01.12.2012 Aufrufe

klangpunkte 22korr4 - Doblinger

klangpunkte 22korr4 - Doblinger

klangpunkte 22korr4 - Doblinger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

klang:focus<br />

Seite 6<br />

up tension.” (Kronen Zeitung) “This rondo fascinates not only<br />

through its musical qualities; it is positively fixed between<br />

the unostentatious form of the text and its apocalyptical<br />

content. The musicians [...] did not only give a first-rate performance,<br />

they also disproved several clichés: contemporary<br />

compositions can conquer a sceptic audience if they have<br />

so dedicated performers as here.” None less than Krzystof<br />

Penderecki, the conductor of the first performance, lavished<br />

praise upon Schmidinger’s concerto and alluded to the<br />

speaker’s part: “This is really a very good work – and I have<br />

told him to write operas. He really has talent for opera.”<br />

SCHLIEREN<br />

Fordernd und dankbar zugleich: Dieses Resümee darf auch für<br />

das Violinkonzert von Gerald Resch gelten – wenn auch beide Eigenschaften<br />

in zuweilen ganz unterschiedlicher Prägung als bei<br />

Cerha zum Tragen kommen. Dass die Gattung des Solokonzerts<br />

auch in der Gegenwart noch genug zu sagen hat, davon ist jedenfalls<br />

auch Resch überzeugt, „weil es sich vermutlich um eine<br />

archetypische Konstellation handelt, wenn ein Einzelner einer<br />

Gruppe gegenübertritt.“ Den persönlichen Beweis trat Resch, nahezu<br />

ein halbes Jahrhundert jünger als Cerha, zuletzt bei Wien<br />

Modern 2005 an. Schlieren nennt er sein Violinkonzert – nach<br />

der Idee, „dass eine Linie Unter- oder Nebenlinien generiert, die<br />

die ursprüngliche Linie selbst oft auch zum Verschwinden bringen<br />

können. Wie auf einer beschlagenen Fensterscheibe, auf<br />

der man mit dem Finger eine Linie zieht, und sich Schlieren der<br />

hinuntertropfenden Wasserbahnen bilden, die die Linie selbst<br />

stören, auch zerstören, die aber trotzdem weitergeht.“<br />

VERSPIELT – DOCH OHNE FALSCHE TÖNE<br />

Patricia Kopatchinskaja, die Solistin der Uraufführung, hat bei<br />

der Entstehung des Werkes eine gewisse Rolle gespielt, zumal<br />

Gerald Resch immer gerne mit seinen Interpreten und Interpretinnen<br />

zusammen arbeitet. Und für Kopatchinskaja wollte er<br />

schon lange einmal ein Stück komponieren: Manches dabei ist<br />

ihr direkt auf den Leib geschrieben, anderes wieder ganz und<br />

gar nicht – eine explosive Mischung. Eine gewisse Leichtigkeit,<br />

das Eingehen auf das Soloinstrument, die Affinität zum Traum<br />

– bei allen Unterschieden lassen sich etliche Berührungspunkte<br />

zwischen den im Einzelnen stark differierenden Werken von<br />

Cerha und Resch ausmachen. Gemeinsam war ihnen jedenfalls<br />

nicht zuletzt das positive Echo:<br />

„HÖHEPUNKT VON WIEN MODERN“<br />

„Reschs dreiteiliges, in Unterabschnitten reich differenziertes<br />

20-Minuten-Werk, eine Auftragsarbeit von Wien Modern, bietet<br />

dem Solisten fulminante Möglichkeiten: an kraftvollen Ausbrüchen,<br />

verspielter Eleganz, fließenden Farben.<br />

Schlieren sind dabei die Klanggebilde, die abseits des musikalischen<br />

Hauptstranges nebenher schlingern, sich zu Knäuel<br />

ballen oder auch zerfasern. Doch vor allem klingt dieses Stück<br />

