AG Botanik - Fachbereich 5 Biologie - Universität Osnabrück
AG Botanik - Fachbereich 5 Biologie - Universität Osnabrück
AG Botanik - Fachbereich 5 Biologie - Universität Osnabrück
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />
<strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong> / Chemie<br />
Barbarastraße 11<br />
49076 <strong>Osnabrück</strong><br />
Redaktion: apl. Prof. Dr. S. Engelbrecht-Vandré<br />
Titelbild: Isolierte Protoplasten aus Blättern<br />
von Arabidopsis thaliana<br />
(R. Scheibe, Pflanzenphysiologie<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong>)<br />
Gestaltung: Rothe Grafik<br />
Stand: Dezember 2011<br />
Fotos: S. 11, 19, 35, 41, 47 – Michael Münch/<br />
Pressestelle <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong>
Kontakte <strong>Biologie</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
Entwicklung und Profil der <strong>Biologie</strong> . . . . . . . . . . . . . 6<br />
<strong>Biologie</strong><br />
Biochemie<br />
Prof. Dr. Christian Ungermann . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
apl. Prof. Dr. Siegfried Engelbrecht-Vandré . . . . . . . 10<br />
<strong>Biologie</strong>didaktik<br />
Jun.-Prof. Dr. Susanne Menzel . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Biophysik<br />
Prof. Dr. Jacob Piehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
<strong>Botanik</strong>/Entwicklungsbiologie<br />
Prof. Dr. Sabine Zachgo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
apl. Prof. Dr. K. Mummenhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Genetik<br />
Prof. Dr. Jürgen Heinisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />
Mikrobiologie<br />
Prof. Dr. Michael Hensel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
Mitochondriale Dynamik<br />
Jun.-Prof. Dr. Karin Busch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />
Molekulare Mikrobiologie<br />
Jun.-Prof. Dr. Sabine Hunke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Neurobiologie<br />
Prof. Dr. Roland Brandt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
Ökologie<br />
Prof. Dr. Anselm Kratochwil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Pflanzenphysiologie<br />
Prof. Dr. Renate Scheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
Tierphysiologie<br />
Prof. Dr. Helmut Wieczorek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
apl. Prof. Dr. Hans Merzendorfer . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
Verhaltensbiologie<br />
Prof. Dr. Judith Korb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
Zoologie/Entwicklungsbiologie<br />
Prof. Dr. Achim Paululat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
apl. Prof. Dr. Günter Purschke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Der Botanische Garten<br />
Prof. Dr. Sabine Zachgo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />
Sonderforschungsbereich 944 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
Promovieren in <strong>Biologie</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />
Kooperation Schule – <strong>Universität</strong> . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
Zur deutschen Ausgabe des »Campbell« . . . . . . . . . 52
Kontakte<br />
Dekanat <strong>Biologie</strong><br />
Dekan:<br />
Prof. Dr. Jacob Piehler<br />
Raum 35/E18A<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2834<br />
dekan@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Studiendekanin:<br />
Prof. Dr. Judith Korb<br />
Raum 35/147<br />
Tel.: +49 (0)541 969-3496<br />
studiendekan@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Prodekan:<br />
Prof. Dr. Helmut Wieczorek<br />
Tel.: +49 (0)541 969-3501<br />
helmut.wieczorek@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Prädekan:<br />
Prof. Dr. Michael Hensel<br />
Tel.: +49 (0)541 969-3940<br />
michael.hensel@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Dekanatsverwaltung:<br />
Dekanat <strong>Biologie</strong><br />
Barbarastraße 11, 49076 <strong>Osnabrück</strong><br />
Marianne Marx (Leitung)<br />
Raum 35/E18B<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2833, Fax -2433<br />
marianne.marx@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Yvonne Kirchhoff<br />
Raum 35/E18C<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2821, Fax -2433<br />
yvonne.kirchhoff@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Birte Pahlmann<br />
Raum 35/E19<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2548, Fax -2433<br />
birte.pahlmann-dekanat@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Marion Scott<br />
Raum 35/E19<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2832, Fax -2433<br />
marion.scott-dekanat@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Kontakte<br />
Prüfungsamt <strong>Biologie</strong><br />
Vorsitzender:<br />
apl. Prof. Dr. Klaus Mummenhoff<br />
Raum 35/E46<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2856<br />
klaus.mummenhoff@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Verwaltung:<br />
Jutta Holle<br />
Raum 35/E45<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2831, Fax - 2433<br />
pruefungsamt@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Dörthe van Eyck<br />
Raum 35/E45<br />
Tel.: +49 (0)541 969-2831, Fax - 2433<br />
pruefungsamt@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Sprechzeiten: Mo, Do 10.00-12.00 Uhr, Di 13.00-15.00 Uhr<br />
Studienberatung <strong>Biologie</strong><br />
Bachelor (Ein-Fach & Zwei-Fächer), Master:<br />
PD Dr. Thomas Krüppel<br />
Raum 36/235<br />
Tel.: +49-(0)541 969-2881<br />
thomas.krueppel@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Sprechzeiten: Mi 13.00-14.00 Uhr und nach Vereinbarung<br />
Lehramtsstudiengänge (außer Zwei-Fächer-Bachelor):<br />
Dr. Dominique Remy<br />
Raum 67/117<br />
Tel.: +49-(0)541 969-2829<br />
dominique.remy@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Sprechzeiten: nach Vereinbarung<br />
Fachschaft <strong>Biologie</strong>/Chemie:<br />
Barbarastraße 11, 49076 <strong>Osnabrück</strong><br />
Tel.: +49-(0)541 969-2252<br />
fachschaft@cip.biologie.uni-osnabrueck.de
Entwicklung und Profil<br />
der <strong>Biologie</strong><br />
Die <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> entstand Anfang der siebziger Jahre<br />
aus einer Abteilung der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen.<br />
Das Fach <strong>Biologie</strong> existierte daher zunächst nur als »Didaktik<br />
der <strong>Biologie</strong>« zusammen mit Angewandter Mathematik,<br />
Theoretischer Physik und Chemie als Teil eines <strong>Fachbereich</strong>s<br />
»Naturwissenschaften/Mathematik/Dynamische Systeme«. Im<br />
Jahr 1976 beschloss dieser <strong>Fachbereich</strong> die Einrichtung eines<br />
eigenständigen Studienganges <strong>Biologie</strong> einschließlich des Lehramtes<br />
Sekundarstufe II und eines Diplomstudienganges.<br />
Mit dem zügigen personellen Ausbau der <strong>Universität</strong> in den<br />
folgenden Jahren wurden die Zuständigkeiten für weitere Studiengänge<br />
neu zugeordnet und auf einzelne <strong>Fachbereich</strong>e übertragen,<br />
darunter der neue »<strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong>/Chemie«. Dem<br />
Beschluss der Landesregierung, den Ausbau der <strong>Universität</strong><br />
<strong>Osnabrück</strong> auf Naturwissenschaften, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften<br />
zu konzentrieren, folgte bald die Errichtung gut<br />
konzipierter Neubauten für die Naturwissenschaften, darunter<br />
auch die <strong>Biologie</strong>. Im Jahr 1983 wurden fast gleichzeitig das<br />
<strong>Biologie</strong>gebäude und das in unmittelbarer Nähe liegende Physik/Chemie-Gebäude<br />
am Westerberg bezogen.<br />
6<br />
Entwicklung<br />
Die Auswahl der 13 biologischen Fachdisziplinen erlaubte das<br />
Einwerben von drei lückenlos aufeinander folgenden Sonderforschungsbereichen<br />
während der letzten 27 Jahre. Dadurch<br />
prägte die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> das Forschungsprofil der <strong>Universität</strong><br />
wesentlich mit. Ein erheblicher Teil der Drittmittel der<br />
gesamten <strong>Universität</strong> wird durch Wissenschaftler aus der <strong>Biologie</strong><br />
beantragt und eingebracht. Die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> belegte<br />
in der Forschungsrangliste des Zentrums für Hochschulentwicklung<br />
(CHE) bei den eingeworbenen Drittmitteln pro Wissenschaftler/in<br />
den 3. Platz unter 49 <strong>Universität</strong>en. Bei 6 von<br />
insgesamt 16 Kriterien liegt sie in der Spitzengruppe. Das Profil<br />
der <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> wird zudem durch inzwischen drei<br />
Niedersachsenprofessuren deutlich (Angewandte Genetik der<br />
Mikroorganismen, Biophysik, Mikrobiologie, siehe Folgeseite).<br />
Auch in der Lehre kann die <strong>Biologie</strong> mit überdurchschnittlichen<br />
Leistungen aufwarten. Das zeigt sich sowohl an ihrem<br />
hohen Anteil an der Gesamtbilanz der universitären Abschlüsse,<br />
einschließlich Dissertationen und Habilitationen, als auch einem<br />
Platz in der Spitzengruppe der CHE-Rangliste. 2010 haben die<br />
Dozenten der <strong>Biologie</strong> die gemeinschaftliche Überarbeitung<br />
eines Standardlehrbuches vorgelegt.<br />
Als einer der ersten deutschsprachigen <strong>Fachbereich</strong>e hat die<br />
<strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge<br />
eingerichtet und 2010 die in den Vorjahren gewonnenen<br />
Erkenntnisse in die grundlegend reformierten Studiengänge<br />
»Biowissenschaften« eingebracht.<br />
Ehemalige Hochschullehrer der <strong>Biologie</strong><br />
Altendorf, Karlheinz Mikrobiologie 01. 09. 1980 - 30. 09. 2009 *<br />
Bakker, Evert Mikrobiologie 01. 01. 1981 - 30. 09. 2009 Ruhestand<br />
Bakker-Grunwald, Ottilie Biochemie 01. 08. 1988 - 24. 02. 2006 †<br />
Hurka, Herbert spez. <strong>Botanik</strong> 01. 10. 1982 - 30. 09. 2005 Ruhestand<br />
Junge, Wolfgang Biophysik 01. 05. 1979 - 30. 09. 2007 *<br />
Lengeler, Joseph Genetik 01. 12. 1983 - 30. 09. 2002 Ruhestand<br />
Lieth, Helmut Ökologie 24. 11. 1977 - 31. 03. 1992 Emeritierung<br />
Lueken, Wolfgang Tierphysiologie 01. 10. 1976 - 30. 09. 1997 Emeritierung<br />
Schrempf, Hildgund Angew. Genetik 20. 01. 1989 - 31. 03. 2010 *<br />
Schröpfer, Rüdiger Ethologie 15. 10. 1976 - 30. 09. 2007 Emeritierung<br />
Werries, Eckhard Biochemie 01. 10. 1976 - 30. 09. 2000 Ruhestand<br />
Westheide, Wilhelm Friedrich spez. Zoologie 07. 04. 1983 - 31. 03. 2003 Ruhestand<br />
*Niedersachsenprofessur
Niedersachsenprofessuren<br />
Altendorf, Karlheinz<br />
Diplomchemiker (1967), Promotion (1970, Chemie), Ha bilitation<br />
(1977, Mikrobiologie, <strong>Universität</strong> Tübingen). Pro fes sur (H3) Biochemie<br />
von Regulationsvorgängen (1977-1980, Ruhr-<strong>Universität</strong><br />
Bochum), Professur (C4) Mikrobiologie (<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong>,<br />
1980-2009). Nds.-Professur (2009-2012). Forschung über Struktur<br />
und Funktion von ATP-Synthasen, Kaliumtransport, Regulationsvorgänge<br />
bei Bakterien und über mikrobielle Ökologie, über<br />
200 Publikationen. Teilprojektleiter SFB 171 (1984-1998) und<br />
SFB 431 (1999-2007), Sprecher des SFB 431 (»Membranproteine:<br />
Funktionelle Dynamik und Kopplung an Reaktionsketten«, 1999-<br />
2004). Senator der Stiftung Niedersachsen, Mitglied des wissenschaftlichen<br />
Beirats des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs<br />
Greifswald und des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung<br />
DFG, Vorsitzender des Fachbeirats des MPI für<br />
marine Mikrobiologie Bremen (1994-2011) und des »Moshe Shilo<br />
Center for Marine Biogeochemistry« (The Hebrew University Jerusalem),<br />
Fachgutachter für Mikrobiologie (DFG, 2000-2008).<br />
Forschungssemester an der Stanford University, University of<br />
Madison, University of Illinois in Chicago. Mitglied zahlreicher<br />
biochemischer und mikrobiologischer Gesellschaften. Max-<br />
Planck Forschungspreis, Welcome Visiting Professorship in the<br />
Basic Medical Sciences der Canadian Federation of Biological<br />
Societies.<br />
http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/Mikrobiologie/Altendorf/<br />
Karlheinz Altendorf Wolfgang Junge<br />
Junge, Wolfgang<br />
Diplomingenieur in Physik (1965), Promotion (1968) und Habilitation<br />
(1971) in Physikalischer Chemie an der Technischen <strong>Universität</strong><br />
Berlin. Visiting scientist und visiting professor an der<br />
Johnson Foundation/University of Pennsylvania; University of<br />
Illinois/Urbana Champaign; Gulbenkian Foundation Lissabon;<br />
Cefobi Rosario/Argentinien. Professur (AH4) Biophysikalische<br />
Chemie (TU Berlin, 1973-1978), Professur (C4) Biophysik (<strong>Universität</strong><br />
<strong>Osnabrück</strong>, 1979-2007). Nds.-Professur (2009-2012).<br />
Forschung über Photosynthese, molekulare Bioenergetik und<br />
Membranbiologie, über 260 Publikationen. Sprecher des SFB 171<br />
(»Membrangebundene Transportprozesse in Zellen«, 1984-1998).<br />
Ex-Mitglied des IUPAB board, Ex-Präsident der International<br />
Society of Photosynthesis Research, Ex-Kurator der VW-Stiftung,<br />
Ex-Mitglied des wissenschaftlichen Beirats zweier Max-Planck<br />
Institute: Bio anorganische Chemie (Mülheim) und Biophysik<br />
(Frankfurt, Vorsitz), Mitglied der European Molecular Biology<br />
Organization sowie mehrerer biophysikalischer, biochemischer<br />
und physikochemischer Gesellschaften. Röntgenpreis, Niedersachsenpreis,<br />
Peter-Mitchell-Medal, Boris-Rajewsky-Preis, Bundesverdienstkreuz<br />
1. Klasse.<br />
http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/Biophysik/Junge/<br />
Schrempf, Hildgund<br />
http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/AngewandteGenetik/<br />
7<br />
Niedersachsenprofessuren
Literaturauswahl<br />
Cabrera, M., and Ungermann, C.<br />
(2010) Guiding endosomal maturation.<br />
Cell 141, 403-406.<br />
Markgraf, D., Ahnert, F., Arlt, H.,<br />
Marie, M., Peplowska, K., Epp, N.,<br />
Griffith, J., Reggiori, F., and Ungermann,<br />
C. (2009) The CORVET subunit<br />
Vps8 cooperates with the<br />
Rab5 homolog Vps21 to induce<br />
clustering of late endosomal compartments.<br />
Mol. Biol. Cell 20,<br />
5276-89.<br />
Hou, H., John Peter, A.T., Meiringer,<br />
C.,M., Subramanian, K., and Ungermann,<br />
C. (2009) Analysis of<br />
DHHC acyltransferases implies<br />
overlapping substrate specificity<br />
and a two-step reaction mechanism.<br />
Traffic 10, 1061-73.)<br />
Cabrera, M., Ostrowicz, C., Muri,<br />
M. Reggiori, F., an Ungermann, C.<br />
(2009) Vps41 phosphorylation<br />
and the Rab Ypt7 control the targeting<br />
of the HOPS complex to<br />
endosome-vacuole fusion sites.<br />
Mol. Biol. Cell 20, 1937-48..<br />
Meiringer, C.M., Auffarth, K., Hou,<br />
H., and Ungermann, C. (2008) Depalmitoylation<br />
of the SNARE Ykt6<br />
prevents its entry into the multivesicular<br />
body pathway. Traffic 9,<br />
1510-21.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Christian Ungermann,<br />
apl. Prof. Dr. Siegfried Engelbrecht-Vandré,<br />
apl. Prof. Dr. Henning<br />
Scholze<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2794<br />
(Sekretariat Frau Keller)<br />
E-Mail: ungermann@biologie. -<br />
uni- osnabrueck.de,<br />
engelbrecht@biologie.uniosnabrueck.de,scholze@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Internet: http://www.uni-osnabrueck.de<br />
8<br />
Biochemie<br />
<strong>AG</strong> Biochemie<br />
Molekulare Zellbiologie<br />
Menschliche Zellen sind genau wie ein Wohnhaus oder eine Industrieanlage in Funktionsräume<br />
unterteilt, die sogenannten Kompartimente. Zellen sind auf den Aufbau und<br />
Erhalt dieser Kompartimente zwin gend angewiesen. Das erfordert Transportmechanismen,<br />
eine Art »öffentlicher Protein / Lipid-Nahverkehr«. Infolge der An zahl und Unterschiedlichkeit<br />
der einzelnen Kompartimente muß der zelluläre Transport zudem über ein zielgenaues<br />
Verpackungs- und Adressiersystem verfügen. Die <strong>AG</strong> Biochemie erforscht diese<br />
Zusammenhänge mit mikroskopischen, gentechnischen, biophysikalischen und biochemischen<br />
Verfahren. Weitere Arbeitsgebiete sind der Untersuchung der Mechanismen zur<br />
Bereitstellung biologischer Energie und der Biochemie pathogener Parasiten gewidmet.<br />
Ein wesentlicher Unterschied zwischen pround<br />
eukaryotischen Zellen liegt in der Kom -<br />
par timentierung der letzteren. Durch diese<br />
Arbeitsteilung und Spezialisierung wird eine<br />
höhere Effektivität erreicht, allerdings um<br />
den Preis der Aufrechterhaltung der dafür<br />
notwendigen Strukturen durch eine aus ge -<br />
feil te intrazelluläre Logistik. Die gene ti sche<br />
Information liegt im Zellkern kodiert vor,<br />
wohingegen die Biosynthesen am endoplasmatischen<br />
Retikulum (ER) und im Cytosol ablaufen.<br />
Folglich müssen Lipide und Pro teine<br />
immer dann zu ihren Wirkorten transportiert<br />
werden, wenn diese nicht am Syntheseort<br />
liegen (Stichwort: »posttranslationales Protein-Targeting«).<br />
[Abbildung 1] Bei Proteinen<br />
ist der endgültige Bestimmungsort in Form<br />
einer Signalsequenz oder eines Target-Motivs<br />
in der Primärstruktur kodiert. Das Verfahren<br />
ähnelt durchaus den aus dem täglichen<br />
Leben bekannten Postleitzahlen. Transport-<br />
wege verlaufen beispielsweise vom ER über<br />
den Golgikomplex hin zur Plasmamembran<br />
oder zu den Lysosomen, oft in beide Rich -<br />
tun gen. Der Materialtransport zwischen den<br />
zellulären Kompartimenten erfolgt in Form<br />
kleiner Transportvesikel. Sowohl die Proteinals<br />
auch die Lipidzusammensetzung der sub -<br />
zellulären Kompartimente ist unterschiedlich.<br />
Daher muss schon beim Entstehen der Vesikel,<br />
dem Abknospen von der Donormembran,<br />
auf ihre bestimmungsgemäße Zusammensetzung<br />
geachtet werden, denn »Fehlsendungen«<br />
können nicht ohne weiteres korrigiert<br />
werden. Der mechanische Transport zum Ziel<br />
erfolgt entweder passiv durch Diffusion oder<br />
aktiv entlang der Komponenten des Cytoskeletts.<br />
Am Ende ihrer Reise muss die Trans -<br />
port vesikel zielsicher mit der Akzeptormembran<br />
verschmelzen. Dabei wird dann die<br />
Fracht übergeben. Darüber hinaus müssen<br />
die einzelnen Transportprozesse neben der<br />
Abbildung 1 faßt einige intrazelluläre<br />
AP3-Pathway<br />
Transportwege schematisch zusammen.<br />
Der Golgi apparat dient der Modifizie -<br />
Microautophagy rung fertig synthetisierter Polypeptidketten,<br />
die aus dem endoplasmatischen<br />
CPY-Pathway<br />
Vacuole<br />
Retikulum (nicht gezeigt) angeliefert<br />
werden. »EE« (early = frühe Endosomen)<br />
LE/MVB<br />
und »LE« (late = späte Endosomen) bzw.<br />
Golgi<br />
Maturation<br />
Macroautophagy »MVB« (multivesicular bodies = multivesikuläre<br />
Körper) sind Transportvesikel-<br />
EE<br />
strukturen, die zwischen Golgi, Zell -<br />
Endocytosis<br />
mem bran und Vakuole / Lysosom hinund<br />
herwandern. Durch die Endozytose<br />
werden Stoffe aus der Zellumgebung<br />
aufgenommen, bei der Makro- bzw. Mikroautophagie werden Zellkomponenten »recycelt«. Die Vakuole<br />
einer Hefezelle entspricht den Lysosomen der Zellen höherer Eukaryonten. Vereinfacht gesagt ist die<br />
Vakuole der Magen einer Hefezelle.
Neusynthese massenmäßig so ausgeglichen sein, dass<br />
die beteiligten Organellen und die Zelle insgesamt<br />
erhalten bleiben.<br />
Beim Entstehen einer Transportvesikel sind die folgenden<br />
Komponenten beteiligt: Die Frachtproteine, die<br />
anhand einer Erkennungssequenz als versandbereit<br />
gekennzeichnet sind, Hüllproteine, die das Abknospen<br />
der Vesikel von der Donormembran bewerkstelligen, und<br />
Adaptorproteine, die den korrekten Zusammenhalt<br />
zwischen Fracht und Hülle vermitteln. In der Nähe des<br />
Ziels werden die Transportvesikel zunächst durch spezielle<br />
Proteine (tethering complexes) lose an die Ziel-<br />
Rab-<br />
GTPase<br />
Budding Tethering<br />
SNARE<br />
disassembly<br />
Wt Mutante<br />
Rab-<br />
GTPase<br />
Tethers<br />
SNAREs<br />
Fusion<br />
membran angebunden und dann durch andere Proteine<br />
ein so enger Membrankontakt vermittelt, dass letzlich<br />
eine Membranfusion stattfindet. Die einzelnen Prozesse<br />
werden durch jeweils Organell-spezifische kleine GTPasen<br />
orchestriert. [Abbildung 2]<br />
Da sich die Zellen höherer Eukaryoten in vielerlei<br />
Hinsicht nicht wesentlich von den erheblich einfacheren<br />
und experimentell besser zugänglichen Zellen der Bäc -<br />
kerhefe (Saccharomyces cerevisiae) unterscheiden, wird<br />
ein Großteil der Experimente an Hefezellen durchgeführt.<br />
[Abbildung 3]<br />
Tethering<br />
complex<br />
cis-SNARE<br />
complex<br />
Abbildung 2 zeigt das Abknospen (budding)<br />
von einer Donormembran bzw. das<br />
Verschmelzen von Transportvesikeln mit<br />
der Akzeptormembran. Dem Verschmelzen<br />
(fusion) geht eine lockere Anbindungsphase<br />
voraus (tethering). Diese Abläufe<br />
erfordern die raum / zeitliche Koordination<br />
durch mindestens die drei gezeigten<br />
Proteine oder Proteinkomplexe<br />
(Rab-GTPase, Tether, SNARE).<br />
Abbildung 3 zeigt lichtmikroskopische Auf nahmen von Hefezellen<br />
(oben) und das Ergebnis einer Elektrophorese (unten). Man kann die<br />
Membranen bestimmter Zellkompartimente durch die selektive Einlagerung<br />
von Farbstoffen anfärben (violette Ringe zeigen hier die Vakuolenmembran).<br />
Außerdem können Proteine gentechnisch so verändert<br />
werden, dass sie grün fluoreszieren. Es ist ersichtlich, dass in<br />
der Mutante das grün fluoreszierende Protein nicht mehr in zytoplasmatischen<br />
Punkten, sondern an der Vakuolenmembran auftaucht.<br />
Mithin bewirkt die Mutation eine Änderung der Loka lisation des untersuchten<br />
Proteins. Die »Fehl leitung« von Proteinen kann schwerwiegende<br />
Konsequenzen für das Funktionieren der einzelnen Zelle<br />
und darüber hinaus des gesamten Organismus nach sich ziehen. Insofern<br />
hat die Grundlagenforschung ohne jeden Zweifel einen hohen<br />
Stellenwert, selbst dann, wenn die Implikationen für unser tägliches<br />
Leben nicht sofort ersichtlich sind.<br />
In einer Elektrophorese wandern elektrisch geladene Teilchen in<br />
einem Gel und unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes. Mit dieser<br />
Technik kann die Anzahl und Größe der Proteine in einem Gemisch<br />
bestimmt werden. Das in der Mitte der Abbildung gezeigte Protein<br />
zeigt nur noch eine Bande, es ist rein. Das ist die Voraussetzung für<br />
das Nachstellen zellulärer Abläufe in einem kontrollierten System,<br />
dem ersten Schritt zum Verständnis dieser Abläufe.<br />
Biochemie<br />
9
Literaturauswahl<br />
W. Junge, H. Lill & S. Engelbrecht;<br />
ATP synthase: an electrochemical<br />
transducer with rotatory mechanics;<br />
Trends Biochem. Sci. 22, 420<br />
- 423 (1997)<br />
O. Pänke, K. Gumbiowski, W. Junge<br />
& S. Engelbrecht; F-ATPase: specific<br />
observation of the rotating c<br />
subunit oligomer of EFoEF1; Febs<br />
Lett. 472, 34 - 38 (2000)<br />
W. Junge, H. Sielaff & S. Engelbrecht;<br />
Torque generation and<br />
elastic power transmission in the<br />
rotary FoF1-ATPase; Nature 459,<br />
364 - 370 (2009)<br />
Kontakt<br />
Apl. Prof.<br />
Dr. Siegfried Engelbrecht-Vandré<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3424<br />
E-Mail: engel@uos.de.<br />
Internet: http://www.biologie.<br />
uni-osnabrueck.de<br />
10<br />
Abbildung 1 Abbildung 2<br />
Biochemie<br />
<strong>AG</strong> Biochemie<br />
Bioenergetik und Nanomechanik<br />
Leben kann als Aufrechterhaltung eines geordneten Systems mittels Synthese, Informationsübertragung<br />
und Transport angesehen werden. Alle drei Vorgänge verbrauchen Energie,<br />
die in Pflanzen und einigen Bakterien durch die Photosynthese, in anderen Mikroorganismen<br />
und Tieren durch die Oxidation von Bestandteilen der Nahrung gewonnen wird. Als<br />
Energiewährung dient dabei das Molekül ATP, gleichermaßen in erdgeschichtlich sehr alten<br />
Organismen oder »neueren« Entwicklungen wie Pflanzen, Tieren und dem Menschen. Ein<br />
Erwachsener verbraucht und resynthetisiert pro Tag etwa das eigene Körpergewicht an ATP,<br />
also bis zu 70 kg.<br />
Wie kann ATP synthetisiert werden? Wenn der<br />
»Zerfall« des ATP in ADP und Phosphat Ener gie<br />
lie fert, dann muß die Syn the se aus ADP und<br />
Phos phat E ner gie er for dern. Die Ka ta ly se der<br />
ATP-Syn the se muß also an eine e ner gie lie fern -<br />
de Re ak ti on ge kop pelt wer den. Die se Kopp lung<br />
er folgt an ei ner Mem bran, die für die Re ak ti -<br />
ons part ner u ndurch läs sig ist, we nig stens im<br />
Zeit rah men der Syn the se re ak ti on. Für che mi -<br />
sche Re ak ti o nen, die in zwei durch ei ne Mem -<br />
bran von ein an der ge trenn ten Räu men ab lau -<br />
fen, spielt ne ben der Gleich ge wichts ein stel -<br />
lung, al so den Men gen, auch der Ort, an dem<br />
sich die Re ak ti ons part ner be fin den, ei ne wich -<br />
ti ge Rol le: Die Aus gleichs ten denz der räum li -<br />
chen Kon zen tra ti ons-Un gleich ver tei lung stellt<br />
näm lich eine nutz ba re E ner gie quel le dar.<br />
Im Zu ge der Pho to syn the se in Pflan zen oder<br />
der Nähr stoff-Ox i da ti on bei Tie ren wer den Pro -<br />
to nen in ei nem Re ser voir an ge rei chert. Die re -<br />
sul tie ren de »pro to nen mo to ri sche Kraft« treibt<br />
dann ih rer seits die ATP-Syn the se re ak ti on an.<br />
Die ATP-Syn tha se (Abb. 1) ist da her kein ge -<br />
wöhn li ches En zym, das ei ne che mi sche Re ak -<br />
ti on be schleu nigt. En zyme än dern nur das Tem -<br />
po der Gleich ge wichts ein stel lung, nicht die<br />
Gleich ge wichts la ge selbst. Die ATP-Syn tha se<br />
be schleu nigt nicht nur die Syn the se-Re ak ti on,<br />
son dern kop pelt die se au ßer dem an die pro to -<br />
nen mo to ri sche Kraft als E ner gie quel le. Die se<br />
Abbildung 3<br />
Kopp lung er folgt über ei ne me cha ni sche Ro ta -<br />
ti on (Abb. 2) in ner halb des ATP-Syn tha se- Mo -<br />
le küls, die auf ver schie de ne Wei se und in sehr<br />
un ter schied li chen Zeit do mä nen sicht bar ge -<br />
macht wer den kann (Abb. 3).<br />
Viel leicht nicht zu letzt in fol ge sei ner me -<br />
cha ni schen Be an spru chung ist das ATP-Syn -<br />
tha se-Mo le kül er staun lich ro bust ge gen ü ber<br />
ei ne Rei he von Ein grif fen. In der Ar beits grup pe<br />
wird die mo le ku la re Me cha nik der ATP-Syn the -<br />
se mit bi o che mi schen, che mi schen, mo le ku lar -<br />
bi o lo gi schen und bi o phy si ka li schen Me tho den<br />
ver än dert und so un ter sucht.
