Erde – und wie es sich verändert.<br />

Neue Energien – Methanhydrate: Exemplarisch für interdisziplinäre F&E-Kooperationen. Als<br />

Wissenschaftler des GEOMAR-Forschungszentrums (heute: IFM-GEOMAR) in Kiel 1996 erstmals<br />

Gashydrate vom Meeresboden bergen konnten, schlugen sie auch ein neues Kapitel interdisziplinärer<br />

Forschung auf. Denn nur durch eine enge Zusammenarbeit von Geowissenschaftlern,<br />

Biologen, Ingenieuren, Ökologen und Chemikern lässt sich das komplexe System dieser sensiblen<br />

Verbindungen aus Eis und Methan entschlüsseln. Seit 2000 fördert das B<strong>MB</strong>F im Rahmen<br />

des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN die Gashydratforschung. 19 interdisziplinäre Forschungsverbünde<br />

aus Wissenschaft und Wirtschaft, die sich mit der Bildung, Verbreitung und<br />

Zersetzung von Gashydraten befassen, wurden bislang mit mehr als 20 Millionen Euro gefördert.<br />

Wissenschaftlich steht insbesondere eine verlässliche Mengenabschätzung der weltweiten Gashydratvorkommen<br />

im Fokus.<br />

Neue Umweltschutzstrategien – Geologische Speicherung von CO2 . Kohlendioxid (CO2 ), das in<br />

großen Mengen bei der Verbrennung von Kohle frei wird, gilt als eines der gefährlichsten Treibhausgase.<br />

Ernstzunehmenden Prognosen zufolge, wird Kohle auch zukünftig eine maßgebliche<br />

Rolle im Energiemix Deutschlands spielen. Vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Energiewirtschaft<br />

ist dies jedoch nur dann möglich, wenn das CO2 , das bei der Stromgewinnung aus Kohle<br />

entsteht, minimiert wird oder erst gar nicht in die Atmosphäre gelangt. Die Abscheidung des<br />

Treibhausgases aus den Kraftwerksdämpfen und seine unterirdische Speicherung werden von<br />

vielen Experten inzwischen als eine Schlüsseltechnologie angesehen, dieses Ziel zu erreichen.<br />

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Forschungsarbeiten zur geologischen<br />

Speicherung von CO2 . In einem Schulterschluss zwischen Wissenschaft und Industrie wird im<br />

Rahmen des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN untersucht, welchen Beitrag diese Schlüsseltechnologie<br />

zur Verminderung der anthropogenen CO2-Emissionen leisten kann (s.a. Stroink,<br />

2006). Dafür sollen in den kommenden drei Jahren rund 45 Millionen Euro zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

Unterirdisch über den Berg – Seismische Vorauserkundung im Tunnelbau. In gemeinsamen Verbundprojekten<br />

mit der Industrie wird derzeit ein neuartiges seismisches Vorauserkundungssystem<br />

(Sonic Softground Probing SSP) entwickelt, optimiert und getestet, das sich direkt in Tunnelbohrmaschinen<br />

einbauen lässt. SSP arbeitet nach dem Prinzip der seismischen Reflexion. Ein<br />

Sender, der im Schneidrad der Bohrmaschine installiert ist, sendet ein Schallsignal ab, das sich


Stroink/Mosbrugger – Integratives Forschungsmanagement management 39<br />

in seinem Frequenzbereich charakteristisch von den Umgebungsgeräuschen unterscheidet. Je<br />

nach Beschaffenheit des Untergrundes wird das Signal unterschiedlich stark reflektiert – bis zu<br />

einer Reichweite von cirka 40 Metern vor der Maschine. Die reflektierten Schallwellen werden<br />

durch mehrere Empfänger, die ebenfalls in dem sich drehenden Schneidrad eingebaut sind, registriert<br />

und in konkrete Informationen für den Maschinenführer umgewandelt. Mit SSP können<br />

plötzliche Gesteinswechsel, Störungen oder Störkörper wie Findlinge während des Bohrbetriebes<br />

erkannt werden. Dem Maschinenführer bleibt ausreichend Zeit, die Fahrweise der Bohrmaschine<br />

anzupassen. Teure Reparaturzeiten oder gar Komplettausfälle der millionenschweren Bohrwerkzeuge<br />

können so vermieden werden. Die neue Technologie eignet sich besonders für den Einsatz<br />

in Großstädten. Hier ist aufgrund der dichten Bebauung eine verlässliche geophysikalische<br />

Erkundung des Untergrundes vor der Baumaßnahme nicht oder nur eingeschränkt möglich. Ein<br />

breites Feld zukünftiger Anwendungen für eine Technologie die, in Deutschland entwickelt, nun<br />

zur Serienreife gebracht wird.<br />

Fazit<br />

Koordination, Kommunikation und Motivation sind heute zentrale Herausforderungen im Wissenschaftsmanagement,<br />

um in transdisziplinären Forschungsverbünden Verständnis- und Verständigungsschwierigkeiten<br />

sowohl zwischen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen als auch mit<br />

deren Partnern aus der Praxis entgegenzutreten.<br />

Das nationale FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN mit seinem breiten Spektrum an aktuellen<br />

wissens- und gesellschaftspolitischen Forschungsthemen setzt diese grundlegende Forderung<br />

mit einem innovativen Konzept in die Praxis um. In mehr als 100 Verbundprojekten arbeiten Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler unterschiedlichster Forschungsdisziplinen zusammen.<br />

Auch die Kooperation mit ihren Kollegen aus der Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren<br />

stetig fortentwickelt: Ergebnis eines systematisch ausgebauten Kommunikationskonzeptes, das<br />

durch gezielte Vermittlung, beide Seiten zu motivieren verstand.<br />

Kommunikation ist bekanntermaßen aber keine „Einbahnstraße“. Sie muss alle Partner berücksichtigen.<br />

Dies bedeutet, auch die Öffentlichkeit in die Aktivitäten zu integrieren – ein erst in jüngerer<br />

Zeit akzeptierter Partner der Wissenschaft. Dabei ist es die öffentliche Hand, die mit ihren<br />

Steuergeldern Wissenschaft zu einem herausragenden Anteil finanziert. Das Managementkonzept<br />

des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN versucht diesen ganzheitlichen Ansatz umzusetzen.<br />

Wichtige Säulen eines modernen Forschungsmanagements wie „Wissenschaftskoordination“,<br />

„Wirtschaftsintegration“, und „Öffentliche Präsentation“ sind an einer Stelle konzentriert.<br />

Komplementär zu bestehenden Verwaltungsstrukturen, aber flexibler in der Gestaltung, wird<br />

so die praktische Umsetzung eines komplexen Forschungsprogramms sichergestellt. Eine abschließende<br />

Bewertung kann zwar erst am Ende der zwölfjährigen Förderphase erfolgen. Schon<br />

heute aber zeichnet sich ab, dass das FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN Modellcharakter für<br />

zukünftige Programme dieses Zuschnitts haben könnte.<br />

Koordination, Kommunikation<br />

und Motivation sind heute zentrale<br />

Herausforderungen im Wissenschaftsmanagement,<br />

um in<br />

transdisziplinären Forschungsverbünden<br />

Verständnis- und Verständigungsschwierigkeiten<br />

sowohl<br />

zwischen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen<br />

als auch mit<br />

deren Partnern aus der Praxis<br />

entgegenzutreten.<br />

Kontakt:<br />

Dr. Ludwig Stroink<br />

Leiter Geschäftsstelle GEOTECHNOLOGIEN<br />

Helmholtz-Zentrum Potsdam<br />

Deutsches GeoForschungsZentrum<br />

Telegrafenberg<br />

14473 Potsdam<br />

Tel.: +49 331-288 1070<br />

stroink@gfz-potsdam.de<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


40 forschungsinformation II<br />

inforMationssysteMe<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Wolfgang Adamczak<br />

Mehrwert − nicht Mehrarbeit<br />

für Forscherinnen und Forscher<br />

„Forschungsbericht online“ an der Universität Kassel<br />

Berichte zur forschung sind in Deutschland für die universitäten gesetzliche Pflicht. Wis-<br />

senschaft und forschung sind nicht nur frei, sondern ihre entwicklung kann sich nur in<br />

öffentlicher auseinandersetzung vollziehen. Gerade vor dem geschichtlichen hintergrund<br />

des nationalsozialismus in Deutschland und des heutigen Wettbewerbs der forschungs-<br />

institutionen ist der anspruch auf Öffentlichkeit der forschung sehr hoch. sinnvolle for-<br />

schungsberichterstattung dient mehr als „nur“ den gesetzlichen Zwecken.<br />

Sie ist auch ein Mittel der Öffentlichkeitsarbeit, um <strong>Medien</strong>, Politik und Interessengruppen zu erreichen.<br />

Über das Internet wird auch die Scientific Community viel schneller erreicht als nur über<br />

den klassischen Weg der Publikation. Und Forschungsberichte zeigen zudem nicht mehr nur<br />

Ergebnisse, sondern „work in progress“. Schließlich bietet die Forschungsberichterstattung für<br />