hinreißend: hochkonzentriert und zugleich luftig-durchsichtig,<br />

funkelnd und frisch, poetisch und elegant. Das RSO unter Kalitzke<br />

war der fabelhaften jungen Geigerin ein lockerer Partner, der<br />

Helmut Schmidinger, Foto: Renate Publig<br />

sich in keinem Moment vordrängt. Jubel!“ (Karlheinz Roschitz,<br />

Kronen Zeitung, 27. November 2005)<br />

„DAS LETZTE KAPITEL“<br />

Einen dezidiert anderen, nämlich literarisch fundierten Weg beschritt<br />

Helmut Schmidinger in seinem bereits dritten Violinkonzert,<br />

hatte er sich doch von Erich Kästners gleichnamigem Gedicht<br />

zu einem „Rondo für Violine, Sprecher, kleine Trommel und<br />

Streichorchester“ anregen lassen – von jenem ebenso düsteren<br />

wie nüchternen Endzeitbericht von der Ausrottung der Menschheit,<br />

befohlen von der Weltregierung, als letzte Konsequenz nur<br />

auf kurzfristigen Profit und rücksichtsloser Ausbeutung der Natur<br />

wie des Nächsten zielenden Handelns. „Was mich am Text<br />

Kästners besonders inspiriert hat“, verrät der Komponist, „ist die<br />

große Spannung, die sich durch den scheinbaren Widerspruch<br />

ergibt, eine so grausame Fiktion in so formvollendet unaufgeregter,<br />

vierzeilig gereimter Gedichtform darzustellen.“<br />

So sehr sich das Werk in seiner ganz individuellen Gestalt von<br />

den oben behandelten Violinkonzerten von Cerha und Resch unterscheidet,<br />

so war ihm doch ein nicht minder positives Echo bei<br />

Publikum und Presse sicher:<br />

Schmidinger hat eine schwelend gefahrvolle Musik geschrieben“,<br />

urteilt Oliver Láng in der Kronen Zeitung, „die gekonnt Spannungen<br />

aufbaut.“ Das Neue Volksblatt konstatierte: „Dieses Rondo<br />

fasziniert nicht nur durch seine musikalischen Qualitäten; es ist<br />

förmlich eingespannt zwischen der schlichten Form des Textes<br />

und dessen apokalyptischem Inhalt. Die Interpreten [...] formten<br />

nicht nur eine erstklassige Aufführung, sondern zerbrachen<br />

auch etliche Klischees: Auch zeitgenössische Kompositionen<br />

können ein skeptisches Publikum erobern, wenn sie so engagiert<br />

interpretiert werden wie hier.“ (pst!, 9. Dezember 2005). Und<br />

den Oberösterreichischen Nachrichten zufolge hat Schmidinger<br />

„höchst bezwingende Musik“ erfunden: „Klassisch auch die<br />

Struktur des als Violinkonzerts angelegten Werks, das sich als<br />

Rondo im Kreis dreht und keinen Ausweg aus der Weltvergiftung<br />

mehr findet. Christian Altenburger war der ideale Interpret des<br />

virtuos gespickten Soloparts, den Text rezitierte Julia Stemberger<br />

als quasi zweiter Solist. Das Besondere aber an dieser Uraufführung<br />

war, dass einer der bedeutendsten Komponisten unserer<br />

Zeit, Krzystof Penderecki, mit dem Wiener Concert Verein dieses<br />

Werk aus der Taufe hob.“ (wruss, 10. Dezember 2005). Und<br />

eben jener Krzystof Penderecki, der sich als höchst prominenter<br />

Anwalt des Violinkonzerts seines österreichischen Kollegen annahm,<br />

fand gegenüber dem ORF auch ausdrückliche Worte der<br />

Anerkennung: „Das ist wirklich ein sehr gutes Werk – und ich<br />

habe ihm gesagt, er soll Opern schreiben. Er hat wirklich Talent<br />

für Oper.“ Ein Ratschlag, der bei Helmut Schmidinger gewiss auf<br />

offene Ohren gestoßen ist. Man darf gespannt sein...

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!