Titelthema im Mai<strong>Vernetzen</strong> <strong>der</strong> <strong>Vertriebswege</strong>Kunden wollen alles überall - <strong>Cross</strong> <strong>Channel</strong>"Vom Krieg <strong>der</strong> Kanäle zur Multichannel-Synergie",so lautet <strong>der</strong> Titel <strong>der</strong>"Non-Food Multichannel-Handel 2015"-Studie von Accenture und <strong>der</strong> GfK. Diesbedeutet, dass in den letzten Jahren einUmdenken im Handel begonnen hat,bzw. hat beginnen müssen. War dasInternet bzw. <strong>der</strong> Internethandel anfangsdie große Konkurrenz, die mit Dumpingpreisenden stationären Fachhandel ruinierte- wobei <strong>der</strong> Kunde sich häufig dieBeratung erstmal beim Händler vor Ortgeben ließ, so lässt sich nun feststellen,dass Online-Handel und stationärerHandel immer stärker zusammenwachsen.Online-Handel ist zu einem ganznormalen Vertriebsweg neben dem traditionellenFace-to-Face-Verkauf geworden.Kunden unterscheiden kaum nochnach <strong>Vertriebswege</strong>n, sie interessiert nurdie Kaufmöglichkeit. Sie sind flexibelgeworden und mischen die verschiedenenVertriebs- und Informationsplattformen.Verstärkt wurde dieses Verhalten,das den Handel auf Dauer verän<strong>der</strong>nwird, durch die inflationäre Verbreitungvon Smartphones und Tabletts mit günstigenDatenflatrates, die es jedem erlauben,ständig online zu sein. Dieses Phänomenheißt <strong>Cross</strong> <strong>Channel</strong> und wurdeu.a. im April auf dem 23. ECC-Forum inKöln thematisiert. Die unten stehendeGraphik zeigt die engen Verknüpfungen<strong>der</strong> verschiedenen Optionen, die inzwischenpraktisch jedem zur Verfügung stehen.Es wird online vor einem Kauf imstationären Handel recherchiert undschon 50 % <strong>der</strong> Umsätze im stationärenHandel werden auf diese Art und Weisegeneriert. Die Quote dieser Einkäufeliegt bei 33%, umgekehrt werden nur elfProzent <strong>der</strong> Online-Käufe stationär vorbereitet.Kunden wechseln zwar den Vertriebskanal,aber sie wechseln nichtunbedingt den Anbieter! Wer mit einemkundenfreundlichen Online-Shop überzeugenkann, <strong>der</strong> profitiert von diesenMechanismen. Je<strong>der</strong> dritte Befragte <strong>der</strong>Accenture Studie nutzt den Online-Shopseines stationären Händlers, um außerhalb<strong>der</strong> Öffnungszeiten einzukaufen.Mehr als 50% <strong>der</strong> Befragten erwartenein einheitliches Sortiment, einheitlichePreise und identische Werbeaktionenonline und offline. HDE-HauptgeschäftsführerStefan Genth prognostiziert für2013 eine weitestgehende Stagnationim stationären Handel und ein (weiteres)Wachstum des Online-Handels. Auch ersieht aber nicht mehr die Konkurrenzbei<strong>der</strong> Kanäle, son<strong>der</strong>n die Verzahnungim Vor<strong>der</strong>grund stehend. 20 Prozent <strong>der</strong>Händler hätten bereits sowohl ein stationäresGeschäft als auch einen Online-Shop. Seine zugespitzte Schlussfolgerung:"Wer im Online-Handel den An -schluss verpasst, wird ein Verlierer sein!"Verknüpfung off- und onlineDas Einkaufen im Netz ist Normalitätgeworden. 37 % <strong>der</strong> Online-Käufer kaufenmehrmals pro Monat online, dies isteine Steigerung um knapp 30 % im Vergleichzu 2011. Sicherlich gibt es Produkte,die häufiger im Netz gekauft werdenals an<strong>der</strong>e, aber <strong>der</strong> Trend ist eindeutig.Vor allem werden Kombinationenbeliebter: Waren werden onlinebestellt, in ein Geschäft geliefert, könnendort probiert und abgeholt werden; <strong>der</strong>Warenbestand wird online geprüft, ggf.wird reserviert und die Ware wird imGeschäft abgeholt, Rücksendungen vononline gekaufter Ware werden im Ge -schäft abgegeben anstatt per Post zu -rückgeschickt zu werden; erklärungsbedürftigeProdukte werden im stationärenGeschäft angesehen und später nach ei -ner Bedenkzeit online beim selben An -bieter in dem Wissen