Evaluierungen durch Hochschulleitungen und die Wissenschaftspolitik Möglichkeiten, prospektiv<br />

zu erkennen, zu welchen Themen mit welchen Mitteln wo geforscht wird und wo die Desiderate<br />

sind, die mit entsprechender Förderung abgebaut werden müssen.<br />

Daten einmal eingeben und vielfach nutzen<br />

Zu diesem Zweck sind (internetbasierte) Werkzeuge entwickelt worden. Forschungsberichterstattung<br />

ist aber primär kein „technisches“ Problem. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

lieben es, zu forschen. Doch Berichte zu schreiben, ist eine ungeliebte Pflicht. Das an der Universität<br />

Kassel eingeführte Tool ist daher als Organisationswerkzeug so angelegt, dass die o.a.<br />

Intentionen mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen sind. Daten müssen nur einmal eingegeben<br />

werden, um verschiedene Aufgaben zu erledigen. Notwendige Arbeiten sollen schnell erledigt<br />

werden können. Ziel ist es, nicht Mehrarbeit, sondern Mehrwert für Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler zu schaffen. Das Präsidium der Universität Kassel hat zudem beschlossen,<br />

dass die Eintragung in „Forschungsbericht online“ verpflichtend ist und als Grundlage von Evaluierungen<br />

genutzt wird.<br />

Berichts- und Evaluierungs-Tool<br />

Auf der Webseite eines Fachbereichs kann auf Berichte, Projektbeschreibungen oder Publikationen<br />

in „Forschungsbericht online“ verwiesen werden, so dass keine zusätzliche Arbeit notwendig<br />

ist, um über die Forschung zu berichten. Alle Seiten sind direkt adressierbar. Schnell<br />

und unkompliziert können Fachbereichs-, Instituts- und/oder Fachgebietsberichte zur Forschung<br />

generiert werden, die für Evaluationen oder die Öffentlichkeitsarbeit benötigt werden. Darüber<br />

hinaus können individuelle Fachgebiets-, Instituts- und/oder Fachbereichs-Bibliografien erstellt<br />

werden. Zudem kann die gesetzlich vorgeschriebene Anzeige für Drittmittelprojekte über „Forschungsbericht<br />

online“ erstellt werden. Projekteintrag und Drittmittelanzeige werden in einem<br />

Arbeitsgang erledigt.


Common European Research Information Format<br />

„Forschungsbericht online“ folgt den Anforderungen von CERIF (Common European Research<br />

Information Format), das die Verknüpfung von Personen, Projekten und Institutionen ermöglicht.<br />

CERIF wird von der europäischen Organisation euroCRIS weiterentwickelt. Das erleichtert den<br />

Weg zu Austauschformaten mit anderen Datenbanksystemen z.B. für Fachinformationssysteme.<br />

Die lästige Doppelt- und Dreifachanfrage zu denselben Projekten wird damit überflüssig.<br />

Ebenen der Informationseingabe<br />

Institutionelle Daten werden in einem Bericht dokumentiert. Dazu gehören u.a.<br />

u Struktur der Einrichtung und zugehörige Professuren,<br />

u Schwerpunkte und deren (externe) Finanzierung,<br />

u Strategie der Positionierung des Fachbereich mit seiner Forschung,<br />

u Besondere Ressourcen (große Geräte, besondere Archive ...),<br />

u Gutachtertätigkeiten, Herausgeberaktivitäten und (gewichtige) Ehrungen von Fachbereichsmitgliedern<br />

sowie<br />

u Kooperationen mit anderen Institutionen in der Forschung.<br />

In den Zielvereinbarungen mit dem Präsidium spielt die Entwicklung der Forschung eine wichtige<br />

Rolle. Die o.a. Angaben sind daher ohnehin im jeweiligen Bereich vorhanden und damit schnell<br />

im „Forschungsbericht online“ aktualisierbar.<br />

Bei Projektbeschreibungen werden u.a. folgende Angaben abgefragt:<br />

u LeiterIn und weitere Beteiligte<br />

u Titel<br />

u kurze Beschreibung des Projekts<br />

Liegt eine (ausführliche) Beschreibung des Projekts schon im WWW vor, kann direkt die entsprechende<br />

Internet-Adresse eingegeben werden. Um die Eingabe komfortabler zu gestalten,<br />

kann ein Editor aktiviert werden, der ähnliche Funktionalitäten wie gängige Textverarbeitungen<br />

(z.B. Word oder OpenOffice) zur Formatierung und Gestaltung von Texten bietet.<br />

u Laufzeit des Projektes<br />

Die Laufzeit ist für das automatische Mahnverfahren wichtig, das im Tool implementiert ist.<br />

u Drittmittelförderung des Projektes<br />

Hiermit kann gleichzeitig die Drittmittelanzeige erstellt werden. Nach Beendigung der Dateneingabe<br />

kann diese ausgedruckt, unterschrieben und an die Haushaltsabteilung/Drittmittelbewirtschaftung<br />

geschickt werden. Diese Daten sind extern nicht sichtbar.<br />

u Status der eingegebenen Information<br />

Daten sind nur dann für Externe sichtbar, wenn der Status „öffentlich“ angeklickt ist. Diese<br />

Angaben können weiter bearbeitet werden. Beim Status „Archiv“ sind die Daten weiterhin<br />

öffentlich aufrufbar, können aber nicht mehr bearbeitet werden. Damit wird eine Historie der<br />

Forschungsaktivitäten aufrufbar.<br />

u Publikationen<br />

Entsprechend bibliografischen Standards können Publikationen eingetragen werden. Wenn<br />

forschungsinformation II 41<br />

Literatur/Links:<br />

Adamczak, W./Gradmann, S./Plumbaum; J., On the<br />

way from research information to research management<br />

systems − what are the needs for universities?“<br />

in Asserson, A./Simons, E., Enabling Interaction and<br />

Quality: Beyond the Hanseatic League. 8th international<br />

Conference on Current Research Information Systems,<br />

Leuven 2006.<br />

http://forschung.uni-kassel.de/<br />

http://www.eurocris.org<br />

http://www.openarchives.org/<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


42 forschungsinformation II<br />

Kontakt:<br />

Dr. Wolfgang Adamczak<br />

Universität Kassel<br />

UniKasselTransfer<br />

Forschungsreferat<br />

Gottschalkstr. 22<br />

34125 Kassel<br />

Tel.: +49 561 804-2224<br />

adamczak@uni-kassel.de<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

diese in der Kasseler Online Bibliothek, Repository und Archiv (KOBRA) abgelegt sind, können<br />

die dort liegenden Daten direkt vom „Forschungsbericht online“ übernommen werden. Damit<br />

ist eine wichtige Forderung der Open-Archive-Initiative erfüllt worden, nämlich die freie Zugänglichkeit<br />

von Publikationen und deren Verknüpfung mit anderen Informationssystemen.<br />

Am Ende der Publikations-Eingabe werden alle zum jeweiligen Bereich gehörenden Projekte<br />

aufgerufen. Jede Publikation kann dann mit dem Projekt verknüpft werden, aus dem ihr Material<br />

stammt. Es können auch mehrere Projekte mit einer Publikation und umgekehrt verknüpft<br />

werden.<br />

Datenausgabe über eine Recherche<br />

Es kann nach Projekten, Personen, Publikationen und Institutionen gesucht werden. Mit der Recherche<br />

kann eine individuelle, die Fachgebiets-, Instituts- oder Fachbereichsbibliografie erstellt<br />

werden. Ebenso kann für die o.a. Ebenen eine Auflistung der Forschungsprojekte erfolgen. Zusätzlich<br />

kann der Zeitrahmen bestimmt werden, für den Projekte und Publikationen ausgegeben<br />

werden sollen. Diese Datei kann mit einer Textverarbeitung weiter bearbeitet werden. Das bietet<br />

die Möglichkeit, für Berichte schnell und komfortabel (bearbeitbares) Datenmaterial zu erzeugen<br />

und weiter zu aufzubereiten.<br />

Ausblick<br />

Die kontinuierliche Pflege von „Forschungsbericht online“ bedeutet nicht nur Arbeit, sondern eröffnet<br />

vielfältige Nutzungen einmal eingegebener Daten. Die „tägliche“ Nutzung der Daten und<br />

die Verbesserung des Mehrwertes sind Ziele der weiteren Entwicklung von „Forschungsbericht<br />

online“. Es soll ein wichtiges Arbeitsinstrument in der gesamten „Forschungskette“ von der Idee<br />

über das (extern finanzierte) Projekt bis zur Verwertung von Ergebnissen werden.


