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Neue Entwicklungen im Betriebsübergangsrecht - praktikerseminar ...

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1<strong>Neue</strong> <strong>Entwicklungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Betriebsübergangsrecht</strong>Vortrag <strong>im</strong> Rahmen des 2. Praktikerseminars Arbeitsrecht und Sozialrechtam 31. 5. 2006, Universität Graz, RESOWI-ZentrumReferent: Ao. Univ.-Prof. Dr. Gert-Peter ReissnerInstitut für Arbeitsrecht und Sozialrecht der Universität Graz1. RechtsquellenFür das (arbeitsrechtsbezogene) <strong>Betriebsübergangsrecht</strong> sind pr<strong>im</strong>är die §§ 1, 3 bis 6AVRAG maßgeblich. Kollektivarbeitsrechtliche Probleme sind auch nach Vorschriften desArbVG abzuhandeln. Die genannten Passagen des AVRAG setzen dieBetriebsübergangsRL 2001/23/EG <strong>im</strong> Wesentlichen für die Arbeitsverhältnisse in derPrivatwirtschaft um.Um die Arbeitnehmeransprüche auch bei Inhaberwechsel zu gewährleisten, ordnet dieRL eine Ex-lege-Übertragung bestehender Arbeitsverhältnisse vom Veräußerer auf denErwerber auf Grund des Überganges an. § 3 Abs 1 AVRAG best<strong>im</strong>mt dementsprechend fürden Fall, dass ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber übergeht,dass dieser als AG mit allen Rechten und Pflichten in die <strong>im</strong> Zeitpunkt des Übergangsbestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt.2. BetriebsübergangsbegriffDer EuGH interpretiert die in Art 1 Abs 1 BetriebsübergangsRL 2001/23/EGenthaltenen Termini „Unternehmen“, „Unternehmensteil“, „Betrieb“ und „Betriebsteil“gemeinschaftsrechtlich und prägt den Überbegriff der wirtschaftlichen Einheit, die in einemeigenständigen organisatorischen Rahmen einen wirtschaftlichen (Teil-)Zweck verfolgt.Eine wirtschaftliche Einheit ist dann als übergegangen zu betrachten, wenn sie <strong>im</strong>Zuge des Überleitungsvorgangs ihre „Identität bewahrt“ hat. Abzustellen ist hiebei auf• die Art der organisatorischen Zusammenfassung des zu übertragenden Elements,• den Übergang oder Nichtübergang von materiellen und <strong>im</strong>materiellen Aktiven,


2• die Übernahme von Belegschaft(steilen),• die Fortführung einer ähnlichen Tätigkeit wie vor der Veräußerung,• die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit 2 .Derartige Umstände sind „global zu bewerten“, womit das Gericht ein beweglichesSystem prägt, bei dem die statuierten Begriffselemente nicht kumulativ gegeben sein müssen,vielmehr ein qualitatives Überwiegen der für einen Betriebsübergang sprechenden Aspekteals ausreichend angesehen wird.E 1) EuGH 14. 4. 1994 Rs C-392/92 (Christel Schmidt) – SparkassenreinigungDRdA 1994, 348 (Kirschbaum) = EAS RL 77/187/EWG Art 1 Nr 9 (Franzen)(vgl auch OGH 10. 2. 1999 DRdA 2000, 332 [Reissner])Überträgt ein Unternehmer einem anderen durch Vertrag die Verantwortung fürdie Erledigung der früher von ihm selbst wahrgenommenen Reinigungsaufgaben undsoll <strong>im</strong> Zuge dieses Vorgangs die bisher damit befasste Reinigungskraft mit übergeleitetwerden, so unterliegt dies der BetriebsübergangsRL.E 2) EuGH 11. 3. 1997 Rs C-13/95 (Ayse Süzen) – SchulreinigungDRdA 1997, 305 (Kirschbaum) = EAS RL 77/187/EWG Art 1 Nr 13 (Steffan)Die BetriebsübergangsRL gilt nicht für den Fall, dass ein Auftraggeber, der dieReinigung von Räumlichkeiten einem Unternehmer übertragen hat, den Vertrag mitdiesem kündigt und zur Durchführung ähnlicher Arbeiten einen neuen Vertrag miteinem anderen Unternehmer schließt, sofern dieser Vorgang weder mit einerÜbertragung relevanter materieller oder <strong>im</strong>materieller Betriebsmittel von dem einen aufden anderen Unternehmer noch mit der