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AG Botanik - Fachbereich 5 Biologie - Universität Osnabrück

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Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />

<strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong> / Chemie<br />

Barbarastraße 11<br />

49076 <strong>Osnabrück</strong><br />

Redaktion: apl. Prof. Dr. S. Engelbrecht-Vandré<br />

Titelbild: Isolierte Protoplasten aus Blättern<br />

von Arabidopsis thaliana<br />

(R. Scheibe, Pflanzenphysiologie<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong>)<br />

Gestaltung: Rothe Grafik<br />

Stand: Dezember 2011<br />

Fotos: S. 11, 19, 35, 41, 47 – Michael Münch/<br />

Pressestelle <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong>


Kontakte <strong>Biologie</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

Entwicklung und Profil der <strong>Biologie</strong> . . . . . . . . . . . . . 6<br />

<strong>Biologie</strong><br />

Biochemie<br />

Prof. Dr. Christian Ungermann . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

apl. Prof. Dr. Siegfried Engelbrecht-Vandré . . . . . . . 10<br />

<strong>Biologie</strong>didaktik<br />

Jun.-Prof. Dr. Susanne Menzel . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Biophysik<br />

Prof. Dr. Jacob Piehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

<strong>Botanik</strong>/Entwicklungsbiologie<br />

Prof. Dr. Sabine Zachgo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

apl. Prof. Dr. K. Mummenhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Genetik<br />

Prof. Dr. Jürgen Heinisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

Mikrobiologie<br />

Prof. Dr. Michael Hensel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Mitochondriale Dynamik<br />

Jun.-Prof. Dr. Karin Busch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

Molekulare Mikrobiologie<br />

Jun.-Prof. Dr. Sabine Hunke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Neurobiologie<br />

Prof. Dr. Roland Brandt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Ökologie<br />

Prof. Dr. Anselm Kratochwil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Pflanzenphysiologie<br />

Prof. Dr. Renate Scheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

Tierphysiologie<br />

Prof. Dr. Helmut Wieczorek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

apl. Prof. Dr. Hans Merzendorfer . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

Verhaltensbiologie<br />

Prof. Dr. Judith Korb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

Zoologie/Entwicklungsbiologie<br />

Prof. Dr. Achim Paululat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

apl. Prof. Dr. Günter Purschke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Der Botanische Garten<br />

Prof. Dr. Sabine Zachgo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

Sonderforschungsbereich 944 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

Promovieren in <strong>Biologie</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

Kooperation Schule – <strong>Universität</strong> . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

Zur deutschen Ausgabe des »Campbell« . . . . . . . . . 52


Kontakte<br />

Dekanat <strong>Biologie</strong><br />

Dekan:<br />

Prof. Dr. Jacob Piehler<br />

Raum 35/E18A<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2834<br />

dekan@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Studiendekanin:<br />

Prof. Dr. Judith Korb<br />

Raum 35/147<br />

Tel.: +49 (0)541 969-3496<br />

studiendekan@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Prodekan:<br />

Prof. Dr. Helmut Wieczorek<br />

Tel.: +49 (0)541 969-3501<br />

helmut.wieczorek@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Prädekan:<br />

Prof. Dr. Michael Hensel<br />

Tel.: +49 (0)541 969-3940<br />

michael.hensel@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Dekanatsverwaltung:<br />

Dekanat <strong>Biologie</strong><br />

Barbarastraße 11, 49076 <strong>Osnabrück</strong><br />

Marianne Marx (Leitung)<br />

Raum 35/E18B<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2833, Fax -2433<br />

marianne.marx@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Yvonne Kirchhoff<br />

Raum 35/E18C<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2821, Fax -2433<br />

yvonne.kirchhoff@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Birte Pahlmann<br />

Raum 35/E19<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2548, Fax -2433<br />

birte.pahlmann-dekanat@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Marion Scott<br />

Raum 35/E19<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2832, Fax -2433<br />

marion.scott-dekanat@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Kontakte<br />

Prüfungsamt <strong>Biologie</strong><br />

Vorsitzender:<br />

apl. Prof. Dr. Klaus Mummenhoff<br />

Raum 35/E46<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2856<br />

klaus.mummenhoff@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Verwaltung:<br />

Jutta Holle<br />

Raum 35/E45<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2831, Fax - 2433<br />

pruefungsamt@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Dörthe van Eyck<br />

Raum 35/E45<br />

Tel.: +49 (0)541 969-2831, Fax - 2433<br />

pruefungsamt@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Sprechzeiten: Mo, Do 10.00-12.00 Uhr, Di 13.00-15.00 Uhr<br />

Studienberatung <strong>Biologie</strong><br />

Bachelor (Ein-Fach & Zwei-Fächer), Master:<br />

PD Dr. Thomas Krüppel<br />

Raum 36/235<br />

Tel.: +49-(0)541 969-2881<br />

thomas.krueppel@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Sprechzeiten: Mi 13.00-14.00 Uhr und nach Vereinbarung<br />

Lehramtsstudiengänge (außer Zwei-Fächer-Bachelor):<br />

Dr. Dominique Remy<br />

Raum 67/117<br />

Tel.: +49-(0)541 969-2829<br />

dominique.remy@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Sprechzeiten: nach Vereinbarung<br />

Fachschaft <strong>Biologie</strong>/Chemie:<br />

Barbarastraße 11, 49076 <strong>Osnabrück</strong><br />

Tel.: +49-(0)541 969-2252<br />

fachschaft@cip.biologie.uni-osnabrueck.de


Entwicklung und Profil<br />

der <strong>Biologie</strong><br />

Die <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> entstand Anfang der siebziger Jahre<br />

aus einer Abteilung der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen.<br />

Das Fach <strong>Biologie</strong> existierte daher zunächst nur als »Didaktik<br />

der <strong>Biologie</strong>« zusammen mit Angewandter Mathematik,<br />

Theoretischer Physik und Chemie als Teil eines <strong>Fachbereich</strong>s<br />

»Naturwissenschaften/Mathematik/Dynamische Systeme«. Im<br />

Jahr 1976 beschloss dieser <strong>Fachbereich</strong> die Einrichtung eines<br />

eigenständigen Studienganges <strong>Biologie</strong> einschließlich des Lehramtes<br />

Sekundarstufe II und eines Diplomstudienganges.<br />

Mit dem zügigen personellen Ausbau der <strong>Universität</strong> in den<br />

folgenden Jahren wurden die Zuständigkeiten für weitere Studiengänge<br />

neu zugeordnet und auf einzelne <strong>Fachbereich</strong>e übertragen,<br />

darunter der neue »<strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong>/Chemie«. Dem<br />

Beschluss der Landesregierung, den Ausbau der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Osnabrück</strong> auf Naturwissenschaften, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften<br />

zu konzentrieren, folgte bald die Errichtung gut<br />

konzipierter Neubauten für die Naturwissenschaften, darunter<br />

auch die <strong>Biologie</strong>. Im Jahr 1983 wurden fast gleichzeitig das<br />

<strong>Biologie</strong>gebäude und das in unmittelbarer Nähe liegende Physik/Chemie-Gebäude<br />

am Westerberg bezogen.<br />

6<br />

Entwicklung<br />

Die Auswahl der 13 biologischen Fachdisziplinen erlaubte das<br />

Einwerben von drei lückenlos aufeinander folgenden Sonderforschungsbereichen<br />

während der letzten 27 Jahre. Dadurch<br />

prägte die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> das Forschungsprofil der <strong>Universität</strong><br />

wesentlich mit. Ein erheblicher Teil der Drittmittel der<br />

gesamten <strong>Universität</strong> wird durch Wissenschaftler aus der <strong>Biologie</strong><br />

beantragt und eingebracht. Die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> belegte<br />

in der Forschungsrangliste des Zentrums für Hochschulentwicklung<br />

(CHE) bei den eingeworbenen Drittmitteln pro Wissenschaftler/in<br />

den 3. Platz unter 49 <strong>Universität</strong>en. Bei 6 von<br />

insgesamt 16 Kriterien liegt sie in der Spitzengruppe. Das Profil<br />

der <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> wird zudem durch inzwischen drei<br />

Niedersachsenprofessuren deutlich (Angewandte Genetik der<br />

Mikroorganismen, Biophysik, Mikrobiologie, siehe Folgeseite).<br />

Auch in der Lehre kann die <strong>Biologie</strong> mit überdurchschnittlichen<br />

Leistungen aufwarten. Das zeigt sich sowohl an ihrem<br />

hohen Anteil an der Gesamtbilanz der universitären Abschlüsse,<br />

einschließlich Dissertationen und Habilitationen, als auch einem<br />

Platz in der Spitzengruppe der CHE-Rangliste. 2010 haben die<br />

Dozenten der <strong>Biologie</strong> die gemeinschaftliche Überarbeitung<br />

eines Standardlehrbuches vorgelegt.<br />

Als einer der ersten deutschsprachigen <strong>Fachbereich</strong>e hat die<br />

<strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

eingerichtet und 2010 die in den Vorjahren gewonnenen<br />

Erkenntnisse in die grundlegend reformierten Studiengänge<br />

»Biowissenschaften« eingebracht.<br />

Ehemalige Hochschullehrer der <strong>Biologie</strong><br />

Altendorf, Karlheinz Mikrobiologie 01. 09. 1980 - 30. 09. 2009 *<br />

Bakker, Evert Mikrobiologie 01. 01. 1981 - 30. 09. 2009 Ruhestand<br />

Bakker-Grunwald, Ottilie Biochemie 01. 08. 1988 - 24. 02. 2006 †<br />

Hurka, Herbert spez. <strong>Botanik</strong> 01. 10. 1982 - 30. 09. 2005 Ruhestand<br />

Junge, Wolfgang Biophysik 01. 05. 1979 - 30. 09. 2007 *<br />

Lengeler, Joseph Genetik 01. 12. 1983 - 30. 09. 2002 Ruhestand<br />

Lieth, Helmut Ökologie 24. 11. 1977 - 31. 03. 1992 Emeritierung<br />

Lueken, Wolfgang Tierphysiologie 01. 10. 1976 - 30. 09. 1997 Emeritierung<br />

Schrempf, Hildgund Angew. Genetik 20. 01. 1989 - 31. 03. 2010 *<br />

Schröpfer, Rüdiger Ethologie 15. 10. 1976 - 30. 09. 2007 Emeritierung<br />

Werries, Eckhard Biochemie 01. 10. 1976 - 30. 09. 2000 Ruhestand<br />

Westheide, Wilhelm Friedrich spez. Zoologie 07. 04. 1983 - 31. 03. 2003 Ruhestand<br />

*Niedersachsenprofessur


Niedersachsenprofessuren<br />

Altendorf, Karlheinz<br />

Diplomchemiker (1967), Promotion (1970, Chemie), Ha bilitation<br />

(1977, Mikrobiologie, <strong>Universität</strong> Tübingen). Pro fes sur (H3) Biochemie<br />

von Regulationsvorgängen (1977-1980, Ruhr-<strong>Universität</strong><br />

Bochum), Professur (C4) Mikrobiologie (<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong>,<br />

1980-2009). Nds.-Professur (2009-2012). Forschung über Struktur<br />

und Funktion von ATP-Synthasen, Kaliumtransport, Regulationsvorgänge<br />

bei Bakterien und über mikrobielle Ökologie, über<br />

200 Publikationen. Teilprojektleiter SFB 171 (1984-1998) und<br />

SFB 431 (1999-2007), Sprecher des SFB 431 (»Membranproteine:<br />

Funktionelle Dynamik und Kopplung an Reaktionsketten«, 1999-<br />

2004). Senator der Stiftung Niedersachsen, Mitglied des wissenschaftlichen<br />

Beirats des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs<br />

Greifswald und des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung<br />

DFG, Vorsitzender des Fachbeirats des MPI für<br />

marine Mikrobiologie Bremen (1994-2011) und des »Moshe Shilo<br />

Center for Marine Biogeochemistry« (The Hebrew University Jerusalem),<br />

Fachgutachter für Mikrobiologie (DFG, 2000-2008).<br />

Forschungssemester an der Stanford University, University of<br />

Madison, University of Illinois in Chicago. Mitglied zahlreicher<br />

biochemischer und mikrobiologischer Gesellschaften. Max-<br />

Planck Forschungspreis, Welcome Visiting Professorship in the<br />

Basic Medical Sciences der Canadian Federation of Biological<br />

Societies.<br />

http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/Mikrobiologie/Altendorf/<br />

Karlheinz Altendorf Wolfgang Junge<br />

Junge, Wolfgang<br />

Diplomingenieur in Physik (1965), Promotion (1968) und Habilitation<br />

(1971) in Physikalischer Chemie an der Technischen <strong>Universität</strong><br />

Berlin. Visiting scientist und visiting professor an der<br />

Johnson Foundation/University of Pennsylvania; University of<br />

Illinois/Urbana Champaign; Gulbenkian Foundation Lissabon;<br />

Cefobi Rosario/Argentinien. Professur (AH4) Biophysikalische<br />

Chemie (TU Berlin, 1973-1978), Professur (C4) Biophysik (<strong>Universität</strong><br />

<strong>Osnabrück</strong>, 1979-2007). Nds.-Professur (2009-2012).<br />

Forschung über Photosynthese, molekulare Bioenergetik und<br />

Membranbiologie, über 260 Publikationen. Sprecher des SFB 171<br />

(»Membrangebundene Transportprozesse in Zellen«, 1984-1998).<br />

Ex-Mitglied des IUPAB board, Ex-Präsident der International<br />

Society of Photosynthesis Research, Ex-Kurator der VW-Stiftung,<br />

Ex-Mitglied des wissenschaftlichen Beirats zweier Max-Planck<br />

Institute: Bio anorganische Chemie (Mülheim) und Biophysik<br />

(Frankfurt, Vorsitz), Mitglied der European Molecular Biology<br />

Organization sowie mehrerer biophysikalischer, biochemischer<br />

und physikochemischer Gesellschaften. Röntgenpreis, Niedersachsenpreis,<br />

Peter-Mitchell-Medal, Boris-Rajewsky-Preis, Bundesverdienstkreuz<br />

1. Klasse.<br />

http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/Biophysik/Junge/<br />

Schrempf, Hildgund<br />

http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/AngewandteGenetik/<br />

7<br />

Niedersachsenprofessuren


Literaturauswahl<br />

Cabrera, M., and Ungermann, C.<br />

(2010) Guiding endosomal maturation.<br />

Cell 141, 403-406.<br />

Markgraf, D., Ahnert, F., Arlt, H.,<br />

Marie, M., Peplowska, K., Epp, N.,<br />

Griffith, J., Reggiori, F., and Ungermann,<br />

C. (2009) The CORVET subunit<br />

Vps8 cooperates with the<br />

Rab5 homolog Vps21 to induce<br />

clustering of late endosomal compartments.<br />

Mol. Biol. Cell 20,<br />

5276-89.<br />

Hou, H., John Peter, A.T., Meiringer,<br />

C.,M., Subramanian, K., and Ungermann,<br />

C. (2009) Analysis of<br />

DHHC acyltransferases implies<br />

overlapping substrate specificity<br />

and a two-step reaction mechanism.<br />

Traffic 10, 1061-73.)<br />

Cabrera, M., Ostrowicz, C., Muri,<br />

M. Reggiori, F., an Ungermann, C.<br />

(2009) Vps41 phosphorylation<br />

and the Rab Ypt7 control the targeting<br />

of the HOPS complex to<br />

endosome-vacuole fusion sites.<br />

Mol. Biol. Cell 20, 1937-48..<br />

Meiringer, C.M., Auffarth, K., Hou,<br />

H., and Ungermann, C. (2008) Depalmitoylation<br />

of the SNARE Ykt6<br />

prevents its entry into the multivesicular<br />

body pathway. Traffic 9,<br />

1510-21.<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Christian Ungermann,<br />

apl. Prof. Dr. Siegfried Engelbrecht-Vandré,<br />

apl. Prof. Dr. Henning<br />

Scholze<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2794<br />

(Sekretariat Frau Keller)<br />

E-Mail: ungermann@biologie. -<br />

uni- osnabrueck.de,<br />

engelbrecht@biologie.uniosnabrueck.de,scholze@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Internet: http://www.uni-osnabrueck.de<br />

8<br />

Biochemie<br />

<strong>AG</strong> Biochemie<br />

Molekulare Zellbiologie<br />

Menschliche Zellen sind genau wie ein Wohnhaus oder eine Industrieanlage in Funktionsräume<br />

unterteilt, die sogenannten Kompartimente. Zellen sind auf den Aufbau und<br />

Erhalt dieser Kompartimente zwin gend angewiesen. Das erfordert Transportmechanismen,<br />

eine Art »öffentlicher Protein / Lipid-Nahverkehr«. Infolge der An zahl und Unterschiedlichkeit<br />

der einzelnen Kompartimente muß der zelluläre Transport zudem über ein zielgenaues<br />

Verpackungs- und Adressiersystem verfügen. Die <strong>AG</strong> Biochemie erforscht diese<br />

Zusammenhänge mit mikroskopischen, gentechnischen, biophysikalischen und biochemischen<br />

Verfahren. Weitere Arbeitsgebiete sind der Untersuchung der Mechanismen zur<br />

Bereitstellung biologischer Energie und der Biochemie pathogener Parasiten gewidmet.<br />

Ein wesentlicher Unterschied zwischen pround<br />

eukaryotischen Zellen liegt in der Kom -<br />

par timentierung der letzteren. Durch diese<br />

Arbeitsteilung und Spezialisierung wird eine<br />

höhere Effektivität erreicht, allerdings um<br />

den Preis der Aufrechterhaltung der dafür<br />

notwendigen Strukturen durch eine aus ge -<br />

feil te intrazelluläre Logistik. Die gene ti sche<br />

Information liegt im Zellkern kodiert vor,<br />

wohingegen die Biosynthesen am endoplasmatischen<br />

Retikulum (ER) und im Cytosol ablaufen.<br />

Folglich müssen Lipide und Pro teine<br />

immer dann zu ihren Wirkorten transportiert<br />

werden, wenn diese nicht am Syntheseort<br />

liegen (Stichwort: »posttranslationales Protein-Targeting«).<br />

[Abbildung 1] Bei Proteinen<br />

ist der endgültige Bestimmungsort in Form<br />

einer Signalsequenz oder eines Target-Motivs<br />

in der Primärstruktur kodiert. Das Verfahren<br />

ähnelt durchaus den aus dem täglichen<br />

Leben bekannten Postleitzahlen. Transport-<br />

wege verlaufen beispielsweise vom ER über<br />

den Golgikomplex hin zur Plasmamembran<br />

oder zu den Lysosomen, oft in beide Rich -<br />

tun gen. Der Materialtransport zwischen den<br />

zellulären Kompartimenten erfolgt in Form<br />

kleiner Transportvesikel. Sowohl die Proteinals<br />

auch die Lipidzusammensetzung der sub -<br />

zellulären Kompartimente ist unterschiedlich.<br />

Daher muss schon beim Entstehen der Vesikel,<br />

dem Abknospen von der Donormembran,<br />

auf ihre bestimmungsgemäße Zusammensetzung<br />

geachtet werden, denn »Fehlsendungen«<br />

können nicht ohne weiteres korrigiert<br />

werden. Der mechanische Transport zum Ziel<br />

erfolgt entweder passiv durch Diffusion oder<br />

aktiv entlang der Komponenten des Cytoskeletts.<br />

Am Ende ihrer Reise muss die Trans -<br />

port vesikel zielsicher mit der Akzeptormembran<br />

verschmelzen. Dabei wird dann die<br />

Fracht übergeben. Darüber hinaus müssen<br />

die einzelnen Transportprozesse neben der<br />

Abbildung 1 faßt einige intrazelluläre<br />

AP3-Pathway<br />

Transportwege schematisch zusammen.<br />

Der Golgi apparat dient der Modifizie -<br />

Microautophagy rung fertig synthetisierter Polypeptidketten,<br />

die aus dem endoplasmatischen<br />

CPY-Pathway<br />

Vacuole<br />

Retikulum (nicht gezeigt) angeliefert<br />

werden. »EE« (early = frühe Endosomen)<br />

LE/MVB<br />

und »LE« (late = späte Endosomen) bzw.<br />

Golgi<br />

Maturation<br />

Macroautophagy »MVB« (multivesicular bodies = multivesikuläre<br />

Körper) sind Transportvesikel-<br />

EE<br />

strukturen, die zwischen Golgi, Zell -<br />

Endocytosis<br />

mem bran und Vakuole / Lysosom hinund<br />

herwandern. Durch die Endozytose<br />

werden Stoffe aus der Zellumgebung<br />

aufgenommen, bei der Makro- bzw. Mikroautophagie werden Zellkomponenten »recycelt«. Die Vakuole<br />

einer Hefezelle entspricht den Lysosomen der Zellen höherer Eukaryonten. Vereinfacht gesagt ist die<br />

Vakuole der Magen einer Hefezelle.


Neusynthese massenmäßig so ausgeglichen sein, dass<br />

die beteiligten Organellen und die Zelle insgesamt<br />

erhalten bleiben.<br />

Beim Entstehen einer Transportvesikel sind die folgenden<br />

Komponenten beteiligt: Die Frachtproteine, die<br />

anhand einer Erkennungssequenz als versandbereit<br />

gekennzeichnet sind, Hüllproteine, die das Abknospen<br />

der Vesikel von der Donormembran bewerkstelligen, und<br />

Adaptorproteine, die den korrekten Zusammenhalt<br />

zwischen Fracht und Hülle vermitteln. In der Nähe des<br />

Ziels werden die Transportvesikel zunächst durch spezielle<br />

Proteine (tethering complexes) lose an die Ziel-<br />

Rab-<br />

GTPase<br />

Budding Tethering<br />

SNARE<br />

disassembly<br />

Wt Mutante<br />

Rab-<br />

GTPase<br />

Tethers<br />

SNAREs<br />

Fusion<br />

membran angebunden und dann durch andere Proteine<br />

ein so enger Membrankontakt vermittelt, dass letzlich<br />

eine Membranfusion stattfindet. Die einzelnen Prozesse<br />

werden durch jeweils Organell-spezifische kleine GTPasen<br />

orchestriert. [Abbildung 2]<br />

Da sich die Zellen höherer Eukaryoten in vielerlei<br />

Hinsicht nicht wesentlich von den erheblich einfacheren<br />

und experimentell besser zugänglichen Zellen der Bäc -<br />

kerhefe (Saccharomyces cerevisiae) unterscheiden, wird<br />

ein Großteil der Experimente an Hefezellen durchgeführt.<br />

[Abbildung 3]<br />

Tethering<br />

complex<br />

cis-SNARE<br />

complex<br />

Abbildung 2 zeigt das Abknospen (budding)<br />

von einer Donormembran bzw. das<br />

Verschmelzen von Transportvesikeln mit<br />

der Akzeptormembran. Dem Verschmelzen<br />

(fusion) geht eine lockere Anbindungsphase<br />

voraus (tethering). Diese Abläufe<br />

erfordern die raum / zeitliche Koordination<br />

durch mindestens die drei gezeigten<br />

Proteine oder Proteinkomplexe<br />

(Rab-GTPase, Tether, SNARE).<br />

Abbildung 3 zeigt lichtmikroskopische Auf nahmen von Hefezellen<br />

(oben) und das Ergebnis einer Elektrophorese (unten). Man kann die<br />

Membranen bestimmter Zellkompartimente durch die selektive Einlagerung<br />

von Farbstoffen anfärben (violette Ringe zeigen hier die Vakuolenmembran).<br />

Außerdem können Proteine gentechnisch so verändert<br />

werden, dass sie grün fluoreszieren. Es ist ersichtlich, dass in<br />

der Mutante das grün fluoreszierende Protein nicht mehr in zytoplasmatischen<br />

Punkten, sondern an der Vakuolenmembran auftaucht.<br />

Mithin bewirkt die Mutation eine Änderung der Loka lisation des untersuchten<br />

Proteins. Die »Fehl leitung« von Proteinen kann schwerwiegende<br />

Konsequenzen für das Funktionieren der einzelnen Zelle<br />

und darüber hinaus des gesamten Organismus nach sich ziehen. Insofern<br />

hat die Grundlagenforschung ohne jeden Zweifel einen hohen<br />

Stellenwert, selbst dann, wenn die Implikationen für unser tägliches<br />

Leben nicht sofort ersichtlich sind.<br />

In einer Elektrophorese wandern elektrisch geladene Teilchen in<br />

einem Gel und unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes. Mit dieser<br />

Technik kann die Anzahl und Größe der Proteine in einem Gemisch<br />

bestimmt werden. Das in der Mitte der Abbildung gezeigte Protein<br />

zeigt nur noch eine Bande, es ist rein. Das ist die Voraussetzung für<br />

das Nachstellen zellulärer Abläufe in einem kontrollierten System,<br />

dem ersten Schritt zum Verständnis dieser Abläufe.<br />

Biochemie<br />

9


Literaturauswahl<br />

W. Junge, H. Lill & S. Engelbrecht;<br />

ATP synthase: an electrochemical<br />

transducer with rotatory mechanics;<br />

Trends Biochem. Sci. 22, 420<br />

- 423 (1997)<br />

O. Pänke, K. Gumbiowski, W. Junge<br />

& S. Engelbrecht; F-ATPase: specific<br />

observation of the rotating c<br />

subunit oligomer of EFoEF1; Febs<br />

Lett. 472, 34 - 38 (2000)<br />

W. Junge, H. Sielaff & S. Engelbrecht;<br />

Torque generation and<br />

elastic power transmission in the<br />

rotary FoF1-ATPase; Nature 459,<br />

364 - 370 (2009)<br />

Kontakt<br />

Apl. Prof.<br />

Dr. Siegfried Engelbrecht-Vandré<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3424<br />

E-Mail: engel@uos.de.<br />

Internet: http://www.biologie.<br />

uni-osnabrueck.de<br />

10<br />

Abbildung 1 Abbildung 2<br />

Biochemie<br />

<strong>AG</strong> Biochemie<br />

Bioenergetik und Nanomechanik<br />

Leben kann als Aufrechterhaltung eines geordneten Systems mittels Synthese, Informationsübertragung<br />

und Transport angesehen werden. Alle drei Vorgänge verbrauchen Energie,<br />

die in Pflanzen und einigen Bakterien durch die Photosynthese, in anderen Mikroorganismen<br />

und Tieren durch die Oxidation von Bestandteilen der Nahrung gewonnen wird. Als<br />

Energiewährung dient dabei das Molekül ATP, gleichermaßen in erdgeschichtlich sehr alten<br />

Organismen oder »neueren« Entwicklungen wie Pflanzen, Tieren und dem Menschen. Ein<br />

Erwachsener verbraucht und resynthetisiert pro Tag etwa das eigene Körpergewicht an ATP,<br />

also bis zu 70 kg.<br />

Wie kann ATP synthetisiert werden? Wenn der<br />

»Zerfall« des ATP in ADP und Phosphat Ener gie<br />

lie fert, dann muß die Syn the se aus ADP und<br />

Phos phat E ner gie er for dern. Die Ka ta ly se der<br />

ATP-Syn the se muß also an eine e ner gie lie fern -<br />

de Re ak ti on ge kop pelt wer den. Die se Kopp lung<br />

er folgt an ei ner Mem bran, die für die Re ak ti -<br />

ons part ner u ndurch läs sig ist, we nig stens im<br />

Zeit rah men der Syn the se re ak ti on. Für che mi -<br />

sche Re ak ti o nen, die in zwei durch ei ne Mem -<br />

bran von ein an der ge trenn ten Räu men ab lau -<br />

fen, spielt ne ben der Gleich ge wichts ein stel -<br />

lung, al so den Men gen, auch der Ort, an dem<br />

sich die Re ak ti ons part ner be fin den, ei ne wich -<br />

ti ge Rol le: Die Aus gleichs ten denz der räum li -<br />

chen Kon zen tra ti ons-Un gleich ver tei lung stellt<br />

näm lich eine nutz ba re E ner gie quel le dar.<br />

Im Zu ge der Pho to syn the se in Pflan zen oder<br />

der Nähr stoff-Ox i da ti on bei Tie ren wer den Pro -<br />

to nen in ei nem Re ser voir an ge rei chert. Die re -<br />

sul tie ren de »pro to nen mo to ri sche Kraft« treibt<br />

dann ih rer seits die ATP-Syn the se re ak ti on an.<br />

Die ATP-Syn tha se (Abb. 1) ist da her kein ge -<br />

wöhn li ches En zym, das ei ne che mi sche Re ak -<br />

ti on be schleu nigt. En zyme än dern nur das Tem -<br />

po der Gleich ge wichts ein stel lung, nicht die<br />

Gleich ge wichts la ge selbst. Die ATP-Syn tha se<br />

be schleu nigt nicht nur die Syn the se-Re ak ti on,<br />

son dern kop pelt die se au ßer dem an die pro to -<br />

nen mo to ri sche Kraft als E ner gie quel le. Die se<br />

Abbildung 3<br />

Kopp lung er folgt über ei ne me cha ni sche Ro ta -<br />

ti on (Abb. 2) in ner halb des ATP-Syn tha se- Mo -<br />

le küls, die auf ver schie de ne Wei se und in sehr<br />

un ter schied li chen Zeit do mä nen sicht bar ge -<br />

macht wer den kann (Abb. 3).<br />

Viel leicht nicht zu letzt in fol ge sei ner me -<br />

cha ni schen Be an spru chung ist das ATP-Syn -<br />

tha se-Mo le kül er staun lich ro bust ge gen ü ber<br />

ei ne Rei he von Ein grif fen. In der Ar beits grup pe<br />

wird die mo le ku la re Me cha nik der ATP-Syn the -<br />

se mit bi o che mi schen, che mi schen, mo le ku lar -<br />

bi o lo gi schen und bi o phy si ka li schen Me tho den<br />

ver än dert und so un ter sucht.


