12.07.2015 Aufrufe

RICHARD L. CARY VORLESUNG „Sucht zuerst das ... - Quäker-Hilfe

RICHARD L. CARY VORLESUNG „Sucht zuerst das ... - Quäker-Hilfe

RICHARD L. CARY VORLESUNG „Sucht zuerst das ... - Quäker-Hilfe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

und (oftmals in der Quäkerversammlung) <strong>das</strong> rechte Wort zur rechten Zeitfinden, und besonnen handeln können, wo andere wie gelähmt sind.Unsere Praxis des Wartens ist progressiv. Das Licht dringt immer weiter inuns vor, hinunter zum „unterdrückten Samen“, wie frühere Freunde es nannten,den es befreien will. „Orte“ der Dunkelheit und des Todes in uns, „erfroreneTeile“ unserer Seele, werden fortschreitend „erlöst“. Durch diese Aktion desLichts werden wir schließlich, meist unbewusst, zu Rettern, Erlösern, anderer.In den Journalen früherer Freunde gibt es wunderbare Beispiele davon. (13)„Die Welt verändern“ heißt, den göttlichen Samen in ihr befreien von dem, wasihn bedrückt, unterdrückt, und hindert, im Innern der Menschen, und in allenkreatürlichen Situationen.Umkehr und ErlösungDie Rückkehr zur Ausgangslage heißt in der jahrtausende-alten jüdisch-christlichenTradition, aus der <strong>das</strong> Quäkertum entsprungen ist, Umkehr. „Kehrt um!“ist der Prophetenruf, der aus den Schriften verschiedenster Zeiten durch dieBibel schallt. Die Bewegung, aus der Erneuerung, der Weg nach vorne, kommt,ist zunächst eine rückwendende. (14) „Kehrt um – denn <strong>das</strong> Reich Gottes ist da!“,wie <strong>das</strong> Neue Testament es sagt. (15) Es war schon immer da – wir sind nurweggelaufen.Keine Geschichte in der Bibel stellt für mich die Natur dieser Rückkehr-im-Licht klarer und präziser dar als <strong>das</strong> berühmte Gleichnis Jesu vom „VerlorenenSohn“, der sich vom Vater sein Erbe ausbat, um es in der Welt durchzubringenund schließlich in einem Schweinestall zu enden, wo er sich eines Tages entschloss,zurückzukehren. Und so wie er den ersten Schritt dazu tat, kam ihmder Vater entgegen.Der Sohn hatte erwartet, <strong>das</strong>s er nun die niedrigste Stellung in seines VatersHaus einnehmen werde. Eine demütigende, entwürdigende Stellung - für ihnals den rechtmäßigen Erben - eine Sklavenposition, denn er glaubte selbst, <strong>das</strong>ser es nicht anders verdiene. Stattdessen fand er sich in die höchste und freudigsteStellung erhoben.Warum sind wir so zögerlich zur Umkehr? Wir fürchten uns vor der demütigendenLage, in die wir durch Anerkennung unserer Realität kommen könnten.Reue könnte uns überfallen, Zusammenbruch, Trauer, Tränen (die so vielBefreiung bringen). Wir fürchten innerliche Strafaktionen, Selbstablehnungund Selbstverdammung. Es graut uns vor der Erfahrung der Niedrigkeit, vorder wir uns so fleißig zu schützen suchten. Die frühen Freunde nannten <strong>das</strong>Ereignis der Umkehr „conviction“, Überführung (ein „convinced Friend“ warursprünglich ein vom Licht Überführter), und sagten, dies sei <strong>das</strong> erste, was<strong>das</strong> Licht tue. Sie interpretierten die Klausel, die bei Matthäus dem Ausdruck„Reich Gottes“ in unserm Themasatz folgt - „und seine Gerechtigkeit“ - dahin,<strong>das</strong>s diese Gerechtigkeit <strong>zuerst</strong> einmal in uns selbst wirksam werden müsse,nämlich eben in dieser persönlichen Überführung durch <strong>das</strong> Licht.Wie beim Schrei, können wir erst herausfinden, wer Gott ist, wenn wir denSchritt der Umkehr TUN. Sowie wir unsern Fuß auf den „Weg zurück“ gesetzthaben, sind wir in der Ankunft.Martin Buber, jüdischer Religionsphilosoph und Freund der Quäker, dessengroßes Werk Ich und Du mich diesen Sommer unter euch begleitet hat, endetsein tiefes Nachdenken über die zentrale Bedeutung der Beziehung im religiösenund mitmenschlichen Leben mit einer Aussage, die ich sowohl für deninneren Vorgang im Einzelnen als auch für die Entwicklung der Menschheitals geltend empfinde:Das Verhängniswird mit jedem Aeon erdrückender,die Umkehr sprengender.Und die Theophaniewird immer näher,sie nähert sich immer mehr der Sphärezwischen den Wesen, nähert sich dem Reich,<strong>das</strong> in unserer Mitte, im Dazwischen, liegt.Die Geschichteist eine geheimnisvolle Annäherung.Jede Spirale ihres Wegsführt uns in tieferes Verderbenund in grundhaftere Umkehr zugleich.Das Ereignis aber, dessen WeltseiteUmkehr heißt, dessen Gottesseite heißtErlösung.6. „... und alle diese Dinge werden euch gegeben werden“Wie hängen nun die beiden Teile unseres Themasatzes zusammen? Was stecktin dem verbindenden Wörtchen „und“? Ist da ein kausaler Zusammenhang,oder meinte Jesus bloß: „Kümmert euch ums Reich Gottes – denn alle dieseandern Dinge, um die ihr euch sorgt, werden euch ohnehin gegeben?“Als ich in meiner Vorbereitung zur zweiten Hälfte unseres Satzes kam, warmir, hier könne ich nur noch singen. Von einer Erfahrung, die über Erklärungund Kausalität hinausgeht, wie wahre Geschenke <strong>das</strong> eben tun, ohne Warumund Wozu. Ich sehe mich um - und was sehe ich? Wie ist <strong>das</strong> Leben im ReichGottes?Die „himmlische Ökonomie“: Ich besinge, was ich seit kurzem die „himmlischeÖkonomie“ nenne. Vielleicht gibt es so etwas. Es hat nichts zu tun mit28 29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!