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Jahresbericht 2009 - Cusanuswerk

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<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2009</strong><strong>Cusanuswerk</strong>Bischöfliche Studienförderung


<strong>Jahresbericht</strong> 2007Aus dem Jahr <strong>2009</strong> > 6 | Aus dem cusanischen Karriereförderprogramm für Frauen > 10Aus dem Jahr <strong>2009</strong>AAuswahlarbeitGrundförderung > 16 | Auswahlverfahren <strong>2009</strong> > 17 | Examensergebnisse Grundförderung > 23 |Auswahl verfahren in der Promotionsförderung <strong>2009</strong> > 24 | Examensergebnisse Promotionsförderung> 28 | Eingereichte Promotionsschriften > 29BBildungsveranstaltungenJahrestreffen > 36 | Eröffnungsrede beim Jahrestreffen am 6. Juni <strong>2009</strong> > 41 | Ferienakademien > 68 |Graduiertentagungen > 93 | Abschluss-Seminar > 100 | Musikerförderung > 102 | Fachschaftstagungen> 104CGeistliches ProgrammGrundkurs Rhythmus-Atem-Bewegung > 124 | Tage der Begegnung für Paare > 125 | Einkehrtage fürAltcusanerinnen und Altcusaner > 126 | Besinnungstage für Frauen > 126 | Kar- und Ostertage > 128 |Familienexerzitien > 129 | Chorwochenende > 130 | Besinnungstage für Eltern mit Kindern > 131 |Cusanische Familientage > 133 | Exkursion > 134 | Kloster auf Zeit für Männer > 136 | Kloster auf Zeitfür Frauen > 138 | Schweigeexerzitien > 139 | Einstieg in den Advent > 140DVeranstaltungen > 144Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong> > 150Namen und Neuigkeiten > 166Haushalt > 174Personalia > 178EFGHI


<strong>2009</strong>Aus dem Jahr <strong>2009</strong>


Aus dem Jahr <strong>2009</strong>lange Wartezeiten vor Bewerbungen zurückschrecken lassen.Um unter den katholischen Abiturienten möglichst rechtzeitig die Begabtesten zuerreichen, hat der Beirat schon zu Beginn des Mittelaufwuchses die Weichen für dieFörderung ab Studienbeginn gestellt. Auf zwei Bewerbertagen am 13. und 14. November<strong>2009</strong> fand der erste Probelauf mit 21 Aufnahmen statt. Nach erfolgter Evaluationsollen Konsequenzen für die weitere Praxis gezogen werden.Das Cusanische Karriereprogramm für Frauen, das in seiner ersten Phase (2007 bis <strong>2009</strong>)so erfolgreich war, wurde mit Bescheid des BMBF im Sommer <strong>2009</strong> verstetigt; imOktober wurde seine zweite Phase feierlich eröffnet. Das Programm ist weiterhin offenfür Teilnehmerinnen aus allen 12 Begabtenförderungswerken und hat eine sehr erfreulicheAkzeptanz erfahren. Bei dieser Gelegenheit wurde die Verantwortung für dasProgramm von Frau Dr. Dell an Frau Dr. Schaefer weitergegeben.Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Bildungsfrage hat der Beirat in seinerSommersitzung <strong>2009</strong> dazu aufgefordert, das <strong>Cusanuswerk</strong> möge auf seine Weise dazubeitragen, dass die Kirche in Deutschland auf den verschiedenen Ebenen ihrer Verfasstheitam Bildungsdiskurs teilnimmt und ihn in den größeren Zusammenhang von Kircheund Gesellschaft hineinträgt. Auf diese Weise sollte die Bischöfliche Begabtenförderunginnerkirchlich einer noch größeren Öffentlichkeit bekannt werden, wenngleich das<strong>Cusanuswerk</strong> nie die These vertreten hat, es sei die einzige bildungsrelevante Initiativeder katholischen Kirche in Deutschland. Vielmehr könnte das breite kirchliche Engagementvon der Vorschulerziehung über das Schulwesen bis zu den Hochschulen dasNetzwerk bilden, aus dem in Zukunft die Ressourcen an Begabungen geschöpft werden.Am Vorabend der Herbstsitzung des Beirats fand unter Leitung von Prof. Dr. ThomasSternberg MdL, Direktor der Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster und Mitglied unseresBeirats, ein erstes Gespräch über Bildungsfragen statt, das Fortsetzung finden soll.An dieser Stelle möchte ich mich für die Arbeit bedanken, die durch den Einsatz allerim <strong>Cusanuswerk</strong> für das Bildungsprogramm geleistet wird. Ich nenne zunächst dieBildungskommission und ihren Einsatz für das Bildungsprogramm des folgenden Jahres,das durch den Beirat verabschiedet wurde. Neben ihr nahm in diesem Jahr auch die neuerrichtete Geistliche Kommission ihre Arbeit zur Unterstützung des Geistlichen Rektoratsauf. Für die Gestaltung des Jahrestreffens zeichnete eine weitere Arbeitsgruppe mitverantwortlich.Unter dem Thema „Islam in Deutschland“ referierten zwei ehemaligeStipendiaten des <strong>Cusanuswerk</strong>s, Herr Pater Dr. Felix Körner SJ aus Rom und Herr Prof. Dr.em. Stefan Wild aus Bonn als ausgewiesene Fachleute über die Situation des Islam inEuropa und Deutschland. In den Workshops diskutierten die Stipendiatinnen und Stipendiatenüber verschiedene Aspekte des Islam und seine Rolle für das interreligiöse Gesprächsowie die Integration der Muslime in die deutsche und europäische Gesellschaft.Die Bildungsarbeit bedeutet stets einen hohen Einsatz von der Geschäftsstelle und vonden vielen Gastdozierenden, die unserer Einladung zur Mitarbeit folgen. Ihnen allengebührt unser aller Dank. Ich vertraue darauf, dass die Stipendiatinnen und Stipendiatenauch in Zukunft alles versuchen werden, um das Bildungsangebot, in das so viel Kraftinvestiert wird, möglichst intensiv anzunehmen.Es gehört zur Wahrnehmung meiner Leitungsaufgabe, die Akademien nach Möglichkeitjeweils kurz zu besuchen und im Gespräch mit den Cusanerinnen und Cusanern deneinen oder anderen Aspekt des Jahrestreffens zu vertiefen. So stand auf den Frühjahrs-8


akademien <strong>2009</strong> die Kirchlichkeit des <strong>Cusanuswerk</strong>s zur Diskussion, in den Sommerakademiender interreligiöse Dialog, insbesondere das jüdisch-christliche Verhältnis. ImFrühjahr <strong>2009</strong> war das Gespräch wegen der vorausgegangenen kirchlichen Turbulenzenbesonders spannend. In dieser Angelegenheit hatte ich mich auch persönlich an PapstBenedikt XVI. gewandt, weil ich in Sorge war, dass den ablehnenden Kräften des ZweitenVatikanischen Konzils zu große Konzessionen gemacht werden könnten. Als Mitglieddes Gesprächkreises Juden und Christen beim ZdK konnte ich die Leugnung der Schoaauf keinen Fall unwidersprochen hinnehmen. Aus seinem Antwortschreiben habe ichentnommen, dass sich Papst Benedikt der schwierigen kirchlichen Situation sehr wohlbewusst war. Er hat mir versichert, dass an den grundsätzlichen Entscheidungen desZweiten Vatikanums nicht zu rütteln sei. Ich freue mich deshalb, dass das Thema desnächsten Jahrestreffens bereits gefunden ist: Das Zweite Vatikanische Konzil und seineReformansätze.Ein wichtiges Ereignis im Jahr <strong>2009</strong> war die erste Preisverleihung durch die StiftungBegabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong> am 28. Oktober in Berlin. Durch die hochrangigeBesetzung dieser ersten Preisverleihung mit dem Vorsitzenden des e. V., Herrn Prof.Hans Tietmeyer, dem Festredner, Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert, durch dieSchirmherrschaft von Herrn Prof. Heinz Riesenhuber sowie den Laudator, Herrn Prof.Ulrich Abshagen, erfuhren die von der Jury gekürten Preisträgerinnen und die Finalisteneine beachtliche Würdigung. Dank sage ich dafür allen, die sich der Vorbereitunggewidmet haben.Der mehrmals geäußerte Wunsch, die Bewerbungs- und Auswahlverfahren mehr undmehr zu digitalisieren, hat inzwischen zu einer ersten Phase der Planung geführt. ZweiDiplomarbeiten an der FH Aachen hatten die Analyse der Arbeitsabläufe im <strong>Cusanuswerk</strong>zum Thema. Es ist uns klar, dass es zur weiteren Digitalisierung keine Alternative gibt.Auch die neue Homepage des <strong>Cusanuswerk</strong>s, die im März <strong>2009</strong> ins Netz gestellt wurde,ist ein Schritt in Richtung fortschreitender und verbesserter Digitalisierung.So schließe ich meinen Rückblick auf das Jahr <strong>2009</strong> mit einem nochmaligen herzlichenDank. Das <strong>Cusanuswerk</strong> setzt weiterhin auf eine sehr breite Mitverantwortung, für diewir nicht dankbar genug sein können. Bundestagspräsident Lammert hat bei der Preisverleihungin Berlin ein Hohes Lied auf das Ehrenamt gesungen. Die Bischöfliche Studienförderunglebt auf vielen Ebenen vom ehrenamtlichen Engagement. Ohne dieses wäre das<strong>Cusanuswerk</strong> nicht vorstellbar. Dafür sind wir dankbar. Wir sind aber vor allem auchdankbar, dass sich nach wie vor so viele Studierende mit ihren reichen Begabungen im<strong>Cusanuswerk</strong> um ein Stipendium bemühen. Sie in einer wichtigen Phase ihres Lebens zubegleiten und für sie das Beste zu wollen, verdient unser aller Einsatz. Das <strong>Cusanuswerk</strong>erweist sich m. E. darin, dass Geben und Nehmen bisher nie zu einem klapperndenTauschgeschäft verkommen ist, immer wieder als ein Geschenk des Himmels, für daswir nicht dankbar genug sein können.AProf. Dr. Josef WohlmuthLeiter9


AErfolgreiches AuftakttreffenNach erfolgreichem Auswahlverfahren und Matchingder Mentoring-Tandems konnte die zweite Runde desCusanischen Karriereförderprogramms mit einemfeierlichen Auftakttreffen vom 17. – 18. Oktober <strong>2009</strong>in Bonn eröffnet werden.Ziel des Auftakttreffens war die Zusammenführung der Tandems: 35 Mentees und 18Mentorinnen lernten sich im Rahmen des Seminars kennen und vereinbarten die Zielefür ihre 15 Monate dauernde Mentoring-Beziehung. Die Klärung des Selbstverständnissesals Mentee bzw. Mentor/Mentorin fand dabei ebenso Berücksichtigung wie dieErwartungen, die an die Rolle der Tandem-Partnerin gerichtet waren. Zudem wurde daserste Zusammentreffen aller Teilnehmenden genutzt, um sich nach Regionen, Themenund geplanten Netzwerkaktivitäten miteinander zu vernetzen.Programm des Festakts am 17.10.<strong>2009</strong>EröffnungDr. Kerstin Dell, <strong>Cusanuswerk</strong>GrußwortDr. Rahel Stefanie Stegemann-Böhl, Bundesministerium für Bildung und ForschungFrauen: Einsame Spitze?Dr. Angela Icken, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und JugendZusammenführung der TandemsSchlusswortProf. Dr. Josef Wohlmuth, <strong>Cusanuswerk</strong>Musikalischer Rahmen: Lena Wignjosaputro, Juta ÕunapuuIn ihrem Festvortrag „Frauen auf Expedition in das Jahr 2020“ stellte Frau Dr. ClaireSchaffnit-Chatterjee am Sonntag ein Szenario vor, wie Frauen im Jahr 2020 leben undarbeiten werden. Der Studie von Deutsche Bank Research zufolge führen eine zunehmendeProjektwirtschaft sowie die besseren Möglichkeiten virtueller Vernetzung dazu,dass flexible Arbeitsmodelle an Bedeutung gewinnen. Befördert durch einen gleichzeitigenMentalitätswandel in Bezug auf Geschlechterfragen und eine stärkere Förderungvon Familien durch die Politik fällt es vielen Frauen leichter, die Doppelbelastung vonMutterschaft und Berufstätigkeit zu schultern. Dies führt zu einem Anstieg der11


A13


<strong>2009</strong>Auswahlarbeit


Grundförderung > 16 | Auswahlverfahren <strong>2009</strong> > 17 | Examensergebnisse Grundförderung > 23 |Auswahl verfahren in der Promotionsförderung <strong>2009</strong> > 24 | Examensergebnisse Promotionsförderung> 28 | Eingereichte Promotionsschriften > 29B


AuswahlarbeitGrundförderungÜber die Aufnahme von Bewerberinnen und Bewerbern in die Grundförderung des<strong>Cusanuswerk</strong>s entscheiden vier Auswahlgremien:> Grundauswahlgremium für Studierende an Universitäten> Auswahlgremium für die Fachhochschulförderung> Jury für die Künstlerauswahl(für Studierende der Bildenden Künste an Kunstakademien)> Auswahlgremium für die Musikerförderung(für Studierende an Musikhochschulen)Neben den Professorinnen und Professoren sind jeweils der Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>s undein bis zwei gewählte Vertreter der Konferenz für Hochschulpastoral Mitglieder in denAuswahlgremien.Das Recht, Bewerberinnen und Bewerber zum Auswahlverfahren vorzuschlagen, habenalle, die Gymnasien leiten, an der Hochschule lehren, in der Hochschulpastoral mitarbeitenoder selbst vom <strong>Cusanuswerk</strong> gefördert wurden. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit derSelbstbewerbung. Lediglich Studierende an Kunstakademien müssen von den Kontaktdozentinnenund Kontaktdozenten des <strong>Cusanuswerk</strong>s vorgeschlagen werden.Die Auswahlgremien prüfen im Rahmen eines nach Fachlisten getrennten Concours aufder Basis von Empfehlungsschreiben, Leistungsnachweisen, zwei wissenschaftlichenGutachten, einer Stellungnahme der Hochschulpastoral und eines Auswahlgesprächesmit einem Mitglied der Geschäftsstelle die fachliche und persönliche Eignung der Bewerberinoder des Bewerbers. Die Jury für die Künstlerauswahl bezieht ihre Entscheidungzudem auf Arbeiten der jungen Künstlerinnen und Künstler, die sie in einer gemeinsamenAuswahlausstellung zeigen. Der Sitzung des Auswahlgremiums der Musikerförderunggeht ein Vorspiel voraus, bei dem sich die Bewerberinnen und Bewerber aus den Musikhochschulenpräsentieren.16


AuswahlarbeitAuswahlergebnisse 1996/1997 bis <strong>2009</strong> (Neubewerbungen)Auswahl -verfahrenAufnahmew mAufnahmegesamtRückstellungenAblehnungenBewerbungennach derVorauswahlgesamt1996/97 67 67 134 2 479 6151997/98 72 54 126 0 486 6121998/99 67 68 135 1 488 6241999/00 72 64 136 0 410 5462000/01 69 60 129 0 416 5452001/02 93 76 169 0 479 6482002/03 84 86 170 0 442 6122003/04 106 78 184 0 486 6702004/05 107 72 179 0 641 8202005/06 90 56 146 0 559 7052006/07 108 86 194 0 521 7152007/08 203 162 365 0 720 1.085II/2008 68 51 119 0 509 628<strong>2009</strong> 139 107 246 0 616 862Studierende an Universitäten, Technischen Hochschulen und GesamthochschulenAm Auswahlverfahren für Studierende an Universitäten und Technischen Hochschulennahmen nach der Vorauswahl 347 Studentinnen und 243 Studenten teil, insgesamtwurden also 590 Bewerbungen bearbeitet. Davon wurden in den beiden Sitzungen desAuswahlgremiums vom 1. bis zum 4. April im Kath. Sozialen Institut Bad Honnef undvom 7. bis zum 10. Oktober im Waldschlösschen bei Göttingen sowie den Auswahltagenzur Erstsemesterförderung am 13./14. November <strong>2009</strong> in Bonn 105 Damen und 80 Herrenfür ein Probejahr in das <strong>Cusanuswerk</strong> aufgenommen, was einer Aufnahmequote von31,3 % entspricht. 405 Bewerberinnen und Bewerber wurden abgelehnt.18


BBewerbungen nach FachlistenListe Fächergruppen Bewerbungen Anteil in % w m w % m %1 Philosophie 9 1,5 6 3 66,6 33,42 Geschichte, Archäologie 58 9,8 39 19 67,2 32,83 Germanistik, Journalistik 24 4,1 16 8 66,6 33,44 Neu- und Altphilologie 45 7,6 37 8 82,2 17,85 Theologie 64 10,8 32 32 50,0 50,06 Jura 41 6,9 18 23 43,9 56,17 Wirtschaftswissenschaften 29 4,9 13 16 44,8 55,28 Psychologie, Pädagogik 57 9,7 48 9 84,2 15,89 Medizin 98 16,6 66 32 67,3 32,710 Mathematik, Informatik 33 5,7 13 20 60,6 39,411 Physik, Geowissenschaften 35 5,9 13 22 37,1 62,912 Biologie, Chemie 32 5,4 20 12 37,5 62,513 Kunstwissenschaften 12 2,1 9 3 75,0 25,014 Ingenieurwissenschaften 53 9,0 20 33 62,3 37,7Gesamt 590 100 350 240 60,4 39,6Aufnahmen nach FachlistenListe Fächergruppen Aufnahmen Quote Aufn. w Aufn. m w % m %1 Philosophie 2 1,1 1 1 50,0 50,02 Geschichte, Archäologie 17 9,2 14 3 82,4 17,63 Germanistik, Journalistik 8 4,3 4 4 50,0 50,04 Neu- und Altphilologie 14 7,6 12 2 85,7 14,35 Theologie 19 10,3 5 14 26,3 73,76 Jura 14 7,6 8 6 57,1 42,97 Wirtschaftswissenschaften 10 5,4 3 7 30,0 70,08 Psychologie, Pädagogik 22 11,8 19 3 86,4 13,69 Medizin 31 16,8 18 13 58,1 41,910 Mathematik, Informatik 9 4,9 5 4 55,6 44,411 Physik, Geowissenschaften 12 6,5 6 6 50,0 50,012 Biologie, Chemie 10 5,4 5 5 50,0 50,013 Musik, Kunst 4 2,1 2 2 50,0 50,014 Ingenieurwissenschaften 13 7,0 5 8 38,5 61,5Gesamt 185 100,0 104 79 55,0 45,019


AuswahlarbeitStudierende an Fachhochschulen <strong>2009</strong>Von insgesamt 233 zu den Auswahlverfahren für Studierende an Fachhochschulen zugelassenenBewerberinnen und Bewerbern nahmen im Berichtsjahr 145 Fachhochschulstudierendean beiden Auswahlverfahren teil (2008: 91). Um Aufnahme in die Förderungbewarben sich 103 Studentinnen (2008: 58) und 42 Studenten (2008: 33), davon 62Studierende im Frühjahr und 83 im Herbst <strong>2009</strong>.Von den Nominierungen beruhten 109 auf Selbstbewerbungen. Auf Nominierungen vonLehrenden an Fachhochschulen gingen 22 Bewerbungen zurück, 10 kamen durch einenSchulvorschlag, 3 durch Vorschläge von altcusanischer Seite und eine durch Vorschlagaus der Hochschulpastoral zu Stande.Im Rahmen des Herbstauswahlverfahrens <strong>2009</strong> wurde erstmals eine Vorauswahl durchgeführt,nach der 57 Bewerberinnen und Bewerber zum weiteren Verfahren zugelassenwurden. 4 Studierende zogen ihre Bewerbung im laufenden Verfahren zurück, sodass inder Auswahlsitzung über 53 Bewerbungen verhandelt wurde.Das Auswahlgremium kam am 24. und 25. April sowie am 24. Oktober in der Geschäftsstelledes <strong>Cusanuswerk</strong>s zusammen. Das kulturelle Vorabendprogramm musste beider Frühjahrssitzung aus organisatorischen Gründen ausfallen, vor der Herbstsitzungließ sich das Gremium von Herrn Dr. Franz-Josef Ferdinand durch die Sonderausstellung„Bonner Durchmusterungen – Argelander und sein astronomisches Erbe“ im DeutschenMuseum, Bonn, führen.Im Berichtszeitraum für ein Probejahr neu aufgenommen wurden 37 Bewerberinnen undBewerber (2008: 30), was einer Aufnahmequote von 26,2 % entspricht (2007: 33,0 %).Darunter befinden sich 23 Studentinnen und 14 Studenten.Bewerbungen um Aufnahmen nach FachlistenFachliste Bewerbungen Aufnahmenw m gesamt w m gesamtFH-Liste 1 SozialesFH-Liste 2 TechnikFH-Liste 3 WirtschaftFH-Liste 4 Kunst / Design / Gestaltung50103010Gesamt 100 41 141 23 14 37823735833371311273374014911320


BÜber Bewerberzahlen und Aufnahmequoten von Fachhochschulstudierenden in denvergangenen Jahren informiert folgende Tabelle:Aufnahmejahr Bewerbungen Aufnahmen Quotew m gesamt w m gesamt1998 32 24 56 10 4 14 25,01999 30 22 52 9 5 14 26,92000 42 36 78 13 6 19 24,42001 32 27 59 6 8 14 23,72002 50 38 88 13 6 19 21,62003 72 34 106 18 10 28 26,42004 59 50 109 17 10 27 24,82005 79 45 124 16 9 25 20,22006 65 40 105 15 9 24 22,92007 58 35 93 20 10 30 32,22008 58 33 91 24 6 30 33,0<strong>2009</strong> 100 41 141 23 14 37 26,2Studierende an KunsthochschulenIn diesem Jahr wurden von den Kontaktdozentinnen und Kontaktdozenten 36 Bewerberinnenund Bewerber vorgeschlagen: 20 Bewerberinnen und 16 Bewerber. Nach den zurVerfügung stehenden Mitteln konnten 12 Stipendien vergeben werden. 12 Künstlerinnenund Künstler wurden neu in die Förderung aufgenommen, darunter genau 6 Frauenund 6 Männer.Die Auswahlausstellung aller Bewerberinnen undBewerber fand vom 18.2. bis 13.3.<strong>2009</strong> im MoratInstitut für Kunst und Kunstwissenschaft in Freiburg statt.Das Auswahlgremium tagte am 16. und 17.2.<strong>2009</strong>.Der Jury gehörten Prof. Dr. Richard Hoppe-Sailer(Bochum), Prof. Ulrich Erben (Münster), Prof. NorbertRadermacher (Kassel), Prof. Winfried Virnich (Mainz),Prof. Elisabeth Wagner (Kiel), Christoph Simonsen(Aachen) und Prof. Dr. Josef Wohlmuth (Bonn) an.21


AuswahlarbeitAuswahlergebnisse 1997/1998 bis 2008/<strong>2009</strong>Jahr Bewerbungen Aufnahmenw m gesamt w m gesamt1997/981998/991999/002000/012001/022002/032003/042004/052005/062006/072007/082008/09116117161511161581820998107101411111261620151917232525272620243634537324536643241464454677778788981012Studierende an MusikhochschulenDas Auswahlverfahren für Studierende an Musikhochschulen fand <strong>2009</strong> zum fünftenMal statt. In der Vorauswahlrunde wurden aus 52 Bewerbungen 34 Frauen und Männerausgewählt, die zur Endauswahl zugelassen wurden.Die Vorspiele fanden am 23. und 24. Oktober in der Kölner Domsingschule statt. EineJury, bestehend aus acht Musikhochschulprofessorinnen und -professoren, gab ihr fachlichesVotum ab. Das Auswahlgremium der Musikerförderung, dem vier Vertreter derJury, der Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>s und die gewählte Vertreterin der Konferenz für Hochschulpastoralangehören, entschied in seiner Sitzung am 25. Oktober über dieStipendienvergabe: 12 Musikerinnen und Musiker wurden zunächst für ein Probejahr indie Förderung aufgenommen; das entspricht einer Aufnahmequote von rund 35 Prozent.Bewerbungen und Aufnahmen im Auswahlverfahren der Musikerförderung seit 2004Jahr Bewerbungen in der Endauswahl Aufnahmenw m ges w m ges w m ges20042005200620072008<strong>2009</strong>22372427223021202227172243574654395217251819222017161918141434413737363495677543666713081213131222


BExamensergebnisse GrundförderungIm Jahr <strong>2009</strong> wurden dem <strong>Cusanuswerk</strong> insgesamt 193 Studienabschlüsse grundständiggeförderter Stipendiatinnen und Stipendiaten mitgeteilt. Die überwiegende Zahl dieserAbschlüsse wurde im Berichtsjahr erzielt, enthalten sind jedoch auch einige, die bereitseher erworben, aber erst im Jahr <strong>2009</strong> mitgeteilt wurden.Examensergebnisse GrundförderungPrädikat Staatsexamina Diplome undMagistermit Auszeichnungsehr gutgutvoll befriedigendbefriedigendandereohne Angabe114116100157290004Bachelor undMaster74180013gesamt23127286117prozentual11,965,814,53,10,50,53,6Gesamt 33 100 60 193 100,0PromotionsförderungEin Auswahlgremium, dem derzeit 13 Professorinnen und Professoren verschiedenerFachbereiche, ein Vertreter der Hochschulpastoral sowie der Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>s angehören,entscheidet über die Aufnahme in die Promotionsförderung. Im Rahmen einesnach Fachlisten organisierten Vergleichsverfahrens prüfen die Mitglieder des Auswahlgremiumsdie fachliche Qualifikation und die persönliche Eignung der Bewerberinnenund Bewerber. Dabei berücksichtigen sie Arbeits- und Zeitplan des Dissertationsprojekts,zwei Hochschullehrergutachten, eine Stellungnahme aus der Hochschulpastoralsowie die Eindrücke aus dem Kolloquium mit einem Mitglied der Geschäftsstelle.23


AuswahlarbeitAuswahlverfahren in der Promotionsförderung <strong>2009</strong>Die diesjährigen Auswahlsitzungen für die Promotionsförderung fanden vom 27. bis29. März <strong>2009</strong> (I/<strong>2009</strong>), vom 8. bis 9. Mai <strong>2009</strong> (II/<strong>2009</strong>) sowie vom 25. bis 26. September<strong>2009</strong> (III/<strong>2009</strong>) in der Geschäftsstelle in Bonn statt. Im Rahmen der Auswahlsitzung imMärz nahm das Gremium an einer Stadtführung durch die Bonner Südstadt zum Thema:„Aufbruch in die Gründerzeit“ teil.Nach Vorauswahl entschied das Gremium im März über 104 Anträge (davon 17 cusanische).In der Mai-Sitzung hatte das Gremium über 51 Anträge zu beraten (davon 2 cusanische).In der September-Sitzung entschied das Gremium über 72 (davon 14 cusanischeBewerbungen). Es wurden in <strong>2009</strong> von 290 Anträgen insgesamt 88 Anträge positiv und202 negativ beschieden. In <strong>2009</strong> wurden damit insgesamt 57 Frauen und 25 Männer neuin die Promotionsförderung des <strong>Cusanuswerk</strong>s aufgenommen. Die Aufnahmequote fürexterne Bewerberinnen und Bewerber betrug unter Berücksichtigung der Vorauswahl 28 %.Bewerber insgesamtI / <strong>2009</strong> II / <strong>2009</strong> III / <strong>2009</strong>Ursprünglich 1 Verfahrenmit 179 BewerbernVorauswahl 9 29Ausgeschieden 15 9Verbleiben 104 51 72davon Cusaner 17 2 14Aufnahmen 39 16 33Ablehnungen 65 35 39110Die folgenden Tabellen geben eine Übersicht der Auswahlentscheidungen im Jahr <strong>2009</strong>.Promotionsauswahlverfahren I / <strong>2009</strong>Fachliste Bewerber insg. davon Cusaner Aufnahme Ablehnung104(69 w / 35 m)17(10 w / 7 m)39(26 w / 13 m)davon 15 Cus65(43 w / 22 m)davon 2 CusPromotionsfachliste 1Philosophie6(2w / 4m)1(1m)1(1m)5(2w / 3m)Promotionsfachliste 2Theologie5(4w / 1m)2(2w)2(1w / 1m)3(3w)24


BFachliste Bewerber insg. davon Cusaner Aufnahme AblehnungPromotionsfachliste 3 ADeutsche Philologie13(7w / 6m)3(1w / 2m)4(2w / 2m)9(5w / 4m)Promotionsfachliste 3 BAndere Philologien7(4w / 3m) –4(3w / 1m)3(1w / 2m)Promotionsfachliste 4 AAlte Geschichte2(1w / 1m)– –2(1w / 1m)Promotionsfachliste 4 BNeuere Geschichte4(2w / 2 m)1(1w)3(2w / 1m)1(1m)Promotionsfachliste 5Kunstgeschichte,Musikwisschaften,Archäologie11(11w)1(1w)4(4 w)7(7w)Promotionsfachliste 6Psychologie, Pädagogik,Fachdidaktiken13(10w / 3m)–3(1w / 2m)10(9w / 1m)Promotionsfachliste 7Politik- undSozialwissenschaften10(7w / 3m)2(1w / 1m)4(2w / 2m)6(5w / 1m)Promotionsfachliste 8Wirtschaftswissenschaften2(2w)1(1w)2(2w)–Promotionsfachliste 9Jura13(7w / 6m)2(2w)5(4w / 1m)8(3w / 5m)Promotionsfachliste 10Biowisschaften,Chemie, Ökologie12(9w / 3m)2(2w)3(3w)9(6w / 3m)Promotionsfachliste 11Mathematik, Physik,Geowissenschaften6(3w / 3m)2(2m)3(1w / 2m)3(2w / 1m)25


AuswahlarbeitPromotionsauswahlverfahren II / <strong>2009</strong>Fachliste Bewerber insg. davon Cusaner Aufnahme Ablehnung51(32w / 19m)2(1w / 1m)16(11w / 5m)davon 2 Cus35(21w / 14m)Promotionsfachliste 1Philosophie2(1w / 1m)– –2(1w / 1 m)Promotionsfachliste 2Theologie5(2w / 3m)–1(1m)4(2w / 2m)Promotionsfachliste 3 ADeutsche Philologie6(4w / 2m)–2(2w)4(2w / 2m)Promotionsfachliste 3 BAndere Philologien3(2w / 1m)–1(1w)2(1w / 1 m)Promotionsfachliste 4 AAlte Geschichte1(1w)– –1(1w)Promotionsfachliste 4 BNeuere Geschichte5(1w / 4m)–1(1w)4(4m)Promotionsfachliste 5Kunstgeschichte,Musikwisschaften,Archäologie4(4w)– –4(4w)Promotionsfachliste 6Psychologie, Pädagogik,Fachdidaktiken2(2w)–2(2w)–Promotionsfachliste 7Politik- undSozialwissenschaften4(2w / 2m)–1(1w)3(1w /2m)Promotionsfachliste 8Wirtschaftswissenschaften1(1m)– –1(1m)Promotionsfachliste 9Jura6(3w / 3m)1(1m)3(3m)3(3w)Promotionsfachliste 10Biowisschaften,Chemie, Ökologie7(5w / 2m)1(1w)3(3w)4(2w / 2m)Promotionsfachliste 11Mathematik, Physik,Geowissenschaften5(3w / 2m)–2(1w / 1m)3(2w / 1m)26


BPromotionsauswahlverfahren III / <strong>2009</strong>Fachliste Bewerber insg. davon Cusaner Aufnahme Ablehnung72(49w / 23m)14(10w / 47m)33(23w / 10m)davon 12 Cus39(26w / 13m)davon 2 CusPromotionsfachliste 1Philosophie2(1w / 1m)1(1m)1(1m)1(1w)Promotionsfachliste 2Theologie8(3w / 5m)2(1w / 1m)5(3w / 2m)3(3m)Promotionsfachliste 3 ADeutsche Philologie17(14w / 3m)2(1w / 1m)6(5w / 1m)11(9w / 2m)Promotionsfachliste 3 BAndere Philologien7(7w)2(2w)4(4w)3(3w)Promotionsfachliste 4 AAlte Geschichte1(1w)–1(1w)–Promotionsfachliste 4 BNeuere Geschichte2(2w)1(1w)1(1w)1(1w)Promotionsfachliste 5Kunstgeschichte,Musikwisschaften,Archäologie7(6w / 1m)1(1w)2(2w)5(4w / 1m)Promotionsfachliste 6Psychologie, Pädagogik,Fachdidaktiken6(6w)2(2w)3(3w)3(3w)Promotionsfachliste 7Politik- undSozialwissenschaften10(6w / 4m)1(1m)3(2w / 1m)7(4w /3m)Promotionsfachliste 8Wirtschaftswissenschaften3(1w / 2m)1(1w)2(1w / 1m)1(1m)Promotionsfachliste 9Jura1(1m)– –1(1m)Promotionsfachliste 10Biowisschaften,Chemie, Ökologie3(1w / 2m)–1(1m)2(1w / 1m)Promotionsfachliste 11Mathematik, Physik,Geowissenschaften5(5m)1(1m)3(3m)2(2m)27


AuswahlarbeitExamensergebnisse (Stand 19.11.09)Im Berichtsjahr wurden im Bereich der Promotionsförderung 55 Abschlüsse gemeldet.Die nachfolgende Tabelle bietet eine Aufschlüsselung nach PrädikatenExamensergebnisse PromotionsförderungPrädikatsumma cum laude / mit Auszeichnungmagna cum laudecum lauderite / bestandenohne NoteAnzahl der Abschlüsseabsolutprozentual19314–433,96 %54,27 %5,66 %–5,66 %Gesamt 58 100 %28


BEingereichte PromotionsschriftenDie mit einem cusanischen Promotionsstipendium geförderten und im Jahr <strong>2009</strong> derHausbibliothek der Geschäftsstelle zur Verfügung gestellten Promotionsschriften behandeltenfolgende Themen:Appl, TobiasDie Kirchenpolitik Herzog Wilhelms V. in BayernArend, SabineStudien zur deutschen kunsthistorischen „Ostforschung“ im Nationalsozialismus.Die Kunsthistorischen Institute an den (Reichs-) Universitäten Breslau und Posen und ihreProtagonisaten im Spannungsfeld von Wissenschaft und PolitikBarth, MechthildMit den Augen des Kindes. Narrative Inszenierungen des kindlichen Blicks anhandausgewählter Werke der europäischen Literatur des 20. JahrhundertsBerger, DanielDie Ausbildung der Stiftspfründe im Erzbistum KölnBorrmann, ThomasEntwicklung neuer Adenin- und Adenosin-Rezeptorliganden als pharmakologischeWerkzeuge und Proteomik-Methoden zur Identifizierung des humanen AdeninrezeptorsBruckinger, KlausVon Hinaufgesagtem. Paul Celans Rezeption von Leben und Werk Osip Mandelstams undihre Resonanz im Gedichtband „Die Niemandsrose“ (1963)Brüggemann, NoraKult im nachmykenischen Tiryns. Eine Analyse neuer Befunde und FundeBusch, WolfgangSystembiologische Analyse der Stammzellregulation von Arabidopsis thalianaDiergarten, FelixJedem Ohre klingend – Haydns sinfonische Formprinzipien an seinene SinfonieexpositionendargestelltDressel, DianaBühne der Geschichte. Der Wandel lokaler Dramen in Palästina und IsraelEdlbauer, BenediktDie hypothetische Einwilligung als arztstrafrechtliches Haftungskorrektiv29


AuswahlarbeitEhrenreich-Blazekovic, SusanneIntermedial Representations of 9/11 in U.S.-American and German NewspapersEickmann, BerndDie Semantik anaphorischer PronomenFörster, ClemensTrapped Modes in Elastic WaveguidesGalliat, SimoneMusiktheater im Aufbruch. Studien zu den opere semiserie Ferdinando PaersGilich, BenediktTheologie als Metaphorologie? Die Entdeckung der Metaphorologie als Integral einermystagogischen Theologie im Dialog mit der kognitiven MetapherntheorieGraupe, KatharinaDie historische Rede – Untersuchung zu einer rhetorischen Redegattung in ihremsozialen und geistesgeschichtlichen KontextHenke, MatthiasEnthält die Liste des Anhangs der Klauselrichtlinie 93/13 EWG Grundregeln desEuropäischen Vertragsrechts?Jantzen, AnnetteUnd trotz allem die Vorsehung besingen. Elsässische und französisch-lothringischeGeistliche im Ersten WeltkriegKaffarnik, AnnastinaDie „Querela magistri Treverensis“. Edition, Übersetzung, Kommentar, Interpretationund Einordnung des Gedichts in die Literatur seiner Zeit und UmgebungKleinschmidt, AndreasDie dramatische Rezeption des Chatterton-MotivsKrist, MarioProzesstheoretische Erklärung erfolgreicher Internationalisierungsmuster von KMU –ein interdisziplinärer AnsatzKuckhoff OSB, Fr. Antonius ThomasSei mir gnädig, JHWH! (Ps 6,3) Studien zu Psalm 6 und den Bitten im PsalterKühn, JuliaAbschiebungsanordnung und Abschiebehaft. Eine Untersuchung zu § 58a und § 62 desAufenthaltsgesetzes in verfassungsrechtlicher Hinsicht30


BLampert, AndreasProfessionelles Handeln in der sozialen Arbeit mit Chronisch MehrfachbeeinträchtigtAbhängigkeitskranken (CMA) auf der Grundlage fallrekonstruktiver StudienLettgen, Daniel„Und hat zu retten keine Kraft“. Kulturgeschichtliche, diskursgeschichtliche undkompositionsgeschichtliche Studien zur Melancholie der MusikLinsenmann, AndreasMusik als politischer Faktor. Konzepte, Intentionen und Praxis französischer Umerziehungs-und Kulturpolitik in Deutschland 1945-1959/50Menga, FerdinandoDie Reden vom Ursprung. Heidegger – Nietzsche – DerridaMent, Astrida AnnaGoethereden in der Weimarer Republik. Ein Paradigma des kulturellen Gedächtnissesder DeutschenMerli, AndreaSteuerung photoinduzierter Prozesse an kalten und ultrakalten Alkalidimeren mittelsgeformter Femtosekunden-LaserpulseMoura-Koçoglu, MichaelaNarration Indigenous Modernitites: Transcultural Dimensions in Contemporary MaoriLiteratureMühlbauer, LuciaMediation und VertraulichkeitNicola, AndreasVersuchsgestützte Dynamiksimulation hydraulisch gespannter Kettentriebe unterDrehgleichförmigkeitenRachel, StephanNew states of matter in one- and twodimensional lattice modelsRicker, JuliaTranslationsbildzyklen im Spannungsfeld von Reliquienkult und PropagandaRopertz, AlexanderTransport atmosphärischer Spurenstoffe in eine innerstädtische Grünfläche –eine Analyse mittels optischer FernmessverfahrenSánchez de León Serrano, JoséZeichen und Subjekt im logischen Diskurs Hegels31


BWeber, SvenCombination of Chemical Reaction and Analysis. Catalyst Screening by O-ColummReaction ChromotographyWekenmann, StefanieEntwicklung und Evaluation des Tübinger Trainings sozialer Kompetenzen (TTsK) fürsechs- bis zwölfjährige KinderWonka, MarkusVom Ethos gelingender Liebe in christlicher Ehe. Ein moraltheologischer Beitrag zumGelingen von Ehe auf dem Hintergrund paarpsychologischer Erkenntnisse33


<strong>2009</strong>Bildungsveranstaltungen


Jahrestreffen > 36 | Eröffnungsrede beim Jahrestreffen am 6. Juni <strong>2009</strong> > 41 | Ferienakademien > 68 |Graduiertentagungen > 93 | Abschluss-Seminar > 100 | Musikerförderung > 102 | Fachschaftstagungen> 104C


BildungsveranstaltungenJAHRESTREFFENIm Rahmen ihres Jahrestreffens diskutierten mehr als 600 Stipendiatinnen und Stipendiatendes <strong>Cusanuswerk</strong>s über den Islam als Faktor des gesellschaftlichen Lebens inDeutschland. Der Dialog der Religionen setzt, wie Professor Dr. Josef Wohlmuth, der Leiterdes <strong>Cusanuswerk</strong>s, in seiner Eröffnungsrede betonte, Wissen und Erfahrung voraus – unddie im Zweiten Vatikanischen Konzil postulierte Bereitschaft, sich anderen Religionen mitRespekt und auf gleicher Augenhöhe zu nähern. Besondere Aktualität gewanndie Diskussion vor dem Hintergrund der Kairoer Rede Barack Obamas; so weitete die Fragenach Differenzen und Gemeinsamkeiten und damit auch nach der Friedensfähigkeit derReligionen den Horizont auf weltpolitische Dimensionen hin. In Vorträgen, Arbeitsgruppenund einer Plenumsdiskussion wurden die vielfältigen theologischen, historischen undsoziologischen Aspekte, die sich mit dem Thema verbinden, reflektiert.Dass der interreligiöse Dialog nicht auf Einigung ziele, sondern auf Konturierung der jeweilseigenen Position und auf das Zusammenleben der Religionen, hob Dr. Dr. Felix Körner SJin seinem Eröffnungsvortrag hervor. Die Theologie sowohl des Christentums als auchdes Islam müsse Unterschiede benennen, Probleme aufzeigen und schließlich Aufgabenformulieren, die sich daraus ergeben.In zehn Workshops konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Diskussion dannweiterführen und auf konkrete Fragen beziehen – etwa auf die Debatte um die Einführungeines islamischen Religionsunterrichts, Phänomene der Jugendkultur, die Situation vonFrauen, die Diskussionen über den Moscheebau und vieles andere.Die abschließende Plenumsdiskussion schließlich ging aus von Professor Dr. Stefan WildsVortrag über Muslime in Deutschland, der sich exemplarischen Reibungspunkten wie demVerhältnis der Muslime zum demokratischen Staat, insbesondere der Religionsfreiheit,widmete. Wild plädierte für eine öffentliche Aushandlung strittiger Themen, die er alsVoraussetzung für eine glückende Koexistenz bezeichnete.Neben den Diskussionen und Vorträgen bot das Jahrestreffen den Teilnehmern vielfältigeGelegenheiten zur Begegnung – mit anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten und mitEhemaligen.Ein Festgottesdienst, zelebriert von Pater Dr. Cosmas Hoffmann OSB aus der Abtei Königsmünster,rundete das Jahrestreffen am Sonntagmittag ab.36


CProgrammThema:Islam in DeutschlandZeit: 05. bis 07.06.<strong>2009</strong>Ort:Schloss Eringerfeld, GesekeFreitag, 05. Juni <strong>2009</strong>15.00 Treffen der neu aufgenommenen Studierenden in der Probezeit15.00 Treffen der Promovierenden15.45 Einladung der an einer Promotion interessiertenStipendiatInnen der Grundförderung16.00 Treffen der Studierenden von Fachhochschulen16.00 Treffen der Studierenden aus der Künstlerförderung16.00 Treffen der Studierenden aus der Musikerförderung17.00 Eröffnung des Jahrestreffens und Bericht aus der GeschäftsstelleProf. Dr. Josef Wohlmuth18.00 EröffnungsgottesdienstWeihbischof Prof. Dr. Paul Wehrle19.00 Abendessen20.15 Islam in Europa –Herausforderung und ChanceHauptvortragDr. Dr. Felix Körner SJ, Rom21.30 Come together37


BildungsveranstaltungenSamstag, 6. Juni <strong>2009</strong>07.45 Morgengebet08.15 Frühstück09. 15 Workshops381. Muslimische Verbände als MedienakteureReferent: Abdul Ahmad Rashid, MainzModeration: Kirsten Schäfers2. Religionsverfassungsrechtliche Probleme des Rechtsstatusmuslimischer Gruppierungen in DeutschlandReferent: Prof. Dr. Ansgar Hense, BonnModeration: Ruth Jung, <strong>Cusanuswerk</strong>3. Theologisch-philosophisches Fundament deschristlich-muslimischen DialogsReferentin: Prof. Dr. Anja Middelbeck-Varwick, BerlinModeration: Theodor Rüber4. Christlich-muslimischer Dialog in DeutschlandReferentin: Melanie Miehl, KölnModeration: Sebastian Maly, <strong>Cusanuswerk</strong>5. Unterdrückte Frauen?Referentin: Hamideh Mohagheghi, HannoverModeration: Dr. Kerstin Dell, <strong>Cusanuswerk</strong>6. Propagandistischer Umgang mit dem ThemaMoscheebau in DeutschlandReferent: Alexander Häusler, DüsseldorfModeration: Nathanael Liminski7. Islamischer ReligionsunterrichtReferent: Dr. Michael Kiefer, ErfurtModeration: Thomas Fornet-Ponse8. Pluralität der Muslime in DeutschlandReferent: Mark Bodenstein, NürnbergModeration: Dr. Christian Kölzer, <strong>Cusanuswerk</strong>9.Anspruch des Islam und Wirklichkeit der ModerneReferent: Dr. Geert Hendrich, DarmstadtModeration: Dr. Manuel Ganser, <strong>Cusanuswerk</strong>


C10. Aktuelle Themen und Diskurse in muslimischenOrganisationen in DeutschlandReferent: Dr. Jochen Müller, BerlinModeration: Stefan Zinsmeister10.30 Stehkaffee11.00 Workshops Teil 212.15 Mittagessen13.30 Informationsveranstaltung zum cusanischen Karriereförderprogrammfür Frauen (Start: Oktober <strong>2009</strong>)Dr. Kerstin Dell13.30 Treffen der InitiativenCusanus fragtCusanus goes schoolInitiative 2°CHochschulpolitikInternetTeilen14.15 Treffen der FachschaftenAltertumswissenschaftenBiologie / ChemieGeschichteGlobale ZusammenarbeitIngenieurwissenschaftenJuraKunstMathematik / InformatikMedizinMusikNeuphilologiePädagogikPhilosophiePhysikPsychologieTheologieWiso15.00 Cusaner Vollversammlung39


Bildungsveranstaltungen15.30 Altcusanerempfang und Generalversammlung19.30 Abendessen21.00 FestabendSonntag, 07. Juni <strong>2009</strong>08.15 Frühstück09.30 Muslime in Deutschland –Dialog und KoexistenzSchlussvortrag mit PodiumsdiskussionProf. Dr. Stefan Wild, BonnAnwälte des Publikums:Eva-Maria Eibel, Theodor Rüber,Kirsten Schäfers11.00 Pause11.30 FestgottesdienstP. Dr. Cosmas Hoffmann OSB,Abtei Königsmünster,Verantwortlicher für denMonastischen InterreligiösenDialog im Deutschen Sprachraum13.00 Verabschiedung und Imbiss40


CEröffnungsrede beim Jahrestreffen am 6. Juni <strong>2009</strong>Professor Dr. Josef WohlmuthSehr geehrter Herr Weihbischof Wehrle, liebe Cusanerinnen und Cusaner, liebe Ehemalige,liebe Gäste, meine Damen und Herrn!Gruß und Einführung in das Thema des JahrestreffensMit einem herzlichen Willkommgruß eröffne ich das diesjährige Jahrestreffen in Eringerfeld.Ich freue mich, dass wir uns erneut hier versammeln können, nicht nur, um unsfreudig wiederzusehen, sondern auch zur Behandlung und Vertiefung des wichtigenThemas „Islam in Deutschland“. Zwar ist dieses Thema derzeit in vieler Munde – PräsidentObama hat gestern seine große Rede in Kairo gehalten –, aber dies bedeutet alles andere,als müssten wir uns deshalb nicht damit befassen. Die folgenden Überlegungen stelle ichan mit Blick auf Jerusalem mit Klagemauer und Felsendom. Die Aufnahme ist im Jahre2003/04 entstanden. In meinen zweimaligen längeren Aufenthalten in der Heiligen Stadtist mir die Bedeutung des interreligiösen Gesprächs sehr bewusst geworden. Aber auch diedamit verbundenen Schwierigkeiten sind mir nicht unbekannt geblieben. Judentum, Christentumund Islam sind mit Jerusalem eng verbunden. Es ist gut, über die anderen Religionenviel zu wissen, sie möglichst auch aus der Nähe kennen zu lernen, Freunde in ihnen zufinden, aber es bleibt die Erfahrung, dass man eine Religion nicht von außen her beurteilenkann; denn auch dann, wenn ich sie näher und tiefer kennen gelernt habe, erweist sie sichzugleich als eine Größe, die bei aller Vertrautheit immer noch fremd gegenübersteht. Mankann sich ihr nur mit großer Behutsamkeit annähern.Der Felsendom in Jerusalem steht an der Stelle, ander nach der Überlieferung Abraham sich der größtenGehorsamsprobe unterstellt hat, den eigenen Sohn derVerheißung zu opfern. Es ist auch der Ort des ersten undzweiten Tempels, an dem das Judentum seinen zentralenOrt der Gottesverehrung hatte. Im Jahre 70 n. Chr.wurde der Tempel bekanntlich zerstört.Muhammed hat Jerusalem nicht kennen gelernt, wohl aber das Judentum, das in seinernächsten Nähe gelebt hat. Er kannte auch das Christentum im Umkreis seiner Heimat.Mit beiden bestehenden religiösen Traditionen hat sich Muhammed auseinandergesetzt,beide fanden ein Echo im Koran, beide erschienen dem Propheten als unvollkommeneFormen der Gottesverehrung, die von einem strengen Monotheismus geprägt sein müsse.Im Folgenden will ich drei Aspekte in gebotener Kürze ansprechen. (1.) Unser Namenspatron,Nikolaus von Kues (1401-1464), hat sich mit der interreligiösen Fragestellung, auchim Blick auf den Islam, intensiv befasst. Es lohnt sich, ihn zur Kenntnis zu nehmen. (2.) DieWeichenstellungen des Zeiten Vatikanischen Konzils öffnen unsere Aufmerksamkeit für die41