Marianne Schork<br />

Präsentation von Forschungsobjekten<br />

im Internet<br />

Die zentrale Forschungsdatenbank der Universität Heidelberg<br />

Die forschungsdatenbank der universität heidelberg, ein service des forschungsdezer-<br />

nates der Zentralen universitätsverwaltung, existiert seit anfang der 1990er-Jahre und<br />

wurde als ersatz für den forschungsbericht in Papierform zunächst als Pc-Datenbank<br />

ohne netzzugang (stn Personal file system) entwickelt. Mitte der 90er-Jahre wurde die<br />

umstellung auf die relationale Datenbank oracLe realisiert. Damit konnte über eine ent-<br />

sprechende verschlüsselung und ein Berechtigungskonzept die Datenpflege über eine di-<br />

rekte schnittstelle zum Webserver ermöglicht werden. Mit oracle wurde außerdem eine<br />

einbindung in das bestehende Dienststellen-, Personal- und studierendensystem reali-<br />

siert.<br />

Der anfängliche Anspruch, den Forschungsbericht in Papierform durch eine Beschreibung der<br />

Forschungsprojekte in der Datenbank abzulösen, wurde zunehmend durch neue Anforderungen<br />

an Darstellung und Transparenz von Forschungsleistungen ergänzt. Das Internet entwickelte sich<br />

zudem immer mehr zum Rechercheinstrument für unterschiedliche Interessentengruppen.<br />

War am Anfang noch ein Erhebungsbogen in Papierform erforderlich, um die formale und inhaltliche<br />

Erschließung eines Projektes zu ermöglichen, konnten nach Einführung der Datenbank die<br />

formalen Projektdaten über eine Online-Eingabemaske zunächst zentral erfasst und dezentral<br />

vom Projektleiter ergänzt werden. Diese Daten werden ausschließlich zentral und nach entsprechender<br />

Prüfung fürs Internet frei geschaltet.<br />

Mit der Möglichkeit, Projektdaten dezentral über Internet zu pflegen, wuchsen auch die Anforderungen<br />

an die Darstellungs-, Recherche- und Ausgabemöglichkeiten. Das System erlaubt eine<br />

individuelle Gestaltung der Projektbeschreibungen, Grafiken und Bilder können ebenso eingebunden<br />

werden wie Internetlinks. Jedes Institut kann von seiner Homepage aus Links zu seinen<br />

Projekten in der Forschungsdatenbank setzen. Recherchen/Abfragen sind nach verschiedenen<br />

Kriterien möglich, es kann nach Projekttitel, Projektmitarbeiter und Schlagworten gesucht werden,<br />

aber auch eine Volltextsuche steht zur Verfügung.<br />

Die Forschungsdatenbank gibt dem Wissenschaftler die Möglichkeit, seine Forschung für seine<br />

Interessentengruppe (Studierende, Absolventen, Fach-Community) zu präsentieren. Darüber hinaus<br />

bietet die faktische Darstellung der Forschungsaktivitäten an der Universität Informationen<br />

für Geldgeber (Ministerien, Industrie, Stiftungen), die Politik (Landtagsanfragen), die Öffentlichkeit<br />

regional/überregional (Privatpersonen, Unternehmen, Wissenschaftsjournalisten) und für die<br />

Hochschulleitung (Steuerungsbedarf nach Leistung, Output). Außerdem dient sie dem Bereich<br />

„Informationsmanagement“ des Forschungsdezernates als Rechercheinstrument zur zielgruppenspezifischen<br />

Vermittlung von Forschungsförderprogrammen.<br />

Die Akzeptanz der Datenbank hängt wesentlich von den Zugriffsmöglichkeiten und von der Gestaltung<br />

ab. Momentan pflegen die Institute lieber noch ihre eigene Homepage und bilden ihre<br />

forschungsinformation II 43<br />

Die Forschungsdatenbank der Universität Heidelberg<br />

im Internet: www.zuv.uni-heidelberg.de/forschung/<br />

forschungsdatenbank/index.html<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


44 forschungsinformation II<br />

Kontakt:<br />

Marianne Schork<br />

Informationsmanagement<br />

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg<br />

Dezernat für Forschung und Projektmanagement<br />

Seminarstraße 2<br />

69117 Heidelberg<br />

Tel.: +49 6221 54-2367<br />

marianne.schork@zuv.uni-heidelberg.de<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Forschungsaktivitäten meistens auf einer statischen Seite ab. Die Leistungsfähigkeit einer zentral<br />

gepflegten Datenbank mit Online-Zugriff und Gestaltungsmöglichkeit durch den Projektleiter<br />

sowie das Einsparpotenzial für die Unterhaltung einer eigenen Internetseite zur Präsentation von<br />

Forschungsaktivitäten werden nur teilweise erkannt und genutzt.<br />

Aus der unterschiedlich ausgeprägten, bislang eher mäßigen Akzeptanz der Forschungsdatenbank<br />

durch die Projektleiter resultiert eine unzureichende Ergänzung von Daten und damit eine<br />

unvollständige Abbildung der Forschungsaktivitäten. Es erscheint daher wichtig, die Anforderungen<br />

der Institute an die Datenbank zu ermitteln und besser zu berücksichtigen. Gleichzeitig<br />

muss verdeutlicht werden, dass mit der kostenlosen Dienstleistung der Datenbankbereitstellung<br />

und -programmierung dem Forscher ein leistungsfähiges, jederzeit erweiterbares System zur<br />

Verfügung steht, mit dem er seine Forschungsarbeit im Internet präsentieren kann.<br />

Annette Lewerentz<br />

Forschungsdaten mit SAP<br />

effizient verwalten<br />

Die Forschungsdatenbank der Freien Universität Berlin<br />

für Drittmittelprojekte<br />

in den letzten Jahren ansteigende Drittmitteleinwerbungen der freien universität Berlin<br />

weisen auf eine zunehmende anzahl an Drittmittelvorhaben hin. Das spezifizierte Berichtswesen<br />

für unterschiedliche nutzerkreise, erhöhter informationsbedarf an Daten für<br />

universitäre steuerungsprozesse wie auch die umstrukturierung der universitären forschungslandschaft,<br />

z.B. durch die Bildung von sogenannten Wissensclustern und den<br />

Wettbewerb bei der exzellenzinitiative, bedeuten neue anforderungen an ein it-gestütztes<br />

informationssystem zu forschungsdaten. Quantitative und qualitative informationen zum<br />

universitären forschungsprofil müssen zielgruppen- und themenorientiert, schnell und<br />

nutzerfreundlich aufbereitet werden.<br />

Mit der Einführung von SAP 2004 im Personal- und Haushaltswesen, 2005 in der Studierendenverwaltung<br />

wurden an der Freien Universität die Homogenisierung der IT-Landschaft sowie die<br />

Optimierung der internen Geschäftsgänge weiter ausgebaut. Dies betraf ebenso die effiziente<br />

Verwaltung von Drittmitteln und Forschungsinformationen. Bis 2004 existierten für das administrative<br />

und inhaltliche Management drittmittelgeförderter Forschungsprojekte heterogene, z.T.<br />

unkompatible Datenbanksysteme. Auf die Evaluation der Geschäftsprozesse in der Drittmittelverwaltung<br />

folgend wurde 2005 eine Forschungsdatenbank für Drittmittelvorhaben implementiert,<br />

die die technisch veralteten IT-Systeme ablöste.<br />

Ziele sind zum einen Optimierungseffekte im Arbeitsablauf durch die integrative Verwaltung der<br />

Drittmittelvorhaben, zum anderen die formale und inhaltliche Aufbereitung von Forschungsin-


formationen als Basis für das Berichtswesen, für die Außendarstellung der universitären Forschungen,<br />

für statistische Auswertungen, unterschiedlichste Rechercheanforderungen und<br />

strategische universitäre Entscheidungen. Um zugleich dem Homogenisierungsanspruch an<br />

die IT-Landschaft entsprechen zu können, bot sich die Entwicklung einer SAP-Applikation als<br />

Forschungsdatenbank an, die die einzelnen SAP-Module einbeziehen und durch Berechtigungskonzepte<br />

unterstützt sichere Mehrfachzugriffe gewährleisten sollte. Damit konnte sowohl den<br />

formalen und inhaltlichen Anforderungen eines Forschungsinformationssystems genüge getan<br />

werden als auch durch die integrative Nutzung der SAP-Schnittstellen Datenredundanzen und<br />

mehrfache Arbeitsvorgänge vermieden werden. Dies bedeutet zugleich eine technische und<br />

qualitative Abhängigkeit zwischen den einzelnen Schnittstellen des SAP-Systems, insbesondere<br />

bei der Datenpflege durch unterschiedliche Arbeitsbereiche oder bei Releasewechseln von SAP.<br />

SAP bietet bislang keine IT-Anwendung für die Abbildung qualitativer Forschungsinformationen.<br />

Daher wurde die Forschungsdatenbank als separate SAP-Applikation mit referenziellem Zugriff<br />

auf Stammdaten einzelner SAP-Module generiert: SAP-FI/CO/PSM zur Finanzverwaltung der<br />

Drittmittelprojekte, SAP-HR zur Personalverwaltung, SAP-HR-Organisationsmanagement zur Einbindung<br />

der Einrichtungen in die Organigraphie der Freien Universität, SAP-Geschäftspartnerverwaltung<br />

zur Erfassung von Kooperationspartnern und SAP-Textverwaltung für die Verzeichnung<br />

von projektbezogenen Abstracts und Schlagworten. Die Datenbank dient zudem als Datenbasis<br />

für die Online-Forschungsdatenbank der Freien Universität.<br />

Diese Form der technischen und inhaltlichen Einbindung eines Forschungsinformationssystems<br />

in die SAP-Landschaft ist bundesweit bislang einzigartig. Somit lassen sich durch Drittmittel<br />

geförderte Forschungsvorhaben aller Wissenschaftler der Freien Universität nach formalen und<br />

inhaltlichen Kriterien – z.B. nach Forschungsthemen über ein systematisches Schlagwortverzeichnis,<br />

Projekttypen, Verbundforschungen inklusive Kooperationspartner – umfassend recherchieren.<br />

