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Religion und Allgemeine Hochschulreife - Evangelische Kirche in ...

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<strong>Religion</strong> <strong>und</strong><strong>Allgeme<strong>in</strong>e</strong><strong>Hochschulreife</strong>Bedeutung, Aufgabe<strong>und</strong> Situation des<strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong>der gymnasialenOberstufe <strong>und</strong> im AbiturE<strong>in</strong>e Stellungnahmedes Rates der<strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong><strong>in</strong> DeutschlandHerausgeber:<strong>Kirche</strong>namt der<strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> DeutschlandHerrenhäuser Straße 1230419 HannoverTelefon (0511) 2796-0Telefax (0511) 2796-277Internet: http://www.ekd.de


InhaltVorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3E<strong>in</strong>leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41. Zielsetzung <strong>und</strong> Gestaltung der gymnasialen Oberstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42. Bedeutung <strong>und</strong> Aufgabe des <strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe . . . . . . . . . . . . 52.1 Der <strong>Religion</strong>sunterricht als Ort für religiöse Fragenim Kontext der Lebenswelt Jugendlicher <strong>und</strong> junger Erwachsener . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2 Der <strong>Religion</strong>sunterricht als Ausdruckstaatlicher <strong>und</strong> gesellschaftlicher Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.3 Der Beitrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts zu vertiefter Allgeme<strong>in</strong>bildung,allgeme<strong>in</strong>er Studierfähigkeit <strong>und</strong> Wissenschaftspropädeutik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.4 Der Beitrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts zur Vermittlunggr<strong>und</strong>legender Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93. Zur aktuellen Situation des <strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe . . . . . . . . . . . . 104. <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Religion</strong>slehrerim Schnittpunkt der Bildungsherausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135. Aufgaben der <strong>Kirche</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146. Forderungen an das öffentliche Bildungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152


VorwortVor dreißig Jahren fand e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>legendeReform der gymnasialen Oberstufe statt. DerUnterricht im Klassenverband <strong>und</strong> die aus derMittelstufe bekannten Schulnoten wurden durche<strong>in</strong> modulares Kurssystem mit unterschiedlichenLeistungsniveaus <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er entsprechendenPunktewertung ersetzt. Damals hat sich die<strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschland (EKD) <strong>in</strong>Stellungnahmen dafür e<strong>in</strong>gesetzt, den <strong>Religion</strong>sunterrichtals ordentliches Lehrfach <strong>in</strong> diesesSystem voll zu <strong>in</strong>tegrieren. Der <strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong>Leistungskursen erteilte <strong>Religion</strong>sunterrichtsowie se<strong>in</strong>e schriftliche <strong>und</strong> mündliche Abiturprüfungstellten e<strong>in</strong>en bedeutenden Impuls zurfachlichen <strong>und</strong> methodischen Weiterentwicklungdes evangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong>sgesamtdar. Für die <strong>Kirche</strong> hat der <strong>Religion</strong>sunterricht<strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe <strong>und</strong>se<strong>in</strong>e Verankerung <strong>in</strong> der Abiturprüfung dahere<strong>in</strong>e große Bedeutung. Mit auf dem Spiel stehendas Bildungsverständnis der Wissens- <strong>und</strong>Lerngesellschaft <strong>und</strong> die Wissenschaftlichkeitder Theologie.Das Schulsystem <strong>und</strong> mit ihm die gymnasialeOberstufe werden zurzeit erneut entscheidendverändert. Die evangelische <strong>Kirche</strong> br<strong>in</strong>gt sich <strong>in</strong>die aktuelle Weiterentwicklung der Schule e<strong>in</strong>.Auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich verändernden gymnasialenOberstufe muss der <strong>Religion</strong>sunterricht se<strong>in</strong>enStellenwert behalten. Denn von Bildung <strong>und</strong><strong>Allgeme<strong>in</strong>e</strong>r <strong>Hochschulreife</strong> kann nur dann dieRede se<strong>in</strong>, wenn die Schule auch Bildungs<strong>in</strong>haltezur Sprache br<strong>in</strong>gt, die Jugendliche <strong>und</strong> jungeErwachsene brauchen, um sich <strong>in</strong> ihrer Welt orientieren<strong>und</strong> ethisch verantwortlich handeln zukönnen. Es ist an der Zeit e<strong>in</strong>zusehen, dass fürdie Schule Ethik so wichtig ist wie Englisch, diePflege des kulturellen Gedächtnisses so wichtigwie Informatik, <strong>Religion</strong> so wichtig wie Mathematik.Zwar leistet der <strong>Religion</strong>sunterricht e<strong>in</strong>en unverwechselbarenBeitrag zur Werteerziehung, dochgeht se<strong>in</strong>e Bedeutung darüber weit h<strong>in</strong>aus. Ervermittelt religiöse Kenntnisse <strong>und</strong> lehrt, imBereich religiöser Phänomene zu unterscheiden<strong>und</strong> dialogfähig zu se<strong>in</strong>. Er bereitet junge Menschendarauf vor, vom Gr<strong>und</strong>recht auf <strong>Religion</strong>sfreiheite<strong>in</strong>en eigenständigen Gebrauch zumachen. Gerade angesichts e<strong>in</strong>er Tendenz,<strong>Religion</strong>sfreiheit vorwiegend nur noch als negative<strong>Religion</strong>sfreiheit zu verstehen, sollte manmit dieser Aufgabe des <strong>Religion</strong>sunterrichtssorgsam umgehen.Vielfalt <strong>und</strong> Fremdes, Pluralität <strong>und</strong> Differenzstellen die Menschen vor ungewohnte Herausforderungen.Verschiedene Auffassungen vonWerten oder S<strong>in</strong>ngebungen existieren nebene<strong>in</strong>ander,s<strong>in</strong>d pr<strong>in</strong>zipiell gleichberechtigt <strong>und</strong>müssen zum Ausgleich gebracht werden. Daserfordert e<strong>in</strong>e wechselseitige Anerkennung, diemehr ist als bloße Toleranz. Wer aber andere verstehenwill, braucht auch Klarheit darüber, wo erselbst zu Hause ist <strong>und</strong> was die eigene Identitätprägt. Das Verstehen des Fremden <strong>und</strong> die Ausbildunge<strong>in</strong>er eigenen Identität gehören im evangelischen<strong>Religion</strong>sunterricht unaufhebbarzusammen.„Wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnisverborgen ist, die Gott vorherbestimmthat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit“,schreibt der Apostel Paulus im 1. Kor<strong>in</strong>therbrief(Kap. 2, Vers 7). Diese Aussage macht deutlich,dass die Rede <strong>und</strong> das Nachdenken über Gottauch im <strong>Religion</strong>sunterricht E<strong>in</strong>sichten erschließenkönnen, die – obwohl sie sich e<strong>in</strong>emdirekten Zugriff entziehen – das menschlicheDenken <strong>und</strong> Handeln <strong>in</strong> unvergleichlicher Weisezur Entfaltung br<strong>in</strong>gen.Der vorliegende Text wurde von Fachleuten ausden Pädagogisch-theologischen Instituten derLandeskirchen (ALPIKA), dem Comenius-Institutder EKD, der Konferenz der Referent<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Referenten für Bildungs-, Erziehungs- <strong>und</strong>Schulfragen <strong>in</strong> den Gliedkirchen der EKD(BESRK) <strong>und</strong> der Kammer der EKD für Bildung<strong>und</strong> Erziehung, K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugend erarbeitet.Der Rat der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschlandhat ihn dankbar <strong>und</strong> zustimmend entgegengenommen<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Veröffentlichung beschlossen.Ich wünsche unserer Stellungnahme bei denfür die weitere Entwicklung Verantwortlichen<strong>und</strong> bei allen Beteiligten <strong>in</strong> Staat <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong>,Schule <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>de Aufmerksamkeit <strong>und</strong>Verbreitung.Hannover, im Oktober 2004Bischof Dr. Wolfgang HuberVorsitzender des Rates der<strong>Evangelische</strong>n <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschland3


E<strong>in</strong>leitungDas deutsche Schulwesen bef<strong>in</strong>det sich im Umbruch.„Bildungsstandards“, „Kompetenzbereiche“,„Schulzeitverkürzung“, „Schulprogramme“,„Zentrale Prüfungen“, „Ganztagsschulen“s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige Stichworte der Debatte beziehungsweiseder bereits e<strong>in</strong>geleiteten Veränderungen.Internationale <strong>und</strong> nationale Vergleichsuntersuchungenvon Schulleistungen wie TIMSSoder PISA haben gezeigt, dass <strong>in</strong> DeutschlandJugendliche mit schlechteren Startchancen nichtausreichend gefördert werden, <strong>und</strong> verweisengleichzeitig auf Defizite des deutschen Schulsystemsbei der Ausbildung von Excellenz. Dieletzte Feststellung richtet e<strong>in</strong>e besondere Aufmerksamkeitauf die gymnasiale Oberstufe.Unterschiedliche Schwerpunktsetzungen <strong>und</strong>teilweise gegensätzliche Tendenzen bee<strong>in</strong>trächtigene<strong>in</strong> klares Bild von den Bildungsaufgabender gymnasialen Oberstufe <strong>und</strong> den Wegen zuihrer Erfüllung.Die <strong>Evangelische</strong> <strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschland (EKD)begrüßt viele Elemente der neueren Schulentwicklung,sofern sie e<strong>in</strong> umfassendes Bildungsverständnisbeachtet <strong>und</strong> Schule qualitativ weiterentwickelt(vgl. z.B. „Ganztagsschule – <strong>in</strong> guterForm!“, EKD-Stellungnahme 2004). „Die evangelische<strong>Kirche</strong> versteht Bildung als Zusammenhangvon Lernen, Wissen, Können, Wertbewusstse<strong>in</strong>,Haltungen (E<strong>in</strong>stellungen) <strong>und</strong> Handlungsfähigkeitim Horizont s<strong>in</strong>nstiftender Deutungendes Lebens“ (EKD-Denkschrift „Maße desMenschlichen. <strong>Evangelische</strong> Perspektiven zurBildung <strong>in</strong> der Wissens- <strong>und</strong> Lerngesellschaft“2003). E<strong>in</strong>e <strong>in</strong> dieser Weise <strong>in</strong>halts- sowie s<strong>in</strong>n<strong>und</strong>wertbezogene Bildung braucht <strong>in</strong> der Schuleden <strong>Religion</strong>s- <strong>und</strong> Ethikunterricht. Gerade <strong>in</strong>der gymnasialen Oberstufe muss heute auf denUmgang mit Pluralität <strong>in</strong> verschiedenster Gestaltvorbereitet werden, nicht zuletzt <strong>in</strong> Form deskulturellen, ethischen <strong>und</strong> religiösen Pluralismus.Dazu gehört das Wissen um die eigenenhistorischen Wurzeln.Zu Standort <strong>und</strong> Perspektiven des <strong>Religion</strong>sunterrichts<strong>in</strong> der Pluralität hat sich die <strong>Evangelische</strong><strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> ihrer Denkschrift„Identität <strong>und</strong> Verständigung“ von 1994 gr<strong>und</strong>sätzlichgeäußert. Sie ist nach wie vor gültig. Indiesem Rahmen kommt der evangelische<strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Schularten<strong>in</strong> den Blick. Nach „<strong>Religion</strong> <strong>in</strong> der Gr<strong>und</strong>schule“(EKD-Stellungnahme 2000) geht es jetzt um den<strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe.Die letzten Stellungnahmen <strong>und</strong> Entschließungender EKD zu diesem Bereich, diesich vor allem auf die damals begonnene Reformder Sek<strong>und</strong>arstufe II beziehen, liegen dreißig<strong>und</strong> mehr Jahre zurück. Inzwischen ist dieStruktur der gymnasialen Oberstufe weiterentwickeltworden. E<strong>in</strong> wichtiger aktueller Aspekt istauch die anstehende Überarbeitung der „E<strong>in</strong>heitlichenPrüfungsanforderungen für die Abiturprüfung“(EPA) im evangelischen <strong>Religion</strong>sunterricht.Die evangelische <strong>Kirche</strong>– beteiligt sich mit dieser Stellungnahme an derallgeme<strong>in</strong>en bildungspolitischen Diskussion,– sucht das Gespräch mit der Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz,den Stellen der Schulverwaltung<strong>und</strong> -organisation <strong>in</strong> den B<strong>und</strong>esländernsowie den Verantwortlichen <strong>in</strong> den Schulen,– will dazu beitragen, dass Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Schüler das Angebot des <strong>Religion</strong>sunterrichtsauch <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufewahrnehmen,– will <strong>Religion</strong>slehrer <strong>und</strong> <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nenstärken <strong>und</strong> ermutigen, die reflexive Ause<strong>in</strong>andersetzungmit <strong>Religion</strong> zu fördern <strong>und</strong> dieBedeutung christlichen Glaubens bewusst zumachen.1. Zielsetzung <strong>und</strong> Gestaltungder gymnasialen OberstufeDie Ständige Konferenz der Kultusm<strong>in</strong>ister derLänder <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland(KMK) hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahren mehrfachmit der Gestaltung der gymnasialen Oberstufebefasst. Nach ihrer Auffassung „hat sich die gymnasialeOberstufe <strong>in</strong> ihrer Zielsetzung <strong>und</strong> <strong>in</strong> densie tragenden Pr<strong>in</strong>zipien“ zwar bewährt, gleichwohlbedürfe es aber e<strong>in</strong>er „Fortentwicklungihrer curricularen <strong>und</strong> organisatorischenStrukturen“.4