Literaturauswahl<br />

Lückmann, Katrin, Lagemann, Verena<br />

& Menzel, Susanne (eingereicht).<br />

Landscape Aesthetics – a<br />

new Access to Environmental Education<br />

in Botanical Gardens. Manuskript<br />

im Review.<br />

Menzel, Susanne (2010). Biologische<br />

Ressourcen als Lebensgrundlage<br />

für alle – Biodiversität als<br />

Kontext des Globalen Lernens im<br />

<strong>Biologie</strong>unterricht. Zeitschrift für<br />

internationale Bildungsforschung<br />

und Entwicklungspädagogik, 33(2),<br />

10-15.<br />

Menzel, Susanne & Bögeholz, Susanne<br />

(2010). Values, Beliefs, and<br />

Norms that Foster Chilean and<br />

German Pupils’ Commitment to<br />

Protect Biodiversity. International<br />

Journal of Environmental and Science<br />

Education, 5(1), 33-49.<br />

Menzel, Susanne & Bögeholz, Susanne<br />

(2009). The Loss of Biodiversity:<br />

How do Students in Chile and<br />

Germany perceive resource dilemmas<br />

and what solutions do they<br />

see? Research in Science Education,<br />

39(4), 429-447.<br />

Menzel, Susanne & Bögeholz, Susanne<br />

(2008). Was fördert eine Bereitschaft<br />

von Oberstufen schü -<br />

ler(inne)n, die Biodiversität zu<br />

schützen? Eine standardisierte Befragung<br />

in Anlehnung an die<br />

Value-Belief-Norm-Theorie. Umweltpsychologie,<br />

12(2), 105-122.<br />

12<br />

<strong>Biologie</strong>didaktik<br />

<strong>AG</strong> <strong>Biologie</strong>didaktik<br />

Forschen über das Lernen und Lehren<br />

<strong>Biologie</strong>didaktische Forschung verfolgt das übergeordnete Ziel, schulische und außerschulische<br />

Lernprozesse zu optimieren. Durch Forschungsergebnisse empirischer Studien (wie<br />

z. B. Evaluationen und der Erforschung von Lernvoraussetzungen) können Bildungsangebote<br />

optimiert werden. In der Abteilung <strong>Biologie</strong>didaktik der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> stehen dabei<br />

inhaltlich Fragen der Nachhaltigen Entwicklung – und hier insbesondere dem Erhalt der<br />

Biodiversität – im Vordergrund. Aktuell werden zum Thema fünf Fragestellungen bearbeitet.<br />

Im Rahmen eines ersten Forschungsschwerpunkts<br />

werden Lernvoraussetzungen zur Biodiversitätsbildung<br />

bei chilenischen und deutschen<br />

Schülerinnen und Schülern untersucht<br />

(Susanne Menzel in Kooperation mit Susanne<br />

Bögeholz, <strong>Universität</strong><br />

Göttingen). Der inter -<br />

kulturelle Vergleich<br />

zwischen Schülerinnen<br />

und Schülern<br />

eines Industrielands<br />

und eines Biodiversitäts-Hotspots<br />

soll da -<br />

bei Aufschluss über<br />

unterschiedliche Pers -<br />

pektiven zum Biodiversitätsverlust<br />

geben.<br />

Ein zweites For -<br />

schungs projekt (Florian<br />

Fiebelkorn und<br />

Susanne Menzel) weist<br />

ebenfalls einen interkulturellen Focus auf. In<br />

einer qualitativ-quantitativen Studie wird erforscht,<br />

welche<br />

Einflussfaktoren relevant sind für eine Bereitschaft,<br />

den Verlust der Biodiversität im schulischen<br />

Kontext zu thematisieren. Zielgruppe<br />

sind künftige Lehrerinnen und Lehrer in<br />

Deutschland und Costa Rica, einem Hotspot<br />

der Biodiversität. Basierend auf mehreren<br />

theoretischen Zugängen werden Einflussfaktoren<br />

z. B. aus den Bereichen der Selbstwirksamkeitsüberzeugung,<br />

einer grundsätzlichen<br />

Werteorientierung und der wahrgenommenen<br />

Verhaltenskontrolle angenommen. In einer<br />

Interviewstudie wird zunächst erfasst, inwiefern<br />

die theoretisch angenommenen Einflussfaktoren<br />

relevant sind. Eine sich anschließende<br />

Fragenbogenstudie verfolgt das Ziel, Einflussfaktoren<br />

auf die Bereitschaft zur Vermittlung<br />

des Themas im Unterricht quantitativ zu identifizieren.<br />

Um dem Defizit der geringen Wahrnehmung<br />

und Wertschätzung lokaler Biodiversität<br />

bei deutschen Schülerinnen und Schülern zu<br />

Abbildung 1 Modell zur Erklärung der Bereitschaft, biodiversitätsrelevante Themen im<br />

künftigen Unterricht aufzugreifen (Fiebelkorn & Menzel, 2009).<br />

begegnen, fokussiert ein dritter Forschungsschwerpunkt<br />

auf die Wahrnehmung von lokalen<br />

Landschaften durch junge Menschen in<br />

Deutschland. Eignen sich eher naturnah gestaltete<br />

Landschaften zur Thematisierung lokaler<br />

biologischer Vielfalt oder eher klassische<br />

Abbildung 2 Chilenische Schülerinnen und Schüler füllen ihren<br />

Fragebogen aus (2006).


Gärten, in denen Pflanzenreichtum häufig auf<br />

engem Raum dargestellt wird? Dieser Frage<br />

gehen wir (Katrin Lückmann und Susanne<br />

Menzel) in Kooperation mit dem Botanischen<br />

Garten <strong>Osnabrück</strong> nach. Die Studie basiert u.a.<br />

auf der Scenic Beauty Estimation (Daniel &<br />

Boster, 1976). Am Beispiel von klassischen und<br />

Tabelle 1 Regressionsanalytische Identifikation von relevanten Faktoren<br />

für drei unterschiedliche Bereitschaften deutscher Schülerinnen<br />

und Schüler, die Biodiversität zu schützen (N=217, Alter 15-17)<br />

(Menzel & Bögeholz, 2008).<br />

naturbelassenen Flächen Botanischer Gärten<br />

wird in einer quantitativen Studie erhoben,<br />

welche Potenziale die unterschiedlichen Flächen<br />

jeweils besitzen, um das Erkennen sowie<br />

die Wahrnehmung und Wertschätzung lokaler<br />

Biodiversität bei jungen Menschen zu fördern.<br />

Eine vierte Forschungsarbeit (Nadin Hermann<br />

und Susanne Menzel) thematisiert den »Erhalt<br />

der Biodiversität« unter zoologischer Perspektive.<br />

In der Nationalen Strategie zur biologischen<br />

Vielfalt (BMU, 2007) wird explizit die<br />

Förderung von Wildtierbeständen gefordert. Im<br />

Kontext der Wiedereinwanderung des Wolfs in<br />

Sachsen und eines Auswilderungsprojekts<br />

einer Wisentherde im Rothaargebirge zeigt<br />

sich deutlich, dass der Erfolg derartiger Projekte<br />

entscheidend von der Akzeptanz der lokalen<br />

Bevölkerung abhängt. Das Ziel des Forschungsprojekts<br />

ist es, zu erfassen, ob bei<br />

jungen Menschen Schutzbereitschaften vor-<br />

nehmlich in Bezug auf eigene Interessen oder<br />

vornehmlich am Artenschutz orientiert sind.<br />

Dazu wurden auf Basis der Protection-Motivation<br />

Theory (Rogers & Prentice-Dunn, 1997)<br />

zwei Erklärungsmodelle erstellt. Befragt werden<br />

Jugendliche in den Modellregionen und in<br />

Regionen, die nicht von Wildtierprojekten betroffen<br />

sind.<br />

In einem fünften Projekt »Globales Lernen<br />

an lokalen Lernorten« (Moritz Busse und<br />

Susanne Menzel) steht die Frage im Vordergrund,<br />

welches Potenzial Botanische Gärten<br />

für global orientierte Bildungsarbeit haben. Es<br />

wird in formativen Evaluationsprozessen<br />

untersucht, welche Wirkungen Bildungsan -<br />

gebote auf Schülerinnen und Schüler der<br />

Sekundarstufe I haben. Flankierend wird ein<br />

Kompetenzmodell entwickelt, das unter anderem<br />

näher definiert, über welche Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten Lernende in Bezug auf<br />

Globales Lernen verfügen müssen. Als Kontext<br />

für Globales Lernen in Botanischen Gärten<br />

dienen Fragestellungen rund um die biologische<br />

Vielfalt.<br />

Eine ausführliche Literaturliste sowie eine<br />

Liste der in der Darstellung zitierten Quellen<br />

kann bei S. Menzel angefordert werden.<br />

Kontakt<br />

Sekretariat: Nathalie Crombée<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2259<br />

Beate Stumpe (TA)<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2259<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

J.-Prof. Dr. Susanne Menzel<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3351<br />

E-Mail:<br />

susanne.menzel@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Katrin Lückmann<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3449<br />

E-Mail:<br />

katrin.lueckmann@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Dipl.-Biol. Florian Fiebelkorn<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3449<br />

E-Mail:<br />

florian.fiebelkorn@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Dipl.-Biol. Nadin Hermann<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3448<br />

E-Mail:<br />

nadin.hermann@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Dipl.-Biol. Moritz Busse<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3448<br />

E-Mail:<br />

moritz.busse@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Abbildung 3 Modell zur Erklärung der Bereitschaft, Biodiversität zu schützen (Menzel &<br />

Bögeholz, 2008).<br />

<strong>Biologie</strong>didaktik<br />

13


Literaturauswahl<br />

You, C., Wilmes, S., Beutel, O.,<br />

Lochte, S., Podoplelowa, Y., Roder,<br />

F., Richter, C., Seine, T., Schaible, D.,<br />

Uze, G., Clarke, S., Pinaud, F.,<br />

Dahan, M. & Piehler, J. (2010). Selfcontrolled<br />

monofunctionalization<br />

of quantum dots for multiplexed<br />

protein tracking in live cells.<br />

Angew Chem Int Ed Engl 49, 4108-<br />

12.<br />

Strunk, J. J., Gregor, I., Becker, Y., Li,<br />

Z., Gavutis, M., Jaks, E., Lamken, P.,<br />

Walz, T., Enderlein, J. & Piehler, J.<br />

(2008). Ligand Binding Induces a<br />

Conformational Change in ifnar1<br />

that Is Propagated to Its Membrane-Proximal<br />

Domain. J Mol Biol<br />

377, 725-739.<br />

Uze, G., Schreiber, G., Piehler, J. &<br />

Pellegrini, S. (2007). The receptor of<br />

the type I interferon family. Curr<br />

Top Microbiol Immunol 316, 71-95.<br />

Jaks, E., Gavutis, M., Uzé, G., Martal,<br />

J. & Piehler, J. (2007). Differential<br />

receptor subunit affinities of type<br />

I interferons govern differential<br />

signal activation. J Mol Biol 366,<br />

525-539.<br />

Tinazli, A., Piehler, J., Beuttler, M.,<br />

Guckenberger, R. & Tampe, R.<br />

(2007). Native protein nanolithography<br />

that can write, read and<br />

erase. Nature Nanotechnology 2,<br />

220-225.<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Jacob Piehler<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2801<br />

(Sekretariat Frau Elisabeth Olaru)<br />

E-Mail: piehler@uos.de<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

14<br />

Biophysik<br />

<strong>AG</strong> Biophysik<br />

Zur Abwehr von Pathogenen besitzt der menschliche Körper ein Repertoire von verschiedenen<br />

Zelltypen, die in den verschiedenen Organen des Immunsystems zu ihrer vollen Funktion<br />

heranreifen. Um den Einsatz gegen eindringende Viren oder Bakterien zu koordinieren,<br />

müssen diese Zellen miteinander kommunizieren. Dazu verwenden sie Botenstoffe – die<br />

Zytokine – welche über spezifische Rezeptoren auf der Zelloberfläche erkannt werden. Die<br />

<strong>AG</strong> Piehler erforscht, wie durch die Wechselwirkung zwischen Zytokinen und ihren Rezeptoren<br />

unterschiedliche Signalwege und zelluläre Antworten moduliert werden können. Um<br />

diese Prozesse isoliert und im Kontext der Zelle quantitativ zu charakterisieren werden verschiedene<br />

spektroskopische und mikroskopische Methoden eingesetzt.<br />

Typ I Interferone sind Zytokine, die als unmittelbare<br />

Antwort auf einen Angriff durch Viren<br />

oder Bakterien ausgeschüttet werden, um einerseits<br />

Zellen direkt zu alarmieren und um andererseits<br />

Zellen des adaptiven Immunsystems<br />

zu aktivieren. Interferone sind kleine Proteine,<br />

A<br />

IFNAR2<br />

IFN<br />

Jak1<br />

Tyk2<br />

IFNAR1<br />

Transkription<br />

Zellkern<br />

welche an bestimmte Rezeptoren an der Zell -<br />

oberfläche binden (Abbildung 1a,b). Durch<br />

gleichzeitige Wechselwirkung von Interferonen<br />

mit den beiden Untereinheiten des Rezeptors<br />

(IFNAR1 und IFNAR2) werden verschiedene Signalwege<br />

in der Zelle aktiviert, die zur Expression<br />

von Genen für die Abwehr von Pathogenen führen.<br />

Viele nicht-kovalente Wechselwirkungen<br />

zwischen den Aminosäuren der Interferone mit<br />

JAK1<br />

Tyk2<br />

PI3K<br />

p48 STAT1<br />

STAT2<br />

STAT1<br />

STAT3<br />

STAT1<br />

Akt/PKB<br />

STAT5<br />

NFκB<br />

STAT1<br />

STAT5<br />

STAT3<br />

Crkl<br />

Abbildung 1 Signalaktivierung über den Typ I Interferonrezeptor.<br />

A: Durch gleichzeitige Wechselwirkung von<br />

Interferonen mit den zwei Untereinheiten IFNAR1 und<br />

IFNAR2 werden über assozierte Tyrosinkinase verschiedene<br />

Signalwege aktiviert, die zur Transkription eines<br />

breiten Spektrums von Genen führen. B: Die spezifische<br />

Erkennung von Interferonen durch den Rezeptor beruht<br />

STAT2<br />

STAT1<br />

Plasmamembran<br />

Zytoplasma<br />

denen von IFNAR1 und IFNAR2 führen zur einer<br />

spezifischen, definierten Erkennung dieser Botenstoffe<br />

(Abbildung 1b). Während die Raumstruktur<br />

der Komplexe von verschiedenen Interferonen<br />

mit IFNAR1 und IFNAR2 nur geringe<br />

Unterschiede zeigen, ist die Dynamik der Wech-<br />

Vav<br />

Rac1<br />

p38<br />

C<br />

B<br />

relatives Signal [ ]<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

-0.2<br />

IFNω<br />

IFNα1<br />

IFNAR2<br />

IFNα2<br />

IFNAR1<br />

IFNβ<br />

IFNω<br />

0 40 80 120 160 200<br />

Zeit [s]<br />

auf einer Vielzahl gleichzeitiger nicht-kovalenter Wechselwirkungen,<br />

für die Aminosäurereste an der Oberfläche<br />

der Proteine verantwortlich sind. C: Verschiedene Interferone<br />

unterscheiden sich vor allem in der Stabilität der<br />

Komplexe mit IFNAR1 und IFNAR2. Hier wurde die Dissoziation<br />

von verschiedenen Interferonen von der Rezeptoreinheit<br />

IFNAR2 spektroskopisch in Echtzeit verfolgt.<br />

selwirkung stark unterschiedlich (Abbildung 1c).<br />

Über Proteinmutagenese und Proteindesign<br />

konnte gezeigt werden, dass die Dynamik der<br />

Interferon-Rezeptor-Wechselwirkung die Akzentuierung<br />

verschiedener zellulären Antworten<br />

reguliert. Dies auf molekularer und zellulärer<br />

Ebene zu verstehen ist die zentrale Fragestellung<br />

in der Arbeitsgruppe. Um diese Prozesse in<br />

lebenden Zellen zu untersuchen werden hoch-


A<br />

Zytoskelett<br />

1 µm<br />

?<br />

Abbildung 3 Spatiotemporale Dynamik des Interferon-Rezeptor-Komplexes<br />

in der Plasmamembran. A: Mögliche Wechselwirkungen der<br />

verschiedenen Komponenten des Signalkomplexes mit Gerüstproteinen<br />

im Kontext des Zytoskeletts. B: Fluoreszenzmikroskopische Lokalisation<br />

und Verfolgung einzelner Rezeptormoleküle in der Plasmamembran.<br />

In blau sind die Trajektorien einzelner Rezeptoren gezeigt.<br />

sensitive fluoreszenzmikroskopische Verfahren verwendet,<br />

mit denen einzelne Rezeptoren auf der Plasmamembran der<br />

Zelle detektiert und über die Zeit verfolgt werden können<br />

A<br />

B<br />

STAT2<br />

p48<br />

10 µm<br />

JAK1<br />

tyk2<br />

?<br />

STAT2<br />

p48<br />

Adapterproteine<br />

Abbildung 3 Quantitative Untersuchung von Protein-Protein-<br />

Wechselwirkungen in Mikrostrukturen auf Einzelmolekülniveau. A:<br />

Schematische Darstellung der Immobilisierung eines Rezeptorproteins<br />

auf einem mikrostrukturiert funktionalisierten Substrate und<br />

anschließende Wechselwirkung mit einem Bindungspartner. B: Die<br />

kumulative laterale Verteilung von Bindungsereignissen über 1000<br />

Einzelbilder zeigt selektive Bindung in funktionalisierte Areale (markiert<br />

durch das gepunktete Quadrat). C: Aus einer Häufigkeitsanalyse<br />

der Dauer von einzelnen Bindungsereignissen kann eine mittlere<br />

Stabilität der Wechselwirkung bestimmt werden.<br />

Anzahl der Bindungsereignisse<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

C<br />

1 2 3 4 5<br />

Aufenthaltsdauer [s]<br />

C<br />

B<br />

500 nm<br />

C: Trajektorien einzelner IFNAR2-Moleküle im Kontext des Membran-<br />

Skeletts, welches mittels Höchstauflösungs-Mikroskopie abgebildet<br />

wurde. D: Kolokalisation der transienten Bindung des Effektorproteins<br />

STAT2 (grün) mit dem Membranskelett (rot). Durch Einzelmoleküllokalisierung<br />

konnten Strukturen deutlich unterhalb der Beugungsbegrenzung<br />

aufgelöst werden.<br />

(Abbildung 2). Diese Empfindlichkeit wird benötigt, da die<br />

Rezeptorproteine nur in wenigen Hundert Kopien pro Zelle<br />

vorliegen. Zudem kann mit dieser Methode die Heterogenität<br />

der Bewegung und der Verteilung der Rezeptorproteine<br />

mit einer Ortsauflösung von wenigen Nanometern detektiert<br />

werden. Dafür wurden Methoden etabliert, um geeignete<br />

Fluoreszenzsonden selektiv an Zielproteine anzuheften.<br />

Mit diesem Ansatz soll die spatiotemporale Dynamik<br />

der Assemblierung der Rezeptoren und der Signalweiterleitung<br />

in der Zelle aufgeklärt werden, um diese mit der Dynamik<br />

der Interferon-Rezeptor-Wechselwirkung zu korrelieren.<br />

Zudem werden einzelne Komponenten des Signalkomplexes<br />

isoliert in artifiziellen Membranen rekonstituiert,<br />

um Wechselwirkungen und Konformationsänderungen<br />

unter kontrollierten Bedingungen zu charakterisieren. Dafür<br />

werden in der Arbeitsgruppe Oberflächenarchitekturen entwickelt,<br />

mit denen Proteine auf Substraten immobilisiert<br />

und Membranproteine in Membranen inkorporiert werden<br />

können, ohne dabei ihre funktionelle Integrität zu beeinträchtigen.<br />

Durch Mikrostrukturierung dieser Oberflächenarchitekturen<br />

können Interaktionen und Bewegungen lokal<br />

begrenzt werden (Abbildung 3). So können spektroskopische<br />

und mikroskopische Untersuchungen von Wechselwirkungen<br />

und Konformationsänderungen an einzelnen Molekülen<br />

durchgeführt werden.<br />

D<br />

Biophysik<br />

15


Literaturauswahl<br />

Murmu, J., Bush, M., DeLong, C., Li,<br />

S., Xu, M., Khan, M., Fobert, P.,<br />

Zachgo, S., and Hepworth, SR.<br />

(2010) Arabidopsis bZIP transcription<br />

factors TGA9 and TGA10 interact<br />

with floral glutaredoxins<br />

ROXY1 and ROXY2 and are redundantly<br />

required for anther development.<br />

Plant Physiol<br />

154(3):1492-504<br />

Ziemann, M., Bhave, M. and<br />

Zachgo, S. (2009) Origin and diversification<br />

of land plant CC-type<br />

glutaredoxins. Genome Biology<br />

and Evolution 1, 1–12<br />

Li, S., Lauri, A., Ziemann, M., Busch,<br />

A., Bhave, M. and Zachgo, S.<br />

(2009).Nuclear Activity of ROXY1,<br />

a Glutaredoxin Interacting with<br />

TGA Factors, Is Required for Petal<br />

Development in Arabidopsis thaliana.<br />

The Plant Cell 21, 429-441.<br />

Xing, S. and Zachgo, S. (2008)<br />

ROXY1 and ROXY2, two CC type<br />

glutaredoxin genes, together control<br />

anther development in Arabidopsis<br />

thaliana. The Plant Journal<br />

53, 790-801<br />

Busch, A. and Zachgo, S. (2007)<br />

Control of corolla symmetry in<br />

the Brassicaceae Iberis amara.<br />

PNAS 104, 16714-16719<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Sabine Zachgo<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2860<br />

(Sekretariat Frau Schmieding)<br />

E-Mail: zachgo@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

16<br />

Entwicklungsbiologie<br />

<strong>AG</strong> <strong>Botanik</strong> – Entwicklungsbiologie<br />

Entwicklungsgenetik der Pflanzen<br />

Mit über 250.000 verschiedenen Arten stellen die Blütenpflanzen die am stärksten diversifizierte<br />

und somit erfolgreichste Pflanzengruppe auf der Erde dar. Warum ist diese Gruppe<br />

so außerordentlich erfolgreich? Welche Gene sind daran beteiligt?<br />

Entscheidenden Einfluss auf diesen Erfolg hatte die Evolution einer Blüte bei den Angiospermen,<br />

den Blütenpflanzen. Diese komplexe Struktur ist aus verschiedenen Organen mit<br />

spezialisierten Schutz-, Schau- und reproduktiven Funktionen aufgebaut, die so nur bei<br />

den Angiospermen existieren. Unser Ziel ist es, die entwicklungsgenetischen Prozesse zu<br />

untersuchen, die die Ausbildung der Blütenorgane regulieren und die molekularen Mechanismen<br />

zu entschlüsseln, die zur Ausbildung der großen Diversität dieser Pflanzengruppe<br />

führten.<br />

Regulation der Blütenentwicklung<br />

Aufschluss über die genetische Kontrolle der<br />

Blütenentwicklung erhält man, indem Pflanzen<br />

untersucht werden in denen Genfunktionen,<br />

die diese Blütenentwicklung regulieren, defekt<br />

sind. Bei solchen Mutanten treten durch den<br />

Ausfall der Genfunktion und somit dem Verlust<br />

der Ausbildung eines funktionalen Proteins<br />

häufig morphologische und/oder biochemische<br />

Veränderungen auf.<br />

Abb. 1 zeigt einen Vergleich<br />

von Antirrhinum<br />

majus Wildtyp- und<br />

einer plena Mutantenblüte.<br />

Deutlich wird,<br />

dass im Inneren der<br />

plena Blüte die Entwicklung<br />

von reproduktiven<br />

Organen, den<br />

Staubblättern und<br />

Fruchtblättern, unterbleibt.<br />

Stattdessen ent-<br />

steht eine gefüllte<br />

Blüte, die zusätzliche<br />

Blütenblätter im Zentrum<br />

entwickelt. Bei<br />

der plena Mutante ist<br />

ein Gen defekt, dass für<br />

einen MADS-Box Transkriptionsfaktor kodiert,<br />

der die Bildung der reproduktiven Organe reguliert.<br />

MADS-Box Proteine binden an die DNA<br />

von Zielgenen und beeinflussen dadurch deren<br />

Expression. Dadurch steuern sie die Aktivität<br />

von zahlreichen nachgeschalteten Proteinen,<br />

die die Blütenorganbildung realisieren.<br />

Molekulare Analyse der Ausbildung von Blütensymmetrie<br />

Eine besondere morphologische Neuheit in der<br />

Blütenpflanzenevolution ist die Ausbildung von<br />

bilateral symmetrischen Blüten, welche sich<br />

wahrscheinlich durch Ko-Evolution mit Insekten<br />

entwickelten. Ursprüngliche Blütenpflanzen<br />

besitzen radiär-symmetrische Blüten und<br />

erlauben dadurch den Bestäubern den Zugang<br />

zur Blüte von allen Seiten wodurch häufig eine<br />

Vielzahl von unterschiedlichen Insekten angelockt<br />

wird. Bei den weiter abgeleiteten, höher<br />

entwickelten Angiospermen treten bilateral<br />

Abbildung 1 Antirrhinum majus (Löwenmäulchen) Wildtypblüten bilden innerhalb der roten, attraktiven<br />