Forschungsinhalte und Ziele werden in Abstracts skizziert. Dadurch werden aktuelle<br />

Forschungen und Forschungsbeziehungen der Freien Universität fächerübergreifend dargestellt<br />

und zugleich das universitäre Forschungsprofil der Öffentlichkeit präsentiert.<br />

forschungsinformation II 45<br />

Kontakt:<br />

Dr. Annette Lewerentz<br />

Freie Universität Berlin<br />

Abt. VI Forschung<br />

Kaiserswerther Str. 16-18<br />

14195 Berlin<br />

Tel.: +49 30 838-73608<br />

annette.lewerentz@fu-berlin.de<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


46 forschungsinformation II<br />

Die Forschungsdatenbank der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven<br />

im Internet:<br />

www.fh-oow.de/forschung/<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Andrea Meinen<br />

Wissenschaftskommunikation<br />

per Mausklick<br />

Beispiel Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven<br />

Die fachhochschule oldenburg/ostfriesland/Wilhelmshaven (fh ooW) verfügt über ein<br />

breites spektrum an Disziplinen und vielfältige forschungsaktivitäten an den fünf studi-<br />

enorten elsfleth, emden, Leer, oldenburg und Wilhelmshaven. Dieses forschungsprofil der<br />

größten fachhochschule niedersachsens intern und extern zu kommunizieren, hat in den<br />

letzten Jahren ständig an relevanz gewonnen.<br />

„Gutes zu tun und darüber zu reden“ trägt nämlich nicht nur zum Imagegewinn bei, sondern<br />

dient auch der Akquisition neuer forschungsbezogener Kooperationen. Zusammenarbeit lohnt<br />

sich gemäß aktueller Förderparameter externer Fördergeber. Finanzielle Unterstützung erhalten<br />

derzeit bevorzugt solche Projekte, die interdisziplinär angelegt sind und unter Beteiligung mehrerer<br />

Hochschulen sowie Unternehmen durchgeführt werden.<br />

Information und Kommunikation werden somit zu den bestimmenden Faktoren bei der erfolgreichen<br />

Einwerbung von Drittmitteln. Forscherinnen und Forscher brauchen dafür ein effizientes<br />

Informations- und Kommunikationssystem. So entstand vor fünf Jahren an der FH OOW die<br />

Initiative zur Errichtung einer Forschungsdatenbank. Für die Entscheidung, Berichte über Forschungsprojekte<br />

digital im Internet zugängig zu machen und dafür auf die Herausgabe eines<br />

Wissenschaftsmagazins in Printform zu verzichten, sprachen damals viele überzeugende Argumente,<br />

die sich in der Praxis bestätigt haben:<br />

u Die Datenbank gewährleistet größtmögliche aktualität, da die Wissenschaftler ihre Projektberichte<br />

selbst ins Netz einstellen können und persönlich die Datenpflege übernehmen.<br />

u Anders als bei der Erstellung von Printmedien verfügen Hochschulen mit der Einrichtung einer<br />

Forschungsdatenbank über ein ausgesprochen kostengünstiges Marketinginstrument.<br />

u Forschungsaktive erreichen mit der Präsentation ihrer Forschungsarbeiten eine breite Zielgruppe,<br />

denn Zugriff auf die Datenbank hat weltweit und rund um die Uhr jeder Nutzer eines<br />

internetfähigen Rechners.<br />

Aufgrund der Erfahrungswerte im Umgang mit der Forschungsdatenbank wurde die Bedienungsfreundlichkeit<br />

in den vergangenen Jahren mehrmals optimiert; insbesondere mit dem Ziel, Nutzern<br />

die Recherche zu erleichtern. Per Suchbegriff ist es nun gezielt möglich, themenzentriert<br />

oder personenbezogen zu ermitteln. Abrufbar sind Informationen über bestimmte Forschungsgebiete,<br />

Forschungsschwerpunkte sowie Forschungsverbünde der FH OOW. Außerdem sind alle<br />

rund 200 Einträge – sortiert nach bestimmten Themenkomplexen − in einer Übersichtstabelle<br />

zusammengefasst.<br />

In der Regel gibt es für jeden Eintrag einen Link, der zu einem Bericht über die Ergebnisse der<br />

jeweiligen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten führt. Die Berichte stehen als Druckversion<br />

im pdf-Format zur Verfügung und enthalten einen Kontaktlink zu den verantwortlichen Professo-


innen und Professoren, so dass an einer Zusammenarbeit Interessierte schnell miteinander in<br />

Verbindung treten können.<br />

Mit der Einrichtung der Datenbank im Jahr 2002 war die Zielsetzung verbunden, die Kommunikation<br />

im Forschungsbereich sowohl nach innen als auch nach außen zu optimieren. Lehrende<br />

an einem Studienort der Hochschule sollten sich jederzeit darüber informieren können, auf welchen<br />

Gebieten ihre Kolleginnen und Kollegen an den anderen Studienorten gerade Forschungsund<br />

Entwicklungsarbeiten betreiben. Die Bilanz nach sechs Jahren: Insbesondere eine Hochschule<br />

mit relativ weit voneinander entfernt liegenden Standorten und mit neun Fachbereichen<br />

profitiert von der „Wissenschaftskommunikation per Mouseklick“. Die forschungsbezogene<br />

Kommunikation konnte dadurch wesentlich verbessert werden. Das lässt sich u.a. an der steigenden<br />

Zahl interdisziplinärer Projekte festmachen, die fachbereichs- und standortübergreifend<br />

stattfinden. Durch die Bündelung fachlicher Ressourcen ist es gelungen, die Erfolgsquote bei der<br />

Beantragung externer Fördermittel deutlich zu steigern.<br />

Ulrich Düsterhöft<br />

Höchste Ansprüche an Prozess-<br />

dokumentation<br />

CAQ (computer aided quality assurence) an der Technischen<br />

Fachhochschule Georg Agricola in Bochum<br />

Das hochschul-Know-how hat tradition. Denn die Wurzeln liegen in den technischen in-<br />

novationen des Bergbaus. Gegründet 1816 als Bochumer Bergschule, vermittelt die tech-<br />

nische fachhochschule (tfh) seit knapp 200 Jahren fachkompetenz rund um energie<br />

und umwelt.<br />

Mit Lehr- und Entwicklungsschwerpunkten wie Geoingenieurwesen, Maschinenbau, Zukunftsenergien,<br />

Umwelttechnik, Energietechnik oder Informationstechnologie setzt die TFH heute Zeichen<br />

für den Strukturwandel. Als private, staatlich anerkannte Hochschule hält sie engen Kontakt<br />

zu ihrem Träger und den Unternehmen der Region. Als eine der ersten Hochschulen hat die<br />

TFH die Qualität ihrer Ausbildung durch ein externes Gutachten nach DIN EN ISO 9001 zertifizieren<br />

lassen. Damit verpflichtet sie sich, einen durchgängig hohen Standard in der Ausbildung zu<br />

gewährleisten. Die TFH setzt auf Praxisbezug in Lehre und Forschung.<br />

Bereits im Jahre 1997 wurde in einem Intranetprojekt eine papierlose Dokumentation der Prozessabläufe<br />

entwickelt. Diese papierlose Dokumentation bildete die Grundlage für das QM-System.<br />

Es wurde konsequent weiterentwickelt und schon in mehreren Unternehmen und Institutionen<br />

erfolgreich eingesetzt und in Zertifizierungsverfahren bestätigt. In Veröffentlichungen<br />

wurde in der Fachpresse darüber berichtet.<br />

forschungsinformation II 47<br />

Kontakt:<br />

Andrea Meinen, Assn.d.LA<br />

Forschungsmanagement<br />

Fachhochschule Oldenburg/<br />

Ostfriesland/Wilhelmshaven<br />

Constantiaplatz 4<br />

26725 Emden<br />

Tel.: 04921/ 807 - 1009<br />

andrea.meinen@fh-oow.de<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


48 forschungsinformation II<br />

Kontakt:<br />

Ulrich Düsterhöft<br />

Qualitätsmanagement<br />

RAG BILDUNG Berufskolleg <strong>GmbH</strong><br />

Herner Str. 45<br />

44787 Bochum<br />

Tel.: +49 234 968-8302<br />

Fax: + 49 234 968-8390<br />

Ulrich.Duesterhoeft@ragbildung.de<br />

www.berufskolleg.ragbildung.de<br />

www.qmpro.net<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Einen weiteren Entwicklungsschritt stellt die Softwareplattform „QMpro.net®“ als datenbankgestützte<br />

Lösung dar. Dieses System wurde für die flächendeckende Einführung integrierter Managementsysteme<br />

genutzt. Nach einer intensiven Testphase hat der Produktivbetrieb im Herbst<br />

2001 im eigenen Hause begonnen.<br />

Das von der DIN EN ISO 9001:2000 geforderte Prozessmodell wird mit Hilfe dieser Software in<br />

Prozesslandkarten dargestellt. Die Prozessabläufe werden grafisch so aufbereitet, dass neben<br />

den eigentlichen Arbeitsabläufen auch die Schnittstellen zu vor- und nachgeschalteten Prozessen<br />

sowie die Prozesseingaben und -ausgaben nach dem SIPOC-Prinzip (Supplier-Input-Process-Output-Customer)<br />

sichtbar werden. Die standardisierte Darstellung stellt sicher, dass in der<br />