Nach den geltenden Vere<strong>in</strong>barungen derB<strong>und</strong>esländer (im Folgenden kurz „Länder“) zurGestaltung der gymnasialen Oberstufe <strong>und</strong> derAbiturprüfung wird die Zielsetzung der Arbeit <strong>in</strong>der gymnasialen Oberstufe durch drei Gr<strong>und</strong>sätzebestimmt:– Mit vertiefter Allgeme<strong>in</strong>bildung werdenKenntnisse, Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten füre<strong>in</strong> sachlich begründetes sowie eigenständiges<strong>und</strong> verantwortliches Handeln beschrieben.Sie bezieht sich auf den als Kerncurriculumausgewiesenen Kanon aller schulischenFächer. Die Allgeme<strong>in</strong>bildung wird <strong>in</strong> dergymnasialen Oberstufe allerd<strong>in</strong>gs nicht nurdurch die Erweiterung des Wissens <strong>und</strong>Könnens vertieft, sondern ebenso durch denErwerb von Techniken, E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong>Verhaltensweisen, die für die geistige Arbeitim Studium, aber auch im Beruf unerlässlichs<strong>in</strong>d.– Die allgeme<strong>in</strong>e Studierfähigkeit kennzeichnetauf der e<strong>in</strong>en Seite die allgeme<strong>in</strong>e Befähigungim Umgang mit Wissen, die Schüler<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Schüler durch die Ause<strong>in</strong>andersetzungmit fachlichen <strong>und</strong> überfachlichenGegenständen <strong>und</strong> Lernformen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Prozess des Selbstlernens erwerbensollen. Auf der anderen Seite me<strong>in</strong>t sie die formaleBerechtigung zur Aufnahme e<strong>in</strong>es jedenStudiengangs bei Nachweis der allgeme<strong>in</strong>en<strong>Hochschulreife</strong> (Abitur).– Die Wissenschaftspropädeutik zielt auf dieE<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> Verfahren <strong>und</strong> Erkenntnisse,Denk- <strong>und</strong> Arbeitsweisen sowie Reflexions<strong>und</strong>Evaluationsstrukturen von Wissenschaft,nicht aber <strong>in</strong> wissenschaftliches Arbeitenselbst.Zu den Konstruktionspr<strong>in</strong>zipien der gymnasialenOberstufe zählen deshalb:– das Kurssystem mit se<strong>in</strong>er Unterscheidungnach Leistungs- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>kursfächern,– das Creditsystem, wonach Leistungen aus derQualifikationsphase <strong>und</strong> Abiturprüfung <strong>in</strong> dieGesamtqualifikation für die allgeme<strong>in</strong>e <strong>Hochschulreife</strong>e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d,– die Zuordnung verwandter Fächer zu Aufgabenfeldern,– die gr<strong>und</strong>sätzliche Gleichwertigkeit derFächer <strong>in</strong> Bezug auf ihre Anwahlmöglichkeitals Abiturprüfungsfächer,– die Selbständigkeit <strong>und</strong> Selbstverantwortungder Lernenden h<strong>in</strong>sichtlich eigener Entscheidungsspielräume(Fächerwahl) <strong>und</strong> dieergänzend h<strong>in</strong>zukommende Sozialform desTutorensystems,– Lern- <strong>und</strong> Arbeitsformen wie das Sem<strong>in</strong>arfach,die Facharbeit oder die besondereLernleistung <strong>in</strong> der Abiturprüfung, die <strong>in</strong>sbesonderedas fächerverb<strong>in</strong>dende <strong>und</strong> fachübergreifendesowie selbständige Lernen fördernsollen.Neuere Entwicklungen <strong>und</strong> Entscheidungen <strong>in</strong>den Ländern verändern die bisherige Gestaltungder gymnasialen Oberstufe <strong>und</strong> ihre Konstruktionspr<strong>in</strong>zipiendeutlich, nicht zuletzt durch dieVerkürzung der Dauer der Schulzeit bis zumErwerb der <strong>Allgeme<strong>in</strong>e</strong>n <strong>Hochschulreife</strong> aufzwölf Jahre, die Entwicklung von Bildungsstandards<strong>und</strong> deren Überprüfung mit landesweite<strong>in</strong>heitlicher Aufgabenstellung (Zentralabitur).Dadurch werden auch die Gewichtung der verschiedenenFächer <strong>und</strong> der Spielraum der Schüler<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Schüler für <strong>in</strong>dividuelle Schwerpunktsetzungenverändert. Über die Frage, wiee<strong>in</strong>e umfassende Bildung <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe heute am besten gewährleistet werdenkann, <strong>und</strong> was dazu der evangelische <strong>Religion</strong>sunterrichtbeiträgt, muss deshalb neu nachgedachtwerden.2. Bedeutung <strong>und</strong> Aufgabe des<strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong> dergymnasialen OberstufeDer <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Gr<strong>und</strong>sätzender <strong>Religion</strong>sgeme<strong>in</strong>schaften erteilte <strong>Religion</strong>sunterrichtgehört – zusammen mit dem Ethikbzw.Philosophieunterricht – <strong>in</strong> allen Ländern bisauf Berl<strong>in</strong>, Brandenburg <strong>und</strong> Bremen zumPflichtbereich der gymnasialen Oberstufe (vgl.5