Blütenblätter die reproduktiven Organe, Staubblätter und Fruchtblätter. Die rechte Blüte<br />

zeigt die homöotische plena Blütenmutante, welche statt reproduktiver Organe weitere Blütenblätter<br />

im Zentrum ausbildet.<br />

symmetrische, sogenannte zygomorphe Blüten<br />

auf. Sie besitzen eine Symmetrieachse, welche<br />

die Blüte in zwei spiegelbildliche, identische<br />

Hälften unterteilt, wie dies bei der Löwenmäulchenblüte<br />

in Abb.1 gezeigt ist. Bedingt durch<br />

die zygomorphe Symmetrie der Blütenblätter<br />

kann Antirrhinum nur von einem Insekt, der<br />

Hummel, bestäubt werden.<br />

Die Ausbildung der Blütensymmetrie wird<br />

durch Schlüsselregulatorgene, die TCP Transkriptionsfaktoren,<br />

gesteuert. Uns interessiert,<br />

welche molekularen Mechanismen die TCP


Aktivität beeinflussen und somit steuern, ob radiäre oder<br />

zygomorphe Blüten gebildet werden. Dafür untersuchen wir<br />

die Familie der Brassicaceae, in der fast alle der über 350<br />

Gattungen radiäre Blüten bilden. Eine große Ausnahme bildet<br />

die Gattung Iberis: Dort wird ein kleines und ein sehr<br />

großes Blütenblattpaar gebildet, wodurch die Blüte nicht<br />

mehr, wie bei Arabidopsis radiär symmetrisch, sondern zygomorph<br />

ist (Abb. 2). Unsere Untersuchungen zeigen, dass<br />

Unterschiede in der TCP-Genregulation ausschlaggebend<br />

sind, diese morphologische Neuheit herbeizuführen. Während<br />

in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana TCP1 in der<br />

Blütenentwicklung nur sehr früh und vorübergehend aktiv<br />

ist, wird das TCP1 Gen in Iberis amara im kleineren, oberen<br />

Blütenblattpaar sehr stark und sehr lange ausgeprägt. Dies<br />

bewirkt, dass dort die Zellteilungsprozesse unterdrückt werden<br />

und die oberen Blütenblätter kleiner bleiben. Bei der<br />

Entstehung der Blütensymmetrie in den Brassicaceen kam<br />

es daher wahrscheinlich in der Gattung Iberis zu einer Veränderung<br />

der TCP-Genschalter, welche steuern, wann die<br />

TCP1 Aktivität ›an‹- oder ›aus‹-geschaltet ist. Das Auftreten<br />

einer veränderten TCP1 Genexpression in verschiedenen<br />

Spezies trug durch die daraus resultierende unterschiedliche<br />

Steuerung von Zellteilungsaktivitäten dann wahrscheinlich<br />

zur Entwicklung von symmetrischen Blüten bei.<br />

ROXYs: eine neue Funktion von Glutaredoxinen in der<br />

Blütenentwicklung<br />

Arabidopsis roxy1 Mutanten bilden statt vier nur zwei Blütenblätter<br />

aus. ROXY1 kodiert für ein Glutaredoxin (GRX),<br />

p35S::YFP-ROXY1 p35S::YFP-ROXY1 p35S::3x-YFPs-ROXY1<br />

complementation of roxy1<br />

YES YES NO<br />

Abbildung 3 ROXY1-Proteine wurden gentechnisch so<br />

verändert, dass sie gelb fluoreszieren (YFP, yellow fluorescent<br />

protein) und dadurch ihre intrazelluläre Lokalisation<br />

bestimmt werden kann. Fluoreszierende<br />

ROXY1-Proteine wurden in Tabakexpressionsassays im<br />

Zellkern (Stern) und im Zytoplasma (Pfeil) nachgewiesen<br />

(Bild links). Eine ausschließliche nukleäre oder cytoplasmatische<br />

(rechts) ROXY1-Lokalisierung wurde<br />

erreicht, indem die Proteine mit weiteren Sequenzen<br />

modifiziert wurden, die entweder einen Transport in<br />

den Zellkern mittels eines NLS (nuclear localisation sig-<br />

Abbildung 2 Vergleich der Blüten von Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand,<br />

oben links) und Iberis amara (Schleifenblume, oben rechts).<br />

In situ mRNA Expressionsuntersuchungen von Iberis TCP1 (unten links)<br />

zeigen, dass TCP1 in den oberen Blütenblättern (dicker Pfeil) stärker ausgeprägt<br />

ist, als in den unteren (dünner Pfeil). Untersuchungen mit dem<br />

Zellteilungsmarkergen Histon H4 belegen, dass dessen Aktivität komplementär<br />

ausgeprägt ist. Im Vergleich zu den oberen (dicker Pfeil) ist<br />

H4 in den unteren Blütenblättern (dünner Pfeil) stärker exprimiert. Dies<br />

bedeutet, dass dort eine verstärkte Zellteilungsaktivität stattfindet, die<br />

zur Bildung von größeren Blütenblättern führt.<br />

nal, Mitte) oder eine cytoplasmatische Ausprägung des<br />

Fusionsproteins (3xYPFs-ROXY1, rechts) bewirken. Die<br />

Funktionsanalyse dieser Proteine erfolgte mittels Komplementationsstudien,<br />

bei der die modifizierten<br />

ROXY1-Proteine in der roxy1 Mutante ausgeprägt<br />

wurden. Eine nukleäre Aktivität von ROXY1 ist unabkömmlich,<br />

um die normalen vier Blütenblätter auszuprägen<br />

(›yes‹). Bei einer Ausprägung im Cytoplasma<br />

kann das ROXY1 Protein die roxy1 Mutante nicht komplementieren,<br />

es bleibt bei der Bildung einer reduzierten<br />

Blütenblattanzahl (›no‹).<br />

eine Oxidoreduktase, welche eine Rolle im Redoxhaushalt<br />

der Zelle spielen. GRX modifizieren andere Proteine und beeinflussen<br />

damit deren Aktivität. Intrazelluläre Lokalisationsstudien<br />

in Kombination mit genetischen Studien (Abb 3.)<br />

zeigen, dass ROXY1 Proteine im<br />

Zellkern ausgeprägt sein müssen.<br />

Im Zellkern interagieren sie mit<br />

TGA Transkriptionsfaktoren und<br />

modifizieren diese wahrscheinlich,<br />

welches eine wichtige Voraussetzung<br />

für eine normale Blütenblattbildung<br />

darstellt. Verglei-<br />

che verschiedener Pflanzengenome<br />

ergaben, dass GRX vom<br />

ROXY-Typ nur in Landpflanzen<br />

vorkommen. Besonders Angiospermen<br />

weisen eine stark erhöhte<br />

Anzahl dieser ROXY-Gene<br />

auf, was ihre Bedeutung bei der<br />

Entwicklung und Regulation der<br />

komplexen Blütenbildung unterstreicht.<br />

Weitere vergleichende<br />

molekulare Untersuchungen zwischen<br />

Arabidopsis und basalen<br />

Landpflanzen, den Moosen, sollen<br />

dazu beitragen, die ancestrale, ursprüngliche<br />

Funktion dieser Oxidoreduktasen<br />

und ihre biochemischen<br />

Funktionen bei Landpflanzen<br />

zu entschlüsseln.<br />

17<br />

Entwicklungsbiologie


Literaturauswahl<br />

K. Mummenhoff, A. Polster, A.<br />

Mühlhausen & G. Theißen; Lepidium<br />

as a model system for studying<br />

the evolution of fruit development<br />

in Brassicaceae. J. Exper.<br />

Bot. 60, 1503 - 1513 (2009)<br />

T. Couvreur, A. Franzke, I. A. Al-<br />

Shehbaz, F. T. Bakker, M. Koch & K.<br />

Mummenhoff; Molecular phylogenetics,<br />

temporal diversification,<br />

and principles of evolution in the<br />

mustard family (Brassicaceae).<br />

Mol. Biol. Evol. 27, 55-71 (2010)<br />

A. Franzke, M. Lysak, I. A. Al-Shehbaz,<br />

M. Koch & K. Mummenhoff;<br />

Cabbage family affairs: the evolutionary<br />

history of Brassicaceae;<br />

Trends Plant Sci., 16, 108-116<br />

(2011)<br />

T. Mandakova, S. Joly, M. Krzywinski,<br />

K. Mummenhoff & M. Lysak;<br />

Fast diploidization in close mesopolyploid<br />

relatives of Arabidopsis.<br />

Plant Cell 22, 2277–2290 (2010)<br />

Kontakt<br />

Sekretariat: Lucille Schmieding<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2860,<br />

Fax: -2845<br />

Apl. Prof.<br />

Dr. Klaus Mummenhoff<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2856<br />

E-Mail: Mummenhoff@bio -<br />

logie.uni-osnabrueck.de<br />

Internet:<br />

http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

18<br />

<strong>Botanik</strong><br />

<strong>AG</strong> <strong>Botanik</strong><br />

Systematik und Merkmalsevolution in Brassicaceen<br />

Die Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) ist eine der größten Pflanzenfamilien der Nordhemisphäre<br />

und Vertreter dieser Familie sind in allen Biotopen verbreitet und geradezu<br />

charakteristisch für Extremstandorte: vom Meeresstrand bis in die Hochgebirge, untergetaucht<br />

im Wasser lebend bis in die trockensten Wüsten vorkommend. Zu den Kreuzblütlern<br />

gehören zudem zahlreiche Kulturpflanzen wie Raps, Kohl und Salatkresse, aber auch<br />

»Unkräuter« von hohem invasiven Potential. Wie kommt es zur Differenzierung einer derartigen<br />

Vielfalt? Warum sind einige Arten weltweit verbreitet, andere dagegen engräumig<br />

begrenzt?<br />

Abbildung 1 Stammbaum der Brassicaceen (ca.<br />

3700 Arten) auf der Basis der DNA-Sequenz von<br />

acht Genen. I-III bezeichnen Hauptevolutionslinien.<br />

Wichtige Modellorganismen der modernen Pflanzenwissenschaften<br />

enthaltende Gruppen sind hervorgehoben.<br />

Die Systematik hat verschiedene<br />

Ziele und Aufgaben: Die<br />

Formenvielfalt zu dokumentieren,<br />

ein Ordnungsprinzip als Informationsspeicher<br />

zu schaffen<br />

und die biologische Vielfalt zu<br />

erklären. Die moderne Systematik<br />

ist eine synthetische<br />

Wissenschaft, die geographische,<br />

ökologische, morphologische,<br />

zytologische und molekulare<br />

Evidenzen integriert, um<br />

Biodiversitätsmuster, deren Ursachen<br />

und Genese zu verste-<br />

hen. Die Erforschung von Evolutionsprozessen,<br />

der Phylogenie und der Besiedlungsgeschichte<br />

(Biogeographie) der Brassicaceen stehen hier im<br />

Mittelpunkt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt<br />

auf modernen molekularbiologischen Techniken,<br />

wie DNA-Sequenzierungen, welche die<br />

Stammesgeschichte widerspiegeln (Abb. 1).<br />

Untersucht werden Evolutionsprozesse auf<br />

der Ebene von Individuen, Populationen, Arten<br />

und höheren systematischen Kategorien. Das<br />

Forschungsspektrum umfasst zwischenartliche<br />

Hybridisierung, biogeographische Fragen, wie<br />

der Einfluss der Eiszeiten auf die Florengeschichte<br />

Eurasiens und die historische Biogeographie<br />

der Brassicaceen auf der Südhalbkugel<br />

[Abb. 2 (links)].<br />

Jüngste Forschungsaktivitäten sind an der<br />

Nahtstelle zwischen Phylogenetik, Evolutionsbiologie,<br />

Entwicklungsgenetik und Ökologie angesiedelt<br />

und sollen grundlegende Einsichten in<br />

die Evolution von adaptiven Merkmalen ermöglichen,<br />

wie z.B. die genetische Basis und Regu -<br />

lation von morphologischen Unterschieden im<br />

Fruchtbau und der Frucht- und Samenausbreitung<br />

[Öffnungsfrüchte versus Schließfrüchte;<br />

Abb. 2 (rechts)].<br />

Abbildung 2 (links) Polyploide australische Lepidium Arten haben ein hybridogenes,<br />

bikontinentales Genom: 16 Chromosomen (rot) stammen aus Afrika; 56 Chromosomen<br />

(grün) sind kalifornischen Ursprungs; Samentransport durch Vögel.<br />

Abbildung 2 (rechts) Schematischer Fruchtquerschnitt: Regulation der Fruchtöffnung<br />

durch Entwicklungskontrollgene, die durch eine exakte Ausbildung funktionaler<br />

Gewebe und Zellen (ÖZ: Öffnungszone) zur Ablösung der Fruchtklappen vom Replum<br />

und so zur Fruchtöffnung führen.


Literaturauswahl<br />

Dupres, V., Alsteens, D., Wilk, S.,<br />

Hansen, B., Heinisch, J. J., and Dufrênes,<br />

Y. F. (2009) The yeast Wsc1<br />

cell surface sensor behaves like a<br />

nanospring in vivo. Nature Chem.<br />

Biol. 5, 857-862.<br />

Heinisch, J. J. (2008) Baker's yeast<br />

as a tool for the development of<br />

antifungal drugs which target cell<br />

integrity - an update. Expert Opin.<br />

Drug Discov. 3, 931-943.<br />

Schehl, B., Senn, T., Lachenmeier,<br />

D., Rodicio, R., and Heinisch, J. J.<br />

(2007) Contribution of the fermenting<br />

yeast strain to ethyl carbamate<br />

generation in stone fruit<br />

spirits. Appl. Microbiol. Biotechnol.<br />

74, 843-850.<br />

Köhli M., Buck S., Schmitz H. P.<br />

(2008) The function of two closely<br />

related Rho proteins is determin -<br />

ed by an atypical switch I region.<br />

J. Cell Sci. 121, 1065-1075.<br />

Lengeler J. W., Jahreis K. (2009)<br />

Bacterial PEP-dependent carbohydrate:<br />

phosphotransferase systems<br />

couple sensing and global<br />

control mechanisms. Contrib Microbiol.<br />

16:65-87.<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Jürgen Heinisch<br />

Telefon+49 (0)541 969 2291<br />

(Sekretariat Frau Schmieding)<br />

E-Mail: heinisch@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Internet: http://www.uniosnabrueck.de<br />

20<br />

Genetik<br />

<strong>AG</strong> Genetik<br />

Genetik pro- und eukaryotischer Modellorganismen<br />

Die Ge ne tik be fasst sich mit den Grund la gen der Ver er bung von Ei gen schaf ten, wie etwa<br />

die der mensch li chen Blut grup pen oder auch von Erb krank hei ten. Die mo der ne Mo le ku -<br />

lar ge ne tik um fasst da rü ber hi naus Be rei che wie die Klo nie rung ein zel ner Ge ne, die etwa<br />

für die bio tech no lo gi sche Her stel lung wich ti ger Pro te i ne wie In su lin, In ter fe ron oder<br />

Wachs tums hor mo nen in Bak te ri en und Pil zen ver wen det wer den kön nen. Als »klas si sche«<br />

Pro duk ti ons stät ten die nen da bei meist ent we der das Darm bak te ri um E. coli oder die Wein-,<br />

Bier- und Bä cker he fe Saccharomyces cerevisiae. Zur Vi ta min ge win nung wird auch der Fa -<br />

den pilz Ashbya gossypii ein ge setzt. Die <strong>AG</strong> Ge ne tik ver wen det al le drei Mo dell or ga nis men,<br />

um ei ner seits zu er for schen, wie sich Zel len tei len und da bei ihre Erb in for ma ti on feh ler -<br />

frei wei ter ge ben. An de rer seits un ter su chen wir, wie Zel len ihre Um ge bung wahr neh men<br />

und ihren Stoff wech sel den An for de run gen an pas sen. Da bei ste hen so ge nann te Sig nal -<br />

ket ten im Mit tel punkt, die z. B. in He fe zel len ganz ähn lich ab lau fen wie beim Men schen.<br />

Feh ler (durch Mu ta ti o nen) in ei nem sol chen In for ma ti ons fluss füh ren da bei häu fig zur<br />

Krebs ent ste hung. Durch ein ge nau es Ver ständ nis der zu grun de lie gen den Me cha nis men<br />

kom men wir der Ent wick lung von wir kungs vol len Me di ka men ten ei nen Schritt nä her. Da -<br />

rü ber hinaus un ter su chen wir den Auf bau der Zell wand von He fen als mög li chen An griffs -<br />

punkt zur Be kämp fung von Pilz krank hei ten, wie z.B. Candida-In fek ti o nen. Schließ lich er -<br />

ge ben sich aus un se ren Ar bei ten mit den ver schie den sten He fe ar ten auch di rek te An wen -<br />

dun gen für die Ver wen dung als Nah rungs- und Fut ter mit tel, so wie den Ein satz in der Weinbe<br />

rei tung und der Bio e tha nol pro duk ti on.<br />

So wie sich die klas si sche Ver er bungs leh re auf<br />

die von Gre gor Men del an Erb sen er forsch te<br />

Wei ter ga be von Ge nen auf die Nach kom men<br />

grün det, fußt die mo de rne Ge ne tik auf der Klo -<br />

nie rung (Iso lie rung) sol cher Ge ne auf klei nen<br />

DNA-Frag men ten. Dies ge lang zu erst mit Hil fe<br />

klei ner, ring för mi ger DNA-Mo le kü le, den Plas -<br />

mi den, so wie den zu ge hö ri gen Werk zeu gen,<br />

den Re strik ti ons en zy men und DNA-Li ga sen, im<br />

Darm bak te ri um Esche ri chia coli. Bak te ri en zel -<br />

len (Pro ka ry on ten) sind deut lich ein fa cher or -<br />

ga ni siert als etwa un se re mensch li chen Zel len,<br />

wo fast das ge sam te Erb ma te ri al in Form von<br />

Chro mo so men in ei nem Zell kern ein ge schlos -<br />

sen ist (Eu ka ry on ten).<br />

Wie bei den Bak te ri en han delt es sich auch<br />

bei der He fe Saccha ro my ces ce re vi si ae um ei -<br />

nen ein zel li gen Or ga nis mus. Al ler dings ver -<br />

mehrt er sich nicht durch Zwei tei lung, son dern<br />

durch Knos pung und ge hört zu den Eu ka ry on -<br />

ten, mit im Zell kern ein ge schlos se nen Chro mo -<br />

so men. Ei ne wei te re Ähn lich keit zwi schen He -<br />

fe und Mensch ist die Fä hig keit zur se xu el len<br />

Ver meh rung. La bor stäm me von S. ce re vi si ae<br />

ha ben Zel len mit zwei Paa rungs ty pen (»Mann«<br />

und »Frau«). Die se kann man kreu zen, wo raus<br />

je vier ha plo i de Nach kom men her vor ge hen. Ei -<br />

ne so ge nann te Te tra den a na ly se zeigt die Ver -<br />

er bung von Ei gen schaf ten nach den Men -<br />

del'schen Re geln, wie sie auch von der Erb se<br />

bis zum Men schen gel ten.<br />

In den letz ten zwei Jahr zehn ten hat sich die<br />

He fe S. ce re vi si ae zu ei nem zwei ten Stand bein<br />

der Mo le ku lar ge ne tik (ne ben E. coli) ent wi ckelt:<br />

Abbildung 1 Der Lebenszyklus der Wein-, Bier- und Bäckerhefe S. cerevisiae mit den verschiedenen Knospungsstadien<br />

(links), sowie das Ergebnis einer Tetradenanalyse (rechts).


Die Ge nom se quenz der 16 Chro mo so men wur de be reits<br />

1996 voll stän dig ent schlüs selt und heu te lie gen uns He -<br />

fe stäm me vor, in de nen je des ein zel ne der über 5000 Ge -<br />

ne aus ge schal tet (»de le tiert«) wur de. Wir ver wen den sol -<br />

che und an de re Mu tan ten für die Auf klä rung ei ner Sig nal -<br />

ket te (»Cell Wall In te gri ty Path way«), die es der He fe zel le<br />

er mög licht, auf äu ße re Stress-Si tu a ti o nen zu re a gie ren, in -<br />

dem sie ih re Zell wand ver stärkt. Oh ne ei ne in tak te Zell -<br />

Abbildung 2 Eine komplexe Signalkette ermöglicht der Hefe den Aufbau<br />

neuer Zellwand zur Anpassung an Stressbedingungen. Signale an der<br />

Zelloberfläche werden wahrgenommen und in ein Programm zur Transkription<br />

von Zielgenen im Zellkern umgesetzt.<br />

wand plat zen die He fe zel len und ster ben. Au ßer dem un -<br />

ter su chen wir de tail liert die Pro te i ne, die für die Tren nung<br />

der Knos pe von der Mut ter zel le (Zy to ki ne se) wich tig sind.<br />

Dies ge schieht in ei nem eng um schlos se nen Raum (Mi kro -<br />

kom par ti ment) zwi schen den bei den Zel len, der als Knos -<br />

pen hals (engl.: »bud neck«) be zeich net wird.<br />

S. ce re vi si ae wird welt weit zur Al ko hol pro duk ti on, von<br />

Spi ri tu o sen bis zur Bio e tha nol her stel lung, ver wen det.<br />

Da bei wer den Zu cker durch den Stoff wech sel weg der Gly -<br />

ko ly se in E tha nol um ge setzt. Auch die da für ko die ren den<br />

Ge ne und die zu grun de lie gen den Re gu la ti ons me cha nis -<br />

men wer den von uns in ten siv un ter sucht.<br />

Ne ben S. ce re vi si ae gibt es noch vie le an de re He fe ar ten<br />

mit teil wei se gro ßer in dus tri el ler Be deu tung. Die oben be -<br />

Abbildung 3A Nach weis bestimmter Proteine bei der Vermehrung von<br />

Hefezellen am Knospenhals durch Fluoreszenz-Mikroskopie. Hefen vermehren<br />

sich durch Knospung und schnüren dabei die Tocherzelle ab. Bestimmte<br />

an diesem Vorgang beteiligte Proteine werden mit einer roten<br />

Fluoreszenzmarkierung (Myo1) nachgewiesen. Ein Sensor des Zellintegritätsweges<br />

(Wsc1, oben) bzw. ein die Zellteilung steuerndes Protein (Hof1,<br />

unten) sind durch die grüne Färbung zu erkennen. Das obere Bild zeigt<br />

Zeitraffer-Aufnahmen im 5-Minuten-Abstand.<br />

schrie be nen Un ter su chun gen<br />

füh ren wir ähn lich auch an der<br />

Lak to se-ver wer ten den Milch he -<br />

fe Kluy ve ro my ces lac tis durch<br />

(mit Be zug zur mensch li chen<br />

Lak to se-In to le ranz), so wie an Abbildung 4: Pilzhyphe von Ashbya gossypii.<br />

