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Ansprache IGORA 20 Jahre

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„<br />

<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>IGORA</strong><br />

«Ohne Druck von aussen entstehen<br />

keine Innovationen»<br />

<strong>Ansprache</strong> von Arno Bertozzi*, Präsident <strong>IGORA</strong>-Genossenschaft,<br />

19. Mai <strong>20</strong>09, Zunfthaus zur Meisen, Zürich<br />

(»pack’s« bringt diese <strong>Ansprache</strong> leicht gekürzt)<br />

Sehr geehrte Damen und<br />

Herren, liebe <strong>IGORA</strong>-<br />

Freunde,<br />

ich freue mich sehr, dass so<br />

viele Gäste unserer Einladung<br />

gefolgt sind, und es ist schön,<br />

dass Sie durch Ihre Anwesenheit<br />

Interesse an unserer<br />

<strong>20</strong>-jährigen Tätigkeit bekunden.<br />

Ich denke auch, dass das<br />

wunderschöne Zunfthaus zur<br />

Meisen ein passender Rahmen<br />

für unser Jubiläum ist.<br />

Einmal in <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong>n darf es<br />

doch festlich sein. Zwanzig<br />

<strong>Jahre</strong> <strong>IGORA</strong> ist ein Anlass, um etwas<br />

Rückschau zu halten, sich bewusst werden,<br />

welchen Weg wir gegangen sind, und der uns<br />

schliesslich zu Spitzenleistungen führte. Mit der<br />

Einladung zu diesem Jubiläum wollen wir aber<br />

auch danke sagen all jenen, die mit uns<br />

kooperierten, uns ideell und finanziell unterstützten,<br />

oder uns die anfänglich schwierige<br />

Aufgabe nicht über Gebühr erschwerten!<br />

Ich habe nicht vor, die <strong>20</strong>-jährige Geschichte<br />

der <strong>IGORA</strong> chronologisch darzustellen. Das<br />

können Sie in Ruhe in der ‹<strong>IGORA</strong> News<br />

Jubiläumsausgabe› nachlesen, die Sie beim<br />

Weggehen erhalten.<br />

Lassen Sie mich aber als einer der<br />

Geburtshelfer der <strong>IGORA</strong>, aus heutiger Rückblende<br />

die Umstände schildern, welche zur<br />

Entstehung unserer Genossenschaft führten,<br />

und politische Aspekte und kritische Phasen<br />

erwähnen.<br />

Bevor ich aber historische Rückschau halte,<br />

will ich Sie kurz über Resultate und Beschlüsse<br />

der statutarischen GV von<br />

heute Morgen informieren:<br />

<strong>20</strong>08 war ein gutes Jahr für<br />

die <strong>IGORA</strong> Genossenschaft.<br />

Wir haben alles,<br />

‹fast› alles erreicht, was<br />

geplant war. Auch bei stark<br />

gestiegenen Dosenverkäufen<br />

ist die Recyclingquote<br />

auf rekordhohen 90 Prozent<br />

geblieben. Bei Tiernahrungsschalen<br />

und Lebensmitteltuben<br />

stagnieren die<br />

Verkäufe und Recyclingquoten,<br />

währen bei Nespresso<br />

Kapseln die Re-<br />

cyclingquote inzwischen rd.<br />

60% erreicht hat, bei zweistelligen Wachstumsraten.<br />

Herr René Huber, langjähriges Vorstandsmitglied,<br />

ist per Datum dieser GV zurückgetreten.<br />

Wir haben seine wertvollen Dienste gebührend<br />

verdankt. Seinen Sitz im Vorstand wird durch<br />

Frau Barbara Tönz von Coca-Cola Beverages<br />

AG eingenommen. Eine zweite kompetente<br />

Frau, mit dem Getränkebusiness bestens<br />

vertraut, wird dem von Männern dominierten<br />

Gremium gewiss gut anstehen.<br />

Wir haben auch den Businessplan und das<br />

Budget <strong>20</strong>09 verabschiedet. Letzteres sieht<br />

einen geplanten Verlust vor, der durch den<br />

Recyclingfond gedeckt ist. Wir erwarten in den<br />

kommenden <strong>Jahre</strong>n wieder ausgeglichene<br />

Ergebnisse, infolge weiter steigender Dosenverkäufe<br />

und dem Einbezug des einzig verbliebenen<br />

‹Key Players› in unser Sammelsystem.<br />

So viel zur GV <strong>20</strong>09 von heute Morgen.