den Fachbericht der Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz„Zur Situation des <strong>Evangelische</strong>n <strong>Religion</strong>sunterrichts<strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland“vom Dezember 2002, S. 12ff.). Anerkannt ist, dassdie explizite <strong>und</strong> sachkompetente Ause<strong>in</strong>andersetzungmit S<strong>in</strong>n- <strong>und</strong> Wertfragen im Dialog mittradierten <strong>und</strong> gelebten religiösen <strong>und</strong> weltanschaulichenBegründungen im Blick auf e<strong>in</strong>evertiefte Allgeme<strong>in</strong>bildung <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe unverzichtbar ist. Der <strong>Religion</strong>sunterrichtleistet hierzu e<strong>in</strong>en spezifischenBeitrag. Ohne ihn würden viele Heranwachsende<strong>in</strong> religiösen D<strong>in</strong>gen sprachlos bleiben.<strong>Religion</strong> bewahrt <strong>und</strong> beantwortet die Fragenach Gott <strong>und</strong> die sie umgebenden Lebensfragen(vgl. 2.4). Diese Fragen s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>e zeitgemäßeBildung unabd<strong>in</strong>gbar, da sie vor verabsolutierendemDenken <strong>und</strong> Handeln schützen.Der <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe dient damit zuallererst den Jugendlichen<strong>und</strong> jungen Erwachsenen <strong>und</strong> ihrer religiösenOrientierung (2.1), er liegt im Blick auf e<strong>in</strong>Bildungssystem, das sich im Umgang mit Vielfaltbewähren muss, im staatlichen <strong>und</strong> gesellschaftlichenInteresse (2.2), leistet e<strong>in</strong>en notwendigen<strong>und</strong> nicht austauschbaren Beitrag zu den Zielender gymnasialen Oberstufe (2.3) <strong>und</strong> trägtwesentlich zu den für e<strong>in</strong>e moderne Bildunggeforderten Kompetenzen bei (2.4).2.1 Der <strong>Religion</strong>sunterricht als Ort für religiöseFragen im Kontext der Lebenswelt Jugendlicher<strong>und</strong> junger ErwachsenerViele Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene wissenum die tendenziell gestiegenen Lebensmöglichkeiten<strong>und</strong> legitimen Lebensmuster, spüren aberauch den höheren Druck <strong>und</strong> die Verantwortung,<strong>in</strong>mitten aller Unübersichtlichkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emProzess ständiger Wandlungen den eigenenLebensweg f<strong>in</strong>den zu müssen. „Auf diesemH<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> fragen junge Menschen – vielleichtsogar <strong>in</strong>tensiver als vor Jahren – nach Werten <strong>und</strong>Lebenss<strong>in</strong>n, also nach typisch religiösenKategorien. Sie thematisieren auch diese Fragennicht gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>und</strong> losgelöst vom Horizontihres Lebensalltags, sondern im Rahmen desErreichbaren <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er notwendigen, praktikablenLebensführung, die ke<strong>in</strong>e geschlossenen<strong>und</strong> ausschließenden Antwortsysteme verträgt.Sie wollen ernst genommen werden, nicht nurals religiös suchende, sondern auch als religiösproduktive Personen. Sie suchen nach Orientierungshilfen,die sich als plausibel erweisen <strong>und</strong>hilfreich für die Bewältigung der eigenen Biographie,die nicht von der sie umgebendengesellschaftlichen Realität loszulösen ist“ (Maßedes Menschlichen, EKD 2003, S. 39).<strong>Religion</strong> als e<strong>in</strong>e eigenständige, nicht auf Wissen<strong>und</strong> Moral zu reduzierende Kultur der S<strong>in</strong>ndeutunggew<strong>in</strong>nt heute an Orientierungskraft zurück.Der <strong>Religion</strong>sunterricht erhält deshalb dieAufgabe <strong>und</strong> die Chance, <strong>in</strong> den kulturellenPrägekräften der Lebenswelt die Wurzeln derchristlichen <strong>Religion</strong> zu identifizieren <strong>und</strong> alsOrientierungswissen lebendig zu halten, zumalElemente jüdischer <strong>und</strong> christlicher Tradition <strong>in</strong>unserer Gesellschaft nach wie vor tief verankert<strong>und</strong> trotz aller Traditionsabbrüche weiterh<strong>in</strong>wirksam s<strong>in</strong>d.Bei vielen Jugendlichen zeigt sich neben ihrerpragmatischen Lebensorientierung zugleichauch e<strong>in</strong> deutlicher Zweifel an ausschließlichrationalen Selbst- <strong>und</strong> Weltdeutungskonzepten.Sie spüren <strong>und</strong> erfahren, dass nicht alles imLeben machbar ist oder gemacht werden sollte.Wissenschaft <strong>und</strong> Technik fasz<strong>in</strong>ieren, aber sies<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong> Teil jugendlicher Lebenswelten.Existenzielle Themen <strong>und</strong> Mythen bekommen– sei es im großen Gefühlsk<strong>in</strong>o, <strong>in</strong> der aufJugendliche zugeschnittenen Literatur oder <strong>in</strong>der Popkultur – neue Attraktivität. Sie bedienendie Sehnsuchtshorizonte vieler Jugendlicher.Die Frage nach dem, was über Ich <strong>und</strong> Alltagswelth<strong>in</strong>ausgeht, ist unter Jugendlichen <strong>und</strong> jungenErwachsenen nach wie vor e<strong>in</strong> zentralesThema. Aufmerksam registrieren sie die Wiederkehrdes Religiösen <strong>in</strong> allen Bereichen des gesellschaftlichenLebens <strong>und</strong> versuchen im Dialog, <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er vielgestaltig religiösen <strong>und</strong> postsäkularenGesellschaft das Eigene zu f<strong>in</strong>den, das Fremde zubegreifen <strong>und</strong> religiösem F<strong>und</strong>amentalismusargumentativ zu widerstehen.Rasante technische Entwicklungen <strong>und</strong> diedamit verb<strong>und</strong>enen ethischen Fragen erzeugenneue Orientierungsbedürfnisse. Verschärft stelltsich die Frage nach e<strong>in</strong>er Kultur des Verhaltenszum Unverfügbaren – im S<strong>in</strong>ne des Umgangs mitKont<strong>in</strong>genz wie mit moralischen Gesetzen. Der6


<strong>Religion</strong>sunterricht thematisiert den Anspruchreligiöser Vergewisserung über die Gr<strong>und</strong>lagendes Lebens – auch dort, wo dieser Anspruch nochnicht formuliert werden kann – <strong>und</strong> kommt demBedürfnis nach Antworten auf existenzielle S<strong>in</strong>n<strong>und</strong>Wertfragen nach. Er vermittelt Wissen <strong>und</strong>Informationen über religiöse Zusammenhänge<strong>und</strong> trägt dazu bei, die Deutung von Wirklichkeitaus religiöser Perspektive zu verstehen <strong>und</strong> zue<strong>in</strong>er entsprechenden Lebensgestaltung zu ermutigen.Mit solchen Fragen <strong>und</strong> Deutungsmöglichkeitenbefassen sich zunehmend mehr junge Menschendurch die bewusste Wahl des evangelischen<strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe,nicht selten auch solche, die ke<strong>in</strong>er <strong>Kirche</strong>angehören. Der <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe trifft die Heranwachsenden<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lebensphase an, die durch e<strong>in</strong> gewachsenesReflexionsvermögen <strong>und</strong> durch die möglicherweiseerst jetzt voll aufbrechende Fragenach dem eigenen Selbst charakterisiert ist.Deshalb entscheidet der <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong>der gymnasialen Oberstufe mit darüber, ob <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er kritischen Lebensphase e<strong>in</strong>e religiöseLebensl<strong>in</strong>ie tragfähige Perspektiven für dasErwachsenenalter eröffnet.2.2 Der <strong>Religion</strong>sunterricht als Ausdruck staatlicher<strong>und</strong> gesellschaftlicher VerantwortungDer konfessionelle <strong>Religion</strong>sunterricht nachArtikel 7 Abs. 3 GG sichert die Gr<strong>und</strong>rechtsausübungder e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>der, Jugendlichen <strong>und</strong>jungen Erwachsenen. Sie sollen sich nach Artikel4 GG frei <strong>und</strong> selbständig religiös orientierenkönnen. Das Bildungssystem muss sich heutebesonders im Umgang mit Vielfalt bewähren. WoGr<strong>und</strong>situationen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>fragen menschlicherExistenz authentisch behandelt werden,s<strong>in</strong>d stets auch persönliche Bekenntnisse <strong>und</strong>konfessionelle Färbungen im Gespräch. Sie zeigendie Vielfalt religiösen Glaubens <strong>und</strong> Denkens.Darum begegnen junge Erwachsene auchim evangelischen <strong>Religion</strong>sunterricht der gymnasialenOberstufe bestimmten Glaubensüberzeugungen.Das schließt den Dialog mit anderenPositionen e<strong>in</strong>. Kennzeichnend für e<strong>in</strong>en religiösenDialog ist die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dendifferenzierten <strong>und</strong> divergierenden Wahrheitsansprüchender <strong>Religion</strong>en. Als positionellesBildungsangebot <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er pluralen Gesellschaftverweist der <strong>Religion</strong>sunterricht durch se<strong>in</strong>Vorhandense<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Qualität auf anderePositionen. Er zielt auf e<strong>in</strong>en differenzierten <strong>und</strong>zugleich differenzierenden Umgang mit anderenkonfessionellen Positionen, <strong>in</strong>dem er se<strong>in</strong>e eigeneKonfessionalität <strong>in</strong>s Spiel br<strong>in</strong>gt.„Die wechselseitige Angewiesenheit von konfessionellerIdentität <strong>und</strong> ökumenischer Verständigungverdeutlicht, was angesichts des weltanschaulich-religiösenPluralismus unserer Situationals kulturelle Verständigungs- <strong>und</strong> pädagogischeBildungsaufgabe <strong>in</strong> Schule <strong>und</strong> Gesellschaftüberhaupt vor uns liegt: das Geme<strong>in</strong>same<strong>in</strong>mitten des Differenten zu stärken, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erBewegung durch die Differenzen h<strong>in</strong>durch, nichtoberhalb von ihnen. ... Die Menschen <strong>in</strong> unsererenger werdenden ‚e<strong>in</strong>en Welt’ brauchen dasfruchtbare Wechselspiel von gewachsener Identität<strong>und</strong> anzustrebender Verständigungsfähigkeit.“(Identität <strong>und</strong> Verständigung, EKD-Denkschrift1994)<strong>Evangelische</strong>r <strong>Religion</strong>sunterricht macht dieZugehörigkeit der Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler zurevangelischen <strong>Kirche</strong> nicht zur Teilnahmebed<strong>in</strong>gung.Es wird e<strong>in</strong> Lernen gefördert, dasdurch die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Anderen<strong>und</strong> Fremden das Eigene besser versteht <strong>und</strong>gleichzeitig Respekt für andere Überzeugungenentwickelt. Es ist die besondere Aufgabe des<strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe,die hier bestehenden Unterschiede <strong>und</strong>Geme<strong>in</strong>samkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em offenen Dialog bewusstzu machen <strong>und</strong> zu reflektieren. Dar<strong>in</strong> liegte<strong>in</strong> Moment gesamtgesellschaftlicher Integration,das nicht hoch genug e<strong>in</strong>geschätzt werdenkann.2.3 Der Beitrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts zu vertiefterAllgeme<strong>in</strong>bildung, allgeme<strong>in</strong>er Studierfähigkeit<strong>und</strong> WissenschaftspropädeutikIm evangelischen <strong>Religion</strong>sunterricht geht es ume<strong>in</strong>en spezifischen „Modus der Weltbegegnung“(J. Baumert), der durch e<strong>in</strong> Wirklichkeits- <strong>und</strong>Menschenverständnis geprägt ist, das im christlichenGlauben gründet. Für dieses Verständnisist e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>erfahrung konstitutiv, die das7