Links Hellfeld, rechts Zellkerne und Zy-<br />

der He fe Klo e cke ra a pi cu lata<br />

toskelettelemente.<br />

(»A pi cu la tus-He fen« in der<br />

Wein be rei tung), für die wir erst -<br />

mals ei ne mo le ku la re Ge ne tik auf bau en konn ten.<br />

Ein die sen He fen na he ver wand ter, fi la men tö ser Pilz, ist<br />

Ash by a gos sy pi i, der in der Grup pe von Dr. Hans-Peter<br />

Schmitz un ter sucht wird. A. gos sy pi i ist ein op por tu nis tisch<br />

pa tho ge ner Pilz, der Baum woll- und Zi trus pflan zen be fällt,<br />

hier zu je doch auf die In jek ti on durch an die sen Pflan zen<br />

sau gen de In sek ten an ge wie sen ist. Ne ben der Ei gen schaft<br />

der Über pro duk ti on von Ri bo fla vin (Vi ta min B2), die auch<br />

in dus tri ell ge nutzt wird, be sitzt er ei ni ge Cha rak te ris ti ka<br />

wie das Wachs tum in lang ge streck ten Fi la men ten und das<br />

gleich zei ti ge Vor han den sein von meh re ren Zell ker nen in<br />

ei nem Zell kom par ti ment, die ihn be son ders für Stu di en der<br />

Re gu la ti on des Zy toske letts in ter es sant ma chen.<br />

Ob wohl E. coli tra di ti o nell seit Jahr zehn ten mo le ku lar -<br />

ge ne tisch in ten siv un ter sucht wird, las sen sich an die -<br />

sem Mo dell sys tem im mer neu e in ter es san te bio lo gi -<br />

sche Zu sam men hän ge auf klä ren. Die Grup pe um PD<br />

Dr. Knut Jahreis un ter sucht ins be son de re die Me -<br />

cha nis men der Koh len hy drat auf nah me und die zu -<br />

ge hö ri gen Stoff wech sel we ge. Ei ne wich tige Klas se<br />

von Koh len hy drat trans port sys te men be steht<br />

aus ei ner Viel zahl von Ein zel kom po nen ten,<br />

die ne ben ih rer Funk ti on bei der Zu cker -<br />

auf nah me noch wich ti ge Auf ga ben bei<br />

der Re gu la ti on des Koh len hy drat stoff -<br />

Abbildung 5: McConkey-Indi-<br />

wech sels und der Che mo ta xis, d.h. der kator-Agarplatten helfen bei<br />

ge ziel ten Be we gung der Bak te ri en in der Analyse von Escherichia<br />

Rich tung ei nes Lock stoffs, er fül len. Da coli-Mutanten.<br />

die se Sys te me ge ne tisch sehr leicht zu gäng -<br />

lich sind, wer den die se Mo del le auch für sys -<br />

tem bi o lo gi sche Un ter su chun gen zur Si mu la ti on der Stoff -<br />

wech sel vor gän ge in ei nem le ben den Or ga nis mus ver wen -<br />

det. Die hie raus ge won ne nen Er kennt nis se hel fen bei der<br />

Op ti mie rung von in dus tri ell ge nutz ten Pro duk ti ons stäm -<br />

men, bei spiels wei se bei der Her stel lung von A mi no säu ren.<br />

Abbildung 3B zeigt Zeitraffer-Aufnahmen im 5-Minuten-Abstand.<br />

Genetik<br />

21


Literaturauswahl<br />

Chakravortty, D., Rohde, M., Jager,<br />

L., Deiwick, J., and Hensel, M.<br />

(2005). Formation of a novel surface<br />

structure encoded by Salmonella<br />

Pathogenicity Island 2. EMBO<br />

J 24, 2043-2052.<br />

Gerlach, R.G., Claudio, N., Rohde,<br />

M., Jäckel, D., Wagner, C., and Hensel,<br />

M. (2008). Cooperation of Salmonella<br />

pathogenicity islands 1<br />

and 4 is required to breach epithelial<br />

barriers. Cell Microbiol 10,<br />

2364-2376.<br />

Husseiny, M.I., Wartha, F., and<br />

Hensel, M. (2007). Recombinant<br />

vaccines based on translocated effector<br />

proteins of Salmonella Pathogenicity<br />

Island 2. Vaccine 25,<br />

185-193.<br />

Ballhausen B., Altendorf K., and<br />

Deckers-Hebestreit, G. (2009) Constant<br />

c10 ring stoichiometry in the<br />

Escherichia coli ATP synthase analyzed<br />

by cross-linking. J Bacteriol<br />

191, 2400-2404.<br />

Rajashekar, R., Liebl, D., Seitz, A.,<br />

and Hensel, M. (2008). Dynamic<br />

remodeling of the endosomal<br />

system during formation of Salmonella-induced<br />

filaments by intracellular<br />

Salmonella enterica.<br />

Traffic 9, 2100-2116.<br />

Kontakt<br />

Abt. Mikrobiologie, Sekretariat<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3941<br />

Fax: -3942<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

Prof. Dr. Michael Hensel<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3940 E-<br />

Michael.Hensel@biologie. uniosnabrueck.de<br />

Dr. Gabriele Deckers-Hebestreit<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2809<br />

Gabriele.Deckers-Hebestreit@<br />

biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Dr. Jörg Deiwick<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2855,<br />

Jörg.Deiwick@biologie.uniosnabrueck.de<br />

22<br />

Mikrobiologie<br />

<strong>AG</strong> Mikrobiologie<br />

Zelluläre und Molekulare Mikrobiologie<br />

Die Abteilung Mikrobiologie untersucht molekulare Funktionen bakterieller Zellen. Dabei<br />

interessieren uns Fragestellungen der Pathogenität von Bakterien wie auch grundlegende<br />

Zellfunktionen wie der Aufbau komplexer molekularer Maschinen.<br />

Höhere Organismen wie der Mensch sind im ständigen Kontakt mit Mikroorganismen<br />

und viele Bereiche des Körpers sind mit Mikroorganismen besiedelt. Während diese Koexistenz<br />

in der Regel unbemerkt abläuft, können einige Mikroorganismen Krankheiten hervorrufen.<br />

Am Modellorganismus Salmonella enterica, einem darmpathogenen Bakterium,<br />

untersucht die Arbeitsgruppe die zellulären und molekularen Mechanismen der Krankheitsentstehung.<br />

Die genaue Kenntnis bakterieller Virulenzfaktoren kann die zukünftige<br />

Entwicklung neuer Ansätze zur Prävention, Diagnose und Therapie von Infektionserkrankungen<br />

ermöglichen. Mit Blick auf die zunehmende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika<br />

ist besonders die Entwicklung neuer Therapieansätze wichtig.<br />

Salmonellen können durch gentechnische<br />

Verfahren so verändert werden,<br />

dass sie als Träger für Impfstoffe genutzt<br />

werden können. Unsere Arbeitsgruppe<br />

arbeitet an der Erzeugung von<br />

rekombinanten Lebendimpfstoffen zum<br />

Schutz gegen Infektionen, wie auch zur Therapie<br />

von Tumoren (siehe Husseiny et al.,<br />

2007).<br />

Die Virulenzleistungen pathogener Bakterien<br />

werden häufig von Genen in Pathogenitätsinseln<br />

kodiert, die im Fall von Salmonellen<br />

als ›Salmonella Pathogenicity Island‹<br />

oder SPI bezeichnet werden. Als darmpathogene<br />

Erreger, treten Salmonellen über diverse<br />

Adhäsionsfaktoren in engen Kontakt<br />

mit Wirtszellen und sind in der Lage, nichtphagozytische<br />

Zellen des Wirtsorganismus<br />

zu invadieren, z.B. Epithelzellen des Darms<br />

(siehe Gerlach et al., 2008). Zudem sind Salmonellen<br />

fakultativ intrazelluläre Bakterien,<br />

die in einem besonderen Membrankompartiment<br />

überleben und replizieren können.<br />

Abbildung 1 Interaktion von Salmonellen mit Epithelzellen.<br />

Die elektronenmikroskopischen Aufnahmen<br />

zeigen die Adhäsion an die Zelloberfläche und<br />

die Invasion durch Salmonellen (rot pseudo-koloriert)<br />

Unter den zahlreichen SPI sind SPI1 und SPI4<br />

von besonderer Bedeutung für die Fähigkeit<br />

von extrazellulären Bakterien zur Adhäsion<br />

an polarisierte Epithelzellen und deren Invasion,<br />

während SPI2 und SPI3 für intrazelluläre<br />

Funktionen von entscheidender Bedeutung<br />

sind. Wir untersuchen die molekularen<br />

Mechanismen der Manipulation von Vorgängen<br />

in Wirtszellen durch bakterielle Virulenzproteine.<br />

Pathogene Bakterien benutzen diverse<br />

Systeme zur Sekretion von Proteinen. Mittels<br />

der komplex aufgebauten Typ-III-Sekretionssyteme<br />

(T3SS) können Bakterien Virulenzproteine<br />

direkt in Zellen des Wirts zu injizieren.<br />

Dabei benutzen Salmonellen T3SS zur


Abbildung 2: Intrazelluläre Virulenzleistungen<br />

von Salmonellen. Epithelzellen<br />

wurden mit Salmonellen (grün) infiziert<br />

und die Bakterien liegen nach Invasion<br />

intrazellulär vor. Ein spät-endosomales<br />

Protein der Wirtszelle (LAMP-<br />

1) wurde rot markiert. Virulente Salmonellen<br />

(links), nicht aber ein attenuierter<br />

Mutanten-Stamm (rechts) induzieren<br />

schlauchartige Veränderungen der<br />

endosomalen Membranen der Wirtszelle.<br />

Wildtyp<br />

Umsteuerung von normalen Zellfunktionen der Wirtszelle,<br />

was zur Invasion von Zellen führt. Zudem benut-<br />

frühe<br />

Endosomen<br />

späte<br />

Endosomen<br />

Lysosomen<br />

EEA-1<br />

Igp<br />

CatD<br />

ROI<br />

RNI<br />

TfR<br />

V-ATPase<br />

M6PR<br />

pH 4-5<br />

SIF<br />

SCV<br />

Mutante<br />

Abbildung 3: Zellbiologie intrazellulärer Salmonellen (grüne Symbole). Die<br />

Schritte der Reifung der Erreger-haltigen Vakuole sind dargestellt.<br />

?<br />

Mikrotubuli<br />

zen die intrazellulären Erreger ein<br />

weiteres T3SS, um den Vesikeltransport<br />

der Wirtszelle zu verändern und<br />

eine intrazelluläre Vermehrung zu ermöglichen<br />

(siehe Rajashekar et al.,<br />

2008). Die Arbeitsgruppe untersucht<br />

zudem den Aufbau von T3SS (siehe<br />

Chakravortty et al., 2005).<br />

Die Synthese bzw. Hydrolyse von<br />

ATP, der Energiewährung aller Zellen,<br />

erfolgt durch die ATP-Synthase (FOF1),<br />

einer rotatorischen Maschine mit<br />

zwei Motoren, die elektrochemische<br />

Energie über mechanische Prozesse<br />

in chemische Energie wandelt. Ausgehend vom detaillierten<br />

Kenntnisstand der Nanostruktur und des Katalyse-Mechanismus<br />

von FOF1 untersuchen wir die Assemblierung<br />

des Enzymkomplexes in Escherichia coli, der 22<br />

lösliche und membranintegrale Untereinheiten miteinander<br />

kombiniert. Dabei gilt es zu klären, ob die Untereinheiten<br />

sequentiell eingebaut werden oder ob einzelne<br />

Subkomplexe vorgeformt und dann zu einem Gesamtkomplex<br />

zusammen gefügt werden. Parallel dazu<br />

untersuchen wir mit fluoreszenzmikroskopischen Techniken<br />

die Verteilung und Dynamik der ATP Synthase in<br />

der cytoplasmatischen Membran und suchen nach<br />

möglichen Interaktionspartnern.<br />

Membran<br />

Zielzelle<br />

bakterielle<br />

Zellhülle<br />

Effektorproteine<br />

Abbildung 4: Modell (links) und Ultrastruktur (rechts) eines Typ-III-Sekretionssystems.<br />

Diese Systeme weisen einen Nadel-förmigen Aufbau auf und können Proteine aus<br />

dem Zytoplasma der Bakterienzellen in das Zytoplasma der Wirtszelle translozieren.<br />

Die so injizierten Effektorproteine können diverse Funktionen eukaryontischer Zellen<br />

manipulieren.<br />

45 nm<br />

˜<br />

30 nm<br />

8 nm<br />

16 nm<br />

27 nm<br />

Mikrobiologie<br />

23<br />

13


Literaturauswahl<br />

Appelhans T, Beutel O, Richter C,<br />

Hess S, Piehler J, Busch KB (in<br />

prep), Trapped in cristae: tracking<br />

and precise localization of single<br />

respiratory complexes in the inner<br />

mitochondrial membrane in living<br />

cells.<br />

Muster B, Kohl W, Wittig I, Strecker<br />

V, Joos F, Haase W, Bereiter-<br />

Hahn J, Busch K, Respiratory<br />

chain complexes in dynamic mitochondria<br />

display a patchy distribution<br />

in life cells. PLoS One 5:<br />

e11910<br />

Sukhorukov VM, Dikov D, Busch K,<br />

Strecker V, Wittig I, Bereiter-Hahn<br />

J, Determination of protein mobility<br />

in mitochondrial membranes<br />

of living cells. Biochim Biophys<br />

Acta 1798: 2022-2032<br />

Busch KB, Bereiter-Hahn J, Wittig<br />

I, Schagger H, Jendrach M (2006),<br />

Mitochondrial dynamics generate<br />

equal distribution but patchwork<br />

localization of respiratory Complex<br />

I. Mol Membr Biol 23: 509-<br />

520<br />

Kontakt<br />

Junior-Prof. Dr. Karin Busch<br />

Tel.: +49 (0)541 969 2868<br />

E-Mail: busch_k@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Internet:<br />

http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

24<br />

Mitochondriale Dynamik<br />

<strong>AG</strong> Mitochondriale Dynamik<br />

Raum/zeitliches Verhalten von Atmungskomplexen<br />

Mitochondrien sind Zellorganellen, die gemeinhin als Kraftwerke der Zelle bekannt sind, da<br />

ihre Hauptaufgabe die ATP Synthese, also die Bereitstellung der zelleigenen Energie-Währung,<br />

ist. Sie kommen in jeder eukaryontischen Zelle vor und spielen im normalen Zell-Leben<br />

eine entscheidende Rolle. Nun sind Mitochondrien nicht statische, singuläre Entitäten, sondern<br />

bilden eine dynamische und interaktive Population, die im ständigen Austausch steht<br />

und dadurch flexibel auf unterschiedliche Energieansprüche der Zelle reagieren kann. Zudem<br />

ist die Dynamik Teil einer Qualitätskontrolle. Die <strong>AG</strong> Mitochondriale Dynamik untersucht die<br />

direkten Auswirkungen dieser Dynamik auf die Verteilung und Funktionalität von Atmungskettenkomplexen,<br />

die für die ATP Synthese wichtig sind. Dabei bedienen wir uns vor allem<br />

hochauflösender Mikroskopie-Methoden, um die raum/zeitliche Dynamik von Mitochondrienproteinen<br />

in der lebenden Zelle zu verfolgen.<br />

Mitochondrien haben – neben der ATP-Synthese<br />

– andere wichtige metabolische Funktionen<br />

wie die Oxidation von Substraten im<br />

Zitratsäure-Zyklus, die β-Oxidation von Fettsäuren<br />

oder die Synthese von katalytischen<br />

Fe-S -Zentren. Sie sind Ca2+-Speicher und<br />

damit a Ca2+-vermittelten Signaltransduktionswegen<br />

direkt beteiligt, sind die Hauptpro-<br />

Durchmischung in %<br />

A<br />

B<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Stress<br />

10µm 10µm<br />

Abbildung 1 zeigt wie mitochondriale Dynamik zur<br />

Formveränderung einerseits und zur Durchmischung<br />

von Neuverteilung von Proteinen andererseits führen<br />

kann.<br />

A) Normalerweise liegen Mitochondrien als tubuläres<br />

Netzwerk in der Zelle vor. Einzelne kleine und runde<br />

Mitochondrien sind selten. Bei Stress reagieren Mitochondrien<br />

empfindlich und zerfallen häufig in kleinere<br />

Fragmente. Diese sind noch funktional, durch ihre<br />

kleine Form mobiler und können nach Wegfall des<br />

Dynamik von Mitochondrien<br />

0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />

Zeit (min)<br />

duzenten reaktiver Sauerstoffspezies (ROS)<br />

und spielen bei bestimmten Formen des Zelltodes<br />

(Apoptose) eine zentrale Rolle. Eine<br />

Schädigung hat schwerwiegende Konsequenzen,<br />

die im schlimmstenfalls zum Zelltod und<br />

auf organismischer Ebene zum Verlust von<br />

Geweben führen kann. Besonders drastisch<br />

äußert sich dies bei neurodegenerativen<br />

Stressfaktors oder durch Adaption durch erhöhte Fusion<br />

wieder ein Netzwerk bilden.<br />

B) Unter normalen Umständen dauert die vollständige<br />

Durchmischung von Atmungs-Komplexen zwischen<br />

allen Mitochondrien der Zelle ungefähr 2-3 Stunden.<br />

Um dies zu messen, wird ein Teil der Mitochondrien<br />

durch Fotokonvertierung fluoreszenter Proteine anders<br />

eingefärbt (rot) und die Zeit bis zur Komplettdurch -<br />

mischung mit der Population der anderen Farbe (grün)<br />

durch Aufnahme einer Zeitserie bestimmt.


A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

H +<br />

H +<br />

Abbildung 2 zeigt fusionierte Mitochondrien mit teilweiser Mischung von Atmungs-Komplexen.<br />

A) Fusionierte Mitochondrien zeigen eine Art Streifenmuster der Atmungs-Komplex-Verteilung.<br />

B) Komplexe der mitochondrialen Atmungskette.<br />

C) Antikörperfärbung von Atmungskomplexen in fusionierten Mitochondrien in<br />

Elektronen-Mikroskopie-Schnitten.<br />

D) Lokalisation und Mobilität von Komplex II in Mitochondrien.<br />

e +<br />

O 2<br />

H 2O<br />

ADP<br />

H<br />

cyt. c<br />

+ H +<br />

H +<br />

ATP<br />

MATRIX<br />

IMS<br />

2 µm<br />

Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson, wo der<br />

Dysfunktion von Mitochondrien eine zentrale Bedeutung<br />

beizumessen ist.<br />

Seit wenigen Jahren ist bekannt, dass Mitochondrien<br />

dynamisch sind, sich durch die Zelle bewegen,<br />

aufeinander treffen, fusionieren und sich<br />

wieder teilen. Das Verhältnis von Fusion und Teilung<br />

bestimmt ihre Form: Erhöhte Fusion führt zu<br />

langen tubulären mitochondrialen Netzwerken<br />

während ein Anstieg der Teilungsrate, z. B. bei<br />

Stress, kurze, fragmentierte Mitochondrien hervorbringt<br />

(Abb. 1A). Normalerweise besteht ein dynamisches<br />

Gleichgewicht zwischen tubulären und<br />

punktartigen Formen. Diese Dynamik erlaubt nun<br />

auf verschiedenen Ebenen eine erhöhte Flexibilität:<br />

Zum einen ist der Transport von kurzen Mitochondrien<br />

über zelluläre Autobahnen, die Mikrotubuli,<br />

an Stellen hohen Energieverbrauchs möglich,<br />

zum anderen spielt die Dynamik bei der Qualitätskontrolle<br />

eine entscheidende Rolle. Durch die<br />

intramitochondriale ROS-Produktion werden Mitochondrien<br />

selbst geschädigt. Die Fusion (und<br />

Teilung) der Mitochondrien mildert nun die Anhäufung<br />

von Schäden ab, indem sie einen Austausch<br />

von Komponenten ermöglicht (Abb. 1B). Zu<br />

stark geschädigte Mitochondrien können nicht<br />

mehr fusionieren und werden nach Verschmelzen<br />

mit Lysosomen abgebaut und recycled. Im Alter<br />

und bei verschiedenen Krankheiten sind die Dynamik<br />

der Mitochondrien und damit der Austausch<br />

reduziert. Dies führt zu einer Überhandnahme dysfunktionaler<br />

Mitochondrien. Damit ist die Energieversorgung<br />

der Zelle nicht mehr gewährleistet und<br />

das Signal für den intrinsischen Weg der Apoptose<br />

– des Zelltodes – ist in Gang gesetzt.<br />

Wir versuchen in der <strong>AG</strong> Mitochondriale Dynamik<br />

die direkten Auswirkungen der Fusions- und<br />

Teilungsaktivität von Mitochondrien auf die Neu-<br />

Verteilung von Proteinen nachzuvollziehen. Dabei<br />

interessiert uns vor allem die exakte räumliche<br />

Anordnung von Komplexen der Atmungskette in<br />

Mikrokompartimenten der Mitochondrien sowie<br />

ihre Mobilität in Membranen (Abb. 2) um den Zusammenhang<br />

von mitochondrialer Heterogenität,<br />

Funktion und Dynamik besser zu verstehen.<br />

25<br />

Mitochondriale Dynamik


Literaturauswahl<br />

Hunke, S., Keller, R., Müller, V. S.<br />

(2012) Signal integration by the<br />

Cpx-envelope stress system. FEMS<br />

Microbiol Lett. 326, 12 - 22<br />

Zhou, X., Keller, R., Volkmer, R.,<br />

Krauß, N., Scheerer, P., and Hunke,<br />

S. (2011) Structural basis for twocomponent<br />

system inhibition and<br />

pilus sensing by the auxiliary CpxP<br />

protein. J. Biol. Chem. 286, 9805 -<br />

9814<br />

Müller, V. S., Jungblut, P. R., Meyer,<br />

T. F., and Hunke, S. (2011) Membrane-SPINE:<br />

An improved method<br />

to identify protein-protein<br />

interaction partners of membrane<br />

proteins in vivo. Proteomics 11,<br />

2124 - 2128<br />

Fleischer, R., Heermann, R., Jung,<br />

K., and Hunke, S. (2007) Purification,<br />

reconstitution, and characterization<br />

of the CpxRAP envelope<br />

stress system of Escherichia coli.<br />

J. Biol. Chem. 282, 8583 - 8593<br />

Kontakt<br />

Junior-Prof. Dr. Sabine Hunke<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />

FB 5 – Molekulare Mikrobiologie<br />

Barbarastraße 11<br />

49069 <strong>Osnabrück</strong><br />

Tel.: +49 (0)541 969-7141<br />

E-Mail: sabine.hunke@<br />

biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Internet:<br />

http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

26<br />

Molekulare Mikrobiologie<br />

<strong>AG</strong> Molekulare Mikrobiologie<br />

Stressantwort bei Enterobakterien<br />

Bakterien sind permanenten Veränderungen ihrer Umgebung ausgesetzt. So müssen sich pathogene<br />

Darmbakterien (Enterobakterien) im menschlichen Körper orientieren können, um<br />

einerseits das generelle Überleben zu sichern und andererseits die verschiedenen Schritte<br />

einer Infektion zu koordinieren. Dazu bedarf es hoch spezifischer Signalsysteme, die das für<br />

die Veränderung charakteristische Signal erkennen, die Information in das Innere der Zelle<br />

leiten und dort in eine Antwort umsetzen. Bei Bakterien dominieren hierzu Zweikomponentensysteme.<br />

Interessanterweise sind Zweikomponentensysteme bisher nicht bei höheren Eukaryonten<br />

identifiziert worden und werden daher als mögliches Angriffsziel für neue Antibiotika<br />

angesehen. Im Zuge dessen nimmt die Suche nach Wirkstoffen gegen sie heute eine<br />

zentrale Rolle ein.<br />

Wir untersuchen mit dem Cpx-Stresssystem<br />

ein für die Virulenz von Darmbakterien<br />

wichtiges Zweikomponentensystem. Es besitzt<br />

neben der membranständigen Sensorkinase<br />

CpxA und dem Antwortregulator CpxR<br />

zusätzlich das periplasmatische Protein CpxP<br />

(Abb. 1) (siehe Hunke et al., 2011). Die Reiz-<br />

Abbildung 1 Das Cpx-Stress-Signalsystem: Das Cpx-<br />

System gehört zu den Zweikomponentensystemen und<br />

besteht aus der Sensorkinase CpxA und dem Antwortregulator<br />

CpxR. Verschiedene Stresssignale führen zur<br />

Phosphorylierung von CpxA, das den Phosphatrest auf<br />

leitung erfolgt dabei über eine Phosphorylierungskaskade.<br />

Im Zuge eines positiven Reizes<br />

phosphoryliert CpxA zunächst sich selbst und<br />

überträgt dann den Phosphatrest auf CpxR.<br />

Das dadurch aktivierte Protein kann so in der<br />

Funktion eines Transkriptionsfaktors die Expression<br />

von Zielgenen modulieren. Zu diesen<br />

CpxR überträgt. Das so aktivierte CpxR kann nun<br />

unterschiedliche Zellfunktionen regulieren. Das zusätzliche<br />

Protein CpxP hemmt CpxA und dient als Sensor<br />

für einige fehlgefaltete Proteine.