Einführung und Umsetzung eines QM-Projektes von Anfang an mit derselben Sprache gesprochen<br />

wird. Das verwendete Schema ist intuitiv, verständlich und für alle Abläufe anwendbar. Es<br />

lässt sich je nach Bedarf auf einem Metaplan vorbereiten und durch die einfachen Strukturen<br />

können die erarbeiteten Ergebnisse leicht über eine Eingabemaske in das elektronische System<br />

übertragen werden. Bereits zu Projektbeginn können Prozessbeschreibungen in den einzelnen<br />

Bereichen aufgenommen und bei Bedarf frühzeitig in ein Intranet eingebunden werden. Dieses<br />

Verfahren ist mehrfach in Unternehmen erprobt und gibt Sicherheit in der technischen Umsetzung.<br />

Durch die Möglichkeit, nahezu alle Mitarbeiter in die Erstellung ihrer Prozessabläufe miteinzubinden,<br />

steigt die Akzeptanz, die QM-Dokumentation für die tägliche Arbeit zu nutzen und Veränderungen<br />

in Form einer „lebenden Dokumentation“ zu visualisieren.<br />

Der Erfolg dieser Vorgehensweise im eigenen und den verbundenen Unternehmen hat dazu geführt,<br />

dass das System auch anderen Unternehmen zur Erstellung ihrer Managementdokumentation<br />

angeboten wurde. Die Nachhaltigkeit des Konzeptes spiegelt sich in den erfolgreichen<br />

Zertifizerungsverfahren der Geschäftspartner und des eigenen Unternehmens wider. Vom 19. bis<br />

20. November <strong>2008</strong> wird diese intranetbasierende Datenbanklösung in München auf der 4. Management<br />

Circle Jahrestagung „Qualität <strong>2008</strong>“ präsentiert.


Sabine Hellmann<br />

Rekrutierung an deutschen<br />

Hochschulen<br />

Werbemaßnahmen gegen rückläufige Studierendenzahlen<br />

Hellmann – Rekrutierung an deutschen Hochschulen weiterbildung 49<br />

Die demografische entwicklung in Deutschland stellt die rentenversicherungsträger, den<br />

arbeitsmarkt und viele andere Bereiche des öffentlichen Lebens vor neue herausforde-<br />

rungen. Dass auch deutsche hochschulen vom demografischen Wandel betroffen sein<br />

werden, zeichnet sich bereits ab. in den letzten Jahren registrierten vor allem ostdeut-<br />

sche regionen einen schwund der studierenden, der das wirtschaftliche Gleichgewicht<br />

an den dortigen einrichtungen ins schwanken zu bringen droht.<br />

Nahmen Bund und Länder den vorausgesagten Anstieg der Studienberechtigten bis 2020 –<br />

überwiegend aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge – noch zum Anlass mit dem „Hochschulpakt<br />

2020“ neue Studienplätze zu schaffen, konzentrieren sich viele Universitäten bereits auf<br />

eine gezielte Anwerbung von Schulabgängern und Studieninteressierten, um ihre Kapazitäten<br />

auslasten zu können – und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ: Die Suche nach<br />

dem „richtigen Studenten“, das Recruiting, hat begonnen.<br />

In ihrer Funktion als Dienstleister sind dabei alle Hochschulen vom steigenden Wettbewerb um<br />

den Wirtschaftsfaktor Student betroffen. An einigen öffentlichen Einrichtungen wird sich zudem<br />

die Einführung der Studiengebühren bemerkbar machen und auch die Konkurrenz unter privaten<br />

Hochschulen steigt mit ihrer zunehmenden Dichte. Doch wie lässt sich der Wissenschaftler von<br />

morgen am besten gewinnen? Einflussfaktoren, die bei der Entscheidung über die Studienplatzwahl<br />

ausschlaggebend sind, reichen von der Einstellung des Elternhauses über den Standpunkt<br />

von Freunden und Lehrern bis hin zur allgemeinen Stimmung in der Öffentlichkeit. Wo also ansetzen?<br />

Tage der offenen Tür, Informationsveranstaltungen, Messeauftritte, Kinder-Uni, Schnupperstudium<br />

und Girls-Day, Anzeigen in Printmedien, im Radio und Fernsehen – und alles stets<br />

mit Blick auf die Kosten-Nutzen-Frage.<br />

Um sich einen detaillierten Überblick über die Situation an deutschen Einrichtungen zu verschaffen,<br />

hat die Redaktion der Zeitschrift Wissenschaftsmanagement und des Newsletters wita im<br />

Juli 2007 eine deutschlandweite Umfrage an insgesamt 109 Hochschulen durchgeführt. Die Interviews<br />

setzten sich in erster Linie mit den bestehenden Werbemaßnahmen (siehe Grafik) sowie<br />

künftigen Vorhaben auf diesem Gebiet auseinandersetzten und machten schnell deutlich, dass<br />

letztlich zwei zentrale Absichten der Hochschulen im Vordergrund stehen, nach denen die passenden<br />

Recruiting-Maßnahmen ausgewählt werden: Aufmerksamkeit wecken und Interessenten<br />

informieren. Dabei kommt der individuellen und offenen Beratung seitens der Universitäten eine<br />

entscheidende Rolle zu. Denn nur durch sie kann nachhaltig vermittelt werden, dass ein Ausbildungsweg<br />

nicht nach der zu erwartenden Arbeitsmarktsituation, sondern entsprechend der<br />

eigenen Interessenlage getroffen werden sollte. Eine solche Fachkenntnis erfordernde Studienberatung<br />

wird an deutschen Einrichtungen jedoch in der Regel nur an den einzelnen Lehrstühlen<br />

angeboten. Sie ist nicht zentral organisiert und bestreitet ihre Mittel meist aus dem Budget der<br />