Verhältnis von Gott <strong>und</strong> Mensch betrifft alsGeschehen der Rechtfertigung „alle<strong>in</strong> ausGnade“ <strong>und</strong> „alle<strong>in</strong> durch den Glauben“. Se<strong>in</strong>Kern besteht <strong>in</strong> der radikalen Unterscheidungzwischen dem Handeln des Menschen <strong>und</strong> demHandeln Gottes. Diese Unterscheidung zurGeltung zu br<strong>in</strong>gen, ist der besondere <strong>und</strong> unvertretbareBeitrag des evangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichtszur Zielsetzung der Arbeit <strong>in</strong> dergymnasialen Oberstufe (vgl. auch 2.3).In se<strong>in</strong>em Bezug zur Theologie führt der <strong>Religion</strong>sunterrichtexemplarisch <strong>in</strong> wissenschaftlicheDenk- <strong>und</strong> Arbeitsformen als spezifischeFormen der Wirklichkeitserschließung e<strong>in</strong>.Damit werden Erkenntnisse <strong>und</strong> Verfahrensweisenanderer wissenschaftlicher Diszipl<strong>in</strong>en nichtausgegrenzt. Deren E<strong>in</strong>beziehung ist im Gegenteile<strong>in</strong> Kennzeichen der Offenheit <strong>und</strong> Freiheitwissenschaftlichen Denkens <strong>in</strong> der evangelischenTheologie <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegraler Bestandteildes evangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichts.Der wissenschaftspropädeutische Beitragdes Faches besteht auf der e<strong>in</strong>en Seite dar<strong>in</strong>, dieNotwendigkeit <strong>und</strong> Möglichkeit wissenschaftlichenDenkens <strong>und</strong> Arbeitens zu verdeutlichen:Glaubens-, S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Wertfragen werden durchWissenschaft kommunizierbar, diskutierbar <strong>und</strong>kritisierbar. Insofern geht es darum, wissenschaftlicheDistanz <strong>und</strong> Reflexivität e<strong>in</strong>zuüben<strong>und</strong> e<strong>in</strong>zuhalten. Ziel ist e<strong>in</strong> aufgeklärter Glaube.Auf der anderen Seite s<strong>in</strong>d <strong>Religion</strong> <strong>und</strong> Ethikke<strong>in</strong>e direkt vermittelbaren Fertigkeiten, vielmehrstellen sie vor Fragen, bei denen es um dasgesamte menschliche Dase<strong>in</strong> geht. Beherrschbares<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich Nicht-Beherrschbares,Verfügbares <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich Nicht-Verfügbaress<strong>in</strong>d ause<strong>in</strong>ander zu halten. Deswegengehören zum theologischen Denken notwendigkritische Selbstreflexion <strong>und</strong> reflektierte Wissenschaftskritik,s<strong>in</strong>d auch beim <strong>Religion</strong>sunterrichtstets die Grenzen wissenschaftlicher Methodenim Blick.Kennzeichnend für den <strong>Religion</strong>sunterricht istdie hermeneutische Ause<strong>in</strong>andersetzung mitreligiösen Äußerungen sowie die diskursiveBearbeitung unterschiedlicher Wahrheitsansprüche.H<strong>in</strong>zu kommt die Vernetzung unterschiedlicherWissenschaftsdiszipl<strong>in</strong>en (z.B.Theologie <strong>und</strong> Naturwissenschaft; Theologie<strong>und</strong> Psychologie; Theologie <strong>und</strong> Soziologie;Theologie <strong>und</strong> Philosophie) bei der Bearbeitungzentraler Themen.Bei vielen Jugendlichen gehören elementareKenntnisse biblischer Geschichten, kirchengeschichtlicherZusammenhänge <strong>und</strong> zentralertheologischer Aussagen nicht mehr zur Allgeme<strong>in</strong>bildung.Den Bedeutungsverlust der kulturellenWissensbestände <strong>und</strong> -systeme teilt der<strong>Religion</strong>sunterricht an der Schule mit anderenFächern. Damit <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufechristliches Basiswissen unter dem Gesichtspunkte<strong>in</strong>er vertieften Allgeme<strong>in</strong>bildung <strong>und</strong> derallgeme<strong>in</strong>en Studierfähigkeit differenziert <strong>und</strong>erweitert werden können, erhalten e<strong>in</strong> <strong>in</strong> derGr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> der Sek<strong>und</strong>arstufe I kont<strong>in</strong>uierlicherteilter <strong>Religion</strong>sunterricht sowie verb<strong>in</strong>dlicheAbsprachen über die vor dem E<strong>in</strong>tritt<strong>in</strong> die gymnasiale Oberstufe zu erreichendenStandards besondere Bedeutung. Sie lassen sichnicht e<strong>in</strong>fach realisieren. E<strong>in</strong>e schwierige <strong>und</strong>herausfordernde Situation ergibt sich dort, woSchüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler erstmalig <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe am <strong>Religion</strong>sunterricht teilnehmen<strong>und</strong> ihnen gleichzeitig christlichesBasiswissen weitgehend fehlt. Hierauf muss der<strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufebesonders e<strong>in</strong>gehen.Durch e<strong>in</strong>e vor allem auf die Inhalte bezogeneAufgabe schult der <strong>Religion</strong>sunterricht ebensomethodische Fähigkeiten. Er befähigt <strong>in</strong> besondererWeise zur Ause<strong>in</strong>andersetzung mit religiösenZeichen- <strong>und</strong> Symbolwelten. Neben der Interpretationvon Sachtexten <strong>und</strong> literarischenTexten geht es <strong>in</strong> ihm um die Entschlüsselungvon (religiöser) Sprache <strong>in</strong> Kunst, Architektur,Musik etc. Dazu gehört auch der kritische <strong>und</strong>produktive Umgang mit den neuen Medien. Inkulturhermeneutischer Perspektive trägt der<strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong>soweit <strong>in</strong> hohem Maßezum Erwerb von weitergehenden Kompetenzenbei (z.B. im Blick auf den Umgang mit <strong>und</strong> dasVerständnis von Texten). Die benannten Kenntnisse<strong>und</strong> Fähigkeiten werden darum nach demAbitur nicht nur für das Studium der Theologie,sondern für viele weitere Studiengänge (Germanistik,Geschichte, Kunstgeschichte, Musik, auchNatur- oder Sozialwissenschaften) gebraucht.In vielfältigen Unterrichtse<strong>in</strong>heiten <strong>und</strong> –formenkönnen die erworbenen <strong>in</strong>haltlichen <strong>und</strong>8


methodischen Fähigkeiten angewandt <strong>und</strong> vernetztwerden. Bei der Entwicklung der allgeme<strong>in</strong>enStudierfähigkeit spielt die Förderung selbständigenArbeitens e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Darums<strong>in</strong>d alle Möglichkeiten zu unterstützen, beidenen sich Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler e<strong>in</strong>zelnoder <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Gruppen selbständig <strong>und</strong> methodischreflektiert mit e<strong>in</strong>em Thema beschäftigen<strong>und</strong> sich durch selbständige schriftliche Darlegungene<strong>in</strong>schließlich geeigneter Präsentationsformene<strong>in</strong>en ersten Zugang zur Welt der(theologischen) Wissenschaft erschließen.2.4 Der Beitrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts zur Vermittlunggr<strong>und</strong>legender KompetenzenKompetenzen beschreiben Fähigkeiten, sich „dieWelt im Modus des Lernens anzueignen“ (H. E.Tenorth). Lernende sollen Fähigkeiten erlangen,die es ihnen erlauben, <strong>in</strong> den verschiedenenDimensionen allgeme<strong>in</strong>er Bildung Wissen zuerwerben <strong>und</strong> sich mittels dieses Wissens zu orientieren.Sie sollen kompetent werden, sich <strong>in</strong>zunehmendem Maße von der Lern- <strong>und</strong>Ursprungssituation abzulösen <strong>und</strong> ihre Fähigkeiten<strong>in</strong> unterschiedlichen „Modi der Weltbegegnung“(J. Baumert) anzuwenden. Die <strong>Evangelische</strong><strong>Kirche</strong> <strong>in</strong> Deutschland hat sich mit demKompetenzbegriff <strong>in</strong> ihrer Denkschrift „Maßedes Menschlichen“ vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>esumfassenden Bildungsverständnisses kritischause<strong>in</strong>ander gesetzt (vgl. bes. S. 70f.). Wird mitdem Kompetenzbegriff gearbeitet, können imBlick auf den evangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichtfolgende Überlegungen weiterführen:– Er rekonstruiert entscheidende biblischeGehalte des kulturellen Gedächtnisses; ererarbeitet unter Berücksichtigung derSchriften <strong>und</strong> Traditionen des christlichenGlaubens, se<strong>in</strong>er theologischen Reflexion,se<strong>in</strong>er Sprachformen <strong>und</strong> <strong>in</strong>stitutionellenKontexte im Dialog mit philosophischen <strong>und</strong>nicht-christlichen Deutungen Gr<strong>und</strong>lagenfreien <strong>und</strong> verantwortlichen Handelns imsozialen <strong>und</strong> persönlichen Leben. Er erklärtGr<strong>und</strong>strukturen des christlichen Menschen<strong>und</strong>Weltbildes <strong>und</strong> das Phänomen <strong>Religion</strong>.<strong>Religion</strong> fragt nach Gott. Wie <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fachsonst erhalten die Schüler <strong>und</strong> Schüler<strong>in</strong>nendeswegen im <strong>Religion</strong>sunterricht dieGelegenheit, über Gott nachzudenken <strong>und</strong> zureden. Die E<strong>in</strong>übung elementarer Formentheologischen Denkens <strong>und</strong> Argumentierens<strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe befähigt ausbegründeter theologischer Perspektive zurTeilnahme am gesellschaftlichen Diskurs.– Er schult mit Hilfe fachspezifischer <strong>und</strong> – übergreifenderMethoden die Fähigkeit, den S<strong>in</strong>nüberlieferter Äußerungen zu verstehen <strong>und</strong>auf das eigene Leben zu beziehen, <strong>und</strong> vermitteltdie Fähigkeit, ethische Probleme zuanalysieren, zu reflektieren, zu ihnen e<strong>in</strong> eigenesUrteil zu formulieren <strong>und</strong> darüber mitanderen zu kommunizieren.– Er fördert kooperative <strong>und</strong> kommunikativeProzesse, <strong>in</strong>dem er immer wieder zurReflexion des eigenen Lebens anhält <strong>und</strong> dieMöglichkeit zum Dialog mit anderen<strong>Religion</strong>en <strong>und</strong> Weltanschauungen eröffnet.– Er unterstützt e<strong>in</strong> Ethos des Mitempf<strong>in</strong>dens<strong>und</strong> der Barmherzigkeit. Persönliche Entfaltung<strong>in</strong> sozialer Verantwortung <strong>und</strong> Mitempf<strong>in</strong>denmit dem Schwachen ist Kern deschristlichen Menschenbildes <strong>und</strong> Ausdruckchristlicher Freiheit. Dabei geht es immerwieder um Zuordnungen <strong>und</strong> Unterscheidungenim Blick auf andere Konzeptemenschlicher Existenz.Der <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe arbeitet im Spannungsfeld vonIdentität <strong>und</strong> Verständigung an der Entwicklunge<strong>in</strong>er reflektierten religiösen Kompetenz, die <strong>in</strong>allen Bereichen gesellschaftlichen, sozialen <strong>und</strong>persönlichen Lebens gefordert ist. Sie verdanktsich der Bearbeitung von „Problemen konstitutiverRationalität“ (J. Baumert), die e<strong>in</strong>en eigenenHorizont des Weltverstehens eröffnet.Religiöse Kompetenz kann als die Fähigkeitbezeichnet werden, Gr<strong>und</strong>fragen des Lebens(nach I. Kant: Was können wir wissen? Was sollenwir tun? Was dürfen wir hoffen? Was ist derMensch?) zu entdecken, <strong>in</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzungmit dem christlichen Glauben <strong>und</strong> nicht-christlichen<strong>Religion</strong>en <strong>und</strong> Weltanschauungen eigeneAntworten zu entwickeln, darüber mit anderenzu kommunizieren <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>sam Konsequenzenzu prüfen. E<strong>in</strong>e so verstandene religiöse9


