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Flohmarkt - GEA

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Europa – Frau mit WeitblickDerHeimatPlanetAuf dem Weg zu einem weltzentrischen BewusstseinSCHUHE UND TASCHENHoamatgsang1Hoamatland, Hoamatland,di han i so gernwiar a Kinderl sein Muader,a Hünderl sein Herrn,wiar a Kinderl sein Muader,a Hünderl sein Herrn.2Duri s’Tal bin i glafn,afn Hügl bin i glegnUnd dein Sunn hat mit trickert,wann mi gnetzt hat dein Regn.3Dahoam is dahoam,wannst net fort muaßt, so bleib,Denn die Hoamat is ehnterder zweit Muaderleib.Hoamatgsang ist ein Lied inoberösterreichischer Mundart.Am 29. November 1952 wurdees vom Landtag zur LandeshymneOberösterreichs erklärtund ist die einzige österreichi -sche Landeshymne in Mundart.Der Text wurde 1841 von FranzStelzhamer geschrieben, dieWeise 1884 von Hans Schnopfhagenam Hansberg verfasst.Im Juni 1985flog der saudi-arabische SultanBin Salman al-Saud als Gast mitder US-Raum fähre Discovery,Mission STS-51G, ins Weltall.Danach erzählte er:Am ersten Tag deutetejeder von uns auf seinLand.Am dritten oder viertenTag zeigte jeder aufseinen Kontinent.Ab dem fünften Taggab es für uns nur nocheine Erde.Wichtige, deshalb kürzlich teilrenovierte Hinweistafel nahe Pürgg imEnnstal in der Steiermark, Österreich, Europa im August 2012kens. Sehen wir Heimat aus dieser Perspektive, sodreht sich um diese Achsen immer weniger — vor al -lem, was Europa betrifft!Die Betriebe, wo wirklich noch vereint — nicht nebenodergegeneinander — gearbeitet wird, lassen sich,soweit es Österreich betrifft, vermutlich leserlich auffünf DIN A4-Seiten schreiben. Die erdrückende Mehr -heit besteht aus Zwangsgemeinschaften. Dass wirnicht mehr zusammen kochen und Mahlzeiten zelebrieren,fällt oft erst auf, wenn — wie vor geraumerZeit auf der Spanischen Treppe in Rom — ansässigeProtestierer aus Protest gegen ein Fast-Food-Restau -rant die ganze Straße in eine traditionelle Großkücheverwandeln. (Das war die Geburtsstunde von SlowFood International ). Selbst zu singen, noch dazu inder Öffentlichkeit, kommt kaum noch jemandem inden Sinn. Man fällt damit hierzulande fast schon soauf wie, sagen wir, ein Streikposten in Nordkorea.Tanzen ist auch im Gewühl der Diskothek zu einemeinsamen Geschäft geworden. (Als Kind habe ich nocherlebt, wie LandarbeiterInnen ihre Tätigkeit mit einemChorgesang koordiniert haben; die Arbeit hat dadurchetwas Tänzerisches bekommen. Wer kann sich da derEmpfindung verschließen, daheim zu sein?)Denkrhythmen. Bleibt das gemeinsame Denkenals heimatliche Achse. Jedes Volk hat für alle anderenein besonderes Geschenk mit auf diese Welt gebracht.Die Griechen haben das Denken natürlich nicht erfunden.Aber ihre Errungenschaft besteht darin: Sie habendie Methode perfektioniert, wie man denkend tanztoder tanzend denkt. Für die erste Variante stehtSokrates; seine Denk-Tänze, deren Choreographieüber liefert worden ist, hat man Dialektik genannt. Diezweite Möglichkeit verkörpert der Archetyp AlexisSorbas, der ohne ein Wort mit Mimik, Gestik und Be -wegung den ganzen Kosmos einfängt. Aus dem einenentsprang die Philosophie, aus dem anderen derBocksgesang, die Tragodia, die dramatische Kunst.Dieses Geschenk der Griechen hat Europa, die Frau mitWeitblick, dankbar angenommen und zwei Jahrtau -sende hindurch gepflegt und zur Blüte gebracht. Heuteliegt es achtlos beiseite geworfen auf der Müllkippeder EU. Der Bologna-Prozess, den zu ersinnen sogarfür Kafka zu grausig gewesen wäre, hat für die freieund weite universitas keine Verwendung mehr. Ausge -richtet auf Modularisierung und Creditpoints, be -zweckt die immer noch so genannte »Bildung« einzigdie Marktkonformität der Bewusstseinsflüsse. Gemein -sam zu denken, vielleicht sogar noch ohne bestimmtenZweck, aus reiner Freude? Da könnten wir jagleich wieder auch auf der Straße gemeinsam singen,statt konservierte Musik in die Ohrstöpseln zu leiten ...Noch ein Geschenk der Griechen, ein Stück kulturellerHeimat in Europa, haben wir auf dem Weg indie Postmoderne verloren: die großen und kleinen Er -zäh lungen, wie beispielsweise die vierundzwanzig Ge -sänge, welche Homer dem Odysseus und seiner Freun -din Pallas Athene widmet. Wer sich den alten Epenberuflich oder in der Freizeit mit Hingabe widmet,wird bald zum Josef K. im allgegenwärtigen Bologna-Prozess. Dass Theologie, Philosophie und das Studiumder alten Sprachen noch ihren Platz behaupten, istdem schwindenden Einfluss der Kirchen geschuldet.Und dem zufälligen