einzelnen Fachbereiche.<br />

aKtueLLer BeGriff<br />

wita W<br />

Recruiting an deutschen Hochschulen<br />

Unternehmen<br />

Firmen sind auf gute Nachwuchskräfte<br />

angewiesen, die in hohem<br />

Maße durch Hochschulen ausgebildet<br />

werden. Deshalb hat die Industrie<br />

ein eigenes Interesse an attraktiven<br />

Instrumenten, mit denen die richtigen<br />

Studierenden erreicht werden.<br />

Für die Unternehmen ist das<br />

Recruiting der Hochschulen jedoch<br />

noch ein „junges Thema“, wie Sven<br />

Roth aus dem Personalmarketing<br />

der Fraport AG, Frankfurt, zugibt.<br />

„Aber die Universitäten sind auf<br />

dem richtigen Weg.“ Die Fraport AG<br />

kooperiert zum Beispiel mit der Uni -<br />

versität Frankfurt, indem sie für die<br />

Studierenden Praktika anbietet und<br />

im Verlauf des Studiums weiter<br />

Kontakt hält und sie sogar mit Talentprogrammen<br />

fördert, um dann fähige<br />

neue Mitarbeiter gewinnen zu können.<br />

Das Interesse am Studierenden<br />

beginnt also nicht erst mit seinem<br />

akademischen Abschluss. ||<br />

Vereinigungen<br />

Die Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände (BDA)<br />

sieht einen zunehmenden Wettbewerb<br />

um Talente kommen. Und dieser<br />

stellt die Hochschulen nach Darstellung<br />

von Irene Seling, BDA-<br />

Abteilung Bildung und Berufliche<br />

Bildung, vor die Aufgabe, mehr<br />

Autonomie zu fordern und auszufüllen.<br />

Mit einer größeren Flexibilität<br />

hinsichtlich der Bezahlung und der<br />

Arbeitsbedingungen sei es möglich,<br />

internationale Forscher zu rekrutieren.<br />

„Und die Hochschulen müssen<br />

Modelle für die Rekrutierung von<br />

Master- und PhD-Studierenden entwickeln“,<br />

so Seling. Aus Sicht der<br />

Hochschulrektorenkonferenz (HRK)<br />

muss das Thema ganz nach oben. Die<br />

HRK-Generalsekretärin Christiane<br />

Gaehtgens dazu: „Lange war die Personalentwicklung<br />

in Hochschulen ein<br />

blinder Fleck – das darf beim Re crui ting<br />

nicht wieder so geschehen.“ ||<br />

Forschung<br />

Keine der außeruniversitären<br />

For schungseinrichtungen beabsichtigt,<br />

sich an der eigentlichen<br />

Studentenrekrutierung unmittelbar<br />

zu beteiligen. Schon aus traditionellen<br />

Zuständigkeiten obliegt es<br />

den Hochschulen, Studienanfänger<br />

oder -wechsler für ihre Angebote zu<br />

begeistern. Anders hingegen sieht<br />

es bei der Nachwuchsförderung in<br />

der Forschung aus. Die Institute der<br />

Leibniz-Gemeinschaft , Max-Planck-<br />

Gesellschaft sowie der Helmholtz-<br />

Gemeinschaft bieten zum Beispiel<br />

nicht nur spezielle Informationsmöglichkeiten<br />

für Schüler an, sondern fördern<br />

– oft auch in Zusammenarbeit<br />

mit den örtlichen Hochschulen –<br />

die Ausbildung von ambitioniertem<br />

Nachwuchs in der Forschung. Im<br />

Rahmen der Exzellenzinitiative<br />

wird die Arbeitsteilung zwischen<br />

Rekrutierung und Ausbildung sowie<br />

spezieller Forschung geschärft. ||<br />

Institut<br />

1/2007<br />

Einzelpreis 6,50 €<br />

ISSN 1615-3979<br />

ISBN 978-3-932306-88-4<br />

Wirtschafts-<br />

und Wissenschaftsthema<br />

Ein Beispiel zur Nachwuchswerbung<br />

liefert das Astrophysikalische Institut<br />

Potsdam (AIP). Laut Gabriele<br />

Schönherr, unter anderem Scientific<br />

Coordinator, arbeitet das AIP insbesondere<br />

mit der Universität Potsdam<br />

zusammen. Für Schüler werden<br />

Veranstaltungen wie der „Girls’ Day“<br />

und verschiedene Praktika gemeinsam<br />

mit der Universität gestaltet.<br />

Schülergruppen besichtigen regelmäßig<br />

das Institutsgelände und<br />

AIP-Mitarbeiter halten Vorträge an<br />

Schulen. An der Universität Potsdam<br />

und den Berliner Universitäten sind<br />

Wissenschaftler des AIP zudem<br />

direkt in die Lehre eingebunden, so-<br />

dass Diplomanden und Doktoranden<br />

nicht nur über die Forschung, sondern<br />

auch durch Vorlesungen geworben<br />

werden. Die Exzellenzinitiative<br />

bietet auch dem AIP Gelegenheit zu<br />

einer noch engeren Kooperation mit<br />

den Hochschulen. ||<br />

Sonderheft „Recruiting an deutschen Hochschulen“<br />

(wita1/2007), 12 Seiten, 6,50 Euro, <strong>Lemmens</strong> <strong>Medien</strong>,<br />

ISSN 1615-3979<br />

Sabine Hellmann ist Mitarbeiterin in der Redaktion<br />

Wissenschaftsmanagement und hat unter anderem<br />

am Sonderheft „Recruiting an deutschen Hochschulen“<br />

(WITA 1/2007) inhaltlich mitgewirkt.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


50 weiterbildung Hellmann – Rekrutierung an deutschen Hochschulen<br />

Recruiting ist nicht mehr nur<br />

ein Thema der freien Wirtschaft,<br />

in der die Vermittlung von adäquaten<br />

Fachkräften schon seit<br />

Jahrzehnten eine wichtige Position<br />

einnimmt. Recruting hat<br />

längst jüngere Generationen erreicht<br />

und wird als Instrument<br />

zur Gewinnung von Forschungsnachwuchs<br />

in der gesamten deutschen<br />

Hochschul- und Wissenschaftslandschaft<br />

an Bedeutung<br />

zunehmen.<br />

Die grafische Auswertung der angewendeten Re-<br />

cruiting-Maßnahmen (hier die Top Ten) macht deutlich,<br />

welche Bedeutung die Hochschulen vor allem<br />

Informationsveranstaltungen im regionalen Umfeld<br />

einräumen. Datengrundlage der telefonisch durch-<br />

geführten Umfrage: Von den 109 befragten waren<br />

67 (61,47%) Hochschulen unter öffentlicher und 42<br />

(38,53%) unter privater Trägerschaft. 75 (68,81%) von<br />

ihnen befinden sich in den alten, 34 (31,19%) in den<br />

neuen Bundesländern. Im Detail sprachen wir mit 33<br />

(30,28%) Universitäten, 29 (26,61%) Fachhochschulen,<br />

12 (11,01%) Musik- und Kunsthochschulen und<br />

35 (32,11%) sonstigen privaten Hochschulen.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

Geeignete Maßnahmen finden<br />

Welche Werbemaßnahmen für die jeweilige Einrichtung am besten geeignet sind, um die richtigen,<br />

die engagierten und motivierten Studierenden in ausreichender Anzahl anzusprechen,<br />

wird also schon durch die Struktur der Hochschulen entschieden. Kleinere, meist fachspezifisch<br />

ausgerichtete Universitäten oder Fachhochschulen stellen andere Anforderungen an ihre Studentenschaft<br />

als solche, in denen eine große Bandbreite an Studienfächern angeboten wird. Die<br />

Finanzierung großflächiger und allgemein gehaltener Werbemaßnahmen wird sich daher nicht<br />

für alle Universitäten als rentabel erweisen. Es gibt keine Patentlösung für ein erfolgreiches<br />

Recruiting. Vielmehr erfordert das Herausfiltern von passenden Maßnahmen eine gewisse Probezeit.<br />

Um sich auf den Rückgang an Studienberechtigten vorzubereiten, sind die deutschen<br />

Hochschulen folglich zum frühzeitigen Handeln aufgefordert. Als Faustregel gilt: Zwischen fünf<br />

und zehn Jahre kann die Entwicklung und Implementierung einer umfassenden Recruiting-Strategie<br />

in Anspruch nehmen.<br />

Die Fragestellung, wie ambitionierter Nachwuchs rekrutiert werden kann, bleibt dabei nicht auf<br />

die Universitäten beschränkt. Institute z.B. der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft<br />

und der Leibniz-Gemeinschaft fördern die Ausbildung von jungen Forschern und sind<br />

auf eine solide Anzahl von guten Absolventen angewiesen. Vor diesem Hintergrund hat sich die<br />

Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Einrichtungen der außeruniversitären Forschung<br />

bereits nachweislich verstärkt und wird, davon ist auszugehen, auch in Zukunft weiter ausgebaut<br />

werden. So tragen Graduierten- und Doktorandenkollegs, die beispielsweise im Rahmen<br />

der Exzellenzinitative des Bundes und der Länder entstanden sind, explizit zur Vertiefung der<br />

Kooperationen bei.<br />

Anzahl Anwender<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Instrumente<br />

97<br />

75<br />

22<br />

regionale Messen<br />

41<br />

56<br />

84<br />

65<br />

19<br />

Tag der offenen Tür<br />

37<br />

47<br />

71<br />

56<br />

15<br />

überregionale Messen<br />

25<br />

46<br />

67<br />

49<br />

18<br />

Vorstellung in Schulen<br />

28<br />

39<br />

55<br />

43<br />

12<br />

Anzeigen im Internet/E-Mailings<br />

31<br />

24<br />

42<br />

28<br />

14 11<br />

Schnupperstudium<br />

31<br />

39<br />

33<br />

6 9<br />

Spezialveranstaltung (z.B. Lange Nacht der…)<br />

30<br />

34<br />

28<br />

6<br />

Anzeigen in regionaler Presse<br />

insgesamt west ost privat öffentlich<br />

1717<br />

22<br />

17<br />

5 2<br />

Kinder-Uni<br />

20<br />

21<br />

17 17<br />

4<br />

Anzeigen in Fachpresse<br />

4


Jens Heiling<br />

Rechnungslegung staatlicher<br />

Hochschulen<br />

Eine vergleichende Analyse deutscher und US-amerikanischer<br />

Hochschulen<br />

Heiling – Rechnungslegung staatlicher Hochschulen buchbesprechung 51<br />

über Jahrhunderte hinweg hat sich das öffentliche rechnungswesen als das rechnungswesen<br />

öffentlicher Wirtschaftssubjekte herausgebildet. es stellt auf kameraler Basis finanzwirtschaftliche<br />

informationen zur Befriedigung vielfältiger informationsbedürfnisse<br />

von Politik und verwaltung bereit. Kameralistik sowie zahlungsorientierte Kassen- und<br />

haushaltsrechnungen sind bei traditionell administrativer verwaltungssteuerung ein geeigneter<br />

rechnungsstil und erprobte rechnungsinstrumente. seit Mitte der 1990er-Jahre<br />

führt das angelsächsische new Public Management auch in Deutschland zu einer Diskussion<br />

über eine betriebswirtschaftliche neuausrichtung des öffentlichen sektors. Bei<br />

new Public Management geht es darum, öffentliche verwaltungen innerhalb politischer<br />

Zielsetzungen wie unternehmen zu führen. es interessiert nicht mehr die einhaltung von<br />

haushaltsansätzen innerhalb eines mehr oder weniger restriktiven haushaltsrechts, sondern<br />

das erzielte finanzwirtschaftliche ergebnis im sinne einer nettoressourcenentstehung<br />

oder eines nettoressourcenverbrauchs. Die abbildung des finanzwirtschaftlichen<br />

Periodenerfolgs lässt sich am besten mit einem doppischen rechnungsstil und dazugehöriger<br />

Jahresabschlussrechnung erreichen. es liegt deshalb nahe, im Zuge der einführung<br />

betriebswirtschaftlicher steuerungsinstrumente ein „neues“ öffentliches rechnungswesen<br />

zu fordern. Die aktuelle umstellung des öffentlichen rechnungswesens auf<br />

die Doppik und kaufmännische rechnungslegung muss in diesem Zusammenhang gesehen<br />

werden.<br />

Von dieser Entwicklung motiviert, beschäftigt sich Jens Heiling in seiner Dissertation mit der<br />

Rechnungslegung staatlicher Hochschulen. Im ersten Kapitel gibt er einen Überblick über den<br />

Stand der Rechnungslegung staatlicher Hochschulen in Deutschland. Er zeigt auf, dass es in<br />