Kompetenz schließt religiöses Gr<strong>und</strong>wissen <strong>und</strong>die Beherrschung spezifischer Methoden e<strong>in</strong>.Mit diesem bereichsspezifischen Kompetenzverständniswird e<strong>in</strong>erseits der Anschluss an diegegenwärtige Entwicklung von Bildungsstandardsmöglich. Damit verb<strong>in</strong>det sich andererseitsdie Aufgabe, die Bildungsziele, die für den<strong>Religion</strong>sunterricht von Bedeutung s<strong>in</strong>d, zubestimmen, zu konzentrieren <strong>und</strong> fachdidaktisch<strong>in</strong> die zu erreichende religiöse Kompetenzumzusetzen.3. Zur aktuellen Situation des<strong>Religion</strong>sunterrichts <strong>in</strong> dergymnasialen OberstufeIn der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der<strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufee<strong>in</strong> <strong>in</strong> jeder H<strong>in</strong>sicht gleichwertiges Fachist, wenn er nicht durch äußere Rahmenbed<strong>in</strong>gungenbenachteiligt wird. Im Folgenden werdene<strong>in</strong>zelne Aspekte der aktuellen Entwicklungbenannt <strong>und</strong> kritisch bewertet:<strong>Religion</strong>sunterricht als Pflicht- <strong>und</strong>AbiturprüfungsfachDer St<strong>und</strong>enumfang des <strong>Religion</strong>sunterrichts<strong>und</strong> die Wahlmöglichkeit als schriftliches <strong>und</strong>mündliches Abiturprüfungsfach (Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong>Leistungskursfach) stellen sich <strong>in</strong> den Ländernzunehmend unterschiedlich dar. In fast allenLändern kann der <strong>Religion</strong>sunterricht alsAbiturprüfungsfach gewählt werden, wobei er <strong>in</strong>acht Ländern dem gesellschaftswissenschaftlichenAufgabenfeld zugeordnet wird beziehungsweisees als Abiturfach vertreten kann (vgl. denFachbericht der Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz „ZurSituation des <strong>Evangelische</strong>n <strong>Religion</strong>sunterrichts<strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland“ vomDezember 2002, S. 12ff.). In der Praxis lässt sichjedoch feststellen, dass das Fach vor allem alsmündliches Abiturprüfungsfach gewählt wird.Dies liegt weniger an e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Neigungder Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler als an den verstärktenBeleg-, E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gungs- <strong>und</strong> Prüfungsverpflichtungen<strong>in</strong> anderen Fächern. Damitdroht dem <strong>Religion</strong>sunterricht e<strong>in</strong>e „Entschriftlichung“.Der „schulische Raum“ für das Fach <strong>in</strong>der gymnasialen Oberstufe <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Abiturprüfungwird enger. In den östlichen Länderns<strong>in</strong>d fast durchgängig ke<strong>in</strong>e Prüfungsfachkursemit erhöhtem Anforderungsniveau vorgesehen.In Sachsen ist <strong>Religion</strong>sunterricht als Abiturprüfungsfachnur an Schulen <strong>in</strong> evangelischerTrägerschaft möglich.Wechselseitige Kooperationen desevangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichtsDie gegenwärtige Entwicklung ist durch denAusbau der Pluralitätsfähigkeit des <strong>Religion</strong>sunterrichtsgeprägt. Diese Aufgabe betrifft denAusbau konfessioneller Kooperation zwischendem evangelischen <strong>und</strong> katholischen <strong>Religion</strong>sunterricht,die selbstkritische Er<strong>in</strong>nerung an dieGeschichte des Judentums <strong>und</strong> die unterrichtlicheBerücksichtigung des Verhältnisses vonChristen <strong>und</strong> Juden, die Ausarbeitung vonDidaktiken zum „<strong>in</strong>terreligiösen Lernen“ mitbesonderer Berücksichtigung des Islam <strong>und</strong> dieAnbahnung von Kooperationen mit demEthikunterricht. Angestrebt wird e<strong>in</strong> Beitrag zurallgeme<strong>in</strong>en Bildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er pluralen weltanschaulichenSituation durch die Förderung e<strong>in</strong>ervielseitigen Verständigungsfähigkeit.Bereits im Jahr 1974 hat der Rat der EKD dafürplädiert, die <strong>Religion</strong>sunterrichtskurse <strong>in</strong> dergymnasialen Oberstufe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmtenUmfang für Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler e<strong>in</strong>esanderen Bekenntnisses zu öffnen <strong>und</strong> Kursbesuche<strong>und</strong> -wertungen gegenseitig anzuerkennen.E<strong>in</strong>e verstärkte konfessionelle Kooperationim <strong>Religion</strong>sunterricht ist im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Öffnungdes Faches zu begrüßen. Aber sie muss vonder Sache <strong>und</strong> nicht lediglich von der Unterrichtsversorgungher legitimiert se<strong>in</strong>. Engeref<strong>in</strong>anzielle Spielräume, komb<strong>in</strong>iert mit schulorganisatorischenGründen (z.B. Lehrerdeputate,Kursfrequenz oder St<strong>und</strong>enplangestaltung), tragenim Blick auf das Angebot <strong>und</strong> die Durchführungvon <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong>sgesamt dazubei, ihn ohne Rücksicht auf konfessionelle Zugehörigkeite<strong>in</strong>zurichten. Die Gefahr, dass der <strong>Religion</strong>sunterrichtaus schulorganisatorischenGründen se<strong>in</strong>e konfessionelle Differenziertheitverliert <strong>und</strong> oberhalb der gelebten <strong>Religion</strong> zue<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en „<strong>Religion</strong>sunterricht für alle“wird, ist nicht von der Hand zu weisen. Davon zu10


unterscheiden s<strong>in</strong>d besondere Situationen, etwawenn sich für die Teilnahme an Abiturprüfungsfachkursenmit erhöhtem Anforderungsniveauim evangelischen oder katholischen <strong>Religion</strong>sunterrichtjeweils nicht ausreichend vieleSchüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler f<strong>in</strong>den. Dann ist untergeregelten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen die E<strong>in</strong>richtunggeme<strong>in</strong>samer Lerngruppen zu befürworten.Notwendig ist e<strong>in</strong> konfessionell-kooperativer<strong>Religion</strong>sunterricht, der e<strong>in</strong>e authentischeBegegnung mit den vorhandenen Konfessionen<strong>in</strong> ihren Geme<strong>in</strong>samkeiten <strong>und</strong> Differenzenerlaubt. Hilfreich s<strong>in</strong>d dazu aufe<strong>in</strong>ander abgestimmteevangelische <strong>und</strong> katholische Lehrpläne,die aktuelle Kooperationen erleichtern.Darüber h<strong>in</strong>aus ist der evangelische <strong>Religion</strong>sunterrichtoffen für e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>terreligiösen Dialog<strong>und</strong> damit für e<strong>in</strong>e jeweils unterschiedlich auszugestaltendeKooperation mit dem orthodoxen<strong>und</strong> jüdischen, unter vergleichbaren Voraussetzungenauch mit e<strong>in</strong>em zukünftigen islamischen<strong>Religion</strong>sunterricht. Die Kooperationsabsichtenschließen ebenso den Ethikunterricht voll e<strong>in</strong>(s.u.). Die Gründe für die mehrseitige Zusammenarbeitder e<strong>in</strong>schlägigen Unterrichtsfächerberuhen wesentlich auf der Notwendigkeit, <strong>in</strong>den öffentlichen Schulen – verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>emdurch e<strong>in</strong>en <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> konfessionellerBezogenheit geförderten religiösen Identitätslernen– ebenso e<strong>in</strong> weltanschaulich-religiösesVerständigungslernen zu verstärken. DieSchulen haben ke<strong>in</strong>e anderen Unterrichtsfächerals die genannten, um dies nicht nur nebenbei,sondern <strong>in</strong> konzentrierter <strong>und</strong> gründlicher Weisezu leisten, wie es den <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Kooperationsformen<strong>in</strong> unserer Zeit entspricht. Gerade<strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe kann der <strong>Religion</strong>sunterrichtso zu e<strong>in</strong>em wichtigen Forumder Begegnung <strong>und</strong> Reflexion von Zivilisation<strong>und</strong> Kultur werden (vgl. auch „Identität <strong>und</strong>Verständigung“ Kap. 5.2).Fächerübergreifendes LernenMit der Verstärkung des fachübergreifenden <strong>und</strong>fächerverb<strong>in</strong>denden Lernens <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe (Sem<strong>in</strong>arkurse, Polyvalenzkurse,Projekte, besondere Lernleistung <strong>in</strong> der Abiturprüfung,Facharbeit) entstehen für den <strong>Religion</strong>sunterrichtneben dem Fachunterricht neueMöglichkeiten. Manche <strong>Religion</strong>slehrkräfte nutzendie neuen Möglichkeiten noch zu wenig.Auch hier stellt sich die Frage, wie e<strong>in</strong> konfessionelldifferenzierter <strong>Religion</strong>sunterricht e<strong>in</strong>bezogenwerden kann. Dazu s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichendesAngebot seitens der Lehrkräfte ebenso erforderlichwie e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Kollegium <strong>und</strong> Schulleitung verankertesVerständnis dessen, was der <strong>Religion</strong>sunterrichtspezifisch e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen hat.Ethik- <strong>und</strong> PhilosophieunterrichtMit der Anerkennung des Ethik- <strong>und</strong> Philosophieunterrichtsals „curricular gleichwertiges“Fach durch e<strong>in</strong> Urteil des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichtesvom Juni 1998 samt der Vorgabe,„untergesetzliche Regelungen“ abzubauen, erhaltendiese Fächer ihre angemessene Stellung<strong>in</strong> der Schule. Das ist aus bildungstheoretischerSicht <strong>in</strong>sbesondere dann zu begrüßen, wenndadurch e<strong>in</strong>e elementare philosophische Bildungbefördert wird, die sich nicht alle<strong>in</strong> aufFragen der <strong>in</strong>dividuellen Lebensführung <strong>und</strong>sozialethische Gr<strong>und</strong>fragen beschränkt. Der<strong>Religion</strong>sunterricht jedoch ist herausgefordert,se<strong>in</strong>e elementaren <strong>und</strong> substantiellen Inhalte zuverdeutlichen <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en spezifischen Beitragzum Bildungsauftrag <strong>in</strong> dieser Schulstufe zuschärfen (vgl. „Identität <strong>und</strong> Verständigung“ Kap.5.3). Dabei s<strong>in</strong>d fachübergreifende <strong>und</strong> fächerverb<strong>in</strong>dendeThemenstellungen geeignet, dieunterschiedlichen Perspektiven der drei Fächerfür die Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler aufzuzeigen.Profiloberstufe, Schulprogramm <strong>und</strong>SchulcurriculumMit der zunehmenden Eigenverantwortung derE<strong>in</strong>zelschule <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enenEntwicklung von Schulprogrammen e<strong>in</strong>schließlichder darauf bezogenen Schulcurricula stelltsich für den evangelischen <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong>der gymnasialen Oberstufe die Aufgabe, deneigenen Beitrag des Faches je nach Schule zuspezifizieren <strong>und</strong> dementsprechend zu profilieren.Der <strong>Religion</strong>sunterricht steht damit wie alleanderen Fächer vor der Herausforderung, e<strong>in</strong>erseitsdie Gr<strong>und</strong>lagen des Faches zu sichern <strong>und</strong>andererseits den besonderen Profilbildungen<strong>und</strong> Schwerpunktsetzungen der Schule gerechtzu werden.11