gekauft, dass beiProblemen ein kompetenter Ansprechpartnervor Ort ist ...Solche Verknüpfungen sind für alle Wa -ren denkbar, auch für die, die sich bislangnur schlecht online verkaufen ließen.KundenzufriedenheitDiese Beispiele zeigen, dass Kunden ei -ne hohe Erwartungshaltung haben unddass es viel schwieriger wird, eine stabileKundenbindung herzustellen. Der Ge -samtauftritt eines Händlers muss für Kundeneinen Wie<strong>der</strong>erkennungswert ha -ben. Aktivitäten müssen bekannt ge -macht werden - im Geschäft und im Internetmuss auf die Verbindung hingewiesenwerden. Im Netz wird inzwischenhäufig das erwartet, was einen gu tenFachhandel auszeichnet - gute Qualitätund hervorragen<strong>der</strong> Service, wie ausführlicheErklärungen, eine Verfügbarkeitsanzeige,verständliche Informationenüber Bezahl- und Versandbedingungen,verschiedene Zahlungsmöglichkeiten,kurze Lieferzeiten, Nachverfolgung4 ZHH-Info 5/2013
Titelthema im Maides Versandstatus, eine Bestätigungsmailfür die Bestellung, unkomplizierteRücksendungen, keine verstecktenKosten, eine Servicehotline ...Die Ansprüche sind gewachsen, allein<strong>der</strong> Preis ist kein Kaufargument mehr.KonsequenzenDies bedeutet, dass ein Online-Shopnicht neben dem stationären Geschäftbetrieben werden sollte, son<strong>der</strong>n ein Teildessen sein muss. Kunden müssen denHändler vor Ort im Netz eindeutig er -kennen können, wenn sie dort kaufensollen. Die Integration in das stationäreUnternehmen bedeutet aber auch eineenge Verzahnung aller Arbeitsschritte.Dies ist eine Aufgabe, die überaus komplexist, und für einen allein kaum zuleisten. Kunden erwarten professionelleInternetauftritte, ebenso wie sie seit jeherProfessionalität im stationären Handelfor<strong>der</strong>n.AnbieterDemzufolge hat sich ein ganzer Wirtschaftszweigentwickelt, <strong>der</strong> Internet-Shops anbietet. Die Auswahl des geeignetenhängt von den Wünschen undBedürfnissen des einzelnen Händlers ab.Wer aber Mitglied einer Verbundgruppeo<strong>der</strong> eines Einkaufsverbandes ist, <strong>der</strong>sollte zuerst prüfen, welche Angebote esdort gibt. Viele Kooperationen bietenintegrative Lösungen an, die mit häufigschon existierenden Systemen des stationärenHandels verknüpft sind. Hierdurchwird doppelte Arbeit vermieden.In nahezu allen Branchen werden <strong>der</strong>zeitkomplexe Modelle vorbereitet o<strong>der</strong>sind in Umsetzung begriffen, die zumZiel haben, Kunden zu binden - egal aufwelchem Weg er einkauft. Die Entwicklungwird sich nicht mehr stoppen lassen,wer sich daran gewöhnt hat, jenach Gelegenheit überall einzukaufenund alle Informationskanäle zu nutzen,<strong>der</strong> wird dies nicht wie<strong>der</strong> aufgebenwollen. Für Kunden ist dies angenehm,und noch be quemer wird es für sie,wenn sie „alles unter einem Dach“ finden.BeispieleOhne den Anspruch auf Vollständigkeitzu erheben, hier einige Beispiele ausverschiedenen Branchen, welche vernetztenAngebote es gibt.Das E/D/E bietet ein MultiShop-Systeman, das sowohl in eine bestehende Internetpräsenzeingebaut werden kann alsauch als eigenständiger Shop funktioniert.Auch hier ist eine umfassende Vereinheitlichungaller Prozesse Ziel desSystems. In Zukunft sollen durch das ProjekteDC (elektronisches Data-Center)alle Datenbestände harmonisiert werdenund alle - egal ob ERP-Systeme <strong>der</strong>Händler, Printkataloge o<strong>der</strong> Online-Plattformen- sollen auf diesen Pool zugreifen.Die EK servicegroup hat zum 1. 