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Professor Dr. Werner Flume - VICO Wissenschaftliches Antiquariat ...

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Nachruf auf <strong>Werner</strong> <strong>Flume</strong> von Prof. <strong>Dr</strong>. Rolf Knütel, Universität Bonn<br />

tionelleren Verständnis der Personengesellschaft als „Personengruppe“ oder „Personenverband“. Zu diesem<br />

Verständnis war <strong>Flume</strong> in der Analyse dieser Gesellschaft in einem 5 Jahre voraufgehenden Aufsatz gelangt,<br />

in einer Analyse, die tiefer dringt als die des BGB-Gesetzgebers und die eine zeitgemäße ist, ist in unserer<br />

Zeit doch die Betätigung des Individuums in wirtschaftlicher, unternehmerischer Hinsicht in wachsendem<br />

Maße eine Betätigung in Verbindung mit anderen, ein Handeln als „Gruppe“. Diese als Wirkungseinheit<br />

verstandene „Gruppe“ bildet gleichsam das Zwischenstück zwischen dem Individuum, dessen Handeln beim<br />

„Rechtsgeschäft“ in Bd. II im Vordergrund steht, und der juristischen Person (von Band 1 Teil 2), die in ihrer<br />

Selbständigkeit gegenüber den Mitgliedern verabsolutiert ist.<br />

Geradezu erwartungsgemäß stieß diese Lehre zunächst auf Ratlosigkeit und Ablehnung. Nur langsam erodierte<br />

die Ablehnungsfront. Nach verschiedenen „Richtungsentscheidungen“ des zuständigen 2. Zivilsenats<br />

des Bundesgerichtshofs (der in früheren Jahren <strong>Flume</strong>s Arbeiten – vermutlich wegen seiner oft heftigen<br />

Kritiken – mit Stillschweigen übergangen hatte) entschied dieser Senat schließlich in einem Grundsatzurteil<br />

von 29.1.2001: „Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch<br />

Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet“ (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056).<br />

Nochmals: Sensationell – und zugleich typisch für die Rezeption <strong>Flume</strong>scher Lehre: 30 Jahre waren vonnöten.<br />

Das Ergebnis ist nicht nur dogmatisch ein Fortschritt, sondern auch für die Praxis eine Erleichterung, kann<br />

die Personengesellschaft nunmehr doch als solche im Rechtsverkehr auftreten, klagen und verklagt werden, ist<br />

sie register- und wechselrechtsfähig etc.<br />

V.<br />

Kehren wir nach der Betrachtung des Werkes noch einmal kurz zur Person zurück. <strong>Werner</strong> <strong>Flume</strong> war eine<br />

herausragende Persönlichkeit, im Umgang aufmerksam und verbindlich, in der Sache kompromißlos. Was er<br />

für richtig hielt, vertrat er mit Schärfe; ihn reizte die klärende Auseinandersetzung. Seit 1972 war er Mitglied<br />

unserer Akademie. Als seine Aufnahme beantragt wurde, hieß es zur Begründung: „Er wird für Bewegung<br />

sorgen wie der Hecht im Karpfenteich“, was zu dem Zwischenruf „Und wir sind die Karpfen!“ führte, wie<br />

Gerhard Kegel (NJW 1988, 2352) berichtet hat. 1974 hat er in unserer Akademie einen schönen Vortrag über<br />

„Gewohnheitsrecht und römisches Recht“ gehalten, in dem er die Annahme, die Juristen der klassischen Zeit<br />

hätten die consuetudo als Rechtsquelle anerkannt, zurückwies. Nach dem Wandel in der Quellenkritik, der in<br />

den letzten Jahrzehnten vollzogen worden ist, muß das zweifelhaft bleiben. Im übrigen war <strong>Flume</strong> Mitglied der<br />

British Academy, der Göttinger ebenso wie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Regensburger<br />

Ehrendoktor.<br />

<strong>Flume</strong> war Einzelkämpfer; für ihn galt Schillers: „Der Starke ist am mächtigsten allein“. Und gleich<br />

Pilatus (Joh. 19,22) hielt er an Wort und Meinung fest: Quod scripsi, scripsi; Neuauflagen bedurften<br />

keiner Verbesserung oder Erweiterung. Herrschende Meinungen, Kritik und Ablehnung beeindruckten<br />

ihn nicht – „anders nur <strong>Flume</strong>“ oder sogar „abwegig <strong>Flume</strong>“ waren lange Zeit geradezu kennzeichnende<br />

Ablehnungsfloskeln. Er war sich seiner Sache sicher und oft war er es, der am Ende das Feld behauptete.<br />

<strong>Flume</strong> war der Zuchtmeister der Bonner Fakultät, verantwortungsbewußt, mit hohem Ideal und Anspruch.<br />

Wo etwas im Argen lag, rief er zur Ordnung – was nicht nur Freunde schuf –, war er zur Stelle, handelnd und<br />

helfend; viele waren und sind ihm dankbar verbunden.<br />

Schweres hatte auch er zu tragen. Ein Sohn, der älteste von fünf Kindern, verstarb im besten Mannesalter.<br />

Seine geliebte Frau, der er im finanzwissenschaftlichen Seminar von Schumpeter erstmals begegnet war, hatte<br />

im Alter ein langes Siechtum zu durchleiden; aufopfernd und klaglos hat er sie über viele Jahre gepflegt; 1996<br />

verstarb sie. Doch erwies es sich als gütige Fügung, daß er die letzten zehn Jahre mit der Witwe eines alten<br />

Studienfreundes teilen konnte; dies gab den Rückhalt, den Traum von der vita longaevi hominis zu verwirklichen.<br />

Sehr bewußt ist er von uns gegangen. Schon sehr geschwächt gab er acht Tage vor seinem Tode auf die Frage<br />

nach seinem Namen zur Antwort: „Ich war <strong>Werner</strong> <strong>Flume</strong>“. Für uns wird <strong>Werner</strong> <strong>Flume</strong> gegenwärtig bleiben.<br />

Wer ihn erlebt´, vergißt ihn nicht. Er liebte Fontane. Es wird kein Zufall sein, wenn wir in dessen Sprüchen (4,<br />

Vers 1) finden, was wie der Leitspruch <strong>Werner</strong> <strong>Flume</strong>s erscheint:<br />

„Es kann die Ehre dieser Welt / Dir keine Ehre geben, / was Dich in Wahrheit hebt und hält, / muß in<br />

Dir selber leben. ... Das flüchtge Lob, des Tages Ruhm / magst Du dem Eitlen gönnen; / das aber sei Dein<br />

Heiligthum: / Vor D i r bestehen können.“<br />

6<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. Rolf Knütel, Bonn<br />

∗ Gesprochen am 25. November 2009 in der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und<br />

Künste.

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