Die Integration <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Schulprogramm <strong>und</strong> dieMitarbeit bei e<strong>in</strong>em Schulcurriculum erforderne<strong>in</strong>e genaue Abstimmung zwischen den Fächernder religiösen, philosophischen <strong>und</strong> ethischenBildung <strong>und</strong> Erziehung. Diese Abstimmungmuss auf der Ebene der e<strong>in</strong>zelnen Schule erfolgen,sollte aber schon bei den Lehrplänen beg<strong>in</strong>nen.Die Entwicklungen <strong>in</strong> den Ländern zeigen, dassder <strong>Religion</strong>sunterricht bei der Profil- <strong>und</strong>Schwerpunktbildung <strong>in</strong> engerem S<strong>in</strong>ne noch zuwenig Berücksichtigung f<strong>in</strong>det. E<strong>in</strong> Profil oderSchwerpunkt, <strong>in</strong> dem der <strong>Religion</strong>sunterrichtzentrales Profil- oder Schwerpunktfach ist, wirdbislang kaum ernsthaft konzipiert. In dieserSituation können die Profiloberstufen e<strong>in</strong>zelnerModellschulen, gerade auch <strong>in</strong> evangelischerTrägerschaft, wertvolle H<strong>in</strong>weise geben.Es ist bildungspolitisch richtig, der Schule größereEigenverantwortung <strong>und</strong> erweiterte Entscheidungsbefugnissezu übertragen. Das darfaber nicht dazu führen, dass die Erteilung von<strong>Religion</strong>sunterricht immer stärker von denGegebenheiten <strong>und</strong> Entscheidungen vor Ortabhängig wird. Der <strong>Religion</strong>sunterricht mussauch dann stattf<strong>in</strong>den, wenn es ihm vor Ort an<strong>in</strong>ner- <strong>und</strong> außerschulischer Unterstützung fehlensollte.Bildungsstandards für den <strong>Religion</strong>sunterrichtDie Länder haben große Spielräume <strong>in</strong> derGestaltung der gymnasialen Oberstufe. E<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>samer fachlicher Standard, der von allenzu erreichen ist, wird <strong>in</strong> den „E<strong>in</strong>heitlichenPrüfungsanforderungen für die Abiturprüfung“(EPA) beschrieben. Sie liegen für den <strong>Religion</strong>sunterrichtvor <strong>und</strong> werden demnächst überarbeitet.Der Glaube selbst entzieht sich e<strong>in</strong>erBewertung. Dennoch zielt der evangelische<strong>Religion</strong>sunterricht auf überprüfbare Kompetenzen<strong>und</strong> Inhalte. Die Bes<strong>in</strong>nung auf klar zuumreißende Ziele <strong>und</strong> Inhalte, die im <strong>Religion</strong>sunterrichtder gymnasialen Oberstufe – <strong>und</strong>damit <strong>in</strong> der zugehörigen Fächergruppe – zuerreichen s<strong>in</strong>d, trägt dann zur Profilierung diesesFaches bei, wenn dabei das entwicklungsbezogene,kommunikative <strong>und</strong> handlungsorientierteLernen nicht aus dem Blick gerät.Mit der Formulierung fachbezogener Standardsstellt sich zw<strong>in</strong>gend die Aufgabe e<strong>in</strong>er differenziertenEvaluation der Ergebnisse, aber auch derAusgangspunkte <strong>und</strong> der Lernverläufe des <strong>Religion</strong>sunterrichts.Dabei bedarf es der Entwicklungvon Formen externer Evaluation (z.B.Vergleichsarbeiten, Abschlussprüfungen mit landesweite<strong>in</strong>heitlicher Aufgabenstellung), die denErwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten <strong>und</strong>Fertigkeiten, also von Kompetenzen, aufzeigen<strong>und</strong> den <strong>Religion</strong>sunterricht mit dem Unterricht<strong>in</strong> anderen Klassen, Schulen <strong>und</strong> Ländern,aber auch mit anderen Fächern vergleichbarmachen. Daneben s<strong>in</strong>d Modelle der <strong>in</strong>ternenEvaluation zu entwickeln. <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> <strong>Religion</strong>slehrer müssen dar<strong>in</strong> unterstütztwerden, mit Hilfe von alltagstauglichen Instrumentenden Lernstand ihrer Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Schüler zu diagnostizieren <strong>und</strong> mit unaufwendigenEvaluationsverfahren ihren Unterricht zubeobachten <strong>und</strong> auszuwerten (vgl. Kap. 4).Immer dr<strong>in</strong>glicher stellt sich ferner die Aufgabe,<strong>in</strong> der E<strong>in</strong>führungsphase der gymnasialenOberstufe e<strong>in</strong>e Angleichung der Lernvoraussetzungenzu ermöglichen. Wird die Dauer derSchulzeit bis zum Erwerb der allgeme<strong>in</strong>en<strong>Hochschulreife</strong> verkürzt, muss diese Aufgabebereits am Ende der Sek<strong>und</strong>arstufe I bewältigtwerden.Besondere Lernleistung, Facharbeit, Sem<strong>in</strong>ararbeit,Ganzschrift <strong>und</strong> Diakonisches PraktikumIn der gymnasialen Oberstufe haben dieSchüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler die Möglichkeit,eigenständige, auch fächerübergreifende Sem<strong>in</strong>ar-oder Jahresarbeiten zu schreiben <strong>und</strong> damitbesondere Lernleistungen zu erbr<strong>in</strong>gen, die <strong>in</strong>die Abiturbenotung e<strong>in</strong>gehen. Im Kontext des<strong>Religion</strong>sunterrichts kommt hier den von den<strong>Kirche</strong>n geförderten Wettbewerben sowieProjekten <strong>und</strong> Praktika besondere Bedeutung zu.Zugleich fordert die Möglichkeit, besondereLernleistungen <strong>in</strong> die Abiturbewertung e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen,die <strong>Religion</strong>slehrkräfte zu neuenAngeboten <strong>und</strong> verstärkter Beratung heraus.Viele Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler ergreifen dieMöglichkeit, e<strong>in</strong>e Sem<strong>in</strong>ar- oder Facharbeit imBereich <strong>Evangelische</strong> <strong>Religion</strong> zu verfassen <strong>und</strong>setzen damit e<strong>in</strong>en bedeutsamen <strong>in</strong>dividuellenSchwerpunkt <strong>in</strong> ihrer Schullaufbahn. Schul<strong>in</strong>-12


terne öffentliche Präsentationen sowohl derbesonderen Lernleistung als auch von Facharbeitensollten von den <strong>Religion</strong>slehrkräftenangeregt werden.In e<strong>in</strong>er Reihe von Ländern ist für den<strong>Religion</strong>sunterricht der gymnasialen Oberstufedie Lektüre von Ganzschriften vorgesehen. In derRegel lassen sich die Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülermit Interesse auf diese Herausforderung e<strong>in</strong>. DerUmgang mit Ganzschriften sollte deshalb verstärktim <strong>Religion</strong>sunterricht e<strong>in</strong>geübt werden,weil mit ihm systematisches <strong>und</strong> vertiefendestheologisches Denken angebahnt werden kann.In diesem Zusammenhang ist die Bedeutung derBibel hervorzuheben. Die Bibel ist das Gr<strong>und</strong>dokumentdes evangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichts,auf dem das zu vermittelnde Wissen überdie Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Konturen des Christentumsbasiert. Da vielen Jugendlichen e<strong>in</strong>e elementarereligiöse Bildung fehlt, müssen sie mit der biblischenÜberlieferung verstärkt bekannt gemachtwerden.In e<strong>in</strong>igen Ländern besteht <strong>in</strong> Zusammenarbeitmit den <strong>Kirche</strong>n <strong>und</strong> ihren E<strong>in</strong>richtungen dieMöglichkeit, <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>führungsphase der gymnasialenOberstufe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em diakonischenPraktikum soziale Verantwortung zu erproben<strong>und</strong> zu entwickeln. Solche Praktika ergänzen denUnterricht <strong>und</strong> nehmen Lebenswelt <strong>und</strong> Erfahrungender Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler <strong>in</strong>tensivauf. Sie können zur Gr<strong>und</strong>lage von Sem<strong>in</strong>aroderFacharbeiten <strong>und</strong> besonderen Lernleistungenwerden. In diesem Zusammenhang ist aufvorbildliche Modelle diakonisch-sozialen Lernensbisher vor allem an evangelischen Schulenzu verweisen. Wertvolle Impulse geben auch diewissenschaftlich ausgewiesenen katholischen„Compassion-Projekte“.Die Möglichkeiten solcher besonderen Lernleistungensollten von den <strong>Religion</strong>slehrkräften stärkeraufgegriffen werden. Hierzu bedarf es erläuternderH<strong>in</strong>weise <strong>und</strong> Empfehlungen, die überdie <strong>Kirche</strong>n erstellt <strong>und</strong> weitergereicht werdenkönnen. Für den E<strong>in</strong>satz von Ganzschriftenbenötigen die <strong>Religion</strong>slehrkräfte weiterh<strong>in</strong>Fortbildungsveranstaltungen, <strong>in</strong> denen didaktische<strong>und</strong> methodische Konzepte erarbeitet werden,die komplexe Zusammenhänge <strong>und</strong>Argumentationsstrukturen verdeutlichen helfen.Trotz Verkürzung der Dauer der Schulzeit biszum Erwerb der allgeme<strong>in</strong>en <strong>Hochschulreife</strong> aufzwölf Schuljahre müssen die Möglichkeitenerhalten bleiben, berufsbezogene Schülerpraktikaauch <strong>in</strong> diakonischen E<strong>in</strong>richtungen durchzuführen.4. <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><strong>Religion</strong>slehrer im Schnittpunktder BildungsherausforderungenIn der Person der <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong> <strong>und</strong> des <strong>Religion</strong>slehrerstreffen die vielfältigen Herausforderungenzusammen, die sich dem <strong>Religion</strong>sunterricht<strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe stellen.Die Bildungsaufgaben des <strong>Religion</strong>sunterrichtswerden von den Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrern täglich<strong>in</strong> Unterricht <strong>und</strong> Erziehung, <strong>in</strong> Begleitung<strong>und</strong> Beratung, <strong>in</strong> kollegiale Kooperation <strong>und</strong>Schulprogrammarbeit übersetzt <strong>und</strong> konkretisiert.Ihnen stellen sich <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sichthohe Anforderungen. Dabei können sie sichnoch weniger als die Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehreranderer Fächer auf das sichere Terra<strong>in</strong> fachwissenschaftlicherPositionen zurückziehen, so notwendig<strong>und</strong> konstitutiv ihre fachlich-theologischeKompetenz für gel<strong>in</strong>gendes Lehrerhandelnauch ist. Sie können den Herausforderungen nurdann gerecht werden, wenn sie sich zum e<strong>in</strong>en„auf der Höhe der Zeit“ bef<strong>in</strong>den. Hierzu gehört,dass sie sich <strong>in</strong> den fachbezogenen <strong>und</strong> gesellschaftlichenWissens- <strong>und</strong> Problemfeldern <strong>und</strong>kulturellen Entwicklungen auskennen, am Diskursüber ethische <strong>und</strong> religiöse Gr<strong>und</strong>fragenteilnehmen <strong>und</strong> an der Bearbeitung gesellschaftlicherEntwicklungen <strong>und</strong> Konflikte beteiligen.Zum anderen brauchen sie Sensibilität, Empathieim Umgang mit Jugendlichen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>eausgeprägte Fähigkeit, jugendliche Lebensweltenzu entschlüsseln. E<strong>in</strong>e so hergestellte hermeneutischeKontextfähigkeit ermöglicht es ihnen,mit Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern der Orientierungskraft<strong>und</strong> dem Wahrheitsversprechen von<strong>Religion</strong> <strong>in</strong> spezifisch evangelischem Profil nachzuspüren.Sie leisten damit sowohl <strong>in</strong>haltlich alsauch durch ihr methodisch <strong>und</strong> wissenschaftspropädeutischgesichertes Vorgehen e<strong>in</strong>en bedeutendenBeitrag zum allgeme<strong>in</strong>en Bildungsauftragder gymnasialen Oberstufe.13