Übernahme eines nach Zahl und Sachkundewesentlichen Teils des von dem einen Unternehmer zur Durchführung des Vertrageseingesetzten Personals durch den anderen Unternehmer verbunden ist.In der Reinigungsbranche läuft es idR – nämlich dort, wo ein Einsatz größerer Maschinen nicht sinnvollerscheint – darauf hinaus, dass der zentrale in einer wirtschaftlichen Einheit angelegte Wert jener der„menschlichen Arbeitskraft“ ist. Dabei ist das Know-how bei derart einfachen Arbeiten in der Verlässlichkeitder betroffenen Mitarbeiter und <strong>im</strong> Faktum, dass diese eingearbeitet sind, zu erblicken. Wird daher die in derwirtschaftlichen Einheit tätige Belegschaft in einem erheblichen Ausmaß auf den neuen Inhaber übergeleitet, soist daraus auf einen Transfer maßgeblicher wirtschaftlicher Ressourcen zu schließen, womit einBetriebs(teil)übergang gegeben ist. Dies ist in der E „Christel Schmidt“ von den Unternehmern geplant, daher istdiese E auch zutreffend und nach wie vor ein Baustein in der Judikatur des EuGH zum Betriebsübergangsbegriff,wenngleich die klarstellende E in der Rs „Süzen“ die eigentliche Leitentscheidung zum Thema ist. Der Umstandder Belegschaftsüberleitung ist demnach einerseits ein Aspekt bei der Prüfung desBetriebsübergangstatbestands: Je mehr AN mit Know-how übergeleitet werden, desto eher liegt ein2 Diese Aspekte können auf Grund der erstmaligen Herausarbeitung durch EuGH 18. 3. 1986, Rs 24/85(Spijkers), Slg 1986, 1119 als „Spijkers”-Kriterien bezeichnet werden. Auch der OGH verwendet dieseKriterien in ständiger Rechtsprechung; vgl zB OGH 1. 9. 1999 DRdA 2000, 389 (Binder) – Gasthaus.


3Betriebsübergang vor. Andererseits ist der Übergang der gesamten Belegschaft mit allen Rechten und Pflichtenauch die zentrale Rechtsfolge des <strong>Betriebsübergangsrecht</strong>s. Man könnte auch sagen, dass ein Unternehmer dann,wenn er die Schlüsselkräfte haben will, möglicherweise auch die anderen AN nehmen muss.In jüngerer Zeit war der EuGH wieder verstärkt mit Fällen – auch aus Österreich –befasst, in denen materielle Betriebsmittel eine größere Rolle spielen:E 3) EuGH 20. 11. 2003 Rs C-340/01 (Abler ua) – SpitalskücheZESAR 2004, 135 (Reissner) = infas 2004 E 1(vgl auch OGH 23. 1. 2004 infas 2004 A 42)Art 1 der BetriebsübergangsRL ist so auszulegen, dass diese RL auf eineSituation anwendbar ist, in der ein Auftraggeber, der einen ersten Unternehmervertraglich mit der gesamten Verpflegung in einem Krankenhaus betraut hatte, diesenVertrag beendet und über dieselbe Leistung einen neuen Vertrag mit einem zweitenUnternehmer abschließt, wenn der zweite Unternehmer zuvor von dem erstenUnternehmer benutzte und beiden nacheinander vom Auftraggeber zur Verfügunggestellte wesentliche materielle Betriebsmittel benutzt, und dies auch dann, wenn derzweite Unternehmer zum Ausdruck gebracht hat, dass er die AN des erstenUnternehmers nicht übernehmen will.E 4) EuGH 15. 12. 2005 Rs C-232, 233/04 (Güney-Görres, Demir) – Fluggastkontrolleinfas 2006 E 2 = ARD 5657/8/2006Der Umstand, dass die vom neuen Unternehmer übernommenen Betriebsmittelnicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber zur Verfügung gestelltwurden, kann nicht zum Ausschluss eines Betriebsübergangs führen. Insoweit kommt esbei der Prüfung eines möglichen Betriebsmittelübergangs nicht entscheidend darauf an,ob ein Auftragnehmer eine eigenwirtschaftliche Nutzung der von ihm übernommenenBetriebsmittel fortführt. Ein derartiges Kriterium ergibt sich weder aus dem Wortlautder RL 2001/23/EG noch aus ihren Zielen, nämlich dem Schutz der AN bei einemBetriebsübergang und der Verwirklichung des Binnenmarktes.Zu prüfen ist – dies zeigt sich auch <strong>im</strong> kaum mehr zu überbietenden