Abbildung 2 Membrane-SPINE: Für viele biologische Prozesse sind<br />

Membranproteine essentiell. Membranproteine arbeiten vor allem in<br />

Komplexen. Um das Zusammenspiel in solchen Komplexen besser verstehen<br />

zu können, benötigt man Methoden, um die direkte Interaktion<br />

zwischen Membranproteinen nachzuweisen. Für diese Anwendung<br />

haben wir die Methode »Membrane- Strep-tagged protein interaction<br />

experiment« (Membrane-SPINE) entwickelt (siehe Müller et al., 2011).<br />

Membrane-SPINE nutzt die Fähigkeiten des Proteinvernetzers (crosslinkers)<br />

Formaldehyd, Membranen zu penetrieren und alle Proteine<br />

Zielgenen zählen neben Faltungshelfern (Chaperonen)<br />

und Proteasen vor allem Oberflächenstrukturen, die für<br />

die Anheftung an und die Invasion in Wirtszellen, aber<br />

auch beim Kampf gegen das Immunsystem essentiell<br />

sind. Hierzu zählen z. B. beide Typ 3 Sekretionssysteme<br />

von Salmonella enterica serovar Typhimurium.<br />

Außerdem kann CpxA phosphoryliertes CpxR ebenfalls<br />

dephosphorylieren und so die Antwort der Bakterien auf<br />

ein Signal besser ausbalancieren. Zu den Signalen, die das<br />

Cpx-System erkennt, gehören neben pH-Stress, Salz-<br />

Stress, Schwermetallen, der Lipidzusammensetzung der<br />

inneren Membran und verschiedenen aggregierte Proteinen,<br />

auch die Anheftung an Oberflächen und menschliche<br />

Hormone (Adrenalin). Darüber hinaus wird das Sys-<br />

miteinander zu verknüpfen, die sich in physikalischer Nähe zueinander<br />

befinden (a). Diese Verknüpfung bleibt auch während der Reinigung<br />

des mit einem Strep-tag versehenen Membranproteins stabil (b). Die<br />

Verknüpfung zwischen dem Membranprotein (bait) und co-gereinigten<br />

Proteinen (prey) wird durch einfaches Kochen wieder gelöst. Mit Hilfe<br />

einer SDS-P<strong>AG</strong>E werden die Proteine voneinander getrennt (c) und vermutete<br />

Interaktionspartner können durch Immunoblotting nachgewiesen<br />

(d) bzw. unbekannte Interaktionspartner durch massenspektroskopische<br />

Analysen identifiziert werden (e).<br />

tem negativ durch das lösliche CpxP Protein moduliert<br />

(siehe Fleischer et al., 2007), welches als zusätzlicher<br />

Sensor für einige Signale fungiert (Abb. 1) (siehe Zhou et<br />

al., 2011).<br />

In vergleichenden Studien, untersuchen wir mittels<br />

molekularbiologischer, biochemischer (Abb. 2) und biophysikalischer<br />

Methoden sowohl die Strukturen und Mechanismen<br />

zur Signalerkennung und Signalleitung als<br />

auch die Funktion für die Virulenz des Cpx-Zweikomponentensystems<br />

aus den Modellorganismen Escherichia<br />

coli und Salmonella enterica.<br />

27<br />

Molekulare Mikrobiologie


Literaturauswahl<br />

Gauthier-Kemper, A., Weissmann,<br />

C., Golovyashkina, N., Sebö-Lemke,<br />

Z., Drewes, G., Gerke, V., Heinisch,<br />

J.J., and Brandt, R. (2011) The frontotemporal<br />

dementia mutation<br />

R406W blocks tau’s interaction<br />

with the membrane in an annexin<br />

A2-dependent manner. J. Cell Biol.,<br />

in press.<br />

Bakota, L., and Brandt, R. (2009)<br />

Live cell imaging in the study of<br />

neurodegeneration. Int. Rev. Cell<br />

Mol. Biol. 276:49-103.<br />

Tackenberg, C., and Brandt, R.<br />

(2009) Divergent pathways mediate<br />

spine alterations and cell<br />

death induced by amyloid-β, wildtype<br />

tau, and R406W tau. J. Neurosci.<br />

29, 14439-50.<br />

Weissmann, C., Reyher, H.J., Gauthier,<br />

A., Steinhoff, H.J., Junge, W.,<br />

and Brandt, R. (2009) Microtubule<br />

binding and trapping at the tip of<br />

neurites regulate tau motion in living<br />

neurons. Traffic 10, 1655-68.<br />

Lüdemann, N., Clement, A., Hans,<br />

Volkmar, H., Leschik, J., Behl, C., and<br />

Brandt, R. (2005) O-Glycosylation<br />

of the tail domain of neurofilament<br />

protein M in human neurons<br />

and in spinal cord tissue of a rat<br />

model of amyotrophic lateral sclerosis<br />

(ALS). J. Biol. Chem.<br />

280:31648-31658.<br />

28<br />

Neurobiologie<br />

<strong>AG</strong> Neurobiologie<br />

Molekulare Mechanismen der Alzheimerschen Erkrankung<br />

Bei der Alzheimerschen Erkrankung kommt es zu immensen Gedächtnisstörungen, wodurch<br />

vor allem das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt wird. Erkrankte können sich zum Beispiel<br />

nicht mehr erinnern, wo sie wohnen, oder sie erkennen ihre Angehörigen nicht mehr. Die<br />

Ursache liegt in einer Störung der Kommunikation zwischen den Nervenzellen, an den sogenannten<br />

Synapsen. Im Verlauf der Alzheimererkrankung kommt es dann zu einem massiven<br />

Absterben von Nervenzellen, die anfänglichen Gedächtnisstörungen entwickeln sich<br />

hin zu einem vollständigen Gedächtnisverlust. Die Krankheit, an der allein in Deutschland<br />

mehr als eine Million Menschen leiden, ist bisher nicht ursächlich behandelbar.<br />

Ein großer Teil der Arbeitsgruppe konzentriert<br />

sich darauf, die molekularen und zellulären<br />

Vorgänge besser zu verstehen, die dem Krankheitsverlauf<br />

zugrunde liegen. Eine wesentliche<br />

Rolle spielt dabei ein Protein des neuronalen<br />

Zellskeletts, das Tau Protein. Tau, das normalerweise<br />

im axonalen Kompartiment einer Nervenzelle<br />

angereichert ist, verteilt sich im<br />

Krankheitsverlauf um und bildet Aggregate –<br />

die sogenannten Alzheimerfibrillen – im Zellkörper<br />

und in den Dendriten der Neurone.<br />

Nach dem aktuellen Stand der Forschung führen<br />

diese Veränderungen dazu, dass die Nervenzellen<br />

absterben. In Kooperation mit der<br />

Arbeitsgruppe von Dr. Gloria Lee (Harvard Medical<br />

School, Boston, USA) konnte in der Arbeitsgruppe<br />

gezeigt werden, dass das Tau Protein<br />

eine Rolle als Verbindungsglied zwischen<br />

dem neuronalen Zellskelett und der Zellmembran<br />

spielt. Veränderungen von Tau, wie sie typisch<br />

für die Alzheimersche Krankheit sind,<br />

führen dazu, dass Tau diese Funktion nicht<br />

mehr wahrnehmen kann. Dies trägt vermutlich<br />

zu einer Umverteilung von Tau und zu einer<br />

Desta bilisierung der<br />

betroffenen Nervenzelle<br />

bei. Zudem<br />

konnte in der Arbeitsgruppe<br />

ge zeigt werden,<br />

dass Veränderungen,<br />

bei der krank -<br />

heits ty pi sche Modifikationen<br />

von Tau Protein<br />

simuliert werden,<br />

toxisch auf die Nervenzellen wirken und einen<br />

programmierten Zelltod auslösen.<br />

Um die molekularen Wechselwirkungen bei<br />

der Entwicklung der Krankheit aufzuklären,<br />

wurden diese Erkenntnisse genutzt und verschiedene<br />

Zellkulturmodelle entwickelt, die<br />

wesentliche Aspekte der Krankheit abbilden<br />

und »live« eine Beobachtung der Krankheitsentwicklung<br />

mittels moderner bildgebender<br />

Verfahren ermöglichen. Dabei sind wir in der<br />

Lage, Veränderungen auf der Ebene synaptischer<br />

Kontakte zwischen einzelnen Nervenzellen<br />

sichtbar zu machen. In interdisziplinärer<br />

Zusammenarbeit haben hier auch Wissenschaftler<br />

aus der Physik, der Genetik und der<br />

Mathematik beigetragen. Diese Modelle bieten<br />

die Grundlage dafür, Möglichkeiten zu testen,<br />

die pathologischen Vorgänge zu verhindern<br />

oder zumindest zeitlich zu verzögern. Es besteht<br />

die Hoffnung, dass dies für die Entwicklung<br />

therapeutischer Strategien zur Behandlung<br />

der Alzheimerschen Erkrankung von<br />

Bedeutung sein wird.<br />

Abbildung 1 Nervenleuchten im Gehirn (links). Mit einem speziellen Verfahren wurden einzelne<br />

Nervenzellen in einem Hirnschnitt zum Fluoreszieren gebracht. Dies ermöglicht eine »live« Beobachtung<br />

der Nervenzellen unter dem Mikroskop zur Untersuchung degenerativer Veränderungen.<br />

Nervenzellen in einem authentischen nervösen Umfeld (rechts). Die experimentelle Anordnung<br />

erlaubt es, die Schaltung von Nervenzellen sichtbar zu machen.


Das Zellskelett bei der Entwicklung und beim Altern von Nervenzellen<br />

Nervenzellen sind auf Informationsübertragung über große Distanzen spezialisiert und<br />

haben zu diesem Zweck eine einzigartige zelluläre und molekulare Architektur ausgebildet.<br />

Dies erfordert ausgefeilte Mechanismen, wie die Nervenzellen ihre Zielstrukturen finden.<br />

Gleichzeitig macht es Nervenzellen aber auch anfällig für molekulare Veränderungen, wie<br />

sie beim Altern auftreten.<br />

Nervenzellen sind auf Informationsübertragung<br />

über große Distanzen spezialisiert<br />

und haben zu diesem<br />

Zweck eine einzigartige<br />

zelluläre und molekulare<br />

Architektur<br />

ausgebildet. Dies<br />

erfordert ausgefeilteMec<br />

h a n i s m e n ,<br />

wie die Ner -<br />

venzellen ihre<br />

Zielstrukturen<br />

finden. Gleichzeitig<br />

macht es<br />

Nervenzellen aber<br />

auch anfällig für molekulare<br />

Veränderungen, wie<br />

sie beim Altern auftreten.<br />

Die Abteilung untersucht die Rolle des neuronalen<br />

Zellskeletts als der hauptsächlichen<br />

intrazellulären Determinanten der Morphologie<br />

von Nervenzellen. Dazu wurde eine Reihe<br />

von neuen monoklonalen Antikörpern entwickelt,<br />

die als molekulare Werkzeuge eingesetzt<br />

werden können, um einzelne Strukturen des<br />

Zellskeletts zu detektieren und Veränderungen<br />

bei der Entwicklung und beim Altern festzustellen.<br />

Einer der Antikörper, der mittlerweile<br />

von der Arbeitsgruppe an ein Unternehmen<br />

auslizensiert wurde, erkennt zum Beispiel ein<br />

Protein mit dem Namen Gravin, das bei der<br />

Autoimmunkrankheit Myasthenia gravis und<br />

möglicherweise auch beim Ausbilden von Zellverzweigungen<br />

beteiligt ist. Ein weiterer Antikörper<br />

erkennt eine spezielle Modifikation<br />

eines Neurofilamentproteins. Diese Modifikation,<br />

die sogenannte O-Glykosylierung, ist bei<br />

Krankheiten wie der amyotrophen Lateralsklerose<br />

(ALS) reduziert. In Zusammenarbeit mit<br />

der Arbeitsgruppe von Dr. Cheng-Xin Gong<br />

(New York State Institute for Basic Research<br />

in Developmental Disabilities, Staten Island,<br />

USA), konnte gezeigt werden,<br />

dass diese Modifikation auch<br />

bei der Alzheimerschen Erkrankung<br />

und vermutlich<br />

auch bei normalen Alterungsvorgängen<br />

fehlreguliert ist.<br />

In einer Kooperation<br />

mit dem Institut<br />

für Chemie (Osna-<br />

Abbildung 2 Nervenzelle mit »Alz -<br />

heimerfibrillen« (dunkle Strukturen) im<br />

Gehirn eines Alzheimer-Patienten im fortgeschrittenen<br />

Stadium der Krankheit. Nach<br />

dem aktuellen Stand der Forschung führen die<br />

Fibrillen zum Absterben der Nervenzellen und zum fortschreitenden<br />

Gedächtnisverlust.<br />

brück) werden diese Antikörper als Werkzeug<br />

verwendet, um neue biologisch aktive Moleküle<br />

zu identifizieren, die die Entwicklung von<br />

Nervenzellen fördern. Die Hoffnung ist, dass<br />

solche Moleküle bei stammzelltherapeutischen<br />

Ansätzen zur Therapie von Alterskrankheiten<br />

von Nutzen sein werden.<br />

Abbildung 3 Eine einzelne menschliche<br />

Nervenzelle (rot) auf einem Teppich<br />

von Gliazellen. Mit Hilfe neuer<br />

Antikörper können die Entwicklung<br />

und Alterung von Nervenzellen sichtbar<br />

gemacht werden.<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Roland Brandt<br />

Neurobiologie der<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />

Barbarastrasse 11<br />

49076 <strong>Osnabrück</strong><br />

Telefon: +49 (0)541 969 2338<br />

Fax: +49 (0)541 969 2354<br />

E-Mail: brandt@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

Wissenschaftliches Personal:<br />

Prof. Dr. Roland Brandt,<br />

Apl. Prof. Dr. Gunnar Jeserich,<br />

Dr. Lidia Bakota,<br />

Anne Gauthier-Kemper,<br />

Nataliya Golovyashkina,<br />

Katrin Klempahn,<br />

Katharina Moschner,<br />

Dennis Prieß, Karolin Selle,<br />

Fred Suendermann<br />

Nicht-wissenschaftliches<br />

Personal:<br />

Dr. Wilfried Hamann, Henning<br />

Borgstädde, Bettina Flenker,<br />

Angelika Hilderink<br />

Neurobiologie<br />

29


Literaturauswahl<br />

Exeler, N., Kratochwil, A. & Hochkirch,<br />

A. (2010) Does recent habitat<br />

fragmentation affect the population<br />

genetics of a heathland<br />

specialist, Andrena fuscipes (Hymenoptera:<br />

Andrenidae)? Conservation<br />

Genetics 11,1679–1687<br />

Exeler, N., Kratochwil, A. & Hochkirch,<br />

A. (2009) Restoration of riverine<br />

inland sand dunes: Implications<br />

for the conservation of<br />

wild bees (Apoidea). Journal of<br />

Applied Ecology 46,1097-1105<br />

Exeler, N., Kratochwil, A. & Hochkirch,<br />

A. (2008) Strong genetic exchange<br />

among populations of a<br />

specialist bee, Andrena vaga (Hymenoptera:<br />

Andrenidae). Conservation<br />

Genetics 9, 1233-1241<br />

Kratochwil, A., Beil, M. & Schwabe,<br />

A. (2009 ) Complex structure of<br />

pollinator-plant interaction-webs:<br />

random, nested, with gradients or<br />

modules? Apidologie 40, 634-650<br />

Kratochwil, A., Stroh, M., Dittrich,<br />

S. & Remy, D. (2009) Binnendünen-Restitution<br />

im Auengebiet<br />

der Hase (Niedersachsen), eine Bilanz<br />

nach 7 Jahren. BfN-Schriftenreihe<br />

Naturschutz und Biologische<br />

Vielfalt 73, 93-107<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Anselm Kratochwil<br />

Dr. Dominique Remy<br />

Dr. Nina Exeler<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2836<br />

(Sekretariat Birte Pahlmann)<br />

E-Mail: kratochwil@biologie.uniosnabrueck.de<br />

E-Mail: remy@biologie.uniosnabrueck.de<br />

E-Mail: exeler@biologie.uniosnabrueck.de<br />

E-Mail: pahlmann@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

30<br />

Ökologie<br />

<strong>AG</strong> Ökologie<br />

Die Ökologie beschäftigt sich mit den Beziehungen von Organismen untereinander und<br />

mit ihrer Umwelt. Zwischen den verschiedenen Umweltfaktoren und den Organismen-<br />

Populationen bestehen in Ökosystemen vielfältige und komplexe Beziehungsgefüge. In der<br />

<strong>AG</strong> Ökologie konzentrieren wir uns auf die Erforschung von Vernetzungsstrukturen innerhalb<br />

von Biozönosen. Als Modellobjekt dienen Wildbienen, die als besonders artenreiche<br />

Tiergruppe eng an ein spezifisches Nahrungspflanzen-Spektrum gebunden sind. Neben<br />

Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerken untersuchen wir auch Ausbreitungsphänomene<br />

ausgewählter Wildbienenarten in Zusammenhang mit populationsgenetischen Aspekten.<br />

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Renaturierungsökologie. Hierbei<br />

geht es im Speziellen um die Wiederherstellung von ehemals weit verbreiteten, jedoch<br />

heute stark gefährdeten Auenlandschaften mit Flutrasen-Binnendünen-Vegetationskomplexen,<br />

die eine hohe biologische Diversität aufweisen. Es werden wissenschaftliche Grundlagen<br />

erarbeitet, die es ermöglichen, in einst intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten<br />

Lebensgemeinschaften nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union<br />

wieder zu etablieren.<br />

Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerke<br />

Geschachtelte Netzwerke zwischen Pflanzenund<br />

Wildbienenarten garantieren das Überleben<br />

seltener und spezialisierter Arten. Nach<br />

der Nested-Subset-Hypothese nutzen seltene<br />

und spezialisierte Blütenbesucher weit verbreitete<br />

und auf einen großen Blütenbesucherkreis<br />

eingerichtete Pflanzenarten. Das<br />

Gleiche gilt für seltene und spezialisierte<br />

Pflanzenarten. Zahlreiche Untersuchungen<br />

zeigen, dass eine solche Schachtelung<br />

schwer nachweisbar ist. Hingegen konnte<br />

gezeigt werden, dass in vielen Fällen Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerkemodularisiert<br />

sind (Abbildung 1). Hierbei spielen<br />

einzelne dominante Pflanzenarten, die die<br />

Haupt-Blütentypen repräsentieren, eine<br />

entscheidende Rolle. Real vorkommende<br />

Netzwerke haben einen hohen Grad an<br />

Komplexität. Durch eine Modularisierung<br />

wird das Aussterben lokal seltener Bienenarten<br />

minimiert.<br />

Ausbreitungsbiologische Prozesse bei<br />

Wildbienen<br />

Die Zerstörung und Fragmentierung natürlicher<br />

Lebensräume gefährdet die Existenz<br />

lokaler Populationen und macht diese anfälliger<br />

für negative Umwelteinflüsse. Neuund<br />

Wiederbesiedlungsprozesse sind somit<br />

essenziell wichtig. Ausbreitungsprozesse<br />

und Besiedlungsmechanismen werden am<br />

Beispiel der Sandbiene Andrena vaga (Ab-<br />

bildung 2a, 2b) modellhaft untersucht und<br />

populationsgenetische Phänomene analysiert,<br />

die mit Kolonisationsprozessen bei unterschiedlichen<br />

Entfernungsdistanzen auftreten<br />

(Abbildung 2b).<br />

Abbildung 1 Modularisiertes Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerk mit<br />

den dominaten Blütenpflanzen- und Wildbienenarten, die die Netzwerkstruktur<br />

und die einzelnen Module bestimmen. Die Verbindungslinien<br />

innerhalb der Module und zwischen Modulen charakterisieren die Wechselbeziehungen<br />

zwischen den einzelnen Blütenpflanzen- und Wildbienenarten.


Abbildung 2a Die Sandbiene Andrena vaga sammelt bevorzugt an Weiden<br />

(Salix). Sie ist eine im Boden nistende Pionierart mit einem Verbreitungsschwerpunkt<br />

in Auen landschaften.<br />

Des Weiteren prüfen wir Faktoren, die die genetische Diversität<br />

von Populationen steuern und beeinflussen. Über<br />

Experimente wird getestet, wie sich z.B. die Nistweise,<br />

Partnerfindung und Nahrungsspezialisierung auf die genetische<br />

Variabilität innerhalb von Populationen auswirken.<br />

Renaturierung von Sandökosystemen im Emsland<br />

Ziel unserer Untersuchungen ist die Erarbeitung wissenschaftlicher<br />

Grundlagen für eine erfolgreiche Wiederherstellung<br />

großflächiger dynamischer Binnendünen-Flutmulden-Vegetationskomplexe<br />

in einer Flussaue im Emsland<br />

unter extensiver Nutzung. Diese Flächen waren zwi-<br />

Abbildung 2b Veränderungen der genetischen Unterschiede zwischen Populationen der Sandbiene<br />

Andrena vaga entlang eines Entfernungsgradienten von etwa 350 Kilometern (Meppen/Emsland bis<br />

Darmstadt).<br />

schenzeitlich eingedeicht und im Zuge intensiver agrarischer<br />

Nutzung intensiv gedüngt worden. Die flussnahen<br />

Deiche wurden vor ca. 10 Jahren entfernt, zurückverlegt<br />

und künstliche Dünen aufmodelliert. Nun kommt es bei<br />

Überflutungen zur Ab- und Umlagerung von Sanden. Spezifische<br />

Pflanzengesellschaften der Sandökosysteme (Silbergrasfluren<br />

und Sandnelkenrasen) konnten nach Her-<br />

Abbildung 3 Die »Hammer Schleife«, ein Mäander der Hase bei Haselünne (Emsland),<br />

15 Monate nach den Renaturierungsmaßnahmen. Erkennbar sind aufgeschüttete<br />

»Neodünen« und angelegte Flachwasserbereiche. Durch die Rückverlegung der Deiche<br />

ist die Fläche winterlichen Hochwasserereignissen ausgesetzt. Hierdurch bilden sich<br />

u.a. fluviatile Sandfächer.<br />

stellung nährstoffarmer Standortsbedingungen wieder<br />

etabliert werden (Abbildung 3). Mangels spontaner Diasporenverfügbarkeit<br />

ist eine Inokulation<br />

(Beimpfung) mit standortstypischem<br />

Pflanzenmaterial aus Spenderflächen<br />

notwendig gewesen. Eine spezifische<br />

Beweidung durch Rinder (sechs Monate<br />

Tritt- und Fraßwirkung, Besatz von ca.<br />

0,7 Großvieheinheiten pro Hektar) verhindert<br />

eine Sukzession der Vegetation.<br />

Seit den Jahren 2001 und 2002 untersuchen<br />

wir regelmäßig die Entwicklung<br />

der Vegetation mit und ohne Weideeinfluss,<br />

prüfen Veränderungen bestimmter<br />

Standortfaktoren (z.B. Nährstoffeinträge<br />

und -verlagerung) sowie die Etablierung<br />

ausgewählter Tiergruppen in<br />

den renaturierten Flächen.<br />

Ökologie<br />

31


Literaturauswahl<br />

Holtgrefe, S., Gohlke, J., Druce, S.,<br />

Starmann, J., Klocke, S., Altmann,<br />

B., Wojtera, J., Linke, V., Lindermayr,<br />

C. and Scheibe, R. (2008) Regulation<br />

of plant cytosolic gly ce -<br />

raldehyde 3-phosphate dehy dro -<br />

genase isoforms by thiol modification.<br />

Physiol. Plant. 133: 211 - 228.<br />

Voss, I., Koelmann, M., Wojtera, J.,<br />

Holtgrefe, S., Kitzmann, C., Backhausen,<br />

J. E. and Scheibe, R. (2008)<br />

Knock-out of major leaf ferredoxin<br />

reveals new redox-regulatory<br />

adaptations in Arabidopsis thaliana.<br />

Physiol. Plant. 133: 584 -<br />

598.<br />

Strodtkötter, I., Padmasree, K., Dinakar,<br />

C., Speth, B., Niazi, P. S., Woj -<br />

tera, J., Voss, I., Do, P. T., Nunes -<br />

Nesi, A., Fernie, A. R., Linke, V., Raghavendra,<br />

A. S. and Scheibe, R.<br />

(2009) Induction of the AOX1D<br />

isoform of alternative oxidase in A.<br />

thaliana T-DNA-insertion lines lacking<br />

isoform AOX1A is insufficient<br />

to optimize photosynthesis<br />

when treated with antimycin A.<br />

Mol. Plant 2: 284 - 297.<br />

Hanke, G. T., Holtgrefe, S., König, N.,<br />

Strodtkötter, I., Voss, I., and<br />

Scheibe, R. (2009) Use of transgenic<br />

plants to uncover strategies for<br />

maintenance of redox-homeostasis<br />

during photosynthesis. Adv.<br />

Bot. Res. 52, 207 - 251.<br />

Scheibe, R. (2010) Redox-Regulation:<br />

Ein Netzwerk zur flexiblen<br />

Anpassung von Stoffwechsel und<br />

Entwicklung bei Pflanzen. <strong>Biologie</strong><br />

in unserer Zeit 40, 92 - 100.<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Renate Scheibe, Dr. Guy<br />

Thomas Hanke, Dr. Vera Linke<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2282<br />

(Sekretariat Frau Schwiderski)<br />

E-Mail: scheibe@biologie.uniosnabrueck.de<br />

· hanke@biologie.<br />

uni- osnabrueck.de · linke@biologie.uni-<br />

osnabrueck.de<br />

Internet: http://www.uniosnabrueck.de<br />

32<br />

Pflanzenphysiologie<br />

<strong>AG</strong> Pflanzenphysiologie<br />

Redox-Regulation von Stoffwechsel und Genexpression<br />

Pflanzen sind in der Lage, die für ihre Funktion und ihr Wachstum notwendigen Informationen<br />

aus ihrer Umgebung wahrzunehmen, zu verarbeiten und darauf zu reagieren.<br />

Vielfach äußert sich Stress in einer Verschiebung des zellulären Redox-Zustands, was<br />

gleichzeitig als Signal für die Induktion von Schutzmechanismen dient und sowohl Stoffwechsel<br />

als auch Entwicklung beeinflusst, um alle Lebensprozesse an die veränderten<br />

Bedingungen anzupassen.<br />

Durch veränderte Umweltbedingungen, aber<br />

auch bei Entwicklungsprozessen oder bio ti -<br />

schem Stress, kommt es häu fig zur Ver än de -<br />

rung des zel lu lä ren Re dox-Gleich ge wichts. Da -<br />

durch wer den über noch nicht im Ein zel nen i -<br />

den ti fi zier te Sig nal trans duk tions we ge Än de -<br />

run gen der Gen ex pres sion aus ge löst, die letzt -<br />

lich zur Etablie rung des neuen Fließ gleich ge -<br />

Abbildung 1: Über das »Malat-Ventil« werden in<br />

grünen Blättern über schüssige Elektronen (NADPH)<br />

aus den photosynthetischen Lichtreaktionen in Form<br />

von Malat aus den Chloroplasten exportiert, um<br />

Überreduktion und Bildung von ROS (Reaktive Sauerstoffspezies)<br />

zu vermeiden. Das dafür verantwortliche<br />

Enzym, die NADP-abhängige Malatdehydrogenase<br />

(NADP-MDH) ist unter starker Redoxkontrolle,<br />

sowohl auf post-translationaler Ebene (Licht/Dunkel-Modulation)<br />

als auch auf Transkriptionsebene<br />

(retrogrades Redox-Signal an den Kern).<br />

Transgene Pflanzen mit einer T-DNA-Insertion im<br />

Gen der NADP-MDH scheinen überraschenderweise<br />

unverändert gegenüber dem Wildtyp zu sein. Wie<br />

Stress<br />

wichts bei tra gen. Eine Über tra gung von Sig na -<br />

len, die aus einem ver än der ten Re dox sta tus re -<br />

sul tie ren, könnte – ana log zu Pro te in phos pho -<br />

ry lie rungs kas ka den – über Re dox -Kas ka den<br />

vom Ort der Ent ste hung (z. B. den Chlo ro plas -<br />

ten oder den Mi to chon dri en) bis zum Ziel ort (z.<br />

B. im Kern) von stat ten ge hen. Re dox-Sig na le<br />

könn ten aber auch über re dox -re gu lier te Ki na -<br />

sich bei der funktionellen Charakterisierung dieses<br />

»knockout« zeigte, werden mehrere alternative Wege<br />

zum Abbau von Überreduktion in den Chloroplasten<br />

hochreguliert, um<br />

den Defekt auszugleichen.<br />

Derartige<br />

Analysen ermöglichen<br />

die Identifizierung<br />

weiterer molekularer<br />

Mechanismen<br />

zur Erhaltung der<br />

Redox-Homöostase.<br />

WT NADP-<br />

MDH


sen und Phos pha ta sen mit Pro te in phos pho ry lie rungs kas -<br />

ka den ver knüpft sein. Die Re zep to ren, die Kom po nen ten<br />

der Kas ka de oder wei te re re dox-mo du lier te Ziel en zy me be -<br />

zie hungs wei se Trans krip ti ons fak to ren und ent spre chen de<br />

cis-Ele men te in den Pro mo to ren der Ziel gene zu iden ti fi -<br />

zie ren, stellt eine große Heraus for de rung dar, die wir mit<br />

Hil fe von Gen-»knock outs« in Ara bi do psis tha li a na bearbeiten.<br />

Pflan zen be nö ti gen Fak to ren aus der Um welt für ihr<br />

pho to au to tro phes Wachs tum, je doch sind sie durch ihre<br />

ses si le Le bens wei se Ab wei chun gen vom Op ti mum aus ge -<br />

lie fert. An pas sung an sehr un ter schied li che Be din gun gen<br />

ist ihnen aber mög lich, da pflanz li che In di vi du en ei nes<br />

Geno typs durch ent spre chen de Ver än de rung ihrer Re ak ti -<br />

ons norm eine ho he phä no ty pi sche Plas ti zi tät auf wei sen.<br />

Alle In for ma ti o nen wer den in te griert und über ein hoch -<br />

flexib les Netz werk wei ter ge lei tet und re a li siert. Die Re ak -<br />

ti o nen der Pflan zen spie len sich auf allen Re gu la ti ons e be -<br />

nen ab und um fas sen so wohl sehr schnel le bio phy si ka li -<br />

sche und bio che mi sche Pro zes se im Se kun den- und Mi nu -<br />

ten be reich wie zum Bei spiel die Licht/ Dun kel mo du la ti on<br />

von Chlo ro plas ten en zy men, als auch mit tel- und lang fris -<br />

ti ge Re ak ti o nen, die sich nach Stun den (Gen ex pres si on)<br />

oder erst nach Ta gen (Wachs tum) aus wir ken. In al len Be -<br />

rei chen spie len Re dox-Pro zes se ei ne be deu ten de Rol le.<br />

Wei te re Pro jek te be fas sen sich mit den Kom po nen ten<br />

der pho to syn the ti schen Elek tro nen trans port ket te, Fer re -<br />

doxin und Ferre doxin-NADP-Oxi do re duk ta se (FNR), die<br />

Elek tro nen für re duk ti ve Pro zes se ins Chlo ro plas ten stro ma<br />

wei te rlei ten, sowie mit den ver schie de nen re dox-ak ti ven<br />

Pro te i nen, den Thio re do xi nen und ver wand ten Struk tu ren,<br />

die über Thi ol-Di sul fid-Aus tausch Re dox ver än de run gen an<br />

Ziel pro te ine ver mit teln.<br />

Abbildung 3 Retrogrades Redox-Signal vom Chloroplasten zum<br />

Kern: Die ver än der te Gen ex pres sion der kern ko dier ten NADP-MDH<br />

er folgt als Ant wort auf ein Sig nal aus den Chlo ro plas ten, wenn bei<br />

Stress eine Ver schie bung des Re dox-Sta tus ein tritt. Um die Schritte<br />

A<br />

B<br />

C<br />

Abbildung 2 Transiente Trans -<br />

formation von isolierten<br />

Protoplasten: Isolier te Pro to -<br />

plas ten aus Blät tern von Arabidopsis<br />

tha li a na (A), dem<br />

Mo dell or ga nis mus der mo le -<br />

ku la ren Pflan zen bi o lo gie, kön -<br />

nen tran sient mit ver schie de -<br />

nen Kon struk ten trans for miert<br />

wer den, um die sub zel lu lä re<br />

Ver tei lung von Pro te i nen<br />

sicht bar zu machen. In B wur -<br />

de das Ak tin-Zy to ske lett mit<br />

ei nem Ak tin-bin den den Pro -<br />

te in, das an ein rot flu o res -<br />

zie ren des Pro te in fu sio niert<br />

wur de, an ge färbt und im<br />

kon fo ka len La ser-Scan ning-<br />

Mi kro skop betrachtet. In C<br />

wur de das so ge nann te »YFP-<br />

System« ver wen det, um die<br />

In ter ak ti on von zwei Pro te i -<br />

nen (hier einer cy to so li schen<br />

GAPDH und einem Thi o re do -<br />

xin) zu de tek tie ren, wie im abgebildeten<br />

Beispiel.<br />

Schließ lich lau fen auch in nicht-grünen Ge we ben Re dox-<br />

Pro zes se ab, die je nach Stoff wech sel si tu a ti on oder Stress -<br />

ein wir kung fle xi bel re gu liert wer den. Da bei spie len ne ben<br />

den Plas ti den auch die Mi to chon dri en eine her aus ra gen de<br />

Rol le, de ren Al ter na ti ve Oxi da se (AOX) in der La ge ist, über -<br />

schüs sige Re duk ti ons ä qui va len te ohne ATP-Syn the se ab -<br />

zu lei ten und zu ent sor gen. Die Funk ti o nen der ver schie de -<br />

nen Iso for men von AOX wer den e ben falls mit mo le ku lar -<br />

bio lo gi schen und zell bio lo gi schen Me tho den a na ly siert.<br />

der Sig nal trans duk ti on zu iden ti fi zie ren, wer den ver schie de ne mo le -<br />