Bildungsveranstaltungenderzeitige kirchliche Gesamtorinetierung. Daraus ergeben sich (3.) einige Schlussfolgerungenfür das derzeitige interreligiöse Gespräch, die auch auf die Beziehung von Islam undChristentum bezogen werden können.1. Der Religionsfriede nach Nikolaus von KuesIn der Schrift De pace fidei reagiert Nikolaus von Kues auf die Zerstörung Konstantinopels1453, die im Abendland wie ein Schock wirkte. In einem einleitenden Gebet bringt derKardinal zum Ausdruck, dass die großen Kämpfe im Namen Gottes geschehen seien, einesGottes, der „mit verschiedenen Namen genannt wird“, obwohl er doch „für alle unerkanntund unaussprechlich“ bleibe. 1 In der einberufenen himmlischen Runde der Weisen tritt derVertreter Arabiens mit den Griechen dafür ein, dass die Suche nach Weisheit entscheidendsei, und legt ein deutliches Plädoyer für den Monotheismus vor. Die Kritik an der Lehre vonder göttlichen Dreifaltigkeit trägt er nicht vor. Diese lässt Nikolaus von einem Inder vertretenund von einem Chaldäer 2 kräftig unterstreichen. Während Nikolaus von Kues eine sehrabstrakte Begründung für die Dreiheit in höchster Einheit vorträgt, wird von arabischerSeite eingewendet, das könne man ja noch nachvollziehen, aber einen Sohn und Teilhaberan der Gottheit könne es doch wohl nicht geben. (737) Das der aufgerufene Jude der Kritikder Dreifaltigkeit beitritt, ist nicht verwunderlich. Als Petrus für die Inkarnation eintritt,wendet der Perser ein, es sei unmöglich, „dass das Unendliche endlich und das Ewigezeitlich sei“. (747) 3Worauf läuft das Gespräch hinaus? Nikolaus von Kues ist der Überzeugung, dass alle Religionenauf einem einzigen Glauben basieren. Doch habe Gott den verschiedenen Völkern zuverschiedenen Zeiten verschiedene Propheten geschickt, die ihnen religiöse Vorschriftenund kultische Riten gegeben und das ungebildete Volk unterrichtet hätten. Nach seinerAnsicht haben die Menschen dann jedoch diese zeit- und ortsbedingt unterschiedlichenSitten und Regeln mit der absoluten Wahrheit verwechselt, statt die Unaussprechlichkeitdes Absoluten zu begreifen. Daher meinten sie, sie müssten ihren besonderen Glauben,den sie aus Gewohnheit für schlechthin wahr halten, auch mit Waffengewalt gegen dieanderen verteidigen. In Wahrheit stehe jedoch hinter der Verschiedenheit der Verehrungsformenund Riten eine einzige wahre Religion. Ein universaler, ewiger Religionsfriede seierreichbar, wenn es gelinge, dass die bestehenden religiösen Formen sich nur als besondereAusprägungen der einen wahren Religion begreifen. Voraussetzung dafür sei nichtnotwendigerweise die Abschaffung der Religionen zugunsten einer einzigen Religion.Vielmehr genüge schon die Erkenntnis, dass die Unterschiede zwischen ihnen historischentstanden seien und ihre positiven Aussagen über Gott und dessen Wesen ohnehin nicht1Nikolaus von Kues. Philosophisch-theologische Schriften. Studienausgabe. Bd. 3. Wien 1982, 705-797, hier: 711.2Es handelt sich wohl um die Aramäer im Gebiet des heutigen Irak, die Nikolaus wohl nicht der christlichenOrthodoxie zurechnet.3Auf die insgesamt nicht ganz freundliche Auseinandersetzung des Kardinals mit dem Judentum gehe ich hiernicht näher ein. Das wäre ein eigenes Thema.4Johannes Hoff zufolge fasziniert diese prinzipientheoretische These und erweist zugleich ihre Schwäche. Hoffstellt die Frage, ob die theoretische Verständigungsbasis wirklich offen sei „für die Pluralität möglicher Reaktionenauf die Antinomien endlichen Wahrheitsstrebens“. J. Hoff, Kontingenz, Berührung, Überschreitung. Freiburg/München 2007, 241. Die rationale Vorgehensweise in De pace fidei stehe in Spannung zu seinem philosophischenAnsatz der docta ignorantia. (Vgl. 248)42


Cangemessen beschreiben könnten. 4Am Ende des Gespräches im Himmel werden die Weisen auf die Erde zurückgeschickt, umdie Völker „zur Einheit wahrer Gottesverehrung“ zu führen. Sie sollten sich in Jerusalemversammeln, dort das Zentrum aller Religionen errichten „und im Namen aller den einenGlauben annehmen und auf ihm den ewigen Frieden aufbauen, damit der Schöpfer aller,der in Ewigkeit gepriesen sei, in Frieden verherrlicht werde. Amen.“ (797) 5Wir werden an einigen Stellen fragen, ob die Antworten unseres Namenspatrons auchheute hilfreich sind. Sieht man von den Bestrebungen der Aufklärungszeit ab, in der maneine einzige Vernunftreligion herbeiführen wollte, die dann auch das Ende der Offenbarungsreligionenbedeuten würde, entsteht in der Theologie ein merkliches historischesLoch zwischen der Schrift des Nikolaus von Kues und dem noch zu behandelnden Text desZweiten Vatikanischen Konzils.Während noch zu meiner Studienzeit der Islam eine ganz ferne Größe darstellte, ist heutedie Situation eine ganz andere. Unser Nachbar im Viertel kann ein Muslim sein und injedem größeren Ort der Republik können an Tagen offener Türe die Moscheen besichtigtwerden. Die Konflikte um den Moscheebau haben sich gemehrt und sind allseits bekannt.Es ist inzwischen klar geworden, dass zum Grundrecht der Religionsfreiheit auch der Bauangemessener Gebetsstätten gehört, wie Erzbischof Zollitsch in einem Vorwort zu Moscheebauin Deutschland (Bonn 2008) schreibt.2. Die Weichenstellungen des Zweiten Vatikanischen KonzilsDie Weichenstellungen, die das Konzil in der Erklärung über das Verhältnis der Kirche zuden nichtchristlichen Religionen mit den lateinischen Anfangsworten Nostra Aetate (NA)vorgenommen hat, sind schlechterdings als epochal zu bezeichnen. Nicht von ungefähr istgerade auch diese Erklärung von der Piusbruderschaft der scharfen Kritik unterzogen worden,prinzipiell bezüglich der Einschätzung des Judentums, aber insgesamt auch bezüglichdes interreligiösen Gesprächs überhaupt. Cusanerinnen und Cusaner von heute wissensicherlich bereits, worum es hier geht. Dennoch erlaube ich mir, aus der Konzilserklärungzu zitieren, die mit den Sätzen beginnt:1. „In unserer Zeit, da sich das Menschengeschlecht von Tag zu Tag enger zusammenschließtund die Beziehungen unter den verschiedenen Völkern sich mehren, erwägt die Kirche mitum so größerer Aufmerksamkeit, in welchem Verhält nis sie zu den nichtchristlichenReligionen steht. Gemäß ihrer Aufgabe, Einheit und Liebe unter den Menschenund damit auch unter den Völkern zu fördern, faßt sie vor allem das ins Auge, was den Menschengemeinsam ist und sie zur Gemeinschaft untereinander führt.“Der Text beginnt mit einer Zeitansage. „In unserem Zeitalter (aetate)“. 6 Längst ehe man5Einerseits sieht der Kardinal, dass das Judentum ein protochristlicher Glaube sei, aber die Juden seien andererseitsnicht zur Einsicht zu bringen. Leben könne man mit ihnen nur, weil sie weit weniger zahlreich und bewaffnet seienals die Muslime, die bereits vor Konstantinopel stehen. Ansonsten teilt Cusanus die spätmittelalterlichen Vorurteilegegen die Juden und tritt für eine Praxis der Separierung ein (253), wie sie leider auch vom Konzil von Baselin großer Einmütigkeit beschlossen worden war. Nicht zu vergessen, dass Nikolaus von Kues nach 1553 schreibt,nachdem Konstantinopel von den Türken bereits erobert war.6Vgl. J. Wohlmuth, Hg., Dekrete der ökumenischen Konzilien. Bd. 3, 968-970 (lateinisch und deutsch).43


Bildungsveranstaltungenvon Globalisierung sprach, ist der Kirche in den 1960er Jahren bewusst geworden, dass einZeitalter angebrochen ist, da die Menschheit sich ihrer Zusammengehörigkeit bewusstwird. Deshalb fährt der Text fort:44„Alle Völker sind ja eine einzige Gemeinschaft, sie haben den selben Ursprung, da Gott dasganze Menschengeschlecht auf dem gesamten Erdkreis wohnen ließ; auch haben sie Gottals ein und dasselbe letzte Ziel. Seine Vorsehung, die Bezeugung seiner Güte und seineHeilsratschlüsse erstrecken sich auf alle Menschen, bis die Erwählten vereint sein werden inder Heiligen Stadt, deren Licht die Herrlichkeit Gottes sein wird; werden doch alle Völker inseinem Lichte wandeln.“Alle Völker gehören zusammen. Sie haben ihren gemeinsamen Ursprung in Gott, demSchöpfer, der zugleich ihr letztes Ziel darstellt. Sein Auge richtet sich auf alle Menschen.Noch genauer: Gott will in seiner Güte das Heil aller Menschen. Die gesamte Menschheitist auf dem Weg nach der Heiligen Stadt, das neue Jerusalem (vgl. Offb 21,23f.), auf dasder Prophet Jesaja bereits verwiesen hat, als er von der Wallfahrt der Völker nach Jerusalemkündete. (Jes 2) Auf diesem Weg stellen die Menschen Fragen und erwarten von den ReligionenAntworten. Die wichtigsten gemeinsamen Fragen werden wie folgt aufgeführt:„(...) Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? Was ist das Gute, was dieSünde? Woher kommt das Leid, und welchen Sinn hat es? Was ist der Weg zum wahrenGlück? Was ist der Tod, das Gericht und die Vergeltung nach dem Tode? Und schließlich: Wasist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohinwir gehen?“Der entscheidende Satz, der alle Fragen zusammenfasst, ist von besonderem Gewicht.Es geht um das „unsagbare Mysterium“ der menschlichen Existenz und betrifft unsere Herkunftund unser Ziel. Hier sehe ich einen deutlichen Anklang an Nikolaus von Kues, ohnedass die Verfasser des Konzilstextes an ihn gedacht haben dürften.In Nr. 2 heißt es u.a., dass die Kirche „nichts von alledem ab(lehnt), was in d(ies)en Religionenwahr und heilig ist“. Daraus werden einige gravierende Konsequenzen gezogen, wennes im Text heißt:2. „(...) Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs‐ und Lebensweisen, jene Vorschriftenund Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hältund lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschenerleuchtet. Unablässig aber verkündet sie und muß sie verkündigen Christus, der ist ‚derWeg, die Wahrheit und das Leben‘ (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösenLebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat.“Mit Hochachtung also tritt die Kirche an die anderen Religionen heran, mit Respekt,gewissermaßen auf gleicher Augenhöhe, was Voraussetzung für allen Dialog ist. Und das,obwohl die Glaubenden davon überzeugt sind, dass die anderen Religionen in manchen,sogar gravierenden Punkten von der kirchlichen Lehre abweichen. Aber die anderenReligionen sind eben nicht der Ausbund des Unglaubens und Nichtwissens, sondern esfinde sich in ihnen „nicht selten“ ein „Strahl der Wahrheit“, nämlich jener Wahrheit, die alle


Menschen erleuchtet. Es geht um eine universale Wahrheit, zu der die Völker unterwegssind und von der sie auch schon erleuchtet sind. Doch dann folgen Sätze, die alles Gesagtewieder rückgängig zu machen scheinen. Die Kirche verschweige nicht, was sie selbstglaube, und verkünde deshalb „unablässig“ Jesus Christus als „den Weg, die Wahrheitund das Leben“ (Joh 14,6). Er sei der Versöhner der Menschen mit Gott, die Fülle desreligiösen Lebens.Und wiederum ergeben sich daraus weitere Konsequenzen, die den Dialog und das Zusammenlebenmit den anderen Religionen betreffen:„Deshalb mahnt sie ihre Söhne, daß sie mit Klugheit und Liebe durch Gespräch und Zusammenarbeitmit den Bekennern anderer Religionen sowie durch ihr Zeugnis des christlichenGlaubens und Lebens jene geistlichen und sittlichen Güter und auch die sozial‐kulturellenWerte, die sich bei ihnen finden, anerkennen, wahren und fördern.“Damit steht der Text an der Schwelle des dritten Abschnitts, in dem es um das Themageht, das uns in diesem Jahrestreffen besonders beschäftigen wird: der Islam. Ehrlichgesagt, wird inhaltlich über den Islam nicht sehr viel preisgegeben. Aber wichtig ist, was anGemeinsamkeiten herausgearbeitet wird.3. „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den alleinigen Gott anbeten,den lebendigen und in sich seienden [subsistierenden], barmherzigen und allmächtigen,den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühensich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wieAbraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus,den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehrenseine jungfräuliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdieserwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt.Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durchGebet, Almosen und Fasten.Da es jedoch im Lauf der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischenChristen und Muslim kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseitezu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutretenfür Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nichtzuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen.“Der Islam wird als eine Religion der Gottesverehrung vorgestellt, die den Schöpfer anerkennt,der sich den Menschen geoffenbart hat. Muslime sind Menschen, die sich Gottgegenüber gehorsam zeigen wie einst Abraham. Damit stehen wir wieder bei unserem Bilddes Felsendoms, der eigentlich kein Gebetsraum ist, sondern eine Gedenkstätte, woraufder großartige Rundbau verweist. Schon bei meinem ersten Jerusalemaufenthalt habeich von einem Islamisten gelernt, dass die muslimische Bebauung des Tempelberges inJerusalem an der christlichen Bebauung von Golgotha abgelesen (und von byzantinischenBaumeistern nachempfunden) wurde: Noch heute ist die memoria der Auferstehung alskonstantinische Rotunde zu erkennen, an die sich, getrennt von ihr, die konstantinischeBasilika anschloss. Leider ist dies im heutigen Zustand der Grabeskirche auf den erstenBlick nicht mehr so genau zu sehen wie an der muslimischen Bebauung auf dem Tempel-C45


BildungsveranstaltungenDer Islam in EuropaHerausforderung und ChanceVortrag im Rahmen des JahrestreffensDr. Dr. Felix Körner SJHeute zu Ihnen über den „Islam in Europa“ sprechen zu dürfen, ist unter dreifacher Rücksichtaußerordentlich passend.a. Wir stehen am Tag eins nach der as salāmu˛alaykum-Rede Barack Obamas in Kairo.Der Präsdent der USA hat die Muslime für amerikafähig erklärt und den Koran als den„Heiligen Koran“ zitiert.b. Ich stehe vor Cusanern; und es war eine Cusanerin, die mich einst in Tränen auf dieFrage brachte: Wie kann man denn einem Muslim das Christentum erklären? EineFrage, über die ich inzwischen Hunderte von Seiten geschrieben habe.c. Und wir stehen in der Phase des Hin und Her um den Hessischen Kulturpreis. MeinKommentar dazu: Kardinal Lehmann hat recht. Nicht prinzipiell immer; aber im FalleHessischer Kulturpreis hat er das Richtige getan. Ich möchte Ihnen zeigen, warum.Dazu ist ein auswertender Blick in die Jüngste Geschichte katholischer Theologieder Religionen angebracht. Anschließend werde ich drei Thesen zur Begegnung vonChristen mit Muslimen vortragen und begründen.Was jüngst geschehen ist, lässt sich so zusammenfassen: Der hessische MinisterpräsidentRoland Koch will einem Juden, einem Katholiken, einem Protestanten und einemMuslim einen Kulturpreis verleihen. Nominiert werden Samuel Korn, Vizepräsident desZentralrates der Juden, Kardinal Lehmann und der ehemalige Kirchenpräsident von Hessen-NassauPeter Steinacker. Der zuerst ausgewählte Muslim, der Frankfurter IslamwissenschaftlerFuat Sezgin, lehnt ab. So entscheidet man sich für den aus Iran stammendenhabilitierten Orientalisten und Dichter Navid Kermani. Lehmann hatte Koch in einempersönlichen Brief gebeten, Kermani aufzufordern, vor der Verleihung seine Position zumKreuz Jesu Christi zu klären. Denn Kermani hatte im März in der Neuen Zürcher Zeitungeine Betrachtung zur „Kreuzigung“ des Barockmalers Guido Reni veröffentlicht. Dass derMuslim darin für sich Kreuzestheologie als „Gotteslästerung und Idolatrie“ erklärte, istnicht verwunderlich, sondern islamisch konsequent. Aber dann hatte Kermani in seinerergriffenen und ergreifenden Meditation geschrieben, der hier dargestellte „Jesus leidetnicht, wie es die christliche Ideologie will, um Gott zu entlasten“. Das ist keine faire Darstellungeiner christlichen Sicht. Dass Lehmann um Klärung bat, ist keine Dialogabsage,sondern ein folgerichtiger Schritt in der Geschichte des Gesprächs zwischen Kirche undIslam.Johannes Paul II., Benedikt XVI. und der IslamUnter Papst Johannes Paul II. waren die Beziehungen zwischen Weltkirche und Islambunt. Das interreligiöse Programm des polnischen Papstes war von drei Faktoren bestimmt.48


Zum einen war er geprägt von der Gewalterfahrung des deklarierten Atheismus in Polen;faktisch folgte für Woytiła daraus: Wer die Wirklichkeit Gottes anerkennt, kann in demweltweiten Umgestaltungsprozess zur wahren Menschlichkeit mitwirken.Ein zweiter Faktor spiegelt sich in der Auskunft P. Tom Michels SJ wider; der Islamwissenschaftlerwar unter Erzbischof Fitzgerald Leiter des Islam desk beim Päpstlichen Rat fürden Interreligiösen Dialog. Michel: „Das Wichtigste, was ich damals getan habe, war:streichen. Johannes Paul II. wollte gelegentlich ein Zitat einleiten mit der Formel ,In theKoran, Muhammad says: ...‘; das hätte einen Aufstand unter Muslimen ausgelöst. Wirkürzten die Einleitungsformel stets auf: ,The Koran says: ...‘.“ – Fachleute berieten undwurden gehört.Drittens hatte sich eine aktivistische Atmosphäre verbreitet. Gebets- und Gesprächstreffenwurden initiiert oder mitorganisiert; auf den zahlreichen Reisen bekundeten Redenoder Gesten Nähe. Eine über das Wohlwollen hinausgehende einheitliche theologischeLinie für die unterschiedlichen Aktivitäten zeichnete sich jedoch nicht ab.Dies änderte sich im Jahre 2005 mit der Wahl Josef Ratzingers zum Papst. Man kann dieinterreligiöse Politik des neuen Pontifex als Bruch mit der vorhergehenden Linie sehen,gar als Abbruch des bisher Erreichten. Denn ein interreligiöser Dialog „im eigentlichenSinne“ sei nicht möglich, hatte Joseph Ratzinger / Benedikt mehrfach verlauten lassen;möglich sei nur ein interkultureller Dialog. Benedikt tritt hiermit aber zu Recht zweiZerrformen des Interreligiösen entgegen.Zum einen warnt er davor, die Glaubenslehre, die doch heilig – unserer eigenen Verfügungentzogen – und erst recht intim – fremder Verfügung entzogen – ist, unterTalkshow-Bedingungen öffentlich zur Debatte zu stellen.Zum andern legt er die Hand auf eine fatale Verwechslung. Erhofftes Ziel des ökumenischenDialoges ist die theologische Einigung mit den anderen Christen, ,ut unum sint‘,damit das Zeugnis Jesu Christi vom seinem vielgestaltigen, aber vereinten Leib, dergeeinten Weltkirche, abgelegt werde. Der interreligiöse Dialog erhofft sich kirchlicherseitsdagegen keine theologische Einigung mit den andern Religionen. Er erhofftvielmehr, das Eigene angesichts des andern klarer zu verstehen und zu vermitteln; erhofft beizutragen zur Findung theologisch angeregter Formen glückenden Zusammenlebens;und er darf dabei ebenfalls hoffen, dass Nicht-Christen die HeilsnotwendigkeitChristi auch für sich anerkennen – ohne dass diese erhoffte Anerkennung zum Erfolgskriteriumdes interreligiösen Dialogs werden müsste. Wird aber der interreligiöse Dialog zueiner Unterkategorie der ökumenischen Bewegung, dann sucht man faule theologischeKompromisse mit Gläubigen, die von grundlegend anderen Erfahrungen ausgehen. DassBenedikt XVI. hiervor warnt, ist einleuchtend.Die jüngste Geschichte der theologischen Beziehungen zwischen Islam und HeiligemStuhl sind auf die Formel zu bringen: Vom Wohlwollen zur Wissenschaftlichkeit. DerEindruck, dass Beziehungen abgebrochen würden, trügt also. Vielmehr handelt es sichum eine organische Weiterentwicklung. Die Kirche will das gute Gesprächsklima, dassich unter dem letzten Pontifikat bilden konnte, nun für gute Gespräche nutzen; undgute Gespräche müssen auch die Unterschiede benennen.Karl Lehmanns Bitte um Klarstellung zeigt sich damit als Ernstnehmen der gegenwärtigenDialogphase: Seien wir theologisch präzis.C49


BildungsveranstaltungenAuf dieser Linie lassen sich nun meine drei Thesen formulieren. Sie lauten:1. Es ist Zeit für Theologie – um die Unterschiede zu benennen.2. Es ist Zeit für Theologie – um Probleme zu benennen.3. Es ist Zeit für Theologie – um Aufgaben zu benennen.1. Es ist Zeit für Theologie – um die Unterschiede zu benennenDie offenbarungsgeschichtliche Basislinie muslimischen Denkens lautet: Alle Prophetenhaben dieselbe göttliche Offenbarung ausgerichtet – die Menschen haben sie immerwieder entstellt – deswegen kam durch Muhammad die zuverlässig, weil schnell,verschriftlichte göttliche Rechtleitung letztgültig. Daraus folgt, dass Muslime mit derIntuition an andere Offenbarungsreligionen herantreten: „Im Grunde wollt ihr dasselbeglauben und tun wie wir.“ Wegen des Entstellungs-Verdachtes anderen Offenbarungs-Überlieferungen gegenüber bieten Muslime faktisch anderen Religionen an: Ihr könnteure theologischen Fehler koranisch klären; das heißt durch einen terminologisch klarenMonotheismus. Weil es in diesem Monotheismus keinen Stellvertretungsgedanken gibt,kommt er ohne universal bedeutsame Einzelereignisse aus. Islamische Gotteslehre gehtausdrücklich nicht von der Geschichte aus, sondern von einem terminologisierten Gottesbegriff.Gott sei Schöpfer und somit das genaue Gegenteil der Schöpfung, der radikalAndere.Christen im Dialog mit der Philosophie begehen gelegentlich denselben Fehler wieChristen im Dialog mit dem Islam. Sie lassen sich darauf ein, theologische Aussagen auseinem terminologischen Gottesbegriff zu folgern. Verboten ist das nicht. Aber die Herausforderungchristlicher Theologie ist weiterreichend; sie muss zeigen, dass und warumGotteserkenntnis und Heil nur dann zu ihrer Erfüllung kommen, wenn die Menschen indie biblisch bezeugte Geschichte eintreten.Was Christen tun und sagen, muss nicht immer ausdrücklich bei Jesus anfangen. Aberzumindest innerlich muss der Grund immer Jesus sein. Nun sträubt sich aber zurechtEiniges in uns gegen eine Frömmigkeit, die Begründungen und Erklärungen mit demWort Jesus ersetzt. Wir müssen schon zeigen, warum und wie Jesus hier hingehört. Daslässt sich folgendermaßen klären.Wir gehen nur dann über unsere Selbstbezogenheit hinaus, wenn wir uns selbst verschenken.Das sieht nicht nur das Christentum. Aber ohne die begründete Hoffnung,dass mein Selbstverschenken nicht in meiner Selbstbeseitigung endet, bleibt es Heroismus.Erst wenn ich an der Geschichte einer Selbstverschenkung teilnehmen kann, dienicht im Tod des Helden endete, sondern erkennbar im persönlichen Hineingeholtwerdenin das unendliche Leben, erst dann ist meine Selbstverschenkung vertrauende Liebe.Der christliche Glaube gründet also auf einer partikulären Geschichte, ist aber in seineruniversalen Notwendigkeit erweisbar. Es ist daher nicht nötig und nicht ehrlich, dieGrundaussagen des Christentums so zu verallgemeinern, dass sie ein Muslim mitsprechenkann.50


Es lassen sich vielmehr drei Themen benennen, in denen sich christliches und muslimischesDenken unvereinbar unterscheiden. Sie lauten Geschichte, Sünde und Person. Zujedem dieser drei Themen lässt sich ein Satz formulieren, der die christliche Kernaussagebenennt, der aber von Muslimen, wenn sie den Koran ernstnehmen, nicht mitgesagtwerden kann. Diese Sätze sind Zumutungen. Auch Christen tun sich damit verständlicherWeise schwer. Ich will aber zu zeigen versuchen, wie sie aus der Jesusgeschichte folgen.GeschichteDer erste Satz lautet: „Gott riskiert seine Gottheit in der Geschichte.“Der Satz ist offenkundig widersprüchlich. Denn Gott ist doch gerade als der Allmächtige zubekennen, dessen Wille geschieht. – Jedoch will Gott nicht in der Weise der Selbstdurchsetzungherrschen, sondern nur über das freie Ja seiner Geschöpfe. Damit aber bindet erden Erfolg seines Gesamtprojektes an unsere Einwilligung. Im hoffnungsvollen Blick aufdas Ende der Geschichte können Christen sagen, dass dieser riskante Plan aufgegangensein wird; wir vertrauen darauf, dass es klappt. Aber das ist Vertrauen; wir bitten „DeinReich komme, dein Wille geschehe“, und uns wird klar, dass die Macht Gottes unser Bittenund Mittun nicht übergeht, sondern zum Gelingen des Reiches Gottes brauchen will.Nikolaus von Kues hat 1462 einen Namen für Gott vorgeschlagen: Gott als der non-aliud,der Nicht-Andere. Wir können hier das Potential dieses Namens zu ergründen versuchen;er scheint nämlich auch auf die Geschichtsbezogenheit Gottes anwendbar zu sein. –Wenn Gott das reine Gegenüber seiner Schöpfung ist, der Andere, dann ist mein eigenesEntscheiden unerheblich für den Ausgang der Geschichte. Wenn aber Gott der Nicht-Andereist, wenn er nicht einfach gegenüber ist, wenn er uns freie Geschöpfe vielmehr amGelingen seines Planes beteiligt, dann wird uns unsere Verantwortung klar. Dann hängtdie Welt an meiner Zustimmung.SündeDer zweite Satz lautet: „Der Mensch hat eine Bestimmung, die zu erfüllen er zu schwach ist.“Das Neue Testament schildert die Situation des Menschen als dramatisch. Der Menschsteht unter einer Macht, die ihn am eigentlich Ersehnten hindert. Diese Macht nenntPaulus Sünde. Die Berufung, durch die ein Mensch erst zu seiner Erfüllung kommt, ist: zulieben, wie Jesus uns geliebt hat. „Wie ich euch geliebt habe“, benennt den Maßstab: diefreundschaftliche Hingabe für das Leben der andern, die nicht auf Begriffe zu reduzierenist, sondern in jeder Entscheidungsfrage neu an die Jesusgeschichte anknüpfen muss.Aber „Wie ich euch geliebt habe“ sagt nicht nur, woher unser Wissen kommt, was wahreLiebe ist. Denn diese Liebe ist eine Überforderung; und ich merke jeden Tag, wie ichdahinter zurückbleibe. „Wie ich euch geliebt habe“ benennt aber eben nicht nur, woherdas Wissen kommt; dieses „neue Gebot“ enthält bereits die Andeutung, woher die Kraftkommt, es zu leben. Nikolaus von Kues hat, wie gesagt, vorgeschlagen, Gott als nonaliudzu bezeichnen, als den Nicht-Anderen. Gott ist nicht nur der andere, derjenige,der als Gerechter „Rechtleitung“ gibt, der uns gegenübersteht mit seinem Gebot; er istvielmehr der non-aliud, der in uns lebt und wirkt und uns das tun lässt, was wir selbst garnicht können: wirklich lieben.C51


BildungsveranstaltungenDie erste war: ,Muslime haben grundlegend andere Werte als wir Europäer.‘ Das ist deshalbkein wirkliches Problem, weil „wir Europäer“ auch keine einheitlichen Werte haben;ebenso sind auch die Werte der Muslime nicht einheitlich genug, um ein destabilisierendesGegengewicht zu bilden. Eine Vielfalt von Prioritätsstrukturen und Begründungsmusternwird für eine Gesellschaft nur dann gefährlich, wenn Grundrechte wie Lebensschutzoder Meinungsfreiheit in massen-mobilisierendem Ausmaße in Frage gestelltwerden. Die in Deutschland lebenden Muslime leben meist entschiedenermaßen hier, jasie nennen das Leben hier vielfach nicht nur angenehmer, sondern auch korangemäßerals in ihren Herkunftskulturen. So erleben sie eine funktionierende öffentliche Ordnungals dem Islam entsprechend und tragen sie mit. Dass es innerhalb einer Gesellschaftunterschiedliche Werthierarchien und Begründungsmuster gibt, ist für reflexionsbereiteMenschen eher befruchtend als bedrohlich.Das zweite Scheinproblem war: ,Muslime haben keine kirchlichen Organisationsformenund daher keine repräsentativen Ansprechpartner.‘ – Das mag zwar, gerade für die deutscheSituation, zutreffen. Aber es wäre verkehrt zu glauben, dass nur solche Religionsgemeinschaftenin die deutsche Lebens-, Verwaltungs- und Entscheidungswirklichkeiteinzubeziehen sind, die quasi-kirchlich organisiert sind. Die Deutsche Islamkonferenzhat zum Ziel, islamische Ansprechpartner zu finden, die gerade deshalb muslimischerseitsanerkannt und repräsentativ sind, weil sie nicht für eine Verkirchlichung des Islamstehen.Die mitunter zu hörende Warnung, dass Muslime Mission betreiben, war hier als drittesScheinproblem genannt. Zwar trifft es zu, dass viele Muslime ihre eigene Religionwerbend, einladend vertreten, dass sie sich freuen, wenn z. B. ein Christ oder ein AtheistMuslim wird, und dass es auch Muslime gibt, die in den eigenen Reihen behaupten, dieFrage, was im Europa der Zukunft die prägende Religion ist, sei quasi schon über dieDemographie entschieden.Das aber ist keine Bedrohung, vor der wir zittern sollten; es ist vielmehr eine Herausforderung,die wir gerne annehmen sollten. Ein werbender und auch attraktiver Islam stelltuns vor die Frage, wie Christen das Europa dieses Jahrtausends zu gestalten gedenken.Und daher zur dritten These:3. Es ist Zeit für Theologie – um Aufgaben zu benennenZwischen den Zeilen der hier angestellten Überlegungen waren bereits eine Reihe vonHandlungsorientierungen zu hören. Auf einen Begriff gebracht, lässt sich formulieren: Esgeht um die neue Bezeugung der christlichen Erfahrung. Das Spezifische der christlichenErfahrung ist dreifach. Es handelt sich nämlich um die Erfahrung von Ereignissen, vonSchwäche und von Verwandlung.WeltsichtbarDas Christentum ist erstens die historische Erfahrung der Erlösungsgeschichte Israels undJesu. Diese Erfahrung ist nicht individuell, sondern die Erfahrung des Zeugenvolkes, desZeugenvolkes, das erwählt ist, dessen Erwählung aber stellvertretend und im Blickauf die Berufung aller Menschen angenommen wird. Konkret also geht es darum, dassdie Kirche sichtbar ist, als Gemeinschaft und Institution, als Volk, das die politischen54


Vereinbarungen und Vereinigungen in das Licht der erhofften Zukunft der Menschheitstellt und in Frage stellt. Die Freude der Kirche ist eine Vorfreude, sie lebt schon, aber sielebt aus dem, was noch nicht erfüllt ist.WeltschwachZur spezifisch christlichen Erfahrung gehört zweitens das Scheitern. Das Scheitern in denpersönlichen Bemühungen, die Liebe zu leben; in den Versuchen, das Christentumüberzeugend zu erklären; das Scheitern vieler Hoffnungen, dass sich die Welt wandelt.Wir wollen begeistert und begeisternd Neues gründen und aus der Welt ,a better place‘machen. Aber wir wissen, dass alles, was wir aufbauen werden, auch die Spuren unsererGrundproblematik tragen wird. Unser Christuszeugnis ist nur eines, wenn wir lernen,humorvoll und demütig zu leben und zu wirken, nicht strategisch, glänzend.WeltgestaltendUnd schließlich ist die christliche Erfahrung das Erlebnis einer Verwandlung, in derMenschen in eine Wirkungsgemeinschaft gelangen, in der Eigentätigkeit und Fremdbestimmtheit,Selbstachtung und Dienst ineinander verwoben sind. Die individuelleVerwandlung muss nicht charismatisch als persönliche Bekehrungsgeschichte vorgetragenwerden – ein Darstellungsmuster, das ohnehin oft nur Klischees wiederholt. Es gehtvielmehr um dreierlei: Die eigene Verwandlung im Glauben ist immer tiefer zu ergründen,und zwar gerade im Gespräch mit Ungläubigen und Andersgläubigen; sie musssich weiterhin nachdenklich, betend, diskutierend und lesend weiterbilden lassen, undzwar auch durch ein selbstkritisches Interesse am Glauben anderer; und sie führt in dieBereitschaft zu verpflichtender Bindung, mutiger Familiengründung und phantasievollversöhnungsbereitem Mitgestalten der Gesellschaft. Was man von Christen in Deutschlandheute erwarten muss, ist ein kirchlich identifiziertes, schöpferisch reflektiertes undöffentlich engagiertes Christuszeugnis.C55


BildungsveranstaltungenMuslime in Deutschland.Dialog, Konflikt und KoexistenzProfessor Dr. Stefan WildEinleitungIch glaube nicht fehlzugehen, wenn ich annehme, dass Sie, meine Damen und Herren,hier überwiegend nicht dem muslimischen Glauben anhängen. Wie so oft also, erklärtauch heute wieder einmal ein Nicht-Muslim anderen Nicht-Muslimen, was es mit denMuslimen auf sich hat. Dabei ist die Perspektive fast immer ganz oder überwiegendeine Perspektive der Angst oder mindestens der Besorgtheit. Der 11. September 2001hat vielen Nicht-Muslimen in Deutschland und anderswo Angst vor „dem Islam“ eingejagt.Weltweit haben viele Muslime Angst vor „dem Westen“. Auch wenn hundert Malegesagt worden ist, dass es „den Islam“ ebenso wenig gibt wie „den Westen“, ist geradedie Asymmetrie dieser Gegenüberstellung, die wider alle Logik eine Himmelsrichtunggegen eine Religion stellt, eine Konstante öffentlicher Identitätsbildung auch in Deutschland.Viele Muslime hier und anderwärts fühlen sich daher nahezu ausschließlich alsTeil einer Sicherheitsdebatte wahrgenommen. Sie sehen sich im permanenten Belagerungszustandund dauernden Rechtfertigungsnotstand. Nicht wenige Medien versuchen,abgewogen über Muslime und Islamisches und nicht nur im Zusammenhang mitTerror zu berichten. Auch das geht nicht immer gut. Vor einiger Zeit wurde bei RTL eineFernsehsendung „30 Tage Muslim“ ausgestrahlt. Vorhergegangen waren in der ReiheSendungen wie „30 Tage obdachlos“ und „30 Tage Rollstuhl“. Und die Weigerung KardinalLehmanns im Mai <strong>2009</strong>, den Hessischen Kulturpreis mit dem muslimischen Schriftstellerund Islamwissenschaftler Navid Kermani zu teilen, hat gezeigt, an welch schwerenBlockaden und Konflikten das Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen inDeutschland immer noch leidet. Es macht allen Beteiligten Ehre, dass der Preis im Herbstdesselben Jahres dann doch vergeben werden konnte.Untersuchungen über islamische Kulturen und Muslime waren hierzulande lange das Privilegvon Islamwissenschaftlern. In der globalisierten Welt verliert sich dieses Monopol mehrund mehr. Das ist für das Fach eine Chance. Denn die Islamwissenschaft ist ein höchstproblematisches Fach, problematisch in ihrer Methode und problematisch in der Definitionihres Gegenstands. Stellen Sie sich vor, Geschichte und Kultur Europas zwischen derVölkerwanderung und der europäischen Einigung würde an vorderasiatischen Universitätenin einem Fach „Christentumswissenschaft“ abgehandelt. Alles wäre „christlich“:die Mundarten und die Musikinstrumente, die Kriege und die Seuchen, die Möbel unddie Wasserkanäle. In der vielbändigen Encyclopaedia of Islam, der weltweit maßgebendenSelbstdarstellung des Fachs, finden Sie dies alles als „islamisch“ abgehandelt. Mit der Kriseder Islamwissenschaft geht eine neue und bisher unbekannte Unübersichtlichkeit einher:Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichtswissenschaft und andere Fächer befassen sichmit Problemen des Islams und der Muslime, und die Wissenschaftler und Wissenschaft-56


lerinnen sind sich – wie übrigens auch die mit der Islamwissenschaft befassten – überviele Fragen radikal uneins. Diese Uneinigkeit läuft nicht etwa entlang von Fachgrenzen,sondern quer durch alle Fächer, Methoden, Schulen und Wissenschaftssegmente. Esist sehr zu begrüßen, dass sich in steigendem Masse auch Muslime und Musliminnen indieser Debatte zu Wort melden, Muslime, überzeugte und weniger überzeugte, Menschenmit kulturell muslimischem Hintergrund, Menschen, denen ihre muslimische Religionwenig bedeutet, und seit neuestem auch Ex-Muslime. Auch sie sind sich in Vielem radikaluneins. Die Debatte um die Rolle der Muslime in Deutschland ist darüber hinaus Teil einereuropaweiten Debatte. Auch hier stehen sich die apodiktischsten Urteile konträr gegenüber.Die hier zu verhandelnden Fragen und die möglichen Antworten darauf speisensich nicht so sehr aus abstrakten Überlegungen, sondern immer häufiger aus erlittenenVerletzungen, aus Besorgnis und Angst. Zugeschriebene und wirkliche Differenzen wühlenLeidenschaften auf, viele Äußerungen sind politischen Diskursen untergeordnet. Fragen,Antworten und Zuschreibungen können massive mediale und politische Konsequenzenhaben. Der 11. September 2001, der Afghanistan-Krieg, der Irakkrieg, die Rolle der einzigenverbliebenen Weltmacht USA, der israelisch-palästinensische und der israelisch-arabischeKonflikt, Terrorismus, Folter, Menschenrechte, Frauenrechte sind weitere Stichworte inder Debatte. Das 2008 erschienene Spiegel Special-Heft „Allah im Abendland. Der Islamund die Deutschen“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie sorgfältig differenzierte Aussagen undAnalysen neben tendenziös verallgemeinernden stehen können – alle von anerkanntenFachleuten verfasst. Der bereits genannte Navid Kermani hat kürzlich ein Buch geschriebenWer ist Wir? Deutschland und seine Muslime (München <strong>2009</strong>), in dem er zeigt, dass Muslimeheute in Deutschland und in den meisten Ländern Europas zu diesem selbstverständlichen„Wir“ gehören. Allerdings: die Mehrheitsgesellschaft hat es vielerorts noch nicht ganzbegriffen. So vieles also auch ungewiss und umstritten sein mag, unbestreitbar und gewissist: Muslime sind heute in (fast) allen europäischen Ländern präsent – und zwar auf Dauer.Minarette werden in wachsendem Maße neben Kirchen zu stehen kommen, der Koran istnach der Bibel zum zweiten heiligen Buch Europas geworden. In Österreich und Belgienist der Islam als Religionsgemeinschaft anerkannt, in Spanien ist der Islam den anderenReligionsgemeinschaften gleichgestellt. Die zweitgrößte Religion in Europa und übrigensauch weltweit ist nach dem Christentum der Islam. Und dies gilt auch für Deutschland. Ichbeanspruche in diesem Vortrag über Muslime in Deutschland nicht die Rolle des Spezialisten,der auf die Fragen von Laien eine endgültige Antwort geben und damit so etwas wieeinen Forschungsstand spiegeln könnte. Von mir können Sie heute nicht mehr erwartenals eine – hoffentlich informierte – Meinungsäußerung, einen Beitrag zu einer teilweise mitgroßer Heftigkeit geführten Debatte, die noch lange dauern wird.Wie viele Muslime genau heute in Deutschland leben, weiß keine Statistik. Fest zu stehenscheint, dass es zwischen 3,1 und 3,4 Millionen sind. Davon sind die große Mehrzahl, fast80 %, Türken oder türkischer Herkunft. Fast alle Emigranten kommen hierher, weil sie eshier besser zu treffen hoffen als in ihrer Heimat. Viele kommen aus armen Verhältnissen,aus dem Dorf und einem agrarisch geprägten Milieu. Schon diese türkischen Einwanderersind keine homogene Gruppe, erst recht nicht alle Muslime in Deutschland mit „Migrationshintergrund“,wie die verschämte Formulierung heißt. Dazu gehören dann z. B. Bosnier,Albaner, Iraner, Marokkaner, Afghanen, Iraker, Palästinenser und Libanesen. Eine MillionMuslime etwa haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine wichtige, zahlenmäßig kleine,C57


Bildungsveranstaltungenaber gesellschaftlich bedeutsame Gruppe sind deutsche Konvertiten und Konvertitinnenzum Islam. Bei weitem nicht alle Probleme zwischen der Mehrheitsgesellschaft und derMinderheitsgesellschaft sind kulturell. Aber es gibt doch einige wichtige kulturspezifischeReibungspunkte, die dann meist auch eine religiöse Komponente haben.Ich möchte mein Thema in zwei Schritten behandeln. Erstens, eine längere Betrachtungzum Thema „Muslime in Deutschland und der demokratische Staat“ und zweitens einenkürzeren Beitrag zum Thema „Muslime in Deutschland und die Hoffnung auf die Diaspora“.I. Muslime in Deutschland und der demokratische Staat.Eine immer wieder gestellte Frage ist: Wollen, können Muslime in Deutschland das weitgehendsäkulare Grundgesetz und die Regeln der Demokratie als Staatsform auf Daueranerkennen? Das bedeutet nämlich, dass bestimmte Regeln und Strafen des islamischenreligiösen Rechts, der Scharia, außer Kraft gesetzt werden, dass die volle gesellschaftlicheGleichberechtigung von Mann und Frau anerkannt wird, dass Religionsfreiheit besteht, dieauch das Recht, die islamische Religion zu verlassen, einschließt, und dass die staatlicheSphäre von der religiösen getrennt ist. Was dieses Auseinanderhalten von politischer undreligiöser Sphäre betrifft, so ist bekanntlich in Deutschland diese Scheidung nur unvollkommen.Deswegen erhebt der Staat hier die Kirchensteuer. Und weil die Väter des Grundgesetzesdie Religionsfreiheit und damit im Prinzip die Gleichheit aller Religionen in dieVerfassung aufnahmen, machen sich zu Recht nicht-christliche Religionsgemeinschaftenauf eine analoge Privilegierung Hoffnung. Im Fall der jüdischen Gemeinden ist das bereitserfolgt, bei den Muslimen noch nicht.Die weit überwiegende Mehrzahl der Muslime in Deutschland sind, wie gesagt, Türkenoder türkischer Herkunft. Die Türkei ist einer der wenigen Staaten, die zwar eine muslimischeBevölkerungsmehrheit haben, aber nach ihrer Verfassung den Islam nicht als Staatsreligionkennen. Mehr noch, eine Hauptsäule des türkischen Staatsverständnisses ist derLaizismus, im Sinn der französischen laicité, also des Versuchs, lupenrein Religiöses vonStaatlichem zu trennen. Ähnlich gelagert ist der Fall Indonesiens, das das Land mit derweltweit höchsten Anzahl von Muslimen ist, dessen Verfassung aber ebenfalls den Islamnicht zu seiner Staatsreligion erhebt.Aber davon abgesehen: die meisten Türken in Deutschland sind zwar Muslime, aber vielewürden sich nicht in erster Linie und schon gar nicht allein als religiös definieren. Manchedieser Türken etwa sehen sich selbst hauptsächlich als Kurden – nicht weil sie keine Muslimewären, sondern weil sie aufgrund ihres ethnischen und sprachlichen Hintergrunds inder Türkei diskriminiert wurden und werden. Stehen sie alle auf dem Boden des Grundgesetzes?Ein deutscher Innenminister – es ist schon eine Weile her – hat einmal gesagt, erkönne nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen. Das isteine für einen Innenminister nicht akzeptable Aussage. Aber der türkische Hilfsarbeiter amBau wäre ebenso wie sein deutscher Kollege überfordert, wenn er auch nur einen Satz ausdem Grundgesetz zitieren sollte. Es kommt auf die staatliche Praxis an. Und in der darf nurdas Grundgesetz und der Rechtsstaat das Sagen haben und im Konfliktfall den Ausschlaggeben. Gilt unterhalb dieser Schwelle: erlaubt ist, was nicht verboten ist? Das ist nicht58


sicher, und darüber sind sich, soweit ich weiß, auch die Juristen nicht einig. Die türkischeOma, die kein Wort Deutsch lernen will, der türkische Imam, der einer Frau nicht die Handgibt, weil er befürchtet, dadurch kultisch unrein zu werden, der in Deutschland geborenetürkisch-stämmige junge Mann, der sich seine blutjunge Frau aus einem türkischen Dorfholt, oder die türkische Kindergärtnerin, die darauf beharrt, ein Kopftuch zu tragen – dassind vielleicht oder wahrscheinlich personifizierte Integrationshemmnisse. Hat der Staatdeswegen das Recht, hier per Gesetz oder Erlass unter Bezugnahme auf den ordre publiceinzugreifen? Ich glaube nicht.Viele in Deutschland lebende Muslime – einschließlich der Türken – würden sich also nichtals in erster Linie muslimisch definieren. Aber wie verhält es sich mit einem türkischen Muslim,der sich nun vor allem oder hauptsächlich als Muslim ansieht, zu der Frage, wie er zursäkularen Verfassung steht? Die Antwort auf diese Frage ist schwierig. Es kommt nämlichsehr darauf an, wer und wie gefragt wird. Glaubt man einer rezenten Gallup-Umfrage zeigtsich z. B., dass deutsche Muslime größeres Vertrauen in die staatlichen deutschen Institutionen,das deutsche Justizsystem oder die Ergebnisse von Wahlen haben als in ihre eigenenInstitutionen. Es sind in Deutschland vor allem Muslime, die sich gemischte Wohngebietewünschen und nicht etwa die Nicht-Muslime. Auf der Alltagsebene gibt es viele kleineund wenige radikale Konflikte. Hält man sich aber an das, was repräsentative muslimischeGelehrte, diejenigen, die man als muslimischen theologischen main-stream bezeichnenkann, schreiben und lehren, ist die Antwort: Das deutsche Grundgesetz ist nicht restlosmit diesem Theologen-Islam vereinbar. Zu diesem Thema ist kürzlich ein wichtiges Bucherschienen (Lukas Wick, Islam und Verfassungsstaat. Theologische Versöhnung mit derModerne? Würzburg <strong>2009</strong>). Ich beschränke mich im Folgenden auf die sunnitischen Muslime,zu denen weltweit mehr als 85 % aller Muslime und auch die meisten Muslimein Deutschland gehören – und lasse die schiitischen Muslime beiseite.Weiter lege ich im Folgenden repräsentative Äußerungen vorwiegend arabischer Gelehrterund nicht etwa türkischer Gelehrter zugrunde. Das hat seinen Grund. Arabische Rechtsgelehrteund Theologen haben über die ganze sunnitisch-muslimische Welt hin besonderesGewicht. Die Azhar-Universität in Kairo hat in der sunnitischen Welt keinen Rivalen alsSprachrohr des sunnitischen Islams und als Zentrum muslimischer Mission (da’wa). Damithat sie eine einzigartige Position. Muslimische gelehrte Theologen, die in den reichenÖlstaaten mit den heiligen Stätten in Mekka und Medina leben oder von dort finanziert werden,haben auch – wenn auch nicht nur – aufgrund ihres Petrodollar-Reichtums oft ebensogroßen Einfluss. Dieser Einfluss zeigt sich nicht nur in arabischen Ländern, sondern wirktauch auf türkische, indonesische, afrikanische Muslime weltweit als tonangebend. In dennach dem Zusammenbruch der UdSSR entstandenen „islamischen“ zentralasiatischen Republikenwie Uzbekistan oder Tadschikistan zeigen sich solche Einflüsse, aber auch in Europa,in Bosnien, Spanien, Frankreich und England – und selbstverständlich auch in Deutschland.Nun kann man sich bereits über den Begriff „Theologie“ streiten. Gibt es eine muslimischeTheologie so wie es eine christliche Theologie gibt? Jedenfalls gibt es eine gewisseÜbereinstimmung darüber, dass die islamische Religion in hohem Masse eine Gesetzesreligionist, sie also unter den drei monotheistischen Schwesterreligionen in dieser Hinsichteher dem Judentum als dem Christentum gleicht. Das Christentum gilt als Erlösungs-C59


Bildungsveranstaltungenreligion – was weder das Judentum noch der Islam ist. Die Frage „Was sollst du glauben?“ist also muslimischen Gelehrten oft weniger wichtig als die Frage „Was sollst du tun?“Muslimen ist im Allgemeinen die orthodoxe Praxis wichtiger als die orthodoxe Lehre. Eingroßer Teil der theologischen Debatten unter muslimischen Gelehrten kreist daher umProbleme des islamischen Rechts und der rechten Lebensführung. Die Lösung solcherProbleme erscheint sehr oft in Form eines Rechtsgutachtens, eines sog. Fatwa. Eine zweiteVorfrage, die der Klärung bedarf, ist: Welche Äußerungen von muslimischen Gelehrtenzum Verhältnis zwischen Staat und Religion können als repräsentativ gelten? Hier öffnetsich eine Dialektik: Der Muslim braucht im Umgang mit Koran und Sunna im Prinzip keinenVermittler. Es gibt jedenfalls für den sunnitischen Islam keine Gruppe, die sich daraufberufen könnte, unter welchen Umständen auch immer Herr der wahren Lehre zu sein, erstrecht gibt es keine menschliche Einzelstimme, die sich theologisch darauf berufen könnte,unfehlbar zu sein. Auch das islamische Kalifat, das 1924 von Kemal Atatürk abgeschafftwurde, war nie eine Instanz, die Dogmen oder Rechtsfragen klärte. Und was die Rechtsgutachtenangeht: zu fast jedem Fatwa gibt es mindestens ein Gegen-Fatwa. Im Internetzirkulieren hunderttausende von solchen teilweise widersprüchlichen Fatwas. Um zuwissen, was Muslime über ihren Glauben und ihre Ethik denken, muss man also mehrere,viele Muslime fragen. Insofern gleicht der sunnitische Islam eher dem Protestantismus alsdem Katholizismus. Nun gibt es aber auch im sunnitischen Islam religiös besonderslegitimiertes Sprechen, religiöse Autorität, die wie im Fall der eben genannten Azhar- Universitätinstitutionell gestützt ist, eben main-stream. Und daneben gibt es Revisionisten,Abweichler, Liberale, mehr oder minder radikale Reformer und Revolutionäre. Der Rektorder Azhar-Universität Moschee in Kairo spricht mit unvergleichlich größerem Gewicht überden Koran als der Bewässerungs-Ingenieur aus Damaskus. Da die große Mehrheit derhiesigen Muslime Türken sind, ist es von Bedeutung, dass es unter den türkischen Koranexegetenheute eine kleine, aber interessante Gruppe von Universitätsprofessoren gibt, diehauptsächlich in Ankara eine moderne Hermeneutik der Koranlektüre einschließlich derhistorisch-kritischen Methode und der Bultmann’schen Entmythologisierungstheorielehren. Sie sind aber nicht der main-stream-Theologie zuzuordnen und sind nach meinemEindruck wohl bei deutschen Islamwissenschaftlern bekannter als in der Türkei. Denmeisten Türken in Deutschland dürften sie weitgehend unbekannt sein. Der Islamwissenschaftwird nicht selten und nicht ganz ohne Grund der Vorwurf gemacht, sie beschäftigesich zu stark mit den Dissidenten und theologischen Revisionisten und vernachlässigedarüber die große Menge der traditionell argumentierenden muslimischen main-streamTheologen. Diesen Fehler will ich hier vermeiden. Auf der anderen Seite sind viele Türkenoder Deutsche mit türkischem Migrationshintergrund an theologischen Debatten wenigoder überhaupt nicht interessiert. Die Vertreter der Muslime in Deutschland wie derZentralrat der Muslime oder der Islamrat vertreten nur einen kleinen Prozentsatz derMuslime in Deutschland. Allein die vom türkischen Staat gelenkte Vertretung der DITIB,die paradoxerweise trotz dem laizistischen Ansatz der türkischen Verfassung fast so etwaswie eine türkisch-sunnitische Staatsreligion erwachsen lässt, besitzt einige Macht.Die einflussreichsten muslimischen Religionsgelehrten arabischer Sprache, die in derRegion leben und lehren, akzeptieren die Trennung von Staat und Religion nicht, selbstdann nicht, wenn die Staaten, in denen sie leben, praktisch bereits weite Gebiete derPolitik aus der religiösen Sphäre ausgeschlossen haben. Ein bekannter ägyptischer60


