20.08.2012 Aufrufe

und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht

und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht

und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Elmar Siebenborn, Interpretationen <strong>und</strong> Unterrichtsvorschläge zu Caesars »Bellum Gallicum«<br />

digt haben, <strong>und</strong> ein e zusätzliche gesamtgallische Machtbasis an. Beide Absichten<br />

sollen durch de n Wanderzug verwirklicht werden: dieser würde sowohl eine starke<br />

Zentralgewalt erforderlic h mache n al s auch di e Einflußsphäre de s Helvetier -<br />

Stamms über gan z Mittelgallien ausdehnen. I m Fall e der Verwirklichung hätten<br />

solche Pläne weitreichende innere Veränderungen zu r Folge , die durchaus nich t<br />

im Interess e de s Stammes lägen: sie zielen darauf, de n Proze ß der Gewaltentei -<br />

lung <strong>und</strong> Republikanisierung , in dem sic h all e mittelgallischen Völker zur Zei t<br />

Caesars befinden , rückgängi g zu mache n un d di e früher e monarchisch e Ord -<br />

nung zu restaurieren. Die innenpolitische n Absichte n verschweigt Orgetorix in -<br />

dessen de m Volk : nur di e Adelsclique, die mit ih m vo n eine r solchen Entwick -<br />

lung profitieren würde, weiht er insgeheim ein. Nach außen propagiert er nur die<br />

Expansionspläne, di e de m gesamte n Stam m zugut e kämen . De n Widerspruc h<br />

zwischen den öffentlic h gegenübe r der civita s geäußerten Plänen (civitat i persuasit)<br />

<strong>und</strong> den geheimen Absichten (coniuratio) , deren Mitwisser nur die Angehörigen<br />

der Nobilität sind , läßt Caesars Darstellung deutlich hervortreten .<br />

Den persönliche n un d Stande s bezogenen Interesse n de s Orgetorix steh t der kollektive<br />

Stammesehrgeiz der Helvetier (I 2,4-5) gegenüber. Ihr erstes <strong>und</strong> wichtigstes<br />

Auswanderungsmotiv ist (nach Caesars Darstellung) 1 , im Gegensatz zur regni<br />

cupiditas ihres Anführers (I 2,1), die bellandi cupiditas (I 2,4). Zum Auslebe n der<br />

stammeseigenen Aggressivitä t bedarf e s eines günstigere n Ausgang s terrains: im<br />

Falle eines Angriffs au f gallische Nachbarstämme würd e be i eine r Beibehaltun g<br />

der bestehende n Stammesgrenze n di e notwendige Überwindun g schwere r geographischer<br />

Hindernisse den Angriffselan blockieren <strong>und</strong> die Möglichkeit zu militärischen<br />

Überraschungsaktione n erheblic h beschneiden . Ei n zweite s Moti v<br />

kommt hinzu (I 2,5): angesichts der Volksmenge (multitud o hominum ) <strong>und</strong> de s<br />

Kriegsruhms (gloria belli) — später (I 12,5 ) wird deutlic h werden , da ß e r sic h<br />

gerade von eine m Sie g über di e Römer herleite t - halten di e Helvetier ihr Lan d<br />

für unangemessen klein. Seine Ausweitung ist (nach Caesar) keine Frage der Notwendigkeit,<br />

sondern eine Prestigeangelegenheit.<br />

In eine m einzigen Punkt treffe n sic h die Motive der Helvetier <strong>und</strong> ihre s Anfüh -<br />

rers. Die Überwindung de r einengenden natürliche n Grenze n entspricht sowoh l<br />

den ehrgeizige n Plänen de s Orgetorix al s auch dem Nationalstol z de r Volksmassen.<br />

So betrachtet erhäl t die Mittelpunktstellung der Beschreibung der Landesnatur<br />

(I 2,3) ihren tiefere n Sinn .<br />

Caesars (übertreibende) Angaben über die Ausdehnung des Helvetierlandes (I 2,5<br />

qui .. . patebani) mache n deutlich , da ß ih m zufolg e da s helvetisch e Auswanderungsmotiv<br />

de r räumlichen Enge jeder objektiven Gr<strong>und</strong>lag e entbehrt .<br />

Auch hie r enthäl t sic h Caesa r indesse n jede r direkte n Kritik ; di e Leserlenkun g<br />

vollzieht sich implizit, aber um so wirkungsvoller. Sie kommt durch zwei Darstel-<br />

1 Um di e aggressiven Absichten de r Helvetie r herauszustellen, läßt Caesa r offensichtlich an -<br />

dere naheliegende Auswanderungsmotive, wie vor allem die Landnahme de r Germanen au f<br />

dem rechte n Rheinufe r <strong>und</strong> di e dadurch bewirkt e Zuwanderung rechtsrheinische r Bevölkerungsteile<br />

in da s Kernland, auße r acht .<br />

© , <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />

ISBN Print: 978525256459 — ISBN E-Book: 978647256450<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!