In anderer Weise als <strong>in</strong> den meisten übrigenFächern stehen <strong>Religion</strong>slehrkräfte im Dialogmit den Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern immer auchselbst als Person auf dem Prüfstand. Sie werdenvon diesen kritisch befragt, welchen Stellenwert<strong>Religion</strong> <strong>in</strong> ihrem Leben e<strong>in</strong>nimmt <strong>und</strong> wieglaubwürdig sie für das e<strong>in</strong>stehen, was sie imBlick auf Glauben <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong> vertreten. Ihr persönlichesEngagement, ihre Begeisterungsfähigkeit<strong>und</strong> ihre Authentizität werden von denSchüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern als Prüfste<strong>in</strong> gewertet,wie tragfähig ihnen <strong>Religion</strong> als Lebensgr<strong>und</strong>lage<strong>und</strong> -perspektive ersche<strong>in</strong>t. Für die<strong>Kirche</strong> ist dieses Engagement von besonderemWert, <strong>und</strong> sie dankt den <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> <strong>Religion</strong>slehrern dafür, dass sie dazu beitragen,jungen Erwachsenen e<strong>in</strong>en reflektiertenchristlichen Lebensstandpunkt zu ermöglichen.Gleichzeitig s<strong>in</strong>d die <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>-lehrer jedoch selbst <strong>in</strong>volviert <strong>in</strong> die gesellschaftlichenProzesse der Enttraditionalisierung,der Privatisierung <strong>und</strong> Pluralisierung religiöserLebensformen. Solche Prozesse zeigen sich <strong>in</strong>der gymnasialen Oberstufe mit besondererSchärfe. E<strong>in</strong> steigender öffentlicher <strong>und</strong> schulischerDruck auf den <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>und</strong> derStellenwert, den manche Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Schüler dem <strong>Religion</strong>sunterricht im Vergleich zuanderen Fächern beimessen, bee<strong>in</strong>flusst dasSelbstverständnis vieler <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> –lehrer <strong>und</strong> setzt sie unter e<strong>in</strong>en ständigenLegitimationszwang. Angesichts dieser hohenAnforderungen <strong>und</strong> Belastungen s<strong>in</strong>d <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> -lehrer <strong>in</strong> besonderer Weise aufdie Unterstützung der <strong>Kirche</strong> angewiesen. Siekönnen von weitreichenden kirchlichen Beratungs-<strong>und</strong> Fortbildungsangeboten für professionellesLehrerhandeln profitieren, die sie <strong>in</strong>die Lage versetzen, ihren Unterricht <strong>in</strong>novativ,kompetent, dialogfähig <strong>und</strong> selbstbewusst wahrzunehmen.5. Aufgaben der <strong>Kirche</strong>Die evangelische <strong>Kirche</strong> nimmt ihre (Mit-)Verantwortungfür den gesamten Bildungsbereich<strong>und</strong> damit auch für die gymnasiale Oberstufewahr, <strong>in</strong>dem sie pädagogische Handlungsfelderentwickelt hat, die unter je unterschiedlicherZielsetzung <strong>und</strong> Perspektive die Schülerschaft,die Lehrkräfte, die Schule sowie ihre gesellschaftlicheBedeutung <strong>in</strong> den Blick nehmen. Daskommt im verfassungsmäßigen Rahmen auch <strong>in</strong>der Beteiligung an der Gestaltung des <strong>Religion</strong>sunterrichtszum Ausdruck. Ferner nimmt die<strong>Kirche</strong> an der allgeme<strong>in</strong>en Bildungsdebatte aktivteil.<strong>Religion</strong>sunterricht <strong>und</strong> Schule s<strong>in</strong>d heute ohneexterne Unterstützungssysteme nicht denkbar.Die wachsende Eigenverantwortlichkeit vonSchule macht zum Beispiel erforderlich, dassKollegien oder e<strong>in</strong>zelne Lehrkräfte selbst formulieren,was sie für e<strong>in</strong>en guten Unterricht <strong>und</strong>e<strong>in</strong>e gute Schule halten. Im Rahmen derVokation verpflichtet sich die evangelische<strong>Kirche</strong>, <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Religion</strong>slehrerbei ihrer Arbeit zu unterstützen. Das gilt selbstverständlichauch <strong>in</strong> den Ländern, wo dieMitwirkung der <strong>Kirche</strong>n bei der E<strong>in</strong>setzung von<strong>Religion</strong>slehrkräften nicht durch e<strong>in</strong>e Vokationgeregelt ist. Die <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> <strong>Religion</strong>slehrerbrauchen für ihren schwierigenpädagogischen Dienst im Schnittfeld von <strong>Kirche</strong><strong>und</strong> Gesellschaft auch die Vergewisserung <strong>und</strong>Begleitung durch die <strong>Kirche</strong>. Regional <strong>und</strong> überregionalhält die <strong>Kirche</strong> e<strong>in</strong> Netzwerk vonInstitutionen bereit, die Beratung, Fortbildung<strong>und</strong> geistliche Begleitung gewährleisten. Qualitätssicherung,Kompetenz-, Unterrichts- <strong>und</strong>Schulentwicklung s<strong>in</strong>d permanente Herausforderungen,denen sich die <strong>Kirche</strong> stellt. Als thematischeSchwerpunkte s<strong>in</strong>d für die nächste Zeit<strong>in</strong>sbesondere die Unterstützung der Schulprogramm-<strong>und</strong> Schulprofilentwicklung wünschenswertsowie die Entwicklung von Ganztagsangeboten,die den Interessen Jugendlicher entsprechen.Darüber h<strong>in</strong>aus ist es aus folgenden Gründenwichtig, dass <strong>Kirche</strong>ngeme<strong>in</strong>den <strong>und</strong> -kreisesowie andere kirchliche E<strong>in</strong>richtungen <strong>und</strong>Arbeitsfelder mit Schulen <strong>und</strong> dem <strong>Religion</strong>sunterrichtsystematisch kooperieren, Formenkont<strong>in</strong>uierlicher Zusammenarbeit sowie gegenseitigerUnterstützungssysteme auf- beziehungsweiseausbauen:– Die Arbeit der <strong>Religion</strong>slehrkräfte <strong>und</strong> der<strong>Religion</strong>sunterricht selbst werden vor Ortunterstützt. Angesichts der Dezentralisierung14


von Entscheidungen im Bildungsbereich(schulische Eigenverantwortung, Schulprogrammeetc.) ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive kirchlicheBeteiligung am Bildungsdiskurs auf lokaler<strong>und</strong> regionaler Ebene umso bedeutender.Dazu zählen Gesprächen mit Vertreter<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Vertretern von Schulleitungen <strong>und</strong> –trägern,der Fachberatung, der Bildungsverwaltungsowie mit den Verantwortlichen für dieBildungspolitik.– Die theologische Kompetenz von <strong>Religion</strong>slehrer<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> –lehrern kann für dieWeiterentwicklung von Geme<strong>in</strong>de <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong>genutzt werden.– Nach wie vor prägen Oberstufenschüler<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> –schüler das Bild von ehrenamtlicherkirchlicher Mitarbeit Jugendlicher, zum<strong>in</strong>dest<strong>in</strong> bestimmten Formen geme<strong>in</strong>dlicher Aktivitäten.– Die schulbezogenen pädagogischen Gr<strong>und</strong>qualifikationender Pfarrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Pfarrerwerden im Dialog weiterentwickelt.– Junge Menschen werden im Blick auf ihrenweiteren Bildungsweg auf solche kirchlichenBerufe <strong>und</strong> Arbeitsfelder aufmerksam gemacht,für die das Abitur e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>qualifikationdarstellt. Neben den spezifisch kirchlichenBerufen wie Pfarrer/<strong>in</strong>, Geme<strong>in</strong>depädagoge/<strong>in</strong>,Diakon/<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d hier auchpädagogische <strong>und</strong> mediz<strong>in</strong>isch-therapeutischeBerufe zu nennen. Über diese Berufe zu<strong>in</strong>formieren, wird <strong>in</strong> den Landeskirchen <strong>und</strong>der EKD als übergreifende Aufgabe erkannt:Entsprechende Materialien zum Beispiel fürStudium <strong>und</strong> Beruf im Blick auf Pfarrer/<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> <strong>Religion</strong>slehrkräfte stehen zur Verfügung.Daneben ist es notwendig, die Lebensweisevon <strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> Diakonie über Praktika <strong>und</strong>Projekte zu erschließen.E<strong>in</strong>e besondere Chance der Begegnung <strong>und</strong>Kooperation von <strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> Schule stellen dievielfältigen Formen der evangelischen Jugendarbeitdar. Diese hat auch im Blick auf die gymnasialeOberstufe e<strong>in</strong> breites Handlungsrepertoireentwickelt. Neben außerschulischen Angebotenfür Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler kommen <strong>in</strong>nerschulischeAngebote für e<strong>in</strong>zelne Schulen,Klassen oder Jahrgangsstufen <strong>in</strong> den Blick.Hierzu gehören unter anderem Angebote derSeelsorge, der Freizeitgestaltung <strong>und</strong> der Bildungals Lebensbegleitung. Sie werden angeboten vonLandesjugendpfarrämtern, evangelischen Akademien,religionspädagogischen Instituten <strong>und</strong>weiteren evangelischen E<strong>in</strong>richtungen, die Heranwachsendebefähigen, ihren Lebensraum e<strong>in</strong>schließlichder Schule selbstbewusst <strong>und</strong> selbstbestimmtzu gestalten oder lebenslaufbezogeneEntscheidungen zu treffen. Konkret wird dieseArbeit zum Beispiel <strong>in</strong> „Tagen ethischer Orientierung“,„<strong>Religion</strong>sphilosophischen Schulprojektwochen“,„Religiösen Schulwochen“ oderTagungen der „Jungen Akademie“ (vgl. auch"Ganztagsschule – <strong>in</strong> guter Form!" EKD 2004).Unter den ca. 1000 Schulen <strong>in</strong> evangelischerTrägerschaft bef<strong>in</strong>den sich r<strong>und</strong> 80 Gymnasien<strong>und</strong> Gesamtschulen mit e<strong>in</strong>er gymnasialenOberstufe. <strong>Kirche</strong>n <strong>und</strong> andere evangelischeTräger übernehmen damit Verantwortung fürBildung <strong>in</strong> der Sek<strong>und</strong>arstufe II. In den jeweiligenProfilen werden Akzente im Blick auf Förderung<strong>und</strong> Integration sowie auf Bildungszielejenseits von Wissen <strong>und</strong> Können gesetzt, wiezum Beispiel Verantwortungsbereitschaft. Siekonkretisieren sich <strong>in</strong> Schulpartnerschaften,Projekten zu fairem Handel oder diakonischenPraktika. In Übernahme der allgeme<strong>in</strong>en Aufgabender gymnasialen Oberstufe entwickelnSchulen <strong>in</strong> evangelischer Trägerschaft Modelleder erweiterten Ausgestaltung <strong>und</strong> Profilierung.So leisten sie e<strong>in</strong>en konkreten <strong>und</strong> praktischenBeitrag zur Gestalt <strong>und</strong> Weiterentwicklung dieserSchulstufe.6.6. Forderungen an das öffentlicheBildungssystemDie evangelische <strong>Kirche</strong> fordert die verantwortlicheBildungspolitik auf, die Räume für den <strong>Religion</strong>sunterricht<strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe<strong>und</strong> <strong>in</strong> der Abiturprüfung zu erhalten <strong>und</strong> zueröffnen <strong>und</strong> das Fach <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gleichwertigkeitzu anderen Fächern h<strong>in</strong>sichtlich der Beleg-,E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gungs- <strong>und</strong> Abiturprüfungsfachauflagennicht zurückzusetzen. Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es angemessenen,freiheitlichen Bildungsverständnissesbraucht der <strong>Religion</strong>sunterricht gerade auch <strong>in</strong>15