Wissenschaft und Praxis erhebliche Divergenzen über die „richtige“ Rechnungslegung gibt. Die<br />

Notwendigkeit einer Umstellung des Rechnungswesens staatlicher Hochschulen auf Doppik<br />

und kaufmännische Rechnungslegung nach dem Ressourcenverbrauchskonzept begründet er<br />

mit der damit einhergehenden finanzwirtschaftlichen Transparenz einerseits und den Schwächen<br />

bisheriger kameraler Rechnungen andererseits. Das zweite Kapitel erörtert den fallstudienbasierten<br />

Vergleich als geeignete Methode für die Erforschung der staatlichen Hochschulrechnungslegung.<br />

Hierbei entwickelt der Autor ein Vergleichs-Framework, mit Hilfe dessen er in den<br />

beiden nachfolgenden Kapiteln die Rechnungslegung staatlicher Hochschulen in Deutschland<br />

am Beispiel der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und öffentlicher Hochschulen in den USA<br />

am Beispiel der University of Illinois ausführlich erschließt. Im anschließenden fünften Kapitel<br />

werden die Vergleichsergebnisse zu Empfehlungen für die Ausgestaltung der Hochschulrechnungslegung<br />

in Deutschland verdichtet. Der Autor spricht sich nachhaltig für die Schaffung eines<br />

einheitlichen Rechnungslegungsmodells für staatliche Hochschulen und eines Standard Setters<br />

Jens Heiling<br />

zur öffentlichen Verwaltung<br />

und öffentlichen Wirtschaft<br />

Rechnungslegung<br />

staatlicher Hochschulen<br />

Eine vergleichende Analyse<br />

deutscher und US-amerikanischer Hochschulen<br />

198<br />

BWV • BERLINER WISSENSCHAFTS-VERLAG<br />

Jens Heiling<br />

Rechnungslegung staatlicher Hochschulen.<br />

Eine vergleichende Analyse deutscher und<br />

US-amerikanischer Hochschulen<br />

Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, 285 S.<br />

59,00 Euro, ISBN 978-3-8305-1380-3<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


52 buchbesprechung Heiling – Rechnungslegung staatlicher Hochschulen<br />

Message<br />

Es lassen sich auf vergleichender<br />

Basis einerseits komplexitätsreduziert<br />

die Unterschiede in der<br />

Rechnungslegung aufzeigen und<br />

andererseits nachvollziehbar Vorschläge<br />

zur Entwicklung einer<br />

Hochschulrechnungslegung aufzeigen.<br />

Dadurch leistet der Autor<br />

methodisch und inhaltlich einen<br />

Beitrag zur Weiterentwicklung<br />

des öffentlichen Rechnungswesens.<br />

Prof. Dr. Dietmar Bräunig ist Professor für Management<br />

personaler Versorgungsbetriebe am Institut für<br />

Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung<br />

an der Justus-Liebig-Universität Gießen.<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

nach dem Vorbild des Governmental Accounting Standards Boards (GASB) aus, um Rechnungs-<br />

abschlüsse vergleichen zu können. Im Duktus der Entwicklung des öffentlichen Rechnungswesens<br />

in Deutschland plädiert er für die modifizierte Übernahme der privatwirtschaftlichen<br />

Rechnungslegung. Orientieren könnte sich eine einheitliche Hochschulrechnungslegung an handelsrechtlichen<br />

Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften oder Standards der internationalen<br />

Rechnungslegung. Es ergibt sich dadurch die jeweilige Bilanzierungskonzeption. Die International<br />

Public Sector Accounting Standards (IPSAS) beispielsweise verfolgen das Ziel der Schaffung<br />

weitgehender finanzwirtschaftlicher Transparenz nach dem Grundsatz des True and Fair View.<br />

Die Dissertation von Jens Heiling verdient Beachtung. Bereits die Herausarbeitung des Ist-Zustands<br />

der Rechnungslegung ist verdienstvoll. Darüber hinaus wählt er zur Gewinnung neuer<br />

Erkenntnisse den bei wissenschaftlichen Arbeiten zum Rechnungswesen eher seltenen Weg des<br />

exemplarischen Vergleichs. Er erarbeitet ein Vergleichs-Framework, das ihm eine systematische<br />

Vorgehensweise ermöglicht. Es lassen sich auf vergleichender Basis einerseits komplexitätsreduziert<br />

die Unterschiede in der Rechnungslegung aufzeigen und andererseits nachvollziehbar<br />

Vorschläge zur Entwicklung einer Hochschulrechnungslegung aufzeigen. Dadurch leistet der<br />

Autor methodisch und inhaltlich einen Beitrag zur Weiterentwicklung des öffentlichen Rechnungswesens.<br />

Zumindest teilweise offen bleibt die Frage, ob es für eine staatliche Hochschule im bestehenden<br />

Bildungs- und Wissenschaftssystem notwendig und zweckmäßig ist, auf die Doppik und kaufmännische<br />

Rechnungslegung umzustellen. Lehr- und Forschungsleistungen tragen mit ihren<br />

Wirkungen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bei. Sie sind sachlich nicht mess- und (monetär)<br />

bewertbar. Es fehlt deshalb an funktionierenden Märkten für Wissenschaftsleistungen, weshalb<br />

sich die meisten Hochschulen in Deutschland in staatlicher Trägerschaft befinden. Traditionell<br />

räumen die öffentlichen Träger ihren Hochschulen nach bildungs- und wissenschaftspolitischen<br />

Kriterien Ausgabenbudgets ein. Den Hochschulen obliegt es, die zugewiesenen Gelder mit dem<br />

Ziel der größtmöglichen Wirksamkeit zu bewirtschaften. Es ist zwar möglich, indikatorenbasierte<br />

Budgets wie Erlöse zu behandeln. Ob dies steuerungstheoretisch langfristig sinnvoll und rechnungstheoretisch<br />

konzeptionell überzeugend ist, darf wegen der damit verbundenen latenten<br />

Gefahr eines Steuerungs- und Rechnungsversagens bezweifelt werden. Ohne marktliche Leistungsbewertung<br />

in Form von Erlösen treffen kaufmännischer Jahresabschluss und insbesondere<br />

Ergebnisrechnung auf ein Zweckmäßigkeitsdefizit. Unbeantwortet ist bislang übrigens auch die<br />

Frage, ob sich mit der neuen Hochschulsteuerung überhaupt ein wirksamerer Mitteleinsatz erreichen<br />

lässt. Es besteht die Gefahr, dass die direkten und indirekten betrieblichen und sozialen<br />

Kosten der Steuerung „entfesselter“ Hochschulen die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.<br />

Dieses ökonomische Paradoxon lässt sich auf alle Verwaltungsbetriebe, die nicht<br />

durch Märkte bepreiste oder marktlich bepreisbare Leistungen erstellen, übertragen. Die „richtige“<br />

Umstellung auf Doppik und kaufmännische Rechnungslegung im Kontext der Anwendung<br />

weiterer betriebswirtschaftlicher Instrumente und Methoden ist nicht nur ein formaler Vorgang,<br />

sondern stellt zu Ende gedacht einen hochschulpolitischen Systemwechsel dar. Lehr- und Forschungsleistungen<br />

würden auf unvollständigen Wissenschaftsmärkten bepreist. Hochschulen<br />

müssten ihre Erlöse und Gewinne maximieren. Studierende und Drittmittelgeber würden zu Kundinnen<br />

und Kunden – letztlich zum Nachteil der Qualität (und Freiheit!) von Lehre und Forschung.<br />

Ob dies wirklich politisch gewollt ist, sollte diskutiert werden.


Ralf E. Strauß<br />

Marketingplanung mit Plan<br />

Strategien für ergebnisorientiertes Marketing<br />

<strong>2008</strong>, 307 Seiten, gebunden, 39,95 Euro,<br />

Schäffer Poeschel Verlag, ISBN 978-3-7910-2552-0<br />

War das Marketing früher noch eine Art Kunst, die sich allein durch Kreativität auszeichnen<br />

konnte, ist es heute zu einer angewandten Wissenschaft geworden. Unter den wachsamen<br />

Augen der Geschäftsführung, des Controllings und natürlich der Kunden und des Marktes zählt<br />

auch für das Marketing am Ende des Jahres nur, was es effektiv geleistet hat. Um zu beweisen,<br />

dass Marketing etwas leisten kann und für jedes Unternehmen wertvoll ist, muß es aber auch<br />

mess- und überprüfbar sein. Aktuelle Praxisbeispiele wie unter anderem aus dem Bereich des<br />

Online-Marketings veranschaulichen den 7-Punkte-Plan von der Planung der Planung über die<br />

Kampagnenentwicklung und -exekution bis zur Analyse und Reporting einer erfolgreichen Marketingplanung.<br />

Eine Arbeits- und Lebenshilfe nicht nur für Marketingprofis.<br />

Jörg Hoewner, Michael Jansen, Kirsten Jantke<br />

von der spinnovation zur sinnovation<br />

<strong>2008</strong>, 100 Seiten, broschiert, 39,90 Euro,<br />

Monsenstein & Vannerdat Verlag, ISBN: 978-3-86582-626-8<br />

(Gegen Registrierung auch kostenfrei herunterzuladen unter www.k-zwoelf.com)<br />