«Ohne Druck von aussen entstehen<br />

keine Innovationen»<br />

Dieses Zitat wird dem berühmten amerikanischen<br />

Professor, Peter F. Drucker, zugeschrieben.<br />

Ich stelle es an den Beginn meines<br />

Rückblickes, weil die <strong>IGORA</strong> stets betont, ein<br />

auf freiwilliger Basis funktionierendes Alu<br />

Recyclingsystem geschaffen zu haben. Das<br />

stimmt zwar, aber trotzdem ist einzugestehen,<br />

dass Druckers Zitat auch für die <strong>IGORA</strong><br />

zutrifft.<br />

Es waren seinerzeit Umweltschutz- und Konsumentenschutz-Kreise,<br />

welche Behörden zum<br />

Verbot von Alu-Getränkedosen drängten. Zuviel<br />

Energie in der Herstellung und genügend<br />

andere Getränkeverpackungen, verfügbar für<br />

Konsumenten, waren ihre Argumente. Aufgeschreckt<br />

durch dieses potenzielle Verbot<br />

begann die betroffene Industrie sich zu wehren<br />

und sich mit Bundesrat Cotti und dem seinerzeitigen<br />

BUWAL zu streiten. Es war nicht einzusehen,<br />

dass wegen bloss 100 Millionen Alu-<br />

Dosen ein so massiver Eingriff in die unternehmerische<br />

Freiheit gerechtfertigt sei, und wir<br />

verwiesen auf die damals 750 Millionen Milch-<br />

Getränkekartons als lohnenderes Ziel.<br />

Es dauerte, zugegebenermassen, eine Weile<br />

bis wir verstanden, dass streiten uns nicht<br />

weiter bringe, sondern dass vernünftige Lösungen<br />

angeboten werden müssen. Und so<br />

erfand der seinerzeitige Marketing-Direktor von<br />

CCCH, der hier anwesende Fritz Bärlocher,<br />

den sog ‹Dosen-Fünfer›. Ein Preisaufschlag<br />

von Produzenten, der die Schaffung und den<br />

Unterhalt eines Recyclingsystems ermöglichen<br />

sollte, ein VRB, das heisst ein vorgezogener<br />

Recycling-Beitrag.<br />

Dieser Vorschlag wurde nicht überall gut<br />

aufgenommen, ja traf da und dort sogar auf<br />

schroffe Ablehnung. Man wollte einfach die<br />

Alu-Dose weg haben! Erstaunlicherweise<br />

hatten damals Schweizer Brauereien fast so<br />

etwas wie Sympathie für ein Dosenverbot.<br />

Diese Getränkeverpackung hatte bei ihnen<br />

geringe Bedeutung, aber ein Verbot hätte die<br />

wachsenden Importe aus dem Ausland<br />

verhindert! Der Dosen-Fünfer Vorschlag blieb<br />

irgendwie in der Schwebe. Es war dann das<br />

Verdienst des hier anwesenden Giatgen<br />

Fontana, seinerzeit Direktor von Rivella, die<br />

Idee reaktiviert und mitgeholfen zu haben, sie<br />

mit vereinten Kräften doch noch auf die Beine<br />

zu stellen.<br />

Dazu musste also eine passende Organisation<br />

geschaffen werden, und wir benötigten Zugang<br />

zum politischen System. Es war ein Glücksfall,<br />

dass wir in Dr. Paul Zbinden, Anwalt und Nationalrat,<br />

eine Persönlichkeit gewinnen konnten,<br />

die uns die Wege ebnete. Dr. Paul<br />

Zbinden, hier anwesend, war nicht nur <strong>IGORA</strong>-<br />

Gründungspräsident, er hat auch während 12<br />

<strong>Jahre</strong>n mitgeholfen, unsere Genossenschaft zu<br />

entwickeln und zu verankern.<br />

Natürlich hatte die Alu-Industrie grösstes<br />

Interesse daran, den Wertstoff Aluminium nicht<br />

durch schlechte Publicity verteufeln zu lassen.<br />