Gelehrter, Muhammad al-Ghazali (gest. 1996) schrieb: „Der westlich-christliche Geist hatnicht aufgehört, uns zu täuschen und zu versuchen, unsere Gemeinschaft zu zerreißen.Dann fing man hier an, vom Säkularismus zu sprechen, damit wir diese Ränke akzeptierenund uns der Zerstückelung fügen sollten“. Diese Haltung wird oft von einer besonderenInterpretation der Geschichte begleitet: „Der Aufstieg Europas ist eng mit der Säkularisierungverbunden, sein Niedergang ist auf die Herrschaft von (christlicher) Religion undKirche über Staat und Gesellschaft zurückzuführen. Im Gegensatz dazu war der Gang derarabisch-islamischen Zivilisation genau umgekehrt. Sie war eng verbunden mit derHerrschaft der scharia über den Staat ... Erst mit der Abkehr vom islamischen Charakterdes Gesetzes begann der Weg unserer islamischen Nation/Gemeinde zum Abstieg undVerfall“ (beide Zitate nach Wick 115).Viele dieser muslimischen Autoren betrachten das, was sie als moderne Selbstsäkularisierungdes Christentums in Mitteleuropa ansehen, als einen Verrat der Christen an ihrereigenen Religion. Sie sehen, dass die christlichen Kirchen in Mitteleuropa an öffentlichemEinfluss verlieren, dass immer mehr Christen sich von kirchlichen Strukturen abwenden,dass die religiöse Praxis der Gemeinden schrumpft, dass Kirchen in den Großtädtenumgewidmet werden müssen, weil immer weniger Gläubige die Gottesdienste besuchen.Besonders symbolträchtig ist für sie natürlich, wenn gelegentlich aus Kirchen Moscheenwerden. Diese muslimischen Gelehrten fürchten, dass den muslimischen Gemeindeninsgesamt ein ähnliches Schicksal droht wie den christlichen Kirchen in Europa – sollten siedem säkularen Gedanken folgen.Diese muslimischen Gelehrten bekommen nun eine gewisse Schützenhilfe von deutschenVerfassungsrechtlern und Philosophen. Das säkulare Fundament europäischer Staaten istja nicht ganz unumstritten. Eine der meist zitierten Aussagen des deutschen Verfassungsjuristenund ehemaligen Verfassungsrichter am Bundesverfassungsgericht Ernst-WolfgangBöckenförde ist:„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er nicht selbst garantierenkann ... So wäre denn noch einmal – mit Hegel – zu fragen, ob nicht auch der säkularisiertewestliche Staat letztlich aus jenen inneren Antrieben und Bindungskräften lebenmuss, die der religiöse Glaube seiner Bürger vermittelt.“ („Die Entstehung des Staates alsVorgang der Säkularisation“ in: Heinz-Horst Schrey (ed.), Säkularisierung, Darmstadt 1981,87f.) Ein solcher Satz spricht sicher manchem muslimischem main-stream-Theologen ausdem Herzen. Da gibt es also, so scheint es, doch noch etwas anderes als die rein menschlicheSatzung, etwas Höheres, das eine Religion sein könnte. Könnten diese „inneren Antriebe undBindungskräfte“ auch aus der Religion des Islams gespeist sein? Jürgen Habermas hat inder Auseinandersetzung mit dieser These Böckenfördes unlängst die Diskussion in für michunerwarteter Weise weitergeführt. Habermas, der von sich sagt, er sei „religiös unmusikalisch“,betrachtet die mitteleuropäischen Gesellschaften inzwischen als „post-säkulare“Gesellschaften. Ich kann hier nicht den gesamten Zusammenhang aus seiner Rede in derPaulskirche referieren, sondern beschränke mich auf zwei Sätze:„Die weltanschauliche Neutralität der Staatsgewalt, die gleiche ethische Freiheiten fürjeden Bürger garantiert, ist unvereinbar mit einer säkularistischen Weltsicht. SäkularisierteBürger dürfen, soweit sie in ihrer Rolle als Staatsbürger auftreten, weder religiösenWeltbildern grundsätzlich ein Wahrheitspotential absprechen, noch den gläubigenC61


BildungsveranstaltungenMitbürgern das Recht bestreiten, in religiöser Sprache Beiträge zur öffentlichen Kultur zumachen“. Habermas ruft zu besonderem Respekt gegenüber der Stimme der Religion aufund spricht vom „Versiegen der Sinn-Resourcen“, die nach ihm in einer vollständig säkularisiertenKultur drohe. An anderer Stelle frag er rhetorisch: „Wer, außer den Kirchen undReligionsgemeinschaften, setzt denn noch Motive frei, aus denen kollektiv und solidarischgehandelt wird?“ (Interview TAZ 18.6.<strong>2009</strong>, S.6). Auch das würde vermutlich den Beifallvieler muslimischer Gelehrter finden. ( „The Public Voice of Religion. The secular State andthe Plurality of Faiths“ in: Art&Thought Fikrun wa Fann Nr. 19 (Januar/April <strong>2009</strong>) 64 – 67;Schnädelbach 57). Eine Tagung in Zürich zur Feier des 80. Geburtstags des Philosophenhat unlängst gegengesteuert und wieder auf die Notwendigkeit einer rein säkularenBegründung eines Staatswesens verwiesen (FAZ 3.6. <strong>2009</strong> S. N3).Über alledem darf man nicht vergessen, dass auch vielen christlichen Theologen im VorderenOrient das Konzept des säkularen Staates fremd geblieben ist. George Khodr (geb. 1923),einer der heute führenden Griechisch-Orthodoxen Theologen, Bischof und Metropolit imLibanon, akzeptiert zwar die europäische Aufklärung, lehnt aber das Konzept des säkularenStaates ab oder misstraut ihm zumindest: „Der Begriff des säkularen Staates interessiertmich nicht, ich habe ihn selten gebraucht“, sagt er. Er fährt freilich fort: „Mich interessiertvor allem die Freiheit, ich meine die Freiheit der individuellen Selbstbestimmung, wie siejeder für sich versteht. Zu dieser Überzeugung ist Europa gelangt, ohne dass die orientalischeWelt sie begriff. Die europäische Aufklärung ist die menschliche Auffassung einer kreativenGesellschaftsordnung. Diese widerspricht weder unseren spirituellen Gaben nochder tiefen Religiosität. Er bedeutet keineswegs den sittlichen Verfall“. (Martin Tamcke,Christen in der islamischen Welt, München 2008, 149.) Also nach Bischof Khodr gilt für denStaat: Freiheit: ja, Säkularisierung: nein.Ähnlich großes Misstrauen wird nun von muslimischen main-stream-Theologen dem Konzeptder Religionsfreiheit entgegengebracht. Ein als großer Theologe und Reformer derAzhar bekannter Mann wie Mahmud Shaltut (gest. 1963) sprach für die große Mehrheitseiner Kollegen, wenn er demjenigen, der vom Islam abfällt, androht: „Man schone seinBlut nicht, man trenne ihn von seiner Frau. Er ist unwürdig, seine Verwandten zu beerben;bei seinem Tod bete man nicht für ihn und man begrabe ihn nicht auf dem Friedhofder Muslime“ (Wick 141). Die Schärfe dieser Position wird nicht dadurch gemildert, dassBestrafung von Apostasie in islamischen Ländern äußerst selten ist.Ich möchte mich jetzt auf einen einigermaßen riskanten, aber, wie ich meine, erhellendenVergleich einlassen: nämlich einen Vergleich der theologischen Standpunkte heutigermuslimischer Theologen und main-stream Positionen gegenüber Säkularisierung, Religionsfreiheit,Demokratie einerseits und den entsprechenden theologischen Positionender katholischen Kirche im 19. und 20. Jahrhundert bis zum Zweiten Vaticanum (also ca.1957 – 1962) andererseits. Vor einem überwiegend katholischen Publikum scheint mir dasbesonders fruchtbar und angemessen.Repräsentativität und Autorität in katholischen theologischen Äußerungen sind leicht zufinden – in den päpstlichen Äußerungen zu Verfassungsstaat und Säkularisierung. Es gibtin der katholischen Kirche keine Stimme, die über mehr Legitimation verfügt als die Stimmedes Papstes. Diese Legitimation kulminiert bekanntlich in den päpstlichen Äußerungenex cathedra. Aber auch wenn der Papst unterhalb der Schwelle der unfehlbaren Äußerung62


leibt, sind seine Weisungen und Worte verbindlich, Katholiken waren und sind gehalten,sich diesen anzuschließen. Wenn überhaupt ein Einzelner für eine der christlichen Kirchensprechen kann, dann ist das bis heute der der Papst in Rom, der für die katholischen Christenspricht.Meines Wissens hat in Deutschland zum ersten Mal der bereits zitierte ehemalige Verfassungsrichteram Bundesverfassungsgericht Ernst-Wolfgang Böckenförde einen Vergleichzwischen den Vorbehalten von Katholiken in Deutschland und Preußen im 19. Jahrhundertgegenüber dem vom Papst verdammten religionsneutralen Staat einerseits und der Haltungvieler Muslime gegenüber einem laizistischen oder teil-säkularisierten Staat andererseitsim heutigen Europa gezogen. Der syrische Philosoph Sadik al-Azm (geb.1934),bekennender Marxist und einer der wenigen übrig gebliebenen Vertreter einer ehemalseinflussreichen „arabischen Linken“, ist ein scharfer Kritiker der sozialen und politischenMissstände in der arabischen Welt. Er stammt aus syrischem Feudaladel, seine Herkunftist muslimisch und er wurde im Libanon wegen seiner islam- und religionskritischen Thesenkurzfristig ins Gefängnis geworfen. Al-Azm hat im Einzelnen die Haltung päpstlicherVerlautbarungen im späten 19. und der ersten Hälfte des 20. Jh. mit der Haltung heutigerislamischer main-stream Gelehrter verglichen. Er parallelisiert die „Zusammenstellung derIrrtümer“ (Syllabus Errorum), die Papst Pius IX. (reg. 1848 – 1878) 1864 nach jahrelangerVorbereitung als Anhang zu seiner Enzyklika Quanta Cura publizierte, mit verblüffend ähnlichenÄußerungen heutiger muslimischer Theologen. Der Syllabus basiert auf einer Anzahlfrüherer Enzykliken und anderer päpstlicher Äußerungen, er rechnet mit 80 modernen„Irrtümern“ ab, um nur „die schmerzlichsten Irrlehren und Ketzereien zu verwerfen, anzuklagenund zu verurteilen“. Dazu gehören Rationalismus, Säkularisierung, Sozialismus,Liberalismus, Modernismus, Demokratie, Gewissensfreiheit, religiöse Toleranz, Trennungvon Kirche und Staat, Zivilehe und vieles andere. Vieles davon würden heute im Umkreisder katholischen Kirche nur noch die Anhänger von Marcel Lefebvre verwerflich finden.Seit der französischen Revolution fühlte sich besonders die katholische Kirche in einemAbwehrkampf gegen die Moderne. „Dieser erste säkulare Kampf gegen das Christentumnach anderthalb Jahrtausenden des Konstantinischen Bundes der geistlichen und weltlichenGewalt hat die katholische Kirche ... als Schock getroffen und mit tiefer Reservegegenüber der demokratischen Verfassungsform und jeder immanent-säkularen Begründungund Ausgestaltung der Staatsgewalt erfüllt“ (M. Heckel nach Wick 29). MancheHistoriker halten dagegen fest, dass sich der moderne Staat „zwar gegen die rivalisierendenchristlichen Religionsparteien durchgesetzt und die christlichen Glaubenswahrheitenneutralisiert“ habe, „gleichwohl entstand er nicht zufällig selber im historischen Kontextdes christlichen Abendlandes“ (Depenheuer nach Wick 31.) Das galt aber hauptsächlichfür das protestantische Milieu. Wie immer dies sich im Einzelnen verhält – fest steht, dassdie katholische Kirche, der Papst und seine Theologen sich erst sehr spät darauf einließen,weltliche Autonomie, Trennung von Staat und Kirche, Demokratie, Glaubens- und Gewissensfreiheitals Werte anzuerkennen und nicht als zu bekämpfende Irrlehren zu verdammen.Die repräsentative Linie der katholischen Kirche, im Papst von Rom gegenwärtig, hat langemit Erfolg versucht, alle derartigen Strömungen zu unterdrücken. Papst Pius IX. hat 1864in seiner Enzyklika Quanta Cura und im Syllabus Errorum Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit,Trennung von Kirche und Staat, Liberalismus als modernistische Irrtümer abgelehnt.C63


BildungsveranstaltungenEs war vielleicht sogar gerade die Angst der Kirchenspitze vor der Versuchung derModerne, die der Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit gewissermaßen als letztenDamm vor dem Chaos zum Status des Dogmas verhalf. Papst Pius IX. verbot nach demEnde des Kirchenstaates den Katholiken Italiens 1874 mit der Bulle Non expedit jede aktiveoder passive Beteiligung am politischen Leben. Noch Papst Leo XIII., obwohl deutlichmoderater als Papst Pius IX., lehnte Demokratie als mit der christlichen Lehre unvereinbarab (Enzyklika Graves de Communi 1901). Viele französische Katholiken misstrauten ihrerRepublik, die nicht mehr die Einheit von Thron und Altar verkörperte. Und in Deutschlandgalten die Katholiken in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielen Nicht-Katholikenals „Ultramontane“, deren eigentliche Loyalität nicht der Verfassung galt, sondern derWeisung des Papstes, jenseits der Alpen (ultra montes). Natürlich gab es in diesem KulturkampfKatholiken, katholische Theologen, ja sogar katholische Bischöfe, die sich seit dem19. Jahrhundert liberaleren Tendenzen öffnen wollten. Aber eine eindeutige Akzeptanzder vollen Religionsfreiheit seitens des päpstlichen Lehramtes gab es erst mit dem ZweitenVaticanum (1962 – 65).Ein paralleles Misstrauen gegenüber der Moderne ist nun nach dem Damaszener Philosophenund Religionskritiker Sadik al-Azm auch die Hauptursache für die heutige starre Haltungvieler repräsentativer muslimischer Theologen vor gewissen Aspekten der modernenWelt, die schon genannt wurden: Säkularisierung, Religionsfreiheit, Abschaffung einigerScharia-Strafen. Der Vergleich hat für mich eine theologie-kritische Pointe. Im Bereich derkatholischen Kirche hat sich gezeigt, dass deren Theologie zu dieser Zeit in keiner Weiseeine Vorreiter-Rolle einnahm. Im Gegenteil, gerade die „repräsentative“ Theologie, derkatholische main-stream des 19. und 20. Jahrhunderts bis zum Vaticanum 2, hinkte dertatsächlichen Entwicklung im Bewusstsein vieler Katholiken hinterher. Die vatikanischemain-stream-Theologie war der Bremsklotz, nicht der Motor einer neuen Entwicklung. Diekatholischen Erfahrungen etwa mit der Glaubensfreiheit, mit der Trennung von staatlichemund kirchlichem Bereich, mit der Demokratie in den USA zählten in Rom nicht undwurden dort theologisch, wenn überhaupt, dann erst sehr spät, zur Kenntnis genommen.Der Schluss, den ich aus diesem Vergleich ziehe, ist unspektakulär. Man muss denislamischen theologischen main-stream ernst nehmen. Aber man sollte mit den Muslimenin Deutschland die praktische Geduld haben, die Bismarck im 19. Jahrhundert mit denechten oder vermeintlichen Ultramontanen hatte. Der bereits genannte Sadik al-Azm gabauf die Frage, ob „der Islam“ mit „der Moderne“ vereinbar sei, eine nuancierte Antwort.Dogmatisch und ideal gesprochen sei beides nicht vereinbar, in der historischen Realitätund Praxis aber doch. In Wirklichkeit, meine ich, sind auch viele islamische Gelehrte schonweiter, als al-Azm noch für möglich hielt. Aber die Front der traditionellen Gelehrten stehtimmer noch fest hinter einem muslimischen Syllabus-Denken. Die gelehrten muslimischenKonservativen mögen heute schreiben, was sie wollen. Aber die Wirklichkeit ändert sichrasant. Und dafür ist die muslimische Diaspora in Mitteleuropa ein gutes Beispiel.64


CII. Muslime und das deutsche Grundgesetz – Hoffnung auf die DiasporaIn der Charta des Zentralrats der Muslime in Deutschland steht seit 2002, dass die deutschenMuslime das Recht akzeptieren, ihre Religion zu wechseln und oder auch gar keinerReligion anzuhängen. Das ist ein für viele Muslime und besonders für muslimische Theologenund Gelehrte immer noch revolutionärer Standpunkt. Und es ist selbstverständlichkein Zufall, dass sich eine solche Position zuerst in der Diaspora bildet und nicht in einemmuslimischen Kernland. Natürlich gab und gibt es darüber innerhalb der Muslime heftigenStreit. Tariq Ramadan (geb. 1962), ein Schweizer Philosoph und Islamwissenschaftler ägyptischerHerkunft, ist der bekannteste Vertreter eines Euro-Islam. Er hat in Frankreich, aberauch in der Schweiz, in Deutschland und anderswo in Europa die europäischen Muslimedazu aufgerufen, in Fragen der Anwendung der Scharia einem Moratorium zuzustimmen.Ramadan schlägt ein „Moratorium für die Todesstrafe, körperliche Züchtigungen undSteinigungen“ (Tariq Ramadan, Radikale Reform 11; website: www.tariqramadan.com) vor.Moratorium bedeutet nicht nur „Denkpause“, sondern auch ein Aussetzen der betreffendenPraxis. Er ist dafür von beiden Seiten gescholten worden, von traditionellen muslimischenGelehrten, denen das viel zu weit geht, und von europäischen mehr oder wenigerwohlwollenden nicht-muslimischen Beobachtern, denen das bei weitem nicht weit genuggeht. Diese Entwicklung ist zu vergleichen mit der Stellung der USA gegenüber der Todesstrafe.Einige amerikanische Bundesstaaten haben bekanntlich durch ein Moratorium dieVollstreckung der Todesstrafe in ihrer Jurisdiktion ausgesetzt, andere nicht.Ein anderes, mir Hoffnung machendes Beispiel stammt aus dem islamischen Recht. Invielen europäischen Ländern wird das islamische Recht auf für traditionelle Gelehrteunerhörte Weise neu interpretiert. Muslimische Gelehrte in den Niederlanden diskutierenein islamisches Minoritätenrecht, das der traditionellen Scharia widerspricht. Nachislamischem Recht kann z. B. eine Muslimin nicht mit einem Nicht-Muslim verheiratet sein.Das bedeutet in der Diaspora-Situation, dass, wenn in einer nicht-muslimischen Ehe dieFrau zum Islam konvertiert, die Ehe nach islamischem Recht automatisch geschieden ist.Muslimische Diasporagelehrte fordern nun eine Modifikation dieser Regel. Warum solleine solche Ehe mit Kindern sofort geschieden werden, so fragen sie? Erstens kann diesepotentielle Konvertitin zum Islam durch einen so harten Schnitt davon abgehalten werden,zu konvertieren. Zweitens, fragen diese europäischen islamischen Gelehrten: Bestehtnicht die Möglichkeit, dass die Mutter in ihrer Ehe bleibt, die Kinder auf islamische Weiseerzieht und so zu Muslimen macht? Und ist es nicht möglich, dass auch der Mann sich vomBeispiel seiner Frau inspirieren lässt und ebenfalls zum Islam konvertiert? Wäre das nichtin höherem Maße im Interesse der muslimischen Gemeinde? Hohe islamische Autoritätenwie die Azhar-Universität in Kairo haben schon ihr Missfallen und ihre Ablehnung bezeugt.Aber die Diskussion geht weiter und sie geht m. E. in die richtige Richtung: Jede vernünftigeRegelung solcher Fragen muss auf die Lebenswelt europäischer Länder Rücksichtnehmen. Religiöse Überzeugung und säkulare Vernunft können sich also in mikroskopischkleinen Schritten auf einander zu bewegen. Dass die Vertreter solcher Neuregelungenin erster Linie das Wohl der Gruppe der Muslime im Auge haben, ist nichts weiter alsselbstverständlich.Solche und viele andere und weitergehende Neujustierungen von säkularer Vernunft undreligiöser Überzeugung kommen, wie ersichtlich, vornehmlich aus der Diaspora und nicht65


Bildungsveranstaltungenaus Kairo oder aus Mekka, eher vielleicht schon aus Indien, Indonesien oder Malaysia. Irgendwannwerden viele junge europäische Muslime es auch in Deutschland leid sein, dass ihnenhochrangige saudische Gelehrte erklären, die Erde sei, wie man dem Koran entnehmenmüsse, eine Scheibe, und dies anzuerkennen sei religiöse Pflicht des Muslims – so geschehennoch 1974. Ein solches aggiornamento wird aber nur dann möglich sein, wenn muslimischeJugendliche in Deutschland annähernd gleiche Bildungschancen haben wie ihre nichtmuslimischenAltersgenossen. Und es wird auch nur dann geschehen, wenn ein Minimumvon interreligiösem Respekt auf allen Seiten garantiert ist. Es wird erschwert oder sogarunmöglich gemacht, wenn die Mehrheitsgesellschaft den Eindruck erweckt, die islamischereligiöse Kultur in Bausch und Bogen zu verachten, oder wenn die muslimische Minderheit inDeutschland sich in einer Wagenburg-Mentalität verkriecht. Natürlich ist die Diaspora keineInsel der Seligen. Die Sauerlandterroristen waren und sind Söhne der muslimischen Diasporain Deutschland. Auch diese Diaspora hat ihre Dialektik.Die Angst mancher nicht-muslimischer Beobachter vor Grundgesetz-treuen Muslimen,deren Zugeständnisse nur taktisch seien, hat für mich gelegentlich etwas Alarmistisches.Böckenförde beispielsweise fordert, der deutsche Staat müsse dafür sorgen, dass „die Angehörigendes Islams durch geeignete Maßnahmen im Bereich von Freizügigkeit und Migration... in ihrer Minderheitenposition verbleiben, ihnen mithin der Weg verlegt ist, über die Ausnutzungdemokratischer politischer Möglichkeiten seine auf Offenheit angelegte Ordnungvon innen her aufzurollen“ (FAZ 23. 4. <strong>2009</strong>, S. 35). Die deutsche Öffentlichkeit ist nicht freivon Islamophobie.Es gibt genug Blockaden und Konflikte, die nicht sofort und nicht auf einmal lösbar sind. Sieverlangen geduldig zu erarbeitende und daher mühsame und nicht selten schmerzhafteKompromisse. Wie hoch dürfen Minarette sein? Dürfen muslimische Kindergärtnerinnen einKopftuch tragen? Müssen Fabrik-Kantinen auf muslimische Speisetabus Rücksicht nehmen?Soll der islamische Religionsunterricht wie der katholische und evangelische von Staatswegen erfolgen? Soll es eine Art „muslimischer Kirche“ als Körperschaft öffentlichen Rechtsgeben? Letzteres würde bedeuten, dass sich Muslime in Deutschland in kirchenähnlichenStrukturen organisieren müssten. Solche Fragen und viele andere betreffen die Sichtbarkeitvon Religion in der Öffentlichkeit und müssen öffentlich ausgehandelt werden. Deswegen istdie von dem damaligen Innenminister Schäuble 2006 eröffnete Islamkonferenz m. E. einegute Sache. Bei solchen öffentlichen Diskussionen sollen auch und gerade Muslime, die nichtFunktionäre der muslimischen Vereinigungen sind, ihre Stimme kräftig erheben. Im Ganzenist Deutschland, denke ich, mit seinen hauptsächlich türkischen Muslimen bisher gut gefahren.Zum Vergleich muss man nur nach England, Frankreich, den Niederlanden oder Spaniensehen. Freilich – dieses Gleichgewicht ist leicht zu stören. Ich mag mir nicht ausdenken, wasin Deutschland geschehen wäre, hätten die Sauerlandbomber ihr Ziel erreicht. Der allgemeinanti-muslimische und islamophobe backlash wäre furchtbar gewesen.Wie weit eine Koexistenz zwischen einer weitgehend säkularisierten Mehrheitsgesellschaftund einer mit ihrer Religion verbundenen muslimischen Minderheitsgesellschaft in Deutschlandglückt, hängt von beiden Seiten ab. Die christlichen Kirchen in Deutschland habenEiniges getan, um Dialog und Koexistenz mit Muslimen zu befördern. In Mitteleuropa undin Deutschland wird den Muslimen auf die Dauer nicht viel anders übrig bleiben als eine66


weitgehende Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft, der Minderheit werden bekanntlichmeistens größere Zugeständnisse abgefordert als der Mehrheit. Zum mühsamen Weg deröffentlichen Aushandlung strittiger Themen zwischen der muslimischen Minderheit und dernicht-muslimischen Mehrheit, zwischen Religionsfreiheit, die den Muslimen zusteht, unddem deutschen Grundgesetz, das für alle gilt, gehören unvermeidlich und schmerzhaft Streitund Rückschläge. Keine Religion kann einfach eine Fortschreibung des Zeitgeistes sein, auchdie islamische nicht. Zum Weg des mühevollen und öffentlichen Aushandelns von Kompromissenzwischen religiös-kulturellen Prinzipien und Anpassung gibt es keine Alternative,jedenfalls keine Alternative, die ich akzeptabel fände.CZitierte und weiterführende Literatur:> M.S. Abdullah, Geschichte des Islams in Deutschland, Graz 1981> Sadik Al-Azm, „Islamic Fundamentalism Reconsidered: a Critical Outline of Problems, Ideas andApproaches“ in: South Asia Bulletin, Comparative Studies of South Asia, Africa and the MiddleEast, Part 1 in: vol. XIII/1 – 2 (1993) 93 – 121, part 2: in vol. XIV 1 (1994) 73 – 98;> E.-W. Böckenförde, „Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation“ in: ders.,Recht, Staat, Freiheit. Studien zur Rechtsphilosophie, Staatstheorie und Verfassungsgeschichte,Frankfurt/M., 2. Aufl. 1992, 92 – 114> Rita Breuer, Zwischen Ramadan und Reeperbahn. Die schwierige Gratwanderung der muslimischenMinderheit, Freiburg/B. 2006> Nils Feindt-Riggers / Udo Steinbach, Islamische Organisationen in Deutschland. Eine aktuelleBestandsaufnahme und Analyse, Hamburg 1997> Jürgen Habermas, „Die Dialektik der Aufklärung“ in: Blätter f. deutsche und internationale Politik4 (2008) 33 – 46> Thomas Hartmann / Margret Kranich (Hrsg.), Muslime im säkularen Rechtsstaat, Berlin 2001> Geert Hendrich, Islam und Aufklärung – Der Modernediskurs der arabischen Philosophie,Darmstadt 2004> Navid Kermani, Wer ist Wir? Deutschland und seine Muslime, München <strong>2009</strong>> Thomas Lemmen, Muslime in Deutschland. Eine Herausforderung für Kirche und Gesellschaft,Baden-Baden 1999> Mathias Rohe, Der Islam – Alltagskonflikte und Lösungen. Rechtliche Perspektiven,Freiburg 2001> Tariq Ramadan, Muslimsein in Europa. Untersuchungen der islamischen Quellen im Kontext,Marburg 2001> Tariq Ramadan, Radikale Reform. Die Botschaft des Islam für die moderne Gesellschaft,München <strong>2009</strong>> Werner Schiffauer, Fremde in der Stadt, Frankfurt/Main 1997> Ursula Spuler-Stegemann, Muslime in Deutschland. Nebeneinander oder Miteinander?Freiburg 1998> Martin Tamcke, Christen in der islamischen Welt. Von Mohammed bis zur Gegenwart,München 2008> Lukas Wick, Islam und Verfassungsstaat. Theologische Versöhnung mit der politischenModerne?, Würzburg <strong>2009</strong>67


BildungsveranstaltungenFERIENAKADEMIENFerienakademie IThema:Biologie des AlternsZeit: 15. bis 27. Februar <strong>2009</strong>Ort:Schloss Spindlhof, RegenstaufTeilnehmer/innen: 54Geistliche Begleitung: Nicole SchubertLeitung:Dr. Angela WeilDie Anlässe für die Auseinandersetzung mit der Biologie des Alterns auf der Ferienakademiewaren für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr vielfältig: sie reichen vonpersönlichen Erfahrungen mit alten Menschen im Familien- und Bekanntenkreis überAnknüpfungspunkte aus den jeweiligen Studienfächern bis zum Interesse an dengesellschaftlichen Fragen, die eine alternde Gesellschaft stellt. Das Akademieprogrammregte anhand der folgenden Themen zur Diskussion an.Als Akademie mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt wurde in der ersten Wochezunächst der Stand der Forschung schlaglichtartig aus vier verschiedenen Perspektivenbeleuchtet: aus der Biologie der Alterungsprozesse bei verschiedenen Gruppen vonOrganismen, aus der medizinischen Grundlagenforschung der Stammzellforschung, ausder klinischen Praxis der Geriatrie und aus der Psychologie. In der zweiten Woche standdie gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Altern im Zentrum der Debatte:Inwiefern wurde und wird Altern als Krankheit verstanden? Wie beurteilen wir Alternsprozesseethisch? Welche politischen Herausforderungen stellt eine alternde Gesellschaft?Wie gehen wir insbesondere mit älteren Menschen um, die der Pflege bedürfen? DieseFrage wurde nicht nur aus Sicht der Pflegewissenschaften behandelt, sondern wurdeauch angeregt durch die im Dokumentarfilm „Fest der Alten“ vorgestellte individuelleBiographie einer alten Dame sehr persönlich betrachtet.Im Rahmen der Arbeitsgruppen wurden folgende Aspekte vertieft: Wie werden biologischeMechanismen des Alterns anhand von Modellorganismen erforscht? Inwiefern istan literarischen Werken ablesbar, wie das Ansehen alter Menschen, ihre soziale Stellungund Befindlichkeit sich im Laufe der Zeit verändert haben? Was ist unter Autonomie imAlter zu verstehen und wie lässt sich insbesondere die Autonomie von pflegebedürftigenMenschen in Institutionen der Alten- und Krankenpflege stärken? Welche neuen Beteiligungs-und Verantwortungsrollen könnten ältere Menschen übernehmen und welcheKonzepte gibt es, um den Zusammenhalt in einer „Gesellschaft für alle Generationen“zu sichern?Das geistliche Programm lud dazu ein, den eigenen Lebensweg, die eigenen Erwartungenan die Zukunft und persönliche Erfahrungen mit dem Altern zu reflektieren.68


CVorträge:Prof. Dr. Klaus Günther Collatz, Institut für Biologie I (Zoologie), Universität Freiburg> Altern – muss das sein?Prof. Dr. Sebastian Jessberger, Institut für Zellbiologie,Eidgenössische Technische Hochschule, Zürich> Neue Zellen für alte Köpfe – wie aus Stammzellen im erwachsenen Gehirn neueNervenzellen werdenProf. Dr. Cornel Sieber, Lehrstuhl für Innere Medizin – Geriatrie, UniversitätErlangen-Nürnberg, Direktor des Instituts für Biomedizin des Alterns> Altern aus medizinisch-geriatrischer SichtDr. Bernhard Leipold, Institut für Psychologie, Universität Hildesheim> Altern aus psychologischer Sicht:Veränderungen des Selbst und der PersönlichkeitProf. Dr. Dr. Daniel Schäfer, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin,Universität zu Köln> Krankheit Alter oder Alterskrankheit?Konzepte der Geriatrie aus zwei JahrtausendenProf. Dr. Andreas Kruse, Institut für Gerontologie, Universität Heidelberg,Vorsitz der 6. Altenberichtskommission der Bundesregierung> Politische Dimensionen des AlternsDr. Michael Fuchs, Institut für Wissenschaft und Ethik, Universität Bonn> Die Option der Verlangsamung des menschlichen Alterns:Skizze der ethischen Positionen und Analyse der ArgumenteProf. Dr. Christina Geister, Fakultät V – Diakonie, Gesundheit und Soziales,Fachhhochschule Hannover> Töchter als pflegende AngehörigeFilm:Christa Pfafferott> Fest der AltenFilmvorführung und Diskussion mit der RegisseurinArbeitsgruppen:Dr. Nils Hartmann, Leibniz-Institut für Altersforschung, Jena> Biologische Prozesse des Alterns69


BildungsveranstaltungenDr. Thomas Küpper, Kulturwissenschaft, Hochschule für Bildende Künste Braunschweig> Literarische AltersbilderAnne-Marie Pindur, Philosophisches Seminar, Universität Göttingen> Autonomie im Alter. Philosophische LektüregruppeDr. Peter Zeman, Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin> Alter(n) in der Gesellschaft – Alternspotentiale für den Zusammenhaltder GenerationenFerienakademie IIThema:Wirklichkeit – eine philosophische AnnäherungZeit: 15. bis 27. Februar <strong>2009</strong>Ort:Bildungshaus UntermarchtalTeilnehmer/innen: 66Geistliche Begleitung: Gabriele PanningLeitung:Sebastian Maly70„Was aber nun ist die Zeit? Wer kann das leicht und bündig erklären? Wer kann es, um esin Worten darzustellen, vorweg gedanklich erfassen? Dennoch kennt unsere Sprache keinvertrauteres und geläufigeres Wort als die Zeit. Wir wissen, wovon wir reden, verstehenauch, wenn ein anderer uns davon spricht. Was also ist die Zeit? Wenn keiner mich fragt,dann weiß ich’s; wenn einer mich fragt und ich’s erklären soll, weiß ich’s nicht mehr.“Was der Philosoph, Theologe und Kirchenvater Augustinus von Hippo in seinen Confessionesüber die Zeit sagt, kann man mit gutem Recht auch für den Begriff der Wirklichkeit geltenlassen: Wir verwenden den Ausdruck „Wirklichkeit“ und seine Derivate („wirklich“ etc.)in unserer Alltagssprache recht häufig und beziehen uns damit auf einen Begriff „Wirklichkeit“.Nur wie dieser Begriff genau zu definieren ist, was wir damit genau meinen, istschwer zu sagen.Durch diese Schwierigkeit sind viele der zentralen Begriffe der Philosophie gekennzeichnet.Gleichzeitig ist die Philosophie besser als jede andere wissenschaftliche Disziplin dafürgeeignet, sich über die Bedeutung solcher grundlegender Begriffe wie „Wirklichkeit“Gedanken zu machen. Deswegen nahm die Ferienakademie auch einen dezidiert philosophischenZugang zum Thema Wirklichkeit, indem sie ihr Hauptaugenmerk auf eine sichdurch fast alle Bereiche der gegenwärtigen systematischen Philosophie hindurchziehendeDebatte richtete: die sog. Realismus/Antirealismus-Debatte. Knapp formuliert behauptetein (metaphysischer) Realist, dass es eine von unserem Bewusstsein unabhängige Wirklichkeitgibt, die unsere Aussagen über sie entweder wahr oder falsch macht. Der Antirealistwiderspricht dieser Behauptung und sieht Wirklichkeit – je nach Art des Antirealismusmehr oder weniger – als eine Konstruktion des menschlichen Bewusstseins an.


So führte in der ersten Woche der Vortrag von Godehard Brüntrup SJ in die zentralenBegriffe und Unterscheidungen dieser Debatte ein. Weil die Philosophie sich aber immerauch ihrer Tradition vergewissern muss, schlossen sich an diesen Vortrag in der erstenWoche philosophiegeschichtlich orientierte Vorträge an, welche an einzelnen Denkernund Epochen den Versuch, Wirklichkeit zu denken, exemplifizierten. Neben Nikolaus vonKues (Johannes Brachtendorf), kam mit Pierre Bayle (Lothar Kreimendahl) ein neuzeitlicherDenker zur Sprache. Der Vortrag zu Karl Marx (Marco Iorio) führte zugleich vor, dass Marxv.a. im angelsächsischen Sprachraum als Philosoph jenseits ideologischer Interessenwiederentdeckt wird. Die Lektüreworkshops der ersten Woche boten die Gelegenheit, sichin kleineren Gruppen mit Texten auseinanderzusetzen, wichtige Begriffe zu klärenund gemeinsam philosophisches Denken und Argumentieren zu erproben.Die zweite Woche knüpfte am systematisch orientierten Eröffnungsvortrag an, indem dieRealismus-/Antirealismusdebatte in verschiedenen Disziplinen der systematischenPhilosophie vorgestellt wurde. In der Wissenschaftstheorie (Christian Suhm), der Philosophieder Mathematik (Gregor Nickel), der Ästhetik (Maria E. Reicher), der Moralphilosophie(Dieter Schönecker) und Religionsphilosophie (Winfried Löffler) verlaufen die jeweiligenGräben zwischen Realisten einerseits und Antirealisten andererseits dabei überraschendähnlich. Die begriffliche wie strukturelle Verwandtschaft der Debatten zwischen denphilosophischen Disziplinen zeigte wiederum, wie fundamental der Begriff der Wirklichkeitfür philosophisches Denken ist und wie der entsprechende Begriff in konkrete Positionenz. B. in der Moralphilosophie eingeht. Dabei wurde auch deutlich, dass ein Großteil derAkademieteilnehmer gerade im Bereich der Moralphilosophie und Religionsphilosophieantirealistischen Intuitionen anhing, was zu spannenden Diskussionen in Kleingruppenund im Plenum führte.Bereichert wurde das philosophisch konturierte Programm der Ferienakademie durch eineLesung mit dem Autor und Literaturwissenschaftler Hans-Ulrich Treichel, der in seinenRomanen und Essays immer wieder das Thema der Konstruktion von Biographie umkreist.Ein Gesprächsabend mit dem Theologen und Psychotherapeuten Klemens Schauppermöglichte die Reflexion auf einen wichtigen Aspekt christlicher Spiritualität: Eine neueSicht oder Umdeutung der eigenen, womöglich als problematisch empfundenen Lebenswirklichkeitist nichts, was der einzelne Mensch mechanisch herstellen könnte. DieseUmdeutung ist vielmehr eine Art Widerfahrnis, etwas, was einem Menschen in einemProzess der Geistlichen Begleitung oder der Therapie geschenkt wird. Schließlich konntenwir den Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Herrn Bischof Dr. Gebhard Fürst, zu einemKamingespräch begrüßen. Das Thema „Wirklichkeit und Konstruktion von Kirche in denMedien“ war Mitte Februar wegen der Diskussion um die Priesterbruderschaft Pius X. hochbrisant und sorgte für ein lebendiges, sehr interessantes Gespräch mit Herrn Bischof Fürst.Und was ist nun die Wirklichkeit? Die Ferienakademie schärfte den Blick für die grundlegendverschiedenen Wirklichkeitsverständnisse in der zeitgenössischen Philosophie – in allihren Auswirkungen für andere Wissenschaften wie für unser Selbstverständnis.C71


BildungsveranstaltungenErste WocheVorträge:P. Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ, Hochschule für Philosophie, München> Eine Wirklichkeit – viele Wirklichkeiten. Die Realismus/Anti-Realismus-Debattein der PhilosophieProf. Dr. Johannes Brachtendorf, Kath.-Theol. Fakultät, Universität Tübingen> Die „wahre Wirklichkeit“ bei Nikolaus von KuesProf. Dr. Lothar Kreimendahl, Philosophisches Seminar, Universität Mannheim> Neuzeit: Das Beispiel Pierre Bayles. Vortrag mit Textarbeit und DiskussionHD Dr. Marco Iorio, Universität Bielefeld/Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg, Greifswald> Fetisch und Geheimnis. Zur Kritik der Marx’schen KapitalismuskritikArbeitsgruppen:Magdalena Eckes, Universität Siegen> Wie direkt nehmen wir die Wirklichkeit wahr?Dr. Magdalena Hoffmann, Universität Zürich> Platons HöhlengleichnisDiane Zekl, Universität Münster> „Wirklichkeit“ in der philosophischen Ästhetik des 20. Jahrhunderts am BeispielNelson GoodmansDr. Volker Dieringer, Universität Mannheim> Zweifeln am Wissen – die Herausforderung des SkeptizismusMatthias Katzer, Universität Siegen> Das Wesen des MenschenAbendgespräche:Prof. Dr. Klemens Schaupp, Ulm/Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg> Spiritualität – Wirklichkeit – WirklichkeitskonstruktionBischof Dr. Gebhard Fürst, Diözese Rottenburg-Stuttgart> Zwischen Weltjugendtag und Piusbruderschaft – Konstruktion und Wirklichkeitvon Kirche in den Medien72


CLesung:Prof. Dr. Hans-Ulrich Treichel, Berlin/Deutsches Literaturinstitut LeipzigZweite WocheVorträge:Dr. Christian Suhm, Philosophisches Seminar, Universität Münster> Wissenschaft des Unbeobachtbaren – kritische Annäherungen an diewissenschafts-theoretische Realismus/Antirealismus-DebatteProf. Dr. Gregor Nickel, FB Mathematik, Universität Siegen> Die Wirklichkeit der MathematikProf. Dr. Maria E. Reicher, Institut für Philosophie, RWTH Aachen> Wie wirklich ist die Schönheit?Prof. Dr. Dieter Schönecker, FB1, Fach Philosophie, Universität Siegen> Ist Moral real?Prof. DDr. Winfried Löffler, Institut für Christliche Philosophie, Universität Innsbruck> Zwischen Emotion und Hypothese. Die Frage nach der Wirklichkeit GottesFerienakademie IIIThema:ArmutZeit: 19. bis 31. Juli <strong>2009</strong>Ort:MünsterTeilnehmer/innen: 74Geistliche Begleitung: Rita WerdenLeitung:Ruth JungArmut – ein kurzer, lapidarer, pauschaler Akademie-Titel. In der Entscheidung für diesen Titelspiegeln sich jedoch eine Reihe konzeptioneller Entscheidungen, die das Programm dieserAkademie prägten. So sollte diese Akademie den Blick auf übergreifende Aspekte und Problemelenken und sich nicht auf die Betrachtung von Armut „bei uns“ oder in der „DrittenWelt“ beschränken – und das, obwohl die gesamte ökonomische wie soziologische Forschungslandschaftin eben diese Bereiche, Armutsforschung und Entwicklungsökonomie,zerfällt. Zum zweiten wurde das Akademie-Thema vor allem aus Perspektive der WirtschaftsundGesellschaftswissenschaften behandelt – mit einer leichten Erweiterung im Rahmen derWorkshops. Somit sollten die großen aktuellen und strukturellen Probleme, ihre wissen-73


Bildungsveranstaltungenschaftliche und politische Bearbeitung im Mittelpunkt stehen. Die Verarbeitung derArmutsproblematik in Kunst und Literatur, die wirtschafts- und kulturhistorische Untersuchungvon Armut, die Reflexion von Formen freiwillig auferlegter Armut – all dies wurdebewußt ausgeklammert.Am Beginn der Akademie stand die Frage nach dem Forschungsgegenstand Armut. Wannund warum begann man, Armut empirisch zu erfassen, theoretisch zu analysieren, politischeinzudämmen? Peter Imbusch vermittelte nicht nur die wichtigsten Armutstheorien und-diskurse, sondern Armut als durch und durch hausgemachtes und politisch gestaltbaresPhänomen. Er sieht Europa am Ende eines langen Sonderwegs wirtschaftlichen Wachstumsund Wohlstands. Zwei weitere Vorträge (Jann Lay und Markus Grabka) fragten nach denaktuellen Definitionen, Analysen, Tendenzen und Bekämpfungsstrategien im Vergleich vonEntwicklungsländern und westlicher Welt. Beide zogen eine äußerst skeptische Bilanz undkritisierten die Halbherzigkeit und Fragwürdigkeit staatlichen Handelns: dort das Scheiterneiner Entwicklungspolitik ohne radikale Veränderungen am Weltmarkt; hier das Scheitern derReformen von Grundsicherung, Arbeitsmarkt und Bildungssystem. Alle übrigen Vorträge umkreistenEinzelaspekte des Themas wie z. B. Armut und Konflikt, Selbst- und Fremdwahrnehmungvon Armen, Armut als Herausforderung für Kirche und Theologie, Gewinner und Verliererder Globalisierung, Armut als Ergebnis der „Interdependenz der Ordnungen“ von Demokratieund Kapitalismus sowie Armutsbekämpfung als Aufgabe von Staat und Gesellschaft.Dabei gingen alle Referenten – explizit oder implizit – von einem Armutskonzept aus, dassich an Amartya Sen orientierte. Armut ist demnach ein multidimensionales Phänomen,das sich nie nur ökonomisch auswirkt und erfassen oder bekämpfen läßt, sondern denganzen Menschen, seine Chancen auf Selbstbestimmung und Teilhabe betrifft. KulturellePrägungen beeinflussen dieses Setting maßgeblich. Die Religionen, auch das Christentum,spielten aber schon immer eine höchst ambivalente Rolle in der Legitimierung oder Delegitimierungvon Armut, wie Johannes Müller verdeutlichte. Die katholische Kirche kann ihreeigenen Stellungnahmen bis zum heutigen Tag nicht schlüssig theoretisch fundieren.Trotzdem setzte sie mit „Populorum Progressio“ und der „Option für die Armen“ bedeutendepolitische Akzente, so Hermann-Josef Große Kracht. Am Beispiel Agrarsektor demonstrierteMatthias Lücke die Zweckentfremdung der EU-Agrarsubventionen und die verheerendenAuswirkungen der Handelsbarrieren für Produkte der Südhalbkugel. Beides blockierteinen für beide Seiten langfristig notwendigen und vorteilhaften Strukturwandel. GebhardKirchgässner provozierte schließlich mit der These, jede Armutsbekämpfung verdanke sichwirtschaftlichem Wachstum. Dabei unterschätzte man zu lange die Bedeutung der sogenannten„Institutionen“ wie Eigentumsrecht, Rechtsstaatlichkeit sowie politische Stabilitätund wirtschaftliche Freiheit. Demokratien haben in Krisenzeiten zwar die größere Problemlösungskompetenz,sind in der Armutsbekämpfung aber nicht zwangsläufig erfolgreicherals andere Staaten. Und der Kapitalismus, „der alte Schlawiner“ (PeterLicht)? Hat auch zweiWochen Ferienakademie überlebt. Armut gab und gibt es in allen Wirtschaftssystemen.Konzentration und Abstraktion dieser Akademie waren ein Wagnis, vielleicht auch eineZumutung. Die Frage nach der eigenen Lebenspraxis blieb offen. Sie zu beantworten, sindalle aufgerufen. Wie auch immer wir entscheiden: es gibt keinen unpolitischen Raum.74


CErste WocheVorträge:PD Dr. Peter Imbusch, Institut für Soziologie, Universität Bielefeld> Armut als Untersuchungsgegenstand – wissenschaftliche Theoriebildung,historischer HintergrundDr. Jann Lay, Juniorprofessor für Entwicklungsländerforschung, Universität Göttingen /Research Fellow, GIGA, Hamburg> Arm unter Armen – Erforschung und Bekämpfung Absoluter ArmutProf. Dr. Gerd Nollmann, Institut für Soziologie, Universität Karlsruhe> Krieg den Palästen ... Soziale Ungleichheit und Soziale (Un)RuheDr. Markus M. Grabka, Abteilung Sozio-Ökonomisches Panel,Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin> Arm unter Reichen – Erforschung und Bekämpfung Relativer ArmutArbeitsgruppen:Thomas Dürmeier, Dipl.-Volkswirt, Universität Kassel> Armut als Unfreiheit nah und fernMaksim Hübenthal, Dipl.-Pädagoge, Universität Halle> Kinderarmut im deutschen Sozialstaat – eine kritische AnalyseBenedikt Rogge M.A., Dipl.-Psychologe, EMPAS Universität Bremen> Leben im Abseits? Die subjektive Dimension von ArmutReinhard Schunck, Dipl. Sozialwissenschaftler, BIGSSS Universität Bremen> Armut und Migration(shintergrund)Anna Schriefl M.A., Institut für Philosophie, Universität Bonn> Armut in der AntikeZweite WocheVorträge und Podiumsdiskussionen:Prof. Dr. Johannes Müller SJ, Leiter des Instituts für Gesellschaftspolitik,Hochschule für Philosophie der Jesuiten, München> „Kultur der Armut“ – Deutungsmuster und Handlungsrelevanz75


BildungsveranstaltungenDr. Hermann-Josef Große Kracht, Institut für Theologie und Sozialethik,Technische Universität Darmstadt> Option für die Armen?! Positionen von Theologie und KircheDr. Matthias Lücke, Forschungsbereich Armutsminderung und Entwicklung,Institut für Weltwirtschaft, Kiel> Globalisierungsgewinner und -verlierer: Beispiel AgrarsektorProf. Dr. Gebhard Kirchgässner, Fachbereich Wirtschaftspolitik und Ökonometrie,Universität St. Gallen> Armut – ein Systemfehler? Demokratie und KapitalismusGeneralthema: Armutsbekämpfung – Aufgabe von Staat und GesellschaftPodiumsdiskussion I:> Dr. Günther Horzetzky, Staatssekretär im BMin. f. Arbeit und Soziales, Bonn/Berlin;> Prof. Dr. Georg Cremer, Generalsekretär d. Deutschen Caritas-Verbandes, Freiburg;> Rupert Voss, Voss AG, TaufkirchenPodiumsdiskussion II:> Adolf Kloke-Lesch, Abteilungsleiter im BMin. f. wirtschaftl. Zusammenarbeit undEntwicklung, Bonn/Berlin;> Rudolf Buntzel, Referatsleiter im Evangelischen Entwicklungsdienst, Bonn;> Dr. Uwe Brekau, Bayer CropScience, MonheimFerienakademie IVThema:Zwischen Lobbyismus undVolksvertretung. PolitischePartizipation in DeutschlandZeit: 02. bis 15. August <strong>2009</strong>Ort:Haus Ohrbeck, GeorgsmarienhütteTeilnehmer/innen: 72Geistliche Begleitung: Stefan VogesLeitung:Dr. Manuel GanserWelche Macht haben Lobbyisten in der parlamentarischen Praxis der Berliner Republik?Wie weit gehen die Interessenvertreter im Wettstreit um die Gunst der Entscheidungsträgerund eine möglichst frühzeitige Beeinflussung der Politik? Im Gesamtspektrum derpolitischen Partizipationsmöglichkeiten ist kaum eine Möglichkeit so umstritten wie die76


des „Lobbyismus“. Eine aktuelle Analyse des Bundesrechnungshofes zeigt, dass Unternehmensvertreterim Rahmen von so genannten „Personalaustauschprogrammen“ aufKosten und im Sinne ihrer Arbeitgeber sogar an Gesetzen mitschreiben. Demgegenüberbetonen andere die wichtige Informationsfunktion von Lobbyisten und verweisen darauf,dass ja auch Kirchen, Gewerkschaften oder Bürgerinitiativen Einfluss auf die Gesetzgebungnehmen.Wie aber sind die Chancen verteilt, sich mit einem Anliegen Gehör zu verschaffen? WelcheTransparenzregeln sind sinnvoll? Ist eine „Karenzzeit“ zwischen dem Wechsel aus Parlamentund Regierung in Lobbyfunktionen erforderlich? Muss der Einfluss der Lobbyistenauf Gesetze verbindlich dokumentiert werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt derFerienakademie, die sich dem Thema auf zwei verschiedenen Wegen annäherte:Im Rahmen des Planspiels „In der Lobby brennt noch Licht“ wurde von Teilnehmendenselber eine Handlungsperspektive eingenommen. Dieser wurden Vorträge und Diskussionsrundenmit eingeladenen Akteuren oder Beobachtern der Szene gegenübergestellt.Die Grundlage des Planspiels bildete ein authentischer Fall: Die Gestaltung der EuropäischenChemikalienrichtlinie „REACH“ (Registration, Evaluation, Authorisation andRestriction of Chemicals). Dieser neue Rechtsrahmen für Chemikalien in Europa beschäftigtsich mit der Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischerStoffe. Seiner Inkraftsetzung am 1. Juni 2007 ging ein längerer Entscheidungsprozess aufEU- und Bundesebene voraus. Das Planspiel konzentrierte sich auf die bundesdeutscheEbene. Es wurde von Astrid Sauermann, Stefanie Knocks, Friedrich Paulsen und Frau Prof.Dr. Annette Zimmer am Institut für Politikwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-UniversitätMünster entwickelt und mittlerweile mit dem Lehrpreis der Universität Münsterausgezeichnet.Im Spiel selber wurde ein politischer Mikrokosmos simuliert mit dem Ziel, innerhalb derSpielzeit ein deutsches Positionspapier zu REACH vorzulegen. Die Spielleitung stelltedabei den Bundeskanzler, der das vom Umweltministerium zu erstellende Positionspapiergenehmigen musste. Die Teilnehmenden übernahmen im Verhandlungsprozessdie Rollen von Umweltministerium, Wirtschaftsministerium, verschiedenen Industrievertretern,den Gewerkschaften, von zwei beteiligten NGOs, einer PR-Agentur und denMedien. Nach dem Ende des Planspiels folgte eine intensive Auswertungsrunde. Diesgeschah zum einen, indem die Verhandlungserfolge der einzelnen Gruppen im Vergleichzu deren vorher gesteckten Zielen in Bezug auf die gewählten Strategien verglichenwurden. Außerdem standen Videoaufnahmen von Stellungnahmen realer Akteure zurVerfügung, so dass ein direkter Vergleich des eigenen Erlebens mit deren Wahrnehmungmöglich wurde.Über das Planspiel hinaus gewährten Vorträge verschiedener Gäste zudem einenweiteren Einblick in das Thema: PD Dr. Karsten Fischer von der Humoldt-Universität zuBerlin führte in die Semantik und Ideengeschichte des „Gemeinwohls“ ein. Dr. RudolfSpeth vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) diskutierte mit denTeilnehmenden über Macht und Grenzen der „Zivilgesellschaft“ in Bezug auf politischeEntscheidungsprozesse. Herr Prof. Dr. Thomas von Winter (Universität Potsdam) stellteden Forschungsstand der Politikwissenschaft zum Phänomen des Lobbyismus vor. DiePerspektive einer professionellen Lobbyisten wurde von Frau Dr. Irina Michalowitz,C77