Extremfall der „Christel Schmidt“-Konstellation – <strong>im</strong>mer auch die Frage, ob eine Aufgabe überhaupt durch eine eigene, „abgrenzbare“ Einheiterledigt wird, ob also eine derartige Einheit aus den sonstigen Tätigkeiten des Unternehmens „ausgrenzbar“ ist.Als Beispiel für das Fehlen einer abgrenzbaren wirtschaftlichen Einheit sei ein kleiner Gewerbebetrieb genannt,in dem es einem Teil der AN – etwa abwechselnd oder <strong>im</strong>mer einigen der dienstjüngeren Mitarbeiter – obliegt,gegen Arbeitsschluss die Betriebsstätte zu reinigen. Genauso kann die Organisation einesReinigungsunternehmens so geartet sein, dass keine fixe Arbeitsgruppe für die Erfüllung eines best<strong>im</strong>mtenAuftrags besteht, sondern zB ohne genaue Vorplanung jeweils <strong>im</strong> Einzelfall verschiedene Mitarbeiter dazueingeteilt werden.


4E 5) OGH 16. 11. 2005 8 ObA 140/04b – „Industriebezogenes Konzept“ARD 5657/7/2006Dem EuGH wird gem Art 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidungvorgelegt: Handelt es sich um den Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils iSd Art 1der RL 2001/23/EG, wenn ohne abgrenzbare Organisationsstruktur be<strong>im</strong> erstenArbeitskräfteüberlassungsunternehmen <strong>im</strong> Zusammenwirken zwischen zweiArbeitskräfteüberlassungsunternehmen von dem erstenArbeitskräfteüberlassungsunternehmen eine Büroangestellte, ein Filialleiter sowieKundenbetreuer und der Geschäftsführer in das zweiteArbeitskräfteüberlassungsunternehmen überwechseln und dort vergleichbareTätigkeiten ausüben und mit ihnen ebenfalls <strong>im</strong> Zusammenwirken der beidenUnternehmen etwa ein Drittel der verliehenen AN samt der dazugehörigen Kunden (mitunterschiedlichen Auftragsgrößen von drei verliehenen AN bis 50 verliehenen AN)teilweise bzw zur Gänze überwechseln.3. Zeitpunkt des BetriebsübergangsE 6) EuGH 26. 5. 2005 Rs C-478/03 (Celtec) – Arbeitsmarktprogramme für Jugendlicheinfas 2005 E 4 = ARD 5630/4/2005Der Zeitpunkt des Übergangs iSd Art 3 Abs 1 der BetriebsübergangsRLentspricht dem Zeitpunkt, zu dem die Inhaberschaft, mit der die Verantwortung für denBetrieb der übertragenen Einheit verbunden ist, vom Veräußerer auf den Erwerberübergeht. Dies ist ein genau best<strong>im</strong>mter Zeitpunkt, der nicht nach Gutdünken desVeräußerers oder Erwerbers auf einen anderen Zeitpunkt verlegt werden kann.Die Arbeitsverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Übergangs in dem vorstehendbeschriebenen Sinne zwischen dem Veräußerer und den <strong>im</strong> übertragenen Unternehmenbeschäftigten AN bestehen, als zu diesem Zeitpunkt vom Veräußerer auf den Erwerberübergegangen anzusehen, unabhängig davon, welche Einzelheiten diese hierzuvereinbart haben.Ein Betriebsübergang kann ohne Weiteres auch <strong>im</strong> Falle eines Pächterwechselsgegeben sein 3 . Hier stellt sich häufig die Frage, ob und gegebenenfalls gegenüber wem denAN bei vorübergehender Betriebsunterbrechung ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zusteht.Beispiel:Der <strong>im</strong> Eigentum des Stifts G befindliche „Stiftskeller“ soll neu verpachtet werden. DerPachtvertrag mit dem bisherigen Pächter läuft am 31. 12. 2005 ab. Der Vertragsabschluss mitdem neuen Pächter verzögert sich. Schließlich n<strong>im</strong>mt der neue Pächter am 15. 2. 2006 denGasthausbetrieb mit demselben Konzept, derselben Einrichtung und denselben Lieferanten wiesein Vorgänger wieder auf.Es wird ein Betriebsübergang iSd § 3 Abs 1 AVRAG vorliegen. Fraglich ist, wer den AN dasEntgelt zwischen 1. 1. und 14. 2. 2006 zu bezahlen hat. Zur Lösung dieses Problems muss3 Erstmals EuGH 10. 2. 1988, Rs 324/86 (Daddy´s Dance Hall), Slg 1988, 739.