der gymnasialen Oberstufe <strong>und</strong> der Abiturprüfunge<strong>in</strong>e klare öffentliche Förderung. Die evangelische<strong>Kirche</strong> ist bereit, auf allen Ebenen ihrenBeitrag zur Stärkung des Faches zu leisten <strong>und</strong>dadurch ihre Mitverantwortung für e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<strong>und</strong> zukunftsfähige Bildung aktiv wahrzunehmen.Bei zentralen Vere<strong>in</strong>barungen, derFestlegung von Rahmenvorgaben <strong>und</strong> derBeschreibung von Standards, die den evangelischen<strong>Religion</strong>sunterricht <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Stellung imFächerkanon betreffen, ist die evangelische<strong>Kirche</strong> zu beteiligen. Im E<strong>in</strong>zelnen ist festzuhalten:– Der konfessionelle <strong>Religion</strong>sunterricht istordentliches Lehrfach; er ist also wie andereFächer zu behandeln. Jede öffentliche Schulehat ihn <strong>in</strong> der für die betreffende Schulartbeziehungsweise Schulstufe gegebenen Weisedurchgehend anzubieten.– Der <strong>Religion</strong>sunterricht muss <strong>in</strong> den allgeme<strong>in</strong>enSchulbetrieb <strong>und</strong> die Organisationdes Unterrichts e<strong>in</strong>gegliedert se<strong>in</strong>. Werdendie anderen vergleichbaren Fächer <strong>in</strong> Schulhalbjahrskursenfür Jahrgänge <strong>und</strong> unterGewährung von Wahlmöglichkeiten odernach unterschiedlichen Niveaustufen erteilt,hat dies ebenso für den <strong>Religion</strong>sunterrichtzu gelten. Auch <strong>in</strong> den östlichen Ländern sollteder <strong>Religion</strong>sunterricht trotz der historischbesonderen Situation mittlerweile <strong>in</strong> vollemUmfang als Abiturprüfungsfach gewählt werdenkönnen.– Der <strong>Religion</strong>sunterricht gehört <strong>in</strong> den Pflichtbereich.E<strong>in</strong>e Verweisung <strong>in</strong> den Wahlbereichwürde den verfassungsmäßigen Anforderungennicht gerecht werden. Darauf ist bei jederZuweisung zu e<strong>in</strong>em Aufgabenfeld zu achten,wobei er dieses <strong>in</strong> der Abiturprüfung repräsentierenkönnen sollte.– Der <strong>Religion</strong>sunterricht wird benotet <strong>und</strong> ist<strong>in</strong> der gymnasialen Oberstufe <strong>in</strong> die dortübliche Leistungsbewertung e<strong>in</strong>zubeziehen.Bloße Teilnahmebesche<strong>in</strong>igungen genügennicht. Für e<strong>in</strong>e Abiturnote im evangelischen<strong>Religion</strong>sunterricht sollte m<strong>in</strong>destens dieHälfte der notwendigen Kurse /Fachst<strong>und</strong>en<strong>in</strong> diesem Fach belegt worden se<strong>in</strong>. DerBesuch von Kursen des <strong>Religion</strong>sunterrichtse<strong>in</strong>er anderen Konfession oder des Ethikbzw.Philosophieunterrichts ist dabei imUmfang bis zur Hälfte als gleichwertig anrechenbar.– Der <strong>Religion</strong>sunterricht benötigt se<strong>in</strong> eigenesCurriculum; se<strong>in</strong>e Unterrichtsgegenständekönnen <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em übergreifenden Unterricht„mitbehandelt“ werden. E<strong>in</strong>erseits s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>tegrierteLehr- <strong>und</strong> Lernformen zu begrüßen,der <strong>Religion</strong>sunterricht wird sich hier gernbeteiligen. Andererseits setzen solche Formeneigenständige Fächer beziehungsweiseFächergruppen voraus sowie e<strong>in</strong> klaresBewusstse<strong>in</strong> von deren <strong>in</strong>haltlichen <strong>und</strong>methodischen Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen.Sonst ergäbe sich e<strong>in</strong> gravierender Verlust anFachlichkeit, <strong>und</strong> der Bezug zu den Referenzwissenschaftenstünde <strong>in</strong> Frage. Der schulischeBildungsauftrag würde zur Dispositiongestellt werden.– Integrierte Formen müssen auf der Gr<strong>und</strong>lagedes Faches <strong>und</strong> unter Mitwirkung der<strong>Kirche</strong>n beziehungsweise <strong>Religion</strong>sgeme<strong>in</strong>schaftenentwickelt werden. Im Blick auf den<strong>Religion</strong>sunterricht ist es daher unerlässlich,dass – bevor bestimmte Korrespondenz- oderLernbereiche e<strong>in</strong>gerichtet werden – mit denam <strong>Religion</strong>sunterricht jeweils beteiligten<strong>Kirche</strong>n oder <strong>Religion</strong>sgeme<strong>in</strong>schaften überden Inhalt <strong>und</strong> die Gestaltung des UnterrichtsE<strong>in</strong>vernehmen erzielt wird.– Religiöse Bildung gehört zum Auftrag derSchule. Jedes Schulprogramm sollte daher aufFragen der religiösen <strong>und</strong> ethischen Bildung<strong>und</strong> Erziehung e<strong>in</strong>gehen. Dazu gehört dieAnerkennung besonderer Modellgestaltungenmit Schwerpunkten aus dem <strong>Religion</strong>sunterricht.– Angesichts der zunehmenden Dezentralisierungvon Entscheidungen im Schulbereichmuss sichergestellt se<strong>in</strong>, dass am Bildungsdiskursauf lokaler <strong>und</strong> regionaler Ebene <strong>in</strong>die Gespräche von Schulleitungen <strong>und</strong> –trägern,der Bildungsverwaltung sowie denVerantwortlichen für die Bildungspolitik mitgesellschaftlichen Gruppen <strong>und</strong> Verbändenauch kirchliche Vertreter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vertreternangemessen e<strong>in</strong>bezogen werden.16


– Es müssen Konzepte entwickelt werden, die<strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> Diakonie für den Unterricht <strong>in</strong> dergymnasialen Oberstufe als außerschulischeLernorte e<strong>in</strong>beziehen.– Es bedarf verstärkter staatlicher Anstrengung,um e<strong>in</strong>erseits die Ausbildung e<strong>in</strong>er ausreichenden<strong>und</strong> qualifizierten Zahl von Gymnasiallehrkräftenfür das Fach <strong>Religion</strong> <strong>in</strong> derersten <strong>und</strong> zweiten Ausbildungsphase zusichern <strong>und</strong> andererseits e<strong>in</strong>e ausreichendeE<strong>in</strong>stellung von <strong>Religion</strong>slehrkräften zurErteilung des Unterrichts zu gewährleisten.Das Bildungssystem muss sich heute besondersim Umgang mit Vielfalt bewähren. Das gilt geradeauch <strong>in</strong> kultureller <strong>und</strong> religiöser H<strong>in</strong>sicht.<strong>Religion</strong> ist e<strong>in</strong> eigenständiger Bereich unseresLebens <strong>und</strong> unserer Kultur. Es ist wichtig, dassHeranwachsende zu e<strong>in</strong>er geklärten kulturellen<strong>und</strong> religiös-weltanschaulichen Identität f<strong>in</strong>den.Dazu leistet der <strong>Religion</strong>sunterricht <strong>in</strong> der gymnasialenOberstufe e<strong>in</strong>en unverzichtbaren Beitrag.Er vermittelt e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>n- <strong>und</strong> wertbezogeneBildung, die Funktions- <strong>und</strong> Orientierungswissen<strong>in</strong>tegriert, thematisiert Möglichkeiten <strong>und</strong>Grenzen des menschlichen Lebens <strong>und</strong> öffnetdie Augen für Erfahrungen, die uns umgreifen.Damit liefert er den jungen Erwachsenen entscheidendeGr<strong>und</strong>lagen sowohl für e<strong>in</strong> wissenschaftlichesStudium <strong>und</strong> für den Beruf als auchzur Übernahme von Verantwortung für das eigeneLeben <strong>und</strong> die Gestaltung e<strong>in</strong>es demokratischen<strong>und</strong> sozial gerechten Geme<strong>in</strong>wesens.17


Mitglieder der ArbeitsgruppeM<strong>in</strong>isterialrat Rolf Bade, HannoverLtd. Dozent<strong>in</strong> Pfarrer<strong>in</strong> Dr. Ulrike Baumann, BonnDirektor Pfarrer Volker Elsenbast, MünsterLtd. Regierungsschuldirektor a. D. Jörgen Nieland, MettmannAkademische Oberrät<strong>in</strong> Dr. Gabriele Obst, BielefeldDirektor Professor Dr. Hartmut Rupp, KarlsruheLandeskatechet Ludwig Ruscher, DresdenOberkirchenrat Matthias Otte, Hannover (Leitung <strong>und</strong> Geschäftsführung)18

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