BildungsveranstaltungenMobilcom Austria Group (Brüssel) zur Diskussion gestellt. Prof. Kim Otto (ARD-MagazinMonitor) und der Journalist Günther Bartsch (Netzwerk Recherche) präsentierten eigeneRechercheergebnisse zum Thema und debattierten die Rolle der Medien mit den Stipendiatinnenund Stipendiaten. Zum Abschluss der Akademie gab Herr Prof. Dr. ChristianLahusen einen Ausblick auf die Europäische Ebene.Ein eindeutiges Fazit der Tagung lässt sich aufgrund der Vielzahl an Positionen nichtziehen. Ein paar Aspekte lassen sich aber herausheben: In einer pluralistischen Demokratiegibt es notwendigerweise für alle gesellschaftlichen Gruppen grundsätzlich dieMöglichkeit der politischen Einflussnahme. Dies setzt allerdings Transparenz und einegewisse Chancengleichheit voraus. Beide Bedingungen sind, das zeigen sowohl politikwissenschaftlicheAnalysen als auch journalistische Recherchen, nicht immer gegeben.Einige wenige Langzeitstudien legen zwar nahe, dass eine ungleiche Verteilung vonfinanziellen Ressourcen z. B. zwischen einem Großkonzern und Nichtregierungsorganisationdurch den Faktor der Glaubwürdigkeit „ausgeglichen“ werden kann, eine vollständigeTransparenz ist jedoch trotz diverser Lobbyverzeichnisse etc. nur unzureichend herstellbar.Es bedarf neben weiterer wissenschaftlicher Studien zum Thema daher stets einerunabhängigen Presse und wachen Öffentlichkeit. Was die Presse angeht, so bestandüber deren Unabhängigkeit aufgrund finanzieller Bedürfnisse junger Journalisten gegenEnde der Akademie durchaus Skepsis. Zumindest jedoch sollte diese Ferienakademie zueiner verstärkten Aufmerksamkeit und zu kritischer Kenntnisnahme in Bezug auf dieHandlungen diverser Interessengruppen im Kontext politischer Entscheidungsfindungseitens der Teilnehmenden geführt haben.Erste WocheVorträge:PD Dr. Karsten Fischer, Lehrstuhl Theorie der Politik, HU Berlin> „Gemeinwohl“ – Ideengeschichte eines politisch-sozialen LeitbegriffsPD. Dr. Rudolf Speth, Projektgruppe Zivilengagement, Wissenschaftszentrum Berlin fürSozialforschung> Macht und Grenzen von Zivilgesellschaft und bürgerschaftlichem Engagementin DeutschlandProf. Dr. Thomas von Winter, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa,Universität Potsdam> Lobbyismus in Deutschland – Eine politikwissenschaftliche AnalyseDr. Irina Michalowitz, Mobilkom Austria Group, Brüssel> Berufsild Lobbyist/in: Selbstverständnis von Politikberatung und Anforderungenan professionelle Interessensvertreter78


CPlanspiel:Prof. Dr. Annette Zimmer, Astrid Sauermann, Stefanie Knocks, Friedrich Paulsen,Institut für Politikwissenschaft, WWU Münster> Planspiel „In der Lobby brennt noch Licht“Zweite WocheVorträge:Prof. Kim Otto, Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation, Köln> Der gekaufte Staat ? – Das Programm SeitenwechselGünter Bartsch, Politikwissenschaftler und freier Journalist, Berlin> Lobbyismus in Deutschland – aus journalistischer PerspektiveProf. Dr. Lahusen, Fachbereich Soziologie, Universität Siegen> Lobbyismus transnational – Interessenvertretung in der Europäischen UnionFerienakademie VThema:Animal rationale.Im Gespräch mit der evolutionären AnthropologieZeit: 16. bis 28. August <strong>2009</strong>Ort:Haus Werdenfels, NittendorfTeilnehmer/innen: 70Geistliche Begleitung: Dr. Rainer HagencordLeitung:Dr. Angela WeilDie Frage nach dem Menschen stellt diese Ferienakademie vor dem Hintergrund aktuellerEntwicklungen in den Wissenschaften über den Menschen. Zu berücksichtigen sind hiernicht nur Erkenntnisse über die Natur des Menschen, seine Ähnlichkeiten in Genom undVerhalten zu engen Verwandten, sondern auch die zunehmend wachsenden Möglichkeiten,seine körperliche und geistige Konstitution technisch in Bearbeitung und Konstruktion zunehmen. Zentral war vor diesem Hintergrund die Auseinandersetzung mit der Verantwortung,die wir für uns zu tragen haben.Während die Vorträge der ersten Woche aus unterschiedlichen Perspektiven darauf eingehen,was als das Wesentliche und Besondere von Menschen gelten kann, beschäftigte sichdas Vortragsprogramm der zweiten Woche mit unseren Möglichkeiten, die menschlicheNatur zu verändern, und den daraus erwachsenden ethischen Fragen. Ergänzt wurde diesdurch Arbeitsgruppen einerseits zur vergleichenden Psychologie der Menschen und79


BildungsveranstaltungenMenschenaffen, wie sie die evolutionären Anthropologie verfolgt, andererseits zurMedizinethik und einer Reflexion über die Einsatzmöglichkeiten von Hirnschrittmachernund Psychopharmaka.Mit bemerkenswert vielen eigenen Beiträgen brachten sich Cusanerinnen und Cusaner indas Akademieprogramm ein: zur Problematik von Sterbehilfe und von Organspende, zuanthropologischen Argumenten in der Debatte um pharmakologisches Enhancement, zurAnthropologie der Technik, zum tierischen Lernverhalten, zur Entdeckung eines Sprachgensim Neandertalergenom und zur in Knochen gespeicherten Information über die Ernährungfrüherer Kulturen, zu Menschenbild und Evolution im Film und zum Text „Bis dass der Tod“von Jens Petersen.Kontrastiert und abgerundet wurde das wissenschaftliche durch das geistliche Programm,das sich in einigen Morgen- und Abendimpulsen, insbesondere aber auch im Rahmen einesBibliodrama-Workshops mit dem Schöpfungsbericht auseinandersetzte.Vorträge:Prof. Dr. Reinhard Brandt, Institut für Philosophie, Universität Marburg> Kommt unser Sprechen und Denken von Gott,entsteht es aus dem Gesang der Tiere, oder gibt es einen dritten Weg?Dr. Julia Pradel, Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie, Universität zu Köln> Zur Evolution des menschlichen AltruismusProf. Dr. Wulf Schiefenhövel, Humanethologie, Max-Planck-Institut für Ornithologie,Andechs> Animal rationale? Nur bedingt.Über die evolutionsbiologische Verschränkung von Emotionalität,Religiosität und RationalitätDr. Manfred Gossen, Genetic Engineering, Berlin-BrandenburgCenter for Regenerative Therapies, Berlin> Genetic Engineering in der medizinischen Forschung:Sinn, Unsinn und LegendenPD Dr. Elisabeth Hildt, Philosophisches Seminar, Universität Mainz> Kognitives Enhancement – Ethische FragenDr. Heike Baranzke, Moraltheologisches Seminar, Universität Bonn> Hat nur ein Vernunfttier Würde?Die Idee der Menschenwürde im Spannungsfeld zwischen Naturphilosophie,Ethik und Biologie80


CProf. Dr. Dr. Matthias Beck, Institut für Moraltheologie, Universität Wien> Mensch-Tier-WesenZur ethischen Problematik von neuen LebensformenArbeitsgruppen:Dominik Baltes und Uta Bittner, Institut für Ethik und Geschichte der Medizin,Universität Freiburg> Bioethische Diskussion zu Eingriffen in unser Gehirn:„Everything goes“ – alles geht?Wollen wir mit Medikamenten und Medizintechnik unser Denken und Fühlenbeeinflussen? Oder dürfen derartige Eingriffe am menschlichen Gehirn nur imKrankheitsfalle erfolgen?Exkursion an das Universitätsklinikum Regensburg zur ArbeitsgruppeTiefe Hirnstimulation unter der Leitung von Dr. Max LangeAnke Bullinger, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig> Animal rationale: Gibt es rational handelnde Tiere?Soziale Kognition von MenschenaffenPatricia Kanngießer, Department of Experimental Psychology, University of Bristol> Animal Irrationale? – Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Entscheidungsverhaltenvon Affen und Menschen auf der SpurFerienakademie VIThema:Risiken und Nebenwirkungen.Die gesunde Gesellschaftund ihre ÖkonomieZeit: 30. August bis 11. September <strong>2009</strong>Ort:Historisch-ökologischeBildungsstätte PapenburgTeilnehmer/innen: 71Geistliche Begleitung: Dr. Friederike MaierLeitung:Dr. Christian Kölzer„Gesundheit ist das höchste Gut“, so der geflügelte Ausdruck. Und auf dieser abstraktenEbene besteht sicherlich weit reichender Konsens. Doch wenn es darum geht, wie vielGesundheit tatsächlich kosten darf und wer diese Kosten tragen muss, befinden wir uns mittenin einer Kontroverse, die jenseits aller Gesundheitsreformen und -fonds – aber besondersbeflügelt gerade durch sie – ein Dauerthema in den Parlamenten und Zeitungen ist.Die Positionen in diesem Diskurs unterscheiden sich grundsätzlich im Hinblick auf ihre81


Bildungsveranstaltungenunterschiedliche Gewichtung von drei Parametern, des ethischen, des fachwissenschaftlichenund des ökonomischen Elements, die zusammen die Grundlage für die Strukturendes deutschen Gesundheitssystems bilden.Ziel der Akademie war es, unter Einbezug verschiedener Perspektiven auf das Gesundheitssystemeinerseits anhand der drei Grundprinzipien die darin enthaltenen Setzungenzu beleuchten und diese vor dem Hintergrund möglicher Alternativszenarien kritisch zuhinterfragen. Besonders dort, wo zwischen den oben genannten Prinzipien eine deutlicheSpannung besteht, so auch die Ausgangsthese der Akademie, wurde die Bedingtheitdes Gesundheitssystems besonders greifbar: Wie viel Lebens-Mehrwert etwa schafft dasneu entwickelte Medikament für den Patienten, und wie kann umgekehrt sicher gestelltwerden, dass der Pharmakonzern die Unkosten der Entwicklung dieses Medikamentes zunächstdecken kann, bevor auch andere Firmen Arzneien mit demselben Wirkstoff herstellendürfen? Bis zu welchem Lebensalter ist das operative Einsetzen einer künstlichen Hüftemehr Nutzen als Belastung für die Patienten? Darf eine Ärztin oder ein Arzt den PatientenTherapiemaßnahmen vorenthalten, wenn diese durch die jeweilige Krankenversicherungnicht gedeckt sind?Die Schaffung des Bewusstseins, dass es keine einfachen Antworten auf diese Fragen gibt,war nicht zuletzt das Verdienst der Referentinnen und Referenten aus ganz unterschiedlichenAkteurgruppen des Gesundheitssystems. Des Öfteren wurden dabei vermeintliche„Selbstverständlichkeiten“ im Verständnis dieses Systems aus den Fugen gehoben, etwabei der Darstellung des politischen Entscheidungsfindungsprozesses im Bereich medizinischerVerordnungen oder auch der Betrachtung der mitunter mythischen Konnotationeneines gesellschaftlichen Gesundheitsstrebens.Am Ende der Auseinandersetzung mit den Grundprinzipien des Gesundheitssystems stehtsicherlich keine normative Vereinheitlichung der Schwerpunktsetzungen. Vielmehr wurdedeutlich, dass in allen Facetten des Systems das Zusammenwirken der drei Grundprinzipieneine unauflösbar-spannende Dynamik birgt. Vor dem Hintergrund einer Kostenexplosionim Bereich der medizinischen Versorgung muss es immer darum gehen, im Spannungsfeldzwischen der fachmedizinisch am besten geeigneten Maßnahme, der Wirtschaftlichkeitihrer Anwendung und ihrer Vertretbarkeit im Hinblick auf die Würde des Patienten dieniemals eindeutigen Argumente abzuwägen. Für diesen Abwägungsprozess lieferte dieFerienakademie Argumentationsstrukturen und Betrachtungskategorien.82


CErste WocheVorträge:Prof. Dr. Peter Hensen Fachhochschule des Mittelstands (FHM), Bielefeld> Risiken und Nebenwirkungen – EinleitungsvortragDr. Yvonne-Beatrice Schüler, IQWIG, Köln> Nutzenbewertung von Arzneimitteln – Fakten und PerspektivenDr. Marc-Angelo Bisotti, Rhode Public Policy, Berlin und Brüssel> Lobbyismus in der GesundheitspolitikProf. Dr. Dr. Daniel Strech, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin,Medizinische Hochschule Hannover> Priorisierung und Rationierung im Gesundheitswesen – Status quo und PerspektivenWorkshopsAnna Flögel, Universität Potsdam> ErnährungsepidemiologieFlorian Jeserich, Universität Bayreuth> Psychosomatische Effekte christlicher ReligiositätSusanne Sünderkamp, Fachhochschule Bremen> Abgezockt und vernachlässigt? Pflege zwischen Ökonomie und MenschenwürdeAbendgesprächCusanus fragt ...> Katholische Sexualethik: zukunftsfähig oder überholt?Zweite WocheVorträge:Dr. Elke Buckisch-Urbanke, Marburger Bund Niedersachsen> ÄrztegehälterDr. Julia Schäfer, Kienbaum Executive Consultants GmbH, Düsseldorf> Ressourcenallokation im Krankenhaus – Akteure zwischen Medizin und ÖkonomieProf. Dr. Linus Hauser, Universität Gießen> Gesundheit und Krankheit im Kontext einer philosophisch-theologischen Anthropologie83


BildungsveranstaltungenFerienakademie VIIThema:Filmisches ErzählenZeit: 13. bis 25. September <strong>2009</strong>Ort:Schloss Spindlhof, RegenstaufTeilnehmer/innen: 66Geistliche Begleitung: Andrea QualbrinkLeitung:Dr. Ingrid ReulAls die Brüder Lumière im Jahr 1895 ihre ersten kurzen Filme produzierten, waren sie derMeinung, der Film sei zwar ein interessantes Experiment, aber eigentlich eine „Erfindungohne Zukunft“. Hervorgerufen wurde diese Einschätzung vor allem durch die Reaktionendes Publikums: Der erste Film von Louis und Auguste Lumière dauert wenige Minuten undzeigt in einer einzigen Einstellung, wie sich ein Fabriktor öffnet, Arbeiter herausströmenund rechts und links aus dem Bild gehen, bis das Fabriktor wieder geschlossen wird. Manschätzte die Lebensnähe des Werks, eine weiterreichende inhaltliche Rezeption gab esaber nicht – was vielleicht auch nicht überrascht. Der zweite Film der Lumières – ein paarSekunden lang – zeigt eine Lokomotive, die in einen Bahnhof einfährt. Hier wurde die„realistische“ Darstellung so stark empfunden, dass die Zuschauer schreiend aus dem Kinoliefen, weil sie sich bedroht fühlten von dem auf sie zufahrenden Zug.Eine Erfindung ohne Zukunft? Es ist anders gekommen: Mehr als 100 Jahre Filmgeschichtesind inzwischen vergangen – eine ebenso wechselvolle wie faszinierende Geschichte desErzählens in einem Medium, das die Kunst der visuellen Darstellung revolutioniert hat,indem es das Statische des einzelnen Bildes in eine dynamische Bilderfolge umsetzte.Heute leben wir mit der ständigen Präsenz bewegter Bilder. Aber nur selten – wenn überhaupt– machen wir uns bewusst, wer uns eigentlich aus welcher Perspektive etwas erzähltund mit welchen Mitteln das geschieht.Eine Perspektive, aus der erzählt wird (oder wechselnde Perspektiven), gibt es immer – oftohne dass es dem Zuschauer bewusst wird. Es ist zum Beispiel niemals zufällig, wo dieKamera steht und welchen Bildausschnitt sie zeigt. Dies ist das eigentliche Spannungsverhältniszwischen der Illusion und dem unmittelbaren Erleben beim Rezipienten einerseitsund der Technik des „Machens“ andererseits. Der Film scheint sich dem Zuschauer unmittelbarzu erschließen; die sinnliche Wahrnehmung des Inhalts ist sowohl für die komplexeWirkung des Films als auch für den vermeintlich leichten Zugang zum Dargestelltenverantwortlich. Die verschiedenen Bedeutungsebenen aber, die sich im Film miteinanderverbinden, sind nicht sofort erkennbar – ebenso wenig wie die Kunstgriffe, die eingesetztwerden, um unbewusste Prozesse im Rezipienten hervorzurufen.Was heißt also in diesem Sinne „erzählen“? Wer erzählt, organisiert und strukturiert eineAbfolge von Begebenheiten und setzt sie in ein rational und imaginativ konstituiertesBezugssystem. Jedes Geschehen vollzieht sich in einer zeitlichen Folge, die durch Vor- undRückgriffe, durch Raffung, Dehnung oder Parallelisierung der zeitlichen Ebenen dargestellt84


Cwerden kann. Zudem sind verschiedene Handlungsstränge und Räume zu verknüpfen,äußere und innere Vorgänge zu vermitteln.Die Frage, die uns in diesem Zusammenhang beschäftigt hat, lautete ganz konkret: Wieund mit welcher Intention wird das gemacht? Und wie wird es wahrgenommen? Dabeiging es zum einen um Erzählstrategien, Raum- und Zeitstruktur und um dramaturgischeAspekte, zum andern um die konkreten Mittel der filmischen Gestaltung: um Kameraführungund Bildkomposition, Schnitt- und Montagetechnik, Dialogstruktur und Musik.Dies geschah sowohl analytisch als auch kreativ. Der Blick auf exemplarische Filme undEinzelszenen stand im Mittelpunkt der Vorträge, die das nötige Basiswissen vermittelten;das Experiment des „Selbermachens“, des Ausprobierens und Umsetzens kam in denArbeitsgruppen und Workshops vor.So gelangten wir von der rein subjektiven Filmwahrnehmung zur Filmanalyse und zum bewusstenUmgang mit Erzählmöglichkeiten. Die Analyse zeigte, mit welchen Mitteln „Sinn“und „Bedeutung“, Spannung und Atmosphäre konstituiert werden. Filmisches Erzählen istvor allem Erzählen in Bildern, die in Bezug stehen zu Text und Musik (oder besser: Ton). Diespezifische „Sprache“ des Films sollte erkennbar werden – auch in ihrer Abhängigkeit vonden technischen Möglichkeiten und den Sehgewohnheiten der jeweiligen Entstehungszeit.Insofern ging es auch darum, sehen zu lernen – und zwar das, was hinter der vordergründigwahrnehmbaren Handlung steht. Dieser Ansatz sollte ein Instrumentarium vermitteln, mitdem Intentionen erkennbar und auch Manipulationen durchschaubar werden. Imübrigen läßt sich erst auf der Basis solcher Kriterien darüber nachdenken, was den Kunstcharakterdes Films ausmacht.Erste WocheVorträge:Prof. Dr. Knut Hickethier, Institut für Medien und Kommunikation, Universität Hamburg> Mediale Narration: Die Einheit von Erzählen und Zeigen> Einführung in die FilmanalyseProf. Dr. Kerstin Stutterheim, Fachbereich Drehbuch / Dramaturgie,Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf, Potsdam-Babelsberg> Dem Meister der Spannung in die Struktur geschaut. Dramaturgie desSpannungsaufbaus in den Filmen Alfred HitchcocksPD Dr. Bernd Kiefer, Seminar für Filmwissenschaft, Universität Mainz> Der aufgehobene Vertrag mit dem Zuschauer: Unzuverlässiges Erzählen im Film85


BildungsveranstaltungenArbeitsgruppen:Dr. Gerhard Seidel, Autor und Theaterdramaturg, BonnKai von Westerman, Kameramann und Filmemacher, Bonn> Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Workshop zum filmischen ErzählenStefan Silies, Medienkünstler und Regisseur, Köln> Kinoki – UmsturzDipl.-Ing. Ludowika Mann, Szenenbildnerin und Regisseurin, Berlin> Dramaturgie der Hintergründe – Architektur und Ausstattung im FilmSusanna Reckermann, Literaturwissenschaftlerin, Berlin> „Weit geschlossene Augen“ – Potentiale und Risiken der LiteraturverfilmungZweite WocheVorträge:Jörg Tensing, Autor, Berlin> Krieg den KlischeesGenres – ihre Codes, Konventionen und Chancen(Vortrag mit anschließenden Workshops)Prof. Dr. Reinhold Zwick, Institut für Katholische Theologie und ihre Didaktik,Universität Münster> Die Geburt des Messias und die Geburt des Zuschauers. Genre-Merkmale desJesus-Films und ihre DurchkreuzungProf. Dr. Kerstin Stutterheim> Alles wirklich?Dokumentarisches Erzählen als strukturierte Narration zwischen Zufall undInszenierungDietmar Dahmen, Filmakademie Baden-Württemberg; Geschäftsführer undChief Creative Officer der Werbeagentur BBDO, Wien> Werbefilm: Wie man in 30 Sekunden ein Leben erzählt(Vortrag mit anschließenden Workshops)86


CAUSLANDSAKADEMIEAuslandsakademieThema:„This is not America“Zeit: 15. bis 29. März <strong>2009</strong>Ort:Boston, Massachusetts; New York,New York; Washington, DC; Austin,TexasTeilnehmer/innen: 30Geistliche Begleitung: Dr. Rainer HagencordLeitung:Dr. Kerstin DellVorbereitungswochenende:5. bis 7. Dezember 2008,Haus Venusberg/Bonn„All gone to look for America“: Was Paul Simon 1968 als melancholischen Schluss für einLied über ein Lebensgefühl seiner Generation wählte, setzte beim Vorbereitungstreffendie Beschäftigung mit einem Land in Gang, das so viele Fragen aufwirft wie es Sehnsüchteweckt. Amerika, das bekannte unbekannte Land – in Zeiten der Bush-Administration Zielleidenschaftlicher Kritik, die sich seit dem Amtsantritt des charismatischen Neuen im WeißenHaus vielfach in ebenso leidenschaftlich geäußerte Euphorie gewandelt hat. Währendin den USA ein für uns Deutsche oftmals problematisches, da eindeutig festgeschriebenesEinverständnis über Parameter zu bestehen scheint, die die nationale Identität ausmachen,scheint umgekehrt auch in Deutschland ein Konsens über das zu herrschen, was Amerikaausmacht. Ziel der Ferienakademie war es also, die virulenten Selbstdeutungsmuster deramerikanischen Nation zu verstehen, in ihrer historischen Genese nachzuvollziehen, ihrensozialen Stellenwert zu reflektieren und ihren Einfluss auf die Innen- und Außenpolitikabzuschätzen. Dabei war auch die Rolle der religiösen „Verfasstheit“ des amerikanischenSelbstentwurfes von Beginn an mit zu bedenken.Dass sich diese Beschäftigung zunächst zwischen den extremen Polen Ablehnung vs.kritiklose Nachahmung bewegen würde, scheint einer Konstante im europäisch-amerikanischenVerhältnis geschuldet zu sein: „Amerika, du hast es besser“ – so hat Goethe seinUnbehagen an der politischen Wirklichkeit seiner Zeit in wehmütig-sehnsüchtige Worteüber die glücksverheißende Neue Welt gefasst. An der Deutung der Realität gegenwärtigenamerikanischen Lebens versuchten sich die Referentinnen und Referenten beimVorbereitungstreffen aus verschiedenen Perspektiven: So plauderte Karsten Voigt alsKoordinator der deutsch-amerikanischen Beziehungen der Bundesregierung aus dempolitischen Nähkästchen. In der Ausführung seiner These, der Amtsantritt Obamas sei alsWendepunkt in der politischen Geschichte der USA zu verstehen, ging Voigt dabei nebeneiner Analyse der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen vor allem auf die zu erwartendenThemen der transatlantischen Beziehungen in der Post-Bush-Ära ein. Dabei hob er vorallem die Themen Klimaschutz, Finanzpolitik, Stabilisierung internationaler Konfliktherdeund Abrüstung beispielhaft heraus. Mit dem Vortrag von PD Dr. Gabriele Pisarz-Ramírez87


Bildungsveranstaltungenrückte eine wichtige ethnische Gruppe in den Fokus: Die sog. Latinos stellen schon heutedie größte nicht-weiße Bevölkerungsgruppe in den USA und sind in vielfältiger Hinsichteine politische, wirtschaftliche und kulturelle Herausforderung – im schillernden Sinnedes Wortes –, der sich die Politik zunehmend stellt. Das Verhältnis von Politik und Religionstand im Zentrum des Vortrags von Prof. Dr. Harald Wenzel, der den Einfluss der sog. Evangelikalenauf die Politik der Bush-Administration unter die Lupe nahm. Einige Gegenthesenzu Prof. Wenzels Vortrag stellte Prof. Dr. Hanns W. Maull in seiner Darstellung der wichtigstenaußenpolitischen Entwicklungen der USA in der jüngeren und jüngsten Vergangenheit auf.Damit wurden Themengebiete angerissen, die im Verlauf der Akademie vor Ort in den USAaufgegriffen und aus amerikanischer Perspektive betrachtet wurden. Ergänzt wurde dasVortragsprogramm durch Posterbeiträge der Teilnehmer innen und Teilnehmer zu unterschiedlichenUS-bezogenen Schwerpunktthemen.Ausgangspunkt der Akademie war Neu-England und damit die Frage nach der Wiege derVereinigten Staaten. Wer waren die Puritaner, wie groß war und ist ihr Einfluss auf die amerikanischeMentalität und das Selbstverständnis einer Nation, die einmal als Gottesstaatanvisiert und gegründet wurde? Antworten fand Prof. David Hall von der Harvard DivinitySchool, der mit einigen gängigen Ansichten über die Puritaner aufräumte und derenEinfluss auf die gesellschaftliche Gegenwart präzisierte. Der „offiziellen“ und lange Zeiteurozentristischen Geschichtsschreibung über Leben und Wirken der Puritaner setzte JohnPeters, Angehöriger des Stammes der Wampanoah und deren lokalpolitischer Vertreter,einen eindrucksvollen Gegenentwurf entgegen, der betroffen machte: die Verbitterungüber vergangene Ungerechtigkeiten und gegenwärtiges Unverständnis der Lage seinesVolkes war John Peters anzumerken. Dem intellektuellen Einstieg in Harvard folgte somitein persönlich-aktueller Kontrapunkt. Den Abschluss unseres Aufenthaltes in Neu-Englandbildete ein Ausflug nach Concord, das als Wiege des amerikanischen intellektuellenSelbstbewusstseins durch den Transzendentalismus als „Weimar“ Amerikas ebenso in dieGeschichte eingegangen ist wie als Wiege der amerikanischen politischen Emanzipation:Hier wurde „the shot heard ,round the world‘“ abgefeuert, der den amerikanischen Unabhängigkeitskriegeinläutete. Auf der Reise durch die Gedankenwelt Emersons, Thoreausund Hawthornes sowie auf den Schauplätzen des damaligen Kriegsgeschehen begleiteteuns die Ante-Bellum-Spezialistin Prof. Dr. Heather Roberts von der Clark University inWorcester, Massachusetts.Dem Einstieg in Neu-England folgte mit der Reise nach New York eine bewusst gesetztethematische Zäsur: Kann der Beginn der „Eroberung“ des amerikanischen Territoriumsals gestützt auf das Ideal einer demokratischen Gesellschaftsordnung gesehen werden,die (u.a.) das Recht des Individuums auf Religionsfreiheit und Streben nach Glück in seinerkonstituierenden Charta festschreibt, so steht diesem Ideal mit den tödlichen Anschlägendes 11. September in New York ein kaum zu überbietender Gegensatz gegenüber. Was diediplomatischen Herausforderungen in der Post-9/11-Welt aus deutscher Perspektive sind,stellte Botschafter Dr. Martin Ney – seines Zeichens Altcusaner – bei unserem Besuch inder Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen heraus. Konsequenzendes 11. September eher innenpolitischer Art präsentierte hingegen Prof. Dr. IrwinRedlener, Dekan an der Columbia University und Leiter des „National Center for DisasterPreparedness“. Nach den von ihm identifizierten wahrscheinlichen Gefahren durch z. B.88


den globalen Terrorismus nicht nur für die USA, sondern auch für Länder wie Deutschlandwurde ein Ausmaß an mangelnder Vorbereitung (innerlich-individuell wie auch organisatorisch-staatlich)auf erschreckende Weise deutlich und machte noch einmal die Notwendigkeitbesserer internationaler Zusammenarbeit deutlich.Dem politischen Leben in den USA – gestern wie heute – widmete sich der Aufenthaltin der Hauptstadt Washington, DC. Dort erfuhren wir durch ein Gespräch mit ZDF-AuslandskorrespondentMatthias Fornoff mehr über die deutsche Berichterstattung zu dempolitischen Geschehen in Amerika. Der Inszenierung amerikanischen National bewusstseinskamen wir am folgenden Tag bei einer intensiven Auseinandersetzung mit den Denkmälern /Memorials der Hauptstadt näher: So zeigte unser Besuch in der National Cathedral die engeVerknüpfung von nationalpolitischen und religiösen Themen, die oft einen sehr befremdlichenEindruck hinterließ. Die architektonische Umsetzung nationalen Selbst-Verständnisseswurde von Prof. Peter Pfeiffer und Jens Kugele M.A. von der Georgetown University detaillierterläutert. Eine Sichtweise auf die afroamerikanische Geschichte Washington D.C.s lieferteder Stadtspaziergang mit Noel Paige, der Stationen des Lebens bedeutender Afroamerikanerbeinhaltete. Er bot die Gelegenheit, „Geschichte von unten“ anzugehen, d.h. der offiziellenGeschichtsschreibung Anekdoten und Persönliches aus dem Leben einzelner Menschenmündlich entgegenzusetzen. Die offizielle Geschichtsschreibung dominierte hingegen denBesuch des amerikanischen Kongresses, wo MitarbeiterInnen des Gouverneurs von Utahunsere Gruppe durch das Gebäude führten. Den Abschluss unseres Aufenthaltes in der amerikanischenHauptstadt bildete ein Vortrag von Prof. Dr. Clyde Wilcox, der seine Thesen zumZusammenhang von Religion und Politik in den USA präsentierte und sich darin in einigerHinsicht von den Thesen Prof. Wenzels beim Vorbereitungswochenende unterschied.Die letzte Station der Auslandsakademie in Austin, Texas, sollte uns von der in den USA oftals „über-intellektuell“ kritisierten Ostküste wegführen und schwerpunktmäßig das Themamexikanisch-amerikanische Beziehungen beleuchten. Dem war nicht nur der Vortrag vonProf. Dr. Anne Martínez an der University of Texas geschuldet, der die Geschichte eben dieserBeziehungen umriss, sondern auch der Besuch der ehemaligen (Kloster-) Festung The Alamo,deren Geschichte als Symbol der amerikanischen Überlegenheit gegenüber dem mexikanischenNachbarn im Nationalbewusstsein vieler US-BürgerInnen verankert ist. Der Besuch beider NGO (Nicht-Regierungs-Organisation) „La Casa Marianella“ schließlich half uns, die vielenSchwierigkeiten, Herausforderungen und Gefahren zu verstehen, denen illegale Einwandereraus Mittel- und Südamerika auf ihrem Weg in die USA und in ihrem Leben dort ausgesetztsind. Dass Austin als Silicon Valley der alternativen Energien bezeichnet werden kann,bestätigte ein Besuch bei Applied Inc. Materials, einem Unternehmen, das Technologien fürSolaranlagen entwickelt. Vier ArbeitnehmervertreterInnen standen uns nach der Führungdurch den Betrieb für Fragen u.a. zum Arbeitsalltag der Menschen zur Verfügung.C89


BildungsveranstaltungenZum geistlichen Begleitprogramm:Das provokante Wort prangt immer noch auf jederOne-Dollar-Note: „IN GOD WE TRUST“. Zwei Leitfragenboten sich somit an: Wie zeigt sich dieses Credo im Land,das sich mancherorts immer noch als „neues Israel“ oder„gelobtes Land“ versteht? Und wie steht es um das eigeneGott-Vertrauen, um das Gottes-Bild der cusanischenPilgerinnen und Pilger in die Neue Welt?Beide Dimensionen sollten Raum haben in dem, was wir in guter cusanischer Weise das„Geistliche Programm“ nennen. Vor besondere Herausforderungen war dies allerdingsdadurch gestellt, dass es in den Hotels nie so etwas wie einen Gottesdienstraum gab.Doch aus der Not machten wir eine Tugend, beteten in Seminarräumen der von unsbesuchten Universitäten, im Bus auf der Reise durch die USA, in Kirchenräumen oder imFreien. Einen thematischen Schwerpunkt setzte Dr. Rainer Hagencord vor allem beimSchicksal der indigenen Völker und nahm die Rede des Häuptlings Seattle als Leitmotivder Fahrt. Das existentiell berührende Werk der Autoren des „amerikanischen Weimar“– Concord – sorgte ebenfalls für Inspirationen: Immer wieder – in aller Verantwortung„das Mark des Lebens zu saugen“, die „Fülle des Lebens“ zu entdecken und nicht als eineblasse Kopie, womöglich entstellt durch unterschiedlichste Erwartungen, die eigeneExistenz zu verpassen.Passend zum Besuch bei der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationenbeteten wir das „Gebet der Vereinten Nationen“, das die CusanerInnen in vielenSprachen eindrucksvoll zu Wort brachten:„Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, darauseinen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nichtvon Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbeoder Weltanschauung ... “ (Gotteslob 31.1)Der pittoreske Park vor dem Kapitol in der texanischen Hauptstadt lieferte die Kulisse fürmorgendliche Impulse, nicht ohne den Leib zu würdigen und wahrzunehmen.Dem Titel der Akademie „This is not America“ trugen die vielfältigen Begegnungen undPerspektiven Rechnung. An der Akademie nahmen 30 Stipendiatinnen und Stipendiatender Grundförderung teil, die mit gesellschaftlichen und politischen Themen in Berührungkamen, die die Schwierigkeit einer „richtigen“ Einschätzung US-amerikanischenDenkens und Handelns vor Augen führten.90


C1. Vorbereitungswochenende „All gone to look for America“5. – 7. Dezember 2008, Haus Venusberg, BonnVorträge:Karsten Voigt, Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit imAuswärtigen Amt> Das transatlantische Verhältnis aus deutscher SichtPD Dr. Gabriele Pisarz-Ramírez, Universität Leipzig> Amerikanische Grenzsituationen – Die USA und MexikoProf. Dr. Harald Wenzel, John. F. Kennedy Center an der FU Berlin> Religion und Politik in den USAProf. Dr. Hanns W. Maull, Universität Trier> Amerikanische Außenpolitik unter neuem Management: Altlasten-Beseitigung,Sanierung und die Entwicklung neuer ZukunftsperspektivenPosterpräsentationen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu ausgewählten Themen2. AkademieverlaufBoston, MassachusettsVortrag und Diskussion mit Prof. Dr. David D. Hall, Harvard Divinity School> Religion, Ethics, and Social Practice: From the Puritans to TodayGespräch mit John Peters, Massachusetts Indian Commission (Wampanoah)> The US from a Native American PerspectiveTagesausflug mit literatur- und philosophiegeschichtlichemSchwerpunkt,gestaltet von Prof. Dr. Heather Roberts, Clark University> Concord: Revolution and ReformationNew York, New YorkGespräch mit Botschafter Dr. Martin Ney> Besuch in der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen91


BildungsveranstaltungenVortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Irwin Redlener, Dean, Columbia University;Director of the National Center for Disaster Preparedness> Disaster Preparedness in America after 9/11Washington, DCGespräch mit Matthias Fornoff, Studioleiter> Besuch im ZDF-AuslandsstudioDenkmaltour mit Jens Kugele M.A. undProf. Peter C. Pfeiffer, Georgetown University> DC und seine Memorials.Identitätsbildung in den USAStadttour mit Schwerpunkt auf afroamerikanischer Geschichte, geleitet von Noel Paige,UC Tours> African American Heritage WalkGeführte Besichtigung des US CapitolVortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Clyde Wilcox, Georgetown University> Religion and Politics in the USAustin, TXGeführte Besichtigung des State CapitolBesuch mit anschließender Diskussionsrunde bei Applied Materials, Inc.> Austin als „The Silicon Hills“Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Anne Martinez, University of Texas at Austin> The Mexican Presence in the United StatesExkursion nach San Antonio; Besuch von The AlamoGespräch mit Jennifer Long, Director, und einigen Bewohnern des Flüchtlingsheimes> NGO-Besuch: La Casa Marianella92


CGRADUIERTENTAGUNGENGraduiertentagung IThema:„Ich hab’ doch nichts zuverbergen!“Das Private als AuslaufmodellZeit: 13. bis 17. Mai <strong>2009</strong>Ort:Katholische Akademie SchwerteTeilnehmer/innen: 26Geistliche Begleitung: Dr. Stefan AltmeyerLeitung:Dr. Ingrid Reul„Das Private als Auslaufmodell“: In diesem Titel ist implizit die Frage nach dem Verhältnisvon privatem, individuellem Leben einerseits und gesellschaftlicher Öffentlichkeitandererseits enthalten. Was in diesem Zusammenhang zur Zeit breit und sehr kontroversdiskutiert wird, sind Fragen, die mit dem Zugang zu persönlichen Daten zu tun haben. Esgeht dabei um spezielle Verfahren wie Kamera-Überwachung im öffentlichen Raum, umVorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung oder auch biometrische Ausweise undVersicherungskarten, die die Krankheitsgeschichte des Patienten speichern. Dabeihandelt es sich um Maßnahmen, mit denen der Staat die Sicherheit seiner Bürger erhöhenwill, deren Verfassungskonformität aber umstritten ist. Inzwischen gerät die Frage nachdem Schutz persönlicher Daten sogar mit den Möglichkeiten der Genforschung inKonflikt. Am 21. April <strong>2009</strong> titelte die Süddeutsche Zeitung: „Gen-Daten sollen privatbleiben. Arbeitgebern und Versicherern werden Untersuchungen verboten, Diagnose beiUngeborenen wird eingeschränkt“. Es geht dabei um die Verabschiedung eines Gesetzes,das eine jahrelange Auseinandersetzung beenden soll – nämlich um die Frage, obungeborene Kinder auf mögliche Krankheiten im Erwachsenenalter untersucht werdendürfen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dies zu verbieten; auch Gentests auf Verlangendes Arbeitgebers sollen verboten werden, Versicherungen dürfen bereits vorhandeneErbgut-Analysen nur in bestimmten Fällen einsehen.Eine andere Variante der Überwachung ist gerade in den letzten Monaten immer wiederin die Schlagzeilen geraten, nämlich die heimliche Kontrolle der Mitarbeiter in großenKonzernen durch die Unternehmensführung – etwa durch Kameras, E-Mail-Überprüfungund anderes –, die offenbar in bisher ungeahntem Ausmaß stattgefunden hat.Was ist der Kern all dieser Diskussionen? Natürlich sind die jeweiligen Einzelfälle wichtig,aber dahinter steht etwas ganz Grundsätzliches: Es geht um nichts Geringeres als umden Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit, Bürgerrechten und staatlicher Schutzverpflichtung.Das Besondere an der gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklung besteht allerdingsin der zunehmenden Bereitschaft vieler Menschen, persönliche Daten preiszugebenund dies nicht zu problematisieren. Die Konfrontationslinie in der Debatte verläuft nichteinfach zwischen „dem Staat“ als potentiellem Überwacher und „dem Bürger“, der sichgegen Übergriffe wehrt. Vielmehr zeichnet sich ein Wandel in der Gesellschaft ab, eine93


BildungsveranstaltungenVerlagerung von Prioritäten, bei der die Privatsphäre nicht mehr unbedingt an obersterStelle rangiert. „Ich hab’ doch nichts zu verbergen“: Dieses Zitat signalisiert die Bereitschaft,einen Teil der persönlichen Freiheit zugunsten eines vermeintlichen Gewinnsan Sicherheit aufzugeben. Die Tendenz zur Veröffentlichung des Privaten zeigt sichbesonders auffällig und für jeden sichtbar in der breiten Nutzung sozialer Netzwerke wieStudiVZ, in ungezählten Talkshows, Reality-Fernsehserien und Doku-Soaps.Dahinter verbergen sich komplexe Fragen. Bürgerliche Freiheitsrechte sind nicht selbstverständlich;sie sind Errungenschaften der Demokratie – hart erkämpft und grundgelegtin der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 sowie in der Erklärungder Menschen- und Bürgerrechte von 1789, mit der die Französische Revolution ihrenEinfluss auf Europa nahm. Bürgerrechte sind integrale Bestandteile des liberalenVerfassungsstaats, der eine Grenze zwischen privatem und öffentlichem Leben zieht; imGrundgesetz der Bundesrepublik wird die Privatsphäre ausdrücklich geschützt, da sie alsBereich persönlicher Entfaltung gilt. Gleichzeitig wird der Schutz der Bürger als Verpflichtungaller staatlichen Gewalt ausdrücklich formuliert. Dass sich hier in Zeiten einerangespannten Sicherheitslage ein Konflikt anbahnen kann, liegt auf der Hand.Dass auch handfeste Interessen kollidieren können, – dafür ist die aktuelle Debatte überdie Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes ein Beispiel, etwa wenn es um dieVerwendung von Verbraucherdaten durch Wirtschaftsunternehmen und Werbung geht,die eingeschränkt werden soll, oder auch um den Umgang mit Arbeitnehmerdaten inFirmen.„Ich hab’ doch nichts zu verbergen!“ Fühlt man sich als guter Staatsbürger, wenn manbereitwillig möglichst viel von sich preisgibt, weil man ja ein gutes Gewissen hat? Bedarfder einzelne in diesem Sinne der öffentlichen Legitimation? Läßt das Bewusstsein dafürnach, dass es sich auch und gerade bei der Grenze zwischen öffentlichem und privatemLeben um eine verbürgte Form persönlicher Sicherheit handelt? Andererseits: Bin ichnicht doch ganz erleichtert, wenn ich nachts in ein Parkhaus gehe und sehe, dass es dorteine Kamera-Überwachung gibt? Und: Angesichts zunehmender internationaler Terrorgefahrhat der Staat die Aufgabe, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten.So steht der Verletzbarkeit des Staates in einer labilen internationalen Sicherheitslagedie Gefahr gegenüber, dass sich der Rechtsstaat durch Modifikationen seiner Verfassungselbst unterminiert und zum Präventionsstaat wird, der die Bürgerrechte relativiert –insbesondere den Schutz privater Kommunikation.Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich die Graduiertentagung mit den medienwissenschaftlichen,politischen und verfassungsrechtlichen Fragen des Themas.Vorträge:Prof. Dr. Andreas Dörner, Institut für Medienwissenschaft, Universität Marburg> Vom Schutz des Privaten zum epidemischen Exhibitionismus. Das Private und dieMedien im Wandel94


Dr. Jörn Lüdemann, Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn> Wie würden Sie entscheiden? Privates im Fernsehen und die staatliche MedienaufsichtPD Dr. Kathrin Groh, Institut für Öffentliches Recht, Staatslehre undVerfassungsgeschichte, Universität Bielefeld> „Freiheit wird wieder abbestellt“ – Mit Sicherheit in den Überwachungsstaat?Podiumsdiskussion:Dr. Dieter Wiefelspütz MdBRoland Schlapka, Ständiger Vertreter der Landesbeauftragten für Datenschutz und InformationsfreiheitNRW, DüsseldorfWolfgang Gatzke, Direktor des Landeskriminalamts NRW, Düsseldorf> Wie viel Sicherheit verträgt die Freiheit?CGraduiertentagung IIThema:Heldenplatz – Zur Kultur des AffirmativenZeit: 04. bis 08. November <strong>2009</strong>Ort:GoslarTeilnehmer/innen: 43Geistliche Begleitung: Br. Jakobus Wilhelm OSBLeitung:Dr. Manuel GanserDer Begriff des „Helden“ weckt spontane Assoziationen. Eine Studie über den Geschichtswettbewerbdes Bundespräsidenten 2008/<strong>2009</strong> zeigte beispielsweise, dass bereits Kinderund Jugendliche eine ganze Bandbreite an „Heldenfiguren“, von antiken Mythengestaltenüber inflationär generierte Popkultur-Helden bis hin zur Konstruktion von Helden auspolitischen Motiven heraus, wahrnehmen. Hier wird sowohl die Heterogenität als auch dieAmbivalenz, die mit dem Begriff einhergeht, deutlich.Im Rahmen der Tagung stellte sich die Frage, inwiefern das Thema „Helden“ heute einegesellschaftliche Relevanz besitzt. Diese zeigt sich, wenn man nicht nur personenzentriertfragt, wer oder was aktuell für uns ein Held sein könnte, sondern Helden alsElemente von Erinnerungskultur betrachtet. Helden sind Leitbilder und Projektionsflächenkollektiver Phantasien, transportieren starkes Pathos. Sie treten in den Dienst der Affirmationoder, mit gegenteiligem Vorzeichen, der Infragestellung bestehender Strukturen oderMachtverhältnisse.Daraus lassen sich drei Leitfragen für die Tagung ableiten:1. Was sagen die „Helden“ einer Gesellschaft über diese aus?2. Lassen sich Gesellschaften durch die „top-down“ Konstruktion von Helden und anderendamit verbundenen Pathoselementen (Rituale, Gedenktage, Denkmäler) beeinflussen?95


Bildungsveranstaltungen3. Welche Position nehmen wir gegenüber der Inszenierung von Heldentum im Zusammenhangmit Deutscher Geschichte ein?Im Rahmen von drei Impulsvorträgen mit Diskussionen wurden diese und weitereAspekte in ausgesuchten Kontexten exemplarisch erörtert. Dabei wurde zunächst dieBedeutung und das Verständnis des „Heldischen“ im 19.-21. Jahrhundert am konkretenBeispiel des Arminius näher betrachtet. Gastreferent war Herr Dr. Volker Losemann vomInstitut für Alte Geschichte an der Philipps-Universität Marburg. In der anschließendenDiskussion wurde unter anderem thematisiert, inwiefern die Rezeption und Instrumentalisierungder „Varusschlacht“ auch heute noch relevant ist: Im Rahmen des „Varusjahrs<strong>2009</strong>“ wurden am 10. März <strong>2009</strong> im Europäischen Parlament in Straßburg beispielsweise27 sogenannte „Friedenszeichen“ (in Anlehnung an römische Feldzeichen) aufgestellt– je ein Friedensbotschafter für jedes EU-Land. José Manuel Barroso, der Präsident derEuropäischen Kommission, wünschte der Ausstellung viel Aufmerksamkeit: Europa habeheute allen Grund, stolz zu sein auf das Erreichte, nachdem Globalisierung und das Endedes Kalten Kriegs ein neues Kapitel in der Geschichte aufgeschlagen hätten: „50 JahreFrieden in Europa, das ist vor allem eine Verpflichtung für die Zukunft. Denn wer dieVergangenheit vergisst, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen.“Hier zeigte sich nicht nur, welche erstaunlichen Wege die Inszenierung von historischenEreignissen und der damit namensgebend verbunden Helden heute gehen kann, sondernauch das Bedürfnis nach bzw. der Mangel an „Heldenfiguren“, die für die Konstruktioneiner europäischen Identität herangezogen werden könnten.Frau Dr. Elke Fein vom Institut für Neuere und Osteuropäische Geschichte der Albert-Ludwigs-Universität Universität Freiburg stellte im zweiten Vortrag Ihre Thesen zurErinnerungspolitik Russlands zur Debatte. Dabei wurde insbesondere ein von ihr entwickelterdiskursanalytischer Ansatz betrachtet und in Bezug auf seine Tragfähigkeit und Implikationenfür den außenpolitischen Umgang mit Russland hin diskutiert.Abschließend wurde mit der Frage nach der Funktion von Heldenpathos in der Bundeswehrder Fokus wieder auf die aktuelle Bundesrepublik gerichtet. Angesichts derVerleihung von neu geschaffenen Ehrenkreuzen der Bundeswehr für Tapferkeit durchdie Bundeskanzlerin am 6.7.<strong>2009</strong> galt es, das eigene Verhältnis als Staatsbürger zurInszenierung von Heldentum in der Bundeswehr zu hinterfragen. Als Einstieg dazupräsentierte Herr Dr. Jörg Echternkamp vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt derBundeswehr einen Impulsvortrag, in dem er die Hintergründe von „affirmativem Pathos“in der Erinnerungskultur der Streitkräfte erörterte.Als Fazit der Tagung bleibt ein ambivalentes Verhältnis zum „Heldentum“. Die Vorträgehaben gezeigt, dass „Heldenfiguren“ auch aktuell noch vielgenutzte Objekte für dieKonstruktion von Erinnerung und Identität darstellen. Ob eine Gesellschaft sie wirklichbenötigt, blieb umstritten. Es zeigte sich jedoch auch, dass sie durchaus eine tragfähigePerspektive für die Analyse gesellschaftlicher Affirmationsmuster darstellt. Besondersim Umgang mit Heldenfiguren spiegeln sich die prägenden Diskurse einer Zeit undGesellschaft, was damit Rückschlüsse auf vorherrschende Ordnungen des Denkens undHandelns zulässt.96


CVorträge:Dr. Volker Losemann, Fachbereich Alte Geschichte, Phillips Universität Marburg> Arminius, Rezeption eines deutschen HeldenDr. Elke Fein, Institut für Neuere und Osteuropäische Geschichte,Albert-Ludwigs-Universität Universität Freiburg> Zur Inszenierung von „Geschichte“. Pathos, Affekt und Gefühl als Mittel der Geschichtspolitikam Beispiel RusslandsDr. Jörg Echternkamp, Militärgeschichtliches Forschungsamt der Bundeswehr> Affirmatives Pathos? Zur militärischen Symbolpolitik in der Bundesrepublik seit 1955Graduiertentagung IIIThema:Wem nutzt Bildung?Zeit: 25. bis 29. November <strong>2009</strong>Ort:Haus St. Georg, WegbergTeilnehmer/innen: 37Geistliche Begleitung: Dr. Karsten KreutzerLeitung:Dr. Manuel Ganser„Bildung“ gehört zu den Begriffen, die derzeit inflationär oft in Politik, Medien oder ananderen Orten öffentlicher Debatten auftauchen. Diskussionen über Bildung werdendabei zumeist nur domänenspezifisch geführt, z. B. über die Schwierigkeiten der konkretenUmsetzung des Bologna-Prozesses an den Universitäten oder über die verschiedenenSchulsysteme Deutschlands, wie z. B. im Zusammenhang mit dem PISA-Ländervergleich.Fast täglich liest und hört man von konkreten Meinungen, Vorschlägen und Lösungsansätzenzu zahlreichen Detailproblemen.Die Graduiertentagung hatte zum Ziel, das Thema „Bildung“ in seiner Gesamtheit inden Blick zu nehmen. Ausgehend von der – bewusst provokativen – Leitfrage nach denProfiteuren von Bildung wurden Bildungsbegriffe in aktuellen Diskursen grundsätzlichanalysiert und kritisch hinterfragt. Welche Wertvorstellungen, Paradigmen und Traditionenprägen das jeweilige Verständnis von Bildung? Rekurse in die Ideengeschichtedes Bildungsbegriffs ermöglichten die Auseinandersetzung mit alten und modernenKonzepten.Die Vorträge der eingeladenen Gäste, Prof. Dr. Andreas Dörpinghaus und Prof. Dr. MarcusHammann, lieferten die Impulse für anschließende Diskussionen. Prof. Dörpinghausverteidigte seine im Rahmen einer Streitschrift „Wider die Verdummung“ veröffentlichtenThesen zum Bildungsbegriff. Mit Bezug auf den französischen Philosophen undKunsttheoretiker Jacques Rancière kritisierte er insbesondere den von ihm wahrgenom-97


Bildungsveranstaltungenmenen Verlust der kritisch-widerständigen Dimension von Bildung und die Entwicklungdes deutschen Bildungssystems zu einem „polizeilichen Kontrollinstrument“. Er stelltedem sechs Ansichten zum Bildungsbegriff gegenüber, die durchaus den Geist der Teilnehmendentrafen, z. B. jene, dass Bildung ein Wartenkönnen und eine Verzögerung sei,demgegenüber „im Kontext gegenwärtiger beschleunigter Lebenszeitregime Wartenkein ernsthaftes Sinnangebot mehr ist, sondern vielmehr eine bloße Zeitverschwendung“.Andere Thesen, wie z. B. die klare Abgrenzung von Bildung und Ausbildung, stießen aufKritik der Zuhörerschaft, die zum Großteil auch die Ausbildung als im Bildungsbegriffintegriert annehmen möchte.Während Prof. Dr. Dörpinghaus ausdrücklich als „Bildungstheoretiker“ sprach, stellteHerr Prof. Dr. Hammann den klar praktisch ausgerichteten Bildungsbegriff von PISA vor.Dabei wurde deutlich, dass PISA nicht den Anspruch hat und haben kann, ein Konzeptfür Bildung insgesamt zu bieten. Vielmehr handelt es sich bei der Domäne, die PISAeinnimmt, eher um den Bereich, der im Dörpinhaus’schen Sinne „Ausbildung“ ist. Diesliegt zum einen daran, dass es bei Pisa um „Naturwissenschaftliche Grundbildung“ geht,zum anderen daran, dass tatsächlich ein Zweck für diese Art Bildung genannt wird:Die Fähigkeit, (naturwissenschaftliche) Phänomene zu untersuchen, zu erörtern undProbleme zu lösen.Professor Hammann gab ein klares Plädoyer für die empirische Bildungsforschung ab,stand hier also im Widerspruch zu Herrn Prof. Dörpinghaus, der in der Konzentrationauf Messungen einen Schritt hin zur polizeilichen Kontrolle sah. Die von Prof. Hammannvorgebrachten Beispiele, in denen er darlegte, wie die Rezeption der PISA-Studien eineDebatte über den naturwissenschaftlichen Unterricht anstieß und letztendlich auchsehr bereicherte, überzeugten viele Zuhörer. Nicht zuletzt auch deswegen, da in derdeutschen KMK Bildungsstandards, die als Reaktion auf den so genannten „Pisa-Schock“entstanden sind, nicht nur die Fähigkeit zum Lösen abstrakter naturwissenschaftlicherProbleme berücksichtigt wurde, sondern auch die Fähigkeit, Probleme im Rahmen gesellschaftlicherKontexte anzugehen, was z. B. im Zusammenhang mit der Klon-Technologieauch die reflektierte Entscheidungsfindung im Kontext ethischer Probleme umfasst.Gleichwohl wurde deutlich, dass noch viel zu tun ist, wobei man sich über die Wege zueinem tragfähigen Gesamtkonzept schulischer Bildung nicht einig wurde: Die einenfordern eine Art PISA-Studie auch für geisteswissenschaftliche Fächer und versprechensich davon wichtige Erkenntnisse und Impulse für eine breite schulische Bildung. Anderelehnen Top-down Projekte dieser Art ab, insbesondere wenn sie im Kontext wirtschaftlicherInteressen stehen, hier zeigte sich eine der größten Angriffsflächen von PISA.Unumstritten wurde jedoch auch deutlich, dass PISA wichtige Daten dafür lieferte, diebestehende Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems zu veranschaulichen.Zur Vertiefung der Auseinandersetzung mit Bildungsgerechtigkeit wurde Herr Dr. habil.Kai Maaz vom MPI für Bildungsforschung in Berlin eingeladen. Er stellte umfassendeStudien vor, anhand derer jene Faktoren, die den Zugang zu Bildungsmöglichkeitenmaßgeblich beeinflussen, herausgearbeitet und zueinander in Beziehung gesetztwerden konnten. Mit „Lese-“ und „Mathematischer Kompetenz“ bezog auch er sich in98


erster Linie auf die Bereiche einer „Ausbildung“, die seiner Ansicht nach jedoch zu denunmittel baren Voraussetzungen für weitere Bildung gehören. Im Laufe der Debattestellte sich auch die Frage, in wiefern man als Bildungsforscher in der Verantwortungsteht, ganz persönlich politisch Stellung zu beziehen, über die reine Information vonBerufspolitikern hinaus. Hier blieb der Eindruck, dass sich die Empiriker auch angesichtsder teilweise verzerrenden Instrumentalisierung ihrer Erkenntnisse bewusst auf diePosition des „Informationsbeschaffers“ zurückziehen, da man selber mit der eigenenArbeit daran, verlässliche Daten zu erheben, vollauf beschäftigt ist. Demgegenüber stehtder Typus „Dörpinghaus“, der sich bewusst als reinen Theoretiker versteht und bewusstauf gesellschaftlicher Ebene und damit durchaus politisch über Bildung debattiert, sogarüberspitzt und ggf. auch etwas polemisch.Die Tagung hat gezeigt, dass beide Perspektiven nur dann maximal erkenntnisförderndsein können, wenn sie gegenübergestellt, differenziert analysiert und die jeweiligenWahrnehmungen diskutiert werden können. So muss z. B. das Ausmaß einer durchökonomische Institutionen geförderten Bildungsforschung kritisch vor dem Hintergrundeines theoretischen Gesamtkonzepts von „Bildung“ verhandelt werden, unter der ehrlichenAbwägung aller positiven wie negativen Implikationen. Hierzu konnte die Tagung(hoffentlich) einen kleinen Beitrag leisten.CVorträge:Prof. Dr. Andreas Dörpinghaus, Universität Würzburg,Lehrstuhl für Allgemeine Erziehungswissenschaft> Was ist Bildung? – Plädoyer wider die VerdummungProf. Dr. Marcus Hammann, Westfälischen Wilhelms-Universität Münster,Zentrum für Didaktik der Biologie> Bildung nach Maß? Die Idee hinter PISADr. habil. Kai Maaz, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, BerlinGruppenleiter Erziehungswissenschaft und Bildungssysteme> Soziale Ungleichheit im deutschen Bildungssystem99


BildungsveranstaltungenAbschluSS-seminarThema:einfachZeit: 04. bis 10. Oktober <strong>2009</strong>Ort:Kloster Marienthal, GörlitzTeilnehmer/innen: 32Geistliche Begleitung: Claudia GuggemosLeitung:Ruth Jung„Einfachheit ist nicht einfach“ – Titel und These des Vortrags von Holm Tetens, Wissenschaftstheoretikeran der FU Berlin, hätten auch über der ganzen Woche stehen können.Das Abschluss-Seminar zum Thema „einfach“ setzte drei Schwerpunkte: Philosophie,Ästhetik sowie Spiritualität und Lebensführung. Am Beginn der Woche stand die Philosophie.Hier ging es vor allem darum, die erkenntnis- und wissenschaftstheoretischeBedeutung des Ockham’schen „Sparsamkeitsprinzips“ auszuloten. Die zweite Wochenhälftewar der Ästhetik von Städtebau, Design, Kunst und Musik vorbehalten. Vor Ort –in Dresden-Hellerau – sowie in Vorträgen und Workshops wurden verschiedene Konzeptionenvon Einfachheit vor Augen und Ohren geführt. Die Frage, ob und wie wir einfachglauben und leben können, begleitete uns durch die ganze Woche.Schon am ersten Abend des Seminars wurde klar: Weder Alltagssprache noch Philosophiekönnen eine schlüssige Definition von Einfachheit geben. Mit Martin Lenz und Wilhelmvon Ockham begaben wir uns zunächst auf Spurensuche in der Philosophie-Geschichteund setzten uns mit den verschiedenen Formulierungen des Ökonomieprinzips auseinander.Nach Ockham sind Denkmodelle zu bevorzugen, die einen Sachverhalt soeinfach und kurz als möglich erklären, da vielfältige Annahmen und Voraussetzungen dieAnwendung und Verallgemeinerbarkeit von Modellen erschweren. Diese methodologischeWende des Ökonomieprinzips stand im Gegensatz zum eher teleologisch-rationalistischenOrdo-Denken seiner Zeitgenossen und hat weitreichende Implikationen für unsere Zuordnungenvon Realität, Erkenntnis und Begriff, für unsere Beschreibung des Denkaktessowie unser Verständnis göttlicher Allmacht.Mit Holm Tetens kehrten wir zurück in die Gegenwart der wissenschaftstheoretischenDebatte und fragten nach der Anwendbarkeit des Ökonomieprinzips in den Natur- undGeisteswissenschaften vor den Herausforderungen von Abstraktion und Individualität,Labor und Wirklichkeit, Wissenschaften und Alltagswissen, Theoriebildung und Weltbild.In welchem Verhältnis stehen Einfachheit und Wahrheit? Inwiefern zwingt uns dieBegrenztheit unserer Ressourcen zu Einfachheit, besser gesagt zu Demut in unserenAussagen über die Welt? Und wie ist es – in unserem Wissenschaftssystem – um Einfachheitals kognitive Tugend bestellt? Fragen, die niemand abschließend beantworten kann,deren immer vorläufige Beantwortung jedoch moralische und politische Konsequenzenin allen Bereichen unseres Lebens hat.Die Exkursion nach Dresden-Hellerau machte mit den Ideen der Gartenstadt-Bewegungund des Deutschen Werkbundes von Beginn des 20. Jh. vertraut. In Städtebau und Design100


kam es zu einer Vereinfachung im Sinne eines Zurück zum Unverzichtbaren, zu reiner Funktionalitätund technischer Reproduzierbarkeit. Spätestens das heutige Firmenkonzept derDeutschen Werkstätten machte jedoch deutlich: Was einfach aussieht, ist nicht einfach ...Das gilt in übertragenem Sinne auch für Kunst und Musik. Gerade hier verschiebt sichdas Frage-Spektrum. Geht es um Einfachheit im Sinne des Künstlers oder im Sinnedes Rezipienten, in der Auswahl der Stilmittel oder im Modus der Wahrnehmung? IstEinfachheit überhaupt noch möglich, oder ist sie in Zeiten der Postmoderne allenfalls alsveraltetes Ideal, vergebliches Postulat, Koketterie oder Ironie zu haben? Lassen sich dieGrenzen zwischen der Sphäre des Alltäglichen und des Nicht-Alltäglichen einreißen oderbestätigen wir sie gerade durch diesen (vergeblichen) Versuch? Mit Hannes Böhringerund Wolfgang Rathert gelangen uns Annäherungen an edle Einfalt und stille Größe –und die Nicht-Einfachheit zeitgenössischer Kunst und Musik, verbunden mit dem Aufruf,eine eigene ästhetische Urteilskraft zu entwickeln, sich nicht von Markt und Mainstreambevormunden und einschüchtern zu lassen.Für Cusanerinnen und Cusaner am Ende ihrer Förderungszeit ist das Leben bestimmtnicht einfach und auch nicht einfacher geworden. Ein schöner Zufall, dass wir ausgerechnetin einem Zisterzienserinnen-Kloster zu Gast waren. Doch selbst der Weg ins idyllischeSt. Marienthal war alles andere als einfach.CVorträge und Workshops:PD Dr. Martin Lenz, Institut für Philosophie, HU Berlin> Einfach(heit) denken – ein Problem der Philosophie ausgehend von OckhamsÖkonomie-PrinzipProf. Dr. Holm Tetens, Institut für Philosophie, FU Berlin> Einfachheit ist nicht einfach. Thesen zur Rolle der Einfachheit in den WissenschaftenGespräch mit Schwester Anna, Kloster St. Marienthal> Askese Arbeit Authentizität.Gründung und Leben der Zisterzienser als Rückkehr zur EinfachheitProf. Dr. Hannes Böhringer, Institut für Kunstwissenschaft, Hochschule für BildendeKünste Braunschweig> einfach geradeaus – Teil I und IIProf. Dr. Wolfgang Rathert, Institut f. Musikwissenschaft, LMU München> I „Natürlich, ohne in das leere zu fallen...“ (Mozart):Zu Idee und Geschichte des Einfachen in der Musik seit 1600> II Neue Einfachheit – Alte Komplexität?Kompositorische und ästhetische Auseinandersetzungen mit einer grundlegendenDichotomie der musikalischen Moderne101


BildungsveranstaltungenExkursion nach Dresden:Führungen in den Werkstätten des Deutschen Werkbundes und durch die GartenstadtHellerauMusikERförderungMusikerworkshop und Symposium <strong>2009</strong>Thema:Felix Mendelssohn-BartholdyZeit: 20. bis 27. September <strong>2009</strong>Ort:Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz EngersTeilnehmer/innen: 15Leitung:Prof. Josef Protschka, Dr. Armin Koch, Sebastian MalyAbschlusskonzert: „Mendelssohn vokal“ am 26. September <strong>2009</strong> im Görres-HausKoblenz in Zusammenarbeit mit den KoblenzerMendelssohn-Tagen e.VDer diesjährige Musikerworkshop stand ganz im Zeichen des 200. Geburtstags von FelixMendelssohn-Bartholdy. Im Unterschied zu den vorangegangenen Musikerworkshops wardas Repertoire von vornherein auf Mendelssohns Kammermusik und Liedschaffen konzentriert.Nach Ablauf der Anmeldefrist war dann zusätzlich klar, dass es ein Workshop zuMendelssohns Liedschaffen wird. Diese Konzentration hatte den Nebeneffekt, dass damit einTeil des kompositorischen Schaffens von Mendelssohn in den Mittelpunkt rückte, der auchauf den Konzertpodien im Jubiläumsjahr eher unterrepräsentiert war. Zu sehr steht MendelssohnsLiedschaffen im Schatten von Schubert und Schumann. Unter der künstlerischenLeitung des ausgewiesenen Mendelssohn-Kenners Prof. Josef Protschka (Hochschule fürMusik und Tanz, Köln) beschäftigten sich sechs Sängerinnen und Sänger sowie vierPianistinnen und Pianisten mit ausgewählten Liedern, Duetten und Arien von Mendelssohn.Zusätzlich studierte eine Stipendiatin eine Tanzperformance zu ausgewählten Liedern ohneWorte bei Mendelssohn ein.Der Musikerworkshop war außerdem mit einem Symposium zu Mendelssohn verbunden.Parallel zum Workshop tagten unter der Leitung von Dr. Armin Koch (Robert-Schumann-Forschungsstelle, Düsseldorf) und Sebastian Maly (<strong>Cusanuswerk</strong>) Cusanerinnen undCusaner, die sich in Referaten dem Komponisten Mendelssohn näherten. Dabei wurdendie Vortragszeiten nach Möglichkeit so gelegt, dass auch die Musiker an den Vorträgenteilnehmen konnten. Eine wichtige Erkenntnis des Symposiums war dabei, dass ein Großteilder kritisch bis antisemitisch-feindseligen Rezeption von Mendelssohns kompositorischemSchaffen zu kurz greift, wenn sie seine Musik als pedantisch auf die Form bedachtund ohne emotionale und geistige Tiefe charakterisiert. Mit den Worten von FriedhelmKrummacher könnte man auch sagen, dass man der Musik Beethovens das Ringen desKomponisten anhört, während bei Mendelssohn die Musik Ergebnis des Ringens ist. Die102


CEingängigkeit, Formbedachtheit und Verständlichkeit der Musik Mendelssohns lässt sichsomit nicht nur als mangelnde Tiefe interpretieren, sondern auch als eine menschenfreundlicheSeite der Musik Mendelssohns: Was Ordnung und Klarheit hat, ist für alleMenschen verständlich.Die Ergebnisse des Workshops wurden im Rahmen des Abschlusskonzertes in Koblenz zuGehör gebracht. Vor dem eigentlichen Konzert fand ein kurzes Podiumsgespräch mitTeilnehmern des Symposiums statt. Das Konzert wurde in enger Zusammenarbeit mit denKoblenzer Mendelssohntagen e. V. geplant und organisiert. Der Konzertort war nicht zuletztdeswegen gut geeignet, weil der Onkel Felix Mendelssohns im heute zu Koblenz gehörigenOrtsteil Horchheim ein Landgut besaß, in dem Mendelssohn öfters auf Reisen zu Gast war.Mitwirkende Cusanerinnen und Cusaner im Konzert:Sarah Hanikel, Monika Reinhard, Maximilian Lika, David Steffens (Gesang)Maria Saulich, Xenia Martin, Wolfgang Kick, Philipp Teriete (Klavier)Petra B. Stransky (Tanzperformance)Vorträge von Cusanerinnen und Cusaner auf dem Symposium:Dr. Armin Koch> Felix Mendelssohn als Maler mit Tönen, Worten und FarbenCarlos Haas> Mendelssohn in ItalienStefan Rosmer> Kirchenmusik in Mendelssohns ReformationssymphoniePhilipp Teriete> Mendelssohns kompositorische und musiktheoretische AusbildungHannah Wiemer> Mendelssohns SchauspielmusikWolfgang Kick> Aufführungspraxis zur Zeit Mendessohns103


BildungsveranstaltungenFachschaftstagungenIm Berichtsjahr fanden 17 Fachschaftstagungen statt, die in Eigenverantwortung derFachschaften bzw. ihrer Leitungen inhaltlich vorbereitet und organisatorisch durchgeführtwurden. Insgesamt nahmen 413 Personen teil, davon 251 Cusanerinnen undCusaner sowie 148 Altcusanerinnen und Altcusaner und 14 Villigster Stipendiatinnenund Stipendiaten. Von Inhalt und Verlauf berichten die nachfolgenden Texte, die inEigenregie der jeweiligen Fachschaftsleiterinnen und Fachschaftsleiter verfasst wurden.Fachschaft GeschichteThema:Begegnungen von Ost und West. Kontakte, Konflikte undKommunikationswege zwischen Europa und Asien in historischerPerspektiveZeit: 15. bis 18. Januar <strong>2009</strong>Ort:Haus Venusberg, BonnTeilnehmer/innen: 18Leitung:Jennifer Altehenger, Linda Dohmen, Benjamin Laqua,Paul-Matthias TyrellAuf der Fachschaftstagung Geschichte <strong>2009</strong> wurden einige ausgewählte Facetten derebenso vielgestaltigen wie aktuellen Interdepenzen zwischen Europa und Asien betrachtet.Innerhalb dieses thematischen Horizonts lag der räumliche Schwerpunkt auf denkulturellen Kontakten und Wechselbeziehungen zwischen China und Europa. Inhaltlichwurde ein besonderes Augenmerk auf religions- und politikgeschichtliche Vertiefungengelegt.Nachdem ein aspektreicher Eröffnungsvortrag über „Europa und Asien in der Weltgeschichte“die kulturhistorischen Leitlinien unserer Tagung epochenübergreifend aufgezeigthatte, wurden in den anschließenden Einzelvorträgen ausgewählte Aspekte vom13. Jahrhundert bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts eingehender behandelt.Hierbei wurden den franziskanischen und jesuitischen Missionen, den deutsch-chinesischenMilitärkooperationen im 19. Jahrhundert, der Rolle Chinas als Verbündeter derEntente-Mächte im Ersten Weltkrieg und der Mao-Rezeption westeuropäischer „68er“einzelne Vorträge mit anschließenden Diskussionsrunden gewidmet. Diese Themenschwerpunktewurden nicht nur durch eine Exkursion zur Steyler Mission in St. Augustinund dem dortigen Chinazentrum mit angeschlossenem Museum ergänzt, sondern auchdurch ein aufschlussreiches „Kamingespräch“ mit einem Vertreter der China-Redaktionder Deutschen Welle. Eine Filmpräsentation („The Soong Sisters“) und der gemeinsameBesuch in einer japanischen „Noodle-Bar“ rundeten das Tagungsprogramm schließlichauch in medialer und kulinarischer Hinsicht ab.104


CFachschaft AltertumwissenschaftThema:Aufstieg und NiedergangZeit: 19. bis 22. März <strong>2009</strong>Ort:Haus Venusberg, BonnTeilnehmer/innen: 21Leitung:Susanne Gatzemeier, Michaela Helmbrecht, Agnes MaagWohl kein anderes Konzept hat die Altertumswissenschaften so stark geprägt wie das desAufstiegs, der Blütezeit und des Untergangs von Kulturen. Die Vorstellung, dass Kulturen,Staaten oder die ganze Welt, Lebewesen gleich, aus einer Keimzelle hervorgehen,wachsen und reifen und schließlich alt werden, kehrt bei verschiedenen Autoren seit derAntike wieder. Im Laufe der Fachschaftstagung haben wir uns sowohl mit dem Konzeptselbst sowie mit konkreten Aufstiegs- und Niedergangsphänomenen kritisch auseinandergesetzt.Die zeitliche Spanne reichte dabei vom Alten Ägypten bis zum Mittelalter.Zentrale Erkenntnisse waren vor allem, dass die Begriffe „Aufstieg“ und „Niedergang“trotz ihres wertenden Charakters und ihrer Abhängigkeit von der jeweiligen Perspektive nachwie vor zur Beschreibung von historischen Prozessen geeignet sind. Die oft nur pauschalals „Aufstiegs-“ oder „Niedergangszeiten“ bezeichneten Perioden sollten jedoch differenzierterbetrachtet werden: Niedergang in einem Bereich, beispielsweise in der Politik,kann einen Aufstieg der Künste mit sich bringen, so dass Aufstieg und Niedergangparallel verlaufende, ja sogar einander bedingende Prozesse sein können. Aktuelle Bezügeerleichterten die generell lebhaften Diskussionen unter den Teilnehmern, unter denenerfreulich viele Fachfremde und Altcusaner waren. Abgerundet wurde die Tagung durcheine Exkursion nach Köln, zu den Ausgrabungen unter dem Dom.Fachschaft KunstThema:Alles nur Schall und Rauch?Zeit: 07. bis 10. Mai <strong>2009</strong>Ort:LeipzigTeilnehmer/innen: 12Leitung:Theresa Jahn, Martina Löhle, Ulrich SchubertIn den letzten Jahren zog die so genannte „Leipziger Schule“ um ihre ProtagonistenNeo Rauch und Matthias Weischer große internationale Aufmerksamkeit auf sich undbescherte besonders der Malerei auf dem Kunstmarkt Rekorderlöse. Zugleich rücktedadurch eine Region in den Fokus, die zuvor wenig Beachtung auf der Kunst-Landkartefand. Die Fachschaftstagung Kunst <strong>2009</strong> lud dazu ein, sich vor Ort mit dem Phänomender „Leipziger Schule“ und ihren Entwicklungslinien auseinanderzusetzen. Schwerpunktedes Wochenendes lagen zudem in der ästhetischen Reflexion und Auseinandersetzungmit aktuellen künstlerischen Positionen sowie der Frage nach Kunst als Motor für Stadtentwicklungam Beispiel Leipzigs.105


BildungsveranstaltungenIn seinem Eröffnungsstatement reflektierte Dr. Johannes Stahl von der Hochschule für Kunstund Design Halle über den Begriff „Stadt“ und über die Frage, wie Künstler den urbanenRaum als „Material“ begreifen und in den öffentlichen Raum eingreifen. Dies verdeutlichteer anhand von Beispielen aus dem frühen 19. Jahrhundert bis hin zu aktuellen Diskursender „Street Art“.Wie lebten und arbeiteten Künstler in der ehemaligen DDR? Anhand zahlreicher Beispielestellte Prof. Dr. Kai-Uwe Schierz, Leiter der Kunsthalle Erfurt, in seinem kunsthistorischenVortrag die Entwicklungslinien der „Alten Leipziger Schule“ im Zusammenhang der politischenBedingungen vor und leitete über zu einer Reflexion der „Neuen Leipziger Schule“.Traditionen und Unterschiede wurden von ihm ebenso dargestellt wie eine Diskussionüber die (Un)-Zulässigkeit des Begriffs der „Leipziger Schule“. Der Vortrag fand in denAusstellungsräumen der Sparkasse Leipzig statt, deren Sammlung sich ausschließlich aufVertreter der „Leipziger Schule“ konzentriert, so dass die Teilnehmer hier auch zahlreichenWerken im Original begegneten.Nach diesem umfassenden Einblick lag es nahe, sich mit der „Schule“ – der Hochschule fürGrafik und Buchkunst Leipzig – auseinanderzusetzen. Julia Blume, Leiterin des dortigen Institutsfür Buchkunst und des Hochschularchivs erläutete die Geschichte und aktuelle Rolleder Hochschule. Es wurde deutlich, wie sehr die Hochschule zwar von der internationalenAufmerksamkeit profitiert, dass aber ihr Selbstverständnis sich nicht hauptsächlich in derMalerei gründet – ein Spagat, der hier hochschulstrukturell zu leisten ist.In der HGB war auch der Ort für ein sehr persönliches Künstlergespräch mit Silke Koch undTilo Schulz – zwei Künstler, deren Arbeit sich biographisch in Leipzig und der Wendezeit verortet.Am darauf folgenden Tag standen die vielfältigen kulturellen Institutionen im Mittelpunkt:Führungen im Museum für bildende Künste und der GFZK, Galerie für ZeitgenössischeKunst, stellten die jeweiligen Sammlungsstrategien, Konzepte und Wirkungsweisen fürLeipzig vor. Einblick in den Kunstmarkt ermöglichte der Galerierundgang auf dem inzwischenlegendären Gelände der ehemaligen Baumwollspinnerei in Leipzig-Plagwitz. Elke Hannemann,Geschäftsführerin der Leipziger Galerie Eigen & Art, stellte die vertretenen Positionen vorund gab zudem persönliche Einblicke in die Anfänge des Erfolgsgaleristen Judy Lübke, derseine Anfänge mit inoffiziellen Ausstellungen im privaten Wohnzimmer nahm. Des Weiterenbesuchten wir die Galerie B2, die von Künstlern selbst betrieben wird, sowie die Galerie„Laden für Nichts“, die ihren Ursprung in einer Kunstaktion von Uwe-Karsten Günther hat.Mit der Halle 14 lernten die Teilnehmer eine der imposantesten Ausstellungsflächen aufdem Spinnereigelände kennen: Auf über 40.000 qm betreiben mehrere Stiftungen einambitioniertes, nichtkommerzielles Ausstellungs- und Projektprogramm.Die Tagung mündete in einer Podiumsdiskussion unter dem Titel: „Wo profitiert die Kunst,wo profitiert die Region?“ Als Vertreter waren eingeladen: Prof. Dr. Joachim Thiel von derUniversität Hamburg, Jan Apitz vom Kunstraum Delikatessenhaus e. V., Christian Rost vomWestbesuch e. V. sowie Stephan Thomas vom Verein HausHalten e. V. Der Stadt- und RegionalökonomProf. Dr. Thiel eröffnete den Austausch mit einer Einführung in die Theorien der„Kreativen Klasse“ von Richard Florida. Am Beispiel der lokalen Initiativen wurde deutlich,wie unterschiedliche kulturelle Initiativen von unten auf Stadt einwirken und diese nachhaltig106


verändern. Sie schaffen ein kulturelles Klima, das vor allem in strukturschwachen Regionenzu einer positiven Neubewertung führt und als „best practice“ auch für andere Städtegelten kann.Am Sonntag erkundeten wir in einer Kanutour die alte Industriestadt vom Wasser aus–vorbei an schicken Lofts und baufälligen Ruinen – und schnupperten bei einem Picknickzum letzten Mal das besondere Leipziger Klima.CFachschaft Mathematik/InformatikThema:Faire Demokratie? Die Mathematik des SozialverhaltensZeit: 20. bis 24. Mai <strong>2009</strong>Ort:Bildungsstätte Eichsfeld, UderTeilnehmer/innen: 27Leitung:Petra Hitzelsberger, Tim Januschowski, Frank Lehrieder,Hans-Jörg SchulzAm Wochenende der Wahl Horst Köhlers zum Bundespräsidenten fand die FachschaftstagungMathematik/Informatik in Uder, Thüringen, statt, bei der wir uns – thematischpassend – mit der mathematischen Analyse von Wahl- und Zuteilungsverfahren beschäftigten.Das Fachschaftstagungsthema hatte eine hohe tagespolitische Aktualität: durchdie Wahl des Bundespräsidenten, aber auch durch aktuelle Urteile des Bundesverfassungsgerichtsbezüglich elektronischer Wahlhilfen und des Verbots negativer Stimmgewichtebei Wahlen auf Bundesebene. Auf der Fachschaftstagung waren Referenten zu Gast, diemit Mathematik und Informatik die politische Diskussion maßgeblich bereichern konnten.Prof. Dr. Pukelsheim, Universität Augsburg, erläuterte die Verfahren, die nach Abgabeder Stimmzettel zur Berechnung der Zuteilung führen. Das nicht-triviale Problem desUmrechnens von Stimmanteilen zum Beispiel in Sitze im Parlament stand dabei imZentrum. Prof. Pukelsheim erklärte in einem historischen Exkurs das Wahlsystem desNicolaus Cusanus, das wir als Grundlage aussuchten für unsere eigenen Wahlen aufder Fachschaftssitzung.Prof. Dr. Rote, FU Berlin, stellte verschiedene andere Wahlsysteme vor und bewies dieUnmöglichkeit eines gerechten Entscheidungsverfahren nach Arrow. Er führte uns in dieThematik des gerechten und des neidfreien Teilens ein und frischte seine Vorträge mitExperimenten auf.Constanze Kurz, Chaos Computer Club und HU Berlin, sensibilisierte die Teilnehmer für dieMissbrauchmöglichkeiten bei Wahlcomputern und Biometrischen Pässen. Das Bundesverfassungsgerichtist ihrer Meinung bezüglich der Wahlcomputer in seinen Urteilen zuWahlcomputern gefolgt.Olga Ruff, Universität Augsburg, sprach zur Gerechtigkeit der gewichteten Entscheidungsverfahrenim EU Ministerrat.107


BildungsveranstaltungenNeben den Vorträgen der eingeladenen Referenten kamen auch die Cusaner-Referate,in denen einzelne Teilnehmer ihr aktuelles Forschungsgebiet vorstellen, bei den Teilnehmernsehr gut an. Auch für die Zeit außerhalb der Vorträge war das Tagungshaus Udermit Kegelbahn, Sauna und drahtlosem Internet-Zugang bestens ausgestattet. Aber nichtnur aufgrund der vielen Freizeitmöglichkeiten können wir auf eine interessante Tagungin einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre zurückschauen.Fachschaft Chemie/BiologieThema:„Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt“ – Neue Materialienin Technik, Medizin und AlltagZeit: 20. bis 24. Mai <strong>2009</strong>Ort:Grafenschloss-Jugendherberge – Jugendgästehaus DiezTeilnehmer/innen: 40Leitung:Martin Elbs, Christian Schwieger, Carolin Wallenhorst,Nicolai WörzEine Präsentation von bereits erforschten und noch erträumten Materialien zeigte gleichzu Beginn, dass die Zuordnung „real oder fiktiv?“ angesichts der vielen unglaublichenEigenschaften, die heutzutage schon mit neuen Materialien erreicht werden, gar nicht soeinfach ist. Und so überwog während der ganzen Tagung das Staunen, was bereits möglichist oder bald möglich sein könnte.Während Liquid Crystal Displays und Keramik-Bremsscheiben bereits ausgereift sind,stecken andere Anwendungen wie Solarzellen aus Plastik oder reißfeste Seile aus Spinnenseidenoch in den Kinderschuhen. Sei es die Aussicht, dass Erdöl in der Plastikherstellungdurch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden kann oder wie einfach fehlende Haut undKnochen nachwachsen können – fasziniert haben die durchweg spannenden Vorträge allegleichermaßen.So folgten nach einem einführenden Vortrag „Neue Werkstoffe und Werkstofftechnologien“von Dr. J. Steinhaus (FH Bonn-Rhein-Sieg) als Überblick über die gängigen Materialklassenund ihre charakteristischen Eigenschaften ausgewählte Beispiele aus den verschiedenstenMaterialklassen und Fachgebieten. Der Bogen spannte sich von Hochleistungs-Keramik(Dr. D. Nikolay, Werkstoffzentrum Rheinbach), Implantaten aus bioabbaubaren Metallen(Dr. E. Willbold, MH Hannover) und Kohlenstoff-Nanoröhren (Dr. U. Vohrer, FraunhoferStuttgart) über Flüssigkristalle in Displays (Dr. K. Tarumi, Fa. Merck), nachhaltige Polymersynthese(Prof. B. Rieger, TU München) und leitfähige Polymere (Dr. D. Hertel, Uni Köln) bishin zu künstlicher Spinnenseide (A. Lauterbach, Uni Bayreuth), Klebstoffen aus Muscheln(Dr. K. Rischka, Fraunhofer Bremen) und Gewebezucht aus körpereigenen Stammzellen(Prof. A. Bader, Uni Leipzig).Abgerundet wurde die Tagung durch eine abendliche Exkursion zu einem Winzer inWeinähr und einen Grillabend im Burghof unseres Tagungshauses.108


CFachschaft MedizinThema:Wenn Heilung nicht mehr möglich ist – PalliativmedizinZeit: 21. bis 24. Mai <strong>2009</strong>Ort:Haus Sonneck, MarburgTeilnehmer/innen: 36Leitung:Sarah Ackermann, Hendrik Heers, Johanna Möllenkamp, PeterSchonhoff, Katharina SchweerDie Tagung begann am Donnerstagabend mit einer Einführung in die Geschichte derHospizbewegung durch die Krankenschwester Veronika Gemmeke von der Palliativstationdes Franz Hospitals in Dülmen. Unmittelbar daran anknüpfend zeigten wir den Film „Noch16 Tage“ aus dem Jahr 1971 über das weltweit erste Hospiz, das Saint Christopher Hospicein London.Veronika Gemmeke begann auch den zweiten Tag der Tagung, diesmal mit einer Einführungin die Organisation der Palliativversorgung in Deutschland. Frau Gemmeke betontedabei den wichtigsten Grundsatz der palliativen Versorgung, der uns auch in den nochfolgenden Vorträgen immer begleiten sollte: Der Patient steht stets im Mittelpunkt desHandelns. Im Anschluss gab Herr Ulrich Laws, Seelsorger an der Vestischen Kinder- undJugendklinik in Datteln, lebensnah und mit vielen eindrücklichen Beispielen einen Einblickin die Sterbekonzepte und die spirituelle Betreuung von sterbenden Kindern und Jugendlichenund deren Angehörigen. „In der Annahme der Endlichkeit dem Leben begegnen“:Diesen Leitsatz stellt Herr Laws über seine Arbeit. Am Nachmittag wagten wir uns an diePraxis: Dr. Bernd AltEpping vom Palliativzentrum der Universität Göttingen brachte uns inForm von Rollenspielen die ärztliche Gesprächsführung in palliativen Behandlungssituationenund die psychosozialen Bedürfnisse eines Patienten am Lebensende näher. Der Tagendete mit einem künstlerisch-humoristischen Beitrag: Unter dem Titel „Vom Umgangmit dem Sterben“ zeigte der Landarzt Dr. Rudolf Kraft eine Auswahl seiner gesammeltenFotos, Filme,Musikstücke und Gedanken zu unserem Thema.Am Samstagvormittag war eine Führung im St. Elisabeth-Hospiz in Marburg geplant, dieaber leider überraschend nicht möglich war. Aber wir konnten dort die Vorträge von HerrnDr. Klaus Widdra, ehrenamtlicher Mitarbeiter im Hospiz, und Frau Julia Pitzer, Mitarbeiterinbeim Ambulanten Hospizdienst der Johanniter Unfallhilfe, hören, die von ihrer Arbeiterzählten. Auf dem Rückweg besichtigten wir in einer kurzen Stadtführung die MarburgerInnenstadt. Den Nachmittag bestritt der Palliativmediziner Dr. Gregor Dresemann miteinem Vortrag über die konkreten medizinischen Fragen der Palliativmedizin.Mit den Schwierigkeiten der politischen Umsetzung der palliativen Versorgung beschäftigtenwir uns abschließend am Sonntag. Herr Dr. Franz Ensink, Vorstandsberater des BereichesHumanmedizin der Universität Göttingen, berichtete von seinen Erfahrungen. UnsereFachschaftstagung endete dann am frühen Nachmittag mit einem Gottesdienst.109


BildungsveranstaltungenFachschaft PädagogikThema:Baustelle Gehirn – Neurobiologische Erkenntnisse und derenKonsequenzen für die PädagogikZeit: 01. bis 04. Oktober <strong>2009</strong>Ort:Haus Werdenfels, NittendorfTeilnehmer/innen: 11Leitung:Kathrin Galler, Timo Grünbacher, Angelina Robitschko, Lara Schmitt„Das Gehirn kann man auch als Ökosystem begreifen“, so der Meeresbiologe und NeurowissenschaftlerRalph Dawirs, „es passt sich ständig veränderten Anforderungen der Umweltan, indem es neue synaptische Verbindungen schafft und die eliminiert, die nichtmehr benötigt werden.“ Mit seinem Vortrag über „Grundlagen und neurobiologischeErkenntnisse in der frühen Kindheit“ leitete Dawirs die diesjährige Fachschaftstagungein. Er forderte vor allem in den ersten drei Lebensjahren eine 1:1-Betreuung von Kleinkindern,anstelle der aus neurobiologischer Sicht kontraproduktiven Gruppenbetreuung.Anschließend führte uns Dr. Nenad Vasic durch die Jugendjahre der Gehirnentwicklung. Erpräsentierte uns Forschungsergebnisse, die den Lernerfolg eines Kindes in starker Abhängigkeitvon seinem Vorwissen, seiner Beziehung zum Lehrer und seiner Persönlichkeit sahen.Mit den gewonnenen Erkenntnissen erarbeiteten wir drei Schulmodelle, die optimaleLernatmosphären und die Möglichkeit zur individuellen Gestaltung bieten sollten.Abschließend hörten wir noch einen Vortrag von Dr. Peter Bublak über die wichtigstendegenerativen Gehirnerkrankungen und damit verbundene Risiken und Chancen desAlterns. Wir erfuhren, dass die altersbedingten Abbauprozesse des Gehirns zwar nichtaufgehalten, aber, bei entsprechendem Training der Hirnleistungen, doch hinausgezögertwerden können.Nach diesen drei Tagen des Streifzugs durch die neurobiologische Lernforschung gingenwir vermutlich mit einer Vielzahl neuer neuronaler Verbindungen nach Hause.Fachschaft JuraThema:Von Schutzrechten und Allgemeininteressen – Geistiges EigentumZeit: 29. Oktober bis 01. November <strong>2009</strong>Ort:Katholische Akademie SchwerteTeilnehmer/innen: 36Leitung:Matthias Bundschuh, Sebastian Diehl, Katharina Leoff,Frauke SauerweinWas ist Geistiges Eigentum? Ein Kampfbegriff „aus der Mottenkiste der Rechtswissenschaft“oder vielmehr ein zukunftsfähiges Modell zum Schutz immaterieller Güter? Was110


verbindet Urheberrecht, Patent und Marke – und wie geht man im Rechtsalltag mit ihnen um?Diese und weitere rechtstheoretische und praktische Fragen bildeten den Gegenstandder diesjährigen Tagung der Fachschaft Jura. Zahlreiche Experten aus Rechtswissenschaft,Geschichtswissenschaft und Rechtspraxis widmeten sich in ihren Referaten dendrängenden Problemen des in stetigem Wandel befindlichen Rechtsgebietes.In seinem Eröffnungsreferat über „Geistiges Eigentum und Verfassungsrecht“ erläuterteProfessor Dr. Bernd Grzeszick das grundgesetzliche Fundament des Schutzes immateriellerGüter im Rahmen der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Die rechtshistorischenund rechtsphilosophischen Grundlagen des Themas nahm sodann Professor Dr.Louis Pahlow in den Blick, indem er das Geistige Eigentum als Legitimationsmodell zumSchutz unkörperlicher Leistungen einer kritischen Analyse unterzog und die interdisziplinäreAufgabenstellung bei der Fortentwicklung des Rechtsgebietes hervorhob. ImAnschluss an diese theoretische Auseinandersetzung mit dem Recht der immateriellenGüter lenkte Frau Dr. Brunhilde Ackermann den Blick auf praktische Fragen. In ihremVortrag zur aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Markenrecht griff dieRechtsanwältin zahlreiche Probleme auf und erörterte beispielsweise die Rechtsfragenim Zusammenhang mit so genanntem Keyword-Advertising bei Internet-Suchmaschinen.Ihrem Referat vorangegangen war eine überblicksartige Einführung in die Schutzvoraussetzungenund Verletzungsfolgen in Urheberrecht, Patentrecht und Markenrecht durchMatthias Bundschuh, Sebastian Diehl und Dr. Thomas Lang.Am darauffolgenden Vormittag standen erneut mehrheitlich dogmatische Fragestellungenzur Diskussion. Professor Dr. Karl-Nikolaus Peifer sprach zum Thema „DigitalisierteWelt: Wissenschaftsmarkt und Urheberrecht“ und erörterte Chancen und Risikenmomentaner Rechtsentwicklungen. Professor Dr. Sebastian Kubis stellte die Frage nachdem Verhältnis von Urheberrecht und Eigentum am Werkstück, die er am Beispiel derDebatte um den Berliner Hauptbahnhof illustrierte, und diskutierte mögliche Kollisionenzwischen Geistigem Eigentum und kirchlichem Selbstbestimmungsrecht. Professor Dr.Hannes Siegrist widmete sich schließlich aus kulturhistorischer Perspektive der Problematikder „Propertisierung von Allgemeingütern“ und erörterte die Frage einer „Entgrenzungdes Urheberrechts“. In einer anschließenden Podiumsdiskussion hatten die TagungsteilnehmerGelegenheit, die Referenten zu den Perspektiven des Urheberrechtsschutzes zubefragen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.Entsprechend dem Anliegen eines stetigen Blickwechsels zwischen Theorie und Praxisbereicherte Rechtsanwalt Professor Dr. Markus Köhler die Tagung sodann mit einemReferat zur Rechtsdurchsetzung im Recht des Geistigen Eigentums, welches insbesonderedie Konsequenzen der so genannten Enforcement-Richtlinie in den Blick nahm.Das an dieser Stelle bereits fortgeschrittene Tagungsprogramm wurde am folgendenSonntagmorgen beschlossen durch den schutzrechtsübergreifenden Vortrag vonDr. Achim Förster, der nochmals zahlreiche Aspekte der einzelnen Rechtsbereiche aufgriffund die Frage nach der Abgrenzung und Überlappung von Schutzrechten erörterte.Ist damit Auskunft gegeben über den inhaltlichen Fortgang der Tagung, so darf schließlichnicht unerwähnt bleiben das stets zur Erholung und Zerstreuung sehr willkommeneC111


Bildungsveranstaltungenund von der Rechtsanwaltskanzlei OPPENLÄNDER ermöglichte Rahmenprogramm. Esführte die Tagungsteilnehmer zum Barockschloss nach Nordkirchen, dessen Gemäuerund Schlossgarten im Rahmen einer Führung erkundet wurden. Daneben bildete der vonAlmut und Philipp Kaven gestaltete Liederabend mit Werken von Fanny Hensel, RobertSchumann und Felix Mendelssohn Bartholdy einen weiteren kulturellen Höhepunkt derVeranstaltung.Fachschaft NeuphilologieThema:Wann „Handy“ einen Sinn macht, but „handy“ don’t makeno sense – sprachliche und kulturelle Begegnungen inZeit und RaumZeit: 05. bis 08. November <strong>2009</strong>Ort:Haus Venusberg, BonnTeilnehmer/innen: 15Leitung:Christoph Ellßel, Verena Harz, Saskia Lieske„Sprachliche und kulturelle Begegnungen in Zeit und Raum“ – ein umfangreiches Thema,eine intensive Fachschaftstagung und viele Einblicke liegen hinter uns. Die Vielfalt desThemas ermöglichte es allen Anwesenden, einen im Zuge von unzähligen Interdisziplinaritätsdebattenim Aufwind befindlichen Zweig der Neuphilologie umfassend kennen zulernen. In acht Vorträgen sowie einer Lesung mit zwei interkulturellen Autoren haben wiruns dem Thema sowohl aus sprach- wie literaturwissenschaftlicher als auch kulturwissenschaftlicherPerspektive angenähert.Den Anfang machte Frau Prof. Dr. Riehl (Köln) am Donnerstagabend mit ihrer sprachwissenschaftlichenEinführung in das Thema: „Was ist Sprachkontakt?“. Eine Frage, die sie inihrem Vortrag durchaus beantwortete, und die Herrn Prof. Dr. Glück (Bamberg) zu seinemVortrag mit dem Titel: „Das ist Sprachkontakt: Deutsch im Kontakt mit anderen Sprachen“inspirierte, der am Freitag die Thematik hinsichtlich sprachhistorischer Fragestellungenbeleuchtete. Im Anschluss daran stellte Frau Dr. Kirsten Casemir (Münster) in ihrem Vortrag„Tanisha-Maria, Amerika, Dormagen und Ruhr. Namen als Kontaktzeugnisse erstenRanges“ ihre Arbeiten zu Untersuchungen von Kulturkontakten im Hinblick auf PersonenundOrtsnamen dar: eine Herangehensweise, die den meisten Teilnehmern neu war undBegierde erweckte, auch den eigenen Familiennamen besser verorten zu können.Den Nachmittag eröffnete – bereits im Vorgriff auf die für den Abend geplante Lesung –Frau Petra Heinrichs (Schwäbisch Gmünd/Köln) mit einem Vortrag „Zur Rezeption vonGegenwartsliteratur deutsch-türkischer Autor/innen: Zwischen Authentizitätsdiskursenund hybriden Öffnungen im Literaturbetrieb“, in dem sie für eine Neukategorisierung undfür eine Überarbeitung des Terminus „Deutschsprachige Literatur“ plädierte. Am Abendfand in der Thalia-Universitätsbuchhandlung in Bonn eine Lesung mit den beiden AutorenRóža Domašcyna und Zafer Şenocak zum Thema des „Schreibens und Lebens zwischenzwei Kulturen“ statt, an die sich eine intensive und fruchtbare Diskussion anschloss.112


Den Samstag eröffnete Herr Prof. Dr. Steinke (Krakau) mit einer Analyse des „Balkansprachbundes“,in dessen Rahmen auch der Begriff des „Sprachbundes“ intensiv problematisiertwurde. Herr Prof. Dr. Siepe (Düsseldorf) sorgte dann mit einem Vortrag zu „‚Vivela France, quand-même...‘ – Heine in Frankreich, Frankreich und Heine“ für einen vielseitigenund spannenden Beitrag zum Thema Kultur- und Literaturvermittlung. Den Nachmittagbestritt Herr Prof. Dr. Krug (Bamberg) mit der Vorstellung aktueller Entwicklungen inder anglistischen Korpuslinguistik in seinem Vortrag zu den „Varietäten des Englischen:Amerikanisierung – Globalisierung – Glokalisierung“ und bezog dabei auch seine aktuellenForschungsdaten mit ein.Abends wurde von vielen Teilnehmern die von der Bonner HSG in Zusammenarbeit mitder Geschäftsstelle organisierte Lesung mit dem israelischen Schriftsteller Elazar Benyoëtzbesucht, die bei den Anwesenden für große Begeisterung sorgte.Der Sonntag wurde nach dem Gottesdienst und der Fachschaftssitzung durch einen Vortragvon Svenja Menkhaus, M. A. (Konstanz) zu „Translated Identities in Salman Rushdie’sSatanic Verses“ abgeschlossen, ehe sich nach dem Mittagessen die Teilnehmer auf dieRückfahrt machten: Das Phänomen des Sprach- und Kulturkontaktes wird mit Sicherheitweiter für spannende Diskussionen sorgen.CFachschaft IngenieurwissenschaftenThema:Logistik – kein Wirtschaftswunder ohne TransportwunderZeit: 11. bis 15. November <strong>2009</strong>Ort:Evangelisches Jugend- und Freizeitheim, Seevetal-MaschenTeilnehmer/innen: 37Leitung:Marc Kückmann, Matthias Pfeiffer, Irina PiechatzekWo sonst sollte eine Fachschaftstagung mit dem Titel „Logistik – kein Wirtschaftswunderohne Transportwunder“ stattfinden als in Europas Dreh- und Angelpunkt für Handel,Verkehr und Logistik? Somit trafen sich im November <strong>2009</strong> 37 Cusanerinnen undCusaner in Hamburg, dem Tor zur Welt, um Logistik zu erfahren. Den Teilnehmerinnenund Teilnehmern bot sich ein umfassendes Tagungsprogramm, das vor allen Dingen diewirtschaftliche und effiziente Organisation von verschiedensten Warenströmen thematisierte.In Exkursionen wurde unter anderem die Produktionslogistik des Airbus A 380,der automatisierte Umschlag von Containern im Containerterminal Altenwerder und dieZugbehandlung im größten Rangierbahnhof Europas besichtigt. Die Referenten berichtetenüber die Entwicklung der Logistik in den vergangenen Jahrzehnten, die Optimierungvon Beschaffungsprozessen bei der Daimler AG im Werk Bremen, die Organisationvon Gepäck- und Passagierströmen am Frankfurter Flughafen sowie die Anwendungvon „lean supply chain management“ in Produktionsprozessen. Auch der Transport vonGroßteilen wie Kränen und Windkraftanlagen über die Weltmeere, die Anwendung vonSelbststeuerung für den Transport von Obstkisten, die Schichtplanung für Lokführer unddie Organisation von Rettungstransporten bei schweren Unfällen wurde den Teilneh-113


Bildungsveranstaltungenmern in interessanten Vorträgen nahegebracht. Neben dem gut gefüllten Tagungsprogrammblieb außerdem ausreichend Zeit, um bei einer nächtlichen Hafenrundfahrt dietouristische Seite des Hamburger Hafens zu Wasser und die Reize nordischer Natur imHamburger Umland zu Fuß zu erfahren.Fachschaft PhilosophieThema:Zwischen Normativität und Deskription – Was kannReligionsphilosophie leisten?Zeit: 12.bis 15. November <strong>2009</strong>Ort:Franz Hitze-Haus, MünsterTeilnehmer/innen: 35Leitung:Klaus Jansen, Norbert Jömann, Dr. Frank Meier-HamidiVom 12. bis zum 15. November <strong>2009</strong> fand in der Katholisch Sozialen Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster die jährliche Tagung der Fachschaft Philosophie des <strong>Cusanuswerk</strong>es unterdem Titel „Zwischen Normativität und Deskription – Was kann Religionsphilosophieleisten?“ statt. Etwa 40 Cusaner, Altcusaner und Referenten diskutierten für vier Tageangeregt über das Tagungsthema.Den Anfang machte am 12.11. ein Abendvortrag von Prof. DDr. Friedo Ricken (München),der uns unter dem Titel: „Zwischen Philosophie, Religionswissenschaft und Theologie –Zum Status einer Disziplin“ in die grundlegende Problematik der Tagung einführte.Am 13.11. stellte zunächst Prof. Dr. Christoph Jäger (Aberdeen/Innsbruck) in seinemVortrag „Religiöser Glaube und Wissen als Norm des Behauptens“ Überlegungen überden epistemischen Status religiöser Aussagen an. Es folgte das Referat von Prof. Dr.Norbert Hörster (Reichenberg, ehemals Mainz), in dem der Referent aus atheistischerPerspektive pointiert nach der rationalen Begründung für den (katholischen) Theismusfragte. Nach der Mittagspause stellte Prof. DDr. habil Klaus Müller (Münster) unter derÜberschrift „Wider die philosophical correctness – Nachdenken über Gott in idealistischerPerpektive“ die seiner Meinung nach ungenutzten Potentiale einer am DeutschenIdealismus orientierten Religionsphilosophie heraus. Den Nachmittag beschlossen Prof.Dr. Klaus von Stosch (Paderborn) und Dr. Christian Weidemann (Bochum/Münster) miteinem Workshop zu den „Möglichkeiten einer rationalen Bewertung religiöser Aussagen“,in dem der Spannungsbogen von der natürlichen Theologie zur Komparativen Theologiereichte.Das Abendprogramm öffnete in der Form eines öffentlichen Kamingespräches zwischenFriedo Ricken und Prof. Dr. Peter Rohs (Münster) unter der Frage: „Was sind religiöseErfahrungen und was sagt ein Philosoph dazu?“ die Tagung der „Interessierten Öffentlichkeit“,die das Angebot zahlreich annahm.Der Samstag begann mit dem Vortrag des Altcusaners Prof. DDr. Oliver Wiertz (Frankfurt,St. Georgen), der uns unter dem Titel „Probability ist the very guide of life. Zur probabi-114


listischen Argumentation für die Existenz Gottes“ in seine Reformulierung und Kritik desswinburnschen Gottesbeweises einführte. Anschließend wurden die Workshops fortgesetzt.Am Nachmittag folgten die Vorträge von Prof. Dr. Thomas Rentsch (Dresden)mit dem Titel „Negativität und Transzendenz“ und Prof. Fergus Kerr OPDD. (Edingburgh/Oxford), der in seinem Beitrag „After 50 years: theistic arguments from Vatican I via theAnti-Modernist Oath to the Catechism“ die Entwicklung der Gedankenwelt innerhalb derkatholischen Kirche nachzeichnete. Der Abend klang nach einer Domführung durch StudentenpfarrerRafael van Straelen (Münster) in den Kneipen der Münsteraner Altstadt aus.Nach der Feier des Gottesdienstes am Sonntagmorgen mit Domvikar Hans-Bernd Koeppenendete die Tagung mit einer sehr lebhaften Abschlussdiskussion zwischen den TeilnehmerInnen,an der auch noch einmal Friedo Ricken, Oliver Wiertz und Thomas Rentschteilnahmen. Auf der Fachschaftstagung wurden der neue Fachschaftssprecher AlexanderKalbarczyk gewählt und das Thema „Arabische Philosophie“ für die nächste Fachschaftstagungbestimmt. Herzlich sei Nikolaus Witty (München) und Michael Lindner (Tübingen/Köln)gedankt, die die Themen „Musikphilosophie“ und „Philsophie der Emotionen“vorbereitet hatten.Schön war es, dass sich wie dieses Jahr wieder mit Bernadette Schwarz-Boenneke (Mainz)eine Altcusanerin bereit fand die nächste Tagung (2010) mitzuorganisieren. Ein besondererDank gilt Andrea Qualbrink, die das geistliche Rahmenprogramm unserer Tagunggestaltete. Norbert Jömann, Altcusaner und Referent der Katholischen StudierendenundHochschulgemeinde Münster, sei an dieser Stelle herzlich für die Co-Leitung undVorbereitung der Tagung gedankt.CFachschaft WISOThema:Dynamisch, effizient und unfrei – Wirtschaft in autoritären StaatenZeit: 12. bis 15. November <strong>2009</strong>Ort:St. Michaels-Heim, BerlinTeilnehmer/innen: 28Leitung:Kathrin Armborst, Benjamin Bidder, Eva Hannewald, Björn Müller,Alexander Roth, Torsten WalterIn einer Zeit weltweiter ökonomischer Krise beschäftigten wir uns dieses Jahr mit den Zusammenhängenzwischen wirtschaftlichem Erfolg und politischem System von Nationalstaaten.Mit dem Eröffnungsvortrag zum Thema „Was sind Autokratien? – Konzept, Wirkungsweiseund Implikationen“ grenzte Antje Kästner vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik(DIE) die Begriffe Autokratie und Demokratie modellanalytisch voneinanderab und gab uns das erste Fallbeispiel: „Russland: Rohstoffsegen oder ‚Resource Curse‘?“Am Freitagmorgen behandelten wir das Thema aus journalistischer Sicht und aus der Sichtvon Nichtregierungsorganisationen. Dazu referierten Dr. Wolfgang Kaden als ehemaligerChefredakteur des „Spiegels“ und des „Manager Magazins“ sowie Prof. Dr. Hansjörg Elshorst115


Bildungsveranstaltungenals Gründungsmitglied und Vorsitzender des Beirats von Transparency InternationalDeutschland. Am Nachmittag widmeten wir uns zwei Fallbeispielen: Dr. Rolf Jordanerläuterte mit seinem Vortrag „Entwicklungsdiktatur in der Krise. Wirtschaftswachstum,Krise und politische Legitimation in Singapur“, worauf der bisherige wirtschaftlicheErfolg des südostasiatischen Stadtstaates fußt und welche Entwicklungen es derzeitgibt. Prof. Dr. Wolfram Schrettl erläuterte uns die Probleme Russlands in der aktuellenWirtschaftskrise.Andreas Zenthöfer beleuchtete am Samstagmorgen kritisch den möglicherweise stabilisierendenEinfluss von Entwicklungshilfe auf autoritäre Regime. Im Anschluss daran führteuns Thomas Schörner mit dem „Schnellzug zu Chinas blühenden Landschaften“, um damitnach seinem Auslandsjahr in China seine Perspektive auf Chinas Wirtschaftserfolg unddas dortige Regime zu skizzieren. Daraufhin nahmen wir am Samstag den historischenBlickwinkel zu unserem Tagungsthema ein und besuchten die Gedenkstätte zur NS-Zwangsarbeit in Berlin-Schöneweide.Eine ausführliche Diskussion der vielen gewonnenen Eindrücke und beleuchtetenPerspektiven am Sonntag rundete die Fachschaftstagung WISO <strong>2009</strong> gelungen ab.Fachschaft Globale ZusammenarbeitThema:Ernährung und Landwirtschaft im 21. JahrhundertZeit: 19. bis 22. November <strong>2009</strong>Ort:Burg Ludwigstein, WitzenhausenTeilnehmer/innen: 40Leitung:Elisabeth Deffaa, Jonas Hagedorn, Matthias Kalkuhl, Hanno Kruse,Helena WeinerDie diesjährige Fachschaftstagung beschäftigte sich mit der prekären Nahrungsmittelversorgungin vielen Teilen der Welt und ihren durch die Folgen des Klimawandels zunehmendenGefährdungen. Nach einer sozialethischen Einführung von Jonas Hagedorn, diesich normativen Grundfragen stellte und, ausgehend von der GerechtigkeitskonzeptionMartha C. Nussbaums, menschliche Grundfähigkeiten und anthropologisch eingeholte„ökologische Zielmarken“ vorstellte, resümierte Prof. Dr. Klaus Hahlbrock, dass nebeneinem nachhaltigen Umwelt- und Klimaschutz sowie der Beseitigung der Massenarmutin den Entwicklungsländern (u.a. als Hauptursache des Bevölkerungswachstums) dieVerbesserung der Anbautechniken und neue Wege in der Pflanzenzüchtung zu denvordringlichsten Aufgaben gehörten. Dr. Michael Hauser und Anja Mertineit fokussierten(am Beispiel der Philippinen) die Chancen ökologischer Landwirtschaft, die imstandesei, sowohl die Nahrungsmittelversorgung kleinbäuerlicher Familien sicher zu stellen alsauch den Selbstorganisations- und Bildungsgrad zu erhöhen. Dr. Hermann Lotze-Campenreferierte über die interdependenten Faktoren des globalen Landnutzungswandels,wobei die Anbauflächen von Pflanzen als Alternative zu fossilen Brennstoffen zunehmend116


um landwirtschaftliche Nutzflächen zum Anbau von Nahrungsmitteln konkurrierten. PDDr. Thomas Kluge behandelte die Wasserregime, die zu einer Verschärfung der Verteilungskonfliktebeitrügen. In den Weltagrarhandel und seine Dimensionen führte Prof.Dr. Bernhard Brümmer ein. Auch wenn die Tagung deutlich machte, dass die Überwindungdes Hungers und der Mangelernährung und die Instandsetzung von Ernährungssicherheitgegenwärtig weniger ein Technologie- als ein Verteilungsproblem darstellen, sowurde doch der Einsatz von Gentechnologie in der Landwirtschaft kontrovers diskutiert.Jutta Sundermann als politische Aktivistin und Vertreterin sozialer Bewegungen, diegegen den Einsatz transgener Pflanzen in der Landwirtschaft Widerstand leisten, regteden Diskurs auf besondere Weise an.CFachschaft MusikThema:Warum Musik vermitteln? Grenzen und Möglichkeiten derMusikvermittlungZeit: 26. bis 29. November <strong>2009</strong>Ort:CVJM-Gästehaus, BerlinTeilnehmer/innen: 15Leitung:Carlos Alberto Haas, Agnes Model, Adriane OberborbeckBerlin wurde als Tagungsort zum einen natürlich aufgrund seiner Attraktivität als Hauptstadtgewählt, zum anderen aber auch, weil vor Ort mit dem Education-Programm derBerliner Philharmoniker einer der bundesweiten Leuchttürme in Sachen Musikvermittlungangesiedelt ist und so ein thematischer Bezugspunkt gegeben war.Inhaltlich deckte die Tagung ein breites Spektrum ab. So erklärte Frau Prof. ElenaUngeheuer (TU Berlin) in ihrem Einführungsvortrag den derzeitigen Boom von „Musikvermittlung“,entsprechenden Studiengängen, Projekten etc. aus soziologischer Perspektive.Verstünde man das klassische Konzert als Ritual, in dem sich ein bestimmter soziokulturellerCode manifestiere, seien heutzutage Ritual und Code nicht mehr deckungsgleich.Durch „Musikvermittlung“ werde versucht, diese stetig zunehmende Diskrepanzauszugleichen.Aus historischer Sicht näherte sich Frau Prof. Silke Leopold (Universität Heidelberg) demThema. Mit vier markanten Beispielen aus der Musikgeschichte untermauerte sie ihreThese, Musikvermittlung sei kein Phänomen der Gegenwart, sondern habe schon immerdie musikgeschichtliche Entwicklung begleitet. Das Verhältnis zwischen Musik, Interpretund Rezipient stand im Mittelpunkt ihrer Ausführungen.Prof. Martin Tröndle (Zeppelin University Friedrichshafen) wandte sich noch einmal demklassischen Konzert zu und zeigte auf, dass erfolgreiche Vermittlungsstrategien einemöglichst vielseitige Vorbereitung erfordern.117


BildungsveranstaltungenEinen aufschlussreichen Einblick in die Praxis eines professionellen Musikvermittlers gabFrau Franziska Vorberger (Gewandhaus Leipzig), die das Musikvermittlungsprogrammdes Leipziger Gewandhausorchesters „Soundcheck“ vorstellte.Frau Prof. Hendrikje Mautner (Musikhochschule Stuttgart) eröffnete einen weiteren Zugangzu dem Thema der Tagung. Sie legte dar, wie in verschiedensten Medien, u.a. auch inHörspielen Musik vermittelt werde, ohne dass „Musikvermittlung“ die primäre Intentionsei. In einem kurzen Workshop hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit,sich der Schwierigkeiten und der großen Verantwortung bewusst zu werden, die mitder Erstellung eines Hörspiels, das von Musik bzw. von Komponisten handelt, einhergehen.Eines der prominentesten Musikvermittlungsprojekte stellte Manfred Grunenberg mit„Jedem Kind ein Instrument“ vor. Die Entstehungsgeschichte des Projektes skizzierteer ebenso wie die politischen Implikationen, die langfristigen Schwierigkeiten wie dieChancen und Möglichkeiten. Es wurde deutlich, von wie vielen Zufällen selbst ein in deröffentlichen Wahrnehmung so positiv wahrgenommenes Projekt wie JeKi abhängig ist.Frau Prof. Beatrix Borchard (HfMT Hamburg) beleuchtete in ihrem Vortrag die synchronenund diachronen Bezüge, die beim Hören von Musik, z. B. in einem Konzert, zwischenMusikern, Zuhörern und Komponisten, aber auch etwa zwischen Zuhörern und Konzertlokalentstehen. Für den Entwurf und die Durchführung von Vermittlungskonzepten präsentierteFrau Borchard anschließend Vorschläge, die aus den Ergebnissen einer solchenAnalyse erwuchsen.Institutionalisierte Breiten- und Spitzenförderung betreiben in der Bundesrepublik dieLandesmusikräte bzw. der Deutsche Musikrat. Prof. Dr. Karl Jürgen Kemmelmeyer(HfMDK Hannover), Präsident des Landesmusikrates Niedersachsen und Mitglied bzw.Leiter verschiedener Kommissionen des Deutschen Musikrates, gab einen Überblick überdie historische Entwicklung der Arbeit der Musikräte und beschrieb seine Tätigkeit alsLobbyist für Musiker in Politik und Wirtschaft.Ein explizit musikvermittelndes Konzert besuchte die Gruppe mit dem Familienkonzertder Berliner Flötisten in der Berliner Philharmonie. Im Anschluss gab es die Möglichkeit,die Eindrücke der Organisatorin des Konzerts, Frau Larissa Israel, mitzuteilen. Frau Israelschilderte dann die Entwicklung des Education Programms der Berliner Philharmoniker,das mit dem Amtsantritt Sir Simon Rattles als Chefdirigent ins Leben gerufen wurde.Verschiedene Einzelprojekte wurden mit Hilfe kurzer Filme vorgestellt.Am letzten Tag wurden die im Laufe der Tagung erarbeiteten Thesen im Rahmen einerPodiumsdiskussion noch einmal zusammengefasst. Diskutanten waren Frau Prof. Leopold,Prof. Kemmelmeyer, Frau Susanne Reuter (Sparkassenstiftung Niedersachsen) undStefan Frucht (Kulturkreis der deutschen Wirtschaft). Im Laufe der Diskussion wurde dieVielschichtigkeit des Begriffs „Musikvermittlung“ ebenso deutlich wie die teilweise sehrdifferierende Bewertung von Musikvermittlungsprojekten.118


Nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Tagungsthema stand der Besucheiner Vorstellung von Johann Strauß` „Fledermaus“ in der Staatsoper Unter den Linden.Musikalische Qualität und Inszenierung fanden großen Anklang.CFachschaft PhysikThema:Physik im WeltraumZeit: 26. bis 29. November <strong>2009</strong>Ort:Jugendhaus Maria Einsiedel, GernsheimTeilnehmer/innen: 27Leitung:Klaus Gwosch, Henning Schulte-Huxel, Simon StählerDer Weltraum ist der anspruchsvollste, aber auch der spannendste Ort, an dem physikalischeForschung stattfindet. Diese Behauptung aus dem Exposé stand als Leitsatzüber der Fachschaftstagung Physik <strong>2009</strong>. Den Eröffnungsvortrag hielt der AltcusanerDr. Christian Stenzel von der Astrium GmbH, der mit einer Übersicht aktueller extraterrestrischerForschung und Anwendung in das Thema einführte.Am zweiten Tag stellten Dr. Felicitas Mokler und Prof. Stefan Schael die GroßexperimenteLISA und AMS vor. Beide nutzen die speziellen Bedingungen des Alls, um Voraussagender Allgemeinen Relativitätstheorie zu prüfen und Parameter einer über diese hinausgehendeTheorie zu bestimmen. Der freiberufliche Wissenschaftsjournalist Dirk Arensdorpfpräsentierte beim abendlichen Kamingespräch Beispiele seiner Arbeit für das Deutschlandradiound zeigte das Spannungsfeld zwischen Widerstand gegen die PR der Raumfahrtagenturenund Faszination für die Forschung auf, in dem sich seine Arbeit bewegt.Am Samstag stellte Prof. Matthias Bartelmann die Experimente dar, die seit einem Jahrzehntdas im letzten Jahrhundert vorherrschende einfache Urknallmodell in Frage stellenund die Existenz von Dunkler Materie und Dunkler Energie erfordern.Insgesamt wurde deutlich, dass die Forschung im Weltraum neben großen Potentialenfür einzelne Disziplinen vor allem eine enorme intrinsische Motivation bietet. Diese ansich stellt zwar noch keine Legitimation dar, ist aber wohl einer der Gründe, warum dieGesellschaft bereit ist, die großen Mühen, die die extraterrestrische Forschung erfordert,aufzubringen. Sehr kritisch gesehen wurde von vielen Teilnehmern jedoch die bemannteRaumfahrt, da sie enorme Mittel binde und gleichzeitig nur sehr wenig wissenschaftlichenund gesellschaftlichen Ertrag bringe.Im Weiteren stellte diese Fachschaftstagung den Stipendiaten ein Forum zur Verfügung,Abschlussarbeiten der Fachschaft zu präsentieren und zu diskutieren. Da künftig deutlichmehr derartige Arbeiten im Physikstudium angefertigt werden müssen, kann diesesAngebot die Fachschaftsarbeit wertvoll ergänzen und z. B. auch zur Vorbereitung einerKongressteilnahme dienen.119


BildungsveranstaltungenFachschaft PsychologieThema:Spiritualität und Psychologie – untrennbar oder unvereinbar?Zeit: 10. bis 13. Dezember <strong>2009</strong>Ort:Maria-Ward-Haus, AugsburgTeilnehmer/innen: 18Leitung:Marie-Theres Kater, Teresa Krebs, Miriam SchillerIn den letzten Jahren ist das Interesse an Spiritualität stark gestiegen, so auch in derPsychologie. Die diesjährige Fachschaftstagung widmete sich deshalb dem Spannungsfeldvon Spiritualität und Psychologie. Der Einstiegsvortrag von Herrn Prof. Dr. Anton Bucher(Salzburg) führte in das Tagungsthema ein und lieferte einen guten Rahmen für den weiterenVerlauf der Tagung. Der Vortrag von Herrn Dipl.-Psych. Dipl.-Theol. Constantin Klein(Bielefeld) setze sich am folgenden Tag mit einer empirischen Psychologie der Spiritualitätauseinander. Im Anschluss daran berichtete Herr Prof. Dr. Alfons Reiter (Salzburg) überspirituelle Psychotherapie in der Praxis. Am Abend des zweiten Tages erhielt die Gruppedurch den Zen-Mönch Hogen Harter eine Einführung in die spirituelle Praxis des Zen. DerSamstag begann mit einem Vortrag von Herrn Prof. Dr. Peter Nickl (Hannover), der ausphilosophischer Sicht über den Spiritualitätsbegriff im Mittelalter referierte und diesenin Bezug zum Begriff der Freiheit setzte. Am Nachmittag führte Herr Prof. Dr. Karl Baier(Wien) einen Workshop zum Thema „Faszination Spiritualität aus sozialpsychologischerSicht – ist Spiritualität mehr als ein Megatrend?“ durch. Die Tagung endete am Sonntagnach einem Taizé-Gebet und anschließender Evaluations- und Reflexionsrunde. Abgerundetwurde die Tagung durch das Einbringen der eigenen Spiritualität der Teilnehmer inMorgen- und Abendgebeten sowie durch viele interessante Diskussionen und Gespräche.Fachschaft TheologieThema:Politische TheologieZeit: 17. bis 20. Dezember <strong>2009</strong>Ort:Katholische Akademie SchwerteTeilnehmer/innen: 32Leitung:Katharina Braungart, Miriam Münch, Gregor ReimannSind Glaube und Theologie politisch? Darf Theologie im säkularen Staat überhauptpolitisch sein? Oder muss sie es sogar sein? Mit Fragestellungen dieser Art beschäftigtesich die unter dem Thema „Politische Theologie“ stehende Fachschaftstagung Theologie<strong>2009</strong> und fand damit bei über 30 Teilnehmern großen Anklang. Einführenden Grundsteinbildete der Vortrag von Dr. Thilo und Dr. Michaela Rissing, die verschiedene Linien derPolitischen Theologie darstellten. Zwei vertiefende Akzentuierungen erfolgten durchProf. Dr. Saskia Wendel, die über das Verhältnis erstphilosophischer Begründung undPolitischer Theologie sprach, sowie durch Prof. Dr. Magnus Striet, der an die ÜberlegungenCarl Schmitts und deren Folgen für die neue Politische Theologie heranführte. Beide120


ermöglichten eine besonders intensive Auseinandersetzung mit dem Thema durch einenzusätzlichen Workshop bzw. eine ausführliche Diskussion. Prof. Dr. Edmund Arens stelltein seinem Vortrag einen kommunikationstheoretischen Ansatz politischer Theologie vor.Besonderes Highlight der Tagung war ein Kamingespräch mit Prof. Dr. Dr. em. JohannBaptist Metz, dem Begründer der neuen Politischen Theologie, der sich bereitwillig auf einGespräch, nicht nur über Politische Theologie, einließ. Abschließend gab Thomas Fornet-Ponse einen Einblick in die Befreiungstheologie Lateinamerikas. Zu der ohnehin positivenStimmung der Tagung trug auch die Bereitschaft der Referenten bei, die Materie abendsbei einem Bier im Schwerter Keller zu vertiefen.C121


<strong>2009</strong>Geistliches Programm


Grundkurs Rhythmus-Atem-Bewegung > 124 | Tage der Begegnung für Paare > 125 | Einkehrtage fürAltcusanerinnen und Altcusaner > 126 | Besinnungstage für Frauen > 126 | Kar- und Ostertage > 128 |Familienexerzitien > 129 | Chorwochenende > 130 | Besinnungstage für Eltern mit Kindern > 131 |Cusanische Familientage > 133 | Exkursion > 134 | Kloster auf Zeit für Männer > 136 | Kloster auf Zeitfür Frauen > 138 | Schweigeexerzitien > 139 | Einstieg in den Advent > 140D


Geistliches ProgrammGEISTLICHES PROGRAMM <strong>2009</strong>Das geistliche Programm mit seinen unterschiedlichen Formen von Besinnungstagenund Exerzitien ist eine Einladung, sich Raum und Zeit zu nehmen für die Auseinandersetzungmit der eigenen Person, den tragenden Orientierungen des eigenen Lebens unddem, was für das eigene Leben Sinn bedeutet. Es ist auch ein Angebot, sich dem Dialogmit Gott auszusetzen, sich als Mensch seiner Botschaft, seinem Ruf zu stellen und offenund aufmerksam zu werden für deren Auswirkungen auf das eigene Leben. Die besonderenZeiten des Kirchenjahres, die Erfahrungen des Alltags, aber auch Umbruchsituationenim persönlichen Leben laden dazu ein oder fordern dazu heraus, innezuhalten undsich bewusst zu werden, dass der Mensch in Bezug zu etwas steht, das mehr und andersist als er selbst.1. Kurs Grundkurs Rhythmus-Atem-BewegungThema:„Sei freundlich zu Deinem Leib, damit die Seele Lust hat,darin zu wohnen“.Zeit: 02. bis 06. Januar <strong>2009</strong>Ort:Benediktinerkloster HuysburgTeilnehmer/innen: 13Geistliche Begleitung: Dr. Annette SchleinzerAnfang Januar fanden wieder die inzwischen schon bewährten Besinnungstage statt, beidenen es um den Zusammenhang von Leib, Seele und Geist geht. Zwölf CusanerInnen – darunterauch mehrere AltcusanerInnen – haben sich auf den Weg zur Huysburg gemacht.Einige davon hatten bereits mehrfach an diesen Übungstagen teilgenommen oder kanntendas Benediktinerkloster Huysburg bereits von den Kar- und Ostertagen her.Die Tage waren als Grundkurs in Rhythmus-Atem-Bewegung, Lehr- und Übungsweise nachH.L. Scharing konzipiert. Das heißt, es wurde vormittags und nachmittags meist am Bodenliegend geübt in einer Weise, die auf klaren anatomischen Grundlagen basiert undzu einem ganzheitlichen Da-Sein verhilft.In den wenigen Tagen konnten die Übenden spüren, wie sich ihr Leib ordnet und gestaltet.Vor allem aber wurde auch die Auswirkung auf die seelische und geistig-geistliche Ebeneerfahrbar – ohne dass dies eigens angezielt oder thematisiert zu werden brauchte.Unterstützt wurde dies sicher auch durch den Rahmen des Klosters mit seinem Gebetsrhythmusund durch die herrliche Winterlandschaft des Huy im nördlichen Harzgebiet.124


2. Kurs Tage der Begegnung für Paare mit unterschiedlichen religiösenund weltanschaulichen TraditionenDThema:„ ... worin der Grund für unsere Hoffnung besteht“Zeit: 06. bis 08. März <strong>2009</strong>Ort:Burg RothenfelsTeilnehmer/innen: 12Leitung:Angela Susewind, Dipl.-Psych.Alexander Susewind, Dipl.-Theol., Dipl.-Psych.Werte und Überzeugungen, Weltanschauungen und Religionen bilden neben anderenDimensionen ein sehr wichtiges Feld, in dem Paare Gemeinsamkeit oder Getrenntsein,Nähe oder Distanz, Gleichheit oder Verschiedenheit erleben und verhandeln. Wie dasErleben von Einzelnen entscheidend von ihrer spirituellen Orientierung geprägt wird,ganz gleich, ob diese mehr oder weniger bewusst und ausdrücklich formulierbar ist, sosuchen Partner, die sich aufeinander beziehen wollen, nach gemeinsamem Sinn für IhreZweisamkeit. Aber die Zeit selbstverständlicher konfessioneller Partnerwahlen ist ineiner pluralen Gesellschaft vorbei. Man kann sich nicht verlieben, in wen man will – undman kann nicht einfach glauben, was man will: In beiden Fällen muss man wahrnehmen,was man erfährt bzw. was einem widerfahren ist; und die Deutungsangebote für dieseErfahrung können sehr verschieden sein. Sich da zu verständigen, ist prinzipiell nichtleicht. Sechs Paare mit Partner(inne)n aus verschiedenen weltanschaulichen Herkünftenhaben sich auf Burg Rothenfels, einem alten Ort interkonfessioneller und interkulturellerBegegnung, getroffen, um sich über ihre fundamentalen und spirituellen Prägungen,Erfahrungen und Einstellungen und deren Gründe auszutauschen. Über zwei Tagehaben sie miteinander nach Gemeinsamkeiten gesucht, Differenzen ausgelotet und imGespräch einen guten Umgang mit diesen eingeübt. Zu erleben, dass auch andere Paaresich mit Glaubensgesprächen schwer tun – und dass es sich doch lohnt, solche Gesprächezu wagen, war wertvoll. Niemand musste konvertieren. Und doch war am Ende dieHoffnung gewachsen: dass der Wunsch, sich als Partner(innen) verstehen zu können, zueiner Brücke auch über spirituelle Gräben werden kann. Der Weg in eine gemeinsameZukunft braucht gerade dieses Vertrauen.125


Geistliches Programm3. Kurs Einkehrtage für Altcusanerinnen und AltcusanerThema:„Absteigend – Aufsteigen“Zeit: 27. bis 29. März <strong>2009</strong>Ort:Haus der Stille, Abtei Königsmünster, MeschedeTeilnehmer/innen: 15Leitung:P. Dr. Cosmas Hoffmann OSBDas Wechselspiel von Aufstieg und Abstieg ist eine Grundbewegung des Lebens.Unser zeitgenössisches Alltagsbewusstsein erlebt Schritte nach oben als Fortschritt unddie Abwärtsbewegung als Niederlage. Orientiert am Abstieg des Mensch gewordenenGottessohnes, sieht das Christentum dagegen den Weg in die Tiefe als die entscheidendeHerausforderung menschlicher Existenz.Am Wochenende des traditionellen Passionssonntages ist eine Gruppe von CusanerInnnenunter der Leitung von P. Dr. Cosmas Hoffmann OSB im Haus der Stille der BenediktinerabteiKönigsmünster diesem Wechselspiel nachgegangen. Impulse dazu waren Texte ausTheologie, mönchischer Tradition und Literatur und nicht zuletzt das Hören auf die Stille.Ein besonderer Tief- oder Höhepunkt war am Samstagabend die Vigilfeier im Haus der Stille,die sich an der Struktur der benediktinischen Vigil orientierte und in der in drei Nokturnen(Grundeinheiten der Vigilfeier) biblische Texte und moderne Lyrik betrachtet wurden.Für die Teilnehmenden boten diese Einkehrtage eine gute Möglichkeit, sich persönlich mitdem Geheimnis des „heruntergekommenen Gottes“ auseinanderzusetzen, und sich aufdie Feier der Kar- und Ostertage einzustimmen.4. Kurs Besinnungstage für FrauenThema: „Weil Du in meinen Augen wertvoll und teuer bist“ (Jes 43,4)Ein Wochenende ich.Zeit: 03. bis 05. April <strong>2009</strong>Ort:Kloster MarienrodeTeilnehmer/innen: 12Leitung:Dr. Ute LeimgruberAndrea QualbrinkNach unserer Ankunft an diesem wunderbaren Ort des Benediktinerinnenklosters Marienrodeentstand unter uns zwölf Teilnehmerinnen, die wir aus ganz unterschiedlichenLebenszusammenhängen angereist waren, und den beiden Begleiterinnen, Ute Leimgruberund Andrea Qualbrink, eine sehr angenehme Atmosphäre, die eingeleitet durchdie Tagzeitenliturgie der Schwestern und eine sehr kreative und aussagekräftige Vorstellungsrundeeinen behutsamen Umgang miteinander barg. Auf ganz unterschiedlichenWegen näherten wir uns dem Thema „ICH“, das zu Beginn noch etwas argwöhnisch126


Dmit Egoismus abgetan wurde, uns aber im Laufe der Tage in Marienrode auf viele neueBetrachtungsweisen aufmerksam machte.„Denn jeden, der nach meinem Namen benannt ist, habe ich zu meiner Ehre erschaffen,geformt und gemacht.“ Jes 43,7Ein Grundmotiv war der Garten, der als Garten unseres Lebens all die blühenden undvertrockneten oder auch noch nie kultivierten Beete in unseren Gedanken wachrief. ImTöpfern einer Haltung, in der wir uns wahrnahmen, hatten wir die Möglichkeit, ganz imSinne der alttestamentlichen Sprechweise, schöpferisch tätig zu sein. Die Figuren warenanschließend auch Grundlage der Betrachtung und des Austauschs untereinander.„ ... vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, derenWasser ewiges Leben schenkt.“ Joh 4,14bDas in der Gartenmeditation bereits evozierte Bild einer Quelle, die unser Dasein tränkt,begegnete uns im abendlichen Gottesdienst im Evangelium von der Begegnung Jesumit der Frau am Jakobsbrunnen wieder. Im anschließenden Schriftgespräch kam unteranderem der Gedanke auf, dass diese Samariterin ein bewundernswert starkes Auftretenan den Tag legt und sich nicht einfach mit den Antworten, die ihr Jesus bietet, zufriedengibt. Ein schönes und weittragendes Element war das Aufschreiben von Wünschen, diewir uns gegenseitig auf den Weg gaben.„Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deineWerke.“ Ps 139,14Nachdem wir uns selber sehr intensiv betrachtet hatten, war eine Ausweitung im Morgenimpuls,ein Augenmerk auf die uns umgebende Schöpfung zu legen, eine Bereicherung.Nachdem sich jede aus einem Fundus von lebensbestimmenden Werten eine Handvollausgewählt hatte, fand ein Austausch zu zweit oder zu dritt statt, der schließlich in einenicht ganz einfache, aber sehr intensive Einzelarbeit mündete, während der wir noch einmalsehr konkret über unsere Gottesbeziehung nachdenken konnten, auch darüber, wasdas Jesajazitat, mit dem das Wochenende überschrieben war, für uns bedeutet: „Weil duin meinen Augen wertvoll und teuer bist und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länderund für dein Leben ganze Völker.“ Jes 43,4Meine Befürchtung, dass all dies im Alltag schnell wieder untergehen könnte, hat sichdurch die vielen kleinen Gedächtnisstützen, sei dies nun die Tonfigur, die auf meinem Regalsteht, die Texte, die ich immer wieder zur Hand nehme, oder die keimenden Sonnenblumenauf meiner Fensterbank, nicht bestätigt. Im Namen aller Teilnehmerinnen darfich an dieser Stelle Ute Leimgruber und Andrea Qualbrink für dieses vielschichtige undgleichzeitig sehr erholsame Wochenende aufrichtig danken.Melanie Wurst127


Geistliches Programm5. Kurs Kar- und OstertageThema:„Durchs Kreuz zum Leben“Zeit: 06. bis 13. April <strong>2009</strong>Ort:Benediktinerpriorat HuysburgTeilnehmer/innen: 12Leitung:Dr. Annette SchleinzerBruder Jakobus Wilhelm OSBAm Montag in der Karwoche kam auf der Huysburg im nördlichen Harzvorland eineGruppe von zwölf Teilnehmenden zusammen, die der Einladung gefolgt waren, dieHeilige Woche gemeinsam zu verbringen. Den größten Anteil davon bildeten„junge Altcusaner“, darunter auch zwei junge Paare in der Erwartung ihrer ersten Kinder;daneben aber auch eine Probe-Cusanerin und einige aus der Graduierten-Förderung.Die Umgebung des Klosters ist reich an Zeugnissen christlicher Tradition und an Orten,die für die gesamt-deutsche Geschichte sprechen. Im Kontrast zu dem einst blühendenchristlichen Leben ist heute gerade diese Region in Sachsen-Anhalt weitgehend entchristlicht.Über 80 % der Bevölkerung gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Daskirchliche Leben ist von daher in einer kaum gekannten Weise zu Dialog und Glaubenszeugnisherausgefordert. So war es ein Gestaltungsziel der Tage – neben demErmöglichen persönlicher Besinnung und Neuausrichtung –, etwas von der spezifischenQualität dieses kirchlichen Lebens zu vermitteln.Die gemeinsamen Tage wurden durch die Gebetszeiten der Mönchsgemeinschaft strukturiert.Morgen- und Abendrunden für die Gruppe boten Gelegenheit für geistliche Impulse,Reflexion und Austausch. Der Dienstag war dem Kennenlernen des Ortes gewidmet:Neben Führung durch die Klosteranlage und Gespräch auch ein „Liturgischer Weg“durch den Huywald, der geprägt war von Stille und Bewegung in der Natur – begleitetvom biblischen Wort. Den Mittwoch verbrachte die Gruppe in und um Quedlinburg.Das erste Ziel, die Wiperti-Kirche mit ihrer tausendjährigen Krypta – zwischenzeitlich alsScheune genutzt –, liegt auf einem alten Friedhof mit Grabgewölben. Der Ort und dieRaumerfahrung luden dazu ein, über Werden und Vergehen, Ende und Neuanfang nachzudenkenund dem Gedachten nachzuspüren. Eine Stadtführung erschloss die reichegeschichtliche Tradition in ihrer Bandbreite zwischen (ehem.) Arme-Leute-Viertel undMeisterwerken mittelalterlicher Goldschmiedekunst.Der Gründonnerstag war bestimmt vom liturgischen Geschehen des Abendmahlgottesdienstesund von der Zeit zur persönlichen Verfügung. Sowohl an diesem als auch amfolgenden Tag gab es Einführungen in die komplexe Liturgie des „Triduum paschale“. AmKarfreitag rückte das Kreuz in den Mittelpunkt, in der feierlichen Karliturgie ebenso wieim darauffolgenden mehrstündigen Kreuzweg nach Schwanebeck. Der Tag klang aus in„Licht und Musik“ in der Klosterkirche.128


War der Vormittag des Karsamstags geprägt von gemeinsamen Vorbereitungen für dasOsterfest, standen am Nachmittag Besuch und Begehung der Mahn- und GedenkstätteLangenstein-Zwieberge in der Nähe von Halberstadt, einem Außenlager des KZ Buchenwald,auf dem Programm. Zeugnisse durchkreuzten Lebens in einer gerade erblühendensonnendurchwärmten Landschaft machten das Paradox von Leid und Lebenswille erfahrbar.Die Erfahrungen und Eindrücke boten eine gute Grundlage für die festliche Auferstehungsfeierund die weiteren Ausfaltungen des Festes in Liturgie und Gemeinschaft.Nach einer längeren „Anlaufphase“ waren die Teilnehmenden gerade in der zweiten Hälftedes Aufenthaltes in einen vertieften Austausch miteinander gekommen, was von allen alssehr wertvoll erfahren wurde. Als sehr positiv wurde auch das gute Miteinander von CusanerInnen,weiteren Gästen und den Mönchen vor Ort benannt. Insgesamt hat sich auchdieses Mal die Mischung von geistlichen Impulsen, Erkundungen, Erfahrungsmöglichkeiten,Zeiten des Austausches und des persönlichen Rückzuges für alle Beteiligten bewährt.D6. Kurs FamilienexerzitienThema:„ ... der Wunsch, verschont zu werden, taugt nichts“ (Hilde Domin)Feier der Kar- und OstertageZeit: 08. bis 12. April <strong>2009</strong>Ort:Bildungszentrum Kloster RoggenburgTeilnehmer/innen: 22 Familien mit 54 KindernLeitung:Dr. Bernd und Sabine Alt-EppingDr. Thomas und Monika LatzDie Feier der Kar- und Ostertage und das Nachspüren der damit verbundenen Fragen, derSinnzusammenhänge und der konkreten Auswirkungen mitten in unser Leben hinein wardas Vorhaben der diesjährigen Familienexerzitien im bayerischen Kloster Roggenburg.22 Familien, darunter erfreulich viele „Ersttäter“ bei Familienexerzitien, erspürten unddurchlebten die Stimmungen und die liturgischen Ausdrucksformen dieser Tage und teiltenErfahrungen von Glauben und Gemeinschaft. Dabei wurden wir in einzigartiger Weiseunterstützt durch unseren geistlichen Begleiter Pater Roman Löschinger OPraem, durchdie anregende und vielseitige Umgebung des Klosters und des dazugehörigen Bildungszentrumsund nicht zuletzt durch das sommerliche Wetter.Die Erwachsenengruppe machte sich auf den Weg, Ostern als Fest der Heilung, Heil-Werdung zu erfahren, in dem wir am Gründonnerstag insbesondere dem gemeinsamenDienen nachspürten und einander Gutes taten, um auch an die Fußwaschung zu erinnern.Am Karfreitag spürten wir die Brüche im Leben auf, vergegenwärtigten uns der eigenenWunden und drückten dies plastisch auch in einem Scherbenkreuz aus. Am Karsamstagstimmten Garten-, Paradies-, Ostergeschichten uns auf das Geheimnis von Ostern ein,gemeinsame Familienosterkerzen wurden gebastelt und schließlich wurde die Auferstehungsfeierzum Höhepunkt dieser Tage.129


Geistliches ProgrammDie fünf Kinder- und Jugendlichengruppen setzten sich ebenfalls dank des engagiertenEinsatzes der 10 Kinderbetreuer kreativ und intensiv mit den Kar- und Ostertagen auseinanderund bereicherten durch ihre Beiträge aus den Gruppenarbeiten nicht nur diegemeinsamen Höhepunkte des Gründonnerstagsabendmahls, des Kreuzweges, derOsternachtsfeier und der Ostereier-Rallye am Ostersonntagmorgen.Natur und Landschaft, Sport, Lagerfeuer mit Stockbrot, Kunst in Ausstellung und Kircheund Einblicke in das Leben und Tun der „Chorherren“ rundeten das Programm ab. Diesevier Tage haben versucht, Raum zu bereiten für Liturgie, Gemeinschaft, Familie und – freinach Karl Valentin – einen „Besuch bei mir selbst“. Fortsetzung folgt!7. Kurs ChorwochenendeZeit: 01. bis 03. Mai <strong>2009</strong>Ort:Abtei MarienstattTeilnehmer/innen: 18Leitung:Lydia SchimmerDaniel MinderGeistliche Begleitung: Dr. Stephan WahleBeim diesjährigen Chorwochenende, das nun zum dritten Mal ins geistliche Programmmit aufgenommen wurde, trafen sich etwa 20 singbegeisterte Cusanerinnen und Cusaner,um gemeinsam anspruchsvolle Chorliteratur für die Gottesdienste des Jahrestreffenseinzustudieren. In der klösterlichen Atmosphäre der Zisterzienser-Abtei Marienstattwurde fast rund um die Uhr gesungen und geprobt. Neben den musikalischen Proben,dem Einsingen, den Körperübungen etc. bot Stephan Wahle eine geistlich-inhaltlicheEinheit zum Thema Psalmen an im Bezug auf einige der Werke, die der Chor einzustudierenhatte. Leider gab es nicht genug Raum für eine längere Ausführung, da die wenigeZeit doch für das Notenlernen benötigt wurde. Eine weitere Einheit war die gemeinsameVorbereitung des Morgenlobes für den Samstagmorgen des Jahrestreffens. Neben denProben feierten wir gemeinsam das Morgen- und Abendlob in der Kapelle des Hauses.Das mittägliche Stundengebet der Zisterzienser, die Sext, feierten wir, vom lateinischenPsalmengesang der Mönche mitgetragen, im Stillen mit.Zur Erholung der Stimmen und zur körperlichen Betätigung gab es in der Mittagspauseam Samstag einen großen Spaziergang in der Umgebung. Am Sonntagmorgen wurdeuns die Möglichkeit geboten, im zahlreich besuchten Gottesdienst der Gemeinde, die andiesem Tag ihr Patrozinium feierte, einige der eingeübten Stücke zu Gehör zu bringen. Eshandelte sich bei den Stücken um das Magnifikat von Jürgen Essl, „Remember not Lordour offences“ von Henry Purcell und den 269. Psalm „Lobet den Herrn vom Himmel her“von Peter Planyavsky.In der hervorragenden Akustik der Abteikirche war dies ein besonderes Erlebnis und eingelungener Abschluss der Tage.130


D8. Kurs Besinnungstage für Eltern mit KindernThema:„Wie im Himmel – so auf Erden“Zeit: 20. bis 24. Mai <strong>2009</strong>Ort:Haus Benedikt, WürzburgTeilnehmer/innen: 17 Familien mit 34 KindernLeitung:Dr. Stefanie und Dr. Axel NackeGeistliche Begleitung: Irmgard und Dr. Peter Abel /Prior Br. Isaak Grünberger OSBBesinnungstage für Eltern mit Kindern – das kann so aussehen:Meine Mama ...kocht immer.legt mir die Anziehsachen raus.holt mich vom Kindergarten ab.tröstet mich.Mein Papa ...streicht die Wände.kocht bei uns immer.spielt abends mit mir.hilft mir.Gott ...ist wie Mama und Papa, weil er immer für mich da ist!Oder so:Unser Vater, du in den Himmeln.Heilig sich weise dein Name.Dein Königtum komme.Dein Wille geschehe wie imHimmel so auf Erden.Unser Brot für morgen gib uns heute.Und lass uns nach unser Verschuldenwie auch wir nachgelassen habenunseren Schuldnern.Und führe uns nicht in Versuchungsondern entreiße uns dem Bösen.(Fridolin Stier)131


Geistliches ProgrammUnd gar so:Ein Gang durch den Garten.Inmitten der Würzburger Innenstadt eine Oase der Stille.Bruder Isaak in seiner schwarzen Kutte vorneweg.Ihm hinterher 17 Frauen und Männer im Gänsemarsch.Bedächtigen Fußes die Steinplatten entlang, die Treppe ins Grün.Kies.Steine auf dem Pavillon, von Kinderhand malerisch abgelegt.Johannisbeeren, grün.Noch vier Wochen Sonne, und man kann sie schalenweise ernten.Eine Explosion an Grüntönen.Hier vorne das frühlingshafte Gelb-Grün, ein Stück weiter frühsommerliches Tiefgrün.Grün-grün gestreifte Welt.Blüten.Riesige Bäume wachsen in den Himmel.Der Duft von Frühsommer.Und gebratenem Paprika aus der Küche.Der Lärm der Stadt schallt über die Mauer.Die Sonne scheint.Der Teich.Ein Pfeil aus Kreide weist in die andere Richtung.Den Brunnen erst mehrmals umkreisen,dann stehen wir alle da.Gemauertes Wasser.Bruder Isaak erzählt von Jesus und der Frau am Brunnen.Und davon, dass er bei diesem Gang durch seinen Garten wieder etwasNeues entdeckt hat.Die Besinnungstage für Eltern sind so bunt und vielfältig wie die über 30 Kinder, die für fünfTage das „Haus der Stille“ in Würzburg, Stadtkloster der Mönche von Münsterschwarzach,erobern. Alle Jahre wieder an Christi Himmelfahrt trinken dort rund 17 Familien „lebendigesWasser“. Unter der geistlichen Leitung von Dr. Peter Abel, unterstützt von Benediktiner-BruderIsaak Grünberger, wird ein biblisches Thema familienrelevant erarbeitet (<strong>2009</strong>:„Das Vater Unser“) – jeder Impuls wird zweimal gegeben, damit immer ein Ehepartnerbei den Kindern sein kann. Im Spielzimmer können diese, betreut von einem jugendlichenTeam unter Irmgard Abel, lesen, basteln, toben ... Die Kindergarten- und Schulkinderarbeiten in Kleingruppen katechetisch (siehe oben). Und bei schönem Wetter geht es zumSpielplatz hinter der Residenz. Die Organisation übernimmt eine teilnehmende Familie,bewährt hat sich hierfür Familie Dr. Steffi und Dr. Axel Nacke.132


D9. Kurs Cusanische FamilientageThema: „Ich sehe was, was du nicht siehst ... “Zeit: 29. Mai bis 02. Juni <strong>2009</strong>Ort:Jugendhaus Hardehausen, WarburgTeilnehmer/innen: 8 Familien mit 16 KindernLeitung:Meike und Dr. Dr. Barthel SchmeltingGeistliche Begleitung: Dr. Siegfried Kleymann„Ich sehe was, was du nicht siehst ... “: So beginnt ein uraltes Kinderspiel – eigentlich ganzeinfach und manchmal doch so schwierig zu ergründen. Ähnlich geht es uns großen Leutenim täglichen Leben häufig mit Glaubensfragen. Über Pfingsten, der Geburtsstunde derKirche, wollten wir versuchen, die Welt einmal mit anderen Augen zu sehen, in unserenund gemeinsam mit anderen Familien (nach Hilde Domin) „dem Wunder leise die Handhinhalten ... “. Die meiste Zeit verbrachten wir zusammen mit unseren Kindern. Diesencusanischen Familientagen ist es zu eigen, ohne eine externe Kinderbetreuung auszukommen,ein Konzept, für welches sich junge Familien mit kleinen Kindern (zwei Monatebis 7 Jahre) entschieden. Das gemeinsame Erleben dieser besonderen Tage als Familiestand im Vordergrund. Hierbei trafen die verschiedensten Familien zusammen: BeispielsweiseGroßstadtfamilien und Großfamilien, der tiefe Süden und der ferne Osten,Weitgereiste und um die Ecke Wohnende, Studentenfamilien und junge Altcusanerfamilien,konfessionsverschiedene Ehepaare und Paare, die nach Schweigeexerzitien erstmalsins Gespräch kamen, jüngere Erstgeborene und ältere Nesthäkchen. Jede und jederbrachte eine andere Sicht der Dinge mit, getreu dem Leitsatz „Ich sehe was, was du nichtsiehst ... “. Gerade in den Abendstunden während der „Elternzeit“ aber auch zwischendurchwar Raum für Impulse und Reflexionen für die Erwachsenen. Eingebettet in eineBuchenwaldlandschaft bot das Jugendhaus Hardehausen mit seinen alten Klosteranlagenund modernem Jugendherbergsflair zahlreiche Möglichkeiten, die Einzigartigkeit derSchöpfung mit allen Sinnen zu erfahren.133


