30.11.2012 Aufrufe

Kreative Vielfalt - Bologna-Zentrum

Kreative Vielfalt - Bologna-Zentrum

Kreative Vielfalt - Bologna-Zentrum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

INTERNATIONALER STUDIEREN<br />

qMehr<br />

Luft für den Bachelor<br />

Die Universität Tübingen verlängert die erste Studienphase um zwei<br />

Semester – und schafft ihren Studierenden damit mehr Freiräume für<br />

Auslandsaufenthalte und fachliche Vertiefungen<br />

„W<br />

nerschaften<br />

ir wollten im Studium mehr Freiraum<br />

schaffen“, sagt Professorin Dr. Stefanie<br />

Gropper. Sie ist Prorektorin für Studierende,<br />

Studium und Lehre an der Eberhard Karls<br />

Universität Tübingen und steht hinter<br />

einem Vorstoß, der sich an ihrer Universität<br />

schnell bewährt hat: Die Bachelor-<br />

Studiengänge können künftig um ein<br />

Jahr verlängert werden, die Studierenden<br />

machen dann erst nach vier Jahren ihren<br />

Abschluss. Die gewonnene Zeit können sie<br />

nach eigenem Gusto einsetzen – für einen<br />

Auslandsaufenthalt, für Praxiserfahrungen<br />

oder für eine fachliche Vertiefung.<br />

In Physik und Psychologie gibt es die<br />

verlängerten Bachelor-Programme schon.<br />

„Uns ist wichtig, dass jeder Fachbereich<br />

selbst entscheiden kann, wie lang das Bachelorstudium<br />

dauern soll“, sagt Gropper:<br />

„Für manche Fächer bringen die vier Jahre<br />

einen Vorteil, andere kommen bestens mit<br />

den bisherigen drei Jahren aus.“ Eine Änderung<br />

in der Rahmenordnung hat den Weg<br />

frei gemacht für die neue Flexibilität. In<br />

Gesprächen mit den Fachbereichen und mit<br />

Studierenden ist die Idee dazu entstanden<br />

– auf Anregung von allen Beteiligten, wie<br />

Stefanie Gropper betont: „Diese Lösung ist<br />

im Sinne aller, davon bin ich überzeugt.“<br />

Grund für die Verlängerung des Bachelorstudiums<br />

war eine statistische Delle:<br />

Immer weniger Studierende bewarben sich<br />

für das Erasmus-Programm, die Nachfrage<br />

nach Austausch-Plätzen bei Hochschulpart-<br />

44<br />

ging rapide zurück und auch<br />

das Engagement neben den universitären<br />

Pflichtveranstaltungen ließ nach. Es war<br />

das Tief, das viele Hochschulen unmittelbar<br />

nach der Umstellung auf Bachelor und<br />

Master zu spüren bekommen haben, weil<br />

die Studierenden getrieben waren von der<br />

Sorge, dass sie dann ihr Programm nicht<br />

mehr in der vorgesehenen Zeit schaffen.<br />

„Wir haben uns entschieden, das Problem<br />

offensiv anzugehen“, sagt Stefanie Gropper.<br />

Bei den Studierenden kommt der verlängerte<br />

Bachelor-Zyklus gut an. Das zusätzliche<br />

Jahr können sie nach ihren eigenen<br />

Vorstellungen gestalten. Als Mobilitätsfenster<br />

werden die beiden Semester in der Studienordnung<br />

bezeichnet, und die Mobilität<br />

lässt sich in vielerlei Hinsicht verstehen.<br />

Der klassische Weg ist ein Auslandsaufenthalt.<br />

Wer zwei Semester an einer<br />

fremden Universität verbringen möchte,<br />

„Das zusätzliche<br />

Jahr<br />

stärkt unser<br />

Profil als<br />

Forschungsuniversität“<br />

muss dafür nicht sein Studium verlängern,<br />

denn die Leistungspunkte aus dem Ausland<br />

sollen großzügig angerechnet werden.<br />

Die meisten Studierenden gehen über<br />

das Erasmus-Programm an eine andere<br />

Hochschule oder suchen sich eine der<br />

Partneruniversitäten für ihr Studium aus.<br />

Eine andere Möglichkeit, das Mobilitätsfenster<br />

zu nutzen, sind Praktika. „Wir haben<br />

von potenziellen Arbeitgebern oft die Kritik<br />

gehört, dass in einem sechssemestrigen<br />

Bachelor kein Raum für zusammenhängende<br />

praktische Erfahrungen gewesen ist“,<br />

sagt Stefanie Gropper. Und häufig sind<br />

gerade in den Naturwissenschaften aus<br />

diesen Betriebspraktika die Themen für die<br />

Abschlussarbeiten hervorgegangen. Für die<br />

Tübinger Physiker war das ein ausschlaggebender<br />

Grund für die Verlängerung ihres<br />

Studiengangs. Ein fünfwöchiges Berufspraktikum<br />

findet jetzt in dem längeren Bachelor-<br />

Programm problemlos seinen Platz.<br />

Die dritte Option neben Auslandsaufenthalt<br />

und Praktikum ist es, das zusätzliche<br />

Jahr für eine fachliche Vertiefung zu nutzen.<br />

Das kann an einer anderen deutschen<br />

Universität geschehen, wenn die einen<br />

Schwerpunkt anbietet, den es in Tübingen<br />

nicht gibt. Viele Studierende nutzen aber<br />

auch die Chance, sich gezielt Themen aus<br />

einem anderen Fachbereich zu erschließen.<br />

„Wir bieten die Möglichkeit zu einer individuellen<br />

Interdisziplinarität“, sagt Professorin<br />

Stefanie Gropper. Ermöglicht wird diese<br />

persönliche Wahlfreiheit dadurch, dass die<br />

Fachbereiche in dem Mobilitätsfenster auch<br />

fremde Leistungspunkte großzügig anerkennen.<br />

Für 60 Leistungspunkte – das entspricht<br />

dem Soll von zwei Semestern – gibt<br />

es keine klaren fachspezifischen Vorgaben.<br />

Die ersten Erfahrungen haben die<br />

Lehrenden von der Universität Tübingen<br />

verblüfft: Die Studierenden nutzen ihre neue<br />

Freiheit ausgesprochen kreativ und bauen<br />

sich individuelle Programme zusammen<br />

– manche wählen eine Kombination aus<br />

Fachstudium an einer ausländischen Universität<br />

mit angeschlossenem Praktikum in<br />

einem fremden Land, andere verbinden eine<br />

fachliche Spezialisierung in Deutschland<br />

mit einem Semester jenseits der Grenze.<br />

Diese <strong>Vielfalt</strong> hat dazu geführt, dass<br />

viele Studierende nach dem Bachelor-Abschluss<br />

einen fachfremden Master wählen.<br />

Sie entscheiden sich also für eine andere<br />

Fachrichtung, auf die sie sich während ihres

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!