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Baugeschehen und Geschichte am Dresdner Neumarkt

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Seite 4 <strong>Neumarkt</strong>KURIER Heft 3/2010<br />

Von Dietrich Berger<br />

Die Einweihung des wiederaufgebauten<br />

Bürgerhauses R<strong>am</strong>pische Straße<br />

29 <strong>am</strong> 9. Oktober 2010 war für<br />

alle Beteiligten insofern ein bedeuts<strong>am</strong>es<br />

Ereignis, als sich an diese Rekonstruktion besondere<br />

Erwartungen hinsichtlich einer denkmalgerechten<br />

Wiederherstellung knüpften;<br />

hatte sich doch die Gesellschaft Historischer<br />

<strong>Neumarkt</strong> e.V. als Bauherr das ehrgeizige Ziel<br />

gestellt, <strong>am</strong> eigenen Haus sozusagen exemplarisch<br />

zu zeigen, dass es möglich (<strong>und</strong> nötig!)<br />

ist, denkmalpflegerische Ansprüche mit modernen<br />

Nutzungsanforderungen in Einklang<br />

zu bringen.<br />

Innerhalb des vom Landes<strong>am</strong>t für Denkmalpflege<br />

initiierten <strong>und</strong> vom Stadtplanungs<strong>am</strong>t<br />

mitgetragenen „Leitbau“– Konzeptes, das darauf<br />

orientiert ist, kunsthistorisch <strong>und</strong> städtebaulich<br />

wichtige, maßstabsbildende Gebäude<br />

im <strong>Neumarkt</strong>gebiet möglichst unter Einbeziehung<br />

verbliebener originaler Kellersubstanz<br />

<strong>und</strong>, wenn vorhanden, unter Wiederverwendung<br />

geborgener Architekturfragmente zu<br />

rekonstruieren, ist auch das Haus R<strong>am</strong>pische<br />

Straße 29 als Bestandteil dieses konzeptionellen<br />

Ansatzes zu betrachten.<br />

Die Bedeutung des Hauses gründet sich einerseits<br />

auf den für die <strong>Dresdner</strong> Baukultur<br />

des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts wichtigen Architekten<br />

George Haase, der das Haus 1715 wohl für<br />

den Hofkoch George Merbelt errichtet hatte,<br />

als auch auf seine städtebaulich eingeb<strong>und</strong>ene<br />

Lage innerhalb der R<strong>am</strong>pischen Straße,<br />

die in ihrer optischen Hinführung auf die Frauenkirche<br />

wohl zu den berühmtesten städtebaulichen<br />

Raumbildern Europas zählt.<br />

Diese Alleinstellungsmerkmale für ein wieder<br />

zu bebauendes Gr<strong>und</strong>stück waren für die Gesellschaft<br />

Historischer <strong>Neumarkt</strong> als Initiator,<br />

ihren Architekten Martin Trux <strong>und</strong> den Autor<br />

diese Beitrages als denkmalpflegerischen<br />

Berater des Vorhabens Herausforderung <strong>und</strong><br />

Ansporn zugleich, um ein unter den gegebenen<br />

Verhältnissen optimales Ergebnis mit<br />

Vorbildwirkung für weitere Bauvorhaben im<br />

<strong>Neumarkt</strong>bereich zu erreichen.<br />

Die Fassade des Hauses R<strong>am</strong>pische Straße 29 ist in historischer Lasurtechnik gestrichen worden.<br />

Schon allein dies verleiht ihr ein authentischeres Gepräge als das der meisten anderen Fassaden<br />

<strong>am</strong> <strong>Neumarkt</strong>.<br />

DIe RekoNstRuktIoN Des BüRGeRhauses<br />

R<strong>am</strong>pIsche stRasse 29<br />

aus DeNkmalpfleGeRIscheR sIcht<br />

Eine Rekonstruktion<br />

mit „Innenleben“<br />

So hat sich an diesem Objekt der Leitbaugedanke<br />

nicht wie bei vielen anderen Rekonstruktionen<br />

<strong>am</strong> <strong>Neumarkt</strong> letztlich nur noch auf<br />

die Fassaden reduziert, sondern es ist hier<br />

gelungen, die originalen Kellergewölbe zu erhalten<br />

<strong>und</strong> in den Neubau zu integrieren, sowie<br />

auch die historischen Gr<strong>und</strong>rissstrukturen<br />

in den Obergeschossen sinngemäß wiederherzustellen:<br />

Um den Innenhof mit anliegendem<br />

Treppenhaus an ursprünglicher Stelle<br />

gruppieren sich die Räume von Vorderhaus,<br />

Hinterhaus (zur Salzgasse) <strong>und</strong> Zwischenflügel.<br />

Die Treppenstufen wurden analog zum<br />

ursprünglichen Zustand wieder vollständig in<br />

Sandstein mit historischer Profilierung <strong>und</strong><br />

entsprechender Oberflächenbearbeitung hergestellt.<br />

Ein besonderer gestalterischer Höhepunkt,<br />

der dem Neubau im Inneren neben<br />

dem Treppenhaus Authentizität <strong>und</strong> Würde<br />

verleiht, ist in Zus<strong>am</strong>menarbeit mit dem Landes<strong>am</strong>t<br />

