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argumente - Jobcenter Dortmund

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entwickeln_Projekt „Bord-Stewardessen“_Titel<br />

› Martin<br />

Januar 2010: Die JobCenterARGE <strong>Dortmund</strong> übernimmt die Kostenträgerschaft<br />

der Maßnahme und informiert die Kundenberater über das<br />

Anforderungsprofil für die potenziellen Teilnehmer. Gezielt sprechen<br />

diese geeignete Kunden an. Motiviert und aufgeschlossen sollen die sein<br />

und möglichst fit, denn der Job im Zug ist auch körperlich anstrengend.<br />

Serviceorientierung und ein gepflegtes Äußeres gehören natürlich auch<br />

zum Anforderungsprofil. „Denn“, so Martin Hertig, Servicemanager<br />

<strong>Dortmund</strong>/Münster bei der DB Fernverkehr AG, „die Ansprüche der<br />

Zugkunden sind enorm.“ Von manchem aus dem eigenen Unternehmen<br />

hört sich Wolfgang Graf auch Kritik an: „Aus Langzeitarbeitslosen wollt<br />

ihr Servicekräfte im Fernverkehr machen? Das geht doch nicht gut.“ Um<br />

so überraschter sind alle Beteiligten, als Matthias Doeth von der JobCenterARGE<br />

<strong>Dortmund</strong> nach kurzer Zeit ankündigt: „Wir haben 75 geeignete<br />

Kandidaten, die Bord-Steward oder Bord-Stewardess werden möchten.“<br />

Katja Arens, Projektmanagerin NRW beim ZukunftPlus e.V., und für die<br />

DB Training, Learning & Consulting im Einsatz, organisiert vier Informationsveranstaltungen<br />

für die Teilnehmer. „Wir haben die Inhalte, Teilnahmevoraussetzungen<br />

und Rahmendaten ausführlich erläutert.“ Und die sind<br />

keineswegs „easy going“: Im Schichtdienst, an Wochenenden und in der<br />

Nacht, bis zu zwölf Stunden am Stück, immer laufend oder stehend sind<br />

die Bord-Stewards im Einsatz. Mobilität wird verlangt: Der Einsatzort kann<br />

später in Köln, <strong>Dortmund</strong> oder Münster liegen. Und dann noch freundlich<br />

auch zu mäkelnden Kunden sein? Nur wenige sagten nach dem Hochgeschwindigkeits-Briefing<br />

in der Infoveranstaltung: „Senk ju vor träwelling!“<br />

Ach, ja! Sogar Englischkenntnisse bringen fast alle ARGE-Kunden mit. 54<br />

nehmen anschließend an Vorstellungsgesprächen teil. Die Gesprächsführer<br />

12_ <strong>argumente</strong><br />

Interview mit Timo Weischner (29)<br />

<strong>argumente</strong>: Hallo Herr Weischner, welche beruflichen Qualifikationen haben Sie<br />

bisher erworben?<br />

Timo Weischner: Nach dem Hauptschulabschluss habe ich eine Ausbildung zum<br />

Maler und Lackierer gemacht. Danach habe ich noch eine Ausbildung in der<br />

Systemgastronomie abgeschlossen und sechs Jahre bei einer großen Fastfood-Kette<br />

gearbeitet.<br />

<strong>argumente</strong>: Warum haben Sie diesen Job aufgegeben?<br />

Timo Weischner: Die versprochenen Aufstiegschancen konnte ich nicht erkennen.<br />

Außerdem erhöhte der Arbeitgeber immer mehr den Druck auf uns Angestellte, es<br />

herrschte eine schlechtes – von Angst geprägtes – Arbeitsklima, bis hin zum Mobbing.<br />

Irgendwann konnte ich einfach nicht mehr und habe selbst gekündigt.<br />

<strong>argumente</strong>: Wie lange waren Sie dann arbeitslos?<br />

Timo Weischner: Ich war etwa ein Jahr lang arbeitslos. In dieser Zeit habe ich mich<br />

intensiv um eine neue Arbeit bemüht, war im Berufsinformationszentrum und habe<br />

mich über Beschäftigungsmöglichkeiten informiert. Als ich meine Beraterin fragte,<br />

ob ich vielleicht bei den Service- und Präsenzdiensten unterkommen könnte, sagt<br />

diese mir, sie hätte eine bessere Idee.<br />

<strong>argumente</strong>: Was hat sie damit gemeint?<br />

Timo Weischner: Da ich ja Gastronomieerfahrung mitbringe und in den Gesprächen<br />

auch erwähnt hatte, dass ich mir durchaus vorstellen könne, auch in anderen<br />