4.einen eigenständigen Unternehmensbereichgeschaffen, <strong>der</strong> das stationäre Ge -schäft <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> mit den verschiedenenOnlinemöglichkeiten vernetzen soll.ElectronicPartner stellt seinen Mitglie<strong>der</strong>nkünftig alle Artikel online in denGe schäften zur Verfügung, so dass dieHändler nicht mehr nur auf das vorhandeneSortiment zurückgreifen müssen.Sie können ihren Kunden mit Hilfe <strong>der</strong>"VirtuelShell" im Geschäft eine großeAuswahl zeigen und gewünschte Artikelbesorgen. Dies ist eine Erweiterung desschon bestehenden Internet-Shops, <strong>der</strong>von den Kunden selbst besucht wird.Intersport (www.intersport.de) hat aufseiner Internetseite immer wie<strong>der</strong> Hinweiseauf den stationären Handel -schon in <strong>der</strong> Suchmaske erscheint z. B.„Produkte, Aktionen, Händler finden“.Der Shop verknüpft sein Angebot woimmer es möglich ist, mit den Händlernvor Ort: online bestellen, vor Ort ausprobieren;versandkostenfrei beim Händlerabholen; Retouren beim Händler abgeben;und Informationen zu Aktionen undAngeboten bei den Händlern vor Ort.Die Interessengemeinschaft <strong>der</strong>Rasenmäher- und Motorgerätespezialisten(IRMS) bietet ihren Mitglie<strong>der</strong>nHilfestellung an, wenn sie einShopsystem für einen Internetshop su -chen; außerdem werden Daten aus denProduktdatenbanken zur Verfügung ge -stellt.Der IRMS-Shop für Endverbraucher weistdeutlich auf die Fachhändler vor Ort hin,bietet z. B. Gutscheine als Anreiz offlinezu kaufen und Garantie- und Serviceleistungenvor Ort, wenn im Shopgekauft wird. Auch beson<strong>der</strong>e Angebote,wenn die bestellte Ware beim Händlerabgeholt wird, sind zu finden.MediaMarkt (www.mediamarkt.de)bietet auf seiner Internetseite Kunden dieMöglichkeit, die Verfügbarkeit im nächstenstationären Ge schäft zu prüfen undWaren ggf. dorthin liefern zu lassen.Der MHK-Shop (www.mhk-shop.com) istals Vermittler zwischen den Kunden undden Händlern vor Ort zu sehen. Verträgewerden immer zwischen Händler undKunden geschlossen. Der MHK-Shopstellt Produkte und Dienstleistungen vonnahegelegenen Händlern vor. Kundenkönnen rund um die Uhr einkaufen,haben aber den Service vor Ort.Nordwest bietet seinen Mitglie<strong>der</strong>nein komplettes Paket an, das alle onlineundoffline-Aktivitäten <strong>der</strong> jeweiligenHändler bündelt und vernetzt. Auch diemobile Nutzung durch die Kunden <strong>der</strong>Mitglie<strong>der</strong> wird durch Apps unterstützt.Sport Scheck (www.sportscheck.com)verknüpft online und offline Angebotenicht nur im Waren-, son<strong>der</strong>n auch imService- und Beratungsbereich.Tchibo besorgt für Kunden in den Shopsinnerhalb kurzer Zeit versandkostenfreiWaren, die in <strong>der</strong> Filiale nicht (mehr)vorrätig sind und meldet sich beim Kunden,wenn die Ware in <strong>der</strong> Filiale abgeholtwerden kann. Im Internetshop(www.tchibo.de) wird auf die Filialenverwiesen.Die ZEUS hat in zwei Pilotmärkten ein<strong>Cross</strong> <strong>Channel</strong> Angebot gestartet, durchdas es möglich ist, im Markt nicht verfügbareProdukte über Tabletts den Kundendirekt zu zeigen und auch zu bestellen.Kunden bekommen alle Services des stationärenHandels verbunden mit einerOnline-Bestellung. hagebau hat aucheinen Online-Shop (www.hagebau.de),<strong>der</strong> durch eine integrierte Händlersucheund die Möglichkeit, die bestelltenWaren in den nächstgelegenen Marktliefern zu lassen, die angeschlossenenHändler miteinbezieht.FazitDer Markt ist in Bewegung und bietet eingroßes Potential, um durch Synergien<strong>der</strong> verschiedenen Kanäle Kunden zugewinnen und zu halten. Planungen solltennicht mehr von Konkurrenz <strong>der</strong> <strong>Vertriebswege</strong>ausgehen, son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong>Integration. Mittelfristig ist die Frage fürdie Mehrheit <strong>der</strong> Händler nicht mehr„ob“, son<strong>der</strong>n „wie“ beteilige ich micham Multi-<strong>Channel</strong>-Handel.Mehr InformationenBei Interesse können Sie die ge -nannte Studie von Accenture und<strong>der</strong> GfK als pdf in <strong>der</strong> Geschäftsstelle(E-Mail: claudia.koch@hartwaren.de)bekommen.ZHH-Info 5/2013 5