ku la re und zell bio lo gi sche An sät ze durch ge führt, wie dies in Ab bil -<br />

dung 2 bei spiel haft ge zeigt ist.<br />

33<br />

Pflanzenphysiologie


Literaturauswahl<br />

Meyer, H., Vitavska, O. and Wieczorek,<br />

H. (2011) Identification of the<br />

first animal sucrose transporter. J.<br />

Cell Science, in press<br />

Bockelmann, S., Menche, D., Rudolph,<br />

S., Bender, T., Grond, S., von<br />

Zezschwitz, P., Stephen Muench, S.,<br />

Wieczorek, H., and Huss, M. (2010)<br />

Archazolid A binds to the equatorial<br />

region of the c-ring of the vacuolar<br />

H + -ATPase. J. Biol. Chem.<br />

285, 38304-38314<br />

Muench, S. P., Huss, M., Phillips, C.,<br />

Wieczorek, H., Trinick, J., and Harrison,<br />

M. A. (2009) Cryo-electron microscopy<br />

of the vacuolar ATPase<br />

motor reveals its mechanical and<br />

regulatory complexity. J. Mol. Biol.<br />

386, 989-999<br />

Vitavska, O., Merzendorfer, H., and<br />

Wieczorek, H. (2005) The V-ATPase<br />

subunit C binds to polymeric Factin<br />

as well as to monomeric Gactin<br />

and induces cross-linking of<br />

actin filaments. J. Biol. Chem. 280,<br />

1070-1076<br />

Sumner, J. P., Dow, J. A. T., Earley, F.,<br />

Klein, U., Jäger, D., and Wieczorek,<br />

H. (1995) Regulation of plasma<br />

membrane V-ATPase activity by<br />

dissociation of peripheral subunits.<br />

J. Biol. Chem. 270, 5649-5653<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Helmut Wieczorek,<br />

Dr. Markus Huß,<br />

PD Dr. Thomas Krüppel,<br />

Dr. Olga Vitavska<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3500 (Sekretariat<br />

Frau Scott)<br />

E-Mail: wieczorek@biologie.uniosnabrueck.dehuss@biologie.uniosnabrueck.dekrueppel@biologie.uniosnabrueck.devitavska@biologie.uniosnabrueck.de.<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

34<br />

Tierphysiologie<br />

<strong>AG</strong> Tierphysiologie<br />

Molekulare und zelluläre Physiologie<br />

Biologische Membranen trennen lebende Zellen von ihrer Umgebung und ermöglichen<br />

intrazellulär die Bildung von abgeschlossenen Kompartimenten, den Organellen. Membranen<br />

sind selektiv permeabel für Ionen und Nährstoffe und ermöglichen mittels sogenannter<br />

Transportproteine den Stoffaustausch. Die <strong>AG</strong> Tierphysiologie beschäftigt sich<br />

vorwiegend mit der Struktur, Funktion und Regulation wichtiger Transportproteine, die<br />

mit einem breiten Spektrum biochemischer, molekulargenetischer, zellbiologischer und<br />

physiologischer Methoden untersucht werden.<br />

Abbildung 1 Reversible Dissoziation der V-ATPase. Das aktive, aus 12<br />

unterschiedlichen Untereinheiten bestehende Holoenzym zerfällt unter<br />

bestimmten Bedingungen in die V1- und VO-Komplexe sowie die V1-Untereinheit<br />

C und wird damit inaktiviert. In der oberen Reihe sind die untersuchten<br />

Organismen dargestellt.<br />

Im Mittelpunkt des Interesses steht die V-<br />

ATP ase, eine bei allen Tieren, Pflanzen und<br />

Pilzen vorkommende Protonenpumpe [Ab -<br />

bildung 1]. Die ergiebigste in der Natur vor-<br />

kommende Quelle für biochemische<br />

Analysen dieses komplexen<br />

Pro teins sind die Raupen<br />

des Tabakschwärmers Mandu -<br />

ca sexta. Aus Zellmembranen<br />

des Mitteldarms lassen sich<br />

vergleichsweise einfach und<br />

schnell Milligramm-Mengen an<br />

V-ATPase isolieren. Unsere bisherigen<br />

Untersuchungen an<br />

diesem Protein führten zu einer<br />

Reihe allgemeiner Einsichten in<br />

seine Struktur, Funktion und<br />

Regulation. So haben wir z. B.<br />

bestimmte Untereinheiten zum<br />

ersten Mal molekular identifiziert,<br />

die ersten Strukturuntersuchungen<br />

bei dieser Proteinfamilie<br />

vorgenommen, einen für V-ATPasen allgemeingültigen<br />

Regulationsmechanismus, die<br />

reversible Dissoziation des Gesamtproteins in<br />

den V1 und den VO-Komplex, entdeckt und<br />

Abbildung 2 Links die Fluoreszenzaufnahme einer transgenen Drosophila-Larve, die eine V-ATPase Untereinheit mit<br />

gekoppeltem GFP exprimiert. Rechts sind Hefezellen zu sehen, bei denen die V1-Untereinheit C mit grün fluoreszierendem<br />

Protein (GFP) fusioniert wurde. Fluoreszenzaufnahmen, die die Lokalisation von C in Gegenwart von Glucose (2 und 4)<br />

und Galactose (3) zeigen. Beim Wechsel des Mediums von Glucose zu Galactose dissoziiert C reversibel von der Vakuolenmembran<br />

und gelangt in das Cytoplasma.


erstmals die Untereinheit identifiziert, an die bestimmte<br />

bakterielle Hemmstoffe binden. Weitere von uns bearbeitete<br />

Modellobjekte sind die Taufliege Drosophila, die<br />

Stechmücke Aedes und die Bäckerhefe Saccharomyces.<br />

Der Vorteil dieser Organismen ist ihr vollständig entschlüsseltes<br />

Genom, was es ermöglicht, die Gene für die<br />

Untereinheiten der V-ATPase gezielt zu mutieren und<br />

dann mit definiert veränderten V-ATPasen zu experimentieren.<br />

Derzeit wird v. a. der Mechanismus der reversiblen<br />

Dissoziation [Abbildung 2] und der inhibitorische Einfluss<br />

neuentdeckter Naturstoffe aus Bakterien [Abbildung 3]<br />

untersucht. Letzteres ist auch unter medizinischen Gesichtspunkten<br />

von Interesse, da die V-ATPase sowohl bei<br />

der Metastasenbildung von Tumoren als auch bei Krankheiten<br />

wie der Osteoporose eine bedeutende Rolle spielt<br />

(Huß, Vitavska und Wieczorek).<br />

Ein weiteres Arbeitsgebiet betrifft den Transport von<br />

Zuckern über tierische Membranen. Einem allgemeinen<br />

Lehrbuch-Dogma zufolge verfügen Tiere nur über Transportmechanismen<br />

für Monosaccharide wie z. B. dem<br />

Traubenzucker Glucose, komplexere Zucker müssen vor<br />

Abbildung 4 Fluoreszenzmikroskopischer<br />

Nachweis des Saccharose-<br />

Transporters bei Drosophila. Links die<br />

Lokalisation in Melanosomen-Membranen<br />

von Follikelzellen der Ovarien,<br />

rechts die Lokalisation im Darmepithel<br />

eines späten Embryos.<br />

Abbildung 3 Bakterielle Hemmstoffe von<br />

V-ATPasen, Bafilomycin aus Streptomyceten<br />

(links) und Archazolid aus Myxomyceten<br />

(rechts). In der Mitte das Modell des<br />

Ringes aus 10 c-Untereinheiten des VO-<br />

Komplexes, welche abwechselnd hell-und<br />

dunkelgrau eingefärbt sind. An der Bindung<br />

der Hemmstoffe (gelb bzw. grün)<br />

beteiligte Aminosäuren sind blau, rot und<br />

orange eingefärbt.<br />

dem Transport über die Membran gespalten werden. Bei<br />

der Taufliege Drosophila haben wir erstmals ein Membranprotein<br />

nachgewiesen, das den »Haushaltszucker«<br />

Saccharose, ein Disaccharid, transportiert [Abbildung 4].<br />

Das Protein kommt zum einen in der Membran von Melanosomen<br />

vor, in denen Saccharose für die osmotische<br />

Balance bei der Melanin-Synthese verantwortlich sein<br />

könnte. Zum anderen ist es in der Zellmembran von Epithelzellen<br />

des Darms lokalisiert, wo es möglicherweise<br />

für die Aufnahme von Saccharose aus der Nahrung verantwortlich<br />

ist. Da Gene für ein entsprechendes Protein<br />

auch beim Menschen vorkommen und Mutationen zu<br />

spezifischen Krankheitsbildern wie zum Beispiel bestimmten<br />

Formen von Albinismus führen, untersuchen<br />

wir dessen Funktion auch bei Säugetieren (Vitavska und<br />

Wieczorek).<br />

Abbildung 5 Membranpotentialmessung<br />

am<br />

marinen Ciliaten Euplotes<br />

vannus/crassus. Mit<br />

elektrophysiologischen<br />

Mikroelektrodentechnologien<br />

werden die<br />

Potential- und CalciumabhängigenIonenkanäle<br />

dieses Einzellers<br />

analysiert.<br />

Ein drittes Arbeitsgebiet beschäftigt sich mit der<br />

Analyse des komplexen Bewegungsverhaltens einzelliger<br />

Wimperntierchen [Abbildung 5]. Hierbei werden mit elektrophysiologischen<br />

Methoden Ionenkanäle untersucht, die<br />

die komplexe Cilienbewegung steuern (Krüppel).<br />

Tierphysiologie<br />

35


Literaturauswahl<br />

Meissner, D., Odman-Naresh, J.,<br />

Vogelpohl, I., and Merzendorfer, H.<br />

(2010). A novel role of the yeast<br />

CaaX protease Ste24 in chitin synthesis.<br />

Mol. Biol. Cell 21, 2425-33.<br />

Broehan, G., Arakane, Y., Beeman,<br />

R.W., Kramer, K.J., Muthukrishnan,<br />

S., and Merzendorfer, H. (2010)<br />

Molecular analyses of chymotrypsin-like<br />

peptidases from Tribolium<br />

castaneum involved in digestion<br />

and molting. Insect Biochem. Mol.<br />

Biol. 40, 274-83.<br />

Merzendorfer, H. (2009) Chitin:<br />

structure, function and metabolism.<br />

In “The sugar code: fundamentals<br />

in Glycoscience” (Ed. H.-J.<br />

Gabius), Wiley-VCH, Weinheim.<br />

Maue, L., Meissner, D., and Merzendorfer,<br />

H. (2009) Purification of an<br />

active, oligomeric chitin synthase<br />

complex from the midgut of the<br />

tobacco hornworm. Insect Biochem.<br />

Mol. Biol. 39, 654-659.<br />

Broehan, G., Kemper, M., Driemeier,<br />

D., Vogelpohl, I., and Merzendorfer<br />

H. (2008) Cloning and expression<br />

analysis of midgut chymotrypsinlike<br />

proteinases in the tobacco<br />

hornworm. J. Insect Physiol. 54,<br />

1243-1252.<br />

Broehan, G., Zimoch, L., Wessels, A.,<br />

Ertas, B., and Merzendorfer, H.<br />

(2007) A chymotrypsin-like serine<br />

protease interacts with the chitin<br />

synthase from the midgut of the<br />

tobacco hornworm. J. Exp. Biol.<br />

210, 3636-3643.<br />

Kontakt<br />

apl. Prof. Dr. Hans Merzendorfer<br />

Telefon: +49 (0)541 969 3502<br />

E-Mail: merzendorfer@biologie.<br />

uni- osnabrueck.de<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

36<br />

Tierphysiologie<br />

<strong>AG</strong> Tierphysiologie<br />

Chitin-Biosynthese<br />

Chitin ist ein weit verbreitetes Polymer aus N-Acetylglucosamin-Einheiten, das für die chemisch/pharmazeutische<br />

Industrie zunehmend an Bedeutung gewinnt. In der Natur findet<br />

sich dieses faserartige Molekül unter anderem in den Zellwänden von Pilzen und in mechanisch<br />

widerstandsfähigen Bioverbundstoffen wie den Panzern von Insekten. Chitin lässt sich<br />

aber auch in der peritrophischen Matrix im Verdauungstrakt von Invertebraten nachweisen.<br />

Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit dem Metabolismus von Chitin bei Pilzen und Insekten.<br />

Dabei untersuchen wir mit molekularbiologischen und biochemischen Methoden<br />

die verschiedenen Proteine, die für die Biosynthese, Modifizierung und Degradation von<br />

Chitin benötigt werden. Daneben interessieren wir uns für die Wirkmechanismen von Inhibitoren<br />

der Chitinsynthese, die als Fungizide und Insektizide breite Verwendung finden.<br />

Ein zentrales Enzym im<br />

Chitin-Metabolismus<br />

von Pilzen und Insekten<br />

ist die Chitinsynthase,<br />

eine membrangebunde -<br />

ne Glycosyltransferase,<br />

welche die Polymerisationsreaktion<br />

katalysiert.<br />

Nachdem wir die Chitinsynthase<br />

erstmalig aus<br />

Insekten biochemisch ge -<br />

rei nigt und charakterisiert<br />

haben, untersuchen<br />

wir nun ihre Struktur und<br />

Regulation. Letztere lässt<br />

sich nicht vollends verstehen,<br />

ohne intrazelluläre<br />

Prozesse zu berücksichtigen.<br />

Deswegen ana -<br />

ly sieren wir die Prozessierung<br />

und Sortierung<br />

relevanter Proteine in der<br />

Bäckerhefe, einem zellbiologischenModellorganismus,<br />

in dem Chitin<br />

für die Zellwand produziert<br />

wird. Die Chitinsynthese<br />

ist ferner ein Angriffspunkt<br />

für Fungizide<br />

und Insektizide, die im<br />

Pflanzenschutz oder bei der Behandlung von<br />

Infektionskrankheiten eingesetzt werden können.<br />

Wir untersuchen dabei vor allem die<br />

Gruppe der Benzoylphenyl-Harnstoffe, da bislang<br />

nicht bekannt ist, wie diese seit langem<br />

eingesetzten Insektizide genau wirken. Der<br />

rostbraune Mehlkäfer, Tribolium castaneum,<br />

dessen Genom komplett sequenziert ist, dient<br />

uns dabei als Modellsystem, wobei wir genomische<br />

und proteomische Untersuchungsansätze<br />

Abbildung (A) In der Abbildung ist eine knospende Hefezelle gezeigt, wobei die intrazelluläre<br />

Lokalisation einer Chitinsynthase (Chs3) mit Hilfe des grün-fluoreszierenden Proteins sichtbar<br />

gemacht wurde. Für ihre Aktivität am Knospenhals wird die regulatorische Untereinheit Chs4<br />

benötigt, die über CaaX-Prozessierung modifiziert wird. Abbildung (B) 2D-Gelektrophorese von<br />

Proteinen aus dem larvalen Mitteldarm von Tribolium castaneum zur Untersuchung der Veränderung<br />

des Mitteldarm-Proteoms nach Behandlung mit dem Insektizid Diflubenzuron.<br />

Abbildung (C) Homologie-basiertes Strukturmodell einer Chymotrypsin-ähnlichen Protease aus<br />

der Häutungsflüssigkeit von Tribolium castaneum. Das aktive Zentrum ist blau, die Spezifitätstasche<br />

rot, ein Oberflächen-Loop orange und eine Glycosylierungsstelle (Pfeil) grün eingefärbt.<br />

Wir stellen diese Proteine rekombinant in Insektenzellen her, um ihre Spezifität nach ortsgerichteter<br />

Mutagenese zu analysieren. Abbildung (D) Gefrierschnitt durch eine Tribolium-Larve.<br />

Die fixierten Schnitte wurden mit fluoreszierenden Farbstoffen gefärbt, um Zellkerne (blau),<br />

Aktinfilamente (rot) und Chitin-haltigen Strukturen (grün) darzustellen.<br />

verfolgen. Potenzielle Zielgene lassen sich in<br />

diesem Organismus zudem über RNA-Interferenz<br />

ausschalten, was die Analyse erheblich<br />

vereinfacht. Weitere Forschungsschwerpunkte<br />

in unserer Arbeitsgruppe sind die Analyse der<br />

funktionellen Vielfalt Chymotrypsin-ähnlicher<br />

Serinproteasen bei Insekten sowie die biologische<br />

Funktion der peritrophischen Matrix im<br />

Darm der Stechmücke Aedes aegypti.


Literaturauswahl<br />

Korb, J., and Foster, K.R. (2010)<br />

Ecological competition favours<br />

cooperation in termite societies.<br />

Ecol Lett 13: 754-760<br />

Schulte, R.D., Makus, C., Hasert, B.,<br />

Michiels, N.K., and Schulenburg, H.<br />

(2010) Multiple reciprocal adaptations<br />

and rapid genetic change<br />

upon experimental coevolution of<br />

an animal host and its microbial<br />

parasite. Proc Natl Acad Sci USA<br />

107, 7359-7364<br />

Korb, J., Weil, T., Hoffmann, K., Foster,<br />

K. and Rehli, M. (2009) A gene<br />

necessary for reproductive suppression<br />

in termites. Science<br />

324,758.<br />

Korb, J. and Heinze, J. (2008) Ecology<br />

of Social Evolution. Springer<br />

Press, Heidelberg<br />

Feldhaar H., Straka, J., Krischke, M.,<br />

Berthold, K., Stoll, S., Mueller, M.J.,<br />

and Gross, R. (2007) Nutritional<br />

upgrading for an omnivore: the<br />

endosymbiont Blochmannia in<br />

carpenter ants. BMC Biology 5, 48<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Judith Korb,<br />

Dr. Heike Feldhaar;<br />

Dr. Rebecca Schulte-Iserlohe<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2847<br />

[Sekretariat Frau Crombée]<br />

E-Mail: judith.korb@biologie.<br />

uni-osnabrueck.de<br />

Internet: http://www.biologie.<br />

uni-osnabrueck.de<br />

38<br />

Verhaltensbiologie<br />

<strong>AG</strong> Verhaltensbiologie<br />

Evolutionäre VerhaltensÖkologie (EVO): Vom Gen zum Ökosystem<br />

Interaktionen zwischen Organismen liegen in einem Spannungsfeld zwischen Konflikt/<br />

Konkurrenz und Kooperation. Dies gilt für den Menschen ebenso wie für intra- und interspezifische<br />

Interaktionen zwischen Individuen anderer Arten. Selbst auf suborganismischer<br />

Ebene sind die Wechselbeziehungen, beispielsweise zwischen Genen, durch Konflikt und<br />

Kooperation gekennzeichnet. Die <strong>AG</strong> Verhaltensbiologie untersucht an verschiedenen Systemen,<br />

welche Faktoren Kooperation gegenüber Konflikt / Konkurrenz begünstigen. Unsere<br />

derzeitigen Modellsysteme sind insbesondere soziale Insekten (Termiten und Ameisen), die<br />

in ihren Gemeinschaften ein außergewöhnlich hohes Maß an Kooperation aufweisen,<br />

Parasit-Wirt-Systeme und mutualistische Symbiosen. Ein weiterer Schwerpunkt unserer<br />

Arbeiten liegt auf tropischen Ökosystemen, insbesondere Savannen. Hier gehen wir der<br />

Frage nach, warum die Tropen so artenreich sind. Unser Ziel bei allen Untersuchungen ist<br />

es, Ansätze und Methoden der Evolutionsbiologie und der Ökologie eng zu verknüpfen. In<br />

unseren Arbeiten kommen Freilanduntersuchungen und klassische Verhaltensbeobachtungen<br />

ebenso zum Einsatz wie moderne molekularbiologische Techniken (DNA Isolation,<br />

Mikrosatellitenanalysen, Sequenzierung, PCR, quantitative realtime PCR, RNA Interferenz)<br />

oder Gaschromatografische Analysen.<br />

Soziale Insekten leben in komplexen Ge -<br />

mein schaften, die durch reproduktive Ar -<br />

beits teilung charakterisiert sind: nur wenige<br />

Individuen (Königin und König) pflanzen sich<br />

fort, während der Großteil der Individuen<br />

(Arbeiter und Soldaten) zumindest vorübergehend<br />

auf eigene Fortpflanzung verzichtet<br />

und bei der Aufzucht der Jungen hilft. Dieser<br />

Verzicht auf eigene Fortpflanzung stellt ein<br />

evolutionäres Rätsel dar, da Evolution Or -<br />

ganis men begünstigt, die sich am erfolgreichsten<br />

fortpflanzen. Eine Lösung dieses<br />

Rätsels ist Verwandtenselektion: Die Arbeiter<br />

und Soldaten erhöhen durch ihre Hilfe den<br />

Fortpflanzungserfolg nahe verwandter Individuen<br />

(i. d. R. den ihrer Eltern). Wichtig ist<br />

dabei aber nicht nur der Verwandtschaftsgrad,<br />

sondern auch der Nutzen der Hilfe und<br />

die Kosten, die den Helfern durch die Hilfe<br />

entstehen. Diese Faktoren sind von öko lo -<br />

gischen Umweltbedingungen abhängig.<br />

Ver wandtenselektion sagt aber auch vorher,<br />

dass es zu Konflikten innerhalb der Gemeinschaften<br />

kommen kann. Wir erforschen die<br />

Ursachen von Kooperation und Konflikten in<br />

sozialen Insektengemeinschaften und die<br />

molekularen Grundlagen ihrer reproduktiven<br />

Arbeitsteilung. [Abbildung 1]<br />

Langfristige Interaktionen zwischen Arten<br />

reichen in ihren extremsten Formen von Mutualismus<br />

bis zu Pa ra si tismus. Wichtige Faktoren,<br />

die bestimmen, in wie weit zwei (oder<br />

Abbildung 1 A veranschaulicht das Prin zip der Verwandtenselektion.<br />

In di vi duen können ihre Fitness<br />

steigern, indem sie Ver wandten (r; hier gekennzeichnet<br />

durch die gleiche Augenfar be) helfen, zusätzliche<br />

Nachkommen auf zu ziehen. Das blaue, große<br />

»Individu um« hilft dem verwandten weißen, großen<br />

»Individuum«, welches dadurch zwei zusätzliche<br />

Nachkommen (klei ne, weiße Kreise) hat.<br />

Abbildung 1 B zeigt Individuen einer Termitenart<br />

(Cryptotermes secundus), bei der Arbeiter sich in alle<br />

anderen Kasten (sterile Soldaten oder reproduzierende<br />

Geschlechtstiere) entwickeln können. Wann ein<br />

Tier welche Option »wählt«, wird von uns untersucht.<br />

Abbildung 1 C Hier ist ein Modell des Proteins eines<br />

»Königinnen-Gens« dargestellt, dass eine wichtige<br />

Rolle bei der Sicherstellung des reproduktive Monopols<br />

der Königin spielt.