Städten zu arbeiten – ja, dass ich eigentlich immer etwas von der Welt sehen wollte,<br />

aber entweder keine Zeit oder kein Geld für Auslandsaufenthalte hatte – da empfahl<br />

sie mir die Bewerbung für die Fortbildung bei der Deutschen Bahn. Ich war sofort<br />

begeistert!<br />

<strong>argumente</strong>: Hatten Sie Angst vor dem Vorstellungsgespräch bei der DB?<br />

Timo Weischner: Angst hatte ich nicht, weil ja schon während der Infoveranstaltung<br />

alle von der Deutschen Bahn unheimlich freundlich waren. Aber ich hatte<br />

einen unglaublichen Respekt. Es war ja schon so lange her, dass ich einmal ein<br />

Vorstellungsgespräch hatte. Ich wollte nichts falsch machen.<br />

<strong>argumente</strong>: Offensichtlich haben Sie alles richtig gemacht. Denn die Deutsche<br />

Bahn hat Sie für die Maßnahme ausgewählt. Worauf freuen Sie sich jetzt am<br />

meisten?<br />

Timo Weischner: Auf die ersten Lernfahrten. Dann geht es zwar nicht in die weite<br />

Welt. Aber ich werde auf jeden Fall viele Menschen und viele Bahnhöfe in Deutschland<br />

kennen lernen.<br />

<strong>argumente</strong>: Danke, dass wir Sie kennen lernen durften und viel Erfolg!<br />

Kursleiter und Teilnehmer im Schulungsraum (l.)<br />

Timo Weischner (r.) am ersten Ausbildungstag<br />

›››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››››<br />

der DB haben bei fast allen Bewerbern den Eindruck, dass Motivation und<br />

Ehrgeiz stimmen. Die Vorauswahl durch die JobCenterARGE <strong>Dortmund</strong><br />

bewerten sie durchweg positiv. Hermann Vey, Produktmanager zur Förderung<br />

beruflicher Bildung bei DB Training, berichtet: „Wir verfahren mit<br />

jedem Kandidaten so, wie es die Managementvorschriften für Bewerbungen<br />

bei der Deutschen Bahn vorsehen. Es gibt keine Schonbehandlung.“<br />

26 – in DB-Jargon: „A-Kandidaten“ – kristallisierten sich heraus; nach der<br />

arbeitsmedizinischen Untersuchung können 18 die Ausbildung beginnen.<br />

März 2010: Der Lehrgang startet. 18 hoch motivierte, neugierig aufgeregte<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich im Seminarraum unter dem<br />

Dach des <strong>Dortmund</strong>er DB-Gebäudes in der „Alten Post“ eingefunden.<br />

Auf dem Programm stehen in den kommenden Wochen 54 Tage Qualifizierung<br />

und 46 Tage Praktikum. Gesundheitsprävention beim Wechseldienst,<br />

Kundenkommunikation, Konfliktmanagement, Englisch für<br />

Servicemitarbeiter und auch Image und Stilberatung lauten die Themen.<br />

Interview mit Diana Kieß (41)<br />

entwickeln_Projekt „Bord-Stewardessen“_Titel<br />

Herting, Servicemanager bei der DB Herman Vey und Katja Arens, verantwortlich für berufliche Diana Kieß, zukünftige Bord-Stewardess<br />

Bildung bei DB Training<br />

Fotos: Joe Kramer (3) und Andreas Buck (2)<br />

BETEiliGTE AN DEr QUAlifiZiErUNG:<br />

KOSTENTräGEr = jOBcENTErArGE DOrTMUND<br />

› AUSwAhl UND ANSPrAchE DEr TEilNEhMEr<br />

› fiNANZiErUNG DEr MASSNAhME<br />

BilDUNGSTräGEr = DB TrAiNiNG, lEArNiNG & cONSUlTiNG<br />

› lEhrGANGSKONZEPT<br />

› ZErTifiZiErUNG<br />

› UNTErSTüTZUNG BEi DEr TEilNEhMErAUSwAhl<br />

› MODErATiON DEr iNfOvErANSTAlTUNGEN<br />

› DUrchführUNG DEr MASSNAhME<br />

› DOKUMENTATiON<br />

KOOPErATiONSUNTErNEhMEN = DB fErNvErKEhr AG<br />

› UNTErSTüTZUNG BEi DEr KONZEPTiON<br />

› BErEiTSTEllUNG vON räUMEN UND PErSONAl für iNfOvErANSTAlTUNGEN,<br />

vOrSTEllUNGSGESPrächE UND DiE<br />

SchUlUNGEN<br />

› BErEiTSTEllUNG DEr PrAKTiKUMSPläTZE<br />

› AUSSichT: PrOBEArBEiTSvErhälTNiS ODEr fESTANSTEllUNG<br />

NAch ErfOlGrEich ABGESchlOSSENEr QUAlifiZiErUNG<br />

BEi DEr DEUTSchEN BAhN AG<br />

<strong>argumente</strong>: Hallo Frau Kieß, was sagen Sie dazu, dass Sie im Bewerbungsgespräch<br />

überzeugt haben und nun die Ausbildung zur Bordstewardess machen können?<br />

Diana Kieß: Ich habe mich tierisch gefreut! Wirklich! Dass ich noch einmal eine<br />

Chance bekomme, wieder bei einem großen Unternehmen einzusteigen, das freut<br />

mich sehr!<br />

<strong>argumente</strong>: Sie waren also schon einmal bei einem großen Unternehmen angestellt?<br />

Diana Kieß: Ja, ich war sogar Beamtin. Bei der Telekom habe ich 13 Jahre lang<br />

nach der mittleren Reife gearbeitet. Und dann zog es mich in die große weite Welt.<br />

Ich war jung und erlebnishungrig, habe meinen sicheren Job in Deutschland an den<br />

Nagel gehängt und mit Bekannten ein Restaurant in der Türkei aufgemacht. Ganz<br />

schön verrückt!<br />

<strong>argumente</strong>: Das hört sich in der Tat nach einem ziemlichen Abenteuer an. Offensichtlich<br />

ist der Traum von Sonne, Meer und Freiheit dann wohl zerplatzt?<br />

Diana Kieß: So ist es. Nach etwas weniger als drei Jahren war alles vorbei – finanziell<br />

bin ich glücklicherweise noch mit einem blauen Auge davon gekommen. Aber<br />

den Lebensstandard, den ich vorher in Deutschland hatte, konnte ich natürlich<br />

nicht wieder erreichen.<br />

<strong>argumente</strong>: Haben Sie nach Ihrer Rückkehr nach Deutschland sofort wieder eine<br />

Arbeit gefunden?<br />

Diana Kieß: Ja, ich bin bei einem Mobilfunkanbieter untergekommen. Doch dort<br />

herrschte absolutes Lohn-Dumping, dann kam auch noch Mobbing hinzu. Das hat<br />

mich so sehr belastet, dass ich sogar krank davon wurde. Ich habe selbst gekündigt.<br />

Danach war ich für eine Zeitarbeitsfirma im Einsatz – ebenfalls in der Telekommunikationssparte.<br />

Doch die mussten in der Krise Personal abbauen. Also stand ich auf<br />

einmal wirklich ohne Job da. Und dann flatterte ein Schreiben von der JobCenter<br />

ARGE bei mir ins Haus, das auf die Maßnahme der DB hinwies. „Das ist mein<br />

Ding!“, habe ich da sofort gedacht.<br />

<strong>argumente</strong>: Dafür wünschen wir Ihnen jetzt ganz viel Erfolg! Danke für das<br />

Gespräch.<br />

Es folgen: Produktkunde, Servicetraining, Kassieren und wirtschaftliches<br />

Handeln sowie Verkehrsgeografie und Dienstplanlogistik. Ergänzt wird das<br />

stramme Programm durch Lernfahrten. Im Juni 2010 wird das Praktikum<br />

beginnen. Dann steigt auch <strong>argumente</strong> wieder ein und berichtet, wie<br />

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Caddy durch die schaukelnden<br />

Gänge schieben und bei 300 km/h Kaffee und Tee servieren. q<br />

<strong>argumente</strong> _13

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