Literaturauswahl<br />
Lückmann, Katrin, Lagemann, Verena<br />
& Menzel, Susanne (eingereicht).<br />
Landscape Aesthetics – a<br />
new Access to Environmental Education<br />
in Botanical Gardens. Manuskript<br />
im Review.<br />
Menzel, Susanne (2010). Biologische<br />
Ressourcen als Lebensgrundlage<br />
für alle – Biodiversität als<br />
Kontext des Globalen Lernens im<br />
<strong>Biologie</strong>unterricht. Zeitschrift für<br />
internationale Bildungsforschung<br />
und Entwicklungspädagogik, 33(2),<br />
10-15.<br />
Menzel, Susanne & Bögeholz, Susanne<br />
(2010). Values, Beliefs, and<br />
Norms that Foster Chilean and<br />
German Pupils’ Commitment to<br />
Protect Biodiversity. International<br />
Journal of Environmental and Science<br />
Education, 5(1), 33-49.<br />
Menzel, Susanne & Bögeholz, Susanne<br />
(2009). The Loss of Biodiversity:<br />
How do Students in Chile and<br />
Germany perceive resource dilemmas<br />
and what solutions do they<br />
see? Research in Science Education,<br />
39(4), 429-447.<br />
Menzel, Susanne & Bögeholz, Susanne<br />
(2008). Was fördert eine Bereitschaft<br />
von Oberstufen schü -<br />
ler(inne)n, die Biodiversität zu<br />
schützen? Eine standardisierte Befragung<br />
in Anlehnung an die<br />
Value-Belief-Norm-Theorie. Umweltpsychologie,<br />
12(2), 105-122.<br />
12<br />
<strong>Biologie</strong>didaktik<br />
<strong>AG</strong> <strong>Biologie</strong>didaktik<br />
Forschen über das Lernen und Lehren<br />
<strong>Biologie</strong>didaktische Forschung verfolgt das übergeordnete Ziel, schulische und außerschulische<br />
Lernprozesse zu optimieren. Durch Forschungsergebnisse empirischer Studien (wie<br />
z. B. Evaluationen und der Erforschung von Lernvoraussetzungen) können Bildungsangebote<br />
optimiert werden. In der Abteilung <strong>Biologie</strong>didaktik der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> stehen dabei<br />
inhaltlich Fragen der Nachhaltigen Entwicklung – und hier insbesondere dem Erhalt der<br />
Biodiversität – im Vordergrund. Aktuell werden zum Thema fünf Fragestellungen bearbeitet.<br />
Im Rahmen eines ersten Forschungsschwerpunkts<br />
werden Lernvoraussetzungen zur Biodiversitätsbildung<br />
bei chilenischen und deutschen<br />
Schülerinnen und Schülern untersucht<br />
(Susanne Menzel in Kooperation mit Susanne<br />
Bögeholz, <strong>Universität</strong><br />
Göttingen). Der inter -<br />
kulturelle Vergleich<br />
zwischen Schülerinnen<br />
und Schülern<br />
eines Industrielands<br />
und eines Biodiversitäts-Hotspots<br />
soll da -<br />
bei Aufschluss über<br />
unterschiedliche Pers -<br />
pektiven zum Biodiversitätsverlust<br />
geben.<br />
Ein zweites For -<br />
schungs projekt (Florian<br />
Fiebelkorn und<br />
Susanne Menzel) weist<br />
ebenfalls einen interkulturellen Focus auf. In<br />
einer qualitativ-quantitativen Studie wird erforscht,<br />
welche<br />
Einflussfaktoren relevant sind für eine Bereitschaft,<br />
den Verlust der Biodiversität im schulischen<br />
Kontext zu thematisieren. Zielgruppe<br />
sind künftige Lehrerinnen und Lehrer in<br />
Deutschland und Costa Rica, einem Hotspot<br />
der Biodiversität. Basierend auf mehreren<br />
theoretischen Zugängen werden Einflussfaktoren<br />
z. B. aus den Bereichen der Selbstwirksamkeitsüberzeugung,<br />
einer grundsätzlichen<br />
Werteorientierung und der wahrgenommenen<br />
Verhaltenskontrolle angenommen. In einer<br />
Interviewstudie wird zunächst erfasst, inwiefern<br />
die theoretisch angenommenen Einflussfaktoren<br />
relevant sind. Eine sich anschließende<br />
Fragenbogenstudie verfolgt das Ziel, Einflussfaktoren<br />
auf die Bereitschaft zur Vermittlung<br />
des Themas im Unterricht quantitativ zu identifizieren.<br />
Um dem Defizit der geringen Wahrnehmung<br />
und Wertschätzung lokaler Biodiversität<br />
bei deutschen Schülerinnen und Schülern zu<br />
Abbildung 1 Modell zur Erklärung der Bereitschaft, biodiversitätsrelevante Themen im<br />
künftigen Unterricht aufzugreifen (Fiebelkorn & Menzel, 2009).<br />
begegnen, fokussiert ein dritter Forschungsschwerpunkt<br />
auf die Wahrnehmung von lokalen<br />
Landschaften durch junge Menschen in<br />
Deutschland. Eignen sich eher naturnah gestaltete<br />
Landschaften zur Thematisierung lokaler<br />
biologischer Vielfalt oder eher klassische<br />
Abbildung 2 Chilenische Schülerinnen und Schüler füllen ihren<br />
Fragebogen aus (2006).
Gärten, in denen Pflanzenreichtum häufig auf<br />
engem Raum dargestellt wird? Dieser Frage<br />
gehen wir (Katrin Lückmann und Susanne<br />
Menzel) in Kooperation mit dem Botanischen<br />
Garten <strong>Osnabrück</strong> nach. Die Studie basiert u.a.<br />
auf der Scenic Beauty Estimation (Daniel &<br />
Boster, 1976). Am Beispiel von klassischen und<br />
Tabelle 1 Regressionsanalytische Identifikation von relevanten Faktoren<br />
für drei unterschiedliche Bereitschaften deutscher Schülerinnen<br />
und Schüler, die Biodiversität zu schützen (N=217, Alter 15-17)<br />
(Menzel & Bögeholz, 2008).<br />
naturbelassenen Flächen Botanischer Gärten<br />
wird in einer quantitativen Studie erhoben,<br />
welche Potenziale die unterschiedlichen Flächen<br />
jeweils besitzen, um das Erkennen sowie<br />
die Wahrnehmung und Wertschätzung lokaler<br />
Biodiversität bei jungen Menschen zu fördern.<br />
Eine vierte Forschungsarbeit (Nadin Hermann<br />
und Susanne Menzel) thematisiert den »Erhalt<br />
der Biodiversität« unter zoologischer Perspektive.<br />
In der Nationalen Strategie zur biologischen<br />
Vielfalt (BMU, 2007) wird explizit die<br />
Förderung von Wildtierbeständen gefordert. Im<br />
Kontext der Wiedereinwanderung des Wolfs in<br />
Sachsen und eines Auswilderungsprojekts<br />
einer Wisentherde im Rothaargebirge zeigt<br />
sich deutlich, dass der Erfolg derartiger Projekte<br />
entscheidend von der Akzeptanz der lokalen<br />
Bevölkerung abhängt. Das Ziel des Forschungsprojekts<br />
ist es, zu erfassen, ob bei<br />
jungen Menschen Schutzbereitschaften vor-<br />
nehmlich in Bezug auf eigene Interessen oder<br />
vornehmlich am Artenschutz orientiert sind.<br />
Dazu wurden auf Basis der Protection-Motivation<br />
Theory (Rogers & Prentice-Dunn, 1997)<br />
zwei Erklärungsmodelle erstellt. Befragt werden<br />
Jugendliche in den Modellregionen und in<br />
Regionen, die nicht von Wildtierprojekten betroffen<br />
sind.<br />
In einem fünften Projekt »Globales Lernen<br />
an lokalen Lernorten« (Moritz Busse und<br />
Susanne Menzel) steht die Frage im Vordergrund,<br />
welches Potenzial Botanische Gärten<br />
für global orientierte Bildungsarbeit haben. Es<br />
wird in formativen Evaluationsprozessen<br />
untersucht, welche Wirkungen Bildungsan -<br />
gebote auf Schülerinnen und Schüler der<br />
Sekundarstufe I haben. Flankierend wird ein<br />
Kompetenzmodell entwickelt, das unter anderem<br />
näher definiert, über welche Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten Lernende in Bezug auf<br />
Globales Lernen verfügen müssen. Als Kontext<br />
für Globales Lernen in Botanischen Gärten<br />
dienen Fragestellungen rund um die biologische<br />
Vielfalt.<br />
Eine ausführliche Literaturliste sowie eine<br />
Liste der in der Darstellung zitierten Quellen<br />
kann bei S. Menzel angefordert werden.<br />
Kontakt<br />
Sekretariat: Nathalie Crombée<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2259<br />
Beate Stumpe (TA)<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2259<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
J.-Prof. Dr. Susanne Menzel<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3351<br />
E-Mail:<br />
susanne.menzel@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Katrin Lückmann<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3449<br />
E-Mail:<br />
katrin.lueckmann@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Dipl.-Biol. Florian Fiebelkorn<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3449<br />
E-Mail:<br />
florian.fiebelkorn@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Dipl.-Biol. Nadin Hermann<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3448<br />
E-Mail:<br />
nadin.hermann@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Dipl.-Biol. Moritz Busse<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3448<br />
E-Mail:<br />
moritz.busse@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Abbildung 3 Modell zur Erklärung der Bereitschaft, Biodiversität zu schützen (Menzel &<br />
Bögeholz, 2008).<br />
<strong>Biologie</strong>didaktik<br />
13
Literaturauswahl<br />
You, C., Wilmes, S., Beutel, O.,<br />
Lochte, S., Podoplelowa, Y., Roder,<br />
F., Richter, C., Seine, T., Schaible, D.,<br />
Uze, G., Clarke, S., Pinaud, F.,<br />
Dahan, M. & Piehler, J. (2010). Selfcontrolled<br />
monofunctionalization<br />
of quantum dots for multiplexed<br />
protein tracking in live cells.<br />
Angew Chem Int Ed Engl 49, 4108-<br />
12.<br />
Strunk, J. J., Gregor, I., Becker, Y., Li,<br />
Z., Gavutis, M., Jaks, E., Lamken, P.,<br />
Walz, T., Enderlein, J. & Piehler, J.<br />
(2008). Ligand Binding Induces a<br />
Conformational Change in ifnar1<br />
that Is Propagated to Its Membrane-Proximal<br />
Domain. J Mol Biol<br />
377, 725-739.<br />
Uze, G., Schreiber, G., Piehler, J. &<br />
Pellegrini, S. (2007). The receptor of<br />
the type I interferon family. Curr<br />
Top Microbiol Immunol 316, 71-95.<br />
Jaks, E., Gavutis, M., Uzé, G., Martal,<br />
J. & Piehler, J. (2007). Differential<br />
receptor subunit affinities of type<br />
I interferons govern differential<br />
signal activation. J Mol Biol 366,<br />
525-539.<br />
Tinazli, A., Piehler, J., Beuttler, M.,<br />
Guckenberger, R. & Tampe, R.<br />
(2007). Native protein nanolithography<br />
that can write, read and<br />
erase. Nature Nanotechnology 2,<br />
220-225.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Jacob Piehler<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2801<br />
(Sekretariat Frau Elisabeth Olaru)<br />
E-Mail: piehler@uos.de<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
14<br />
Biophysik<br />
<strong>AG</strong> Biophysik<br />
Zur Abwehr von Pathogenen besitzt der menschliche Körper ein Repertoire von verschiedenen<br />
Zelltypen, die in den verschiedenen Organen des Immunsystems zu ihrer vollen Funktion<br />
heranreifen. Um den Einsatz gegen eindringende Viren oder Bakterien zu koordinieren,<br />
müssen diese Zellen miteinander kommunizieren. Dazu verwenden sie Botenstoffe – die<br />
Zytokine – welche über spezifische Rezeptoren auf der Zelloberfläche erkannt werden. Die<br />
<strong>AG</strong> Piehler erforscht, wie durch die Wechselwirkung zwischen Zytokinen und ihren Rezeptoren<br />
unterschiedliche Signalwege und zelluläre Antworten moduliert werden können. Um<br />
diese Prozesse isoliert und im Kontext der Zelle quantitativ zu charakterisieren werden verschiedene<br />
spektroskopische und mikroskopische Methoden eingesetzt.<br />
Typ I Interferone sind Zytokine, die als unmittelbare<br />
Antwort auf einen Angriff durch Viren<br />
oder Bakterien ausgeschüttet werden, um einerseits<br />
Zellen direkt zu alarmieren und um andererseits<br />
Zellen des adaptiven Immunsystems<br />
zu aktivieren. Interferone sind kleine Proteine,<br />
A<br />
IFNAR2<br />
IFN<br />
Jak1<br />
Tyk2<br />
IFNAR1<br />
Transkription<br />
Zellkern<br />
welche an bestimmte Rezeptoren an der Zell -<br />
oberfläche binden (Abbildung 1a,b). Durch<br />
gleichzeitige Wechselwirkung von Interferonen<br />
mit den beiden Untereinheiten des Rezeptors<br />
(IFNAR1 und IFNAR2) werden verschiedene Signalwege<br />
in der Zelle aktiviert, die zur Expression<br />
von Genen für die Abwehr von Pathogenen führen.<br />
Viele nicht-kovalente Wechselwirkungen<br />
zwischen den Aminosäuren der Interferone mit<br />
JAK1<br />
Tyk2<br />
PI3K<br />
p48 STAT1<br />
STAT2<br />
STAT1<br />
STAT3<br />
STAT1<br />
Akt/PKB<br />
STAT5<br />
NFκB<br />
STAT1<br />
STAT5<br />
STAT3<br />
Crkl<br />
Abbildung 1 Signalaktivierung über den Typ I Interferonrezeptor.<br />
A: Durch gleichzeitige Wechselwirkung von<br />
Interferonen mit den zwei Untereinheiten IFNAR1 und<br />
IFNAR2 werden über assozierte Tyrosinkinase verschiedene<br />
Signalwege aktiviert, die zur Transkription eines<br />
breiten Spektrums von Genen führen. B: Die spezifische<br />
Erkennung von Interferonen durch den Rezeptor beruht<br />
STAT2<br />
STAT1<br />
Plasmamembran<br />
Zytoplasma<br />
denen von IFNAR1 und IFNAR2 führen zur einer<br />
spezifischen, definierten Erkennung dieser Botenstoffe<br />
(Abbildung 1b). Während die Raumstruktur<br />
der Komplexe von verschiedenen Interferonen<br />
mit IFNAR1 und IFNAR2 nur geringe<br />
Unterschiede zeigen, ist die Dynamik der Wech-<br />
Vav<br />
Rac1<br />
p38<br />
C<br />
B<br />
relatives Signal [ ]<br />
1.2<br />
1<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
-0.2<br />
IFNω<br />
IFNα1<br />
IFNAR2<br />
IFNα2<br />
IFNAR1<br />
IFNβ<br />
IFNω<br />
0 40 80 120 160 200<br />
Zeit [s]<br />
auf einer Vielzahl gleichzeitiger nicht-kovalenter Wechselwirkungen,<br />
für die Aminosäurereste an der Oberfläche<br />
der Proteine verantwortlich sind. C: Verschiedene Interferone<br />
unterscheiden sich vor allem in der Stabilität der<br />
Komplexe mit IFNAR1 und IFNAR2. Hier wurde die Dissoziation<br />
von verschiedenen Interferonen von der Rezeptoreinheit<br />
IFNAR2 spektroskopisch in Echtzeit verfolgt.<br />
selwirkung stark unterschiedlich (Abbildung 1c).<br />
Über Proteinmutagenese und Proteindesign<br />
konnte gezeigt werden, dass die Dynamik der<br />
Interferon-Rezeptor-Wechselwirkung die Akzentuierung<br />
verschiedener zellulären Antworten<br />
reguliert. Dies auf molekularer und zellulärer<br />
Ebene zu verstehen ist die zentrale Fragestellung<br />
in der Arbeitsgruppe. Um diese Prozesse in<br />
lebenden Zellen zu untersuchen werden hoch-
A<br />
Zytoskelett<br />
1 µm<br />
?<br />
Abbildung 3 Spatiotemporale Dynamik des Interferon-Rezeptor-Komplexes<br />
in der Plasmamembran. A: Mögliche Wechselwirkungen der<br />
verschiedenen Komponenten des Signalkomplexes mit Gerüstproteinen<br />
im Kontext des Zytoskeletts. B: Fluoreszenzmikroskopische Lokalisation<br />
und Verfolgung einzelner Rezeptormoleküle in der Plasmamembran.<br />
In blau sind die Trajektorien einzelner Rezeptoren gezeigt.<br />
sensitive fluoreszenzmikroskopische Verfahren verwendet,<br />
mit denen einzelne Rezeptoren auf der Plasmamembran der<br />
Zelle detektiert und über die Zeit verfolgt werden können<br />
A<br />
B<br />
STAT2<br />
p48<br />
10 µm<br />
JAK1<br />
tyk2<br />
?<br />
STAT2<br />
p48<br />
Adapterproteine<br />
Abbildung 3 Quantitative Untersuchung von Protein-Protein-<br />
Wechselwirkungen in Mikrostrukturen auf Einzelmolekülniveau. A:<br />
Schematische Darstellung der Immobilisierung eines Rezeptorproteins<br />
auf einem mikrostrukturiert funktionalisierten Substrate und<br />
anschließende Wechselwirkung mit einem Bindungspartner. B: Die<br />
kumulative laterale Verteilung von Bindungsereignissen über 1000<br />
Einzelbilder zeigt selektive Bindung in funktionalisierte Areale (markiert<br />
durch das gepunktete Quadrat). C: Aus einer Häufigkeitsanalyse<br />
der Dauer von einzelnen Bindungsereignissen kann eine mittlere<br />
Stabilität der Wechselwirkung bestimmt werden.<br />
Anzahl der Bindungsereignisse<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
C<br />
1 2 3 4 5<br />
Aufenthaltsdauer [s]<br />
C<br />
B<br />
500 nm<br />
C: Trajektorien einzelner IFNAR2-Moleküle im Kontext des Membran-<br />
Skeletts, welches mittels Höchstauflösungs-Mikroskopie abgebildet<br />
wurde. D: Kolokalisation der transienten Bindung des Effektorproteins<br />
STAT2 (grün) mit dem Membranskelett (rot). Durch Einzelmoleküllokalisierung<br />
konnten Strukturen deutlich unterhalb der Beugungsbegrenzung<br />
aufgelöst werden.<br />
(Abbildung 2). Diese Empfindlichkeit wird benötigt, da die<br />
Rezeptorproteine nur in wenigen Hundert Kopien pro Zelle<br />
vorliegen. Zudem kann mit dieser Methode die Heterogenität<br />
der Bewegung und der Verteilung der Rezeptorproteine<br />
mit einer Ortsauflösung von wenigen Nanometern detektiert<br />
werden. Dafür wurden Methoden etabliert, um geeignete<br />
Fluoreszenzsonden selektiv an Zielproteine anzuheften.<br />
Mit diesem Ansatz soll die spatiotemporale Dynamik<br />
der Assemblierung der Rezeptoren und der Signalweiterleitung<br />
in der Zelle aufgeklärt werden, um diese mit der Dynamik<br />
der Interferon-Rezeptor-Wechselwirkung zu korrelieren.<br />
Zudem werden einzelne Komponenten des Signalkomplexes<br />
isoliert in artifiziellen Membranen rekonstituiert,<br />
um Wechselwirkungen und Konformationsänderungen<br />
unter kontrollierten Bedingungen zu charakterisieren. Dafür<br />
werden in der Arbeitsgruppe Oberflächenarchitekturen entwickelt,<br />
mit denen Proteine auf Substraten immobilisiert<br />
und Membranproteine in Membranen inkorporiert werden<br />
können, ohne dabei ihre funktionelle Integrität zu beeinträchtigen.<br />
Durch Mikrostrukturierung dieser Oberflächenarchitekturen<br />
können Interaktionen und Bewegungen lokal<br />
begrenzt werden (Abbildung 3). So können spektroskopische<br />
und mikroskopische Untersuchungen von Wechselwirkungen<br />
und Konformationsänderungen an einzelnen Molekülen<br />
durchgeführt werden.<br />
D<br />
Biophysik<br />
15
Literaturauswahl<br />
Murmu, J., Bush, M., DeLong, C., Li,<br />
S., Xu, M., Khan, M., Fobert, P.,<br />
Zachgo, S., and Hepworth, SR.<br />
(2010) Arabidopsis bZIP transcription<br />
factors TGA9 and TGA10 interact<br />
with floral glutaredoxins<br />
ROXY1 and ROXY2 and are redundantly<br />
required for anther development.<br />
Plant Physiol<br />
154(3):1492-504<br />
Ziemann, M., Bhave, M. and<br />
Zachgo, S. (2009) Origin and diversification<br />
of land plant CC-type<br />
glutaredoxins. Genome Biology<br />
and Evolution 1, 1–12<br />
Li, S., Lauri, A., Ziemann, M., Busch,<br />
A., Bhave, M. and Zachgo, S.<br />
(2009).Nuclear Activity of ROXY1,<br />
a Glutaredoxin Interacting with<br />
TGA Factors, Is Required for Petal<br />
Development in Arabidopsis thaliana.<br />
The Plant Cell 21, 429-441.<br />
Xing, S. and Zachgo, S. (2008)<br />
ROXY1 and ROXY2, two CC type<br />
glutaredoxin genes, together control<br />
anther development in Arabidopsis<br />
thaliana. The Plant Journal<br />
53, 790-801<br />
Busch, A. and Zachgo, S. (2007)<br />
Control of corolla symmetry in<br />
the Brassicaceae Iberis amara.<br />
PNAS 104, 16714-16719<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Sabine Zachgo<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2860<br />
(Sekretariat Frau Schmieding)<br />
E-Mail: zachgo@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
16<br />
Entwicklungsbiologie<br />
<strong>AG</strong> <strong>Botanik</strong> – Entwicklungsbiologie<br />