für Denkmalpflege <strong>und</strong> Archäologie<br />

Sachsen-Anhalt (Dr. Peter Seyfried †) gelungen:<br />

Aus einem Abbruchhaus in Weißenfels<br />

wurde eine frühbarocke Stuckdecke nach<br />

entsprechenden Anpassungsarbeiten in den<br />

großen Erdgeschossraum des Vorderhauses<br />

transloziert. D<strong>am</strong>it konnte nicht nur wertvolles<br />

Kulturgut vor der Vernichtung bewahrt werden<br />

– mit dieser Decke, die die Stuckateure Ronald<br />

Pietzsch <strong>und</strong> Uwe Henkel in einfühls<strong>am</strong>er<br />

Weise gereinigt, ergänzt <strong>und</strong> angepasst haben,<br />

wird im <strong>Neumarkt</strong>gebiet erstmalig auch<br />

ein kompletter Innenraum dem Genius Loci<br />

dieses Bereiches gerecht. Mit seiner Integration<br />

in die Arbeitsräume des Landesbischofs<br />

der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens erhält er<br />

darüber hinaus eine adäquate Nutzung. Dies<br />

trifft sinngemäß auch auf die übrigen Räume<br />

des Hauses zu, die als Bischofskanzlei, als<br />

Wohnungen für Musikstudenten, als Café<br />

<strong>und</strong> als Büro für die Gesellschaft Historischer<br />

<strong>Neumarkt</strong> genutzt werden sollen. Die in dieser<br />

Funktionsmischung garantierte Öffentlichkeit<br />

des Gebäudes macht es künftig im besten<br />

Sinne des Wortes wieder zu einem „Bürgerhaus“<br />

– zu einem Haus für die Bürger!<br />

Die Wiederherstellung der<br />

historischen Fassade<br />

Besondere Aufmerks<strong>am</strong>keit bei der Wiedererrichtung<br />

des Hauses erforderte selbstverständlich<br />

die Rekonstruktion der vierachsigen<br />

Hauptfassade zu R<strong>am</strong>pischen Straße. Leider<br />

standen dafür keine geborgenen originalen<br />

Architekturfragmente zur Verfügung, sodass<br />

hier ausschließlich auf die Bilds<strong>am</strong>mlungen<br />

des Landes<strong>am</strong>tes für Denkmalpflege Sachsen,<br />

des Stadtplanungs<strong>am</strong>tes Dresden, der<br />

Deutschen Fotothek (SLUB) <strong>und</strong> weiterer Archive<br />

zurückgegriffen werden musste. Hier<br />

ist besonders Herrn Dr. Stefan Hertzig von<br />

der GHND für seine kompetente <strong>und</strong> tatkräftige<br />

Hilfe bei den Recherchen <strong>und</strong> bei der<br />

Fotos: www.bausituation-dresden.com (2)<br />

Aufbereitung der fotografischen Dokumente<br />

zu danken, die es ermöglichte, den Planern,<br />

Handwerkern <strong>und</strong> Künstlern aussagefähige<br />

Bildunterlagen in die Hand zu geben.<br />

Angesichts großer Ähnlichkeiten der Fassade<br />

mit anderen Bauten Haases im <strong>Neumarkt</strong>gebiet<br />

ist man fast versucht, von typisierten Bauten<br />

des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts zu sprechen. Doch<br />

auch wenn wesentliche Gr<strong>und</strong>strukturen<br />

dieser Fassaden übereinstimmen (z. B. Vierachsigkeit,<br />

Viergeschossigkeit, zweiachsiger<br />

Mittelrisalit, rahmende Pilaster bzw. Lisenen),<br />

<strong>Neumarkt</strong>KURIER Heft 3/2010 Seite 5<br />

Blick in den winzigen Innenhof, der sehr realistisch die Raumverhältnisse <strong>am</strong> eng bebauten<br />

<strong>Neumarkt</strong> im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert wiedergibt.<br />

so zeigt sich ihre meisterliche Gestaltung<br />

besonders in der feinen, unterschiedlichen<br />

Detailbehandlung der jeweiligen Fassadenzier,<br />

speziell im Bereich der Mittelrisalite. Am<br />

Haus Nr. 29 konnten diese Zierelemente nach<br />

Fotos wieder in historischer Antragstechnik<br />

rekonstruiert werden, wobei diese Arbeiten<br />

hier durch die beiden schon genannten Stuckateure<br />

Pietzsch <strong>und</strong> Henkel ausgeführt wurden,<br />

die trotz des angestrebten einheitlichen<br />

Ges<strong>am</strong>teindruckes ihre jeweils eigenen handwerklichen<br />

„Handschriften“ eingebracht <strong>und</strong><br />

im Endergebnis die Fassade authentisch mit<br />

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