MARIEN-PETRI- GEMEINDE - Kirchenkreis Ronnenberg
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Blickpunkt berichtet<br />
Der große Unterschied<br />
Die Klosterbühne spielte „Die Nacht von Valognes“<br />
„Die Nacht von Valognes“<br />
Bei diesem Don Juan- Stück wurde zwar derb<br />
auf den „kleinen Unterschied“, der den Mann<br />
zum Mann macht, angespielt, aber der Abend<br />
bot mehr: Den großen Unterschied zu einer<br />
billigen Boulevard- Komödie. Vor allem<br />
die geniale Möglichkeit, die sich durch den<br />
Opernsänger-Schauspieler Dietmar Sander<br />
bot, unterschied diese gelungene Inszenierung<br />
von den üblichen „Lust“-Spielen. Da wurde<br />
Don Juan zu Mozarts „Don Giovanni“. Und<br />
auch Irmgard Gums wandelte sich für einen<br />
Moment von einer alten Herzogin zur Zerlina<br />
der Oper und konnte Dietmar Sander in dem<br />
berühmten Duett „Reich mir die Hand, mein<br />
Leben“ ebenbürtig gesanglich zur Seite stehen.<br />
Plötzlich war der Klostersaal voller zarter Mozart-Töne:<br />
Gekonntes Schauspiel und perfekter<br />
Gesang. Das dürfte wohl keine Inszenierung<br />
dieses Stückes bisher geschafft haben!<br />
Oft wurde an diesem Abend über die scharfsinnigen<br />
Dialoge gelacht und von den Zuschauern<br />
vehement darauf reagiert, wenn sich wieder<br />
einmal eine Figur auf Kosten der anderen (oder<br />
der Männer) lustig machte. Gegen Ende wurde<br />
dann deutlich, dass das Schauspiel trotz der<br />
vielen Anpöblungen auch in einen Klostersaal<br />
passte. Denn es ging um nicht weniger als um<br />
die wahre Liebe. Eine Liebe jenseits von Sex und<br />
Abenteuer, in der dann Don Juan zu einer traurigen<br />
Gestalt werden musste. „Don Juan wird<br />
vom Verlangen getrieben und würde zugleich<br />
gerne in der Liebe Halt finden. Doch diese beiden<br />
Dinge sind für ihn nicht miteinander vereinbar“.<br />
So der Autor über das Dilemma von<br />
Don Juan.<br />
„Starke Frauen“ sind bei der Klosterbühne nun<br />
schon ein Dauerthema. Kein Wunder bei der<br />
schauspielerischen Kraft des weiblichen Ensembles.<br />
Alle fünf Frauen bekommen in diesem<br />
Stück am Ende die Möglichkeit ihre Wandlungsfähigkeit<br />
unter Beweis zu stellen. Sogar<br />
bildlich. Da bricht im leidenschaftlichen Dialog<br />
mit Don Juan wallendes, blondes Haar aus dem<br />
schwarzen Habit der Nonne (Jeanette Dob-<br />
Seite 3<br />
bertin) hervor. Die schüchterne, zur Hochzeit<br />
bereite Angélique (Michaela Niemann), lehrt<br />
Don Juan, was die wahre Liebe bewirken kann<br />
und dann plötzlich lautstark das Fürchten. Das<br />
Mauerblümchen de la Tringle (Rebecca Gallinant),<br />
eine Schriftstellerin, leugnet erst die<br />
Bekanntschaft mit dem Verführer und ohrfeigt<br />
ihn, als ihr Bild von ihm zerbricht. Diejenige, die<br />
gern ein Abenteuer hätte, Gräfin de la Roche-<br />
Piquet (Anja Fahrenbach) hält diese Möglichkeit<br />
weiterhin offen und wünscht gleichzeitig<br />
den Liebhaber aller Liebhaber zum Teufel. Und<br />
die schöne alte Herzogin de Vaubricourt (Irmgard<br />
Gums) behält die Oberhand, während Don<br />
Juan völlig verschüchtert den von ihm als unbekanntes<br />
Neuland erfahrenen Weg der wahren<br />
Liebe nun gehen will. Madame Cassin (Bettina<br />
Borchert) ermutigt ihn darin. Denn er hat<br />
die unerreichbare Liebe erfahren und es ist ein<br />
Mann, der sie ihm näher brachte, ein Chevalier<br />
(Niklas Niemann).<br />
Hier bringt der Autor selbst den Christus in<br />
der Metapher des Liebenden Bruders ins Spiel.<br />
Vergeblich versucht da der Diener Don Juans<br />
(Steffen Schlonski) an alte Zeiten anzuknüpfen.<br />
Doch Don Juan geht als neu geboren in die<br />
Welt hinaus. Madame Cassin: „Ein Mann wird<br />
geboren.“ Die Herzogin voller Mitgefühl: „Ein<br />
Mann? Ein kleiner Mann, ja…“<br />
Und Madame Cassin beendet das Stück lächelnd<br />
mit den Worten: „Ein Mann ist immer<br />
ein kleiner Mann.“<br />
Wieder einmal konnte ein passendes und lohnendes<br />
Stück für das „Frauenensemble“ der<br />
Klosterbühne gefunden werden. Das Publikum<br />
dankte es mit „ausverkauften“ Abenden, herzlichem<br />
Applaus und einer großen Spendenbereitschaft<br />
(über 10.600 Euro).<br />
Volker Grimsehl