Entwicklungsgenetik der Pflanzen<br />
Mit über 250.000 verschiedenen Arten stellen die Blütenpflanzen die am stärksten diversifizierte<br />
und somit erfolgreichste Pflanzengruppe auf der Erde dar. Warum ist diese Gruppe<br />
so außerordentlich erfolgreich? Welche Gene sind daran beteiligt?<br />
Entscheidenden Einfluss auf diesen Erfolg hatte die Evolution einer Blüte bei den Angiospermen,<br />
den Blütenpflanzen. Diese komplexe Struktur ist aus verschiedenen Organen mit<br />
spezialisierten Schutz-, Schau- und reproduktiven Funktionen aufgebaut, die so nur bei<br />
den Angiospermen existieren. Unser Ziel ist es, die entwicklungsgenetischen Prozesse zu<br />
untersuchen, die die Ausbildung der Blütenorgane regulieren und die molekularen Mechanismen<br />
zu entschlüsseln, die zur Ausbildung der großen Diversität dieser Pflanzengruppe<br />
führten.<br />
Regulation der Blütenentwicklung<br />
Aufschluss über die genetische Kontrolle der<br />
Blütenentwicklung erhält man, indem Pflanzen<br />
untersucht werden in denen Genfunktionen,<br />
die diese Blütenentwicklung regulieren, defekt<br />
sind. Bei solchen Mutanten treten durch den<br />
Ausfall der Genfunktion und somit dem Verlust<br />
der Ausbildung eines funktionalen Proteins<br />
häufig morphologische und/oder biochemische<br />
Veränderungen auf.<br />
Abb. 1 zeigt einen Vergleich<br />
von Antirrhinum<br />
majus Wildtyp- und<br />
einer plena Mutantenblüte.<br />
Deutlich wird,<br />
dass im Inneren der<br />
plena Blüte die Entwicklung<br />
von reproduktiven<br />
Organen, den<br />
Staubblättern und<br />
Fruchtblättern, unterbleibt.<br />
Stattdessen ent-<br />
steht eine gefüllte<br />
Blüte, die zusätzliche<br />
Blütenblätter im Zentrum<br />
entwickelt. Bei<br />
der plena Mutante ist<br />
ein Gen defekt, dass für<br />
einen MADS-Box Transkriptionsfaktor kodiert,<br />
der die Bildung der reproduktiven Organe reguliert.<br />
MADS-Box Proteine binden an die DNA<br />
von Zielgenen und beeinflussen dadurch deren<br />
Expression. Dadurch steuern sie die Aktivität<br />
von zahlreichen nachgeschalteten Proteinen,<br />
die die Blütenorganbildung realisieren.<br />
Molekulare Analyse der Ausbildung von Blütensymmetrie<br />
Eine besondere morphologische Neuheit in der<br />
Blütenpflanzenevolution ist die Ausbildung von<br />
bilateral symmetrischen Blüten, welche sich<br />
wahrscheinlich durch Ko-Evolution mit Insekten<br />
entwickelten. Ursprüngliche Blütenpflanzen<br />
besitzen radiär-symmetrische Blüten und<br />
erlauben dadurch den Bestäubern den Zugang<br />
zur Blüte von allen Seiten wodurch häufig eine<br />
Vielzahl von unterschiedlichen Insekten angelockt<br />
wird. Bei den weiter abgeleiteten, höher<br />
entwickelten Angiospermen treten bilateral<br />
Abbildung 1 Antirrhinum majus (Löwenmäulchen) Wildtypblüten bilden innerhalb der roten, attraktiven<br />
Blütenblätter die reproduktiven Organe, Staubblätter und Fruchtblätter. Die rechte Blüte<br />
zeigt die homöotische plena Blütenmutante, welche statt reproduktiver Organe weitere Blütenblätter<br />
im Zentrum ausbildet.<br />
symmetrische, sogenannte zygomorphe Blüten<br />
auf. Sie besitzen eine Symmetrieachse, welche<br />
die Blüte in zwei spiegelbildliche, identische<br />
Hälften unterteilt, wie dies bei der Löwenmäulchenblüte<br />
in Abb.1 gezeigt ist. Bedingt durch<br />
die zygomorphe Symmetrie der Blütenblätter<br />
kann Antirrhinum nur von einem Insekt, der<br />
Hummel, bestäubt werden.<br />
Die Ausbildung der Blütensymmetrie wird<br />
durch Schlüsselregulatorgene, die TCP Transkriptionsfaktoren,<br />
gesteuert. Uns interessiert,<br />
welche molekularen Mechanismen die TCP
Aktivität beeinflussen und somit steuern, ob radiäre oder<br />
zygomorphe Blüten gebildet werden. Dafür untersuchen wir<br />
die Familie der Brassicaceae, in der fast alle der über 350<br />
Gattungen radiäre Blüten bilden. Eine große Ausnahme bildet<br />
die Gattung Iberis: Dort wird ein kleines und ein sehr<br />
großes Blütenblattpaar gebildet, wodurch die Blüte nicht<br />
mehr, wie bei Arabidopsis radiär symmetrisch, sondern zygomorph<br />
ist (Abb. 2). Unsere Untersuchungen zeigen, dass<br />
Unterschiede in der TCP-Genregulation ausschlaggebend<br />
sind, diese morphologische Neuheit herbeizuführen. Während<br />
in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana TCP1 in der<br />
Blütenentwicklung nur sehr früh und vorübergehend aktiv<br />
ist, wird das TCP1 Gen in Iberis amara im kleineren, oberen<br />
Blütenblattpaar sehr stark und sehr lange ausgeprägt. Dies<br />
bewirkt, dass dort die Zellteilungsprozesse unterdrückt werden<br />
und die oberen Blütenblätter kleiner bleiben. Bei der<br />
Entstehung der Blütensymmetrie in den Brassicaceen kam<br />
es daher wahrscheinlich in der Gattung Iberis zu einer Veränderung<br />
der TCP-Genschalter, welche steuern, wann die<br />
TCP1 Aktivität ›an‹- oder ›aus‹-geschaltet ist. Das Auftreten<br />
einer veränderten TCP1 Genexpression in verschiedenen<br />
Spezies trug durch die daraus resultierende unterschiedliche<br />
Steuerung von Zellteilungsaktivitäten dann wahrscheinlich<br />
zur Entwicklung von symmetrischen Blüten bei.<br />
ROXYs: eine neue Funktion von Glutaredoxinen in der<br />
Blütenentwicklung<br />
Arabidopsis roxy1 Mutanten bilden statt vier nur zwei Blütenblätter<br />
aus. ROXY1 kodiert für ein Glutaredoxin (GRX),<br />
p35S::YFP-ROXY1 p35S::YFP-ROXY1 p35S::3x-YFPs-ROXY1<br />
complementation of roxy1<br />
YES YES NO<br />
Abbildung 3 ROXY1-Proteine wurden gentechnisch so<br />
verändert, dass sie gelb fluoreszieren (YFP, yellow fluorescent<br />
protein) und dadurch ihre intrazelluläre Lokalisation<br />
bestimmt werden kann. Fluoreszierende<br />
ROXY1-Proteine wurden in Tabakexpressionsassays im<br />
Zellkern (Stern) und im Zytoplasma (Pfeil) nachgewiesen<br />
(Bild links). Eine ausschließliche nukleäre oder cytoplasmatische<br />
(rechts) ROXY1-Lokalisierung wurde<br />
erreicht, indem die Proteine mit weiteren Sequenzen<br />
modifiziert wurden, die entweder einen Transport in<br />
den Zellkern mittels eines NLS (nuclear localisation sig-<br />
Abbildung 2 Vergleich der Blüten von Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand,<br />
oben links) und Iberis amara (Schleifenblume, oben rechts).<br />
In situ mRNA Expressionsuntersuchungen von Iberis TCP1 (unten links)<br />
zeigen, dass TCP1 in den oberen Blütenblättern (dicker Pfeil) stärker ausgeprägt<br />
ist, als in den unteren (dünner Pfeil). Untersuchungen mit dem<br />
Zellteilungsmarkergen Histon H4 belegen, dass dessen Aktivität komplementär<br />
ausgeprägt ist. Im Vergleich zu den oberen (dicker Pfeil) ist<br />
H4 in den unteren Blütenblättern (dünner Pfeil) stärker exprimiert. Dies<br />
bedeutet, dass dort eine verstärkte Zellteilungsaktivität stattfindet, die<br />
zur Bildung von größeren Blütenblättern führt.<br />
nal, Mitte) oder eine cytoplasmatische Ausprägung des<br />
Fusionsproteins (3xYPFs-ROXY1, rechts) bewirken. Die<br />
Funktionsanalyse dieser Proteine erfolgte mittels Komplementationsstudien,<br />
bei der die modifizierten<br />
ROXY1-Proteine in der roxy1 Mutante ausgeprägt<br />
wurden. Eine nukleäre Aktivität von ROXY1 ist unabkömmlich,<br />
um die normalen vier Blütenblätter auszuprägen<br />
(›yes‹). Bei einer Ausprägung im Cytoplasma<br />
kann das ROXY1 Protein die roxy1 Mutante nicht komplementieren,<br />
es bleibt bei der Bildung einer reduzierten<br />
Blütenblattanzahl (›no‹).<br />
eine Oxidoreduktase, welche eine Rolle im Redoxhaushalt<br />
der Zelle spielen. GRX modifizieren andere Proteine und beeinflussen<br />
damit deren Aktivität. Intrazelluläre Lokalisationsstudien<br />
in Kombination mit genetischen Studien (Abb 3.)<br />
zeigen, dass ROXY1 Proteine im<br />
Zellkern ausgeprägt sein müssen.<br />
Im Zellkern interagieren sie mit<br />
TGA Transkriptionsfaktoren und<br />
modifizieren diese wahrscheinlich,<br />
welches eine wichtige Voraussetzung<br />
für eine normale Blütenblattbildung<br />
darstellt. Verglei-<br />
che verschiedener Pflanzengenome<br />
ergaben, dass GRX vom<br />
ROXY-Typ nur in Landpflanzen<br />
vorkommen. Besonders Angiospermen<br />
weisen eine stark erhöhte<br />
Anzahl dieser ROXY-Gene<br />
auf, was ihre Bedeutung bei der<br />
Entwicklung und Regulation der<br />
komplexen Blütenbildung unterstreicht.<br />
Weitere vergleichende<br />
molekulare Untersuchungen zwischen<br />
Arabidopsis und basalen<br />
Landpflanzen, den Moosen, sollen<br />
dazu beitragen, die ancestrale, ursprüngliche<br />
Funktion dieser Oxidoreduktasen<br />
und ihre biochemischen<br />
Funktionen bei Landpflanzen<br />
zu entschlüsseln.<br />
17<br />
Entwicklungsbiologie
Literaturauswahl<br />
K. Mummenhoff, A. Polster, A.<br />
Mühlhausen & G. Theißen; Lepidium<br />
as a model system for studying<br />
the evolution of fruit development<br />
in Brassicaceae. J. Exper.<br />
Bot. 60, 1503 - 1513 (2009)<br />
T. Couvreur, A. Franzke, I. A. Al-<br />
Shehbaz, F. T. Bakker, M. Koch & K.<br />
Mummenhoff; Molecular phylogenetics,<br />
temporal diversification,<br />
and principles of evolution in the<br />
mustard family (Brassicaceae).<br />
Mol. Biol. Evol. 27, 55-71 (2010)<br />
A. Franzke, M. Lysak, I. A. Al-Shehbaz,<br />
M. Koch & K. Mummenhoff;<br />
Cabbage family affairs: the evolutionary<br />
history of Brassicaceae;<br />
Trends Plant Sci., 16, 108-116<br />
(2011)<br />
T. Mandakova, S. Joly, M. Krzywinski,<br />
K. Mummenhoff & M. Lysak;<br />
Fast diploidization in close mesopolyploid<br />
relatives of Arabidopsis.<br />
Plant Cell 22, 2277–2290 (2010)<br />
Kontakt<br />
Sekretariat: Lucille Schmieding<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2860,<br />
Fax: -2845<br />
Apl. Prof.<br />
Dr. Klaus Mummenhoff<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2856<br />
E-Mail: Mummenhoff@bio -<br />
logie.uni-osnabrueck.de<br />
Internet:<br />
http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
18<br />
<strong>Botanik</strong><br />
<strong>AG</strong> <strong>Botanik</strong><br />
Systematik und Merkmalsevolution in Brassicaceen<br />
Die Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae) ist eine der größten Pflanzenfamilien der Nordhemisphäre<br />
und Vertreter dieser Familie sind in allen Biotopen verbreitet und geradezu<br />
charakteristisch für Extremstandorte: vom Meeresstrand bis in die Hochgebirge, untergetaucht<br />
im Wasser lebend bis in die trockensten Wüsten vorkommend. Zu den Kreuzblütlern<br />
gehören zudem zahlreiche Kulturpflanzen wie Raps, Kohl und Salatkresse, aber auch<br />
»Unkräuter« von hohem invasiven Potential. Wie kommt es zur Differenzierung einer derartigen<br />
Vielfalt? Warum sind einige Arten weltweit verbreitet, andere dagegen engräumig<br />
begrenzt?<br />
Abbildung 1 Stammbaum der Brassicaceen (ca.<br />
3700 Arten) auf der Basis der DNA-Sequenz von<br />
acht Genen. I-III bezeichnen Hauptevolutionslinien.<br />
Wichtige Modellorganismen der modernen Pflanzenwissenschaften<br />
enthaltende Gruppen sind hervorgehoben.<br />
Die Systematik hat verschiedene<br />
Ziele und Aufgaben: Die<br />
Formenvielfalt zu dokumentieren,<br />
ein Ordnungsprinzip als Informationsspeicher<br />
zu schaffen<br />
und die biologische Vielfalt zu<br />
erklären. Die moderne Systematik<br />
ist eine synthetische<br />
Wissenschaft, die geographische,<br />
ökologische, morphologische,<br />
zytologische und molekulare<br />
Evidenzen integriert, um<br />
Biodiversitätsmuster, deren Ursachen<br />
und Genese zu verste-<br />
hen. Die Erforschung von Evolutionsprozessen,<br />
der Phylogenie und der Besiedlungsgeschichte<br />
(Biogeographie) der Brassicaceen stehen hier im<br />
Mittelpunkt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt<br />
auf modernen molekularbiologischen Techniken,<br />
wie DNA-Sequenzierungen, welche die<br />
Stammesgeschichte widerspiegeln (Abb. 1).<br />
Untersucht werden Evolutionsprozesse auf<br />
der Ebene von Individuen, Populationen, Arten<br />
und höheren systematischen Kategorien. Das<br />
Forschungsspektrum umfasst zwischenartliche<br />
Hybridisierung, biogeographische Fragen, wie<br />
der Einfluss der Eiszeiten auf die Florengeschichte<br />
Eurasiens und die historische Biogeographie<br />
der Brassicaceen auf der Südhalbkugel<br />
[Abb. 2 (links)].<br />
Jüngste Forschungsaktivitäten sind an der<br />
Nahtstelle zwischen Phylogenetik, Evolutionsbiologie,<br />
Entwicklungsgenetik und Ökologie angesiedelt<br />
und sollen grundlegende Einsichten in<br />
die Evolution von adaptiven Merkmalen ermöglichen,<br />
wie z.B. die genetische Basis und Regu -<br />
lation von morphologischen Unterschieden im<br />
Fruchtbau und der Frucht- und Samenausbreitung<br />
[Öffnungsfrüchte versus Schließfrüchte;<br />
Abb. 2 (rechts)].<br />
Abbildung 2 (links) Polyploide australische Lepidium Arten haben ein hybridogenes,<br />
bikontinentales Genom: 16 Chromosomen (rot) stammen aus Afrika; 56 Chromosomen<br />
(grün) sind kalifornischen Ursprungs; Samentransport durch Vögel.<br />
Abbildung 2 (rechts) Schematischer Fruchtquerschnitt: Regulation der Fruchtöffnung<br />
durch Entwicklungskontrollgene, die durch eine exakte Ausbildung funktionaler<br />
Gewebe und Zellen (ÖZ: Öffnungszone) zur Ablösung der Fruchtklappen vom Replum<br />
und so zur Fruchtöffnung führen.
Literaturauswahl<br />
Dupres, V., Alsteens, D., Wilk, S.,<br />
Hansen, B., Heinisch, J. J., and Dufrênes,<br />
Y. F. (2009) The yeast Wsc1<br />
cell surface sensor behaves like a<br />
nanospring in vivo. Nature Chem.<br />
Biol. 5, 857-862.<br />
Heinisch, J. J. (2008) Baker's yeast<br />
as a tool for the development of<br />
antifungal drugs which target cell<br />
integrity - an update. Expert Opin.<br />
Drug Discov. 3, 931-943.<br />
Schehl, B., Senn, T., Lachenmeier,<br />
D., Rodicio, R., and Heinisch, J. J.<br />
(2007) Contribution of the fermenting<br />
yeast strain to ethyl carbamate<br />
generation in stone fruit<br />
spirits. Appl. Microbiol. Biotechnol.<br />
74, 843-850.<br />
Köhli M., Buck S., Schmitz H. P.<br />
(2008) The function of two closely<br />
related Rho proteins is determin -<br />
ed by an atypical switch I region.<br />
J. Cell Sci. 121, 1065-1075.<br />
Lengeler J. W., Jahreis K. (2009)<br />
Bacterial PEP-dependent carbohydrate:<br />
phosphotransferase systems<br />
couple sensing and global<br />
control mechanisms. Contrib Microbiol.<br />
16:65-87.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Jürgen Heinisch<br />
Telefon+49 (0)541 969 2291<br />
(Sekretariat Frau Schmieding)<br />
E-Mail: heinisch@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Internet: http://www.uniosnabrueck.de<br />
20<br />
Genetik<br />
<strong>AG</strong> Genetik<br />
Genetik pro- und eukaryotischer Modellorganismen<br />
Die Ge ne tik be fasst sich mit den Grund la gen der Ver er bung von Ei gen schaf ten, wie etwa<br />
die der mensch li chen Blut grup pen oder auch von Erb krank hei ten. Die mo der ne Mo le ku -<br />
lar ge ne tik um fasst da rü ber hi naus Be rei che wie die Klo nie rung ein zel ner Ge ne, die etwa<br />
für die bio tech no lo gi sche Her stel lung wich ti ger Pro te i ne wie In su lin, In ter fe ron oder<br />
Wachs tums hor mo nen in Bak te ri en und Pil zen ver wen det wer den kön nen. Als »klas si sche«<br />
Pro duk ti ons stät ten die nen da bei meist ent we der das Darm bak te ri um E. coli oder die Wein-,<br />
Bier- und Bä cker he fe Saccharomyces cerevisiae. Zur Vi ta min ge win nung wird auch der Fa -<br />
den pilz Ashbya gossypii ein ge setzt. Die <strong>AG</strong> Ge ne tik ver wen det al le drei Mo dell or ga nis men,<br />
um ei ner seits zu er for schen, wie sich Zel len tei len und da bei ihre Erb in for ma ti on feh ler -<br />
frei wei ter ge ben. An de rer seits un ter su chen wir, wie Zel len ihre Um ge bung wahr neh men<br />
und ihren Stoff wech sel den An for de run gen an pas sen. Da bei ste hen so ge nann te Sig nal -<br />
ket ten im Mit tel punkt, die z. B. in He fe zel len ganz ähn lich ab lau fen wie beim Men schen.<br />
Feh ler (durch Mu ta ti o nen) in ei nem sol chen In for ma ti ons fluss füh ren da bei häu fig zur<br />
Krebs ent ste hung. Durch ein ge nau es Ver ständ nis der zu grun de lie gen den Me cha nis men<br />
kom men wir der Ent wick lung von wir kungs vol len Me di ka men ten ei nen Schritt nä her. Da -<br />
rü ber hinaus un ter su chen wir den Auf bau der Zell wand von He fen als mög li chen An griffs -<br />
punkt zur Be kämp fung von Pilz krank hei ten, wie z.B. Candida-In fek ti o nen. Schließ lich er -<br />
ge ben sich aus un se ren Ar bei ten mit den ver schie den sten He fe ar ten auch di rek te An wen -<br />
dun gen für die Ver wen dung als Nah rungs- und Fut ter mit tel, so wie den Ein satz in der Weinbe<br />
rei tung und der Bio e tha nol pro duk ti on.<br />
So wie sich die klas si sche Ver er bungs leh re auf<br />
die von Gre gor Men del an Erb sen er forsch te<br />
Wei ter ga be von Ge nen auf die Nach kom men<br />
grün det, fußt die mo de rne Ge ne tik auf der Klo -<br />
nie rung (Iso lie rung) sol cher Ge ne auf klei nen<br />
DNA-Frag men ten. Dies ge lang zu erst mit Hil fe<br />
klei ner, ring för mi ger DNA-Mo le kü le, den Plas -<br />
mi den, so wie den zu ge hö ri gen Werk zeu gen,<br />
den Re strik ti ons en zy men und DNA-Li ga sen, im<br />
Darm bak te ri um Esche ri chia coli. Bak te ri en zel -<br />
len (Pro ka ry on ten) sind deut lich ein fa cher or -<br />
ga ni siert als etwa un se re mensch li chen Zel len,<br />
wo fast das ge sam te Erb ma te ri al in Form von<br />
Chro mo so men in ei nem Zell kern ein ge schlos -<br />
sen ist (Eu ka ry on ten).<br />
Wie bei den Bak te ri en han delt es sich auch<br />
bei der He fe Saccha ro my ces ce re vi si ae um ei -<br />
nen ein zel li gen Or ga nis mus. Al ler dings ver -<br />
mehrt er sich nicht durch Zwei tei lung, son dern<br />
durch Knos pung und ge hört zu den Eu ka ry on -<br />
ten, mit im Zell kern ein ge schlos se nen Chro mo -<br />
so men. Ei ne wei te re Ähn lich keit zwi schen He -<br />
fe und Mensch ist die Fä hig keit zur se xu el len<br />
Ver meh rung. La bor stäm me von S. ce re vi si ae<br />
ha ben Zel len mit zwei Paa rungs ty pen (»Mann«<br />
und »Frau«). Die se kann man kreu zen, wo raus<br />
je vier ha plo i de Nach kom men her vor ge hen. Ei -<br />
ne so ge nann te Te tra den a na ly se zeigt die Ver -<br />
er bung von Ei gen schaf ten nach den Men -<br />
del'schen Re geln, wie sie auch von der Erb se<br />
bis zum Men schen gel ten.<br />
In den letz ten zwei Jahr zehn ten hat sich die<br />
He fe S. ce re vi si ae zu ei nem zwei ten Stand bein<br />
der Mo le ku lar ge ne tik (ne ben E. coli) ent wi ckelt:<br />
Abbildung 1 Der Lebenszyklus der Wein-, Bier- und Bäckerhefe S. cerevisiae mit den verschiedenen Knospungsstadien<br />
(links), sowie das Ergebnis einer Tetradenanalyse (rechts).