mehr) Arten eher kooperieren oder sich ausnutzen, sind<br />

unter anderem die genetische Homo ge nität des Symbionten<br />

im Wirt oder der Weitergabe mo dus des Symbionten.<br />

Beispielsweise kultivieren hö he re Termiten spezifische Pilze<br />

als Nahrung oder Amei sen der Gattung Camponotus be-<br />

A B<br />

Abbildung 2 A zeigt eine Arbeiterin von Camponotus floridanus.<br />

Ameisen dieser und verwandter Gattungen beherbergen in ihrem<br />

Darmgewebe Bakterien. Diese Bakterien werten die Nahrung der<br />

Ameisen auf, indem sie aus nicht-essentiellen Aminosäuren essentielle<br />

herstellen.<br />

Abbildung 2 B zeigt den Ausschnitt des Mitteldarmgewebes einer<br />

Larve von Camponotus floridanus. Über Fluoreszenz in situ Hybridisierung<br />

(FISH) sind die Bakterien in spezifischen Zellen grün angefärbt,<br />

wohingegen die normalen Darmzellen ohne Bakterien rot<br />

gefärbt sind.<br />

herbergen bakterielle Symbionten im Darmgewebe, die ihre<br />

Wirte mit essentiellen Aminosäuren versorgen. Im Gegensatz<br />

zu den pilzzüchtenden Termiten, die z. T. bei der Koloniegründung<br />

zunächst Pilzsporen aus der Umgebung aufnehmen<br />

müssen, erfolgt die Weitergabe der bakteriellen<br />

Symbionten der Ameisen in die nächste Generation über<br />

die Eizellen. Dies hat zur Folge, dass zwischen den Ameisen<br />

und ihren Endosymbionten Konflikte vermieden werden, da<br />

die Fitness der Symbiosepartner eng miteinander<br />

verknüpft ist. Im Gegensatz dazu kann es inner halb der<br />

Pilzgärten von Termiten zu interspezifischer Konkurrenz<br />

kommen, wenn ein neuer Pilzgarten mit un ter schiedlichen<br />

Pilzlinien begonnen wird. [Abbildung 2]<br />

Parasit-Wirt-Interaktionen führen offensichtlich zu<br />

einem Konflikt zwischen den jeweiligen interagierenden<br />

Arten. Parasiten schaden dem Wirt, um ihn als Ressource<br />

zu benutzen, Wirte versuchen dem Parasitenbefall zu entkommen<br />

oder den angerichteten Schaden zu reduzieren.<br />

Dies kann potenziell zu einem Wettrüsten führen, der antagonistischen<br />

Koevolution, die von starken Dynamiken<br />

gekennzeichnet sein sollte und Auswirkungen auf diverse<br />

Lebensaspekte beider Gegenspieler haben sollte. Parasit-<br />

Wirt-Koevolution in der Natur zu studieren ist allerdings<br />

nicht einfach, da viele unbekannte Faktoren die Interak tion<br />

beeinflussen. Daher untersuchen wir die Koevolution zwischen<br />

mikrobiellen Parasiten und dem Fadenwurm Caenorhabditis<br />

elegans als Wirt mit Hilfe von experi menteller<br />

Evolution. Mit dieser Methode kann man die Evolution in<br />

Echtzeit verfolgen, und zwar im Labor unter kontrollierten<br />

Bedingungen. Es können gezielt Parameter, wie zum Beispiel<br />

die genetische Diversität, verändert werden, um deren Bedeutung<br />

für die Koevolution zu bestimmen. [Abbildung 3]<br />

Abbildung 4 zeigt verschiedene hügelbauende<br />

Termitenarten afrikanischer Savannen<br />

und ei nen Ausschnitt eines phy lo ge ne ti -<br />

schen Stammbaums ko-existie ren der Termitenarten.<br />

A Oben links und unten rechts, zwei pilzzüchtende<br />

Termiten (Macrotermes bellicosus<br />

und Macrotermes subhyalinus) mit<br />

ihren bis zu mehreren Metern<br />

hohen Hügeln; oben rechts: 0.5 m<br />

hoher Hügel der grasfressenden<br />

Termite Trinervitermes geminatus;<br />

unten links: 0.3 m hoher Hügel der<br />

humivoren Termite Cubitermes.<br />

B Im phylogenetischen Stammbaum,<br />

der auf Sequenzdaten der<br />

Gene Cytochrom Oxidase I und<br />

Cytochrom Oxidase II beruht, sind<br />

ko-existierende pilzzüchtende Termiten<br />

(Macrotermitinae) dargestellt,<br />

die alle eine sehr ähnliche<br />

Nische besetzen.<br />

Die Tropen beherbergen sehr viel mehr Arten als die<br />

Ökosysteme unserer gemäßigten Breiten. Dies gilt nicht<br />

nur für tropische Regenwälder, sondern auch für Savannen.<br />

Warum in den Tropen mehr Arten ko-existieren können, ist<br />

immer noch weitgehend unverstanden. Termiten spielen in<br />

tropischen Ökosystemen u.a. eine wichtige Rolle für die C-<br />

Mineralisierung, die Bodenfertilität und den Artenreichtum<br />

anderer Taxa. Sie werden deshalb auch als ›Ökosystem-Ingenieure‹<br />

bezeichnet. Wir untersuchen die Artenvielfalt, die<br />

Populationsdynamik und ihre zugrundeliegenden Mechanismen<br />

von Termitengemeinschaften afrikanischer Savannenökosysteme.<br />

[Abbildung 4]<br />

Abbildung 3 zeigt den Fadenwurm Caenorhabditis elegans, hier erkennbar<br />

mit dem Bakterium Bacillus thuringiensis infiziert. Diese beiden<br />

Organismen dienen uns als Modellsystem, um Parasit-Wirt-Inter -<br />

aktionen zu studieren. Vorteil dieses Systems ist, dass die Organismen<br />

einfach im Labor zu halten sind, sie sowohl auf Organismen- als auch<br />

auf genetischer Ebene gut erforscht sind, und man aufgrund der kurzen<br />

Generationszeit Evolution in Echtzeit verfolgen kann. So können gezielt<br />

Parameter, wie zum Beispiel die genetische Diversität, verändert werden,<br />

um deren Bedeutung für die Koevolution zu bestimmen.<br />

39<br />

Verhaltensbiologie


Literaturauswahl<br />

Albrecht, S., Altenhain, B., and Paululat,<br />

A. (2011) The transmembrane<br />

receptor Unc5 is essential for cardiac<br />

tube alignment and lumen<br />

formation in Drosophila. Developmental<br />

Biology 350: 89-100.<br />

Meyer, H., von Ohlen, T., Panz, M. and<br />

Paululat, A. (2010) The disintegrin<br />

and metalloprotease Meltrin from<br />

Drosophila forms oligomers via its<br />

protein binding domain and is regulated<br />

by the homeobox protein VND<br />

during embryonic development. Insect<br />

Biochemistry and Molecular<br />

Biology 40 (11): 814-823.9.<br />

Meyer, H. Panz, M., Zmojdzian, M.,<br />

Jagla, K. and Paululat, A. (2009)<br />

Neprilysin 4, a novel endopeptidase<br />

from Drosophila melanogaster<br />

displays distinct substrate specificities<br />

and exceptional solubility<br />

states. Journal of Experimental<br />

Biology 212: 3673-3683.<br />

Sellin, J., Drechsler, M., Nguyen, H.<br />

and Paululat, A. (2009) Antagonistic<br />

function of Lmd and Zfh1<br />

fine tunes cell fate descisions in<br />

the Twi and Tin positive mesoderm<br />

of Drosophila melanogaster. Developmental<br />

Biology 326: 444-455.<br />

Tögel, M., Pass, G. and Paululat, A.<br />

(2008) The Drosophila wing hearts<br />

originate from pericardial cells and<br />

are essential for wing maturation.<br />

Developmental Biology 318: 29-37.<br />

Johnson, A. N., Burnett, L.A., Sellin,<br />

J., Paululat, A., Newfeld, S.J. (2007)<br />

Defective Dpp signaling results in<br />

heart overgrowth and reduced<br />

cardiac output in Drosophila. Genetics<br />

176:1609-1624.<br />

Kontakt<br />

Prof. Dr. Achim Paululat,<br />

apl. Prof. Dr. Günter Purschke<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2285<br />

(Sekretariat Frau Reckers)<br />

E-Mail: paululat@biologie.uniosnabrueck.de,purschke@biologie.uni-osnabrueck.de<br />

Internet: http://www.biologie.uni- osnabrueck.de<br />

40<br />

Entwicklungsbiologie<br />

<strong>AG</strong> Zoologie-Entwicklungsbiologie<br />

Molekulare Entwicklungsgenetik<br />

Fehlbildungen des Herzens und der großen Gefäße sind die häufigsten angeborenen Entwicklungsdefekte,<br />

die beim Menschen auftreten. So kommen zirka 8 von 1000 Kindern mit<br />

einem Herzfehler zur Welt. Die Fehlbildungen manifestieren sich bereits früh in der Embryonalentwicklung,<br />

da sich das Herz als eines der ersten lebenswichtigen Organe bildet.<br />

Funktioniert es normal, so versorgt es über ein zirka 100.000 km langes Netzwerk aus Blutgefäßen<br />

alle Gewebe unseres Körpers. In der <strong>AG</strong> Zoologie-Entwicklungsbiologie erforschen<br />

wir am genetisch und molekularbiologisch gut zugänglichen Modellorganismus Drosophila<br />

melanogaster, der Fruchtfliege, den Bau, die Funktion und die Entwicklung des Herzens.<br />

Unsere Erkenntnisse sollen dazu beitragen, grundlegende Mechanismen der Herzbildung<br />

und Herzfunktion besser verstehen zu lernen.<br />

Höhere Organismen, wie beispielsweise Frösche,<br />

Vögel oder Säugetiere, besitzen wie der<br />

Mensch ein in sich geschlossenes Kreislaufsystem,<br />

bei dem das Herz das Blut durch ein<br />

weit verzweigtes Netz von Blutgefäßen<br />

pumpt und so alle Organe im Körper versorgt.<br />

In Ruhe werden von einem gesunden Herzen<br />

etwa 5 Liter Blut pro Minute gepumpt. Die<br />

meisten Invertebraten, etwa Insekten, Krebse<br />

und Würmer, besitzen hingegen ein offenes<br />

Kreislaufsystem, bei dem das »Blut«, bei Insekten<br />

spricht man von Hämolymphe, vom Herzen<br />

durch die Kontraktion der Herzzellen<br />

durch die gesamte Körperhöhle geleitet wird.<br />

Bemerkenswerterweise ähneln sich viele<br />

der molekularen Prozesse, die während der<br />

Embryogenese für die Bildung eines funkti-<br />

onsfähigen Herzens in Insekten oder dem<br />

Menschen wichtig sind, stark. Selbst typische<br />

Alterungsprozesse, die beim Menschen die<br />

Funktionsfähigkeit des Herzens mit zunehmendem<br />

Lebensalter beeinträchtigen, sind bei<br />

Insekten gefunden worden. In unserer Arbeitsgruppe<br />

untersuchen wir daher an der<br />

Fruchtfliege Drosophila melanogaster wie ein<br />

Herz konstruiert ist, wie es funktioniert und<br />

welche Gene für die Herzbildung wichtig sind,<br />

da uns hier eine erstaunliche Vielzahl an experimentellen<br />

Möglichkeiten zu Verfügung<br />

steht. Für unsere Untersuchungen im Labor<br />

nutzen wir neben molekularbiologischen und<br />

genetischen Arbeitstechniken auch hochmoderne<br />

bildgebende Verfahren, die es uns erlauben,<br />

die Entstehung des Herzens und des-<br />

Abbildung 1 zeigt einen Drosophila-Embryo, bei dem mit Hilfe der Laser-Scanning-Mikroskopie mehrere Organsysteme<br />

sichtbar gemacht wurden. Das mit Hilfe von Antikörpern blau markierte Nervensystem erstreckt sich entlang<br />

der Bauchseite des Tieres. Die rot gefärbte Muskulatur dient der Fortbewegung der Larve. Das grün leuchtende Herz<br />

ist für die Zirkulation der Körperflüssigkeit verantwortlich. Das Kreislaufsystem der Insekten besteht im Wesentlichen<br />

aus einem einfach aufgebauten Herzrohr.


Abbildung 2 Mit Hilfe der Elektronenmikroskopie lassen sich Zellen<br />

sehr genau untersuchen. Die Abbildung zeigt einen Querschnitt<br />

durch das Drosophila-Herz. Es wird deutlich, dass jeweils<br />

zwei Herzzellen durch ihre besondere Form ein Lumen bilden,<br />

durch das das Blut hindurch strömen kann. Auf der linken Seite<br />

ist eine Herzmuskelzelle (Kardiomyocyte) grün unterlegt. Das Herz<br />

wird von Perikardzellen begleitet, die hier gelb eingefärbt wurden.<br />

sen Funktion im lebenden Tier ohne operative Eingriffe<br />

direkt verfolgen zu können. Unser besonderes Augenmerk<br />

gilt sowohl jenen Prozessen, die auf der Ebene einzelner<br />

Herzzellen ablaufen, als auch denjenen, die dafür sorgen,<br />

dass Zellen miteinander kommunizieren und untereinander<br />

Netzwerke bilden. So untersuchen wir Drosophila-<br />

Mutanten, bei denen der »Klebstoff« zwischen Zellen im<br />

Herz fehlerhaft verarbeitet wird. Aus diesen Analysen<br />

wollen wir lernen, wie Zellverbindungen in Organsystemen<br />

hergestellt werden. Weitere Projekte befassen sich<br />

mit den Bildungsleistungen der Herzzellen. Während der<br />

Embryogenese nehmen Herzzellen eine bestimmte Form<br />

an, die zur Bildung eines inneren Lumens führt. Durch<br />

dieses Rohr wird später das »Blut« gepumpt. Dazu sind<br />

bestimmte in Mikrokompartimenten lokalisierte Membranproteine<br />

notwendig, die ein Verschließen des Herzlumens<br />

verhindern. Andere Zellen des Herzrohrs hingegen<br />

nehmen eine gänzlich andere Gestalt an und bilden Herzklappen,<br />

die einen Rückfluss des »Blutes« verhindern. Wir<br />

erforschen derzeit, welche molekularen Mechanismen der<br />

Differenzierung solcher Spezialisierungen zugrunde liegen.<br />

Eine besondere Gruppe von Proteinen, die an Zell -<br />

oberflächen katalytische Funktionen übernehmen, steht<br />

dabei im Mittelpunkt des Interesses. Ein weiteres aktuelles<br />

Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der Entstehung<br />

und Funktion von speziellen Kreislauforganen, die ausschließlich<br />

der Bildung und Versorgung von Insektenflügeln<br />

dienen. Ohne diese »Extraherzen« können Fliegen<br />

nicht fliegen, da ihre Flügel funktionslos sind. Aus evolutionsbiologischer<br />

Sicht sind solche Flügelherzen von großer<br />

Bedeutung, da sie den Erfolg der flugfähigen Insekten<br />

erst ermöglichten.<br />

Abbildung 3 Die Erforschung<br />

von Mutanten, also Tieren mit<br />

genetischen Defekten, spielt bei<br />

unseren Untersuchungen eine<br />

sehr wichtige Rolle. Das Bild oben<br />

links zeigt Ausschnitte aus dem<br />

Herzen eines normalen und eines<br />

fehlentwickelten Drosophila-Embryos.<br />

Die aufgetretene Mutation<br />

führt zu einem lückenhaften Aufbau<br />

wichtiger Herzstrukturen.<br />

Aus der Analyse solcher Mutanten<br />

lernen wir, welche molekularen<br />

Prozesse für die Bildung eines<br />

funktionsfähigen Herzens wichtig<br />

sind. Mit Hilfe von gentechnischen<br />

Methoden werden Proteine<br />

gezielt verändert um so ihre<br />

Funktion im lebenden Tier zu studieren<br />

(oben rechts). Häufig müssen<br />

Proteine gereinigt und isoliert<br />

werden. Arbeiten mit in Kultur<br />

gezüchteten Zellen werden daher<br />

immer bedeutsamer. Das Bild<br />

unten links zeigt eine Insektenzelle<br />

in Kultur, bei der verschiedene<br />

künstlich eingebrachte Proteine<br />

in unterschiedlichen Farben<br />

sichtbar gemacht wurden. Ergänzend<br />

sind biochemische Untersuchungen<br />

notwendig, bei denen bspw. mit Hilfe von Antikörperbasierten-Techniken erforscht wird, ob wichtige Komponenten der Zelle normal gebildet werden.<br />

Die Abbildung unten rechts zeigt eine solche Analyse. Im mutanten Tier ist deutlich zu sehen, dass ein wichtiges Protein fehlt.<br />

41<br />

Entwicklungsbiologie


Literaturauswahl<br />

Dordel, J., Fisse, F., Purschke, G.<br />

and Struck, T.H. (2010) Phylogenetic<br />

position of Sipuncula derived<br />

from multi-gene and phylogenomic<br />

data and its implication for<br />

the evolution of segmentation. J.<br />

zool. Syst. Evol. Res. 48: 197-207.<br />

Arendt, D., Hausen, H. and<br />

Purschke, G. (2009) The »division<br />

of labour« model of eye evolution.<br />

Phil. Trans. R. Soc. B 364: 2809-<br />

2817.<br />

Suschenko, D. and Purschke, G.<br />

(2009) Ultrastructure of pigmented<br />

adult eyes in errant polychaetes<br />

(Annelida) - implications for<br />

annelid evolution. Zoomorphology<br />

128: 75-96.<br />

Purschke, G. and Hausen, H.<br />

(2007) Lateral organs in sedentary<br />

polychaetes (Annelida) – Ultrastructure<br />

and phylogenetic significance<br />

of an insufficiently known<br />

sense organ. Acta Zool. (Stockh.)<br />

88: 23-39.<br />

Purschke, G., Arendt, D., Hausen,<br />

H. and Müller, M. C. M. (2006)<br />

Photoreceptor cells and eyes in<br />

Annelida. In: Harzsch, S., Melzer, R.<br />

(eds.) Origin and evolution of arthropod<br />

visual systems. Arthr.<br />

Struct. Dev. 35: 211-230.<br />

Bartolomaeus, T. and Purschke, G.<br />

(2005; eds.) Morphology, Molecules,<br />

Evolution and Phylogeny in<br />

Polychaeta and related Taxa. Hydrobiologia<br />

535/536: 1-387.<br />

Kontakt<br />

Apl. Prof. Dr. Günter Purschke<br />

Telefon: +49 (0)541 969 2857<br />

Fax: +49 (0)541 969 2587<br />

E-Mail: purschke@biologie.uniosnabrueck.de<br />

Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />

42<br />

Zoologie<br />

<strong>AG</strong> Zoologie-Entwicklungsbiologie<br />

Morphologie, Evolution und Phylogenie<br />

Die zentrale Fragestellung der systematischen Zoologie ist die Erforschung der Evolution<br />

und Stammesgeschichte (Phylogenie) der vielzelligen Tiere und ihrer Organsysteme. Die<br />

Beschreibung der Vielfalt der Arten, ihrer inneren und aüßeren Strukturen sowie ihrer <strong>Biologie</strong><br />

ist ein wesentliches Aufgabengebiet, die Einordnung der Arten gemäß ihrer Verwandtschaften<br />

sowie die Rekonstruktion ihrer Entstehung ein weiteres. Wie kommt es trotz vieler<br />

grundsätzlicher Gemeinsamkeiten in zahlreichen biochemischen und genetischen Prozessen<br />

dennoch zu einer derart großen Vielfalt? So besitzen beispielsweise die ursprünglichsten<br />

Metazoa nur 4 Zelltypen, Saügetiere dagegen mehr als 400. Die Zahl der für Proteine kodierenden<br />

Gene differiert im Vergleich jedoch nur wenig.<br />

Schwerpunkte der eigenen Untersuchungen liegen<br />

auf den Ringelwürmern, Annelida, und den<br />

wahrscheinlich mit ihnen verwandten höheren<br />

Taxa innerhalb der so genannten Lophotrochozoa.<br />

Durch ihre große Diversität und ihr hohes<br />

phylogenetisches Alter sind die Anneliden sehr<br />

gut geeignet, an ihnen neben speziellen Fragestellungen<br />

auch allgemeine Probleme zur Evolution,<br />

Systematik, Phylogenie und Funktionsmorphologie<br />

zu untersuchen. Neben konventionellen<br />

Techniken werden moderne Methoden<br />

der Lichtmikroskopie (konfokale Laserscanningmikroskopie)<br />

ebenso eingesetzt wie die Rasterund<br />

Transmissionselektronenmikroskopie, daneben<br />

auch molekulare Methoden. Untersucht<br />

werden unter anderem Evolution und Diversität<br />

von Augen und Photorezeptorzellen, Nervensystem<br />

und Hautmuskelschlauch sowie die<br />

A<br />

50 µm<br />

B<br />

20 µm<br />

no<br />

g<br />

ci<br />

Tiefenphylogenie und Artbildungsprozesse<br />

(Abb. 1). So besitzen beispielsweise die meisten<br />

Arten mehr als einen morphologisch distinkten<br />

Augentyp, mehrere verschiedene Photorezep -<br />

torzellen und unterschiedliche Sehpigmente,<br />

die jeweils eine unterschiedliche Evolutionsge -<br />

schich te aufweisen und dementsprechend auch<br />

phylogenetische Signale tragen: Innerhalb der<br />

Anneliden ist ein bei Tieren einmaliger Photorezeptorzellentyp<br />

entstanden, dessen Evolutionsgeschichte<br />

nachgezeichnet werden konnte.<br />

Derartige Lichtsinneszellen, die als Phaosome<br />

bezeichnet werden, gibt es nur bei Gürtelwürmern,<br />

zu denen auch die bekannten Regenwürmer<br />

gehören. Primär kommen diese Zellen nicht<br />

in Augen vor; Augen sind in dieser Teilgruppe<br />

offensichtlich zweimal unabhängig entstanden.<br />

sc<br />

1 µm<br />

pc<br />

C<br />

D<br />

2 µm<br />

Abbildung 1A Whole-mount-insitu-hybridisation<br />

zum Nachweis<br />

der Expression eines Sehfarbstoffes<br />

(Pfeilköpfe) in Photorezeptorzellen<br />

bei einem Egel (Helobdella<br />

robusta).<br />

Abbildung 1B Gehirn (g) mit<br />

zahlreichen abgehenden Nerven<br />

eines Polychaeten (Scoloplos armiger)<br />

im konfokalen Laserscanningmikroskop,<br />

markiert mit<br />

einem Antikörper gegen acetyliertes<br />

α-Tubu lin, Tiefenkodierung<br />

erlaubt räum liche Zuordnung.<br />

no Nuchalorgan, ein chemisches<br />

Sin nesorgan; Pfeilköpfe<br />

zeigen auf isolierte Photorezeptorzellen.<br />

Abbildung 1C Markierte Sinneszelle<br />

aus B im Transmissionselektronenmikroskop<br />

(TEM); ci Cilien.<br />

Abbildung 1D Kleines Auge<br />

desselben Polychaeten im TEM<br />

mit Pigment- und Sinneszellen<br />

(pc, sc)


Direktorin<br />

Prof. Dr. Sabine Zachgo<br />

Telefon: +49 (0) 541 969 2840<br />

Kustos<br />

PD Dr. Nikolai Friesen<br />

Telefon: +49 (0) 541 969 2738<br />

Technischer Leiter<br />

Ulrich Rösemann<br />

Telefon: +49 (0) 541 969 2704<br />

Sekretariat<br />

Jutta Doch<br />

Telefon: +49 (0) 541 969 2739<br />

Fax: +49 (0) 541 969 2724<br />

Adresse<br />

Botanischer Garten der<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />

Albrechtstr. 29<br />

49076 <strong>Osnabrück</strong><br />

Internet: http://www.biologie. uniosnabrueck.de/bogos<br />

44<br />

Wendeltreppe im Regenwaldhaus<br />

Botanischer Garten<br />

Der Botanische Garten<br />

der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />

Das zentrale Anliegen des Botanischen Gartens<br />

ist es, die pflanzliche Artenvielfalt unserer<br />

Erde, ihre Biodiversität, zu erforschen, zu erhalten<br />

und zu vermitteln.<br />

Als universitärer Garten bietet er wesentliche<br />

Voraussetzungen für Forschung und Lehre.<br />

Die Freilandversuchsflächen und eine Vegetationshalle<br />

werden von Studierenden und Wissenschaftlern<br />

des <strong>Fachbereich</strong>s regelmäßig genutzt,<br />

um experimentelle Forschungsarbeiten<br />

durchzuführen. Er hat sich darüber hinaus zu<br />

einem Anziehungspunkt für eine stetig wachsende<br />

Zahl von Besuchern entwickelt. Die rund<br />

5,6 Hektar große Kernanlage befindet sich in<br />

einem ehemaligen Steinbruch in unmittelbarer<br />

Nähe zum <strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong>/Chemie. In<br />

neun Gewächshäuser und einer Vegetationshalle<br />

für Aufzucht und Versuche, sowie verschiedenen<br />

Freiflächen, sind Pflanzen aus aller<br />

Welt vertreten. Schwerpunkte im Freiland sind<br />

die Wälder Nordamerikas und Eurasiens und<br />

die Pflanzen der Gebirge Europas und Asiens<br />

sowie themenbezogene Abteilungen zu Arzneipflanzen<br />

und Duftpflanzen sowie Genetik.<br />

Das Alpinum mit Pflanzen aus den Hochgebirgen<br />

Europas und die Euroasiatische Steppe<br />

sind für den nordwestdeutschen Raum einmalige<br />

Anlagen.<br />

Das 1997 fertig gestellte Regenwaldhaus<br />

ist seit 1998 für die Öffentlichkeit zugänglich.<br />

Hier werden die verschiedenen Ausprägungen<br />

des Tieflandregenwaldes im Amazonasbecken<br />

mit ca. 800 tropischen Pflanzenarten dargestellt.<br />

Über eine Wendeltreppe im 21 m hohen,<br />

die Steilwand überragenden<br />

Haus, können die Besucher Einblick<br />

in die Kronenregion erhalten.<br />

Das Regenwaldhaus ist mit<br />

seiner Architektur und Bepflanzung<br />

sowie den dort lebenden<br />

Fröschen ein besonderer Anziehungspunkt<br />

des Gartens.<br />

Die fußläufige Anbindung des<br />

benachbarten, zweiten Steinbruchs<br />

am Westerberg an den<br />

Botanischen Garten wurde 2010<br />

realisiert. Die Anbindung schafft<br />

die Voraussetzung für die Sicherung<br />

dieses 2,7 Hektar großen<br />

gefährdeten und geschützten<br />

Biotops. Programme zum Ausbau<br />

von Fledermausquartieren, zur<br />

Schwäbische Alb<br />

Feldversuch<br />

Botanischer Garten, Ausblick von der Wendeltreppe


Eingrenzung des Wachstums von invasiven, standortfremden<br />

Pflanzen (Neophyten wie die Herkulesstaude und der<br />

Japanische Knöterich) sowie die Errichtung eines Insekten-<br />

Allium-Beet<br />

hotels dienen dazu, dieses stadtnahe Biotop zu schützen.<br />

Durch dieses erweiterte, duale Gartenkonzept, kann jetzt<br />

sowohl globale Biodiversität, in verschiedenen Erdregionen<br />

lebende Pflanzengesellschaften, als auch heimische, gefährdete<br />

Artenvielfalt gezeigt und bewahrt werden.<br />

Der gesamte Pflanzenbestand des Gartens umfasst ca.<br />

8000 Arten und ist EDV-erfasst. Für Lehre und Forschung<br />

werden kontinuierlich die wissenschaftlichen Pflanzensammlungen<br />

des Gartens ausgebaut. So bieten die vorhandenen<br />

Lebendsammlungen der Lauchgewächse (Alliaceae)<br />

mit ca. 250 Arten und 1800 Akzessionen und der<br />

Brassicaceen (Kreuzblütler, mit ca. 200 Arten und 500 Akzessionen)<br />

hervorragende Möglichkeiten für die Erforschung<br />

evolutionärer Prozesse. Am Botanischen Garten<br />

wurde 2003 die Loki Schmidt - Genbank für Wildpflanzen,<br />

die erste offizielle Saatgutbank für einheimische Wildpflanzenarten<br />

initiiert. Im Juni 2009 startete das nationale<br />

WEL Genbankprojekt (Wildpflanzen für Ernährung und<br />

Landwirtschaft), an dem drei weitere Botanische Gärten<br />

Öffnungszeiten Freigelände<br />

Sommerhalbjahr Winterhalbjahr<br />

1. April bis 30. September 1. Oktober bis 31. März<br />

Montags – Freitags 08.00 – 20.00 Uhr<br />

Samstags 14.00 – 20.00 Uhr<br />

Sonn- und Feiertags 10.00 – 20.00 Uhr<br />

Allium ramosum<br />

aus Berlin, Regensburg und Karlsruhe sich mit dem Ziel<br />

beteiligen, deutschlandweit in einem Netzwerk Saatgut<br />

von bedeutenden wildlebenden Verwandten unserer Nutzpflanzen<br />

zu beproben und damit für weitere Forschungen<br />

und Anwendungszwecke zu erhalten.<br />

Die Umweltbildungseinrichtung des Botanischen Gartens,<br />

die Grüne Schule, bietet vielfältige generationsübergreifende<br />

Veranstaltungen an, in denen botanische Inhalte<br />

und faszinierende biologische Zusammenhänge vermittelt<br />

werden. Studenten/innen können in einer Lehrveranstaltung<br />

das Wissen erwerben, einen ›Gartenführerschein‹ zu<br />

erhalten, um dann selbstständig Führungen durchzuführen.<br />

Der Bau des ›Bohnenkamp-Hauses im Botanischen<br />

Garten‹, eines neuen biologischen Bildungszentrums im<br />

Botanischen Garten, wurde durch großzügige Unterstützung<br />

der Bohnenkamp-Stiftung, sowie der <strong>Universität</strong> und<br />

des Landes Niedersachsen möglich.<br />

Der ›Freundeskreis Botanischer Garten der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Osnabrück</strong> e.V.‹ wurde im September 1986 gegründet. Er<br />

unterstützt den Ausbau des Gartens und seine Umweltbildungsaufgaben<br />

maßgeblich durch sein vielfältiges ehrenamtliches<br />

Engagement.<br />

Montags – Freitags 08.00 – 16.00 Uhr<br />

Samstags geschlossen<br />

Sonn- und Feiertags 10.30 – 16.00 Uhr<br />

Die Öffnungszeiten für das Regenwaldhaus können den aktuellen Anschlägen entnommen werden.<br />

45<br />

Botanischer Garten


Physiologie und Dynamik<br />

zellulärer Mikrokompartimente<br />

Sonderforschungsbereich 944<br />

Ein Sonderforschungsbereich (SFB) ist der einem gemeinsamen wissenschaftlichen Thema gewidmete Forschungsverbund<br />

mehrerer Arbeitsgruppen. Ein SFB wird in einem auf wendigen Verfahren beantragt, anschließend von einem Konsortium<br />

aus Fach wissenschaftlern begutachtet und im Falle der Bewilligung für festgelegte Antrags perioden (4 Jahre)<br />

mit jeweils mehreren Millionen Euro durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.<br />

Daher sind Sonderforschungsbereiche wesentliche Elemente der Profilbildung von Instituten oder <strong>Fachbereich</strong>en.<br />

Die Forschungsgelder werden vor allem für Stellen, Verbrauchsmittel und spezielle apparative Ausstattung verwendet.<br />

Die Laufzeit eines SFB ist auf 12 Jahre begrenzt.<br />

Die <strong>Biologie</strong> der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> hat eine lange und erfolgreiche<br />

SFB-Tradition. Seit nunmehr 27 Jahren existieren<br />

durch gehend Sonderforschungsbereiche im <strong>Fachbereich</strong>, die<br />

sich auf Membranproteine (SFB 193, 1983-1998) und deren<br />

Funktion innerhalb von Zellen (SFB 431, 1999-2010) fokussiert<br />

haben.<br />

Im Januar 2011 begann der SFB 944 »Physiologie und Dynamik<br />

zellulärer Mikrokompartimente« seine Arbeit. Insgesamt<br />

13 Arbeitsgruppen untersuchen die Organisation von<br />

Proteinen und Lipiden im zellulären Zusammenhang.<br />

Lebende Organismen bestehen aus sehr unterschiedlichen<br />

Zellen mit sehr unterschiedlichen Funktionen. Diese speziellen<br />

Funktionen erfordern die Untergliederung der Zellen in weitere<br />

Reaktionsräume, die Organellen genannt werden. Dazu<br />

zählt beispielsweise der Zellkern. Eine Vielzahl verschiedener<br />

Proteine bildet bzw. wirkt an diesen Substukturen und organisiert<br />

so das zelluläre Geschehen. Die Wirkmechanismen dieser<br />

Proteine werden durch ihre unmittelbaren (Mikro-) Umgebungen<br />

bestimmt, die ihrerseits aus anderen Proteinen und<br />

Membranen zusammengesetzt sein können. Im weitesten<br />

Sinne lässt sich eine Zelle mit einer hochspezialisierten Fabrik<br />

Abb. 2 Endosomen einer Hefezelle (grün) in der Nähe der Vakuole (lila)<br />

46<br />

SFB944<br />

Physiology &<br />

Dynamics of<br />

Cellular Microcompartments<br />

Abb. 1 Ribonucleotid-Granulae (grün) im Zytosol einer Nervenzelle. Das<br />

Zytoskelett ist blau eingefärbt.<br />

vergleichen, in der an genau festgelegten Orten Produkte hergestellt<br />

oder weiterverarbeitet werden.<br />

Die am SFB beteiligten Gruppen versuchen aufzuklären,<br />

wie die jeweilige Mikro umgebung eines Proteins die Funktionsweise<br />

eines Organells und letztlich der ganzen Zelle beeinflusst.<br />

Von besonderem Interesse für den neuen SFB 944<br />

ist die raum/zeitliche Veränderung solcher Mikrokompartimente<br />

und ihre Bedeutung für das (Über-)leben von Organismen.<br />

Ziel des SFB 944 ist das Aufdecken allgemein gültiger<br />

Prinzipien der Organisation von suborganellaren Strukturen<br />

und ihrer Physiologie.<br />

Eine derart komplexe Fragestellung erfordert ein<br />

umfangreiches zellbiologisches und biophysikalisches Methodenarsenal:<br />

Von der Identifikation neuer Komponenten über<br />

ihre Verortung und Dynamik mittels hochauflösender Mikroskopie<br />

bis hin zur quantitativen Analyse der Wechselwirkungen.<br />

Die apparative Infrastruktur der <strong>Biologie</strong> wird mit Hilfe<br />

des neuen Sonderforschungsbereiches erweitert werden, und<br />

sie steht allen Arbeitsgruppen zur Verfügung.<br />

Der SFB 944 zeichnet sich auch durch die fächerübergreifende<br />

Zusammenarbeit von Arbeitsgruppen aus der <strong>Osnabrück</strong>er<br />

<strong>Biologie</strong>, Physik und Mathematik sowie der <strong>AG</strong> Biophysik<br />

der <strong>Universität</strong> Münster aus.


Abb. 3 Untersuchung von Mikrokompartimenten auf der Plasmamembran<br />

menschlicher Zellen mittels 3-Farben-Höchstauflösungsmikroskopie.<br />

Die Proteinuntereinheiten IFNAR1 (grün)<br />

und IFNAR2 (rot) des Typ I-Interferonrezeptors sowie das<br />

Aktin-Zytoskelett (blau) wurden in lebenden Zellen, die aus der<br />

dauerhaften Gewebekultur eines menschlichen Gebärmutterhalstumors<br />

stammen, mit photoschaltbaren Fluoreszenzfarbstoffen<br />

markiert.. Anschließend können dann durch sukzessive<br />

Photoaktivierung einzelne Fluorophore mit einer Genauigkeit<br />

von ca. 20 nm lokalisiert werden. Aus diesen Einzelmessungen<br />

lassen sich Bilder mit einer etwa zehnfach höheren Auflösung<br />

erhalten als mit üblichen Fluoreszenzmikroskopie-Techniken. Im<br />

Übersichts bild (A) sind die Konturen der Zelle erkennbar. Im<br />

Ausschnitt (B) sind mehrere Bereiche mit charakteristischer<br />

submikroskopischer Organisation der beteiligten Proteine noch<br />

weiter vergrößert dargestellt. Durch die sehr hohe Auflösung<br />

wird die Organisation einzelner IFNAR1- und IFNAR2-Moleküle<br />

entlang zytoskelettaler Strukturen erkennbar.


Promovieren in <strong>Biologie</strong><br />

Doktorandenprogramme<br />

Die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> bietet jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />

und Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit,<br />

im Rahmen strukturierter Programme zu promovieren.<br />

So werden zu Beginn einer Promotion gezielte Fördermöglichkeiten,<br />

etwa zum Erwerb von zusätzlichen Sprachkenntnissen,<br />

vorgestellt und individuelle Empfehlungen erarbeitet.<br />

In den verschiedenen Programmen werden spezielle Vorlesungen,<br />

Workshops und Seminare für unsere Promovierenden<br />

angeboten.<br />

Graduiertenkolleg »Cell and Tissue Differen -<br />

tiation from an integrative perspective«<br />

Zellen sind die Grundbausteine des Lebens. Im Graduiertenkolleg<br />

wird untersucht, welche molekularen Prozesse Differenzierungsleistungen<br />

zugrunde liegen. Was befähigt Zellen,<br />

Gewebe und Organe zu bilden? Forscher aus unterschiedlichen<br />

Bereichen der <strong>Biologie</strong>, Chemie und Physik arbeiten in 7<br />

Einzelprojekten an dieser Fragestellung und nutzen hierfür die<br />

hochmoderne mikroskopische und molekularbiologische Ausstattung<br />

in unseren Instituten. Die Promovierenden werden<br />

durch eine intensive individuelle Beratung, durch begleitende<br />

Seminare und im Rahmen von auswärtigen Workshops betreut.<br />

Infos unter: http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/<br />

GraduiertenkollegUosBio/ oder beim Sprecher des Kollegs<br />

(Prof. Dr. Achim Paululat, paululat@biologie.uni-osnabrueck.de).<br />

48<br />

Doktorandenprogramme<br />

Promotionsstudiengang »Membranen und zelluläre<br />

Kommunikation«<br />

Im vom Land Niedersachsen mit 8 Lichtenberg-Stipendien<br />

geförderten Promotionsstudiengang »Membranen und zelluläre<br />

Kommunikation« erforschen Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />

und Nachwuchswissenschaftler mittels molekularer,<br />

biochemischer und biophysikalischer Techniken die zell- und<br />

entwicklungsbiologischen Eigenschaften von Zellen. Dabei<br />

stehen Fragestellungen im Vordergrund, die der <strong>Biologie</strong> von<br />

Membranproteinen und ihrer Beteiligung an Signalwegen und<br />

der Wechselwirkung zwischen Zellen gewidmet sind. Am<br />

Forschungs- und Ausbildungsprogramm nehmen 10 Arbeitsgruppen<br />

aus der <strong>Biologie</strong> sowie jeweils eine Arbeitsgruppe aus<br />

der Chemie und Physik teil. Wesentliche Teile des Ausbildungsprogramms<br />

werden gemeinsam mit dem Graduiertenprogramm<br />

des SFB955 (IRTG) koordiniert. Infos unter:<br />

http://www.uni-osnabrueck.de/standard_en/160_11357.html oder<br />

beim Sprecher des Kollegs (Prof. Dr. Achim Paululat,<br />

paululat@biologie.uni-osnabrueck.de).<br />

International PhD interchange program (IPID)<br />

<strong>Osnabrück</strong>-Oviedo<br />

Die biologische Forschung entwickelt sich immer mehr zu<br />

einer Disziplin, in der internationale Zusammenarbeit essentiell<br />

ist. Im Rahmen seines IPID-Programms fördert der Deut-


sche Akademische Austauschdienst (DAAD) seit Oktober<br />

2010 die Internationalisierung der Doktorandenausbildung<br />

in einem bilateralen Projekt zwischen der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Osnabrück</strong> und der <strong>Universität</strong> Oviedo (Spanien).<br />

Ziel des Programms ist die Verleihung der Promotionsurkunde<br />

gleichzeitig von beiden <strong>Universität</strong>en an die erfolgreichen<br />

Absolventen. Durch das IPID werden kurze<br />

und mittelfristige Aufenthalte der Doktoranden in Laboratorien<br />

der Partneruniversität finanziert, aber auch<br />

Gastvorträge von renommierten Wissenschaftlern, sowie<br />

Sprachkurse (Spanisch für deutsche Doktorand(inn)en,<br />

wissenschaftliches Englisch für Teilnehmer aus beiden<br />

Partneruniversitäten) und jährliche Treffen der Projektpartner.<br />

Von Seiten der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> sind zur<br />

Zeit fünf Arbeitsgruppen (Biochemie, Genetik, Mikrobiologie,<br />

Neurobiologie, Zoologie) mit jeweils 1-2 Dok to -<br />

ran d(in n)en am Programm beteiligt, was durch eine<br />

ähnliche Zahl von Arbeitsgruppen an der <strong>Universität</strong><br />

Oviedo komplementiert wird. Infos unter: http:// www.<br />

biologie.uni-osnabrueck.de/ipid/IPID_O-O/Home.html<br />

oder beim Sprecher des Kollegs (Prof. Dr. Jürgen Heinisch,<br />

heinisch@ biologie.uni-osnabrueck.de).<br />

IRTG (SFB-Kolleg)<br />

Die »Integrated Research Training Group (IRTG)« des<br />

Sonderforschungsbereiches 944 »Physiologie und Dynamik<br />

zellulärer Mikrokompartimente« ergänzt das Forschungsprogramm<br />

des SFB, in dem es ein strukturiertes<br />

Ausbildungs- und Betreuungsprogramm für Promovierende<br />

organisiert und bereitstellt. Die IRTG ist Teil des<br />

»Zentrums für Promovierende der Uni versität <strong>Osnabrück</strong><br />

(ZePrOS)« und hat das Ziel, eine interdisziplinäre und<br />

problemorientierte Ausbildung auf Graduiertenniveau in<br />

physikalischen, biophysikalischen, biochemischen und<br />

zellbiologischen Techniken sowie im Bereich der mathematischen<br />

Bildanalyse zu ermöglichen. Die Internationalisierung<br />

wird durch ein studentisches Austauschprogramm<br />

mit verschiedenen Partnerlabors gefördert. Infos<br />

unter www.biologie.uni-osnabrueck.de > Forschung<br />

oder bei den Sprechern und der Koordinatorin (Prof. Dr.<br />

Roland Brandt, brandt@biologie.uni-osnabrueck.de,<br />

Prof. Dr. Renate Scheibe, scheibe@biologie.uni-osnabrueck.de,<br />

Prof. Dr. Heinz-Jürgen Steinhoff, hsteinho@uniosnabrueck.de,<br />

Koordinatorin: Katrin Klempahn, klempahn@biologie.uni-<br />

osnabrueck.de)<br />

49<br />

Doktorandenprogramme


Experimentelles Lernlabor »Explain-OS«<br />

und NaT-Working-Projekt<br />

Kooperation Schule – <strong>Universität</strong><br />

Der <strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong>/Chemie unterstützt seit vielen Jahren Schulen bei der Gestaltung eines modernen <strong>Biologie</strong>unterrichts.<br />

Im Rahmen von zwei Projekten, die hier kurz vorgestellt werden, gibt es verschiedene Kooperationsmöglichkeiten:<br />

Das experimentelle Lernlabor Explain-OS bietet ein- oder mehrtägige Kurse, die den Schülerinnen und Schülern erste<br />

Einblicke in die Arbeitsweisen in einem Forschungslabor ermöglichen. Als alternative Möglichkeit bietet das <strong>Osnabrück</strong>er<br />

NaT-Working Projekt Experimentierkoffer, mit deren Hilfe schülergerechte Versuche direkt in der Schule durchgeführt<br />

werden können. Durch beide Projekte ist ein ständig wachsendes Kooperationsnetzwerk mit mittlerweile mehr als 70 teilnehmenden<br />

Schulen entstanden.<br />

Das experimentelle Lernlabor Explain-OS<br />

Schülerlabore erfüllen eine wichtige Funktion als außerschulische<br />

Lernstandorte. In einer experimentellen Wissenschaft<br />

wie der <strong>Biologie</strong> bieten Schülerlabore einzigartige Möglichkeiten,<br />

den Regelunterricht sinnvoll um neue und teilweise<br />

aufwendige naturwissenschaftliche Arbeitsweisen zu ergänzen.<br />

In einem Schülerlabor können schülergerechte Experimente<br />

angeboten werden, die aufgrund des technischen Bedarfs<br />

in der Schule nicht durchführbar sind. Auf diese Weise<br />

lassen sich aktuelle Themen der <strong>Biologie</strong> in den Unterricht integrieren<br />

und Bezüge zwischen den schulischen Curricula und<br />

der modernen Forschung herstellen. Darüber hinaus bietet<br />

sich Schülerinnen und Schülern durch den Besuch eines universitären<br />

Schülerlabors die Möglichkeit, eine <strong>Universität</strong> und<br />

ihre fachspezifischen Studienangebote »vor Ort« kennen zu<br />

lernen.<br />

Die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> eröffnete das experimentelle Lernlabor<br />

»Explain-OS« im Januar 2008. Mit Mitteln der Hoch-<br />

schule und der <strong>Universität</strong>sgesellschaft wurde ein Forschungslabor<br />

im <strong>Biologie</strong>hauptgebäude für die Bedürfnisse eines Schülerlabors<br />

umgebaut und 25 Schüler-Arbeitsplätze apparativ<br />

ausgestattet.<br />

50<br />

Kooperation Schule-Uni<br />

Durch das Schülerlabor eröffnen sich neue Wege in der Ausbildung<br />

von Lehramtsstudierenden. Viele Studierende nutzen<br />

die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Bachelor- und Masterabschlussarbeiten<br />

schülergerechte Experimente zu entwickeln<br />

und didaktisch auszuarbeiten. Häufig ergibt sich dabei die Gelegenheit,<br />

diese Experimente direkt mit Schülerinnen und<br />

Schülern zu erproben. Auf diese Weise werden die experimentellen<br />

und didaktischen Fähigkeiten der Studierenden an einem<br />

konkreten Beispiel geschult und die neu erarbeiteten didaktischen<br />

Konzepte kommen direkt zur Anwendung. Viele der aktuell<br />

angebotenen Kurse im Explain-OS basieren auf diesen Abschlussarbeiten<br />

von Absolventen der letzten Jahre. Der Hauptteil<br />

der Kurse ist so angelegt, dass sich Schülerinnen und Schüler<br />

innerhalb einer dreistündigen Veranstaltung mit einem<br />

Thema intensiv in Theorie und Praxis auseinandersetzen. Sie<br />

können beispielsweise »Laktose-freie Milch« selbst herstellen,<br />

indem sie ein Laktose-spaltendes Enzym aus einem Rohextrakt<br />

reinigen und Milch aus dem Supermarkt damit behandeln. Ein<br />

weiteres Beispiel ist die Plasmidisolation aus Bakterien, gefolgt<br />

von einem Schnitt der Plasmid-DNA mit Restriktionsenzymen<br />

und einer Trennung der DNA-Fragmente in einer Agarosegelelektrophorese.<br />

Das am häufigsten gewählte Angebot behandelt<br />

die Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks mit Hilfe<br />

der Polymerasekettenreaktion, wodurch man sehr schnell »dem


Täter auf die Spur« kommen kann. Schülerinnen und<br />

Schüler erhalten hier die Möglichkeit, wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisgewinn hautnah zu erleben, zu gestalten und<br />

Experimente zum Teil selbstständig zu planen. Aktuell<br />

umfasst das Angebot elf verschiedene Versuche für die<br />

Klassenstufen 10 bis 13. Eine Ausweitung des Angebotes<br />

für jüngere Schülerinnen und Schüler ist in Planung. Bislang<br />

haben mehr als 3000 Schülerinnen und Schüler die<br />

Angebote des Explain-OS genutzt.<br />

Neben den klassischen dreistündigen Veranstaltungen<br />

bietet Explain-OS auch die Möglichkeit für mehrtägige<br />

Kurse im Rahmen von Klassenfahrten. Interessant sind<br />

hier vor allem die zahlreichen Kooperationen mit vielen<br />

anderen naturwissenschaftlichen Einrichtungen in <strong>Osnabrück</strong>.<br />

Das Schülerlabor bietet außerdem Unterstützung bei<br />

der Erstellung von Facharbeiten oder im Rahmen von<br />

»Jugend forscht« an. Schließlich beteiligt es sich seit<br />

Jahren an der <strong>Osnabrück</strong>er Herbstakademie und bei der<br />

Begabtenförderung im Rahmen der <strong>Biologie</strong>-Olympiade.<br />

Explain-OS erhält großzügige finanzielle Unterstützung<br />

durch die Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte<br />

und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt. Dies ermöglicht<br />

die im Vergleich zu anderen Schülerlaboren sehr<br />

niedrigen Teilnahmegebühren.<br />

Das <strong>Osnabrück</strong>er NaT-Working-Projekt »Wie<br />

Wissenschaft Wissen schafft«<br />

Eine zweite Möglichkeit der Kooperation zwischen der<br />

<strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> und den Schulen bietet das NaT-<br />

Working Projekt »Wie Wissenschaft Wissen schafft«. Im<br />

Rahmen dieses durch die Robert-Bosch-Stiftung geförderten<br />

Vorhabens, das im März 2005 startete, wurden<br />

in sieben Arbeitsgruppen Experimentierkoffer in Kooperation<br />

mit einer Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern<br />

entwickelt und zusammengestellt. Diese Koffer, die den<br />

Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, ermöglichen<br />

die Durchführung einer Vielzahl von mo -<br />

dernen Experimenten im <strong>Biologie</strong>unterricht in den<br />

Sekundarstufen I und II. Mit dem »Genetik-Koffer« beispielsweise<br />

lässt sich die Regulation des Laktose-Stoffwechsels<br />

bei Bakterien durch einen einfachen Enzymtest<br />

untersuchen. Der Zoologie-Koffer bietet Experimente zur<br />

Anatomie und zum Lebenszyklus der kleinen Taufliege<br />

Drosophila melanogaster. Der Cytologie-Koffer ermöglicht<br />

die lichtmikroskopische Analyse verschiedener<br />

Zellzyklusstadien von Pflanzen. Außerdem sind Experimente<br />

aus den Bereichen der Gewässerökologie, der<br />

pflanzlichen Photosynthese oder der Pflanzenphysiologie<br />

enthalten.<br />

In Ergänzung zu den angebotenen Experimenten<br />

bieten Dozenten des <strong>Fachbereich</strong>s an, in den Schulen<br />

Vorträge zu aktuellen biologischen Themen zu halten.<br />

Ausführliche Informationen unter<br />

www.explain-os.de<br />

www.biologie.uni-osnabrueck.de/natworking<br />

Didaktisch-wissenschaftliche Leitung Jun. Prof. Dr.<br />

Susanne Menzel (menzel@biologie.uni-osnabrueck.de)<br />

Fachbiologisch-wissenschaftliche Leitung Lernlabor &<br />

Projektleitung NaT-Working Priv.-Doz. Dr. Knut Jahreis<br />

(jahreis@biologie.uni-osnabrueck.de)<br />

51<br />

Kooperation Schule-Uni


Campbell/Reece - <strong>Biologie</strong><br />

Zur deutschen Ausgabe des »Campbell«<br />

Der Campbell ist eines der am weitesten verbreiteten deutschsprachigen<br />

<strong>Biologie</strong>-Lehrbücher. Die ebenso attraktive wie herausfordernde<br />

Überarbeitung eines solchen Buches erfordert<br />

die Kompetenzen möglichst vieler und unterschiedlicher naturwissenschaftlicher<br />

Fachgebiete. Die neu vorgelegte Auflage<br />

wäre daher ohne die Bereitschaft der Dozentinnen und Do-<br />

© Pearson Education Deutschland GmbH, mit Genehmigung<br />

52<br />

Campbell<br />

zenten der <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> zur Übernahme fachbezogener<br />

Lektorate nicht möglich gewesen.<br />

Gegenüber dem amerikanischen Original wurde eine Vielzahl<br />

von Aktualisierungen vorgenommen, darüber hinaus auch<br />

Fehler und Ungenauigkeiten terminologischer, nomenklatorischer,<br />

inhaltlicher und anderer Art bereinigt. Ziel der Überarbeitung<br />

war zum einen der Erhalt des amerikanischen Charakters<br />

der Originalversion in ihrem didaktischen Aufbau, zum<br />

anderen die gute Verwendbarkeit in der universitären und<br />

schulischen Lehre.<br />

Daher wurde eine Vielzahl von Beispielen durch solche aus<br />

deutschen und europäischen Lebensräumen mit ihrer Pflanzen-<br />

und Tierwelt sowie ihren Lebensgemeinschaften ersetzt.<br />

Die Kapitel und Teilkapitel wurden umgestellt und so angepasst,<br />

dass sie besser der inneren Logik von Lehrplänen im<br />

deutschsprachigen Raum entsprechen.<br />

Dabei stand stets die Beschränkung der Inhalte des Lehrbuches<br />

auf wichtige Grundlagen und Aspekte im Vordergrund,<br />

nicht eine enzyklopädische Zusammenschau biologischer<br />

Sachverhalte. Zudem wurde das Glossar wesentlich erweitert<br />

und ein Verzeichnis mit weiterführenden Literaturhinweisen<br />

neu hinzugefügt.<br />

Herausgekommen ist ein Lehrbuch, das den sprachlichen<br />

Charme, die Verständlichkeit und Anschaulichkeit der Originalversion<br />

in hohem Maße bewahrt. Möge der Campbell auf<br />

viele Jahre die Standardlektüre möglichst vieler Bachelor-<br />

Studiengänge der Biowissenschaften sein!<br />

Anselm Kratochwil<br />

Renate Scheibe<br />

Helmut Wieczorek


x<br />

53


http://www.biologie.uni-osnabrueck.de

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