Kreative Vielfalt - Bologna-Zentrum
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INSPIRIERTER LEHREN UND STUDIEREN<br />
q Zwei Professoren der Hochschule Bremerhaven wollen das Klima<br />
zum Lehren und Lernen verbessern. Mit ihrer Inititiative begeistern sie<br />
Kollegen und Studierende gleichermaßen<br />
Guugle für ein besseres Lernen<br />
Wenn<br />
Professor Dr. Michael Vogel im Hörsaal<br />
aus seinem früheren Leben erzählt, ist<br />
ihm die Aufmerksamkeit seiner Studierenden<br />
gewiss: Für einen Tourismuskonzern<br />
war Vogel lange Jahre in London und<br />
dann in Paris, er ist im Job um die Welt<br />
gereist und hat eine Karriere gemacht,<br />
von der jetzt viele seiner Studierenden<br />
träumen. „Sie lieben Geschichten aus<br />
der Praxis. Diese persönlichen Erlebnisse<br />
in die Lehre einzubauen, das funktioniert<br />
ausgezeichnet“, sagt Vogel. Er hat<br />
darauf eine Lehrstrategie aufgebaut, für<br />
die er 2008 den Ars-legendi-Preis der<br />
HRK und des Stifterverbandes für die<br />
Deutsche Wissenschaft bekommen hat.<br />
Der Betriebswirt leitet an der Hochschule<br />
Bremerhaven den Studiengang<br />
Cruise Industry Management; einen Wirtschaftsstudiengang<br />
mit seetouristischer<br />
Ausrichtung. Als er nach vielen Jahren<br />
in der Praxis an die Hochschule berufen<br />
worden ist, war das für ihn am Anfang<br />
ein großer Schritt: „In der Industrie hat<br />
man seine Inhalte in einer Viertelstunde<br />
mit einer regelrechten Powerpoint-Orgie<br />
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transportiert. Das funktioniert natürlich<br />
nicht bei einer Lehrveranstaltung von<br />
anderthalb Stunden“, sagt er rückblickend.<br />
„Ich konnte zwar Geschichten aus der<br />
Praxis erzählen, aber sobald die Inhalte<br />
abstrakter wurden, habe ich schnell gelangweilte<br />
Blicke gespürt.“ Michael Vogel<br />
hat sich in neue didaktische Methoden<br />
eingelesen, er hat mit Kollegen gesprochen<br />
und dann in seinen Veranstaltungen<br />
vieles ausprobiert. Besonders die Methode<br />
des problembasierten Lernens hat ihn<br />
angesprochen – und prägt seither seine<br />
Veranstaltungen. „Nach meiner Erfah-<br />
„Es geht nicht darum, ein<br />
Unterhaltungsprogramm mit vielen<br />
Showeffekten abzuspulen!”<br />
rung ist das Lernen anhand geeigneter<br />
Problemstellungen sehr wirkungsvoll.<br />
Deshalb stelle ich Probleme und nicht<br />
Lösungen in den Mittelpunkt“, sagt Vogel.<br />
Viele seiner Beispiele stammen aus der<br />
Presse. Ein Beispiel ist die Finanzkrise, die<br />
er 2008 in das Fach Financial Management<br />
eingebunden hat: die amerikanische<br />
Immobilienkrise, der Kollaps der<br />
Bear Stearns Bank und das beginnende<br />
Übergreifen nach Europa. Weil die Themen<br />
zu der Zeit allenthalben diskutiert worden<br />
sind, konnten die Studierenden selbst<br />
tiefgehend recherchieren. In Vogels Lehre<br />
ging es dann um unterschiedliche Formen<br />
von Schulden und davon abgeleiteten<br />
Wertpapieren, um die Beziehung von Risiko<br />
und Rendite, die Prinzipien der Anlage<br />
und der Unternehmensbewertung, um<br />
die Funktionsweise der Hypothekenfinanzierung<br />
und die Vernetzung der globalen<br />
Finanzmärkte. „Wenn die Studierenden zu<br />
diesen eher trockenen Themen tagtäglich<br />
die Relevanz spüren, dann motiviert sie<br />
das ganz ungemein“, sagt Michael Vogel.<br />
Seine Erfahrungen will Vogel jetzt<br />
in Bremerhaven auf eine breitere Basis<br />
stellen. Dazu hat er zusammen mit<br />
seinem Kollegen Wolfgang Lukas ein groß<br />
angelegtes hochschuldidaktisches Projekt<br />
initiiert; Guugle nennen die Professoren<br />
ihr Konzept, eine Abkürzung für „Gut und<br />
gerne lernen und lehren“. Die Kultusministerkonferenz<br />
und der Stifterverband der<br />
Deutschen Wissenschaft stellen 500.000<br />
Euro bereit, um Guugle zu einem Erfolg<br />
zu machen. „Wir sind der festen Überzeugung,<br />
dass an einer so kleinen Hochschule<br />
wie in Bremerhaven ein Wandel am<br />
ehesten einsetzt, wenn man auf kollegial<br />
angestoßene und durchgeführte Maßnahmen<br />
setzt“, heißt es an der Hochschule<br />
Bremerhaven. Das Guugle-Projekt ist<br />
an der Schnittstelle von Personal- und<br />
Organisationsentwicklung angesiedelt, es<br />
spricht Lehrende ebenso an wie Studierende.<br />
Oberstes Prinzip ist die Freiwilligkeit: