klangpunkte 22korr4 - Doblinger
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klang:gedenken<br />
Komponieren fern der Schule<br />
Seite 10<br />
Zum Tod von Thomas Christian David und Fritz Leitermeyer<br />
Fritz Leitermeyer, Foto: <strong>Doblinger</strong><br />
Noch im vergangenen Jahr wurde der 80. Geburtstag der beiden gefeiert. Damals<br />
schon von Krankheit gezeichnet, verstarben die Komponisten Thomas Christian David<br />
und Fritz Leitermeyer innerhalb von nur drei Wochen Anfang 2006 in Wien. In gewisser<br />
Weise mag es also die viel zitierte „Erlösung“ für beide gewesen sein, und doch ist<br />
es immer wieder schwer, das Unabwendbare schlussendlich zur Kenntnis nehmen zu<br />
müssen.<br />
Über Jahrzehnte galten David und Leitermeyer als prominente Erscheinungen in der<br />
Österreichischen Musikszene, wobei ihr Rang keineswegs ausschließlich dem schöpferischen<br />
Wirken zuzuschreiben war. Fritz Leitermeyer bildete als Primgeiger der Wiener<br />
Philharmoniker 1946–1985 eine der Säulen des elitären Klangkörpers, bei dem<br />
auch seine eigenen Werke liebevolle Pflege erfuhren. Thomas Christian David wirkte<br />
seinerseits rund vierzig Jahre als Pädagoge, ab 1973 als Professor an der Wiener Musikhochschule,<br />
und wirkte daneben auch – nicht unumstritten – als Funktionär für die<br />
Interessen seines Standes. Als Dirigent und Kammermusiker standen zahlreiche zeitgenössische<br />
österreichische Komponisten auf seinen Programmen in aller Welt, nicht<br />
zuletzt im Iran, wo er noch während des Schah-Regimes europäische Ausbildungsmethoden<br />
lehrte und das Teheraner Fernsehorchester formte.<br />
Als Komponisten verbindet David und Leitermeyer ihr Einzelgängertum, das sie von<br />
„Schulen“ oder „Gruppen“ fernhielt, ebenso wie das konsequente Schaffen in der einmal<br />
gefundenen Tonsprache – bei Leitermeyer einer auf Othmar Steinbauer fußenden<br />
Reihentechnik, bei David einer grundtonbezogenen Tonalität mit ausgefeilter thematischer<br />
Arbeit. Erst während des letzten Jahrzehnts war es um beider Arbeit ruhiger<br />
geworden, nachfolgende Generationen verlangten ihren Platz in den Spielplänen.<br />
Umso bemerkenswerter das in jüngster Zeit bemerkbare neu erwachte Interesse vieler<br />
ausübender Musiker an den für vielfältigste Besetzungen vorliegenden und stets interpretengerecht<br />
gestalteten Stücken, wobei nicht zuletzt Aufführungen durch oft junge<br />
Künstler in aller Welt das schönste Signal für die Zukunft darstellen.<br />
Christian Heindl<br />
Thomas Christian David, Foto: Kobé<br />
COMPOSING REMOTE FROM<br />
ANY SCHOOL<br />
In commemoration of Thomas<br />
Christian David and<br />
Fritz Leitermeyer<br />
Last year we celebrated the 80th<br />
birthdays of the two composers, and<br />
early in 2006 both of these two prominent<br />
exponents of Austrian musical<br />
life died in Vienna: Thomas Christian<br />
David and Fritz Leitermeyer. Their decade-spanning<br />
musical careers were<br />
not limited to composing: Leitermeyer<br />
was principal violinist in the Vienna<br />
Philharmonic from 1946–1985, and<br />
David was a professor at the Vienna<br />
Music University as well as a vocal<br />
champion of the interests of his profession<br />
in union work.<br />
Both of them never joined any<br />
“schools” or “groups” and remained<br />
faithful to their respective musical<br />
languages: in Leitermeyer’s case this<br />
was a serial technique based upon<br />
Othmar Steinbauer, and in David’s<br />
case fundamental tone-centered<br />
tonality with elaborate thematical<br />
processes. It can be seen as an<br />
encouraging signal for the future that<br />
in the past few years in particular<br />
young musicians from all over the<br />
world have shown a growing interest<br />
in their works, which are scored for a<br />
wide array of ensembles and which<br />
are always mindful of the performer.<br />
Ch. H.<br />
David, Der Weg nach Emmaus, Foto: Gattinger/Alpbach