5zuerst der Zeitpunkt des Betriebsübergangs best<strong>im</strong>mt werden. Hier wird auf die Ausübung derunternehmerischen Befugnisse durch den neuen Inhaber abgestellt, sodass der 15. 2. 2005 alsmaßgeblicher Termin heranzuziehen ist. Das bedeutet, dass der ausscheidende Pächter für diefraglichen 1 ½ Monate das Entgelt gem § 1155 ABGB leisten wird müssen. Der neue Pächterhaftet gem § 6 Abs 1 AVRAG für die Zahlung mit. Zu beachten ist, dass der alte Inhaber §1155 ABGB für diesen Fall in den Arbeitsverträgen abdingen hätte können (vgl § 1164ABGB). Ob sich einer oder beide Pächter an den Verpächter halten können, hängt davon ab, obdie Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch, etwa aus culpa in contrahendo, erfülltsind.4. Grenzüberschreitender BetriebsübergangEin Betrieb(-steil) kann auch auf einen ausländischen AG übergehen. DerartigeSachverhalte kommen in der Praxis <strong>im</strong>mer wieder vor, höchstgerichtliche Judikatur zumThema gibt es jedoch bislang – soweit ersichtlich – nicht.Beispiel:Aus Rationalisierungsgründen soll der „Innendienst“ (Costumer Sale Center, Marketing,Technik, Schulung) einer Handelsfirma (A-GmbH) auf eine neu gegründete 100%-igeTochtergesellschaft (B-GmbH) in Sopron ausgelagert werden. Best<strong>im</strong>mtenInnendienstmitarbeitern wird von der B-GmbH die Weiterbeschäftigung mit Arbeitsort inSopron angeboten. Sämtliche Innendienst-Mitarbeiter, die von der B-GmbH nicht übernommenwerden, werden gekündigt.5. Kollektivvertrag und BetriebsübergangIst ein KollV für ein Arbeitsverhältnis nicht normativ, sondern nur durcheinzelvertragliche Bezugnahme maßgeblich, so geht diese einzelvertragliche Klausel gem §3 Abs 1 und 3 AVRAG auf den Erwerber über. Die Klausel ist dann nach den §§ 914 f ABGBauszulegen. Ergebnis könnte dabei ein statisches oder ein dynamisches Verständnis derBezugnahme auf den KollV sein.E 7) EuGH 9. 3. 2006 Rs C-499/04 (Werhof) – Bezugnahme auf KollVARD 5672/5/2006 = EuroAS 2006, 47Verweist ein Arbeitsvertrag hinsichtlich der Vergütung auf einen Tarifvertrag,dem der Veräußerer kraft Mitgliedschaft zum abschließenden Arbeitgeberverbandangehört, hat diese Klausel nicht unbedingt „dynamischen“ Charakter.Damit ist ein Betriebserwerber, der diesem KollV nicht angehört, durch neueKollV, die dem zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden KollV nachfolgen, nichtgebunden.