Die Ge nom se quenz der 16 Chro mo so men wur de be reits<br />
1996 voll stän dig ent schlüs selt und heu te lie gen uns He -<br />
fe stäm me vor, in de nen je des ein zel ne der über 5000 Ge -<br />
ne aus ge schal tet (»de le tiert«) wur de. Wir ver wen den sol -<br />
che und an de re Mu tan ten für die Auf klä rung ei ner Sig nal -<br />
ket te (»Cell Wall In te gri ty Path way«), die es der He fe zel le<br />
er mög licht, auf äu ße re Stress-Si tu a ti o nen zu re a gie ren, in -<br />
dem sie ih re Zell wand ver stärkt. Oh ne ei ne in tak te Zell -<br />
Abbildung 2 Eine komplexe Signalkette ermöglicht der Hefe den Aufbau<br />
neuer Zellwand zur Anpassung an Stressbedingungen. Signale an der<br />
Zelloberfläche werden wahrgenommen und in ein Programm zur Transkription<br />
von Zielgenen im Zellkern umgesetzt.<br />
wand plat zen die He fe zel len und ster ben. Au ßer dem un -<br />
ter su chen wir de tail liert die Pro te i ne, die für die Tren nung<br />
der Knos pe von der Mut ter zel le (Zy to ki ne se) wich tig sind.<br />
Dies ge schieht in ei nem eng um schlos se nen Raum (Mi kro -<br />
kom par ti ment) zwi schen den bei den Zel len, der als Knos -<br />
pen hals (engl.: »bud neck«) be zeich net wird.<br />
S. ce re vi si ae wird welt weit zur Al ko hol pro duk ti on, von<br />
Spi ri tu o sen bis zur Bio e tha nol her stel lung, ver wen det.<br />
Da bei wer den Zu cker durch den Stoff wech sel weg der Gly -<br />
ko ly se in E tha nol um ge setzt. Auch die da für ko die ren den<br />
Ge ne und die zu grun de lie gen den Re gu la ti ons me cha nis -<br />
men wer den von uns in ten siv un ter sucht.<br />
Ne ben S. ce re vi si ae gibt es noch vie le an de re He fe ar ten<br />
mit teil wei se gro ßer in dus tri el ler Be deu tung. Die oben be -<br />
Abbildung 3A Nach weis bestimmter Proteine bei der Vermehrung von<br />
Hefezellen am Knospenhals durch Fluoreszenz-Mikroskopie. Hefen vermehren<br />
sich durch Knospung und schnüren dabei die Tocherzelle ab. Bestimmte<br />
an diesem Vorgang beteiligte Proteine werden mit einer roten<br />
Fluoreszenzmarkierung (Myo1) nachgewiesen. Ein Sensor des Zellintegritätsweges<br />
(Wsc1, oben) bzw. ein die Zellteilung steuerndes Protein (Hof1,<br />
unten) sind durch die grüne Färbung zu erkennen. Das obere Bild zeigt<br />
Zeitraffer-Aufnahmen im 5-Minuten-Abstand.<br />
schrie be nen Un ter su chun gen<br />
füh ren wir ähn lich auch an der<br />
Lak to se-ver wer ten den Milch he -<br />
fe Kluy ve ro my ces lac tis durch<br />
(mit Be zug zur mensch li chen<br />
Lak to se-In to le ranz), so wie an Abbildung 4: Pilzhyphe von Ashbya gossypii.<br />
Links Hellfeld, rechts Zellkerne und Zy-<br />
der He fe Klo e cke ra a pi cu lata<br />
toskelettelemente.<br />
(»A pi cu la tus-He fen« in der<br />
Wein be rei tung), für die wir erst -<br />
mals ei ne mo le ku la re Ge ne tik auf bau en konn ten.<br />
Ein die sen He fen na he ver wand ter, fi la men tö ser Pilz, ist<br />
Ash by a gos sy pi i, der in der Grup pe von Dr. Hans-Peter<br />
Schmitz un ter sucht wird. A. gos sy pi i ist ein op por tu nis tisch<br />
pa tho ge ner Pilz, der Baum woll- und Zi trus pflan zen be fällt,<br />
hier zu je doch auf die In jek ti on durch an die sen Pflan zen<br />
sau gen de In sek ten an ge wie sen ist. Ne ben der Ei gen schaft<br />
der Über pro duk ti on von Ri bo fla vin (Vi ta min B2), die auch<br />
in dus tri ell ge nutzt wird, be sitzt er ei ni ge Cha rak te ris ti ka<br />
wie das Wachs tum in lang ge streck ten Fi la men ten und das<br />
gleich zei ti ge Vor han den sein von meh re ren Zell ker nen in<br />
ei nem Zell kom par ti ment, die ihn be son ders für Stu di en der<br />
Re gu la ti on des Zy toske letts in ter es sant ma chen.<br />
Ob wohl E. coli tra di ti o nell seit Jahr zehn ten mo le ku lar -<br />
ge ne tisch in ten siv un ter sucht wird, las sen sich an die -<br />
sem Mo dell sys tem im mer neu e in ter es san te bio lo gi -<br />
sche Zu sam men hän ge auf klä ren. Die Grup pe um PD<br />
Dr. Knut Jahreis un ter sucht ins be son de re die Me -<br />
cha nis men der Koh len hy drat auf nah me und die zu -<br />
ge hö ri gen Stoff wech sel we ge. Ei ne wich tige Klas se<br />
von Koh len hy drat trans port sys te men be steht<br />
aus ei ner Viel zahl von Ein zel kom po nen ten,<br />
die ne ben ih rer Funk ti on bei der Zu cker -<br />
auf nah me noch wich ti ge Auf ga ben bei<br />
der Re gu la ti on des Koh len hy drat stoff -<br />
Abbildung 5: McConkey-Indi-<br />
wech sels und der Che mo ta xis, d.h. der kator-Agarplatten helfen bei<br />
ge ziel ten Be we gung der Bak te ri en in der Analyse von Escherichia<br />
Rich tung ei nes Lock stoffs, er fül len. Da coli-Mutanten.<br />
die se Sys te me ge ne tisch sehr leicht zu gäng -<br />
lich sind, wer den die se Mo del le auch für sys -<br />
tem bi o lo gi sche Un ter su chun gen zur Si mu la ti on der Stoff -<br />
wech sel vor gän ge in ei nem le ben den Or ga nis mus ver wen -<br />
det. Die hie raus ge won ne nen Er kennt nis se hel fen bei der<br />
Op ti mie rung von in dus tri ell ge nutz ten Pro duk ti ons stäm -<br />
men, bei spiels wei se bei der Her stel lung von A mi no säu ren.<br />
Abbildung 3B zeigt Zeitraffer-Aufnahmen im 5-Minuten-Abstand.<br />
Genetik<br />
21
Literaturauswahl<br />
Chakravortty, D., Rohde, M., Jager,<br />
L., Deiwick, J., and Hensel, M.<br />
(2005). Formation of a novel surface<br />
structure encoded by Salmonella<br />
Pathogenicity Island 2. EMBO<br />
J 24, 2043-2052.<br />
Gerlach, R.G., Claudio, N., Rohde,<br />
M., Jäckel, D., Wagner, C., and Hensel,<br />
M. (2008). Cooperation of Salmonella<br />
pathogenicity islands 1<br />
and 4 is required to breach epithelial<br />
barriers. Cell Microbiol 10,<br />
2364-2376.<br />
Husseiny, M.I., Wartha, F., and<br />
Hensel, M. (2007). Recombinant<br />
vaccines based on translocated effector<br />
proteins of Salmonella Pathogenicity<br />
Island 2. Vaccine 25,<br />
185-193.<br />
Ballhausen B., Altendorf K., and<br />
Deckers-Hebestreit, G. (2009) Constant<br />
c10 ring stoichiometry in the<br />
Escherichia coli ATP synthase analyzed<br />
by cross-linking. J Bacteriol<br />
191, 2400-2404.<br />
Rajashekar, R., Liebl, D., Seitz, A.,<br />
and Hensel, M. (2008). Dynamic<br />
remodeling of the endosomal<br />
system during formation of Salmonella-induced<br />
filaments by intracellular<br />
Salmonella enterica.<br />
Traffic 9, 2100-2116.<br />
Kontakt<br />
Abt. Mikrobiologie, Sekretariat<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3941<br />
Fax: -3942<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
Prof. Dr. Michael Hensel<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3940 E-<br />
Michael.Hensel@biologie. uniosnabrueck.de<br />
Dr. Gabriele Deckers-Hebestreit<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2809<br />
Gabriele.Deckers-Hebestreit@<br />
biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Dr. Jörg Deiwick<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2855,<br />
Jörg.Deiwick@biologie.uniosnabrueck.de<br />
22<br />
Mikrobiologie<br />
<strong>AG</strong> Mikrobiologie<br />
Zelluläre und Molekulare Mikrobiologie<br />
Die Abteilung Mikrobiologie untersucht molekulare Funktionen bakterieller Zellen. Dabei<br />
interessieren uns Fragestellungen der Pathogenität von Bakterien wie auch grundlegende<br />
Zellfunktionen wie der Aufbau komplexer molekularer Maschinen.<br />
Höhere Organismen wie der Mensch sind im ständigen Kontakt mit Mikroorganismen<br />
und viele Bereiche des Körpers sind mit Mikroorganismen besiedelt. Während diese Koexistenz<br />
in der Regel unbemerkt abläuft, können einige Mikroorganismen Krankheiten hervorrufen.<br />
Am Modellorganismus Salmonella enterica, einem darmpathogenen Bakterium,<br />
untersucht die Arbeitsgruppe die zellulären und molekularen Mechanismen der Krankheitsentstehung.<br />
Die genaue Kenntnis bakterieller Virulenzfaktoren kann die zukünftige<br />
Entwicklung neuer Ansätze zur Prävention, Diagnose und Therapie von Infektionserkrankungen<br />
ermöglichen. Mit Blick auf die zunehmende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika<br />
ist besonders die Entwicklung neuer Therapieansätze wichtig.<br />
Salmonellen können durch gentechnische<br />
Verfahren so verändert werden,<br />
dass sie als Träger für Impfstoffe genutzt<br />
werden können. Unsere Arbeitsgruppe<br />
arbeitet an der Erzeugung von<br />
rekombinanten Lebendimpfstoffen zum<br />
Schutz gegen Infektionen, wie auch zur Therapie<br />
von Tumoren (siehe Husseiny et al.,<br />
2007).<br />
Die Virulenzleistungen pathogener Bakterien<br />
werden häufig von Genen in Pathogenitätsinseln<br />
kodiert, die im Fall von Salmonellen<br />
als ›Salmonella Pathogenicity Island‹<br />
oder SPI bezeichnet werden. Als darmpathogene<br />
Erreger, treten Salmonellen über diverse<br />
Adhäsionsfaktoren in engen Kontakt<br />
mit Wirtszellen und sind in der Lage, nichtphagozytische<br />
Zellen des Wirtsorganismus<br />
zu invadieren, z.B. Epithelzellen des Darms<br />
(siehe Gerlach et al., 2008). Zudem sind Salmonellen<br />
fakultativ intrazelluläre Bakterien,<br />
die in einem besonderen Membrankompartiment<br />
überleben und replizieren können.<br />
Abbildung 1 Interaktion von Salmonellen mit Epithelzellen.<br />
Die elektronenmikroskopischen Aufnahmen<br />
zeigen die Adhäsion an die Zelloberfläche und<br />
die Invasion durch Salmonellen (rot pseudo-koloriert)<br />
Unter den zahlreichen SPI sind SPI1 und SPI4<br />
von besonderer Bedeutung für die Fähigkeit<br />
von extrazellulären Bakterien zur Adhäsion<br />
an polarisierte Epithelzellen und deren Invasion,<br />
während SPI2 und SPI3 für intrazelluläre<br />
Funktionen von entscheidender Bedeutung<br />
sind. Wir untersuchen die molekularen<br />
Mechanismen der Manipulation von Vorgängen<br />
in Wirtszellen durch bakterielle Virulenzproteine.<br />
Pathogene Bakterien benutzen diverse<br />
Systeme zur Sekretion von Proteinen. Mittels<br />
der komplex aufgebauten Typ-III-Sekretionssyteme<br />
(T3SS) können Bakterien Virulenzproteine<br />
direkt in Zellen des Wirts zu injizieren.<br />
Dabei benutzen Salmonellen T3SS zur
Abbildung 2: Intrazelluläre Virulenzleistungen<br />
von Salmonellen. Epithelzellen<br />
wurden mit Salmonellen (grün) infiziert<br />
und die Bakterien liegen nach Invasion<br />
intrazellulär vor. Ein spät-endosomales<br />
Protein der Wirtszelle (LAMP-<br />
1) wurde rot markiert. Virulente Salmonellen<br />
(links), nicht aber ein attenuierter<br />
Mutanten-Stamm (rechts) induzieren<br />
schlauchartige Veränderungen der<br />
endosomalen Membranen der Wirtszelle.<br />
Wildtyp<br />
Umsteuerung von normalen Zellfunktionen der Wirtszelle,<br />
was zur Invasion von Zellen führt. Zudem benut-<br />
frühe<br />
Endosomen<br />
späte<br />
Endosomen<br />
Lysosomen<br />
EEA-1<br />
Igp<br />
CatD<br />
ROI<br />
RNI<br />
TfR<br />
V-ATPase<br />
M6PR<br />
pH 4-5<br />
SIF<br />
SCV<br />
Mutante<br />
Abbildung 3: Zellbiologie intrazellulärer Salmonellen (grüne Symbole). Die<br />
Schritte der Reifung der Erreger-haltigen Vakuole sind dargestellt.<br />
?<br />
Mikrotubuli<br />
zen die intrazellulären Erreger ein<br />
weiteres T3SS, um den Vesikeltransport<br />
der Wirtszelle zu verändern und<br />
eine intrazelluläre Vermehrung zu ermöglichen<br />
(siehe Rajashekar et al.,<br />
2008). Die Arbeitsgruppe untersucht<br />
zudem den Aufbau von T3SS (siehe<br />
Chakravortty et al., 2005).<br />
Die Synthese bzw. Hydrolyse von<br />
ATP, der Energiewährung aller Zellen,<br />
erfolgt durch die ATP-Synthase (FOF1),<br />
einer rotatorischen Maschine mit<br />
zwei Motoren, die elektrochemische<br />
Energie über mechanische Prozesse<br />
in chemische Energie wandelt. Ausgehend vom detaillierten<br />
Kenntnisstand der Nanostruktur und des Katalyse-Mechanismus<br />
von FOF1 untersuchen wir die Assemblierung<br />
des Enzymkomplexes in Escherichia coli, der 22<br />
lösliche und membranintegrale Untereinheiten miteinander<br />
kombiniert. Dabei gilt es zu klären, ob die Untereinheiten<br />
sequentiell eingebaut werden oder ob einzelne<br />
Subkomplexe vorgeformt und dann zu einem Gesamtkomplex<br />
zusammen gefügt werden. Parallel dazu<br />
untersuchen wir mit fluoreszenzmikroskopischen Techniken<br />
die Verteilung und Dynamik der ATP Synthase in<br />
der cytoplasmatischen Membran und suchen nach<br />
möglichen Interaktionspartnern.<br />
Membran<br />
Zielzelle<br />
bakterielle<br />
Zellhülle<br />
Effektorproteine<br />
Abbildung 4: Modell (links) und Ultrastruktur (rechts) eines Typ-III-Sekretionssystems.<br />
Diese Systeme weisen einen Nadel-förmigen Aufbau auf und können Proteine aus<br />
dem Zytoplasma der Bakterienzellen in das Zytoplasma der Wirtszelle translozieren.<br />
Die so injizierten Effektorproteine können diverse Funktionen eukaryontischer Zellen<br />
manipulieren.<br />
45 nm<br />
˜<br />
30 nm<br />
8 nm<br />
16 nm<br />
27 nm<br />
Mikrobiologie<br />
23<br />
13
Literaturauswahl<br />
Appelhans T, Beutel O, Richter C,<br />
Hess S, Piehler J, Busch KB (in<br />
prep), Trapped in cristae: tracking<br />
and precise localization of single<br />
respiratory complexes in the inner<br />
mitochondrial membrane in living<br />
cells.<br />
Muster B, Kohl W, Wittig I, Strecker<br />
V, Joos F, Haase W, Bereiter-<br />
Hahn J, Busch K, Respiratory<br />
chain complexes in dynamic mitochondria<br />
display a patchy distribution<br />
in life cells. PLoS One 5:<br />
e11910<br />
Sukhorukov VM, Dikov D, Busch K,<br />
Strecker V, Wittig I, Bereiter-Hahn<br />
J, Determination of protein mobility<br />
in mitochondrial membranes<br />
of living cells. Biochim Biophys<br />
Acta 1798: 2022-2032<br />
Busch KB, Bereiter-Hahn J, Wittig<br />
I, Schagger H, Jendrach M (2006),<br />
Mitochondrial dynamics generate<br />
equal distribution but patchwork<br />
localization of respiratory Complex<br />
I. Mol Membr Biol 23: 509-<br />
520<br />
Kontakt<br />
Junior-Prof. Dr. Karin Busch<br />
Tel.: +49 (0)541 969 2868<br />
E-Mail: busch_k@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Internet:<br />
http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
24<br />
Mitochondriale Dynamik<br />
<strong>AG</strong> Mitochondriale Dynamik<br />
Raum/zeitliches Verhalten von Atmungskomplexen<br />
Mitochondrien sind Zellorganellen, die gemeinhin als Kraftwerke der Zelle bekannt sind, da<br />
ihre Hauptaufgabe die ATP Synthese, also die Bereitstellung der zelleigenen Energie-Währung,<br />
ist. Sie kommen in jeder eukaryontischen Zelle vor und spielen im normalen Zell-Leben<br />
eine entscheidende Rolle. Nun sind Mitochondrien nicht statische, singuläre Entitäten, sondern<br />
bilden eine dynamische und interaktive Population, die im ständigen Austausch steht<br />
und dadurch flexibel auf unterschiedliche Energieansprüche der Zelle reagieren kann. Zudem<br />
ist die Dynamik Teil einer Qualitätskontrolle. Die <strong>AG</strong> Mitochondriale Dynamik untersucht die<br />
direkten Auswirkungen dieser Dynamik auf die Verteilung und Funktionalität von Atmungskettenkomplexen,<br />
die für die ATP Synthese wichtig sind. Dabei bedienen wir uns vor allem<br />
hochauflösender Mikroskopie-Methoden, um die raum/zeitliche Dynamik von Mitochondrienproteinen<br />
in der lebenden Zelle zu verfolgen.<br />
Mitochondrien haben – neben der ATP-Synthese<br />
– andere wichtige metabolische Funktionen<br />
wie die Oxidation von Substraten im<br />
Zitratsäure-Zyklus, die β-Oxidation von Fettsäuren<br />
oder die Synthese von katalytischen<br />
Fe-S -Zentren. Sie sind Ca2+-Speicher und<br />
damit a Ca2+-vermittelten Signaltransduktionswegen<br />
direkt beteiligt, sind die Hauptpro-<br />
Durchmischung in %<br />
A<br />
B<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Stress<br />
10µm 10µm<br />
Abbildung 1 zeigt wie mitochondriale Dynamik zur<br />
Formveränderung einerseits und zur Durchmischung<br />
von Neuverteilung von Proteinen andererseits führen<br />
kann.<br />
A) Normalerweise liegen Mitochondrien als tubuläres<br />
Netzwerk in der Zelle vor. Einzelne kleine und runde<br />
Mitochondrien sind selten. Bei Stress reagieren Mitochondrien<br />
empfindlich und zerfallen häufig in kleinere<br />
Fragmente. Diese sind noch funktional, durch ihre<br />
kleine Form mobiler und können nach Wegfall des<br />
Dynamik von Mitochondrien<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />
Zeit (min)<br />
duzenten reaktiver Sauerstoffspezies (ROS)<br />
und spielen bei bestimmten Formen des Zelltodes<br />
(Apoptose) eine zentrale Rolle. Eine<br />
Schädigung hat schwerwiegende Konsequenzen,<br />
die im schlimmstenfalls zum Zelltod und<br />
auf organismischer Ebene zum Verlust von<br />
Geweben führen kann. Besonders drastisch<br />
äußert sich dies bei neurodegenerativen<br />
Stressfaktors oder durch Adaption durch erhöhte Fusion<br />
wieder ein Netzwerk bilden.<br />
B) Unter normalen Umständen dauert die vollständige<br />
Durchmischung von Atmungs-Komplexen zwischen<br />
allen Mitochondrien der Zelle ungefähr 2-3 Stunden.<br />
Um dies zu messen, wird ein Teil der Mitochondrien<br />
durch Fotokonvertierung fluoreszenter Proteine anders<br />
eingefärbt (rot) und die Zeit bis zur Komplettdurch -<br />
mischung mit der Population der anderen Farbe (grün)<br />
durch Aufnahme einer Zeitserie bestimmt.
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
H +<br />
H +<br />
Abbildung 2 zeigt fusionierte Mitochondrien mit teilweiser Mischung von Atmungs-Komplexen.<br />
A) Fusionierte Mitochondrien zeigen eine Art Streifenmuster der Atmungs-Komplex-Verteilung.<br />
B) Komplexe der mitochondrialen Atmungskette.<br />
C) Antikörperfärbung von Atmungskomplexen in fusionierten Mitochondrien in<br />
Elektronen-Mikroskopie-Schnitten.<br />
D) Lokalisation und Mobilität von Komplex II in Mitochondrien.<br />
e +<br />
O 2<br />
H 2O<br />
ADP<br />
H<br />
cyt. c<br />
+ H +<br />
H +<br />
ATP<br />
MATRIX<br />
IMS<br />
2 µm<br />
Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson, wo der<br />
Dysfunktion von Mitochondrien eine zentrale Bedeutung<br />
beizumessen ist.<br />
Seit wenigen Jahren ist bekannt, dass Mitochondrien<br />
dynamisch sind, sich durch die Zelle bewegen,<br />
aufeinander treffen, fusionieren und sich<br />
wieder teilen. Das Verhältnis von Fusion und Teilung<br />
bestimmt ihre Form: Erhöhte Fusion führt zu<br />
langen tubulären mitochondrialen Netzwerken<br />
während ein Anstieg der Teilungsrate, z. B. bei<br />
Stress, kurze, fragmentierte Mitochondrien hervorbringt<br />
(Abb. 1A). Normalerweise besteht ein dynamisches<br />
Gleichgewicht zwischen tubulären und<br />
punktartigen Formen. Diese Dynamik erlaubt nun<br />
auf verschiedenen Ebenen eine erhöhte Flexibilität:<br />
Zum einen ist der Transport von kurzen Mitochondrien<br />
über zelluläre Autobahnen, die Mikrotubuli,<br />
an Stellen hohen Energieverbrauchs möglich,<br />
zum anderen spielt die Dynamik bei der Qualitätskontrolle<br />
eine entscheidende Rolle. Durch die<br />
intramitochondriale ROS-Produktion werden Mitochondrien<br />
selbst geschädigt. Die Fusion (und<br />
Teilung) der Mitochondrien mildert nun die Anhäufung<br />
von Schäden ab, indem sie einen Austausch<br />
von Komponenten ermöglicht (Abb. 1B). Zu<br />
stark geschädigte Mitochondrien können nicht<br />
mehr fusionieren und werden nach Verschmelzen<br />
mit Lysosomen abgebaut und recycled. Im Alter<br />
und bei verschiedenen Krankheiten sind die Dynamik<br />
der Mitochondrien und damit der Austausch<br />
reduziert. Dies führt zu einer Überhandnahme dysfunktionaler<br />
Mitochondrien. Damit ist die Energieversorgung<br />
der Zelle nicht mehr gewährleistet und<br />
das Signal für den intrinsischen Weg der Apoptose<br />
– des Zelltodes – ist in Gang gesetzt.<br />
Wir versuchen in der <strong>AG</strong> Mitochondriale Dynamik<br />
die direkten Auswirkungen der Fusions- und<br />
Teilungsaktivität von Mitochondrien auf die Neu-<br />
Verteilung von Proteinen nachzuvollziehen. Dabei<br />
interessiert uns vor allem die exakte räumliche<br />
Anordnung von Komplexen der Atmungskette in<br />
Mikrokompartimenten der Mitochondrien sowie<br />
ihre Mobilität in Membranen (Abb. 2) um den Zusammenhang<br />
von mitochondrialer Heterogenität,<br />
Funktion und Dynamik besser zu verstehen.<br />
25<br />
Mitochondriale Dynamik
Literaturauswahl<br />
Hunke, S., Keller, R., Müller, V. S.<br />
(2012) Signal integration by the<br />
Cpx-envelope stress system. FEMS<br />
Microbiol Lett. 326, 12 - 22<br />
Zhou, X., Keller, R., Volkmer, R.,<br />
Krauß, N., Scheerer, P., and Hunke,<br />
S. (2011) Structural basis for twocomponent<br />
system inhibition and<br />
pilus sensing by the auxiliary CpxP<br />
protein. J. Biol. Chem. 286, 9805 -<br />
9814<br />
Müller, V. S., Jungblut, P. R., Meyer,<br />
T. F., and Hunke, S. (2011) Membrane-SPINE:<br />
An improved method<br />
to identify protein-protein<br />
interaction partners of membrane<br />
proteins in vivo. Proteomics 11,<br />
2124 - 2128<br />
Fleischer, R., Heermann, R., Jung,<br />
K., and Hunke, S. (2007) Purification,<br />
reconstitution, and characterization<br />
of the CpxRAP envelope<br />
stress system of Escherichia coli.<br />
J. Biol. Chem. 282, 8583 - 8593<br />
Kontakt<br />
Junior-Prof. Dr. Sabine Hunke<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />
FB 5 – Molekulare Mikrobiologie<br />
Barbarastraße 11<br />
49069 <strong>Osnabrück</strong><br />
Tel.: +49 (0)541 969-7141<br />
E-Mail: sabine.hunke@<br />
biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Internet:<br />
http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
26<br />
Molekulare Mikrobiologie<br />
<strong>AG</strong> Molekulare Mikrobiologie<br />
Stressantwort bei Enterobakterien<br />
Bakterien sind permanenten Veränderungen ihrer Umgebung ausgesetzt. So müssen sich pathogene<br />
Darmbakterien (Enterobakterien) im menschlichen Körper orientieren können, um<br />
einerseits das generelle Überleben zu sichern und andererseits die verschiedenen Schritte<br />
einer Infektion zu koordinieren. Dazu bedarf es hoch spezifischer Signalsysteme, die das für<br />
die Veränderung charakteristische Signal erkennen, die Information in das Innere der Zelle<br />
leiten und dort in eine Antwort umsetzen. Bei Bakterien dominieren hierzu Zweikomponentensysteme.<br />
Interessanterweise sind Zweikomponentensysteme bisher nicht bei höheren Eukaryonten<br />
identifiziert worden und werden daher als mögliches Angriffsziel für neue Antibiotika<br />
angesehen. Im Zuge dessen nimmt die Suche nach Wirkstoffen gegen sie heute eine<br />
zentrale Rolle ein.<br />
Wir untersuchen mit dem Cpx-Stresssystem<br />
ein für die Virulenz von Darmbakterien<br />
wichtiges Zweikomponentensystem. Es besitzt<br />
neben der membranständigen Sensorkinase<br />
CpxA und dem Antwortregulator CpxR<br />
zusätzlich das periplasmatische Protein CpxP<br />
(Abb. 1) (siehe Hunke et al., 2011). Die Reiz-<br />
Abbildung 1 Das Cpx-Stress-Signalsystem: Das Cpx-<br />
System gehört zu den Zweikomponentensystemen und<br />
besteht aus der Sensorkinase CpxA und dem Antwortregulator<br />
CpxR. Verschiedene Stresssignale führen zur<br />
Phosphorylierung von CpxA, das den Phosphatrest auf<br />
leitung erfolgt dabei über eine Phosphorylierungskaskade.<br />
Im Zuge eines positiven Reizes<br />
phosphoryliert CpxA zunächst sich selbst und<br />
überträgt dann den Phosphatrest auf CpxR.<br />
Das dadurch aktivierte Protein kann so in der<br />
Funktion eines Transkriptionsfaktors die Expression<br />
von Zielgenen modulieren. Zu diesen<br />
CpxR überträgt. Das so aktivierte CpxR kann nun<br />
unterschiedliche Zellfunktionen regulieren. Das zusätzliche<br />
Protein CpxP hemmt CpxA und dient als Sensor<br />
für einige fehlgefaltete Proteine.