Wie der Titel schon vermuten lässt, nähern sich die drei Autoren dem Thema Innovation bewusst<br />

nicht akademisch. In Stil und Gestaltung kann man das überschaubare Buch sogar problemlos<br />

selbst als „innovativ“ bezeichnen. Ob man die waagerechten Textelemente und Textstopper,<br />

feuilletonistischen Schmuckbilder und ganzseitigen Porträts nun als ein Stück gelebte Innovationskommunikation<br />

oder als marketingtechnisch klug gemachte Effekthascherei versteht, bleibt<br />

dem jeweiligen Leser überlassen. Inhaltlich thematisiert das Buch die Herausforderung einer<br />

zeitgemäßen Kommunikation für „Open Innovation“. So berichten die Autoren aus der Agentur-<br />

Perspektive von Projekten, bei denen beispielsweise Netzwerk-Methoden angewandt wurden,<br />

um interne Meinungsführer in Unternehmen zu identifizieren, oder wo mit dem Lead-User-Ansatz<br />

externe Partner in Innovationsprozesse eingebunden wurden. Lesenswert sind vor allem<br />

die Interviews, etwa mit Klaus Burmeister von Z_punkt, Henkel-Chef Prof. Ulrich Lehner oder<br />

Fraunhofer-Institutsleiter Prof. Reinhart Poprawe. Im Kontext des Titels „spinnen“ die Autoren<br />

also weitaus weniger als sie „Sinn“ stiften zum Thema Innovationskommunikation.<br />

Ingo Balderjahn, Joachim Scholderer<br />

Konsumentenverhalten und Marketing<br />

Grundlagen für Strategien und Maßnahmen<br />

2007, 244 Seiten, gebunden, 39,95 Euro,<br />

Schäffer-Poeschel Verlag, ISBN 978-3-7910-2535-3<br />

Nach einer Einleitung in das Konsumentenverhalten auf psychologischen Grundlagen steht das<br />

Verhältnis zum Marketing im Mittelpunkt dieser Publikation. Welche Teilgebiete des Konsumentenverhaltens<br />

sind relevant für das Marketing? Der Beantwortung dieser zentralen Frage folgt<br />

die Darstellung der wichtigsten Marketingstrategien und -instrumente – immer in Bezug auf das<br />

Konsumverhalten der Zielgruppen. So lernt der Leser, welche Zusammenhänge und Erfolgsbe-<br />

buchmarkt 53<br />

Ralf E. Strauß<br />

Marketingplanung mit Plan<br />

Strategien für ergebnisorientiertes Marketing<br />

Ingo Balderjahn, Joachim Scholderer<br />

Konsumentenverhalten und Marketing<br />

Grundlagen für Strategien und Maßnahmen<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong>


54 buchmarkt<br />

www.wissenschaftsmanagement.de<br />

Impressum<br />

Geschäftsführende herausgeber<br />

Dr. Markus <strong>Lemmens</strong>,<br />

<strong>Lemmens</strong> <strong>Medien</strong> <strong>GmbH</strong>, Bonn<br />

Prof. Dr. Detlef Müller-Böling,<br />

Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh<br />

Dr. Johannes Neyses, Universität zu Köln<br />

Prof. Dr. Frank Ziegele, Centrum für Hochschul entwicklung,<br />

Gütersloh, und Fachhochschule Osnabrück<br />

herausgeberbeirat<br />

Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger,<br />

Fraunhofer-Gesellschaft, München<br />

Dr. iur. Dietmar Ertmann,<br />

Universität Karlsruhe (TH)<br />

Prof. Dr. Cornelius Herstatt,<br />

Technische Universität Hamburg-Harburg<br />

Prof. Dr. Péter Horváth,<br />

IPRI International Performance Research Institute g<strong>GmbH</strong><br />

und Universität Stuttgart<br />

Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer,<br />

Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

Prof. Dr. Hanns H. Seidler,<br />

Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V., Speyer<br />

Dr. Horst Soboll, Union des Industries de la Communauté<br />

Européenne (UNICE)<br />

Prof. Dr.-Ing. Hartmut Weule, Institut für Werkzeug maschinen<br />

und Betriebstechnik, Universität Karlsruhe<br />

redaktionsleitung<br />

Klaudia Gerhardt, M.A. (verantw.)<br />

Telefon: +49 228 42137-18<br />

E-Mail: gerhardt@lemmens.de<br />

redaktion Bonn<br />

Telefon: +49 228 42137-0<br />

E-Mail: wissenschaftsmanagement@lemmens.de<br />

redaktion Berlin<br />

K. R. Durth<br />

<strong>Lemmens</strong> <strong>Medien</strong> <strong>GmbH</strong> – Büro Berlin<br />

Hannoversche Str. 15<br />

10115 Berlin<br />

Telefon: +49 30 28045-144<br />

E-Mail: wissenschaftsmanagement@lemmens.de<br />

verlag und anzeigen<br />

<strong>Lemmens</strong> <strong>Medien</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Matthias-Grünewald-Str. 1-3, 53175 Bonn<br />

Telefon: +49 228 42137-0<br />

Telefax: +49 228 42137-29<br />

E-Mail: info@lemmens.de<br />

Internet: www.lemmens.de<br />

Bezugsbedingungen:<br />

Jahresabonnement (6 Ausgaben) e 114,50 inkl. MwSt.<br />

zzgl. Versandkosten (Inland e 10,50; Ausland e 13,75)<br />

Einzelheft e 19,80 inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten<br />

(Inland e 1,40; Ausland e 3,00)<br />

Erscheinungsweise zweimonatlich; Bestellungen über Buchhandel<br />

oder Verlag; Anzeigenpreisliste Nr. 10 (<strong>2008</strong>); Inhalte sind<br />

urheber rechtlich geschützt. Das Abonnement kann mit einer dreimo<br />

na ti gen Frist jeweils zum Jahresende gekündigt werden.<br />

herstellung Courir-Media <strong>GmbH</strong>, Bonn<br />

ISSN 0947-9546<br />

wissenschaftsmanagement 5 • september/oktober • <strong>2008</strong><br />

dingungen einzelne Marketingstrategien wie die Kundenbindung oder die Markenpolitik haben<br />

und wie sie sich auf den potenziellen und tatsächlichen Konsumenten auswirken. Übersichtlich<br />

aufgebaut, mit hilfreichen Diagrammen und veranschaulichenden Bildern ist dieses Fachbuch<br />

für Studierende und Praktiker gleichsam geeignet.<br />

Hochschulrektorenkonferenz<br />

Qualitätsorientierte hochschulsteuerung und externe standards<br />

Projekt Qualitätsmanagement<br />

2007, Beiträge zur Hochschulpolitik 12/2007, 205 Seiten, broschiert,<br />

kostenlos zu beziehen oder zum Download unter www.hrk.de<br />

Im Rahmen ihres Projektes „Qualitätssicherung“ organisierte die Hochschulrektorenkonferenz in<br />

Bonn Ende 2007 die Veranstaltung „Qualitätsorientierte Hochschulsteuerung und externe Standards“,<br />

deren Reden nun gesammelt und in den „Beiträgen zur Hochschulpolitik“ 12/2007 veröffentlicht<br />

wurden. Namhafte Mitglieder der deutschen Hochschullandschaft berichten von ihren<br />

Erfahrungen, diskutieren Neuerungen und geben eine Zielrichtung für die Universität der Zukunft<br />

an: Nicht die Qualitätssicherung der Lehre, sondern die Qualitätsentwicklung soll das Prinzip der<br />

Hochschulsteuerung sein. Im zweiten Teil der Vorträge steht die Internationalität und Internationalisierung<br />

der Qualitätssicherung mit zahlreichen Vertretern aus europäischen Hochschulen im<br />

Zentrum der Debatte.<br />

Robert Ernst-Siebert<br />

KMu im globalen innovationswettbewerb<br />

Eine Untersuchung des betriebsgrößenspezifischen Innovationsverhaltens<br />

und innovationsinduzierter Beschäftigungseffekte<br />

<strong>2008</strong>, 210 Seiten, broschiert, 27,80 Euro,<br />

Rainer Hampp Verlag, ISBN 978-3-86618-218-9<br />

Fallen die Begriffe „Innovation“ und „globaler Wettbewerb“ zusammen, denkt man zumeist an<br />

die großen Namen der internationalen Wirtschaft. Aber auch kleine und mittlere Unternehmen<br />

(KMU) sind im weltweiten Wirtschaftsgeschehen mit Neuerungen, Entwicklungen und Patenten<br />

vertreten. Und nicht nur bei Global Playern sind diese Innovationsleistungen ausschlaggebend<br />

für die Beschäftigungszahlen. Der vorliegende Band geht auf die Spezifikation kleiner und mittlerer<br />

Unternehmen in Innovationsprozessen ein, beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Innovation<br />

und Beschäftigung und führt drei Fallstudien in der Logistikdienstleistung, der maritimen<br />

Industrie und der Umwelttechnologie durch. Theoretische und empirische Befunde werden aufbereitet<br />

und übersichtlich in vielen Tabellen und Schaubildern dargestellt. Nicht zuletzt wird die<br />

Frage gestellt, ob KMU erfolgreich in das nationale Innovationssystem eingebunden sind.


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