Geistliches Programm10. Kurs Exkursion / Exerzitien über FronleichnamThema:„Eingefaltet ist alles in Gott,ausgefaltet ist er in allem.“Nikolaus von KuesZeit: 10. bis 14. Juni <strong>2009</strong>Ort:Haus Meeresstern, WangeroogeTeilnehmer/innen: 25Leitung:Dr. Manfred FreiburgDr. Rainer HagencordGegensätze durchleben – durch Gegensätze lebenEin Aufenthalt auf der ostfriesischen Insel Wangerooge, im Sommer und kurz nacheinem intensiven Jahrestreffen, noch dazu in guter cusanischer Gesellschaft, das klingtnicht nur nach Urlaubsstimmung, das verlangt geradezu nach ihr. Dazu mag es so garnicht passen, an diesem Ort und zu dieser Zeit sich Exerzitien zu unterziehen, alsointensiven geistlichen Übungen, die ins Innerste der Seele führen sollen. Zudem solltendiese dann auch noch mit Natur verbunden sein, also mit dem, was uns „da draußen“ aufWangerooge begegnete: namentlich Sommer, Sonne, Strand und Meer. All das klingt sogar nicht nach innerer Sammlung und belastete diese „Natur-Exerzitien“ bereits mit demVorurteil der Fehlkonzeption, noch bevor sie begonnen hatten.Ebenso bunt gemischt wie die Gruppe der (Alt-)Cusaner waren auch die Erwartungen,die am ersten Abend im Haus Meeresstern zum Ausdruck kamen: Erholung undAusspannen auf der einen, Spirituelles und innere Sammlung auf der anderen Seite;Sonnenschein und angenehme Temperaturen hier, Regen und rauer Wind dort. DieserSpanne an Wünschen sahen sich die beiden Leiter ausgesetzt: der Priester und TheologeHagencord und der Laie und Biologe Freiburg. Das Programm sah für die ersten beidenTage Exkursionen in den Ost- und Westteil der Insel vor. Die biologischen Erklärungenvon Herrn Freiburg waren dabei umrahmt von Herrn Hagencords geistlichen Impulsen, dieTexten von Rainer Maria Rilke und Nikolaus von Kues folgten. Der naturwissenschaftlichforschende Geist steht nicht im Gegensatz zur Sehnsucht des Menschen nach Gott, soder Tenor der beiden Autoren, denn gerade in und durch Natur erkennen wir ihn.Am nächsten Tag war der Himmel dunkel. Dichte Wolken waren über Nacht aufgezogenund entließen strömenden Regen aus ihrem Inneren. In alle verfügbare Regenkleidunggehüllt, machte sich die Exkursionsgruppe dennoch am Strand entlang gen Osten auf denWeg. Der Wind ließ das Meer hohe Wellen werfen und fegte eine Mischung aus Regenund Sand vor sich her. Salvenweise schienen hunderte von Nadeln das Gesicht zu treffen.Die Lektion des heutigen Tages war scheinbar der Gott des Alten Testaments, von dem esheißt: „Er führt Wolken herauf vom Ende der Erde, er lässt es blitzen und regnen, aus seinenKammern holt er den Sturmwind hervor.“ (Ps 135, 7) Da mit Herrn Freiburg recht balddie botanische und zoologische Expertise zurückfiel („Biologen gehen niemals schnell“),blieb den meisten während des Weges die geballte Naturwahrnehmung und das Gespräch134


darüber. Trotz der Nässe, die in alle Poren des Körpers vorgedrungen zu sein schien, gabenviele bei der Rückkehr fröhlich kund, sich selten so lebendig gefühlt zu haben. Am Tagdarauf trübte kaum eine Wolke den strahlend blauen Himmel. Harmonie und Friedenschienen auf Wangerooge eingekehrt zu sein. Herr Freiburg bewies uns das Gegenteil. Derpräzise Blick des Biologen offenbarte das Watt, entstanden durch das Wechselspiel vonEbbe und Flut, als einen extremen Lebensraum, in dem unzählige Organismen den Kampfums Überleben führen, angepasst an die, aber auch immer bedroht von den Gezeiten.Zwei abendliche Diskussionsrunden, die biologische und geistliche Impulse ergänzensollten, führten von den Sinnen wieder in den Verstand. Theologie und Naturwissenschaftsollten ins Gespräch kommen. Obige Schilderung der Situation im Watt als„Kampf ums Überleben“ würde die moderne Biologie als anthropozentrisch zurückweisen:Der Wattwurm kämpft nicht, er lebt schlicht. Alles andere sei von der Suchenach Sinn geleitete Konstruktion, wie Gott übrigens auch. Argumente von biologischemReduktionismus und mangelndem empirischen Fundament wechselten die Seiten. AmEnde blieb das Verlangen nach Synthese, leider aber nicht diese selbst. Mit einer Füllevon Eindrücken entließ uns Herr Hagencord, geleitet von Cusanus und Rilke, in denWüstentag. Jeder sollte möglichst einzeln seiner Wege gehen und den Tag nach seinenVorlieben und Bedürfnissen gestalten. Noch deutlicher als bisher waren wir eingeladen,kategorisierendes Denken zurückzulassen und im Schweigen „in die Wahrnehmung“ zugehen. Wir sollten einfach wahrnehmen, was da ist, ohne es zu bewerten, denn in letzterKonsequenz, so die uns geleitenden Autoren, liege darin ein Weg zur Gotteserkenntnis.Ich machte mich an diesem Tag in Richtung Ostspitze der Insel auf. Die Ebbe hatte dorteine kilometerlange Sandbank freigelegt, an deren Ende Wüste beinah spürbar war: Aufder einen Seite erstreckte sich die „Wasserwüste“ des Meeres, die an ihrem Ende ununterscheidbarin den Horizont überging; auf der anderen Seite blies der Wind Sandschwadenüber eine weite weiße Fläche, die weit weg in die Dünen mündete. Und ich stand dazwischen.Mein Wüstentag, der einsam und still seinen Anfang genommen hatte, klangzunächst in kleiner Runde im Strandcafé bei einem Latte Macchiato, dann abends inausgelassener Stimmung aller Exerzierenden bei einem Wein aus.Was bleibt? Dem Tenor der Schlussrunde zufolge bleiben vor allem die Gegensätze –zwischen Wahrnehmung und Diskussion, zwischen gutem und schlechtem Wetter,zwischen Schweigen und gut cusanischem Plaudern, aber vor allem zwischen Glaubeund Vernunft. Wenn es Intention dieser Tage war, diese Gegensätze aufzulösen, so hatsich das Vorurteil bestätigt: Das Konzept „Natur-Exerzitien“ ist gescheitert. Der Schrittvon der Wahrnehmung der Gegensätze zur Analyse ihrer Unvereinbarkeit ist kurz undman spart sich einen mühsamen langen Weg. Vielleicht lässt sich jedoch der aufmerksamenBetrachtung von Natur doch mehr abtrotzen. Wer auf Wangerooge Ebbe und Flutwahrnimmt, der darf das Watt nicht übersehen. Ihm darf nicht entgehen, dass dortGegensätze Lebensraum schaffen, dass das Leben diesen Raum auch unter widrigenUmständen gierig in Besitz nimmt und ihn gestaltet. Wer nur die Ebbe kennt oder nurdie Flut betrachtet, dem entgeht das eigentlich Spannende: das reiche Leben, das inihrem Wechselspiel entstanden ist.D135


Geistliches ProgrammSo betrachtet, verweisen die Gegensätze auf ihr Dazwischen, das belebt und gestaltetwerden will. Das Leben findet zwischen Reden und Schweigen, zwischen Wahrnehmenund Denken und auch zwischen Glaube und Vernunft statt. Diese Gegensätze schaffenden je eigenen Lebensraum, der besiedelt und gestaltet werden will. Wer sich ihnenaussetzt, sie durchlebt wie stürmischen Regen und heiteren Sonnenschein, sieht denReichtum dazwischen. Die Naturexerzitien endeten deshalb nicht mit einer Synthese,sondern gleichsam mit einem Imperativ: Wer nicht vernünftig glaubt und glaubendseine Vernunft gebraucht, dem entgeht das Leben.Ralf Geretshauser11. Kurs Kloster auf Zeit für MännerZeit: 10. bis 16. August <strong>2009</strong>Ort:Abtei MünsterschwarzachTeilnehmer/innen: 11Leitung:P. Dr. Mauritius Wilde OSBDr. Rainer HagencordEinige Zeit nach der Klosterwoche verließ ich per Zug meine Stadt und setzte mich durchZufall mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, voller Gedanken über meine Zukunft. Ich sahmeine Stadt, meine Straßen Stück für Stück kleiner werden und musste dabei erneut andie Benediktinerbrüder in Münsterschwarzach denken: Jeder der Mönche dort hat seinesehr konkreten Alltags- oder Berufssorgen, und doch finden sich alle zu vorgegebenerZeit regelmäßig in der Kirche ein, um ihren Sorgen, aber auch ihren Rollen für die Zeiteines Gebetes zu entschlüpfen und in andere, größere Zusammenhänge einzutauchen.Bei jedem Gebet kehrt der Mönch zurück in sein Chorgestühl und singt dieselben Liederund Psalmen wie noch vor exakt einer Woche. So stellt das Klosterleben ständige Unterbrechungendes Alltags bereit, die durch Gebet versuchen, den Blick frei zu machen füretwas, das als wesentlicher erachtet wird.Eine der Lektionen dieser gewollten Unterbrechungen ist wohl, dass die Zukunft sowiesonicht schneller herbeigeführt werden kann. Das „Rückwärtsreisen“ verleiht mir dasGefühl, diese Einsicht in ein Bild umsetzen und somit behalten zu können. Doch wer sindüberhaupt diese Mönche und wie kam es dazu, dass ich nun gerne rückwärts fahre?Das „Kloster auf Zeit-Programm“ des <strong>Cusanuswerk</strong>s bot uns als Gruppe junger Cusanerunter der Leitung von Herrn Dr. Hagencord im August <strong>2009</strong> eine Woche lang die Möglichkeit,das Leben, Beten und Arbeiten einer Mönchsgemeinschaft im Kloster mitzuerleben.Es wurde für uns alle eine ertragreiche, aber zunächst auch harte Erfahrung: Für daserste Gebet, die Morgenhore, heißt es Aufstehen um 4:45 Uhr, gegen den Widerstanddes Körpers. Weiter geht es um 6:15 Uhr mit dem Konventamt, und der restlicheTagesverlauf wird durch weitere Gebete und das Arbeiten in einer der Arbeitsbereichestrukturiert. Da jeder Tagesablauf sich fast genau gleicht, scheint die Zeit nicht voranzugehen,sondern in die Tiefe zu steigen. Dies ist vielleicht das Schwerste: nicht das Neue136


suchen, das Reizvolle, sondern die Wiederholung, die Vertiefung im Gebet, das Konfrontierenmit sich selbst. Und unabhängig, welche Prozesse in jedem Einzelnen von unsangestoßen werden, passiert auch als Gruppe von Cusanern etwas mit uns, das unseinander näher bringt – ohne dass wir viel über einander wissen, sondern hauptsächlich,indem wir miteinander schweigen und beten: ein radikaler Gegenentwurf zur Gesprächigkeitder Ferienakademien. Gerade weil viele aus unserer Gruppe vor großen persönlichenEntscheidungen standen oder wichtige Etappen gerade abgeschlossen hatten, konntedie Gruppe in Gesprächen oft Dinge kristallisieren und benennen, die jeden einzelnenirgendwie weiter brachten.Seitens des Klosters war uns durch Pater Mauritius ein Begleiter zur Seite gestellt, deruns täglich viel Zeit widmete und viele Gespräche vermittelte, etwa mit dem ehemaligenAbt Fidelis oder mit anderen Mönchen. Diese Begegnungen waren unglaublich wertvoll,da einige dieser Mönche durch die Ruhe und Vergeistigung ihrer Existenz viele Dinge soklar auf den Punkt bringen können, dass man sich fast peinlich berührt fühlen kann.Ich denke, ich gehe nicht falsch in der Annahme, dass diese Woche für die meisten vonuns auch einen radikal neuen Blick auf die Kirche ermöglicht hat. Mir persönlich ginges vor allem mit den Psalmen so: Ich war noch nie sonderlich mit ihnen in Berührunggekommen und unsere Gruppe war oft befremdet von den vielen archaischen Formulierungen,etwa im Psalm 18: „Ich zermalme sie zu Staub vor dem Winde/ ich fege sie wegwie den Unrat der Straße“. Aber im Gespräch mit den Mönchen konnten wir einen neuenZugang zu diesen Texten finden, einen, der das Rezitieren von Psalmen als das Herauslassenvon menschlichen Regungen interpretiert, als „Plappern“. Es geht, mit Rilke, darum,sich in den Psalmen „unterzubringen“. Dieses „Unterbringen“ in der Kirche und ihren miroft fremd anmutenden Riten war für mich persönlich ein entscheidendes Erlebnis. Dochabgesehen davon, denke ich, nahm jeder von uns aus Münsterschwarzach konkreteBilder mit von Menschen, die mit unbedingter Hingabe und Liebe ihren Weg gehen. Diesist auf dem persönlichen Glaubensweg mit Sicherheit ungeheuer wertvoll.Nico FescharekD137


Geistliches Programm12. Kurs Kloster auf Zeit für FrauenZeit: 24. bis 29. August <strong>2009</strong>Ort:Benediktinerinnenabtei HerstelleTeilnehmer/innen: 5Leitung:Sr. Lucia SolcherEin ganz normaler Montagnachmittag im August. Ich stehe mit einer Cusanerfreundinvor der Pforte des Benediktinerinnenklosters in Herstelle und frage mich ein letztes Mal,ob die Sache mit dem Kloster und dem frühen Aufstehen wirklich eine so gute Sommerurlaub-Ideewar. Da öffnet uns mit einem strahlenden Lächeln eine Nonne die Tür, stelltsich als Sr. Lucia vor und versorgt uns erst einmal mit einer Wagenladung voll selbstgemachtemKuchen. So weit zeigt sich das Klosterleben ganz versöhnlich.Nachdem wir uns mit drei anderen Mitstreiterinnen im gemütlichen Gästehaus vonSr. Michaela häuslich eingerichtet haben, geht es auf zum ersten Stundengebet, wo wiruns, nachdem wir im Gewirr der Gebet- und Psalmenbücher den Faden verloren haben,damit beschäftigen, heimlich die Nonnen in ihrem ehrfurchteinflößenden schwarzenGebetshabit zu beäugen. Im Anschluss treffen wir uns mit Sr. Lucia, die grinsend aufihr Kleid deutet und meint: „Wir wechseln hier öfters mal die Verkleidung!“ Wir lachenerleichtert.Am nächsten Morgen nach Laudes, Gottesdienst und Frühstück erwartet uns Sr. Evodiazur Gartenarbeit. In Jeans, T-Shirt, Turnschuhen und blauem Schleier. Ganz so wie mansich eine Nonne eben vorstellt. Zur großen Begeisterung aller stellt sich die Schwester alsgenauso locker wie ihr Outfit heraus. Und dann dürfen wir sie obendrein in die Klausurdes Klosters begleiten, um ihr auf dem Klosterfriedhof zu helfen! Wir sind aufgeregt wiekleine Schulmädchen!Und dann tauchen wir ein in eine ganz andere Welt. Eine Welt aus Stille und Besinnlichkeit,umgeben von freundlich lächelnden Schwestern, die eine erhabene, in sich ruhendeGelassenheit ausstrahlen. Anfangs fühlen wir uns ein bisschen wie zu laute Eindringlinge,doch im Laufe der Tage scheint über den steten Wechsel aus Gebet und Arbeit dieseRuhe und Gelassenheit auch auf uns abzufärben. Beim Psalmengesang, zusammen mitden Schwestern im Chorgestühl, ist der laute, hektische Alltag ganz weit weg. Bei denabendlichen Gesprächsrunden mit verschiedenen Schwestern erfahren wir viel über dasklösterliche Leben und die Regel des Hl. Benedikt, aber auch über diese Frauen, die denMut hatten, einen für unsere Zeit so ungewöhnlichen Weg einzuschlagen.Am Samstag dann ein Abschied mit großem Hallo und vielen schwesterlichen Umarmungen.Wir versprechen ganz fest wiederzukommen.Barbara Fengler138


D13. Kurs SchweigeexerzitienThema:„Es liegt im Stillsein eine wunderbare Macht der Klärung,der Reinigung, der Sammlung auf das Wesentliche.“Dietrich BonhoefferZeit: 23. bis 25. Oktober <strong>2009</strong>Ort:Haus der Stille, Abtei KönigsmünsterTeilnehmer/innen: 15Leitung:P. Dr. Cosmas Hoffmann OSBDie Teilnehmer wohnten in einem Gebäude aus Beton und Glas, dem „Haus der Stille“.Bei dieser Beschreibung denken manche vermutlich eher an einen Bunker, doch das istdieses Haus keineswegs, vielmehr sieht man durch die hohen Glaswände die herrliche,herbstlich bunte Natur des Sauerlandes, und die grauen Betonplatten haben eine warmeSchattierung, die der Kursleiter Pater Dr. Cosmas Hoffmann OSB mit der Farbe der SteineWüste Juda in Israel verglich.In der ruhigen Umgebung konnte man gut die Ruhe im eigenen Inneren schaffen undwährend des Kurses auf Sprechen, Lesen und Schreiben verzichten. Mehrere Stunden amTag verbrachten wir mit Meditieren. Wir wurden in den Atemtechniken unterrichtet, dieman auch vom autogenen Training, Yoga oder, so meine beste Freundin, bei Geburtsvorbereitungskursenkennenlernen kann. Mit einem winzigen Unterschied: Wir waren dabeivon keiner Kommunikation abgelenkt. So verliert man das Gefühl für die Zeit und fühltsich sehr wohl im eigenen Körper, frei von mitgebrachten Sorgen und Blockaden. Ist dieMeditation beendet, ist man wieder da, der Alltagsstress aber weit, weit weg – entschärftund unbedeutend. Man nimmt sich selbst und die eigene Umgebung auf einmalbesonders scharf wahr, kann sich unglaublich gut und mühelos konzentrieren.Wir haben in der heutigen mit Reizen überfluteten Welt einfach verlernt, bei uns selbstzu sein und auf die eigenen Sinne zu achten, so unsere Kursleitung, und wenn man daseigene Innere nicht mehr richtig spürt, kann man die Stimme Gottes darin nur schwerlichwahrnehmen. Nach den Schweigeexerzitien empfinde ich mein eigenes Innere aufeine wunderbare Weise ausgemistet – und damit auf den Empfang höherer Kanälebesser eingestellt.139


Geistliches Programm14. Kurs Einstieg in den AdventThema:„Wachsen und reifen“Der adventliche PaulusZeit: 27. bis 29. November <strong>2009</strong>Ort:Zisterzienserabtei MarienstattTeilnehmer/innen: 27Leitung:P. Jakob Schwinde OCistDas „Paulus-Jahr“ 2008/<strong>2009</strong> hat den Apostel, sein Ringen um und mit Christus und seineBotschaften an die verstreuten Christen ausdrücklicher als sonst in den Blick gebracht.Der traditionelle cusanische „Einstieg in den Advent“ in der Zisterzienserabtei Marienstatt(Westerwald) griff dies unter dem Motto aus dem 1. Thessalonicherbrief „Wachsen undreifen“, das der Paulus-Lesung des 1. Adventssonntages entnommen war, auf. Nach einigenkurzfristigen Absagen setzten sich insgesamt 27 (Alt-)Cusaner/innen mit dem adventlichenPaulus auseinander und brachten ihn und seine Christus-Botschaft in Zusammenhangmit ihren eigenen Lebensfragen. Ansatzpunkte dafür bot zunächst der Film „Im Sturmüber das Meer“, der den Akzent auf den rastlosen Paulus legte, der immer wieder betonte:Wir müssen Zeit auskaufen, die Tage unseres Lebens sind kostbar! Gerade deshalb sollensie Tage der Erwartung werden – immer adventliche(re) Tage – Tage des Wachsens undReifens. In der Abteikirche konnten die Teilnehmer dies in einer musikalisch-textlichen „meditativenSchnitzeljagd“ vertiefen. Dabei fanden sie an verschiedenen Orten des Raumes„Paulus-Fetzen“ aus den Briefen des Apostels vor, suchten sich ein Wort, das sie besondersansprach, aus und brachten dieses in die abschließende Feier der Komplet ein.Der zweite Tag war – unter Mitwirkung von Abt Andreas Range – geprägt von Auseinandersetzungenmit dem paulinischen Bibeltext. Außerdem gab es immer wieder freieZeiten, die den Teilnehmer/innen, die für ein Wochenende aus dem Getriebe von Studium,Promotion und Arbeit aussteigen, immer sehr wichtig sind: bei Spaziergängen im Nistertal,bei „Geistlicher Lesung“, beim schon traditionellen Adventskranzbinden und im „MusikalischenAdvent“. Auch das Erleben des Klosters und das Mitleben in Marienstatt konnten deneinen oder anderen Anstoß geben. Neben Einzel- und Gruppengesprächen, dem Singenim wieder spontan gebildeten „Cusanus-Chor“ und dem gemeinsamen Beten und Feierntrugen auch die Abendausklänge in lockerer Runde bei Glühwein und Gebäck zum Gelingender Tage bei. Die Abschlussmesse, die am Sonntag gemeinsam mit der Pfarrgemeindegefeiert wurde, gestaltete die Gruppe in Wort und Musik mit.Viele Teilnehmer/innen nutzten die erneut angebotene Möglichkeit, das Wochenendedurch den „Nachklang“ im Adventskonzert – passend zum Thema mit dem Oratorium„Paulus“ von Felix Mendelssohn Bartholdy – oder gar um einen ganzen Tag auszuweitenund damit einen individuellen Übergang in den Adventsalltag zu schaffen. Und nicht wenigeplanten am Ende der Tage ihr neuerliches Kommen zum Adventseinstieg 2010, bei demes um „die adventliche Maria“ gehen wird: „Ich sehe dich in tausend Bildern“.P. Jakob Schwinde OCist140


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<strong>2009</strong>Veranstaltungen


VeranstaltungenHans Küng zu Gast bei Cusanerinnen und CusanernVortrag zur Eröffnung der Cusaner-Konferenzin TübingenAm 24. April <strong>2009</strong> fand in der Katholischen Hochschulgemeinde Tübingen ein Vortragvon Professor Dr. Hans Küng statt zum Thema „Die drei abrahamischen Religionen.Geschichtliche Umbrüche – gegenwärtige Herausforderungen“. Am Vorabend derCusaner-Konferenz, in deren Rahmen sich die Sprecherinnen und Sprecher aller Cusanusgruppenversammeln, stellte Hans Küng die wesentlichen Ziele der Stiftung Weltethosvor und stimmte damit auf das Jahrestreffen des <strong>Cusanuswerk</strong>s ein, das am 5. Juni <strong>2009</strong>begann und dem Thema „Islam in Deutschland“ gewidmet war. Im Blick auf Judentum,Christentum und Islam differenzierte Küng zwischen der Glaubenssubstanz und dergeschichtlichen Entwicklung der jeweiligen Religion und zeigte Voraussetzungen auf, diees ermöglichen, die Mauern der Vorurteile ab- und die Brücken des Dialogs aufzubauen.„Hat der Humanismus eine Zukunft?“Abend im <strong>Cusanuswerk</strong> mit einem Vortragvon Jörn RüsenAm 3. Juli fand im <strong>Cusanuswerk</strong> ein Vortragsabend statt, der sich der Frage nach derZukunft des Humanismus widmete. Referent des Abends war Professor Dr. Jörn Rüsen, derLeiter des am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen angesiedelten Projekts „DerHumanismus in der Epoche der Globalisierung. Ein interkultureller Dialog über Kultur,Menschheit und Werte“. Vor dem Hintergrund wachsender kultureller Konflikte in derglobalisierten Welt stellte Jörn Rüsen die Frage, wie der unverzichtbare Dialog der Kulturengeführt werden kann. Hilft ein humanistischer Ansatz hier weiter? Ist die humanistischeTradition überhaupt zukunftsfähig? Wie muss man den Humanismus-Begriff verstehen,wenn man ihm ein Potential zur Konfliktbearbeitung zusprechen will? Im Anschlussan den Vortrag diskutierten die zahlreich erschienenen Gäste über die Frage, welcheBedingungen ein „neuer“ Humanismus erfüllen muss, der verschiedene Kulturen übergreiftund sie zugleich in ihrer Eigenart gelten läßt, der kulturelle Differenzen nicht nuranerkennt, sondern auch integriert.144


EVerleihung der Ehrendoktorwürde anProfessor Dr. Josef WohlmuthFestakt in der Universität BambergAm 7. Juli <strong>2009</strong> wurde Professor Dr. Josef Wohlmuth, der Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>s, mit derEhrendoktorwürde der Katholisch-Theologischen Fakultät der Otto-Friedrich-UniversitätBamberg ausgezeichnet. Zahlreiche Gäste nahmen am Festakt teil, in dessen Rahmen JosefWohlmuth für sein wissenschaftliches Lebenswerk geehrt wurde. Professor Dr. MarianneHeimbach-Steins charakterisierte ihn in ihrer Laudatio als einen „katholischen Theologen,der sich in besonderer Weise um den theologischen Dialog zwischen Christen ud Judenverdient gemacht“ habe: „Josef Wohlmuths Lebenswerk ist vielschichtig; Schwerpunkteseiner Forschung liegen in der Dogmen- und Konziliengeschichte, auf ökumenischen Fragen,in der Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Philosophie und moderner Ästhetik. Vorallem aber gehört es zu den herausragenden Charakteristika seines Denkens, Begegnungund Gespräch mit jüdischer Philosophie und Theologie der Gegenwart zu suchen unddaraus Provokation und Inspiration für die christliche Theologie zu gewinnen.“Laudatio zur Verleihung der Ehrendoktorwürde an Professor Dr. Josef WohlmuthProf. Dr. Marianne Heimbach-SteinsExzellenz, Magnifizenz, Spectabiles, verehrte Ehrendoctores, Kolleginnen und Kollegen,Kommilitoninnen und Kommilitonen, Hohe Festversammlung, lieber Josef!Es ist mir eine besondere Freude, unseren dritten neuen Ehrendoktor vorstellen zu dürfen –Herrn Kollegen Josef Wohlmuth. Mit ihm ehren wir einen katholischen Theologen, der sichin besonderer Weise um den theologischen Dialog zwischen Christen und Juden verdientgemacht hat.Josef Wohlmuth, geboren 1938 in Laibstadt (Lkr. Roth), hat katholische Theologie inEichstätt und Innsbruck studiert. 1964 wurde er in seinem Heimatbistum Eichstätt zumPriester geweiht. Promotionsstudien in Tübingen, Bologna, Nijmegen, Regensburg undBonn mündeten in die theologische Promotion bei Josef Ratzinger. 1980 erwarb er miteiner dogmengeschichtlichen Studie zur Ekklesiologie des Konzils von Basel die venialegendi für das Fach Dogmatik und Dogmengeschichte an der Katholisch-TheologischenFakultät der Universität Bonn. Von 1981 bis 1986 wirkte er als Professor für Theologieund ihre Didaktik an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln,von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2003 als Professor für Dogmatik an der UniversitätBonn. In den Studienjahren 1984/85 und 2003/04 war er Studiendekan am TheologischenStudienjahr an der Abtei Hagia Maria Sion in Jerusalem. Seit Mai 2004 leitet er dieBischöfliche Studienförderung <strong>Cusanuswerk</strong>.Josef Wohlmuths theologisches Lebenswerk ist vielschichtig; Schwerpunkte seinerForschung liegen in der Dogmen- und Konziliengeschichte, auf ökumenischen Fragen, in145


Veranstaltungender Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Philosophie und moderner Ästhetik. Vor allemaber gehört es zu den herausragenden Charakteristika seines Denkens, Begegnung undGespräch mit jüdischer Philosophie und Theologie der Gegenwart zu suchen und darausProvokation und Inspiration für die christliche Theologie zu gewinnen. Sein wissenschaftlichesOeuvre, sein Wirken als akademischer Lehrer und theologischer Gesprächspartnerzeichnen sich durch subtile Kenntnis jüdischer Denker und Dichter der Moderne bis in dieGegenwart sowie durch intensive Auseinandersetzung mit philosophischen und theologischenGrundlagen, Perspektiven und Gesprächskonstellationen des jüdisch-christlichenDialogs aus.Ein Wort Martin Bubers aufgreifend, hat Josef Wohlmuth die Formel Im Geheimniseinander nahe als Titel eines seiner Bücher gewählt. Darin kommt zum Ausdruck, wassein Denken und seinen Umgang mit dem Verhältnis Judentum – Christentum prägt:Der unbedingte Wille,> das Geheimnis Israels anzuerkennen und ernst zu nehmen und zugleich das Geheimnis desChristentums unverkürzt zum Ausdruck zu bringen;> zur theoretischen Aufarbeitung und praktischen Wiedergutmachung einer Geschichtemangelnden Respekts vor dem Geheimnis Israels in der Christentumsgeschichtebeizutragen;> ernst zu machen mit der Neupositionierung des Zweiten Vatikanischen Konzils gegenüberdem Judentum und, von der dort vollzogenen „paradigmatischen Wende“ aus, dieChancen des Dialogs behutsam auszuloten.Wie notwendig solches theologische Bemühen nach wie vor ist, haben uns gerade die Auseinandersetzungender vergangenen Monate um die Traditionalisten am Rande der katholischenKirche in bedrückender Aktualität vor Augen geführt.Das unterscheidend Jüdische und das unterscheidend Christliche, die Gottesfrage, die Bildtheologieals Gegenstand philosophischer und theologischer Ästhetik, die Erlösungslehre– das sind zentrale Themen, zu denen Josef Wohlmuth als katholischer Theologe konsequentund beharrlich das Gespräch mit jüdischem Denken sucht und pflegt – gerade im Entdeckenvon dessen Widerständigkeit gegenüber dem unterscheidend Christlichen von Inkarnationstheologieund christologisch informierter Geschichtsdeutung. Allein drei gewichtigeAufsatzbände – Im Geheimnis einander nahe (1996), Die Tora spricht die Sprache der Menschen(2002) und An der Schwelle zum Heiligtum (2007) – zeugen von dieser langjährigen,intensiven Auseinandersetzung. Wie sehr Josef Wohlmuths Arbeit als katholischer Dogmatikerdavon geprägt ist, lässt sich u. a. an seiner 2005 unter dem Titel Mysterium der Verwandlungerschienenen „Eschatologie aus katholischer Perspektive im Gespräch mit jüdischemDenken der Gegenwart“ nachvollziehen.In Wohlmuths Reflexion auf die Gegenstände des Dialogs zwischen christlicher und jüdischerTheologie und Philosophie scheint ein hohes Ethos des Dialogs durch (vgl. Geheimnis,Einleitung): Um das Unterscheidende des Anderen in dessen Denken wie in den konkretenLebens- und Feierformen als Ausdruck des jeweiligen Geheimnisses ernst zu nehmen, giltes, bei den Differenzen anzusetzen. Die schwierigen Themen – allem voran: die Christologie– müssen ins Zentrum gerückt werden; zugleich ist auszuloten, zu welchen Fragen dasGespräch leichter gelingen möge. Die Gesprächspartner ohne Vereinnahmung gelten zulassen und anzuerkennen, verlangt, das je Eigene und die darin geborgenen Zu-Mutungen anden Partner präzise und transparent einzubringen. Unter diesen Vorzeichen stehen jüdisch-146


christliche Gesprächskonstellationen im Zentrum der Theologie Josef Wohlmuths; nebenMartin Buber und Franz Rosenzweig, den Dichtern Paul Celan und Elazar Benyoetz ist, vorvielen anderen, besonders Emmanuel Levinas ein ständiger Gesprächspartner.Sein Mühen um einen echten Dialog bleibt getragen von dem Vertrauen, dass beide Partner„je auf ihre Weise um ein und dasselbe Geheimnis kreisen: das Geheimnis des neuen undewigen Bundes“ (Geheimnis, 24), das in den liturgischen Festen zu feiern, aber – unter demeschatologischen Vorbehalt stehend – vor allem aus- und offen zu halten ist. Und es ist angeleitetvon dem wahrhaft bedrängenden Ziel, dem sich keine ernsthaft christliche Theologieseit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verschließen darf, dass – mit Theodor W. Adornogesprochen – „Auschwitz nicht noch einmal sei“.Theologische Reflexion lebt aus konkreter Begegnung und leibhaftigen Dialogen. Zumal inden Jahren als Studiendekan an der Dormitio hat Josef Wohlmuth junge Theologinnen undTheologen an Denken und Praxis des Dialogs herangeführt. Sein Jerusalemer Tagebuch unddas darauf aufbauende „narrativ-theologische Reisebuch“ Gast sein im Heiligen Land (2007)geben davon eindrücklich Zeugnis und stellen uns Josef Wohlmuth zugleich als einen sensiblenLiteraten, ja als theologischen Poeten vor. Schließlich muss hier sein langjähriges Engagementim Gesprächskreis Juden – Christen beim Zentralkomitee der deutschen Katholikenhervorgehoben werden. Auch in diesem Rahmen hat er wesentlich dazu beigetragen, denFragen und Herausforderungen des jüdisch-christlichen Dialogs einen angemessenenStellenwert in der wissenschaftlichen Theologie und in der katholischen Kirche zu geben.Damit hat er für die Erneuerung katholischer Theologie auf der Grundlage des ZweitenVatikanischen Konzils Bedeutendes geleistet. Er ist, kurz gesagt, einer der profiliertestenPromotoren des christlich- jüdischen Dialogs aufseiten der katholischen Theologie.So gereicht es unserer Fakultät – und ich darf ergänzen: zugleich dem Zentrum für InterreligiöseStudien unserer Universität – sehr zur Ehre, Josef Wohlmuth gemeinsam mitAngelika Neuwirth und Daniel Krochmalnik als Ehrendoktor in unsere Reihen aufzunehmen.E<strong>Cusanuswerk</strong> läuft für guten ZweckMitarbeiterinnen und Mitarbeiter derGeschäftsstelle starteten beim Bonner FirmenlaufZu einer Teamarbeit der besonderen Art fanden sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiteraus der Geschäftsstelle des <strong>Cusanuswerk</strong>s zusammen: Sie nahmen teil am 3. BonnerFirmenlauf, der am 10. September <strong>2009</strong> in den Rheinauen stattfand, und unterstütztendamit den Verein Mukoviszidose e. V. sowie Care Deutschland-Luxemburg e. V.147


<strong>2009</strong>Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>


Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong> – GlaubenWissenGestaltenAm <strong>Cusanuswerk</strong> zeigt sich, dass für unvereinbar Gehaltenes vereinbar ist:Dass christlicher Glaube und wissenschaftliche Vernunft miteinander bestehen können,dass Selbstverwirklichung als Dienst an der Allgemeinheit möglich istund dass Veränderung der Menschheit von der Veränderung des Einzelnenerwartet werden kann.Prof. Dr. Ludger Honnefelder,em. Universitätsprofessor für Philosophie, BonnMitglied des Stiftungsrates des <strong>Cusanuswerk</strong>sZweck der „Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>“ ist es, die Arbeit des <strong>Cusanuswerk</strong>szu unterstützen. Sie soll langfristig eine größere finanzielle Unabhängigkeit schaffen undProjekte ermöglichen, die mit staatlichen und kirchlichen Mitteln nicht finanzierbar wären.Die Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong> bietet die Möglichkeit, die Arbeit des<strong>Cusanuswerk</strong>s langfristig und nachhaltig in Form einer Spende oder einer Zustiftung zuunterstützen. Diese Möglichkeit richtet sich an Altcusanerinnen und Altcusaner sowie analle interessierten Personen, denen die Anliegen des <strong>Cusanuswerk</strong>s wichtig sind. Über einegrößere Zustiftung können der eigene Name und ein besonderes Anliegen im <strong>Cusanuswerk</strong>präsent gehalten werden. Auch eine Zuwendung im Rahmen eines Testaments ist möglich.Das Stiftungskapital beträgt derzeit rund 350 000 Euro.Im Jahr <strong>2009</strong> standen die Aktivitäten der Stiftung zum einen im Zeichen vermehrter Anstrengungenum weitere Mitteleinwerbungen, zum anderen im Zeichen der Vergabe desersten Cusanus-Preises für besonderes gesellschaftliches Engagment.Dank an ZustifterIn dem Bemühen, die Möglichkeiten der Stiftung zu erweitern, ist das <strong>Cusanuswerk</strong> aufdie Unterstützung vieler wohlmeinender Personen und Institutionen angewiesen. Unserherzlicher Dank gebührt allen Spendern und Zustiftern, die den Kapitalstock der Stiftungvergrößert haben oder die Möglichkeiten der Stiftung durch eine Spende erweiterten.Namentlich genannt seien an dieser Stelle diejenigen Institutionen, die die Vergabe desersten Cusanus-Preises möglich gemacht haben: Wir danken der St. Franziskus-Stiftungin Münster, der Darlehnskasse Münster (DKM), der Essener Bistumsbank sowie derWirtschaftsprüfungsgesellschaft Solidaris für ihre tatkräftige finanzielle Unterstützung.150


FWerner-Sülzer-Stiftungsfondszur Förderung besonders begabter StudierenderUnter dem Dach der Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong> wurde im Dezember<strong>2009</strong> der Werner-Sülzer-Stiftungsfonds zur Förderung besonders begabter Studierendereingerichtet. Der mit 50.000 € Startkapital ausgestattete Stiftungsfonds verfolgtden Zweck, die Arbeit des <strong>Cusanuswerk</strong>s: die ideelle und materielle Förderung besondersbegabter Studierender, zu unterstützen. Der Stiftungszweck ist bewusst offen gehalten,um in den kommenden Jahren unterschiedliche Schwerpunkte in der Förderung setzenzu können. In 2010 wird die Unterstützung der Musikerförderung im <strong>Cusanuswerk</strong> imVordergrund stehen.Das <strong>Cusanuswerk</strong> dankt dem aus dem Bergischen Lindlar stammenden Stifter, HerrnWerner Sülzer, und seiner Frau Brunhilde sehr herzlich für ihr großartiges Engagementund hofft auf viele Jahre guter und gedeihlicher Zusammenarbeit.Cusanus-Preis für besonderes gesellschaftliches EngagementBegabtenförderung ist keine Belohnung für vergangene gute Noten,sondern eine Hoffnung auf einen zukünftigen, bedeutsamen Beitrag zum Gemeinwesen.Roman Herzog, Festansprache zum 40. Jubiläum des <strong>Cusanuswerk</strong>s 1996Begabtenförderung in Deutschland ist kein Selbstzweck. Zwar ist sie individuelle Förderungund kommt als Biographieförderung dem jeweils Einzelnen zugute. Zu legitimierenist diese besondere Förderung ohnehin schon begabter junger Menschen allerdings nurim gesellschaftlichen Interesse. Indem die Gesellschaft herausragende Begabungen sofördert, dass ihr Potenzial auch zur Verwirklichung gelangt, gestaltet sie ihre Zukunft.In dieser Konsequenz achtet das <strong>Cusanuswerk</strong> als kirchliches Begabtenförderungswerkin der Auswahl seiner Stipendiatinnen und Stipendiaten nicht nur auf hervorragendefachliche Qualifikationen, sondern ebenso auf Engagement und die frühzeitige Übernahmevon gesellschaftlicher Verantwortung.Mit dem Cusanus-Preis wird nun erstmalig das vielfältige gesellschaftliche Engagementder studierenden und ehemaligen Cusanerinnen und Cusaner honoriert. Sei es im politischen,sozialen, kulturellen oder kirchlichen Kontext: Überall sind Stipendiatinnen undStipendiaten des <strong>Cusanuswerk</strong>s aktiv und leisten neben Studium und Beruf herausragendeehrenamtliche Arbeit. Der Cusanus-Preis stellt ausgewählte Projekte vor und soll von nunan alle zwei Jahre vergeben werden.Schirmherr des Cusanus-Preises ist Prof. Dr. Heinz Riesenhuber MdB.151


Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>Die PreisträgerinnenDr. Hilde K. LinkPRANA – Deutsch-indisches Projekt zurinterkulturellen Verständigung e. V.Dr. Hilde K. Link rief nach der Tsunami-Katastrophe das Projekt PRANA in Süd-Indien insLeben, das sich aus einer Hilfsaktion für die Opfer des Seebebens zu einem nachhaltigarbeitenden Schul- und Medizinprogramm entwickelt hat. Das Projekt leistet Hilfe zurSelbsthilfe. Eine Förderschule nimmt begabte Kinder aus verschiedenen Kasten und Religionsgemeinschaftensowie Kastenlose auf und unterstützt nicht nur deren Bildung,sondern bemüht sich auch um ein friedliches Zusammenleben der seit vielen Generationenverfeindeten gesellschaftlichen Gruppen. In einem Therapiezentrum werden Kindermit Behinderungen medizinisch betreut; das „Schneiderinnen-Projekt“ ist eine Selbsthilfegruppefür Frauen, die eine Ausbildung bietet und den selbständigen Verkauf der Produktedurch die Produzentinnen unterstützt.Dr. Hilde K. Link ist Ethnologin und lebt seit 20 Jahren in Indien. Von 1983 bis 1986 warsie Stipendiatin in der Grundförderung des <strong>Cusanuswerk</strong>s.Zlata VodanovicDer Kleine Leseratten-KlubEin Bildungs- und Integrationsprojekt mit besonderem Akzent ist der Kleine LeserattenKlub, den Zlata Vodanovic 2008 in Hamburg gründete. Ein abwechslungsreiches Programmbietet Leseförderung für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.Studierende, die selbst aus Migrantenfamilien stammen, arbeiten hier ehrenamtlich alsVorleser für die 7- bis 18jährigen, die sich regelmäßig im Jugend- und KulturzentrumNeustadt treffen und auf unterhaltsame und spannende Art mit der deutschen Sprachevertraut werden. Besonders wichtig ist das anschließende Gespräch über die Geschichten;es fördert die Entwicklung der Sprachfähigkeit ebenso wie die soziale Kompetenz. Lesenals Abenteuer und Entdeckungsreise: Die Kinder und Jugendlichen können eigene Ideeneinbringen und mitbestimmen, was gelesen wird. Gerne laden sie auch junge Autoren ein,die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie sie selbst.Zlata Vodanovic wuchs in Deutschland und in Kroatien auf; sie ist seit 2008 Stipendiatinin der Künstlerförderung des <strong>Cusanuswerk</strong>s.152


FDie FinalistenJohannes BirtelFörderverein Altenwohnheim St. Lamberti, MünsterZusammen mit den Bewohnern des Altenwohnheims St. Lamberti in Münster hat JohannesBirtel Angebote entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse und Wünsche der altenMenschen eingehen. So wurde ein professioneller Fotokalender erstellt, der ausdrucksstarkePorträts einzelner Bewohner zeigt. Ein mobiler Koch- und Backwagen bringt überGerüche und Geschmackserlebnisse die Freude am Essen zurück. Über die Gründungeines Fördervereins können diese Angebote langfristig aufrecht erhalten werden.Johannes Birtel studiert Medizin und ist seit 2008 Stipendiat in der Grundförderungdes <strong>Cusanuswerk</strong>s.Sebastian SpinnerPartnerschaft für gerechte BildungDas vor 7 Jahren gegründete Projekt ermöglicht jungen Menschen in Fort-Portal, Uganda,und Cebu-City, Philippinen, den Besuch einer Grund- oder Berufsschule, indem es Schulgebührenund Lernmaterialien zu finanzieren hilft. Dies geschieht im Wissen darum, dassBildung die entscheidende Voraussetzung ist, um sich aus der Armutsspirale der „DrittenWelt“ zu befreien. Das Projekt verzichtet auf einen kostspieligen administrativen Überbau,so dass die Spenden unmittelbar zur Geltung kommen.Sebastian Spinner ist Arzt und war Stipendiat des <strong>Cusanuswerk</strong>s von 1999 bis 2005.Melanie Nazmy-GhandchiNAQSH – Einblicke in Gender und Rollenbilder in IranNAQSH (persisch: Abbild, Muster, Rolle) ist eine 2008 im Pergamonmuseum durchgeführteAusstellung zu Gender und Rollenbildern in Iran, die in Idee und Umsetzung maßgeblichvon Melanie Nazmy-Ghandchi bestimmt wurde. Die Ausstellung hinterfragt dieGeschlechterrollen, die dem Individuum seinen Platz im sozialen Gefüge der Gesellschaftzuweisen. Dabei wird die Spannung sichtbar, die im modernen Iran zwischen der repressiven,religiös legitimierten Regierung und den vielschichtigen Lebenswelten und -entwürfenbesteht.Melanie Nazmy-Ghandchi studiert Ethnologie und Islamwissenschaft und ist seit 2007Stipendiatin in der Grundförderung des <strong>Cusanuswerk</strong>s.153


Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>Verleihung des Cusanus-Preises am 29. Oktober <strong>2009</strong>in der Landesvertretung NRW in BerlinPROGRAMMJ.S. Bach> Prelude aus der Suite für Violoncello solo, Es-Dur,BWV 1010Solistin: Lena WignjosaputroBegrüßungProf. Dr. Dr. h.c.mult. Hans Tietmeyer,Vorsitzender des Vorstands der StiftungBegabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>FestredeProf. Dr. Norbert Lammert,Präsident des Deutschen BundestagsGaspar Cassado> Suite für Solo Cello, 2. Satz, Sardana (Danza)154


FLaudatio und Verleihung des Cusanus-PreisesProf. Dr. Ulrich W. P. Abshagen, Mitglied der JuryGaspar Cassado> Suite für Solo Cello, 3. Satz,Intermezzo e Danza FinaleAusblickProf. Dr. Heinz RiesenhuberDankwortProf. Dr. Dr. h.c.mult. Hans TietmeyerPreisträgerinnen und Finalisten155


Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>Festrede des Präsidenten des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Norbert Lammert,anlässlich der Verleihung des Cusanus-Preises für besonderes gesellschaftlichesEngagement am 29. Oktober <strong>2009</strong> in BerlinSehr geehrter Herr Tietmeyer,lieber Kollege Riesenhuber,Herr Staatssekretär Große-Brockhoff,meine Damen und Herren,liebe Stipendiaten und Stipendiatinnenund alle, die dem <strong>Cusanuswerk</strong>, an welcher Stelle ihrer Biografie auch immer,in besonderer Weise verbunden sind!Heute auf den Tag genau vor 42 Jahren, nämlich am 29. Oktober 1967, wurde das Musical„Hair“ im Public-Theatre in New York uraufgeführt. Es gilt als ein Meilenstein der Popkulturder 60er Jahre. Was dieses Musical außer der zweifellos schmissigen Musik zu einem Kultstückgemacht hat, ist der Ausdruck eines bestimmten Verständnisses vom eigenen Lebenund der gesellschaftlichen Umgebung. „Hair“ ist Ausdruck eines Lebensgefühls, das durcheine geradezu zum Programm erhobene Begeisterung für sich selbst gekennzeichnet war.Damit verbunden war ein von ideologischem Eifer geprägtes Bedürfnis, zwischen sich undder übrigen Gesellschaft – und erst recht dem Staat – eine so sichere wie breite Distanzwie möglich zu legen und alle gesellschaftlichen Anforderungen und Verpflichtungen –erst recht, wenn sie in Form gesetzlicher Vorschriften daher kamen – als unangemessenund prinzipiell unzumutbar zurückzuweisen.In den vier Jahrzehnten, die seitdem ins Land gegangen sind, hat sich manches verändert,nicht nur bei uns, auch in den Vereinigten Staaten. Manche vermeintliche Befreiung vontatsächlichen und eingebildeten Abhängigkeiten erweist sich heute als schaler Triumphoder als durchsichtiger Pyrrhussieg. Alte Abhängigkeiten wurden gegen neue eingetauscht.Und es ist deutlich geworden, dass weder die Organisation einer Gesellschaft dasIndividuum und seine Verantwortung für sich selbst ersetzen kann, noch umgekehrt breiteEntfaltungsmöglichkeiten für individuelle Interessen die Notwendigkeit gesellschaftlicherOrganisation und staatlicher Ordnung ersetzen. Aus dieser Einsicht folgt, dass einefreiheitliche Gesellschaft neben einer demokratisch legitimierten Regierung und einemhandlungsfähigen Parlament auch eine aktive Bürgergesellschaft braucht.Gibt es diese aktive Bürgergesellschaft bereits, und wenn ja, in welchem Umfang? Soll sieweiterentwickelt werden, und wenn ja, in welcher Weise? Gibt es diesbezüglich signifikanteUnterschiede in freiheitlich verfassten Gesellschaften, und wenn ja, welche?Das breite Interesse an solchen Fragen hat den Deutschen Bundestag schon vor rund zehnJahren zur Einsetzung einer eigenen Enquete-Kommission veranlasst, die sich der Bedeutungdes Ehrenamtes in der demokratischen Gesellschaft widmete. Üblicherweise ist daseinzig sichere Ergebnis von Enquete-Kommissionen die Vorlage eines dicken Berichtes.Was immer an konkreten Veränderungen aus jahrelanger Beschäftigung mit dem jewei-156


ligen Gegenstand entsteht, wird darin aufbereitet, zumindest aber eine Fülle aktuellerDaten und Fakten zum jeweiligen Sachverhalt. Und tatsächlich hat auch die Enquete-Kommission„Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, in der wie in allen einschlägigenparlamentarischen Untersuchungskommissionen Mitglieder des Parlamentes und ausgewählteexterne Sachverständige zusammenarbeiteten, nicht nur eine außerordentlichverdienstvolle Fleißarbeit über den statistischen Stand und die substantielle Bedeutungdes Ehrenamtes in unserer Gesellschaft vorgelegt. Sie hat auch das öffentliche, das wissenschaftliche,übrigens auch das Medieninteresse an diesem Thema gefördert.So wissen wir heute, dass das Ausmaß bürgerschaftlichen Engagements in Deutschlandeher größer ist als gemeinhin vermutet. Und wir wissen aus der Weiterverfolgung derdamals erstmals breit erfassten Befunde, dass es in den vergangenen Jahren kontinuierlichweiter gewachsen ist. Ziemlich genau ein Drittel aller in Deutschland lebenden Menschenüber 15 Jahre – also nicht nur deutsche Staatsangehörige – sind in ganz unterschiedlicherWeise ehrenamtlich engagiert. Das sind über 23 Millionen Menschen!Allein von der schieren Zahl her ist das ein beachtlicher Befund, wobei die soziologischenZusammenhänge mit Blick auf Alter, Berufe, Einkommen, Geschlechter und regionaleVerteilung bemerkenswerte Differenzierungen aufweisen. Besonders aktiv sind Menschenmittleren Alters in den Altersklassen zwischen 30 und 55 Jahren. Statistisch deutlichweniger ehrenamtlich engagiert sind die Mittzwanziger sowie Personen über 65 Jahren.Das erklärt sich nicht von selbst, auch wenn einem natürlich sofort Zusammenhängeeinfallen, die mit Studium, Berufsfindung und Familiengründung zu tun haben. Aber dasses bei der heutigen Vitalität und Lebenserwartung der älteren Generation eine signifikanteReduzierung ehrenamtlichen Engagements nach Beendigung der Erwerbsphase gibt,finde ich nicht nur statistisch auffällig, sondern politisch erklärungsbedürftig. Interessantist im Übrigen auch, dass der Anteil der engagierten Personen in unserer Gesellschaft mitder Höhe des monatlichen Nettoeinkommens beinahe linear steigt, und dass, je höher derformale Bildungsabschluss ist, die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement zunimmt.Und da wir schon einmal bei der Statistik sind, will ich Ihnen auch nicht verschweigen,dass es ein Nord-Süd-Gefälle gibt: In den südlichen Ländern sind die Menschen, statistischbetrachtet, deutlich aktiver als in den nördlichen. Außerdem gibt es ein auffälliges Land-Stadt-Gefälle: Die Engagementquote sinkt fast linear mit zunehmender Ortsgröße, was dieAnnahme bestätigt, dass kleine Gesellschaften sich durch enge Bindungen bis zu einembestimmten Grad selbst tragen, während es in großen Einheiten durch Anonymisierungoffensichtlich zu Reibungsverlusten kommt.Ich will aber auch etwas zur ökonomischen Bedeutung des Ehrenamtes sagen. Für eineVeranstaltung wie heute Abend ist das zwar nicht unbedingt erforderlich; schließlich mussich hier niemanden von der zentralen Bedeutung des gesellschaftlichen Engagementsüberzeugen. Aber vielleicht hilft es dem Einen oder Anderen, in seinem Umfeld die Relevanzdieses Engagements zu vermitteln.Bürgerschaftlich engagierte Menschen wenden im Bundesdurchschnitt monatlich etwasmehr als 16 Stunden für freiwillig geleistete, unbezahlte Arbeit auf – 16 Stunden!Und wenn ich hier von 16 Stunden im Durchschnitt spreche, dann muss ich Ihnen nicht erläutern,was solche Durchschnittszahlen bedeuten. In diese 16 Stunden geht das gelegent-F157


Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>liche, vielleicht zweistündige monatliche Engagement des Einen genauso ein wie das vieleStunden umfassende Engagement von anderen, das sich im Zeitaufwand von hauptamtlichenTätigkeiten fast nicht mehr unterscheidet. Diese individuellen Zeiten werden dannzu einer Durchschnittszahl von 16 Stunden pro Monat verrechnet, die zwar nicht belanglosist, aber kaum erkennen lässt, in einem welch erstaunlichen Maß sich viele Menschenunauffällig und unbezahlt für andere einsetzen.Summiert man die in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden für bürgerschaftlichesEngagement, dann ergibt sich der doch stolze Betrag von 4,6 Milliarden Stunden. Das sindimmerhin 7,5 Prozent der gesamten, in Deutschland geleisteten Arbeitszeit. Und jetztbegebe ich mich auf besonders schlüpfriges Gelände: Würde man für diese ehrenamtlichgeleistete Arbeit einen Stundenlohn von 7,50 Euro zugrunde legen – fragen Sie mich jetztnicht, wie ich auf 7,50 Euro komme –, dann reden wir hier, volkswirtschaftlich betrachtet,über eine Arbeitsleistung im Wert von nahezu 35 Milliarden Euro. Da Zahlen ja bekanntlichimmer relativ sind, will ich Ihnen auch Relationen nennen: 35 Milliarden, immerhin zweiProzent des gesamten Volkseinkommens, sind mehr als die Wertschöpfung des Gastgewerbesin unserer Volkswirtschaft und ziemlich präzise doppelt so viel wie die Wertschöpfungder Land- und Forstwirtschaft.Bei der wirtschaftlichen Bedeutung von Ehrenamt und gesellschaftlichem Engagementreden wir also nicht über eine Marginalie, nicht über eine Petitesse, sondern über einenBereich mit wachsender Bedeutung für die Lebensverhältnisse in einer modernen, demokratischenGesellschaft. Dass der größte Teil dieses gesellschaftlichen Engagements sichin Organisationen vollzieht, ist nicht überraschend, aber auch nicht bedeutungslos. Dennes relativiert ganz erheblich die zu Beginn angesprochene Neigung, Interessen am liebstenganz für sich alleine und gegen den Rest der Welt zu verfolgen. 95 Prozent des Engagementswerden über Organisationen vermittelt, davon mit fast 20 Prozent der größte Teilim Sportbereich. 13 Prozent entfallen auf den Bereich Kindergarten und Schule. Immerhinzehn Prozent sind es im Bereich Kirche und weitere zehn Prozent im sozialen Bereich imweitesten Sinne. Die Kultur kommt auf knapp zehn Prozent, die Politik auf fünf Prozent –hier werden die Größenordnungen schon deutlich bescheidener –, und fünf Prozent sindes auch im Bereich der – ich hätte fast gesagt „sonstigen Rettungsdienste“: 4,5 Prozent imUmweltschutz und vier Prozent in der Jugend- und Erwachsenenbildung.Warum erläutere ich Ihnen diese Zahlen so ausführlich? Weil ich der Meinung bin, dass dieStatistik illustrativ ist, aber nicht den Kern der Sache trifft. Auch wenn die Zahlen anderswären, als sie sind, wären vermutlich die meisten von Ihnen so wie ich davon überzeugt,dass eine freiheitliche Gesellschaft eine aktive Bürgergesellschaft braucht. Manchesspricht dafür, dass wir – gerade in Zeiten der Globalisierung, gerade zu Beginn des21. Jahrhunderts, gerade nach den allerjüngsten Erfahrungen nicht nur, aber auch auf denFinanzmärkten – eine Neuvermessung des Verhältnisses von Staat und Zivilgesellschaftbrauchen. Das gilt sicher auch im Lichte der Koalitionsvereinbarungen, die ich genau sowenig einer Exegese unterziehen will wie mein Vorredner. Aber es ist evident, dass es vordem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen mit einem drohenden Zusammenbruch derinternationalen Finanzinstitutionen zusätzliche Fragen sowohl an die Orientierung, dasSelbstverständnis und das Leistungsvermögen von Eliten gibt wie auch neue Vorstellungenund Erwartungen an die Handlungsfähigkeit und Handlungsbereitschaft des Staates. Mehr158


als jede andere volkswirtschaftliche Branche hat die Finanzbranche den Staat als vermeintlichenStörfaktor in der Eigendynamik der Märkte missverstanden, während ihre immerphantasievolleren Produkte sich über einen beachtlich langen Zeitraum verselbständigthaben. Und ausgerechnet diese Branche hat am Ende die größte Kapitulationserklärungabgegeben, die es in der Wirtschaftsgeschichte der Menschheit bisher gegeben hat. Alsalle Banken weltweit sich wechselseitig das Misstrauen aussprachen, wurde ausgerechnetder Staat als letzter denkbarer Rettungsanker wieder entdeckt – derselbe Staat wohlgemerkt,der bis unmittelbar vor diesem größten anzunehmenden Unfall als Hindernis für dieSelbstentfaltung der Märkte missverstanden worden war.Ich persönlich nehme die Verschiebungen im Verhältnis von privatwirtschaftlicher undstaatlicher Verantwortung bzw. Steuerungskompetenz mit einer Mischung aus Erleichterungund Besorgnis zur Kenntnis. Wenn ich die Wiederentdeckung des Staates als unvermeidlichenOrdnungsfaktor auch und gerade in Zeiten der Globalisierung nicht ausschließlichals freudiges Ereignis werte, dann deswegen, weil ich mit großer Besorgnis registriere,dass wir innerhalb kürzester Zeit von einem Extrem ins andere geraten. Plötzlich wird derStaat im Hinblick auf Alles und Jedes für verantwortlich erklärt – etwa für die Entscheidung,an welchen deutschen Standorten welche Autos hergestellt werden könnten odermüssten, um ein beliebiges Beispiel heraus zu greifen. Von einem gefestigten, souveränenVerhältnis zwischen Staat und Zivilgesellschaft und von einer nüchternen Betrachtungder jeweiligen Möglichkeiten und Grenzen kann also sicher keine Rede sein. Vielmehrbefinden wir uns nach wie vor in einem Findungsprozess, der keineswegs abgeschlossenist. Unstrittig ist aber zumindest die notwendige Ergänzung des Staates durch eine Bürgergesellschaft.Zu den vielleicht nicht ganz so offensichtlichen, aber auch nicht weiter erklärungsbedürftigenEinsichten gehört, dass bürgerschaftliches Engagement – so dringend es erwünschtist – kaum staatlich verordnet werden kann. Bürgerschaftliches Engagement, das auf staatlichesKommando hin stattfindet, ist keines mehr. Deswegen gehört zu den spannendstenAspekten in der angesprochenen Neuvermessung der Zuständigkeiten von Staat und Zivilgesellschaftdie Frage, was der Staat tun kann, um bürgerschaftliches Engagement wennschon nicht zu verordnen, so doch zumindest zu ermutigen und zu fördern.Ich will Ihnen hier von einer Initiative berichten, die – wenn Sie mir das gestatten – meingelegentlich auch etwas lädiertes Selbstbewusstsein als Gesetzgeber enorm stabilisierthat. Vor ein paar Jahren hat der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für die Gründungprivatwirtschaftlicher, gemeinnütziger Stiftungen gründlich verändert. Ziel war es, dievorhandene Bereitschaft zur Einbringung privaten Vermögens für die Verfolgung gemeinnützigerZwecke in einer nachhaltigen Weise zu befördern. Mir ist die damalige Auseinandersetzungum eine Neuordnung des deutschen Stiftungsrechts aus zwei Gründen inbesonders lebhafter Erinnerung: Zum einen, weil ich als damaliger kulturpolitischerSprecher meiner Fraktion an der Gesetzesinitiative beteiligt war. Zum anderen, weil dieam Ende von einer breiten Koalition aller Kulturpolitiker der Fraktionen im DeutschenBundestag initiierte und mit breiter Mehrheit verabschiedete Novelle vom Bundesrat mitebenso breiter Mehrheit zurückgewiesen wurde – mit der beachtlichen Begründung, einesolche großzügige Ausweitung der steuerlichen Absetzbarkeit privater Vermögensstiftun-F159


Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>gen führe zu völlig unzumutbaren Einbrüchen in den öffentlichen Haushalten. Ich erspareIhnen jetzt die durchaus amüsante Geschichte der Herbeiführung des notwendigenKonsenses über ein kompliziertes Vermittlungsverfahren. Ein interessantes Detail will ichIhnen aber nicht vorenthalten: Der damalige nordrhein-westfälische Finanzminister undspätere Bundesfinanzminister wies das Vermittlungsergebnis als Zumutung zurück, weil esim Finanzvolumen über die Regelung hinaus ging, die der Bundestag bereits getroffenhatte. Er stellte die unter logischen Gesichtspunkten nicht ganz unplausible Frage, woherwir eigentlich die Legitimation nähmen, einen Einspruch des Bundesrates wegen unzumutbarerSteuerausfälle dadurch zu verschlimmbessern, dass wir die rechnerischenSteuerausfälle mutwillig weiter vergrößerten. Der gleiche Finanzminister jedoch hat späterin seiner damals noch nicht absehbaren Rolle als Bundesminister der Finanzen in einemseltenen Akt tätiger Reue und ohne erkennbare äußere Not freiwillig eine weitere Ausweitungdes Förderrahmens vorgeschlagen und parlamentarisch durchgesetzt. Warum? Weiler und seine Kollegen begriffen hatten, wie sehr eine solche sinnvolle Teilung von Möglichkeitenund Kompetenzen nicht nur der Bürgergesellschaft, sondern auch dem Staat bei derErledigung seiner Aufgaben hilft. Seit dieser Zeit werden in Deutschland Jahr für Jahr rund1.000 neue private gemeinnützige Stiftungen gegründet. Das sind jeden Tag drei!Von den heute in Deutschland bestehenden rund 15.000 gemeinnützigen privaten Stiftungensind mehr als die Hälfte erst in den letzten zehn Jahren entstanden. Die Reform desStiftungsrechts ist damit ein wirklich spektakuläres Beispiel dafür, wie weit es tatsächlichauch von gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängt, ob und in welchem Umfang dieBereitschaft zum Engagement in einer Gesellschaft gehoben und befördert werden kann.Dass sich diese Aufgabenstellung in einer modernen Gesellschaft mehr als an irgendjemanden sonst an die tatsächlichen oder eingebildeten Eliten richten muss, bedarf, glaubeich, keiner Erläuterung.Deswegen habe ich – wie die Geschäftsführung des <strong>Cusanuswerk</strong>es notfalls bezeugenkann – der Auslobung dieses Preises auch mit einer leichten Skepsis entgegen gestanden.Denn eine Stiftung, die die Vergabe von Stipendien ausdrücklich nicht allein an die Vermutungeiner überdurchschnittlichen intellektuellen Begabung knüpft, sondern auch andie Erwartung eines gesellschaftlichen Engagements, das über die Beförderung eigenerStudien- und Berufsinteressen hinausgeht, muss sicher nicht zwingend gesellschaftlichesEngagement mit Preisen auszeichnen. Sicher aber darf sie das, und vielleicht sollte sie esauch: als Ermutigung und Anregung für Andere.Roman Herzog hat in einer seiner zahlreichen Reden als Bundespräsident einmal gesagt:„Es gibt viele demokratische Tugenden. Bequemlichkeit gehört nicht dazu.“ Das ist sehrschlicht formuliert, aber es trifft den Kern. Ein demokratisches Gemeinwesen lebt imErgebnis vom Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger. Wichtig sind sowohl das Ausmaßwie auch die Intensität und manchmal auch die Leidenschaft dieses Engagements. Unddeswegen ist es eine ganz besondere Aufgabe gerade der großen Förderwerke in unsererGesellschaft, deutlich zu machen, dass wir von jungen Menschen, die in den Genuss vonStipendien und Fördermitteln kommen, etwas mehr erwarten als von anderen. Wir müssenuns von der Vorstellung verabschieden, dass prinzipiell für alles Wichtige zunächst derStaat zuständig sei. Wir müssen an einem neuen Rollenverständnis arbeiten, das von160


folgender Grundannahme ausgeht: Alles, was wir selber wichtig finden, fällt zunächsteinmal in die eigene Verantwortung. Erst dann, wenn die Prüfung der Frage, ob dies alleinedenn überhaupt geht, zu einem plausiblen negativen Befund führt und die Einsichtbestehen bleibt, dass es aber wichtig ist, ergibt sich eine hinreichende Legitimation fürdas Suchen nach staatlichen Regelungen, aber eben nicht umgekehrt.Die Projekte und die Initiatoren, die heute Abend ausgezeichnet werden sollen, habengenau dafür Beispiele geliefert und damit hoffentlich auch Anregungen gegeben, die –wie ich mir wünsche – nachhaltige Wirkung haben. Dazu gratuliere ich Ihnen schon jetztvor Übergabe der Preise ganz herzlich. Dem <strong>Cusanuswerk</strong> danke ich einmal mehr für dieAnregungen und die beinahe auf Dauer gesetzte Neigung zur geistigen Beweglichkeit, dieich der Förderung über einen begrenzten Zeitraum und offenkundig mit über diese Zeithinausreichender Wirkung verdanke!F161


Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>STIFTUNGSGREMIENStiftungsvorstandProf. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Tietmeyer, Frankfurt/MainPräsident der Deutschen Bundesbank a.D.Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler, MünchenVizepräsident der Deutschen BundesbankProf. Dr. Wim Kösters,Vorstandsmitglied des RWI Essen und Inhaber des Lehrstuhlsfür Theoretische Volkswirtschaftslehre I an der Ruhr Universität Bochum162


FStiftungsratHans-Heinrich Grosse-Brockhoff, DüsseldorfStaatssekretär für Kultur des Landes NRWProf. Dr. Ludger Honnefelder, BonnHochschullehrer für PhilosophieDr. Ing. Wolfgang Schirmer, MünchenDirektor MAN-NutzfahrzeugeGeschäftsführerinDr. Susanne SchaeferStiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>So können Sie stiftenDie „Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>“ ist eine als gemeinnützig anerkannte,rechtsfähige, kirchliche Stiftung des privaten Rechts. Selbstverständlich ist Ihre Zustiftungsteuerlich abzugsfähig.Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>Pax-Bank eG KölnKonto-Nr. 296 470 11BLZ 370 601 93163


<strong>2009</strong>Namen und Neuigkeiten


Namen und NeuigkeitenProfessor Dr. Klaus Bierstedt, unser Vertrauensdozent für die HochschulgruppeOstwestfalen-Lippe, ist am 23. Mai <strong>2009</strong> nach kurzer, schwererKrankheit im Alter von 64 Jahren verstorben. Klaus Bierstedt, seit 1974im Institut für Mathematik an der Universität Paderborn tätig, gehörte zuden führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Funktionsanalysis.Er war Mitglied des Präsidiums der Deutschen Mathematiker-Vereinigungund deren Vertreter beim Fachinformationszentrum Karlsruhe. Währendseines Studiums und auch in der Promotionszeit war er Stipendiat des<strong>Cusanuswerk</strong>s. Wir trauern um Klaus Bierstedt, der sich als Hochschullehrer,insbesondere im Rahmen seines Amtes als Vertrauensdozent,für die nachfolgenden Generationen von Cusanerinnen und Cusanernengagierte.Professor Dr. Toni Tholen, Vertrauensdozent des <strong>Cusanuswerk</strong>s,wurde zum Vizepräsidenten für Lehre an der Universität Hildesheimernannt. Seit April 2008 ist er Inhaber des dortigen Lehrstuhls fürLiteraturwissenschaft und Literaturdidaktik; zu seinen Forschungsschwerpunktengehören die Methodologie der Literatur- und Kulturwissenschaften,die Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart,Literatur- und Kulturtheorie, ethische und spirituelle Aspekte derLiteratur sowie Geschlechterforschung.Toni Tholen studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte inMünster, Saarbrücken und Frankfurt a.M. Während seiner Promotionszeitwar er Stipendiat des <strong>Cusanuswerk</strong>s, anschließend als Referent inder Geschäftsstelle des <strong>Cusanuswerk</strong>s tätig. Nach seiner Habilitationim Jahr 2004 war er zunächst Privatdozent an der Universität Frankfurta.M. Seit seiner Ernennung zum Professor im April 2008 war ToniTholen Geschäftsführender Direktor des Instituts für Deutsche Spracheund Literatur der Universität Hildesheim und zugleich Prodekan desFachbereichs Kulturwissenschaften und Ästhetische Kommunikation.166Der Komponist Ludger Vollmer erhielt gemeinsam mit dem TheaterBremen den Europäischen Toleranzpreis für seine Oper „Gegen dieWand“. Der Europäische Toleranzpreis wird im Rahmen des KulturpreisesEuropa vergeben und würdigt den Abbau von Vorurteilengegenüber Minderheiten, den Einsatz für kulturelle Vielfalt und sozialesEngagement in Europa.Die Produktion von Ludger Vollmers Oper „Gegen die Wand“ entstandam Theater Bremen und adaptiert das Drehbuch des gleichnamigenFilms von Fatih Akin; Künstler aus acht verschiedenen Nationen warenbeteiligt. Der Präsident des KulturForum Europa, Dieter Topp, betontein seiner Laudatio bei der Preisvergabe insbesondere das „Wir-Gefühl“,das die Oper hervorrufe – die Bereitschaft zur gemeinsamen Auseinandersetzungmit Fragen des türkisch-deutschen Verhältnisses und der


GIdentität junger deutsch-türkischer Menschen.Ludger Vollmer wurde während seines Kompositionsstudiums miteinem Stipendium des <strong>Cusanuswerk</strong>s gefördert. Das Foto zeigt ihnzusammen mit Fatih Akin.Im Rahmen des Braunschweig Classix Festival wurde Mareike Braun(Mezzosopran) mit dem Förderpreis des Fördervereins ausgezeichnet.Der Wettbewerb zur Vergabe des Förderpreises findet seit 2004 stattund bildet einen besonderen Programmpunkt im Ablauf des Festivals.Mareike Braun studiert Operngesang und ist Stipendiatin in der Musikerförderungdes <strong>Cusanuswerk</strong>s.Krzysztof Urbaniak, Stipendiat in der Musikerförderung des <strong>Cusanuswerk</strong>s,gewann den Ersten Preis im Internationalen Willem HermansOrgelwettbewerb in Pistoia. Auch im Internationalen Wettbewerb fürOrgelduos erhielt er – zusammen mit Robert Selinger – den Ersten Preis.Als Mitglied einer internationalen Orgelkommission widmet sichKrzysztof Urbaniak mit großem Engagement der Restaurierung historischerOrgeln in Polen und im Ostseeraum.Unser Foto zeigt Krzysztof Urbaniak (Mitte) zusammen mit RobertSelinger und Mina Onodra (dritter Preis im Willems-Hermans-Orgelwettbewerb)am Spieltisch der Orgel in Larciano, wo die Finalrunde desWettbewerbs stattfand.Für seine Dissertation über „Immaterialgüterrechtliche Lizenzierungund kartellrechtliche Verhaltenskontrolle“, die am FachbereichRechtswissenschaften der Universität Marburg entstand, wurdeDr. Thomas Lang mit dem Klemens Pleyer-Preis <strong>2009</strong> ausgezeichnet.Die Klemens Pleyer-Stiftung honoriert regelmäßig besondereLeistungen, die sich der Erforschung des Privatrechts widmen.Thomas Lang wurde während des Studiums und der Promotion durchein Stipendium des <strong>Cusanuswerk</strong>s gefördert.Die Journalistin und Entwicklungsexpertin Maria-Christine Zauzich kamam 2. August <strong>2009</strong> an der guatemaltekischen Küste im PazifischenOzean ums Leben. Seit 1985 war sie als freie Journalistin in Lateinamerikatätig, seit 1988 lebte und arbeitete sie in Guatemala.Ihr außerordentliches Engagement galt vor allem den Opfern desBürgerkriegs, denen sie in ihren zahlreichen Publikationen eine Stimmegab und für die sie sich in vielen Projekten einsetzte. Sie gründete dasStipendienwerk „Samenkorn“, das die berufliche und wissenschaftliche167


Namen und NeuigkeitenAusbildung von jungen Guatemaltecos aus Maya-Ethnien fördert. Fürihren Film „Drei Tage mit Ana“ erhielt sie – gemeinsam mit Bert Herfen –1990 den Katholischen Medienpreis. Im Jahr 2006 wurde sie für ihrLebenswerk mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.Ihre Stimme war gefragt, wo immer es um entwicklungspolitischeThemen ging – etwa bei der Deutschen Bischofskonferenz, beimZentralkomitee der deutschen Katholiken, bei Misereor und Adveniat.Nach ihrem Studium der Politikwissenschaft arbeitete Maria-ChristineZauzich zunächst unter anderem bei der FAZ, beim Rheinischen Merkurund bei der Katholischen Nachrichtenagentiur KNA, bevor sie beschloss,als freie Journalistin nach Lateinamerika zu gehen.Während ihres Studiums war sie Stipendiatin im <strong>Cusanuswerk</strong>. Siegehörte zu jenen Stipendiatinnen, die ihre reiche Begabung für dasWohl anderer eingesetzt haben. Ihr Lebenswerk ist die Umsetzung derBegabtenförderung in die völlig anderen gesellschaftlichen und kirchlichenVerhältnisse Guatemalas. Wir sind erschütter über den tragischenTod Maria-Christine Zauzichs. Unser Mitgefühl gilt ihrer Familie und alldenen, die ihr Lebenswerk nun ohne sie weiterführen müssen.Dr. Wolf Gerhard Schmidt, Privatdozent an der Sprach- und LiteraturwissenschaftlichenFakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, wurde in die Junge Akademie an der Berlin-BrandenburgischenAkademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie derNaturforscher Leopoldina aufgenommen.Die Junge Akademie wurde im Jahr 2000 als erste Akademie deswissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland gegründet und dientdem interdisziplinären wissenschaftlichen Diskurs ihrer Mitglieder.Wolf Gerhard Schmidt studierte Germanistik, Musikwissenschaft,Philosophie und Komparatistik an den Universitäten in Saarbrücken,Cambridge und Frankfurt am Main. Für seine Dissertation über „JamesMacphersons Ossian und seine Rezeption in der deutschsprachigenLiteratur“ erhielt er 2004 den Dr. Eduard-Martin-Preis der Universitätdes Saarlandes. 2008 wurde ihm der Förderpreis für herausragendewissenschaftliche Leistung der KU Eichstätt-Ingolstadt für die Habilitationsschriftverliehen.Wolf Gerhard Schmidt war während des Studiums und der PromotionStipendiat des <strong>Cusanuswerk</strong>s.168


„KlarText!“: Dies ist der Name des Klaus Tschira Preises für verständlicheWissenschaft, der am 15. Oktober sechs Wissenschaftlerinnen undWissenschaftlern verliehen wurde. Eine der Preisträgerinnen istDr. Nina Schaller. Sie studierte Biologie in Heidelberg und promovierte– im Anschluss an ein Volontariat im Frankfurter Zoo – am ForschungsinstitutSenckenberg, Frankfurt, in Zusammenarbeit mit den UniversitätenAntwerpen und Heidelberg. Ihre Dissertation mit dem Titel „Structuralattributes contributing to locomotor performance in the ostrich(Struthio camelus)“ schloss sie 2008 ab. Während ihrer Promotionsphasewurde Nina Schaller durch ein Stipendium des <strong>Cusanuswerk</strong>s gefördert.2006 wurde sie mit dem „Young Scientist Award“ der Society ofExperimental Biology ausgezeichnet.Der Klaus Tschira Preis wird vergeben an Wissenschaftlerinnen undWissenschaftler, die exzellent forschen und anschaulich schreiben –im Wissen, dass Kommunikationsfähigkeit entscheidend ist, wenn esdarum geht, innovative Erkenntnisse aus der Forschung einem breiterenPublikum zu vermitteln. Nina Schaller faßte ihre Dissertation zusammenin dem Artikel „Auf Zehenspitzen zum Weltrekord“; hier geht sie derFrage nach, was den Afrikanischen Strauß zu einem der ausdauerndstenLäufer der Welt macht, und gibt dem Publikum auf diese Weise Einblickin ein biomechanisches Thema.GDr. Franz-Josef Overbeck wurde von Papst Benedikt XVI. zum Bischofder Diözese Essen ernannt. Overbeck, bisher Weihbischof in Münster,wird damit zum Nachfolger von Felix Genn.Franz-Josef Overbeck wurde 1964 in Marl geboren; er studierte Theologieund Philosophie und wurde von 1985 bis 1989 mit einem Stipendiumdes <strong>Cusanuswerk</strong>s gefördert.Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken wählte im Rahmenseiner Vollversammlung am 20. und 21. November <strong>2009</strong>Dr. Claudia Lücking-Michel zur Vizepräsidentin und bestätigtesie damit als Mitglied des Präsidiums.169


Namen und NeuigkeitenMit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis werden zehn Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler ausgezeichnet. Zu ihnen gehörtProfessor Dr. Christoph Klein, ehemaliger Stipendiat des <strong>Cusanuswerk</strong>s.Christoph Klein ist Lehrstuhlinhaber und Ärztlicher Direktor der Klinikfür Pädiatrische Hämatologie / Onkologie an der Medizinischen HochschuleHannover. Der Nominierungsausschuss der DFG hebt hervor,dass Christoph Klein „medizinische Grundlagenforschung und klinischePraxis auf höchstem Niveau“ verbindet. Seine genetischen Analysenführten zur Identifizierung verschiedener Gendefekte, die schwere undoft tödliche Erkrankungen des Immunsystems auslösen. Klein widmetsich zudem der Entschlüsselung molekularer Ursachen solcher Erkrankungenund eröffnet neue Therapieaussichten – unter anderem durchdie somatische Gentherapie.Christoph Klein studierte Medizin und Philosophie in Ulm, Harvard undMünchen. Während seines Studiums war er von 1985 bis 1991 Stipendiatin der Grundförderung des <strong>Cusanuswerk</strong>s.Der Leibniz-Preis wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaftvergeben und ist der höchstdotierte deutsche Forschungspreis. DiePreisverleihung findet am 15. März 2010 in der Berlin-BrandenburgischenAkademie der Wissenschaften in Berlin statt; zugleich wird andiesem Tag das fünfundzwanzigjährige Jubiläum des Leibniz-Programmsgefeiert.Dr. Kerstin Dell, als Projektleiterin im Cuanuswerk zuständig für dasKarriereförderprogramm für Frauen, hat zum 31. Oktober <strong>2009</strong> dieGeschäftsstelle verlassen. Sie wechselte zum Boehringer IngelheimFonds und übernahm dort eine Tätigkeit im Bereich Öffentlichkeitsarbeit.170


G171


<strong>2009</strong>Haushalt


Haushalt<strong>Cusanuswerk</strong> e. V.Verwaltungshaushalt2008Aufwand:Stipendien aus eigenen Mitteln> Härtefälle, Meistermann-StipendienBildungsarbeit> Inlandsakademien> Auslandsakademien> Jahrestreffen> Exerzitien> Fachschaftstagungen> Fachstudien ergänzende FörderprogrammeAuswahlverfahrenKonferenzen> Beirat, Vertrauensdozenten, CusanerPersonalkostenRaumkostenVerwaltungskostenSonstiger Aufwand36.095,00 €579.136,79 €281.325,25 €8.264,05 €75.923,07 €70.963,70 €60.852,07 €81.808,65 €67.114,30 €18.947,13 €1.072.631,83 €111.368,08 €214.373,27 €59.169,59 €Summe Verwaltungshaushalt 2.158.835,99 €StipendienhaushaltStudienförderung (Universität und FH)Promotionsförderung3.098.332,36 €2.056.078,80 €Summe Stipendienhaushalt 5.154.411,16 €Gesamtaufwand 7.313.247,15 €174


HZuwendungen und Erträge:Zuschüsse des Verbands der deutschen DiözesenZuwendungen des BMBF> Stipendienvergabe> Verwaltungspauschale> Projekt KarriereförderungSpenden SolidaritätsaktionZweckgebundene DrittmittelTeilnehmerbeiträge BildungsveranstaltungenZinsenSonstige Erträge895.000,00 €6.134.204,72 €5.157.587,16 €871.617,56 €105.000,00 €212.922,56 €100.522,81 €89.936,02 €32.481,09 €19.538,91 €Summe Zuwendungen und Erträge 7.484.606,11 €175


<strong>2009</strong>Personalia


Mitglieder in den Gremien > 178 | Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im <strong>Cusanuswerk</strong> > 192 |Impressum > 195I


PersonaliaMitglieder in den GremienVerein <strong>Cusanuswerk</strong> e. V.Stand: 31. Dezember <strong>2009</strong>Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Tietmeyer, Frankfurt/MainPräsident der Deutschen Bundesbank a. D.VorsitzenderDr. Franz-Christoph Zeitler, MünchenVizepräsident der Deutschen BundesbankStellvertretender VorsitzenderDr. Wolfgang Schirmer, WienVorstandsmitglied MAN Nutzfahrzeuge Österreich AGBeisitzerDr. Norbert Dischinger, NürnbergUnternehmensberaterDaniel MinderInformatikerHans-Heinrich Grosse-Brockhoff, DüsseldorfStaatssekretär des Landes NRW für KulturProf. Dr. Ludger Honnefelder, BonnHochschullehrer für PhilosophieDr. Thomas Jaschke, GüterslohSenior Vice President Bertelsmann AGProf. Dr. Wim Kösters, BochumHochschullehrer für WirtschaftswissenschaftenDr. Claudia Lücking-Michel, BonnGeneralsekretärin des <strong>Cusanuswerk</strong>sProf. Dr. Dr. h.c mult. Paul Mikat, DüsseldorfKultusminister a.D.Dr. Dr. Bartel Schmelting, MünsterTierarzt178


IDr. Wolfgang Schulte, BornheimStudiendirektor a.D.Prof. Dr. Josef Wohlmuth, BonnLeiter des <strong>Cusanuswerk</strong>sBeiratStand: 31. Dezember <strong>2009</strong>Prof. Dr. Peter Funke, MünsterHochschullehrer für Alte GeschichteVorsitzenderDr. Thomas Gauly, Frankfurt/MainCNC AGDr. Alfons Hämmerl, LandshutVertreter der KHPProf. Dr. Jochen Hilberath, TübingenHochschullehrer für DogmatikSimone Hiller, TübingenVertreterin der studierenden Cusanerinnen und CusanerMarc Frings, BerlinVertreter der studierenden Cusanerinnen und CusanerProf. Dr. Nikolaus Korber, RegensburgHochschullehrer für ChemieMarc Kückmann, MannheimLeiter der Baustellenlogistik der DB Netz AG, KarlsruheDr. Norbert Dischinger, NürnbergUnternehmensberater, AltcusanerratDr. Wolfgang Schirmer, WienVorstandsmitglied MAN Nutzfahrzeuge Österreich AGProf. Dr. Dr. Thomas Sternberg, MdL, MünsterDirektor der Katholisch-Sozialen Akademie Franz-Hitze-HausProf. Dr. Eberhard Tiefensee, ErfurtHochschullehrer für Philosophie179


PersonaliaDr. Wolfgang Thierse (bis November <strong>2009</strong>)Vizepräsident des Deutschen BundestagProf. Dr. Josef Wohlmuth, BonnLeiter des <strong>Cusanuswerk</strong>sStändige GästeDaniel Minder, BonnInstitut für InformatikBarbara Fuchs, MünchenArchitektin, AltcusanerratDr. Claudia Lücking-Michel, BonnGeneralsekretärin des <strong>Cusanuswerk</strong>sFrederik Henrich, HofheimVorstand der studierenden Cusanerinnen und CusanerWeihbischof Prof. Dr. Paul Wehrle, FreiburgBeauftragter der Deutschen BischofskonferenzAuswahlgremium für die Grundförderung <strong>2009</strong>Prof. Dr. Regina Ammicht-QuinnEberhard Karls Universität Tübingen, Interfakultäres Zentrum fürEthik in den WissenschaftenProf. Dr. Christoph Demmerling (vertretungsweise im Herbst <strong>2009</strong>)Philipps-Universität Marburg, Institut für PhilosophieProf. Dr. Martina Dobbe (vertretungsweise im Herbst <strong>2009</strong>)Universität der Künste Berlin, Institut für Kunstwissenschaft und ÄsthetikProf. Dr. Harald Engel (vertretungsweise im Herbst <strong>2009</strong>)Technische Universität Berlin, Institut für Theoretische PhysikProf. Dr. Andrea Marlen Esser (vertretungsweise im Frühjahr <strong>2009</strong>)Universität Marburg, Institut für PhilosophieProf. Dr. Doris Feldmann (vertretungsweise im Herbst <strong>2009</strong>)Friedrich-Alexander Universität Erlangen, Institut für Anglistik und Amerikanistik180


IProf. Dr. Maria Fölling-AlbersUniversität Regensburg, Institut für PädagogikProf. Dr. Winfried Gebhardt (vertretungsweise im Frühjahr <strong>2009</strong>)Universität Koblenz-Landau, Institut für SoziologieProf. Dr. Stephan Habscheid (vertretungsweise im Frühjahr und Herbst <strong>2009</strong>)Universität Siegen, Institut für GermanistikProf. Dr. Bernd Jochen HilberathUniversität Tübingen, Institut für ökumenische TheologieProf. Dr. Karl HoffmannTU Chemnitz, Institut für PhysikProf. Dr. Rudolf HolbachUniversität Oldenburg, Historisches SeminarProf. Dr. Richard Hoppe-SailerUniversität Bochum, Kunstgeschichtliches SeminarProf. Dr. Gerhard Illing (vertretungsweise im Herbst <strong>2009</strong>)Ludwig-Maximilians-Universität München, Seminar für MakroökonomieProf. Dr. Gisela Kammermeyer (vertretungsweise im Frühjahr <strong>2009</strong>)Universität Koblenz-Landau, Institut für ErziehungswissenschaftenProf. Dr. Gerd Kempermann (vertretungsweise im Frühjahr <strong>2009</strong>)TU Dresden, DFG-Forschungszentrum für Regenerative TherapienProf. Dr. Nikolaus KorberUniversität Regensburg, Institut für Anorganische ChemieProf. Dr. Wim KöstersUniversität Bochum, Fakultät für WirtschaftswissenschaftenProf. Dr. Jutta Langenbacher-LiebgottUniversität Paderborn, Institut für RomanistikProf. Dr. Johannes MasingAlbert-Ludwigs-Universität Freiburg, Institut für Öffentliches RechtProf. Dr. Dr. Reinhard PutzLudwig-Maximilians-Universität München, Anatomisches Institut181


PersonaliaProf. Dr. Martin Reuter (vertretungsweise im Frühjahr <strong>2009</strong>)Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für PsychologieDr. Thomas Roddey (vertretungsweise im Herbst <strong>2009</strong>)Katholische Hochschulgemeinde DortmundProf. Dr. Ruth Schumann-HengstelerKath. Universität Eichstätt, Philosophisch-Pädagogische FakultätDr. Martin SplettKatholische Hochschulgemeinde OsnabrückProf. Dr. Karl SchererUniversität Bonn, Institut für Angewandte MathematikProf. Dr. Theodor StroblTU München, Lehrstuhl Wasserbau/WasserwirtschaftRafael van StraelenKatholische Studierenden- und Hochschulgemeinde MünsterProf. Dr. Robert Tampé (vertretungsweise im Herbst <strong>2009</strong>)Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für BiochemieProf. Dr. Christian WilhelmUniversität Leipzig, Institut für Biologie IProf. Dr. Josef WohlmuthLeiter des <strong>Cusanuswerk</strong>sMartin WolfKatholische Hochschulgemeinde KaiserslauternAuswahlgremium für die Graduiertenförderung <strong>2009</strong>Auswahlsitzung I/<strong>2009</strong>: 27. bis 29.März <strong>2009</strong>Prof. Dr. Hans-Jürgen BeckerRegensburg, JuraProf. Dr. Werner DeutschBraunschweig, Psychologie182


IProf. Dr. Peter FunkeMünster, Alte GeschichteDr. Alfons HämmerlLandshut, HochschulseelsorgerProf. Dr. Karl-Heinz HoffmannChemnitz, PhysikProf. Dr. Rudolf HoppeBonn, TheologieProf. Dr. Gerhard HufnagelSiegen, PolitikwissenschaftProf. Dr. Gebhard KirchgässnerSt. Gallen, WirtschaftswissenschaftenProf. Dr. Bernhard Dick (in Vertretung für Prof. Dr. Nikolaus Korber)Regensburg, ChemieProf. Dr. Karen Joisten (in Vertretung für Prof. Dr. Mechthild Dreyer)Mainz, PhilosophieProf. Dr. Gerhard LauerGöttingen, GermanistikProf. Dr. Vera NünningHeidelberg, PhilologieProf. Dr. Barbara SchellewaldBasel, KunstgeschichteProf. Dr. Andreas SohnParis, GeschichteProf. Dr. Josef WohlmuthBonn, Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>s183


PersonaliaAuswahlsitzung II/<strong>2009</strong>: 8. bis 9.Mai <strong>2009</strong>Prof. Dr. Hans-Jürgen BeckerRegensburg, JuraProf. Dr. Werner DeutschBraunschweig, PsychologieProf. Dr. Mechthild DreyerMainz, PhilosophieProf. Dr. Peter FunkeMünster, Alte GeschichteDr. Alfons HämmerlLandshut, HochschulseelsorgerProf. Dr. Karl-Heinz HoffmannChemnitz, PhysikProf. Dr. Rudolf HoppeBonn, TheologieProf. Dr. Gerhard HufnagelSiegen, PolitikwissenschaftProf. Dr. Gebhard KirchgässnerSt. Gallen, WirtschaftswissenschaftenProf. Dr. Nikolaus KorberRegensburg, ChemieProf. Dr. Gerhard LauerGöttingen, GermanistikProf. Dr. Gabriele RipplBern, PhilologieProf. Dr. Barbara SchellewaldBasel, KunstgeschichteProf. Dr. Andreas SohnParis, GeschichteProf. Dr. Josef WohlmuthBonn, Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>s184


IAuswahlsitzung III/<strong>2009</strong>: 25. bis 26. September <strong>2009</strong>Prof. Dr. Wolfgang Augustyn (in Vertretung für Prof. Dr. Barbara Schellewald)München, KunstgeschichteProf. Dr. Hans-Jürgen BeckerRegensburg, JuraProf. Dr. Thomas Großbölting (in Vertretung für Prof. Dr. Peter Funke)Münster, GeschichteDr. Alfons HämmerlLandshut, HochschulseelsorgerProf. Dr. Karl-Heinz HoffmannChemnitz, PhysikProf. Dr. Rudolf HoppeBonn, TheologieProf. Dr. Martin Huber (in Vertretung für Prof. Dr. Gerhard Lauer)Hagen, PhilologieProf. Dr. Gerhard HufnagelSiegen, PolitikwissenschaftProf. Dr. Karen Joisten (in Vertretung für Prof. Dr. Mechthild Dreyer)Mainz, PhilosophieProf. Dr. Gebhard KirchgässnerSt. Gallen, WirtschaftswissenschaftenProf. Dr. Nikolaus KorberRegensburg, ChemieProf. Dr. Gabriele RipplBern, PhilologieProf. Dr. Ruth Schumann-Hengsteler (in Vertretung für Prof. Dr. Werner Deutsch)Mainz, PädagogikProf. Dr. Andreas SohnParis, GeschichteProf. Dr. Josef WohlmuthBonn, Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>s185


PersonaliaAuswahlgremium für Studierende an FachhochschulenProf. Dr.-Ing. Christoph GerlachHildesheim, DenkmalpflegeProf. Dr. Brigitte GrassDüsseldorf, BetriebswirtschaftslehreProf. Dr. Joachim MetznerKöln, SozialpädagogikProf. Dr. Katharina NeukirchingerMünchen, ChemieTheo PannenMönchengladbach, HochschulseelsorgerProf. Dr. Dr. h.c. Josef WohlmuthBonn, Leiter des <strong>Cusanuswerk</strong>sJury für die KünstlerauswahlProf. Dr. Richard Hoppe-Sailer, BochumProf. Ulrich Erben, DüsseldorfProf. Winfried Virnich, Mainz (in Vertretung für Prof. Christiane Möbus)Prof. Norbert Radermacher, KasselChristoph Simonsen, AachenProf. Dr. Josef Wohlmuth, BonnAls Gast: Prof. Elisabeth Wagner, KielGremien für die MusikerauswahlMitglieder des AuswahlgremiumsHannah AldickKatholische Hochschulgemeinde FreiburgProf. Ludwig Holtmeier (vertretungsweise <strong>2009</strong>)Staatliche Hochschule für Musik, FreiburgProf. Margareta HürholzHochschule für Musik und Tanz, Köln186


IProf. Claus KanngiesserHochschule für Musik und Tanz, KölnProf. Dr. Wolfgang LessingHochschule für Musik Carl Maria von Weber, DresdenProf. Josef ProtschkaHochschule für Musik und Tanz, KölnProf. Dr. Josef WohlmuthLeiter des <strong>Cusanuswerk</strong>sMitglieder der Auswahl-Jury <strong>2009</strong>Anette von EichelHochschule für Musik und Tanz, KölnProf. Ulrich FladHochschule für Musik und Tanz, KölnProf. Ludwig HoltmeierStaatliche Hochschule für Musik, FreiburgProf. Claus KanngiesserHochschule für Musik und Tanz, KölnProf. Jürgen KursawaRobert-Schumann-Hochschule, DüsseldorfProf. Dr. Wolfgang LessingHochschule für Musik Carl Maria von Weber, DresdenProf. Josef ProtschkaHochschule für Musik und Tanz, KölnProf. Inge-Susann RömhildMusikhochschule Lübeck187


PersonaliaStiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>GremienStiftungsvorstandProf. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Tietmeyer, Frankfurt/MainPräsident der Deutschen Bundesbank a.D.Prof. Dr. Franz-Christoph Zeitler, MünchenVizepräsident der Deutschen BundesbankProf. Dr. Wim Kösters, Vorstandsmitglied des RWI Essen und Inhaber des Lehrstuhls fürTheoretische Volkswirtschaftslehre I an der Ruhr Universität BochumStiftungsratHans-Heinrich Grosse-Brockhoff, DüsseldorfStaatssekretär für Kultur des Landes NRWProf. Dr. Ludger Honnefelder, BonnHochschullehrer für PhilosophieDr. Ing. Wolfgang Schirmer, MünchenDirektor MAN-NutzfahrzeugeGeschäftsführerinDr. Susanne Schaefer, BonnKontaktdozentinnen und Kontaktdozenten an KunsthochschulenStand 31. Dezember <strong>2009</strong>BerlinBraunschweigBremenDresdenDüsseldorfFrankfurtHalleProf. Ursula Neugebauer (UdK)Prof. Inge Mahn (Kunsthochschule Berlin-Weißensee)Prof. Dr. Hannes BöhringerProf. Yuji TakeokaProf. Monika BrandmeierProf. Rita McBrideProf. Georg HeroldProf. Tobias RehbergerProf. Bernd Göbel188


IHamburgProf. Pia StadtbäumerKarlsruheProf. Harald KlingelhöllerKasselProf. Dorothee von WindheimKielProf. Elisabeth WagnerKölnProf. Marcel OdenbachLeipzigProf. Peter PillerMainzProf. Winfried VirnichMünchenProf. Norbert PrangenbergMünsterProf. Hermann-Josef KuhnaNürnbergProf. Michael MundingOffenbachProf. Wolfgang LuySaarbrückenProf. Gabriele LangendorfStuttgart Prof. Cordula Güdemann (2008/<strong>2009</strong>)Prof. Alexander Roob (<strong>2009</strong>/2010)WeimarProf. Liz BachhuberVertrauensdozentinnen und VertrauensdozentenAachen Prof. Dr. Georg Hoever ElektrotechnikAugsburg Prof. Dr. Gregor Weber GeschichteBamberg Prof. Dr. Dina De Rentiis RomanistikBayreuth Prof. Dr. Bernhard Herz VWLBerlin Prof. Dr. Hans-Ulrich Heiß Telekommunikations -systemeBonn Prof. Dr. Christoph Horn PhilosophieProf. Dr. Dr. Udo di FabioRechtswissenschaftBraunschweig Prof. Dr. Werner Deutsch PsychologieBremen Prof. Dr. Stefan Luft PolitikwissenschaftChemnitz Prof. Dr. Karl Heinz Hoffmann PhysikClausthal Prof. Dr. Gerhard Ziegmann KunststoffkeramikDarmstadt Prof. Dr.-Ing. Johannes Janicka Energie- / KraftwerktechnikDresden Prof. Dr. Dr. Bernhard Irrgang PhilosophieDüsseldorf Prof. Dr. Ertan Mayatepek MedizinEichstätt Prof. Dr. Paul Ressel MathematikErlangen Prof. Dr. Klaus Herbers GeschichteFrankfurt Prof. Dr. Bernd Trocholepczy TheologieFreiburgN.N.Gießen Prof. Dr. Franz-Josef Bäumer Kath. TheologieGöttingen Prof. Dr. Lorenz Trümper MedizinHalle Prof. Dr. Josef N. Neumann MedizinHamburg Prof. Dr. Marc Föcking RomanistikHannover Prof. Dr. Hagen Gasse VeterinärmedizinHarz Prof. Dr. Bruno Klauk Wirtschaftswiss. (FH)Heidelberg Prof. Dr. Paul Kirchhof JuraHildesheim Prof. Dr. Toni Tholen Germanistik189


PersonaliaJena Prof. Dr. Hans-Joachim Mentzel Pädiatrische RadiologieKaiserslautern Prof. Dr. Volker Lingnau ControllingKarlsruhe Prof. Dr. Bernhard Heck GeodäsieKiel Prof. Dr. Josef Wiesehöfer AltertumskundeKöln Prof. Dr. Walter Ameling GeschichteProf. Dr. Stefan SchaubSozialwesen (FH)Konstanz Prof. Dr. Georg Kaiser SprachwissenschaftLeipzig Prof. Dr. Hans Ulrich Schmid GermanistikMainz Prof. Dr. Stephan Füssel BuchwissenschaftenMannheim Prof. Dr. Thomas Puhl JuraMarburg Prof. Dr.Christoph Kampmann Neuere GeschichteMünchen Prof. Dr.Gerhard Müller BaumechanikProf. Dr. Susanne SandherrSoziale Arbeit (KSFH)Prof. Dr. Angelika VollmarPharmazieMünster Prof. Dr. Peter Funke GeschichteProf. Dr. Petra PohlmannJuraProf. Dr. Marianne Heimbach-Steins Kath. TheologieOsnabrück Prof. Dr. Georg Steins TheologieOstwestfalen / Lippe N.N.Oxford (GB) Prof. Dr. Stefan Vogenauer RechtswissenschaftPassau Prof. Dr. Isidor Baumgartner CaritaswissenschaftenPotsdam Prof. Dr. Norbert Franz SlawistikRegensburg Prof. Dr. Bernhard Dick Physikalische ChemieRostock Prof. Dr. Heinrich Stolz PhysikRuhr Prof. Dr. Richard Hoppe-Sailer KunstgeschichteSaarbrücken Prof. Dr. Alberto Gil SprachwissenschaftSiegen Prof. Dr. Gregor Nickel MathematikSt. Gallen (CH) Prof. Dr. Gebhard Kirchgässner WirtschaftswissenschaftenStuttgart PD Dr. Markus Stroppel MathematikThüringen Prof. Dr. Benedikt Kranemann TheologieTrierN.N.Tübingen Prof. Dr. Johannes Brachtendorf PhilosophieUlm Prof. Dr. Thomas Mertens MedizinWürzburg Prof. Dr. Michael Schmidt Medizin190


IVorstand der studierenden und promovierenden Cusanerinnenn und CusanerFrederik HenrichHanno KruseEsther MoersBildungskommissionLena BöhnkeAntonia GiewekemeyerKatharina KeuperAnnegret TrümperDaniel Wolff191


PersonaliaMitarbeiterinnen und Mitarbeiter im <strong>Cusanuswerk</strong>Stand: 31. Dezember <strong>2009</strong>LEITUNGLeiterLeitung des <strong>Cusanuswerk</strong>s, Vertretung nach außen,Gestaltung der Ziele und Grundsätze der Arbeit,Vorsitz in den AuswahlgremienProf. Dr. Josef WohlmuthLeitung der Geschäftsstelle, Geschäftsführung,Stellvertretung des Leiters,Auswahl- und BildungsarbeitGeneralsekretärinSekretärinDr. Claudia Lücking-MichelCaroline IngerbergGEISTLICHES REKTORATGeistlicher RektorSekretärinKonzeption des Geistlichen Programms, Durchführungvon Exerzitien und Besinnungstagen,Kontakt zu den Hochschulgemeinden, AuswahlarbeitDr. Rainer HagencordCaroline Ingerberg192


ISACHBEREICHESachbereich ISachbearbeiterinnenSachbereich IISachbearbeiter/inSachbereich IIISachbearbeiterHaushalts- und RechnungswesenDipl.-Betriebswirtin Marlene JennesClaudia RadzautzkiLarissa EssipovStipendienangelegenheiten und FörderfragenAndrea SaßDirk PützfeldOrganisation, Veranstaltungswesen und EDVDipl.-Betriebswirt (VWA) Udo GierlichREFERATEReferat IReferentSekretärinnenReferat IIReferentSekretärinnenReferat IIIReferent/inSekretärinReferat IVReferentinSekretärinnenGrundförderung, Musikerförderung, Auswahl- undBildungsarbeitSebastian MalyMaria LosertAndrea ReineltGrundförderung, Erstsemesterförderung,Auswahl- und BildungsarbeitDr. Christian KölzerMaria LosertAndrea ReineltGraduiertenförderung, Forschungssymposien,Auswahl- und BildungsarbeitDr. Manuel GanserChristine BaroLiane NeubertPresse- und Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement,Cusanusgruppen und Vertrauensdozenten,Fachschaften, Auswahl- und BildungsarbeitDr. Ingrid ReulSabine Simoncelli (Öffentlichkeitsarbeit)Anne Niephaus (Fachschaften)Caroline Ingerberg (Cusanusgruppen und Vertrauensdozenten)193


PersonaliaReferat VReferentinSekretärinnenReferat VIReferentinSekretärinnenReferat VIIReferentinSekretärinReferat VIIIReferentinSekretärinReferat IXReferentinSekretärinKünstlerförderung, Auswahl- und BildungsarbeitRuth JungRenate ZettelmeyerRita ThommesFachhochschulförderung, Ehemalige,Auswahl- und BildungsarbeitDr. Angela WeilRenate Zettelmeyer (Fachhochschulverfahren)Theresia Bidder (Ehemalige)Verfahren der endgültigen Aufnahme,Auswahl- und BildungsarbeitChristine BaroAndrea ReineltAuslandsstudien, Alumni-Arbeit, Studium und Beruf,Auswahl- und BildungsarbeitDr. des. Daniela PscheidaAnne NiephausKarriereförderprogramm für FrauenDr. Susanne SchaeferSabine SimoncelliStiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>GeschäftsführerinSekretärinDr. Susanne SchaeferAnne Niephaus194


ImpressumDie Deutsche Bibliothek<strong>Jahresbericht</strong> – <strong>Cusanuswerk</strong>, Bischöfliche StudienförderungISSN 1612-0299 (<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2009</strong>)Herausgeber<strong>Cusanuswerk</strong>Bischöfliche StudienförderungBaumschulallee 553115 BonnTelefon > 0228.983 84 – 0Telefax > 0228.983 84 – 99Internet > www.cusanuswerk.deBankverbindungPax-Bank KölnKonto-Nr. 22 56 00 26BLZ 370 601 93Stiftung Begabtenförderung <strong>Cusanuswerk</strong>Pax-Bank KölnKonto-Nr. 29 64 70 11BLZ 370 601 93VerantwortlichRedaktionGestaltung und SatzDruckProf. Dr. Josef WohlmuthDr. Ingrid ReulKontextKommunikation, HeidelbergColognePrintCompany, Köln195


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