Abbildung 2 Membrane-SPINE: Für viele biologische Prozesse sind<br />
Membranproteine essentiell. Membranproteine arbeiten vor allem in<br />
Komplexen. Um das Zusammenspiel in solchen Komplexen besser verstehen<br />
zu können, benötigt man Methoden, um die direkte Interaktion<br />
zwischen Membranproteinen nachzuweisen. Für diese Anwendung<br />
haben wir die Methode »Membrane- Strep-tagged protein interaction<br />
experiment« (Membrane-SPINE) entwickelt (siehe Müller et al., 2011).<br />
Membrane-SPINE nutzt die Fähigkeiten des Proteinvernetzers (crosslinkers)<br />
Formaldehyd, Membranen zu penetrieren und alle Proteine<br />
Zielgenen zählen neben Faltungshelfern (Chaperonen)<br />
und Proteasen vor allem Oberflächenstrukturen, die für<br />
die Anheftung an und die Invasion in Wirtszellen, aber<br />
auch beim Kampf gegen das Immunsystem essentiell<br />
sind. Hierzu zählen z. B. beide Typ 3 Sekretionssysteme<br />
von Salmonella enterica serovar Typhimurium.<br />
Außerdem kann CpxA phosphoryliertes CpxR ebenfalls<br />
dephosphorylieren und so die Antwort der Bakterien auf<br />
ein Signal besser ausbalancieren. Zu den Signalen, die das<br />
Cpx-System erkennt, gehören neben pH-Stress, Salz-<br />
Stress, Schwermetallen, der Lipidzusammensetzung der<br />
inneren Membran und verschiedenen aggregierte Proteinen,<br />
auch die Anheftung an Oberflächen und menschliche<br />
Hormone (Adrenalin). Darüber hinaus wird das Sys-<br />
miteinander zu verknüpfen, die sich in physikalischer Nähe zueinander<br />
befinden (a). Diese Verknüpfung bleibt auch während der Reinigung<br />
des mit einem Strep-tag versehenen Membranproteins stabil (b). Die<br />
Verknüpfung zwischen dem Membranprotein (bait) und co-gereinigten<br />
Proteinen (prey) wird durch einfaches Kochen wieder gelöst. Mit Hilfe<br />
einer SDS-P<strong>AG</strong>E werden die Proteine voneinander getrennt (c) und vermutete<br />
Interaktionspartner können durch Immunoblotting nachgewiesen<br />
(d) bzw. unbekannte Interaktionspartner durch massenspektroskopische<br />
Analysen identifiziert werden (e).<br />
tem negativ durch das lösliche CpxP Protein moduliert<br />
(siehe Fleischer et al., 2007), welches als zusätzlicher<br />
Sensor für einige Signale fungiert (Abb. 1) (siehe Zhou et<br />
al., 2011).<br />
In vergleichenden Studien, untersuchen wir mittels<br />
molekularbiologischer, biochemischer (Abb. 2) und biophysikalischer<br />
Methoden sowohl die Strukturen und Mechanismen<br />
zur Signalerkennung und Signalleitung als<br />
auch die Funktion für die Virulenz des Cpx-Zweikomponentensystems<br />
aus den Modellorganismen Escherichia<br />
coli und Salmonella enterica.<br />
27<br />
Molekulare Mikrobiologie
Literaturauswahl<br />
Gauthier-Kemper, A., Weissmann,<br />
C., Golovyashkina, N., Sebö-Lemke,<br />
Z., Drewes, G., Gerke, V., Heinisch,<br />
J.J., and Brandt, R. (2011) The frontotemporal<br />
dementia mutation<br />
R406W blocks tau’s interaction<br />
with the membrane in an annexin<br />
A2-dependent manner. J. Cell Biol.,<br />
in press.<br />
Bakota, L., and Brandt, R. (2009)<br />
Live cell imaging in the study of<br />
neurodegeneration. Int. Rev. Cell<br />
Mol. Biol. 276:49-103.<br />
Tackenberg, C., and Brandt, R.<br />
(2009) Divergent pathways mediate<br />
spine alterations and cell<br />
death induced by amyloid-β, wildtype<br />
tau, and R406W tau. J. Neurosci.<br />
29, 14439-50.<br />
Weissmann, C., Reyher, H.J., Gauthier,<br />
A., Steinhoff, H.J., Junge, W.,<br />
and Brandt, R. (2009) Microtubule<br />
binding and trapping at the tip of<br />
neurites regulate tau motion in living<br />
neurons. Traffic 10, 1655-68.<br />
Lüdemann, N., Clement, A., Hans,<br />
Volkmar, H., Leschik, J., Behl, C., and<br />
Brandt, R. (2005) O-Glycosylation<br />
of the tail domain of neurofilament<br />
protein M in human neurons<br />
and in spinal cord tissue of a rat<br />
model of amyotrophic lateral sclerosis<br />
(ALS). J. Biol. Chem.<br />
280:31648-31658.<br />
28<br />
Neurobiologie<br />
<strong>AG</strong> Neurobiologie<br />
Molekulare Mechanismen der Alzheimerschen Erkrankung<br />
Bei der Alzheimerschen Erkrankung kommt es zu immensen Gedächtnisstörungen, wodurch<br />
vor allem das Langzeitgedächtnis beeinträchtigt wird. Erkrankte können sich zum Beispiel<br />
nicht mehr erinnern, wo sie wohnen, oder sie erkennen ihre Angehörigen nicht mehr. Die<br />
Ursache liegt in einer Störung der Kommunikation zwischen den Nervenzellen, an den sogenannten<br />
Synapsen. Im Verlauf der Alzheimererkrankung kommt es dann zu einem massiven<br />
Absterben von Nervenzellen, die anfänglichen Gedächtnisstörungen entwickeln sich<br />
hin zu einem vollständigen Gedächtnisverlust. Die Krankheit, an der allein in Deutschland<br />
mehr als eine Million Menschen leiden, ist bisher nicht ursächlich behandelbar.<br />
Ein großer Teil der Arbeitsgruppe konzentriert<br />
sich darauf, die molekularen und zellulären<br />
Vorgänge besser zu verstehen, die dem Krankheitsverlauf<br />
zugrunde liegen. Eine wesentliche<br />
Rolle spielt dabei ein Protein des neuronalen<br />
Zellskeletts, das Tau Protein. Tau, das normalerweise<br />
im axonalen Kompartiment einer Nervenzelle<br />
angereichert ist, verteilt sich im<br />
Krankheitsverlauf um und bildet Aggregate –<br />
die sogenannten Alzheimerfibrillen – im Zellkörper<br />
und in den Dendriten der Neurone.<br />
Nach dem aktuellen Stand der Forschung führen<br />
diese Veränderungen dazu, dass die Nervenzellen<br />
absterben. In Kooperation mit der<br />
Arbeitsgruppe von Dr. Gloria Lee (Harvard Medical<br />
School, Boston, USA) konnte in der Arbeitsgruppe<br />
gezeigt werden, dass das Tau Protein<br />
eine Rolle als Verbindungsglied zwischen<br />
dem neuronalen Zellskelett und der Zellmembran<br />
spielt. Veränderungen von Tau, wie sie typisch<br />
für die Alzheimersche Krankheit sind,<br />
führen dazu, dass Tau diese Funktion nicht<br />
mehr wahrnehmen kann. Dies trägt vermutlich<br />
zu einer Umverteilung von Tau und zu einer<br />
Desta bilisierung der<br />
betroffenen Nervenzelle<br />
bei. Zudem<br />
konnte in der Arbeitsgruppe<br />
ge zeigt werden,<br />
dass Veränderungen,<br />
bei der krank -<br />
heits ty pi sche Modifikationen<br />
von Tau Protein<br />
simuliert werden,<br />
toxisch auf die Nervenzellen wirken und einen<br />
programmierten Zelltod auslösen.<br />
Um die molekularen Wechselwirkungen bei<br />
der Entwicklung der Krankheit aufzuklären,<br />
wurden diese Erkenntnisse genutzt und verschiedene<br />
Zellkulturmodelle entwickelt, die<br />
wesentliche Aspekte der Krankheit abbilden<br />
und »live« eine Beobachtung der Krankheitsentwicklung<br />
mittels moderner bildgebender<br />
Verfahren ermöglichen. Dabei sind wir in der<br />
Lage, Veränderungen auf der Ebene synaptischer<br />
Kontakte zwischen einzelnen Nervenzellen<br />
sichtbar zu machen. In interdisziplinärer<br />
Zusammenarbeit haben hier auch Wissenschaftler<br />
aus der Physik, der Genetik und der<br />
Mathematik beigetragen. Diese Modelle bieten<br />
die Grundlage dafür, Möglichkeiten zu testen,<br />
die pathologischen Vorgänge zu verhindern<br />
oder zumindest zeitlich zu verzögern. Es besteht<br />
die Hoffnung, dass dies für die Entwicklung<br />
therapeutischer Strategien zur Behandlung<br />
der Alzheimerschen Erkrankung von<br />
Bedeutung sein wird.<br />
Abbildung 1 Nervenleuchten im Gehirn (links). Mit einem speziellen Verfahren wurden einzelne<br />
Nervenzellen in einem Hirnschnitt zum Fluoreszieren gebracht. Dies ermöglicht eine »live« Beobachtung<br />
der Nervenzellen unter dem Mikroskop zur Untersuchung degenerativer Veränderungen.<br />
Nervenzellen in einem authentischen nervösen Umfeld (rechts). Die experimentelle Anordnung<br />
erlaubt es, die Schaltung von Nervenzellen sichtbar zu machen.
Das Zellskelett bei der Entwicklung und beim Altern von Nervenzellen<br />
Nervenzellen sind auf Informationsübertragung über große Distanzen spezialisiert und<br />
haben zu diesem Zweck eine einzigartige zelluläre und molekulare Architektur ausgebildet.<br />
Dies erfordert ausgefeilte Mechanismen, wie die Nervenzellen ihre Zielstrukturen finden.<br />
Gleichzeitig macht es Nervenzellen aber auch anfällig für molekulare Veränderungen, wie<br />
sie beim Altern auftreten.<br />
Nervenzellen sind auf Informationsübertragung<br />
über große Distanzen spezialisiert<br />
und haben zu diesem<br />
Zweck eine einzigartige<br />
zelluläre und molekulare<br />
Architektur<br />
ausgebildet. Dies<br />
erfordert ausgefeilteMec<br />
h a n i s m e n ,<br />
wie die Ner -<br />
venzellen ihre<br />
Zielstrukturen<br />
finden. Gleichzeitig<br />
macht es<br />
Nervenzellen aber<br />
auch anfällig für molekulare<br />
Veränderungen, wie<br />
sie beim Altern auftreten.<br />
Die Abteilung untersucht die Rolle des neuronalen<br />
Zellskeletts als der hauptsächlichen<br />
intrazellulären Determinanten der Morphologie<br />
von Nervenzellen. Dazu wurde eine Reihe<br />
von neuen monoklonalen Antikörpern entwickelt,<br />
die als molekulare Werkzeuge eingesetzt<br />
werden können, um einzelne Strukturen des<br />
Zellskeletts zu detektieren und Veränderungen<br />
bei der Entwicklung und beim Altern festzustellen.<br />
Einer der Antikörper, der mittlerweile<br />
von der Arbeitsgruppe an ein Unternehmen<br />
auslizensiert wurde, erkennt zum Beispiel ein<br />
Protein mit dem Namen Gravin, das bei der<br />
Autoimmunkrankheit Myasthenia gravis und<br />
möglicherweise auch beim Ausbilden von Zellverzweigungen<br />
beteiligt ist. Ein weiterer Antikörper<br />
erkennt eine spezielle Modifikation<br />
eines Neurofilamentproteins. Diese Modifikation,<br />
die sogenannte O-Glykosylierung, ist bei<br />
Krankheiten wie der amyotrophen Lateralsklerose<br />
(ALS) reduziert. In Zusammenarbeit mit<br />
der Arbeitsgruppe von Dr. Cheng-Xin Gong<br />
(New York State Institute for Basic Research<br />
in Developmental Disabilities, Staten Island,<br />
USA), konnte gezeigt werden,<br />
dass diese Modifikation auch<br />
bei der Alzheimerschen Erkrankung<br />
und vermutlich<br />
auch bei normalen Alterungsvorgängen<br />
fehlreguliert ist.<br />
In einer Kooperation<br />
mit dem Institut<br />
für Chemie (Osna-<br />
Abbildung 2 Nervenzelle mit »Alz -<br />
heimerfibrillen« (dunkle Strukturen) im<br />
Gehirn eines Alzheimer-Patienten im fortgeschrittenen<br />
Stadium der Krankheit. Nach<br />
dem aktuellen Stand der Forschung führen die<br />
Fibrillen zum Absterben der Nervenzellen und zum fortschreitenden<br />
Gedächtnisverlust.<br />
brück) werden diese Antikörper als Werkzeug<br />
verwendet, um neue biologisch aktive Moleküle<br />
zu identifizieren, die die Entwicklung von<br />
Nervenzellen fördern. Die Hoffnung ist, dass<br />
solche Moleküle bei stammzelltherapeutischen<br />
Ansätzen zur Therapie von Alterskrankheiten<br />
von Nutzen sein werden.<br />
Abbildung 3 Eine einzelne menschliche<br />
Nervenzelle (rot) auf einem Teppich<br />
von Gliazellen. Mit Hilfe neuer<br />
Antikörper können die Entwicklung<br />
und Alterung von Nervenzellen sichtbar<br />
gemacht werden.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Roland Brandt<br />
Neurobiologie der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />
Barbarastrasse 11<br />
49076 <strong>Osnabrück</strong><br />
Telefon: +49 (0)541 969 2338<br />
Fax: +49 (0)541 969 2354<br />
E-Mail: brandt@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
Wissenschaftliches Personal:<br />
Prof. Dr. Roland Brandt,<br />
Apl. Prof. Dr. Gunnar Jeserich,<br />
Dr. Lidia Bakota,<br />
Anne Gauthier-Kemper,<br />
Nataliya Golovyashkina,<br />
Katrin Klempahn,<br />
Katharina Moschner,<br />
Dennis Prieß, Karolin Selle,<br />
Fred Suendermann<br />
Nicht-wissenschaftliches<br />
Personal:<br />
Dr. Wilfried Hamann, Henning<br />
Borgstädde, Bettina Flenker,<br />
Angelika Hilderink<br />
Neurobiologie<br />
29
Literaturauswahl<br />
Exeler, N., Kratochwil, A. & Hochkirch,<br />
A. (2010) Does recent habitat<br />
fragmentation affect the population<br />
genetics of a heathland<br />
specialist, Andrena fuscipes (Hymenoptera:<br />
Andrenidae)? Conservation<br />
Genetics 11,1679–1687<br />
Exeler, N., Kratochwil, A. & Hochkirch,<br />
A. (2009) Restoration of riverine<br />
inland sand dunes: Implications<br />
for the conservation of<br />
wild bees (Apoidea). Journal of<br />
Applied Ecology 46,1097-1105<br />
Exeler, N., Kratochwil, A. & Hochkirch,<br />
A. (2008) Strong genetic exchange<br />
among populations of a<br />
specialist bee, Andrena vaga (Hymenoptera:<br />
Andrenidae). Conservation<br />
Genetics 9, 1233-1241<br />
Kratochwil, A., Beil, M. & Schwabe,<br />
A. (2009 ) Complex structure of<br />
pollinator-plant interaction-webs:<br />
random, nested, with gradients or<br />
modules? Apidologie 40, 634-650<br />
Kratochwil, A., Stroh, M., Dittrich,<br />
S. & Remy, D. (2009) Binnendünen-Restitution<br />
im Auengebiet<br />
der Hase (Niedersachsen), eine Bilanz<br />
nach 7 Jahren. BfN-Schriftenreihe<br />
Naturschutz und Biologische<br />
Vielfalt 73, 93-107<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Anselm Kratochwil<br />
Dr. Dominique Remy<br />
Dr. Nina Exeler<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2836<br />
(Sekretariat Birte Pahlmann)<br />
E-Mail: kratochwil@biologie.uniosnabrueck.de<br />
E-Mail: remy@biologie.uniosnabrueck.de<br />
E-Mail: exeler@biologie.uniosnabrueck.de<br />
E-Mail: pahlmann@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
30<br />
Ökologie<br />
<strong>AG</strong> Ökologie<br />
Die Ökologie beschäftigt sich mit den Beziehungen von Organismen untereinander und<br />
mit ihrer Umwelt. Zwischen den verschiedenen Umweltfaktoren und den Organismen-<br />
Populationen bestehen in Ökosystemen vielfältige und komplexe Beziehungsgefüge. In der<br />
<strong>AG</strong> Ökologie konzentrieren wir uns auf die Erforschung von Vernetzungsstrukturen innerhalb<br />
von Biozönosen. Als Modellobjekt dienen Wildbienen, die als besonders artenreiche<br />
Tiergruppe eng an ein spezifisches Nahrungspflanzen-Spektrum gebunden sind. Neben<br />
Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerken untersuchen wir auch Ausbreitungsphänomene<br />
ausgewählter Wildbienenarten in Zusammenhang mit populationsgenetischen Aspekten.<br />
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Renaturierungsökologie. Hierbei<br />
geht es im Speziellen um die Wiederherstellung von ehemals weit verbreiteten, jedoch<br />
heute stark gefährdeten Auenlandschaften mit Flutrasen-Binnendünen-Vegetationskomplexen,<br />
die eine hohe biologische Diversität aufweisen. Es werden wissenschaftliche Grundlagen<br />
erarbeitet, die es ermöglichen, in einst intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten<br />
Lebensgemeinschaften nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union<br />
wieder zu etablieren.<br />
Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerke<br />
Geschachtelte Netzwerke zwischen Pflanzenund<br />
Wildbienenarten garantieren das Überleben<br />
seltener und spezialisierter Arten. Nach<br />
der Nested-Subset-Hypothese nutzen seltene<br />
und spezialisierte Blütenbesucher weit verbreitete<br />
und auf einen großen Blütenbesucherkreis<br />
eingerichtete Pflanzenarten. Das<br />
Gleiche gilt für seltene und spezialisierte<br />
Pflanzenarten. Zahlreiche Untersuchungen<br />
zeigen, dass eine solche Schachtelung<br />
schwer nachweisbar ist. Hingegen konnte<br />
gezeigt werden, dass in vielen Fällen Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerkemodularisiert<br />
sind (Abbildung 1). Hierbei spielen<br />
einzelne dominante Pflanzenarten, die die<br />
Haupt-Blütentypen repräsentieren, eine<br />
entscheidende Rolle. Real vorkommende<br />
Netzwerke haben einen hohen Grad an<br />
Komplexität. Durch eine Modularisierung<br />
wird das Aussterben lokal seltener Bienenarten<br />
minimiert.<br />
Ausbreitungsbiologische Prozesse bei<br />
Wildbienen<br />
Die Zerstörung und Fragmentierung natürlicher<br />
Lebensräume gefährdet die Existenz<br />
lokaler Populationen und macht diese anfälliger<br />
für negative Umwelteinflüsse. Neuund<br />
Wiederbesiedlungsprozesse sind somit<br />
essenziell wichtig. Ausbreitungsprozesse<br />
und Besiedlungsmechanismen werden am<br />
Beispiel der Sandbiene Andrena vaga (Ab-<br />
bildung 2a, 2b) modellhaft untersucht und<br />
populationsgenetische Phänomene analysiert,<br />
die mit Kolonisationsprozessen bei unterschiedlichen<br />
Entfernungsdistanzen auftreten<br />
(Abbildung 2b).<br />
Abbildung 1 Modularisiertes Blütenpflanzen-Wildbienen-Netzwerk mit<br />
den dominaten Blütenpflanzen- und Wildbienenarten, die die Netzwerkstruktur<br />
und die einzelnen Module bestimmen. Die Verbindungslinien<br />
innerhalb der Module und zwischen Modulen charakterisieren die Wechselbeziehungen<br />
zwischen den einzelnen Blütenpflanzen- und Wildbienenarten.
Abbildung 2a Die Sandbiene Andrena vaga sammelt bevorzugt an Weiden<br />
(Salix). Sie ist eine im Boden nistende Pionierart mit einem Verbreitungsschwerpunkt<br />
in Auen landschaften.<br />
Des Weiteren prüfen wir Faktoren, die die genetische Diversität<br />
von Populationen steuern und beeinflussen. Über<br />
Experimente wird getestet, wie sich z.B. die Nistweise,<br />
Partnerfindung und Nahrungsspezialisierung auf die genetische<br />
Variabilität innerhalb von Populationen auswirken.<br />
Renaturierung von Sandökosystemen im Emsland<br />
Ziel unserer Untersuchungen ist die Erarbeitung wissenschaftlicher<br />
Grundlagen für eine erfolgreiche Wiederherstellung<br />
großflächiger dynamischer Binnendünen-Flutmulden-Vegetationskomplexe<br />
in einer Flussaue im Emsland<br />
unter extensiver Nutzung. Diese Flächen waren zwi-<br />
Abbildung 2b Veränderungen der genetischen Unterschiede zwischen Populationen der Sandbiene<br />
Andrena vaga entlang eines Entfernungsgradienten von etwa 350 Kilometern (Meppen/Emsland bis<br />
Darmstadt).<br />
schenzeitlich eingedeicht und im Zuge intensiver agrarischer<br />
Nutzung intensiv gedüngt worden. Die flussnahen<br />
Deiche wurden vor ca. 10 Jahren entfernt, zurückverlegt<br />
und künstliche Dünen aufmodelliert. Nun kommt es bei<br />
Überflutungen zur Ab- und Umlagerung von Sanden. Spezifische<br />
Pflanzengesellschaften der Sandökosysteme (Silbergrasfluren<br />
und Sandnelkenrasen) konnten nach Her-<br />
Abbildung 3 Die »Hammer Schleife«, ein Mäander der Hase bei Haselünne (Emsland),<br />
15 Monate nach den Renaturierungsmaßnahmen. Erkennbar sind aufgeschüttete<br />
»Neodünen« und angelegte Flachwasserbereiche. Durch die Rückverlegung der Deiche<br />
ist die Fläche winterlichen Hochwasserereignissen ausgesetzt. Hierdurch bilden sich<br />
u.a. fluviatile Sandfächer.<br />
stellung nährstoffarmer Standortsbedingungen wieder<br />
etabliert werden (Abbildung 3). Mangels spontaner Diasporenverfügbarkeit<br />
ist eine Inokulation<br />
(Beimpfung) mit standortstypischem<br />
Pflanzenmaterial aus Spenderflächen<br />
notwendig gewesen. Eine spezifische<br />
Beweidung durch Rinder (sechs Monate<br />
Tritt- und Fraßwirkung, Besatz von ca.<br />
0,7 Großvieheinheiten pro Hektar) verhindert<br />
eine Sukzession der Vegetation.<br />
Seit den Jahren 2001 und 2002 untersuchen<br />
wir regelmäßig die Entwicklung<br />
der Vegetation mit und ohne Weideeinfluss,<br />
prüfen Veränderungen bestimmter<br />
Standortfaktoren (z.B. Nährstoffeinträge<br />
und -verlagerung) sowie die Etablierung<br />
ausgewählter Tiergruppen in<br />
den renaturierten Flächen.<br />
Ökologie<br />
31
Literaturauswahl<br />
Holtgrefe, S., Gohlke, J., Druce, S.,<br />
Starmann, J., Klocke, S., Altmann,<br />
B., Wojtera, J., Linke, V., Lindermayr,<br />
C. and Scheibe, R. (2008) Regulation<br />
of plant cytosolic gly ce -<br />
raldehyde 3-phosphate dehy dro -<br />
genase isoforms by thiol modification.<br />
Physiol. Plant. 133: 211 - 228.<br />
Voss, I., Koelmann, M., Wojtera, J.,<br />
Holtgrefe, S., Kitzmann, C., Backhausen,<br />
J. E. and Scheibe, R. (2008)<br />
Knock-out of major leaf ferredoxin<br />
reveals new redox-regulatory<br />
adaptations in Arabidopsis thaliana.<br />
Physiol. Plant. 133: 584 -<br />
598.<br />
Strodtkötter, I., Padmasree, K., Dinakar,<br />
C., Speth, B., Niazi, P. S., Woj -<br />
tera, J., Voss, I., Do, P. T., Nunes -<br />
Nesi, A., Fernie, A. R., Linke, V., Raghavendra,<br />
A. S. and Scheibe, R.<br />
(2009) Induction of the AOX1D<br />
isoform of alternative oxidase in A.<br />
thaliana T-DNA-insertion lines lacking<br />
isoform AOX1A is insufficient<br />
to optimize photosynthesis<br />
when treated with antimycin A.<br />
Mol. Plant 2: 284 - 297.<br />
Hanke, G. T., Holtgrefe, S., König, N.,<br />
Strodtkötter, I., Voss, I., and<br />
Scheibe, R. (2009) Use of transgenic<br />
plants to uncover strategies for<br />
maintenance of redox-homeostasis<br />
during photosynthesis. Adv.<br />
Bot. Res. 52, 207 - 251.<br />
Scheibe, R. (2010) Redox-Regulation:<br />
Ein Netzwerk zur flexiblen<br />
Anpassung von Stoffwechsel und<br />
Entwicklung bei Pflanzen. <strong>Biologie</strong><br />
in unserer Zeit 40, 92 - 100.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Renate Scheibe, Dr. Guy<br />
Thomas Hanke, Dr. Vera Linke<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2282<br />
(Sekretariat Frau Schwiderski)<br />
E-Mail: scheibe@biologie.uniosnabrueck.de<br />
· hanke@biologie.<br />
uni- osnabrueck.de · linke@biologie.uni-<br />
osnabrueck.de<br />
Internet: http://www.uniosnabrueck.de<br />
32<br />
Pflanzenphysiologie<br />
<strong>AG</strong> Pflanzenphysiologie<br />
Redox-Regulation von Stoffwechsel und Genexpression<br />
Pflanzen sind in der Lage, die für ihre Funktion und ihr Wachstum notwendigen Informationen<br />
aus ihrer Umgebung wahrzunehmen, zu verarbeiten und darauf zu reagieren.<br />
Vielfach äußert sich Stress in einer Verschiebung des zellulären Redox-Zustands, was<br />
gleichzeitig als Signal für die Induktion von Schutzmechanismen dient und sowohl Stoffwechsel<br />
als auch Entwicklung beeinflusst, um alle Lebensprozesse an die veränderten<br />
Bedingungen anzupassen.<br />
Durch veränderte Umweltbedingungen, aber<br />
auch bei Entwicklungsprozessen oder bio ti -<br />
schem Stress, kommt es häu fig zur Ver än de -<br />
rung des zel lu lä ren Re dox-Gleich ge wichts. Da -<br />
durch wer den über noch nicht im Ein zel nen i -<br />
den ti fi zier te Sig nal trans duk tions we ge Än de -<br />
run gen der Gen ex pres sion aus ge löst, die letzt -<br />
lich zur Etablie rung des neuen Fließ gleich ge -<br />
Abbildung 1: Über das »Malat-Ventil« werden in<br />
grünen Blättern über schüssige Elektronen (NADPH)<br />
aus den photosynthetischen Lichtreaktionen in Form<br />
von Malat aus den Chloroplasten exportiert, um<br />
Überreduktion und Bildung von ROS (Reaktive Sauerstoffspezies)<br />
zu vermeiden. Das dafür verantwortliche<br />
Enzym, die NADP-abhängige Malatdehydrogenase<br />
(NADP-MDH) ist unter starker Redoxkontrolle,<br />
sowohl auf post-translationaler Ebene (Licht/Dunkel-Modulation)<br />
als auch auf Transkriptionsebene<br />
(retrogrades Redox-Signal an den Kern).<br />
Transgene Pflanzen mit einer T-DNA-Insertion im<br />
Gen der NADP-MDH scheinen überraschenderweise<br />
unverändert gegenüber dem Wildtyp zu sein. Wie<br />
Stress<br />
wichts bei tra gen. Eine Über tra gung von Sig na -<br />
len, die aus einem ver än der ten Re dox sta tus re -<br />
sul tie ren, könnte – ana log zu Pro te in phos pho -<br />
ry lie rungs kas ka den – über Re dox -Kas ka den<br />
vom Ort der Ent ste hung (z. B. den Chlo ro plas -<br />
ten oder den Mi to chon dri en) bis zum Ziel ort (z.<br />
B. im Kern) von stat ten ge hen. Re dox-Sig na le<br />
könn ten aber auch über re dox -re gu lier te Ki na -<br />
sich bei der funktionellen Charakterisierung dieses<br />
»knockout« zeigte, werden mehrere alternative Wege<br />
zum Abbau von Überreduktion in den Chloroplasten<br />
hochreguliert, um<br />
den Defekt auszugleichen.<br />
Derartige<br />
Analysen ermöglichen<br />
die Identifizierung<br />
weiterer molekularer<br />
Mechanismen<br />
zur Erhaltung der<br />
Redox-Homöostase.<br />
WT NADP-<br />
MDH
sen und Phos pha ta sen mit Pro te in phos pho ry lie rungs kas -<br />
ka den ver knüpft sein. Die Re zep to ren, die Kom po nen ten<br />
der Kas ka de oder wei te re re dox-mo du lier te Ziel en zy me be -<br />
zie hungs wei se Trans krip ti ons fak to ren und ent spre chen de<br />
cis-Ele men te in den Pro mo to ren der Ziel gene zu iden ti fi -<br />
zie ren, stellt eine große Heraus for de rung dar, die wir mit<br />
Hil fe von Gen-»knock outs« in Ara bi do psis tha li a na bearbeiten.<br />
Pflan zen be nö ti gen Fak to ren aus der Um welt für ihr<br />
pho to au to tro phes Wachs tum, je doch sind sie durch ihre<br />
ses si le Le bens wei se Ab wei chun gen vom Op ti mum aus ge -<br />
lie fert. An pas sung an sehr un ter schied li che Be din gun gen<br />
ist ihnen aber mög lich, da pflanz li che In di vi du en ei nes<br />
Geno typs durch ent spre chen de Ver än de rung ihrer Re ak ti -<br />
ons norm eine ho he phä no ty pi sche Plas ti zi tät auf wei sen.<br />
Alle In for ma ti o nen wer den in te griert und über ein hoch -<br />
flexib les Netz werk wei ter ge lei tet und re a li siert. Die Re ak -<br />
ti o nen der Pflan zen spie len sich auf allen Re gu la ti ons e be -<br />
nen ab und um fas sen so wohl sehr schnel le bio phy si ka li -<br />
sche und bio che mi sche Pro zes se im Se kun den- und Mi nu -<br />
ten be reich wie zum Bei spiel die Licht/ Dun kel mo du la ti on<br />
von Chlo ro plas ten en zy men, als auch mit tel- und lang fris -<br />
ti ge Re ak ti o nen, die sich nach Stun den (Gen ex pres si on)<br />
oder erst nach Ta gen (Wachs tum) aus wir ken. In al len Be -<br />
rei chen spie len Re dox-Pro zes se ei ne be deu ten de Rol le.<br />
Wei te re Pro jek te be fas sen sich mit den Kom po nen ten<br />
der pho to syn the ti schen Elek tro nen trans port ket te, Fer re -<br />
doxin und Ferre doxin-NADP-Oxi do re duk ta se (FNR), die<br />
Elek tro nen für re duk ti ve Pro zes se ins Chlo ro plas ten stro ma<br />
wei te rlei ten, sowie mit den ver schie de nen re dox-ak ti ven<br />
Pro te i nen, den Thio re do xi nen und ver wand ten Struk tu ren,<br />
die über Thi ol-Di sul fid-Aus tausch Re dox ver än de run gen an<br />
Ziel pro te ine ver mit teln.<br />
Abbildung 3 Retrogrades Redox-Signal vom Chloroplasten zum<br />
Kern: Die ver än der te Gen ex pres sion der kern ko dier ten NADP-MDH<br />
er folgt als Ant wort auf ein Sig nal aus den Chlo ro plas ten, wenn bei<br />
Stress eine Ver schie bung des Re dox-Sta tus ein tritt. Um die Schritte<br />
A<br />
B<br />
C<br />
Abbildung 2 Transiente Trans -<br />
formation von isolierten<br />
Protoplasten: Isolier te Pro to -<br />
plas ten aus Blät tern von Arabidopsis<br />
tha li a na (A), dem<br />
Mo dell or ga nis mus der mo le -<br />
ku la ren Pflan zen bi o lo gie, kön -<br />
nen tran sient mit ver schie de -<br />
nen Kon struk ten trans for miert<br />
wer den, um die sub zel lu lä re<br />
Ver tei lung von Pro te i nen<br />
sicht bar zu machen. In B wur -<br />
de das Ak tin-Zy to ske lett mit<br />
ei nem Ak tin-bin den den Pro -<br />
te in, das an ein rot flu o res -<br />
zie ren des Pro te in fu sio niert<br />
wur de, an ge färbt und im<br />
kon fo ka len La ser-Scan ning-<br />
Mi kro skop betrachtet. In C<br />
wur de das so ge nann te »YFP-<br />
System« ver wen det, um die<br />
In ter ak ti on von zwei Pro te i -<br />
nen (hier einer cy to so li schen<br />
GAPDH und einem Thi o re do -<br />
xin) zu de tek tie ren, wie im abgebildeten<br />
Beispiel.<br />
Schließ lich lau fen auch in nicht-grünen Ge we ben Re dox-<br />
Pro zes se ab, die je nach Stoff wech sel si tu a ti on oder Stress -<br />
ein wir kung fle xi bel re gu liert wer den. Da bei spie len ne ben<br />
den Plas ti den auch die Mi to chon dri en eine her aus ra gen de<br />
Rol le, de ren Al ter na ti ve Oxi da se (AOX) in der La ge ist, über -<br />
schüs sige Re duk ti ons ä qui va len te ohne ATP-Syn the se ab -<br />
zu lei ten und zu ent sor gen. Die Funk ti o nen der ver schie de -<br />
nen Iso for men von AOX wer den e ben falls mit mo le ku lar -<br />
bio lo gi schen und zell bio lo gi schen Me tho den a na ly siert.<br />
der Sig nal trans duk ti on zu iden ti fi zie ren, wer den ver schie de ne mo le -<br />
ku la re und zell bio lo gi sche An sät ze durch ge führt, wie dies in Ab bil -<br />
dung 2 bei spiel haft ge zeigt ist.<br />
33<br />
Pflanzenphysiologie
Literaturauswahl<br />
Meyer, H., Vitavska, O. and Wieczorek,<br />
H. (2011) Identification of the<br />
first animal sucrose transporter. J.<br />
Cell Science, in press<br />
Bockelmann, S., Menche, D., Rudolph,<br />
S., Bender, T., Grond, S., von<br />
Zezschwitz, P., Stephen Muench, S.,<br />
Wieczorek, H., and Huss, M. (2010)<br />
Archazolid A binds to the equatorial<br />
region of the c-ring of the vacuolar<br />
H + -ATPase. J. Biol. Chem.<br />
285, 38304-38314<br />
Muench, S. P., Huss, M., Phillips, C.,<br />
Wieczorek, H., Trinick, J., and Harrison,<br />
M. A. (2009) Cryo-electron microscopy<br />
of the vacuolar ATPase<br />
motor reveals its mechanical and<br />
regulatory complexity. J. Mol. Biol.<br />
386, 989-999<br />
Vitavska, O., Merzendorfer, H., and<br />
Wieczorek, H. (2005) The V-ATPase<br />
subunit C binds to polymeric Factin<br />
as well as to monomeric Gactin<br />
and induces cross-linking of<br />
actin filaments. J. Biol. Chem. 280,<br />
1070-1076<br />
Sumner, J. P., Dow, J. A. T., Earley, F.,<br />
Klein, U., Jäger, D., and Wieczorek,<br />
H. (1995) Regulation of plasma<br />
membrane V-ATPase activity by<br />
dissociation of peripheral subunits.<br />
J. Biol. Chem. 270, 5649-5653<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Helmut Wieczorek,<br />
Dr. Markus Huß,<br />
PD Dr. Thomas Krüppel,<br />
Dr. Olga Vitavska<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3500 (Sekretariat<br />
Frau Scott)<br />
E-Mail: wieczorek@biologie.uniosnabrueck.dehuss@biologie.uniosnabrueck.dekrueppel@biologie.uniosnabrueck.devitavska@biologie.uniosnabrueck.de.<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
34<br />
Tierphysiologie<br />
<strong>AG</strong> Tierphysiologie<br />
Molekulare und zelluläre Physiologie<br />
Biologische Membranen trennen lebende Zellen von ihrer Umgebung und ermöglichen<br />
intrazellulär die Bildung von abgeschlossenen Kompartimenten, den Organellen. Membranen<br />
sind selektiv permeabel für Ionen und Nährstoffe und ermöglichen mittels sogenannter<br />
Transportproteine den Stoffaustausch. Die <strong>AG</strong> Tierphysiologie beschäftigt sich<br />
vorwiegend mit der Struktur, Funktion und Regulation wichtiger Transportproteine, die<br />
mit einem breiten Spektrum biochemischer, molekulargenetischer, zellbiologischer und<br />
physiologischer Methoden untersucht werden.<br />
Abbildung 1 Reversible Dissoziation der V-ATPase. Das aktive, aus 12<br />
unterschiedlichen Untereinheiten bestehende Holoenzym zerfällt unter<br />
bestimmten Bedingungen in die V1- und VO-Komplexe sowie die V1-Untereinheit<br />
C und wird damit inaktiviert. In der oberen Reihe sind die untersuchten<br />
Organismen dargestellt.<br />
Im Mittelpunkt des Interesses steht die V-<br />
ATP ase, eine bei allen Tieren, Pflanzen und<br />
Pilzen vorkommende Protonenpumpe [Ab -<br />
bildung 1]. Die ergiebigste in der Natur vor-<br />
kommende Quelle für biochemische<br />
Analysen dieses komplexen<br />
Pro teins sind die Raupen<br />
des Tabakschwärmers Mandu -<br />
ca sexta. Aus Zellmembranen<br />
des Mitteldarms lassen sich<br />
vergleichsweise einfach und<br />
schnell Milligramm-Mengen an<br />
V-ATPase isolieren. Unsere bisherigen<br />
Untersuchungen an<br />
diesem Protein führten zu einer<br />
Reihe allgemeiner Einsichten in<br />
seine Struktur, Funktion und<br />
Regulation. So haben wir z. B.<br />
bestimmte Untereinheiten zum<br />
ersten Mal molekular identifiziert,<br />
die ersten Strukturuntersuchungen<br />
bei dieser Proteinfamilie<br />
vorgenommen, einen für V-ATPasen allgemeingültigen<br />
Regulationsmechanismus, die<br />
reversible Dissoziation des Gesamtproteins in<br />
den V1 und den VO-Komplex, entdeckt und<br />
Abbildung 2 Links die Fluoreszenzaufnahme einer transgenen Drosophila-Larve, die eine V-ATPase Untereinheit mit<br />
gekoppeltem GFP exprimiert. Rechts sind Hefezellen zu sehen, bei denen die V1-Untereinheit C mit grün fluoreszierendem<br />
Protein (GFP) fusioniert wurde. Fluoreszenzaufnahmen, die die Lokalisation von C in Gegenwart von Glucose (2 und 4)<br />
und Galactose (3) zeigen. Beim Wechsel des Mediums von Glucose zu Galactose dissoziiert C reversibel von der Vakuolenmembran<br />
und gelangt in das Cytoplasma.
erstmals die Untereinheit identifiziert, an die bestimmte<br />
bakterielle Hemmstoffe binden. Weitere von uns bearbeitete<br />
Modellobjekte sind die Taufliege Drosophila, die<br />
Stechmücke Aedes und die Bäckerhefe Saccharomyces.<br />
Der Vorteil dieser Organismen ist ihr vollständig entschlüsseltes<br />
Genom, was es ermöglicht, die Gene für die<br />
Untereinheiten der V-ATPase gezielt zu mutieren und<br />
dann mit definiert veränderten V-ATPasen zu experimentieren.<br />
Derzeit wird v. a. der Mechanismus der reversiblen<br />
Dissoziation [Abbildung 2] und der inhibitorische Einfluss<br />
neuentdeckter Naturstoffe aus Bakterien [Abbildung 3]<br />
untersucht. Letzteres ist auch unter medizinischen Gesichtspunkten<br />
von Interesse, da die V-ATPase sowohl bei<br />
der Metastasenbildung von Tumoren als auch bei Krankheiten<br />
wie der Osteoporose eine bedeutende Rolle spielt<br />
(Huß, Vitavska und Wieczorek).<br />
Ein weiteres Arbeitsgebiet betrifft den Transport von<br />
Zuckern über tierische Membranen. Einem allgemeinen<br />
Lehrbuch-Dogma zufolge verfügen Tiere nur über Transportmechanismen<br />
für Monosaccharide wie z. B. dem<br />
Traubenzucker Glucose, komplexere Zucker müssen vor<br />
Abbildung 4 Fluoreszenzmikroskopischer<br />
Nachweis des Saccharose-<br />
Transporters bei Drosophila. Links die<br />
Lokalisation in Melanosomen-Membranen<br />
von Follikelzellen der Ovarien,<br />
rechts die Lokalisation im Darmepithel<br />
eines späten Embryos.<br />
Abbildung 3 Bakterielle Hemmstoffe von<br />
V-ATPasen, Bafilomycin aus Streptomyceten<br />
(links) und Archazolid aus Myxomyceten<br />
(rechts). In der Mitte das Modell des<br />
Ringes aus 10 c-Untereinheiten des VO-<br />
Komplexes, welche abwechselnd hell-und<br />
dunkelgrau eingefärbt sind. An der Bindung<br />
der Hemmstoffe (gelb bzw. grün)<br />
beteiligte Aminosäuren sind blau, rot und<br />
orange eingefärbt.<br />
dem Transport über die Membran gespalten werden. Bei<br />
der Taufliege Drosophila haben wir erstmals ein Membranprotein<br />
nachgewiesen, das den »Haushaltszucker«<br />
Saccharose, ein Disaccharid, transportiert [Abbildung 4].<br />
Das Protein kommt zum einen in der Membran von Melanosomen<br />
vor, in denen Saccharose für die osmotische<br />
Balance bei der Melanin-Synthese verantwortlich sein<br />
könnte. Zum anderen ist es in der Zellmembran von Epithelzellen<br />
des Darms lokalisiert, wo es möglicherweise<br />
für die Aufnahme von Saccharose aus der Nahrung verantwortlich<br />
ist. Da Gene für ein entsprechendes Protein<br />
auch beim Menschen vorkommen und Mutationen zu<br />
spezifischen Krankheitsbildern wie zum Beispiel bestimmten<br />
Formen von Albinismus führen, untersuchen<br />
wir dessen Funktion auch bei Säugetieren (Vitavska und<br />
Wieczorek).<br />
Abbildung 5 Membranpotentialmessung<br />
am<br />
marinen Ciliaten Euplotes<br />
vannus/crassus. Mit<br />
elektrophysiologischen<br />
Mikroelektrodentechnologien<br />
werden die<br />
Potential- und CalciumabhängigenIonenkanäle<br />
dieses Einzellers<br />
analysiert.<br />
Ein drittes Arbeitsgebiet beschäftigt sich mit der<br />
Analyse des komplexen Bewegungsverhaltens einzelliger<br />
Wimperntierchen [Abbildung 5]. Hierbei werden mit elektrophysiologischen<br />
Methoden Ionenkanäle untersucht, die<br />
die komplexe Cilienbewegung steuern (Krüppel).<br />
Tierphysiologie<br />
35
Literaturauswahl<br />
Meissner, D., Odman-Naresh, J.,<br />
Vogelpohl, I., and Merzendorfer, H.<br />
(2010). A novel role of the yeast<br />
CaaX protease Ste24 in chitin synthesis.<br />
Mol. Biol. Cell 21, 2425-33.<br />
Broehan, G., Arakane, Y., Beeman,<br />
R.W., Kramer, K.J., Muthukrishnan,<br />
S., and Merzendorfer, H. (2010)<br />
Molecular analyses of chymotrypsin-like<br />
peptidases from Tribolium<br />
castaneum involved in digestion<br />
and molting. Insect Biochem. Mol.<br />
Biol. 40, 274-83.<br />
Merzendorfer, H. (2009) Chitin:<br />
structure, function and metabolism.<br />
In “The sugar code: fundamentals<br />
in Glycoscience” (Ed. H.-J.<br />
Gabius), Wiley-VCH, Weinheim.<br />
Maue, L., Meissner, D., and Merzendorfer,<br />
H. (2009) Purification of an<br />
active, oligomeric chitin synthase<br />
complex from the midgut of the<br />
tobacco hornworm. Insect Biochem.<br />
Mol. Biol. 39, 654-659.<br />
Broehan, G., Kemper, M., Driemeier,<br />
D., Vogelpohl, I., and Merzendorfer<br />
H. (2008) Cloning and expression<br />
analysis of midgut chymotrypsinlike<br />
proteinases in the tobacco<br />
hornworm. J. Insect Physiol. 54,<br />
1243-1252.<br />
Broehan, G., Zimoch, L., Wessels, A.,<br />
Ertas, B., and Merzendorfer, H.<br />
(2007) A chymotrypsin-like serine<br />
protease interacts with the chitin<br />
synthase from the midgut of the<br />
tobacco hornworm. J. Exp. Biol.<br />
210, 3636-3643.<br />
Kontakt<br />
apl. Prof. Dr. Hans Merzendorfer<br />
Telefon: +49 (0)541 969 3502<br />
E-Mail: merzendorfer@biologie.<br />
uni- osnabrueck.de<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
36<br />
Tierphysiologie<br />
<strong>AG</strong> Tierphysiologie<br />
Chitin-Biosynthese<br />
Chitin ist ein weit verbreitetes Polymer aus N-Acetylglucosamin-Einheiten, das für die chemisch/pharmazeutische<br />
Industrie zunehmend an Bedeutung gewinnt. In der Natur findet<br />
sich dieses faserartige Molekül unter anderem in den Zellwänden von Pilzen und in mechanisch<br />
widerstandsfähigen Bioverbundstoffen wie den Panzern von Insekten. Chitin lässt sich<br />
aber auch in der peritrophischen Matrix im Verdauungstrakt von Invertebraten nachweisen.<br />
Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit dem Metabolismus von Chitin bei Pilzen und Insekten.<br />
Dabei untersuchen wir mit molekularbiologischen und biochemischen Methoden<br />
die verschiedenen Proteine, die für die Biosynthese, Modifizierung und Degradation von<br />
Chitin benötigt werden. Daneben interessieren wir uns für die Wirkmechanismen von Inhibitoren<br />
der Chitinsynthese, die als Fungizide und Insektizide breite Verwendung finden.<br />
Ein zentrales Enzym im<br />
Chitin-Metabolismus<br />
von Pilzen und Insekten<br />
ist die Chitinsynthase,<br />
eine membrangebunde -<br />
ne Glycosyltransferase,<br />
welche die Polymerisationsreaktion<br />
katalysiert.<br />
Nachdem wir die Chitinsynthase<br />
erstmalig aus<br />
Insekten biochemisch ge -<br />
rei nigt und charakterisiert<br />
haben, untersuchen<br />
wir nun ihre Struktur und<br />
Regulation. Letztere lässt<br />
sich nicht vollends verstehen,<br />
ohne intrazelluläre<br />
Prozesse zu berücksichtigen.<br />
Deswegen ana -<br />
ly sieren wir die Prozessierung<br />
und Sortierung<br />
relevanter Proteine in der<br />
Bäckerhefe, einem zellbiologischenModellorganismus,<br />
in dem Chitin<br />
für die Zellwand produziert<br />
wird. Die Chitinsynthese<br />
ist ferner ein Angriffspunkt<br />
für Fungizide<br />
und Insektizide, die im<br />
Pflanzenschutz oder bei der Behandlung von<br />
Infektionskrankheiten eingesetzt werden können.<br />
Wir untersuchen dabei vor allem die<br />
Gruppe der Benzoylphenyl-Harnstoffe, da bislang<br />
nicht bekannt ist, wie diese seit langem<br />
eingesetzten Insektizide genau wirken. Der<br />
rostbraune Mehlkäfer, Tribolium castaneum,<br />
dessen Genom komplett sequenziert ist, dient<br />
uns dabei als Modellsystem, wobei wir genomische<br />
und proteomische Untersuchungsansätze<br />
Abbildung (A) In der Abbildung ist eine knospende Hefezelle gezeigt, wobei die intrazelluläre<br />
Lokalisation einer Chitinsynthase (Chs3) mit Hilfe des grün-fluoreszierenden Proteins sichtbar<br />
gemacht wurde. Für ihre Aktivität am Knospenhals wird die regulatorische Untereinheit Chs4<br />
benötigt, die über CaaX-Prozessierung modifiziert wird. Abbildung (B) 2D-Gelektrophorese von<br />
Proteinen aus dem larvalen Mitteldarm von Tribolium castaneum zur Untersuchung der Veränderung<br />
des Mitteldarm-Proteoms nach Behandlung mit dem Insektizid Diflubenzuron.<br />
Abbildung (C) Homologie-basiertes Strukturmodell einer Chymotrypsin-ähnlichen Protease aus<br />
der Häutungsflüssigkeit von Tribolium castaneum. Das aktive Zentrum ist blau, die Spezifitätstasche<br />
rot, ein Oberflächen-Loop orange und eine Glycosylierungsstelle (Pfeil) grün eingefärbt.<br />
Wir stellen diese Proteine rekombinant in Insektenzellen her, um ihre Spezifität nach ortsgerichteter<br />
Mutagenese zu analysieren. Abbildung (D) Gefrierschnitt durch eine Tribolium-Larve.<br />
Die fixierten Schnitte wurden mit fluoreszierenden Farbstoffen gefärbt, um Zellkerne (blau),<br />
Aktinfilamente (rot) und Chitin-haltigen Strukturen (grün) darzustellen.<br />
verfolgen. Potenzielle Zielgene lassen sich in<br />
diesem Organismus zudem über RNA-Interferenz<br />
ausschalten, was die Analyse erheblich<br />
vereinfacht. Weitere Forschungsschwerpunkte<br />
in unserer Arbeitsgruppe sind die Analyse der<br />
funktionellen Vielfalt Chymotrypsin-ähnlicher<br />
Serinproteasen bei Insekten sowie die biologische<br />
Funktion der peritrophischen Matrix im<br />
Darm der Stechmücke Aedes aegypti.
Literaturauswahl<br />
Korb, J., and Foster, K.R. (2010)<br />
Ecological competition favours<br />
cooperation in termite societies.<br />
Ecol Lett 13: 754-760<br />
Schulte, R.D., Makus, C., Hasert, B.,<br />
Michiels, N.K., and Schulenburg, H.<br />
(2010) Multiple reciprocal adaptations<br />
and rapid genetic change<br />
upon experimental coevolution of<br />
an animal host and its microbial<br />
parasite. Proc Natl Acad Sci USA<br />
107, 7359-7364<br />
Korb, J., Weil, T., Hoffmann, K., Foster,<br />
K. and Rehli, M. (2009) A gene<br />
necessary for reproductive suppression<br />
in termites. Science<br />
324,758.<br />
Korb, J. and Heinze, J. (2008) Ecology<br />
of Social Evolution. Springer<br />
Press, Heidelberg<br />
Feldhaar H., Straka, J., Krischke, M.,<br />
Berthold, K., Stoll, S., Mueller, M.J.,<br />
and Gross, R. (2007) Nutritional<br />
upgrading for an omnivore: the<br />
endosymbiont Blochmannia in<br />
carpenter ants. BMC Biology 5, 48<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Judith Korb,<br />
Dr. Heike Feldhaar;<br />
Dr. Rebecca Schulte-Iserlohe<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2847<br />
[Sekretariat Frau Crombée]<br />
E-Mail: judith.korb@biologie.<br />
uni-osnabrueck.de<br />
Internet: http://www.biologie.<br />
uni-osnabrueck.de<br />
38<br />
Verhaltensbiologie<br />
<strong>AG</strong> Verhaltensbiologie<br />
Evolutionäre VerhaltensÖkologie (EVO): Vom Gen zum Ökosystem<br />
Interaktionen zwischen Organismen liegen in einem Spannungsfeld zwischen Konflikt/<br />
Konkurrenz und Kooperation. Dies gilt für den Menschen ebenso wie für intra- und interspezifische<br />
Interaktionen zwischen Individuen anderer Arten. Selbst auf suborganismischer<br />
Ebene sind die Wechselbeziehungen, beispielsweise zwischen Genen, durch Konflikt und<br />
Kooperation gekennzeichnet. Die <strong>AG</strong> Verhaltensbiologie untersucht an verschiedenen Systemen,<br />
welche Faktoren Kooperation gegenüber Konflikt / Konkurrenz begünstigen. Unsere<br />
derzeitigen Modellsysteme sind insbesondere soziale Insekten (Termiten und Ameisen), die<br />
in ihren Gemeinschaften ein außergewöhnlich hohes Maß an Kooperation aufweisen,<br />
Parasit-Wirt-Systeme und mutualistische Symbiosen. Ein weiterer Schwerpunkt unserer<br />
Arbeiten liegt auf tropischen Ökosystemen, insbesondere Savannen. Hier gehen wir der<br />
Frage nach, warum die Tropen so artenreich sind. Unser Ziel bei allen Untersuchungen ist<br />
es, Ansätze und Methoden der Evolutionsbiologie und der Ökologie eng zu verknüpfen. In<br />
unseren Arbeiten kommen Freilanduntersuchungen und klassische Verhaltensbeobachtungen<br />
ebenso zum Einsatz wie moderne molekularbiologische Techniken (DNA Isolation,<br />
Mikrosatellitenanalysen, Sequenzierung, PCR, quantitative realtime PCR, RNA Interferenz)<br />
oder Gaschromatografische Analysen.<br />
Soziale Insekten leben in komplexen Ge -<br />
mein schaften, die durch reproduktive Ar -<br />
beits teilung charakterisiert sind: nur wenige<br />
Individuen (Königin und König) pflanzen sich<br />
fort, während der Großteil der Individuen<br />
(Arbeiter und Soldaten) zumindest vorübergehend<br />
auf eigene Fortpflanzung verzichtet<br />
und bei der Aufzucht der Jungen hilft. Dieser<br />
Verzicht auf eigene Fortpflanzung stellt ein<br />
evolutionäres Rätsel dar, da Evolution Or -<br />
ganis men begünstigt, die sich am erfolgreichsten<br />
fortpflanzen. Eine Lösung dieses<br />
Rätsels ist Verwandtenselektion: Die Arbeiter<br />
und Soldaten erhöhen durch ihre Hilfe den<br />
Fortpflanzungserfolg nahe verwandter Individuen<br />
(i. d. R. den ihrer Eltern). Wichtig ist<br />
dabei aber nicht nur der Verwandtschaftsgrad,<br />
sondern auch der Nutzen der Hilfe und<br />
die Kosten, die den Helfern durch die Hilfe<br />
entstehen. Diese Faktoren sind von öko lo -<br />
gischen Umweltbedingungen abhängig.<br />
Ver wandtenselektion sagt aber auch vorher,<br />
dass es zu Konflikten innerhalb der Gemeinschaften<br />
kommen kann. Wir erforschen die<br />
Ursachen von Kooperation und Konflikten in<br />
sozialen Insektengemeinschaften und die<br />
molekularen Grundlagen ihrer reproduktiven<br />
Arbeitsteilung. [Abbildung 1]<br />
Langfristige Interaktionen zwischen Arten<br />
reichen in ihren extremsten Formen von Mutualismus<br />
bis zu Pa ra si tismus. Wichtige Faktoren,<br />
die bestimmen, in wie weit zwei (oder<br />
Abbildung 1 A veranschaulicht das Prin zip der Verwandtenselektion.<br />
In di vi duen können ihre Fitness<br />
steigern, indem sie Ver wandten (r; hier gekennzeichnet<br />
durch die gleiche Augenfar be) helfen, zusätzliche<br />
Nachkommen auf zu ziehen. Das blaue, große<br />
»Individu um« hilft dem verwandten weißen, großen<br />
»Individuum«, welches dadurch zwei zusätzliche<br />
Nachkommen (klei ne, weiße Kreise) hat.<br />
Abbildung 1 B zeigt Individuen einer Termitenart<br />
(Cryptotermes secundus), bei der Arbeiter sich in alle<br />
anderen Kasten (sterile Soldaten oder reproduzierende<br />
Geschlechtstiere) entwickeln können. Wann ein<br />
Tier welche Option »wählt«, wird von uns untersucht.<br />
Abbildung 1 C Hier ist ein Modell des Proteins eines<br />
»Königinnen-Gens« dargestellt, dass eine wichtige<br />
Rolle bei der Sicherstellung des reproduktive Monopols<br />
der Königin spielt.
mehr) Arten eher kooperieren oder sich ausnutzen, sind<br />
unter anderem die genetische Homo ge nität des Symbionten<br />
im Wirt oder der Weitergabe mo dus des Symbionten.<br />
Beispielsweise kultivieren hö he re Termiten spezifische Pilze<br />
als Nahrung oder Amei sen der Gattung Camponotus be-<br />
A B<br />
Abbildung 2 A zeigt eine Arbeiterin von Camponotus floridanus.<br />
Ameisen dieser und verwandter Gattungen beherbergen in ihrem<br />
Darmgewebe Bakterien. Diese Bakterien werten die Nahrung der<br />
Ameisen auf, indem sie aus nicht-essentiellen Aminosäuren essentielle<br />
herstellen.<br />
Abbildung 2 B zeigt den Ausschnitt des Mitteldarmgewebes einer<br />
Larve von Camponotus floridanus. Über Fluoreszenz in situ Hybridisierung<br />
(FISH) sind die Bakterien in spezifischen Zellen grün angefärbt,<br />
wohingegen die normalen Darmzellen ohne Bakterien rot<br />
gefärbt sind.<br />
herbergen bakterielle Symbionten im Darmgewebe, die ihre<br />
Wirte mit essentiellen Aminosäuren versorgen. Im Gegensatz<br />
zu den pilzzüchtenden Termiten, die z. T. bei der Koloniegründung<br />
zunächst Pilzsporen aus der Umgebung aufnehmen<br />
müssen, erfolgt die Weitergabe der bakteriellen<br />
Symbionten der Ameisen in die nächste Generation über<br />
die Eizellen. Dies hat zur Folge, dass zwischen den Ameisen<br />
und ihren Endosymbionten Konflikte vermieden werden, da<br />
die Fitness der Symbiosepartner eng miteinander<br />
verknüpft ist. Im Gegensatz dazu kann es inner halb der<br />
Pilzgärten von Termiten zu interspezifischer Konkurrenz<br />
kommen, wenn ein neuer Pilzgarten mit un ter schiedlichen<br />
Pilzlinien begonnen wird. [Abbildung 2]<br />
Parasit-Wirt-Interaktionen führen offensichtlich zu<br />
einem Konflikt zwischen den jeweiligen interagierenden<br />
Arten. Parasiten schaden dem Wirt, um ihn als Ressource<br />
zu benutzen, Wirte versuchen dem Parasitenbefall zu entkommen<br />
oder den angerichteten Schaden zu reduzieren.<br />
Dies kann potenziell zu einem Wettrüsten führen, der antagonistischen<br />
Koevolution, die von starken Dynamiken<br />
gekennzeichnet sein sollte und Auswirkungen auf diverse<br />
Lebensaspekte beider Gegenspieler haben sollte. Parasit-<br />
Wirt-Koevolution in der Natur zu studieren ist allerdings<br />
nicht einfach, da viele unbekannte Faktoren die Interak tion<br />
beeinflussen. Daher untersuchen wir die Koevolution zwischen<br />
mikrobiellen Parasiten und dem Fadenwurm Caenorhabditis<br />
elegans als Wirt mit Hilfe von experi menteller<br />
Evolution. Mit dieser Methode kann man die Evolution in<br />
Echtzeit verfolgen, und zwar im Labor unter kontrollierten<br />
Bedingungen. Es können gezielt Parameter, wie zum Beispiel<br />
die genetische Diversität, verändert werden, um deren Bedeutung<br />
für die Koevolution zu bestimmen. [Abbildung 3]<br />
Abbildung 4 zeigt verschiedene hügelbauende<br />
Termitenarten afrikanischer Savannen<br />
und ei nen Ausschnitt eines phy lo ge ne ti -<br />
schen Stammbaums ko-existie ren der Termitenarten.<br />
A Oben links und unten rechts, zwei pilzzüchtende<br />
Termiten (Macrotermes bellicosus<br />
und Macrotermes subhyalinus) mit<br />
ihren bis zu mehreren Metern<br />
hohen Hügeln; oben rechts: 0.5 m<br />
hoher Hügel der grasfressenden<br />
Termite Trinervitermes geminatus;<br />
unten links: 0.3 m hoher Hügel der<br />
humivoren Termite Cubitermes.<br />
B Im phylogenetischen Stammbaum,<br />
der auf Sequenzdaten der<br />
Gene Cytochrom Oxidase I und<br />
Cytochrom Oxidase II beruht, sind<br />
ko-existierende pilzzüchtende Termiten<br />
(Macrotermitinae) dargestellt,<br />
die alle eine sehr ähnliche<br />
Nische besetzen.<br />
Die Tropen beherbergen sehr viel mehr Arten als die<br />
Ökosysteme unserer gemäßigten Breiten. Dies gilt nicht<br />
nur für tropische Regenwälder, sondern auch für Savannen.<br />
Warum in den Tropen mehr Arten ko-existieren können, ist<br />
immer noch weitgehend unverstanden. Termiten spielen in<br />
tropischen Ökosystemen u.a. eine wichtige Rolle für die C-<br />
Mineralisierung, die Bodenfertilität und den Artenreichtum<br />
anderer Taxa. Sie werden deshalb auch als ›Ökosystem-Ingenieure‹<br />
bezeichnet. Wir untersuchen die Artenvielfalt, die<br />
Populationsdynamik und ihre zugrundeliegenden Mechanismen<br />
von Termitengemeinschaften afrikanischer Savannenökosysteme.<br />
[Abbildung 4]<br />
Abbildung 3 zeigt den Fadenwurm Caenorhabditis elegans, hier erkennbar<br />
mit dem Bakterium Bacillus thuringiensis infiziert. Diese beiden<br />
Organismen dienen uns als Modellsystem, um Parasit-Wirt-Inter -<br />
aktionen zu studieren. Vorteil dieses Systems ist, dass die Organismen<br />
einfach im Labor zu halten sind, sie sowohl auf Organismen- als auch<br />
auf genetischer Ebene gut erforscht sind, und man aufgrund der kurzen<br />
Generationszeit Evolution in Echtzeit verfolgen kann. So können gezielt<br />
Parameter, wie zum Beispiel die genetische Diversität, verändert werden,<br />
um deren Bedeutung für die Koevolution zu bestimmen.<br />
39<br />
Verhaltensbiologie
Literaturauswahl<br />
Albrecht, S., Altenhain, B., and Paululat,<br />
A. (2011) The transmembrane<br />
receptor Unc5 is essential for cardiac<br />
tube alignment and lumen<br />
formation in Drosophila. Developmental<br />
Biology 350: 89-100.<br />
Meyer, H., von Ohlen, T., Panz, M. and<br />
Paululat, A. (2010) The disintegrin<br />
and metalloprotease Meltrin from<br />
Drosophila forms oligomers via its<br />
protein binding domain and is regulated<br />
by the homeobox protein VND<br />
during embryonic development. Insect<br />
Biochemistry and Molecular<br />
Biology 40 (11): 814-823.9.<br />
Meyer, H. Panz, M., Zmojdzian, M.,<br />
Jagla, K. and Paululat, A. (2009)<br />
Neprilysin 4, a novel endopeptidase<br />
from Drosophila melanogaster<br />
displays distinct substrate specificities<br />
and exceptional solubility<br />
states. Journal of Experimental<br />
Biology 212: 3673-3683.<br />
Sellin, J., Drechsler, M., Nguyen, H.<br />
and Paululat, A. (2009) Antagonistic<br />
function of Lmd and Zfh1<br />
fine tunes cell fate descisions in<br />
the Twi and Tin positive mesoderm<br />
of Drosophila melanogaster. Developmental<br />
Biology 326: 444-455.<br />
Tögel, M., Pass, G. and Paululat, A.<br />
(2008) The Drosophila wing hearts<br />
originate from pericardial cells and<br />
are essential for wing maturation.<br />
Developmental Biology 318: 29-37.<br />
Johnson, A. N., Burnett, L.A., Sellin,<br />
J., Paululat, A., Newfeld, S.J. (2007)<br />
Defective Dpp signaling results in<br />
heart overgrowth and reduced<br />
cardiac output in Drosophila. Genetics<br />
176:1609-1624.<br />
Kontakt<br />
Prof. Dr. Achim Paululat,<br />
apl. Prof. Dr. Günter Purschke<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2285<br />
(Sekretariat Frau Reckers)<br />
E-Mail: paululat@biologie.uniosnabrueck.de,purschke@biologie.uni-osnabrueck.de<br />
Internet: http://www.biologie.uni- osnabrueck.de<br />
40<br />
Entwicklungsbiologie<br />
<strong>AG</strong> Zoologie-Entwicklungsbiologie<br />
Molekulare Entwicklungsgenetik<br />
Fehlbildungen des Herzens und der großen Gefäße sind die häufigsten angeborenen Entwicklungsdefekte,<br />
die beim Menschen auftreten. So kommen zirka 8 von 1000 Kindern mit<br />
einem Herzfehler zur Welt. Die Fehlbildungen manifestieren sich bereits früh in der Embryonalentwicklung,<br />
da sich das Herz als eines der ersten lebenswichtigen Organe bildet.<br />
Funktioniert es normal, so versorgt es über ein zirka 100.000 km langes Netzwerk aus Blutgefäßen<br />
alle Gewebe unseres Körpers. In der <strong>AG</strong> Zoologie-Entwicklungsbiologie erforschen<br />
wir am genetisch und molekularbiologisch gut zugänglichen Modellorganismus Drosophila<br />
melanogaster, der Fruchtfliege, den Bau, die Funktion und die Entwicklung des Herzens.<br />
Unsere Erkenntnisse sollen dazu beitragen, grundlegende Mechanismen der Herzbildung<br />
und Herzfunktion besser verstehen zu lernen.<br />
Höhere Organismen, wie beispielsweise Frösche,<br />
Vögel oder Säugetiere, besitzen wie der<br />
Mensch ein in sich geschlossenes Kreislaufsystem,<br />
bei dem das Herz das Blut durch ein<br />
weit verzweigtes Netz von Blutgefäßen<br />
pumpt und so alle Organe im Körper versorgt.<br />
In Ruhe werden von einem gesunden Herzen<br />
etwa 5 Liter Blut pro Minute gepumpt. Die<br />
meisten Invertebraten, etwa Insekten, Krebse<br />
und Würmer, besitzen hingegen ein offenes<br />
Kreislaufsystem, bei dem das »Blut«, bei Insekten<br />
spricht man von Hämolymphe, vom Herzen<br />
durch die Kontraktion der Herzzellen<br />
durch die gesamte Körperhöhle geleitet wird.<br />
Bemerkenswerterweise ähneln sich viele<br />
der molekularen Prozesse, die während der<br />
Embryogenese für die Bildung eines funkti-<br />
onsfähigen Herzens in Insekten oder dem<br />
Menschen wichtig sind, stark. Selbst typische<br />
Alterungsprozesse, die beim Menschen die<br />
Funktionsfähigkeit des Herzens mit zunehmendem<br />
Lebensalter beeinträchtigen, sind bei<br />
Insekten gefunden worden. In unserer Arbeitsgruppe<br />
untersuchen wir daher an der<br />
Fruchtfliege Drosophila melanogaster wie ein<br />
Herz konstruiert ist, wie es funktioniert und<br />
welche Gene für die Herzbildung wichtig sind,<br />
da uns hier eine erstaunliche Vielzahl an experimentellen<br />
Möglichkeiten zu Verfügung<br />
steht. Für unsere Untersuchungen im Labor<br />
nutzen wir neben molekularbiologischen und<br />
genetischen Arbeitstechniken auch hochmoderne<br />
bildgebende Verfahren, die es uns erlauben,<br />
die Entstehung des Herzens und des-<br />
Abbildung 1 zeigt einen Drosophila-Embryo, bei dem mit Hilfe der Laser-Scanning-Mikroskopie mehrere Organsysteme<br />
sichtbar gemacht wurden. Das mit Hilfe von Antikörpern blau markierte Nervensystem erstreckt sich entlang<br />
der Bauchseite des Tieres. Die rot gefärbte Muskulatur dient der Fortbewegung der Larve. Das grün leuchtende Herz<br />
ist für die Zirkulation der Körperflüssigkeit verantwortlich. Das Kreislaufsystem der Insekten besteht im Wesentlichen<br />
aus einem einfach aufgebauten Herzrohr.
Abbildung 2 Mit Hilfe der Elektronenmikroskopie lassen sich Zellen<br />
sehr genau untersuchen. Die Abbildung zeigt einen Querschnitt<br />
durch das Drosophila-Herz. Es wird deutlich, dass jeweils<br />
zwei Herzzellen durch ihre besondere Form ein Lumen bilden,<br />
durch das das Blut hindurch strömen kann. Auf der linken Seite<br />
ist eine Herzmuskelzelle (Kardiomyocyte) grün unterlegt. Das Herz<br />
wird von Perikardzellen begleitet, die hier gelb eingefärbt wurden.<br />
sen Funktion im lebenden Tier ohne operative Eingriffe<br />
direkt verfolgen zu können. Unser besonderes Augenmerk<br />
gilt sowohl jenen Prozessen, die auf der Ebene einzelner<br />
Herzzellen ablaufen, als auch denjenen, die dafür sorgen,<br />
dass Zellen miteinander kommunizieren und untereinander<br />
Netzwerke bilden. So untersuchen wir Drosophila-<br />
Mutanten, bei denen der »Klebstoff« zwischen Zellen im<br />
Herz fehlerhaft verarbeitet wird. Aus diesen Analysen<br />
wollen wir lernen, wie Zellverbindungen in Organsystemen<br />
hergestellt werden. Weitere Projekte befassen sich<br />
mit den Bildungsleistungen der Herzzellen. Während der<br />
Embryogenese nehmen Herzzellen eine bestimmte Form<br />
an, die zur Bildung eines inneren Lumens führt. Durch<br />
dieses Rohr wird später das »Blut« gepumpt. Dazu sind<br />
bestimmte in Mikrokompartimenten lokalisierte Membranproteine<br />
notwendig, die ein Verschließen des Herzlumens<br />
verhindern. Andere Zellen des Herzrohrs hingegen<br />
nehmen eine gänzlich andere Gestalt an und bilden Herzklappen,<br />
die einen Rückfluss des »Blutes« verhindern. Wir<br />
erforschen derzeit, welche molekularen Mechanismen der<br />
Differenzierung solcher Spezialisierungen zugrunde liegen.<br />
Eine besondere Gruppe von Proteinen, die an Zell -<br />
oberflächen katalytische Funktionen übernehmen, steht<br />
dabei im Mittelpunkt des Interesses. Ein weiteres aktuelles<br />
Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der Entstehung<br />
und Funktion von speziellen Kreislauforganen, die ausschließlich<br />
der Bildung und Versorgung von Insektenflügeln<br />
dienen. Ohne diese »Extraherzen« können Fliegen<br />
nicht fliegen, da ihre Flügel funktionslos sind. Aus evolutionsbiologischer<br />
Sicht sind solche Flügelherzen von großer<br />
Bedeutung, da sie den Erfolg der flugfähigen Insekten<br />
erst ermöglichten.<br />
Abbildung 3 Die Erforschung<br />
von Mutanten, also Tieren mit<br />
genetischen Defekten, spielt bei<br />
unseren Untersuchungen eine<br />
sehr wichtige Rolle. Das Bild oben<br />
links zeigt Ausschnitte aus dem<br />
Herzen eines normalen und eines<br />
fehlentwickelten Drosophila-Embryos.<br />
Die aufgetretene Mutation<br />
führt zu einem lückenhaften Aufbau<br />
wichtiger Herzstrukturen.<br />
Aus der Analyse solcher Mutanten<br />
lernen wir, welche molekularen<br />
Prozesse für die Bildung eines<br />
funktionsfähigen Herzens wichtig<br />
sind. Mit Hilfe von gentechnischen<br />
Methoden werden Proteine<br />
gezielt verändert um so ihre<br />
Funktion im lebenden Tier zu studieren<br />
(oben rechts). Häufig müssen<br />
Proteine gereinigt und isoliert<br />
werden. Arbeiten mit in Kultur<br />
gezüchteten Zellen werden daher<br />
immer bedeutsamer. Das Bild<br />
unten links zeigt eine Insektenzelle<br />
in Kultur, bei der verschiedene<br />
künstlich eingebrachte Proteine<br />
in unterschiedlichen Farben<br />
sichtbar gemacht wurden. Ergänzend<br />
sind biochemische Untersuchungen<br />
notwendig, bei denen bspw. mit Hilfe von Antikörperbasierten-Techniken erforscht wird, ob wichtige Komponenten der Zelle normal gebildet werden.<br />
Die Abbildung unten rechts zeigt eine solche Analyse. Im mutanten Tier ist deutlich zu sehen, dass ein wichtiges Protein fehlt.<br />
41<br />
Entwicklungsbiologie
Literaturauswahl<br />
Dordel, J., Fisse, F., Purschke, G.<br />
and Struck, T.H. (2010) Phylogenetic<br />
position of Sipuncula derived<br />
from multi-gene and phylogenomic<br />
data and its implication for<br />
the evolution of segmentation. J.<br />
zool. Syst. Evol. Res. 48: 197-207.<br />
Arendt, D., Hausen, H. and<br />
Purschke, G. (2009) The »division<br />
of labour« model of eye evolution.<br />
Phil. Trans. R. Soc. B 364: 2809-<br />
2817.<br />
Suschenko, D. and Purschke, G.<br />
(2009) Ultrastructure of pigmented<br />
adult eyes in errant polychaetes<br />
(Annelida) - implications for<br />
annelid evolution. Zoomorphology<br />
128: 75-96.<br />
Purschke, G. and Hausen, H.<br />
(2007) Lateral organs in sedentary<br />
polychaetes (Annelida) – Ultrastructure<br />
and phylogenetic significance<br />
of an insufficiently known<br />
sense organ. Acta Zool. (Stockh.)<br />
88: 23-39.<br />
Purschke, G., Arendt, D., Hausen,<br />
H. and Müller, M. C. M. (2006)<br />
Photoreceptor cells and eyes in<br />
Annelida. In: Harzsch, S., Melzer, R.<br />
(eds.) Origin and evolution of arthropod<br />
visual systems. Arthr.<br />
Struct. Dev. 35: 211-230.<br />
Bartolomaeus, T. and Purschke, G.<br />
(2005; eds.) Morphology, Molecules,<br />
Evolution and Phylogeny in<br />
Polychaeta and related Taxa. Hydrobiologia<br />
535/536: 1-387.<br />
Kontakt<br />
Apl. Prof. Dr. Günter Purschke<br />
Telefon: +49 (0)541 969 2857<br />
Fax: +49 (0)541 969 2587<br />
E-Mail: purschke@biologie.uniosnabrueck.de<br />
Internet: http://www.biologie.uniosnabrueck.de<br />
42<br />
Zoologie<br />
<strong>AG</strong> Zoologie-Entwicklungsbiologie<br />
Morphologie, Evolution und Phylogenie<br />
Die zentrale Fragestellung der systematischen Zoologie ist die Erforschung der Evolution<br />
und Stammesgeschichte (Phylogenie) der vielzelligen Tiere und ihrer Organsysteme. Die<br />
Beschreibung der Vielfalt der Arten, ihrer inneren und aüßeren Strukturen sowie ihrer <strong>Biologie</strong><br />
ist ein wesentliches Aufgabengebiet, die Einordnung der Arten gemäß ihrer Verwandtschaften<br />
sowie die Rekonstruktion ihrer Entstehung ein weiteres. Wie kommt es trotz vieler<br />
grundsätzlicher Gemeinsamkeiten in zahlreichen biochemischen und genetischen Prozessen<br />
dennoch zu einer derart großen Vielfalt? So besitzen beispielsweise die ursprünglichsten<br />
Metazoa nur 4 Zelltypen, Saügetiere dagegen mehr als 400. Die Zahl der für Proteine kodierenden<br />
Gene differiert im Vergleich jedoch nur wenig.<br />
Schwerpunkte der eigenen Untersuchungen liegen<br />
auf den Ringelwürmern, Annelida, und den<br />
wahrscheinlich mit ihnen verwandten höheren<br />
Taxa innerhalb der so genannten Lophotrochozoa.<br />
Durch ihre große Diversität und ihr hohes<br />
phylogenetisches Alter sind die Anneliden sehr<br />
gut geeignet, an ihnen neben speziellen Fragestellungen<br />
auch allgemeine Probleme zur Evolution,<br />
Systematik, Phylogenie und Funktionsmorphologie<br />
zu untersuchen. Neben konventionellen<br />
Techniken werden moderne Methoden<br />
der Lichtmikroskopie (konfokale Laserscanningmikroskopie)<br />
ebenso eingesetzt wie die Rasterund<br />
Transmissionselektronenmikroskopie, daneben<br />
auch molekulare Methoden. Untersucht<br />
werden unter anderem Evolution und Diversität<br />
von Augen und Photorezeptorzellen, Nervensystem<br />
und Hautmuskelschlauch sowie die<br />
A<br />
50 µm<br />
B<br />
20 µm<br />
no<br />
g<br />
ci<br />
Tiefenphylogenie und Artbildungsprozesse<br />
(Abb. 1). So besitzen beispielsweise die meisten<br />
Arten mehr als einen morphologisch distinkten<br />
Augentyp, mehrere verschiedene Photorezep -<br />
torzellen und unterschiedliche Sehpigmente,<br />
die jeweils eine unterschiedliche Evolutionsge -<br />
schich te aufweisen und dementsprechend auch<br />
phylogenetische Signale tragen: Innerhalb der<br />
Anneliden ist ein bei Tieren einmaliger Photorezeptorzellentyp<br />
entstanden, dessen Evolutionsgeschichte<br />
nachgezeichnet werden konnte.<br />
Derartige Lichtsinneszellen, die als Phaosome<br />
bezeichnet werden, gibt es nur bei Gürtelwürmern,<br />
zu denen auch die bekannten Regenwürmer<br />
gehören. Primär kommen diese Zellen nicht<br />
in Augen vor; Augen sind in dieser Teilgruppe<br />
offensichtlich zweimal unabhängig entstanden.<br />
sc<br />
1 µm<br />
pc<br />
C<br />
D<br />
2 µm<br />
Abbildung 1A Whole-mount-insitu-hybridisation<br />
zum Nachweis<br />
der Expression eines Sehfarbstoffes<br />
(Pfeilköpfe) in Photorezeptorzellen<br />
bei einem Egel (Helobdella<br />
robusta).<br />
Abbildung 1B Gehirn (g) mit<br />
zahlreichen abgehenden Nerven<br />
eines Polychaeten (Scoloplos armiger)<br />
im konfokalen Laserscanningmikroskop,<br />
markiert mit<br />
einem Antikörper gegen acetyliertes<br />
α-Tubu lin, Tiefenkodierung<br />
erlaubt räum liche Zuordnung.<br />
no Nuchalorgan, ein chemisches<br />
Sin nesorgan; Pfeilköpfe<br />
zeigen auf isolierte Photorezeptorzellen.<br />
Abbildung 1C Markierte Sinneszelle<br />
aus B im Transmissionselektronenmikroskop<br />
(TEM); ci Cilien.<br />
Abbildung 1D Kleines Auge<br />
desselben Polychaeten im TEM<br />
mit Pigment- und Sinneszellen<br />
(pc, sc)
Direktorin<br />
Prof. Dr. Sabine Zachgo<br />
Telefon: +49 (0) 541 969 2840<br />
Kustos<br />
PD Dr. Nikolai Friesen<br />
Telefon: +49 (0) 541 969 2738<br />
Technischer Leiter<br />
Ulrich Rösemann<br />
Telefon: +49 (0) 541 969 2704<br />
Sekretariat<br />
Jutta Doch<br />
Telefon: +49 (0) 541 969 2739<br />
Fax: +49 (0) 541 969 2724<br />
Adresse<br />
Botanischer Garten der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />
Albrechtstr. 29<br />
49076 <strong>Osnabrück</strong><br />
Internet: http://www.biologie. uniosnabrueck.de/bogos<br />
44<br />
Wendeltreppe im Regenwaldhaus<br />
Botanischer Garten<br />
Der Botanische Garten<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong><br />
Das zentrale Anliegen des Botanischen Gartens<br />
ist es, die pflanzliche Artenvielfalt unserer<br />
Erde, ihre Biodiversität, zu erforschen, zu erhalten<br />
und zu vermitteln.<br />
Als universitärer Garten bietet er wesentliche<br />
Voraussetzungen für Forschung und Lehre.<br />
Die Freilandversuchsflächen und eine Vegetationshalle<br />
werden von Studierenden und Wissenschaftlern<br />
des <strong>Fachbereich</strong>s regelmäßig genutzt,<br />
um experimentelle Forschungsarbeiten<br />
durchzuführen. Er hat sich darüber hinaus zu<br />
einem Anziehungspunkt für eine stetig wachsende<br />
Zahl von Besuchern entwickelt. Die rund<br />
5,6 Hektar große Kernanlage befindet sich in<br />
einem ehemaligen Steinbruch in unmittelbarer<br />
Nähe zum <strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong>/Chemie. In<br />
neun Gewächshäuser und einer Vegetationshalle<br />
für Aufzucht und Versuche, sowie verschiedenen<br />
Freiflächen, sind Pflanzen aus aller<br />
Welt vertreten. Schwerpunkte im Freiland sind<br />
die Wälder Nordamerikas und Eurasiens und<br />
die Pflanzen der Gebirge Europas und Asiens<br />
sowie themenbezogene Abteilungen zu Arzneipflanzen<br />
und Duftpflanzen sowie Genetik.<br />
Das Alpinum mit Pflanzen aus den Hochgebirgen<br />
Europas und die Euroasiatische Steppe<br />
sind für den nordwestdeutschen Raum einmalige<br />
Anlagen.<br />
Das 1997 fertig gestellte Regenwaldhaus<br />
ist seit 1998 für die Öffentlichkeit zugänglich.<br />
Hier werden die verschiedenen Ausprägungen<br />
des Tieflandregenwaldes im Amazonasbecken<br />
mit ca. 800 tropischen Pflanzenarten dargestellt.<br />
Über eine Wendeltreppe im 21 m hohen,<br />
die Steilwand überragenden<br />
Haus, können die Besucher Einblick<br />
in die Kronenregion erhalten.<br />
Das Regenwaldhaus ist mit<br />
seiner Architektur und Bepflanzung<br />
sowie den dort lebenden<br />
Fröschen ein besonderer Anziehungspunkt<br />
des Gartens.<br />
Die fußläufige Anbindung des<br />
benachbarten, zweiten Steinbruchs<br />
am Westerberg an den<br />
Botanischen Garten wurde 2010<br />
realisiert. Die Anbindung schafft<br />
die Voraussetzung für die Sicherung<br />
dieses 2,7 Hektar großen<br />
gefährdeten und geschützten<br />
Biotops. Programme zum Ausbau<br />
von Fledermausquartieren, zur<br />
Schwäbische Alb<br />
Feldversuch<br />
Botanischer Garten, Ausblick von der Wendeltreppe
Eingrenzung des Wachstums von invasiven, standortfremden<br />
Pflanzen (Neophyten wie die Herkulesstaude und der<br />
Japanische Knöterich) sowie die Errichtung eines Insekten-<br />
Allium-Beet<br />
hotels dienen dazu, dieses stadtnahe Biotop zu schützen.<br />
Durch dieses erweiterte, duale Gartenkonzept, kann jetzt<br />
sowohl globale Biodiversität, in verschiedenen Erdregionen<br />
lebende Pflanzengesellschaften, als auch heimische, gefährdete<br />
Artenvielfalt gezeigt und bewahrt werden.<br />
Der gesamte Pflanzenbestand des Gartens umfasst ca.<br />
8000 Arten und ist EDV-erfasst. Für Lehre und Forschung<br />
werden kontinuierlich die wissenschaftlichen Pflanzensammlungen<br />
des Gartens ausgebaut. So bieten die vorhandenen<br />
Lebendsammlungen der Lauchgewächse (Alliaceae)<br />
mit ca. 250 Arten und 1800 Akzessionen und der<br />
Brassicaceen (Kreuzblütler, mit ca. 200 Arten und 500 Akzessionen)<br />
hervorragende Möglichkeiten für die Erforschung<br />
evolutionärer Prozesse. Am Botanischen Garten<br />
wurde 2003 die Loki Schmidt - Genbank für Wildpflanzen,<br />
die erste offizielle Saatgutbank für einheimische Wildpflanzenarten<br />
initiiert. Im Juni 2009 startete das nationale<br />
WEL Genbankprojekt (Wildpflanzen für Ernährung und<br />
Landwirtschaft), an dem drei weitere Botanische Gärten<br />
Öffnungszeiten Freigelände<br />
Sommerhalbjahr Winterhalbjahr<br />
1. April bis 30. September 1. Oktober bis 31. März<br />
Montags – Freitags 08.00 – 20.00 Uhr<br />
Samstags 14.00 – 20.00 Uhr<br />
Sonn- und Feiertags 10.00 – 20.00 Uhr<br />
Allium ramosum<br />
aus Berlin, Regensburg und Karlsruhe sich mit dem Ziel<br />
beteiligen, deutschlandweit in einem Netzwerk Saatgut<br />
von bedeutenden wildlebenden Verwandten unserer Nutzpflanzen<br />
zu beproben und damit für weitere Forschungen<br />
und Anwendungszwecke zu erhalten.<br />
Die Umweltbildungseinrichtung des Botanischen Gartens,<br />
die Grüne Schule, bietet vielfältige generationsübergreifende<br />
Veranstaltungen an, in denen botanische Inhalte<br />
und faszinierende biologische Zusammenhänge vermittelt<br />
werden. Studenten/innen können in einer Lehrveranstaltung<br />
das Wissen erwerben, einen ›Gartenführerschein‹ zu<br />
erhalten, um dann selbstständig Führungen durchzuführen.<br />
Der Bau des ›Bohnenkamp-Hauses im Botanischen<br />
Garten‹, eines neuen biologischen Bildungszentrums im<br />
Botanischen Garten, wurde durch großzügige Unterstützung<br />
der Bohnenkamp-Stiftung, sowie der <strong>Universität</strong> und<br />
des Landes Niedersachsen möglich.<br />
Der ›Freundeskreis Botanischer Garten der <strong>Universität</strong><br />
<strong>Osnabrück</strong> e.V.‹ wurde im September 1986 gegründet. Er<br />
unterstützt den Ausbau des Gartens und seine Umweltbildungsaufgaben<br />
maßgeblich durch sein vielfältiges ehrenamtliches<br />
Engagement.<br />
Montags – Freitags 08.00 – 16.00 Uhr<br />
Samstags geschlossen<br />
Sonn- und Feiertags 10.30 – 16.00 Uhr<br />
Die Öffnungszeiten für das Regenwaldhaus können den aktuellen Anschlägen entnommen werden.<br />
45<br />
Botanischer Garten
Physiologie und Dynamik<br />
zellulärer Mikrokompartimente<br />
Sonderforschungsbereich 944<br />
Ein Sonderforschungsbereich (SFB) ist der einem gemeinsamen wissenschaftlichen Thema gewidmete Forschungsverbund<br />
mehrerer Arbeitsgruppen. Ein SFB wird in einem auf wendigen Verfahren beantragt, anschließend von einem Konsortium<br />
aus Fach wissenschaftlern begutachtet und im Falle der Bewilligung für festgelegte Antrags perioden (4 Jahre)<br />
mit jeweils mehreren Millionen Euro durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.<br />
Daher sind Sonderforschungsbereiche wesentliche Elemente der Profilbildung von Instituten oder <strong>Fachbereich</strong>en.<br />
Die Forschungsgelder werden vor allem für Stellen, Verbrauchsmittel und spezielle apparative Ausstattung verwendet.<br />
Die Laufzeit eines SFB ist auf 12 Jahre begrenzt.<br />
Die <strong>Biologie</strong> der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> hat eine lange und erfolgreiche<br />
SFB-Tradition. Seit nunmehr 27 Jahren existieren<br />
durch gehend Sonderforschungsbereiche im <strong>Fachbereich</strong>, die<br />
sich auf Membranproteine (SFB 193, 1983-1998) und deren<br />
Funktion innerhalb von Zellen (SFB 431, 1999-2010) fokussiert<br />
haben.<br />
Im Januar 2011 begann der SFB 944 »Physiologie und Dynamik<br />
zellulärer Mikrokompartimente« seine Arbeit. Insgesamt<br />
13 Arbeitsgruppen untersuchen die Organisation von<br />
Proteinen und Lipiden im zellulären Zusammenhang.<br />
Lebende Organismen bestehen aus sehr unterschiedlichen<br />
Zellen mit sehr unterschiedlichen Funktionen. Diese speziellen<br />
Funktionen erfordern die Untergliederung der Zellen in weitere<br />
Reaktionsräume, die Organellen genannt werden. Dazu<br />
zählt beispielsweise der Zellkern. Eine Vielzahl verschiedener<br />
Proteine bildet bzw. wirkt an diesen Substukturen und organisiert<br />
so das zelluläre Geschehen. Die Wirkmechanismen dieser<br />
Proteine werden durch ihre unmittelbaren (Mikro-) Umgebungen<br />
bestimmt, die ihrerseits aus anderen Proteinen und<br />
Membranen zusammengesetzt sein können. Im weitesten<br />
Sinne lässt sich eine Zelle mit einer hochspezialisierten Fabrik<br />
Abb. 2 Endosomen einer Hefezelle (grün) in der Nähe der Vakuole (lila)<br />
46<br />
SFB944<br />
Physiology &<br />
Dynamics of<br />
Cellular Microcompartments<br />
Abb. 1 Ribonucleotid-Granulae (grün) im Zytosol einer Nervenzelle. Das<br />
Zytoskelett ist blau eingefärbt.<br />
vergleichen, in der an genau festgelegten Orten Produkte hergestellt<br />
oder weiterverarbeitet werden.<br />
Die am SFB beteiligten Gruppen versuchen aufzuklären,<br />
wie die jeweilige Mikro umgebung eines Proteins die Funktionsweise<br />
eines Organells und letztlich der ganzen Zelle beeinflusst.<br />
Von besonderem Interesse für den neuen SFB 944<br />
ist die raum/zeitliche Veränderung solcher Mikrokompartimente<br />
und ihre Bedeutung für das (Über-)leben von Organismen.<br />
Ziel des SFB 944 ist das Aufdecken allgemein gültiger<br />
Prinzipien der Organisation von suborganellaren Strukturen<br />
und ihrer Physiologie.<br />
Eine derart komplexe Fragestellung erfordert ein<br />
umfangreiches zellbiologisches und biophysikalisches Methodenarsenal:<br />
Von der Identifikation neuer Komponenten über<br />
ihre Verortung und Dynamik mittels hochauflösender Mikroskopie<br />
bis hin zur quantitativen Analyse der Wechselwirkungen.<br />
Die apparative Infrastruktur der <strong>Biologie</strong> wird mit Hilfe<br />
des neuen Sonderforschungsbereiches erweitert werden, und<br />
sie steht allen Arbeitsgruppen zur Verfügung.<br />
Der SFB 944 zeichnet sich auch durch die fächerübergreifende<br />
Zusammenarbeit von Arbeitsgruppen aus der <strong>Osnabrück</strong>er<br />
<strong>Biologie</strong>, Physik und Mathematik sowie der <strong>AG</strong> Biophysik<br />
der <strong>Universität</strong> Münster aus.
Abb. 3 Untersuchung von Mikrokompartimenten auf der Plasmamembran<br />
menschlicher Zellen mittels 3-Farben-Höchstauflösungsmikroskopie.<br />
Die Proteinuntereinheiten IFNAR1 (grün)<br />
und IFNAR2 (rot) des Typ I-Interferonrezeptors sowie das<br />
Aktin-Zytoskelett (blau) wurden in lebenden Zellen, die aus der<br />
dauerhaften Gewebekultur eines menschlichen Gebärmutterhalstumors<br />
stammen, mit photoschaltbaren Fluoreszenzfarbstoffen<br />
markiert.. Anschließend können dann durch sukzessive<br />
Photoaktivierung einzelne Fluorophore mit einer Genauigkeit<br />
von ca. 20 nm lokalisiert werden. Aus diesen Einzelmessungen<br />
lassen sich Bilder mit einer etwa zehnfach höheren Auflösung<br />
erhalten als mit üblichen Fluoreszenzmikroskopie-Techniken. Im<br />
Übersichts bild (A) sind die Konturen der Zelle erkennbar. Im<br />
Ausschnitt (B) sind mehrere Bereiche mit charakteristischer<br />
submikroskopischer Organisation der beteiligten Proteine noch<br />
weiter vergrößert dargestellt. Durch die sehr hohe Auflösung<br />
wird die Organisation einzelner IFNAR1- und IFNAR2-Moleküle<br />
entlang zytoskelettaler Strukturen erkennbar.
Promovieren in <strong>Biologie</strong><br />
Doktorandenprogramme<br />
Die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> bietet jungen Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />
und Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit,<br />
im Rahmen strukturierter Programme zu promovieren.<br />
So werden zu Beginn einer Promotion gezielte Fördermöglichkeiten,<br />
etwa zum Erwerb von zusätzlichen Sprachkenntnissen,<br />
vorgestellt und individuelle Empfehlungen erarbeitet.<br />
In den verschiedenen Programmen werden spezielle Vorlesungen,<br />
Workshops und Seminare für unsere Promovierenden<br />
angeboten.<br />
Graduiertenkolleg »Cell and Tissue Differen -<br />
tiation from an integrative perspective«<br />
Zellen sind die Grundbausteine des Lebens. Im Graduiertenkolleg<br />
wird untersucht, welche molekularen Prozesse Differenzierungsleistungen<br />
zugrunde liegen. Was befähigt Zellen,<br />
Gewebe und Organe zu bilden? Forscher aus unterschiedlichen<br />
Bereichen der <strong>Biologie</strong>, Chemie und Physik arbeiten in 7<br />
Einzelprojekten an dieser Fragestellung und nutzen hierfür die<br />
hochmoderne mikroskopische und molekularbiologische Ausstattung<br />
in unseren Instituten. Die Promovierenden werden<br />
durch eine intensive individuelle Beratung, durch begleitende<br />
Seminare und im Rahmen von auswärtigen Workshops betreut.<br />
Infos unter: http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/<br />
GraduiertenkollegUosBio/ oder beim Sprecher des Kollegs<br />
(Prof. Dr. Achim Paululat, paululat@biologie.uni-osnabrueck.de).<br />
48<br />
Doktorandenprogramme<br />
Promotionsstudiengang »Membranen und zelluläre<br />
Kommunikation«<br />
Im vom Land Niedersachsen mit 8 Lichtenberg-Stipendien<br />
geförderten Promotionsstudiengang »Membranen und zelluläre<br />
Kommunikation« erforschen Nachwuchswissenschaftlerinnen<br />
und Nachwuchswissenschaftler mittels molekularer,<br />
biochemischer und biophysikalischer Techniken die zell- und<br />
entwicklungsbiologischen Eigenschaften von Zellen. Dabei<br />
stehen Fragestellungen im Vordergrund, die der <strong>Biologie</strong> von<br />
Membranproteinen und ihrer Beteiligung an Signalwegen und<br />
der Wechselwirkung zwischen Zellen gewidmet sind. Am<br />
Forschungs- und Ausbildungsprogramm nehmen 10 Arbeitsgruppen<br />
aus der <strong>Biologie</strong> sowie jeweils eine Arbeitsgruppe aus<br />
der Chemie und Physik teil. Wesentliche Teile des Ausbildungsprogramms<br />
werden gemeinsam mit dem Graduiertenprogramm<br />
des SFB955 (IRTG) koordiniert. Infos unter:<br />
http://www.uni-osnabrueck.de/standard_en/160_11357.html oder<br />
beim Sprecher des Kollegs (Prof. Dr. Achim Paululat,<br />
paululat@biologie.uni-osnabrueck.de).<br />
International PhD interchange program (IPID)<br />
<strong>Osnabrück</strong>-Oviedo<br />
Die biologische Forschung entwickelt sich immer mehr zu<br />
einer Disziplin, in der internationale Zusammenarbeit essentiell<br />
ist. Im Rahmen seines IPID-Programms fördert der Deut-
sche Akademische Austauschdienst (DAAD) seit Oktober<br />
2010 die Internationalisierung der Doktorandenausbildung<br />
in einem bilateralen Projekt zwischen der <strong>Universität</strong><br />
<strong>Osnabrück</strong> und der <strong>Universität</strong> Oviedo (Spanien).<br />
Ziel des Programms ist die Verleihung der Promotionsurkunde<br />
gleichzeitig von beiden <strong>Universität</strong>en an die erfolgreichen<br />
Absolventen. Durch das IPID werden kurze<br />
und mittelfristige Aufenthalte der Doktoranden in Laboratorien<br />
der Partneruniversität finanziert, aber auch<br />
Gastvorträge von renommierten Wissenschaftlern, sowie<br />
Sprachkurse (Spanisch für deutsche Doktorand(inn)en,<br />
wissenschaftliches Englisch für Teilnehmer aus beiden<br />
Partneruniversitäten) und jährliche Treffen der Projektpartner.<br />
Von Seiten der <strong>Universität</strong> <strong>Osnabrück</strong> sind zur<br />
Zeit fünf Arbeitsgruppen (Biochemie, Genetik, Mikrobiologie,<br />
Neurobiologie, Zoologie) mit jeweils 1-2 Dok to -<br />
ran d(in n)en am Programm beteiligt, was durch eine<br />
ähnliche Zahl von Arbeitsgruppen an der <strong>Universität</strong><br />
Oviedo komplementiert wird. Infos unter: http:// www.<br />
biologie.uni-osnabrueck.de/ipid/IPID_O-O/Home.html<br />
oder beim Sprecher des Kollegs (Prof. Dr. Jürgen Heinisch,<br />
heinisch@ biologie.uni-osnabrueck.de).<br />
IRTG (SFB-Kolleg)<br />
Die »Integrated Research Training Group (IRTG)« des<br />
Sonderforschungsbereiches 944 »Physiologie und Dynamik<br />
zellulärer Mikrokompartimente« ergänzt das Forschungsprogramm<br />
des SFB, in dem es ein strukturiertes<br />
Ausbildungs- und Betreuungsprogramm für Promovierende<br />
organisiert und bereitstellt. Die IRTG ist Teil des<br />
»Zentrums für Promovierende der Uni versität <strong>Osnabrück</strong><br />
(ZePrOS)« und hat das Ziel, eine interdisziplinäre und<br />
problemorientierte Ausbildung auf Graduiertenniveau in<br />
physikalischen, biophysikalischen, biochemischen und<br />
zellbiologischen Techniken sowie im Bereich der mathematischen<br />
Bildanalyse zu ermöglichen. Die Internationalisierung<br />
wird durch ein studentisches Austauschprogramm<br />
mit verschiedenen Partnerlabors gefördert. Infos<br />
unter www.biologie.uni-osnabrueck.de > Forschung<br />
oder bei den Sprechern und der Koordinatorin (Prof. Dr.<br />
Roland Brandt, brandt@biologie.uni-osnabrueck.de,<br />
Prof. Dr. Renate Scheibe, scheibe@biologie.uni-osnabrueck.de,<br />
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Steinhoff, hsteinho@uniosnabrueck.de,<br />
Koordinatorin: Katrin Klempahn, klempahn@biologie.uni-<br />
osnabrueck.de)<br />
49<br />
Doktorandenprogramme
Experimentelles Lernlabor »Explain-OS«<br />
und NaT-Working-Projekt<br />
Kooperation Schule – <strong>Universität</strong><br />
Der <strong>Fachbereich</strong> <strong>Biologie</strong>/Chemie unterstützt seit vielen Jahren Schulen bei der Gestaltung eines modernen <strong>Biologie</strong>unterrichts.<br />
Im Rahmen von zwei Projekten, die hier kurz vorgestellt werden, gibt es verschiedene Kooperationsmöglichkeiten:<br />
Das experimentelle Lernlabor Explain-OS bietet ein- oder mehrtägige Kurse, die den Schülerinnen und Schülern erste<br />
Einblicke in die Arbeitsweisen in einem Forschungslabor ermöglichen. Als alternative Möglichkeit bietet das <strong>Osnabrück</strong>er<br />
NaT-Working Projekt Experimentierkoffer, mit deren Hilfe schülergerechte Versuche direkt in der Schule durchgeführt<br />
werden können. Durch beide Projekte ist ein ständig wachsendes Kooperationsnetzwerk mit mittlerweile mehr als 70 teilnehmenden<br />
Schulen entstanden.<br />
Das experimentelle Lernlabor Explain-OS<br />
Schülerlabore erfüllen eine wichtige Funktion als außerschulische<br />
Lernstandorte. In einer experimentellen Wissenschaft<br />
wie der <strong>Biologie</strong> bieten Schülerlabore einzigartige Möglichkeiten,<br />
den Regelunterricht sinnvoll um neue und teilweise<br />
aufwendige naturwissenschaftliche Arbeitsweisen zu ergänzen.<br />
In einem Schülerlabor können schülergerechte Experimente<br />
angeboten werden, die aufgrund des technischen Bedarfs<br />
in der Schule nicht durchführbar sind. Auf diese Weise<br />
lassen sich aktuelle Themen der <strong>Biologie</strong> in den Unterricht integrieren<br />
und Bezüge zwischen den schulischen Curricula und<br />
der modernen Forschung herstellen. Darüber hinaus bietet<br />
sich Schülerinnen und Schülern durch den Besuch eines universitären<br />
Schülerlabors die Möglichkeit, eine <strong>Universität</strong> und<br />
ihre fachspezifischen Studienangebote »vor Ort« kennen zu<br />
lernen.<br />
Die <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> eröffnete das experimentelle Lernlabor<br />
»Explain-OS« im Januar 2008. Mit Mitteln der Hoch-<br />
schule und der <strong>Universität</strong>sgesellschaft wurde ein Forschungslabor<br />
im <strong>Biologie</strong>hauptgebäude für die Bedürfnisse eines Schülerlabors<br />
umgebaut und 25 Schüler-Arbeitsplätze apparativ<br />
ausgestattet.<br />
50<br />
Kooperation Schule-Uni<br />
Durch das Schülerlabor eröffnen sich neue Wege in der Ausbildung<br />
von Lehramtsstudierenden. Viele Studierende nutzen<br />
die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Bachelor- und Masterabschlussarbeiten<br />
schülergerechte Experimente zu entwickeln<br />
und didaktisch auszuarbeiten. Häufig ergibt sich dabei die Gelegenheit,<br />
diese Experimente direkt mit Schülerinnen und<br />
Schülern zu erproben. Auf diese Weise werden die experimentellen<br />
und didaktischen Fähigkeiten der Studierenden an einem<br />
konkreten Beispiel geschult und die neu erarbeiteten didaktischen<br />
Konzepte kommen direkt zur Anwendung. Viele der aktuell<br />
angebotenen Kurse im Explain-OS basieren auf diesen Abschlussarbeiten<br />
von Absolventen der letzten Jahre. Der Hauptteil<br />
der Kurse ist so angelegt, dass sich Schülerinnen und Schüler<br />
innerhalb einer dreistündigen Veranstaltung mit einem<br />
Thema intensiv in Theorie und Praxis auseinandersetzen. Sie<br />
können beispielsweise »Laktose-freie Milch« selbst herstellen,<br />
indem sie ein Laktose-spaltendes Enzym aus einem Rohextrakt<br />
reinigen und Milch aus dem Supermarkt damit behandeln. Ein<br />
weiteres Beispiel ist die Plasmidisolation aus Bakterien, gefolgt<br />
von einem Schnitt der Plasmid-DNA mit Restriktionsenzymen<br />
und einer Trennung der DNA-Fragmente in einer Agarosegelelektrophorese.<br />
Das am häufigsten gewählte Angebot behandelt<br />
die Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks mit Hilfe<br />
der Polymerasekettenreaktion, wodurch man sehr schnell »dem
Täter auf die Spur« kommen kann. Schülerinnen und<br />
Schüler erhalten hier die Möglichkeit, wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisgewinn hautnah zu erleben, zu gestalten und<br />
Experimente zum Teil selbstständig zu planen. Aktuell<br />
umfasst das Angebot elf verschiedene Versuche für die<br />
Klassenstufen 10 bis 13. Eine Ausweitung des Angebotes<br />
für jüngere Schülerinnen und Schüler ist in Planung. Bislang<br />
haben mehr als 3000 Schülerinnen und Schüler die<br />
Angebote des Explain-OS genutzt.<br />
Neben den klassischen dreistündigen Veranstaltungen<br />
bietet Explain-OS auch die Möglichkeit für mehrtägige<br />
Kurse im Rahmen von Klassenfahrten. Interessant sind<br />
hier vor allem die zahlreichen Kooperationen mit vielen<br />
anderen naturwissenschaftlichen Einrichtungen in <strong>Osnabrück</strong>.<br />
Das Schülerlabor bietet außerdem Unterstützung bei<br />
der Erstellung von Facharbeiten oder im Rahmen von<br />
»Jugend forscht« an. Schließlich beteiligt es sich seit<br />
Jahren an der <strong>Osnabrück</strong>er Herbstakademie und bei der<br />
Begabtenförderung im Rahmen der <strong>Biologie</strong>-Olympiade.<br />
Explain-OS erhält großzügige finanzielle Unterstützung<br />
durch die Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte<br />
und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt. Dies ermöglicht<br />
die im Vergleich zu anderen Schülerlaboren sehr<br />
niedrigen Teilnahmegebühren.<br />
Das <strong>Osnabrück</strong>er NaT-Working-Projekt »Wie<br />
Wissenschaft Wissen schafft«<br />
Eine zweite Möglichkeit der Kooperation zwischen der<br />
<strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> und den Schulen bietet das NaT-<br />
Working Projekt »Wie Wissenschaft Wissen schafft«. Im<br />
Rahmen dieses durch die Robert-Bosch-Stiftung geförderten<br />
Vorhabens, das im März 2005 startete, wurden<br />
in sieben Arbeitsgruppen Experimentierkoffer in Kooperation<br />
mit einer Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern<br />
entwickelt und zusammengestellt. Diese Koffer, die den<br />
Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, ermöglichen<br />
die Durchführung einer Vielzahl von mo -<br />
dernen Experimenten im <strong>Biologie</strong>unterricht in den<br />
Sekundarstufen I und II. Mit dem »Genetik-Koffer« beispielsweise<br />
lässt sich die Regulation des Laktose-Stoffwechsels<br />
bei Bakterien durch einen einfachen Enzymtest<br />
untersuchen. Der Zoologie-Koffer bietet Experimente zur<br />
Anatomie und zum Lebenszyklus der kleinen Taufliege<br />
Drosophila melanogaster. Der Cytologie-Koffer ermöglicht<br />
die lichtmikroskopische Analyse verschiedener<br />
Zellzyklusstadien von Pflanzen. Außerdem sind Experimente<br />
aus den Bereichen der Gewässerökologie, der<br />
pflanzlichen Photosynthese oder der Pflanzenphysiologie<br />
enthalten.<br />
In Ergänzung zu den angebotenen Experimenten<br />
bieten Dozenten des <strong>Fachbereich</strong>s an, in den Schulen<br />
Vorträge zu aktuellen biologischen Themen zu halten.<br />
Ausführliche Informationen unter<br />
www.explain-os.de<br />
www.biologie.uni-osnabrueck.de/natworking<br />
Didaktisch-wissenschaftliche Leitung Jun. Prof. Dr.<br />
Susanne Menzel (menzel@biologie.uni-osnabrueck.de)<br />
Fachbiologisch-wissenschaftliche Leitung Lernlabor &<br />
Projektleitung NaT-Working Priv.-Doz. Dr. Knut Jahreis<br />
(jahreis@biologie.uni-osnabrueck.de)<br />
51<br />
Kooperation Schule-Uni
Campbell/Reece - <strong>Biologie</strong><br />
Zur deutschen Ausgabe des »Campbell«<br />
Der Campbell ist eines der am weitesten verbreiteten deutschsprachigen<br />
<strong>Biologie</strong>-Lehrbücher. Die ebenso attraktive wie herausfordernde<br />
Überarbeitung eines solchen Buches erfordert<br />
die Kompetenzen möglichst vieler und unterschiedlicher naturwissenschaftlicher<br />
Fachgebiete. Die neu vorgelegte Auflage<br />
wäre daher ohne die Bereitschaft der Dozentinnen und Do-<br />
© Pearson Education Deutschland GmbH, mit Genehmigung<br />
52<br />
Campbell<br />
zenten der <strong>Osnabrück</strong>er <strong>Biologie</strong> zur Übernahme fachbezogener<br />
Lektorate nicht möglich gewesen.<br />
Gegenüber dem amerikanischen Original wurde eine Vielzahl<br />
von Aktualisierungen vorgenommen, darüber hinaus auch<br />
Fehler und Ungenauigkeiten terminologischer, nomenklatorischer,<br />
inhaltlicher und anderer Art bereinigt. Ziel der Überarbeitung<br />
war zum einen der Erhalt des amerikanischen Charakters<br />
der Originalversion in ihrem didaktischen Aufbau, zum<br />
anderen die gute Verwendbarkeit in der universitären und<br />
schulischen Lehre.<br />
Daher wurde eine Vielzahl von Beispielen durch solche aus<br />
deutschen und europäischen Lebensräumen mit ihrer Pflanzen-<br />
und Tierwelt sowie ihren Lebensgemeinschaften ersetzt.<br />
Die Kapitel und Teilkapitel wurden umgestellt und so angepasst,<br />
dass sie besser der inneren Logik von Lehrplänen im<br />
deutschsprachigen Raum entsprechen.<br />
Dabei stand stets die Beschränkung der Inhalte des Lehrbuches<br />
auf wichtige Grundlagen und Aspekte im Vordergrund,<br />
nicht eine enzyklopädische Zusammenschau biologischer<br />
Sachverhalte. Zudem wurde das Glossar wesentlich erweitert<br />
und ein Verzeichnis mit weiterführenden Literaturhinweisen<br />
neu hinzugefügt.<br />
Herausgekommen ist ein Lehrbuch, das den sprachlichen<br />
Charme, die Verständlichkeit und Anschaulichkeit der Originalversion<br />
in hohem Maße bewahrt. Möge der Campbell auf<br />
viele Jahre die Standardlektüre möglichst vieler Bachelor-<br />
Studiengänge der Biowissenschaften sein!<br />
Anselm Kratochwil<br />
Renate Scheibe<br />
Helmut Wieczorek
x<br />
53
http://www.biologie.uni-osnabrueck.de