im fokusWie viel Holz für die Energiegewinnung?Die notwendige Holzmenge zur Erfüllung der durch dieEuropäischen Institutionen gesetzten Ziele, lässt sich nur schwer schätzen.Laut Generaldirektorat Unternehmen und Industrie derEuropäischen Kommission müssten weitere 440 Mio. m 3 (verglichen mit2003) aus den Wäldern geerntet werden, wenn man ausschließlich mitHolz als regenerativem Energieträger die Ziele für 2010 erreichenwollte. Die Europäische Umweltagentur veröffentlichte in einer Studievon 2006 , dass 28 Mio. Tonnen Öläquivalente, d.h., weitere 140 Mio.m 3 , bis 2010 aus den europäischen Wäldern geerntet werden könnten,sowie weitere 23 Mio. Tonnen Öläquivalente (115 Mio. m 3 ) bis zum Jahr2030, ohne dadurch die Umwelt zu schädigen. Der „European RenewableEnergy Council“ (EREC) geht von weiteren 100 Mio. Tonnen Öläquivalentean Biomasse (500 Mio. m 3 bei ausschließlicher Verwendungvon Holz) aus, um den Bedarf an Heizenergie aus erneuerbaren Energienbis 2020 zu decken.Risiken für die Forstproduktindustrie –eine explosive SituationDie europäische Politik übt enormen Druck auf die Mitgliedsstaatenaus: Diese müssen Mittel und Wege finden, die europäischenVorgaben national umzusetzen. Berücksichtigt man weiterhin das tatsächlichePotenzial der europäischen Wälder und den geschätzten Biomassebedarfzur Erreichung dervorgegebenen Ziele, ist offensichtlich,dass sich die Situation aufden Rohstoffmärkten deutlich verschärfenwird. Bei der Beschaffungvon Biomasse-Trägern bautauch der Energiesektor auf leichtzugängliche Rohstoffquellen, wodurcheine direkte Wettbewerbssituationmit der Forstproduktindustrieentsteht. Betreiber vonAnlagen zur Energieerzeugung ausBiomasse sind durch Subventionierungin der Lage höhere Rohstoffpreisezu bezahlen.Dies wirkt sich bereitsheute erheblich auf die Holzmärkteaus und zeigt sich in teilweise drastischenPreisanstiegen, abhängigvom Sortiment und lokalen Marktbedingungen.Hartholz ist dabeistärker betroffen als Weichholz,und selbst Preise für Sägewerksabfällesind in die Höhe geschossen.Auch wenn ein begrenztesungenutztes Potenzial in EuropasWäldern vorhanden ist, führt dieSubventionierung von Biomassezur Energiegewinnung zu grossenDifferenzen und einem unfairenSource: CEPIWettbewerb in Bezug auf leicht zugänglicheRessourcen. Dies hatEinfluss auf Europas Holzhandel.Die Mitgliedsstaaten setzen dabei auf unterschiedliche nationale Förderungsmaßnahmenfür erneuerbare Energien. Einige Mitgliedsstaatenwerden durch die Vorgaben aus Brüssel zum Holzimport gezwungen,teilweise in riesigen Mengen. Hierzu gehört auch die Einfuhr erheblicherMengen von Holzpellets aus Nordamerika.Nachfrageseitige Födermaßnahmen beruhen oft auf ungenauenund fehlerhaften Annahmen zur tatsächlichen Verfügbarkeit von Biomasse.So wurde in der Vergangenheit beispielsweise insbesondereauf die notwendige Föderung der Rohstoff- und Biomassegewinnungverzichtet. Dabei wird ein wesentlicher Unterschied zwischen Holz,Sonne und Wind gern vergessen: Im Gegensatz zu Solar- und Windenergie,die unendlich und frei verfügbar sind, hat Holz in derRegel einen Besitzer und bedarf als Energieträger eines speziellenManagements.Das Verfolgen neuer, ambitionierter Energieziele könntedarüberhinaus bereits kurzfristig Auswirkungen auf den Markt für recycelteFasern haben, die gemäß europäischer Sichtweise ebenfalls zurBiomasse als Energieträger gerechnet wird.Forstproduktindustrie als Teil der LösungAuch wenn die Ausgangslage nicht ideal ist, hält die Forstproduktindustrieselbst einige der möglichen Lösungsansätze bereit – obwohleine Reihe sehr überzeugender Argumente für eine Neueinschät-14
zung der gegenwärtigen Entwicklungen in der Umwelt- und Energiepolitikspräche.Die europäische Zellstoff- und Papierindustrie ist bei weitemder erfahrenste und wichtigste industrielle Erzeuger und Verbrauchervon Biomasse-Energie. Derzeit werden 27% der Gesamtenergie ausBiomasse von der Zellstoff- und Papierindustrie erzeugt. 52% desgesamten Primärenergieverbrauchs der Industrie basieren auf Biomasse.Das hier vorhandene Know-how stützt sich auf die effizienteNutzung des Kohlenstoffkreislaufs: Holz wird im ersten Schritt alsRohstoff und im zweiten Schritt als Energiequelle genutzt. DieIndustrie befindet sich daher in einer guten Position, um derzukünftige „Biomotor“ Europas zu werden. Die Produktion von Zellstoffund Papier, aber gleichzeitig auch die Erzeugung von Energie, flüssigemBiokraftstoff, Chemikalien und weiteren Produkten könnte aneinem Ort gebündelt werden, wodurch die Holzressourcen am effizientestenund nachhaltigsten genutzt würden.Die Forstproduktindustrie im Allgemeinen, und die ZellstoffundPapierindustrie im Besonderen, tragen zur Erreichung dereuropäischen Ziele wie Nachhaltigkeit, Wachstum und Schaffungvon Arbeitsplätzen bei. Vorgaben zur Förderung der Erzeugungund Nutzung von Energie aus erneuerbaren Trägern sollten dieNutzungskaskade von Rohstoffen nicht vernachlässigen. Rohstoffesollten an erster Stelle für solche Produkte verwendet werden, die zurWertschöpfung beitragen und der Schaffung von Arbeitsplätzen dienen.Diese Produkte können auch am Ende ihrer Lebensdauer und nachmehreren Recyclingprozessen noch als Biomasse zur Energiegewinnunggenutzt werden. In der Zwischenzeit haben sie Kohlenstoffgespeichert und weniger umweltfreundliche Materialien wie Stahl, Be-Gegenüberstellung WertschöpfungBioenergie-Erzeugung= 10 Milliarden EuroVorgelagerteStufeKernstufeNachgelagerteStufeMultiplikator= GeschaffenerMehrwert Gesamt33,8 Milliarden EuroVorgelagerteStufeKernstufeZellstoffundPapierindustrieNachgelagerteStufeMultiplikator= 10 Milliarden Euro= GeschaffenerMehrwert Gesamt263 Milliarden EuroGegenüberstellung ArbeitsplatzschaffungBioenergie-Erzeugung= 20 000 ArbeitsjahreVorgelagerteStufeKernstufeNachgelagerteStufeMultiplikator= GeschaffeneArbeitsplätze Gesamt0,229 MillionenZellstoff- undPapierindustrieVorgelagerteStufeKernstufeNachgelagerteStufeMultiplikator= 20 000 Arbeitsjahre= GeschaffeneArbeitsplätze Gesamt2,950 MillionenQuelle: Pöyry Forest Industry Consulting Oy und Foreco Oy im Auftrag der CEPIAusgabe 1 · 2007 15