6Der EuGH deutet auch an, dass aus europarechtlicher Sicht ein statisches Verständnis jedenfalls Platzzu greifen habe, weil einerseits Art 3 Abs 3 BetriebsübergangsRL nur eine begrenzte Bindung des Erwerbers anKollV vorsehe und überdies seine negative Koalitionsfreiheit nach Art 11 EMRK zu schützen sei.Nach österreichischem Kollektivvertragsrecht sind folgende Prinzipien zu beachten:• Gehört der Veräußerer einem KollV an, der Erwerber aber nicht, so ist der KollVgem § 8 Z 2 ArbVG mit normativer Kraft auf den Erwerber anzuwenden. Der KollVerfasst daher auch nach Betriebsübergang neu eintretende AN. Er kann aber nurstatisch („eingefroren“) wirken, dh Änderungen des KollV durch dieAbschlussparteien sind nach Betriebsübergang nicht mehr relevant.• Kommt § 8 Z 2 ArbVG nicht zur Anwendung – dies ist insb bei Betriebsübergang voneinem bereits von § 8 Z 2 ArbVG betroffenen AG auf einen Zweiterwerber oder <strong>im</strong>Weiteren bei jedem Folgeerwerber der Fall – dann ist auf diebetriebsübergangsrechtliche Vorschrift des § 4 Abs 1 AVRAG zurückzugreifen.Demnach sind die Inhalte des KollV eingefroren für die vom Betriebsübergangbetroffenen AN für ein Jahr lang zwingend und danach abdingbaraufrechtzuerhalten, und zwar bis zum Erlöschen des KollV oder zum Wirksamwerdeneines die Arbeitsverhältnisse normativ erfassenden KollV.• Gilt für den Erwerber ein KollV, so ist gem § 8 Z 1 ArbVG dieser KollVmaßgeblich.o Hat der Erwerber dieselbe Mitgliedschaft be<strong>im</strong> Arbeitgeberverband wie derVeräußerer, ändert sich kollektivvertragsrechtlich nichts.o Hat der Erwerber eine andere Mitgliedschaft, so kommt es zumKollektivvertragswechsel. Um eine allfällige Schlechterstellung des ANdurch einen Wechsel des KollV abzufedern, legt § 4 Abs 2 Satz 1 AVRAGfest, dass dem AN das vor dem Betriebsübergang in der Normalarbeitszeitgebührende regelmäßige Entgelt nicht geschmälert werden darf.


7F 1)BierführerDer Personalchef einer Brauerei-AG will die Kosten der Bierauslieferung senken. Zudiesem Zweck wird eine 100-%-ige Tochtergesellschaft, die Biervertriebs-GmbH, gegründet,die eine Berechtigung für die Ausübung des Frächtereigewerbes erhält. Der Fuhrpark und diefür die Auslieferung sonst notwendigen Betriebsmittel sowie die LKW-Fahrer und Beifahrerwerden der Biervertriebs-GmbH zugeordnet.Erwin ist seit neun Jahren als Beifahrer tätig. Bald erkennt E, dass ihm sein neuer AGdas nach BrauereiKollV zustehende 15. und 16. Monatsgehalt nicht bezahlen will, außerdemkommt er nicht mehr in den Genuss von weiteren in diesem KollV vorgesehenen Leistungen,nämlich Bierdeputat und Schmutzzulage. Die Biervertriebs-GmbH begründet ihreVorgangsweise damit, dass sie in Hinkunft generell den FrächterKollV anwenden wird, derall diese Zahlungen nicht vorsieht.a) E will sich zur Wehr setzen. Wie ist die Rechtslage?b) Würde sich etwas ändern, wenn E erst nach Gründung der Biervertriebs-GmbH vondieser aufgenommen worden wäre?Der OGH betrachtet die – europarechtlich nicht vorgeschriebenen – Inhalte des § 4Abs 2 Satz 1 AVRAG als verallgemeinerungsfähige Prinzipien des österreichischenKollektivarbeitsrechts:E 8) OGH 23. 11. 2005 9 ObA 127/04y, 9 ObA 128/04w – Bank statt SparkasseDRdA 2006, 149Der Wechsel einer freiwilligen Berufsvereinigung durch den AG führt zurAnwendbarkeit des KollV der neuen Organisation.Auch dann, wenn nach Wechsel des AG zu einer anderen freiwilligenBerufsvereinigung zwar ein KollV gilt, dieser aber entgeltmäßige Verschlechterungenfür die AN bringt, greift § 4 Abs 2 Satz 1 AVRAG analog. Bei freier Entscheidung desAG über eine Mitgliedschaftsänderung ist der AN <strong>im</strong> Hinblick auf die damit ausgelösteKollV-Änderung schutzwürdig.Fällt der Ermächtigungstatbestand für eine BV weg, so geht die darauf gestützteBV nachwirkungslos unter. Beruht allerdings das Normalarbeitsentgelt auf einerkollektivvertragsermächtigten BV und wechselt der AG denkollektivvertragsschließenden Verband, wobei der neue KollV keine entsprechendeErmächtigung enthält, so bleibt das Normalarbeitsentgelt analog § 4 Abs 2 S 1 AVRAGerhalten.

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