Umstand, dass hochrangige Wirt -schaftsfunktionäre und passionierte Wallfahrer immernoch manchmal in Personalunion auftreten.Es geht nicht nur um die großen Epen, die in Biblio -theken überdauern. Heimat muss weitererzählt werden.Unbemerkt sterben von Jahr zu Jahr hunderteGeschichten in allen Ecken Europas, solche, die keinVolkskundler aufgeschrieben hat, die nie verfilmt wordensind. Weil niemand mehr da ist, der sie weitererzählt.Jede Heimat ist eine geistige. Unsere mögliche größereHeimat Europa könnte uns verloren gehen, zusammenmit der Freude am gemeinsamen Denken und denErzähltraditionen. Dann wird die einstige Heimat, welchezugleich ins Vergangene und Künftige weist, zurehemaligen. Aber so weit wird es die Frau, die weitblickt, mit unser aller Hilfe nicht kommen lassen ...Moreau | Plakat für <strong>GEA</strong> | 2009DERHeimatplanet« – so heißt das Programmund die »Bibel« der Association of SpaceExplorers: eine Grup pe ehemaliger Astronauten undKosmonauten, die sich in den früheren 80er Jahrengegen den Willen der mi litärischen und politischenMachthaber zusammenschlossen, um eine Botschaftzu verkünden: Wie der Anblick der leuchtend blauenErde in ihnen ein tausendfach stärkeres Heimatgefühlausgelöst hatte als alles, was sie vorher kannten. Die -ses Ur-Erlebnis überwältigte C. G. Jung schon Jahr -zehnte vorher. Auch die Tiefenökologie und die »Gaia-Hy po these« sind aus dem Anblick »unserer rätselhaftenlebendigen Heimat« hervorgegangen.»Ich sehe die Erde! Ich sehe die Wolken, es ist bewundernswert,was für eine Schönheit«, so die Worte desPiloten Juri Gagarin, der am 12. April 1961 erstmalsmit einem Wostok-Raumfahrzeug die magische Höhevon 100 Kilometern über der Erdoberfläche überstieg.(Die Worte »Ich habe im Himmel keinen Gott gefunden«wurden ihm nachträglich von der Propaganda inden Mund gelegt.)Gagarin war zwar der erste Raumfahrer, aber keineswegsder erste Mensch, der die Erde aus einer »überirdischen«Pers pektive beschrieb. C. G. Jung, Freuds verstoßenergeistiger Ziehsohn, sah sich 1944 im Verlaufeines fast tödlichen Herzinfarkts hoch über unserenPlaneten versetzt. Später erinnerte er sich:»Es schien mir, als befände ich mich hoch oben imWelt raum. Weit unter mir sah ich die Erdkugel inherrlich blaues Licht getaucht. Ich sah das tiefblaueMeer und die Kontinente. Tief unter meinen Füßen lagCeylon und vor mir lag der Subkon ti nent von Indien.Mein Blickfeld umfasste nicht die ganze Erde, aberihre Kugelge stalt war deutlich erkennbarund ihre Kon turen schimmerten silberndurch das wunderbare blaue Licht. Anmanchen Stellen schien die Erdkugel farbigoder dunkelgrün gefleckt wie oxydiertesSilber. »Links« lag in der Ferne eineweite Aus dehnung – die rotgelbe WüsteArabiens. Es war, als ob dort das Silberder Erde eine rotgelbe Tönung angenommenhätte.«Jung konnte im Zuge seiner »Astral rei -se«, die er 1958 in seinen Erinnerungenbeschrieb, die Erde viel genauer be -schreiben als später Gagarin, der ja alskörperlich im Raumschiff präsenter Kos -monaut ständig sein Instrumentenpultim Auge behalten musste und zudem —im Gegensatz zu einem »Entrückten« —unseren Plane ten nur durch eine dickeScheibe sehen konnte. Die Perspektivedes Psychoanalytikers entspricht zudemeinem Abstand von rund 1500 km überder Erd oberfläche.C. G. Jung hatte sich immer wieder mitGaia, der Erdmutter, als Archetyp für dasHeimatliche — und auf der Nachtseite fürdas Unheimliche — beschäftigt. Jetzt saher Gaia leibhaft. Die Veröffentlichungseiner Vi sion bereitete seine »Gemeinde«auf die ökologische Herausforderungvor; so wie die Revolution der »Tie fen -ökologie« — die sich nicht mit der Repa -ratur von »Ökosystemen« begnügen will— ein Vierteljahrhundert später von denersten gelungenen Fotos der leuchtendblau schwebenden Erde ausgelöst wurde.Die Endlichkeit des bislang einzig be -kannten belebten Planeten drang abererst mit mit dem blue marble-Photo vonApollo12 ins kollektive (Un-)Bewusste.Es zeigt die Erde genauso wie Jung sieerlebt hatte, nur aus etwas größererDistanz, und verlieh der globalen Ökologiebewegungeinen gewaltigen Schub.Die Astronauten berichteten von einerArt Schock über die Isoliertheit derLebens welt und zugleich von glühenderZuneigung zu ihrer so weit entferntenfragilen Heimat.HuhkiMOULIN ROUGEGRÖßEN 36—43 € 149,—WINGWING KLEIN € 199,—22 * IN ÖSTERREICH11 * IN DEUTSCHLAND1 * IN DER SCHWEIZADRESSEN AUF DER RÜCKSEITE14Nº 29/12Nº 29/12WWW.<strong>GEA</strong>.AT15

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