Die <strong>IGORA</strong> genoss deshalb von Anfang an<br />

kräftige Unterstützung von der seinerzeitigen<br />

Alusuisse-Führung, aber auch aus der Alu-<br />

Industrie in Deutschland, besonders durch den<br />

hier anwesenden Alexander Wirtz.<br />

Unser Geschäftsführer, Markus Tavernier, erinnert<br />

sich, dass der Anfang ‹holprig› war. Die<br />

Ausgestaltung der bundesrätlichen Verord-<br />

nung über Getränkeverpackungen war ein<br />

mühsames Feilschen und ist inzwischen auch<br />

revidiert worden. Es galt die weltanschauliche<br />

Auffassung zu bekämpfen, dass Mehrweg-Verpackungen<br />

à priori besser seien als Einweg-<br />

Verpackungen. Unsere Haltung war, dass rezyklierte<br />

EW-Verpackungen, und ich wiederhole,<br />

rezyklierte EW-Verpackungen, den<br />

MW-Verpackungen ebenbürtig sind. Diese Betrachtung<br />

ist inzwischen akzeptiert, allerdings<br />

nur bei Erreichen einer minimalen Recyclingquote,<br />

in der gültigen Verordnung mit<br />

75% angesetzt.<br />

In der Folge begannen die <strong>IGORA</strong>-Massnahmen<br />

langsam zu greifen, und die Recyclingquote<br />

stieg. Trotzdem sah sich Coop veranlasst,<br />

die Alu-Getränkedose aus dem Sortiment<br />

zu streichen – ein herber Rückschlag für<br />

Produzenten. Weil aber die Recyclingquote<br />

unentwegt stieg, gab es für Coop einige <strong>Jahre</strong><br />

später keinen Grund mehr, Alu-Dosen nicht<br />

mehr zu führen. Es kam aber noch besser für<br />

<strong>IGORA</strong>: Migros entschied sich, Alu-Getränkedosen<br />

erstmals überhaupt ins Sortiment<br />

aufzunehmen und der <strong>IGORA</strong> als Mitglied<br />

beizutreten.<br />

Weil Aluminium zu wertvoll ist um verbrannt zu<br />

werden, ist <strong>IGORA</strong> im Laufe der <strong>Jahre</strong> dazu<br />

übergegangen, andere Alu-Verpackungen ins<br />

Sammelsystem zu integrieren, nämlich auch<br />

Tiernahrungsschalen, Lebensmitteltuben und<br />

Nespresso-Kapseln. Diese Massnahmen und<br />

weitere gestiegene Dosenverkäufe haben es


ermöglicht, den seinerzeitigen Dosen-Fünfer<br />

auf nun einen Rappen zu senken. Ich denke<br />

nicht, dass man dieses System kostengünstiger<br />

betreiben kann.<br />

In der heutigen <strong>IGORA</strong> sind alle wichtigen<br />

Anspruchsgruppen integriert: Sammler, Altstoffhandel,<br />

Gemeinden, Detailhandel, Produzenten<br />

und Importeure. Das Sammelsystem ist<br />

flächendeckend.<br />

Spitzenleistungen also? Das ist abhängig davon,<br />

wo man die Messlatte ansetzt! Das bringt<br />

mich zu einer wichtigen Ankündigung:<br />

«Die Vision von<br />

100%-Alu-Recycling»<br />

Diesen Anspruch erhebt <strong>IGORA</strong> seit einigen<br />

<strong>Jahre</strong>n, und dies aus folgendem Grund: <strong>20</strong>08<br />

sind durch unsere Mitglieder 338 Millionen<br />

Dosen im Schweizer Markt abgesetzt worden,<br />

und die Rec-Quote belief sich auf 90%. Aber<br />

trotz diesem Weltrekordwert fehlen 10% oder<br />

rund 34 Millionen Dosen, welche im Abfall<br />

landeten oder irgendwo herumliegen. Die<br />

<strong>IGORA</strong> will das ändern.<br />

Nebst den eigenen Anstrengungen, wollen wir<br />

neue Kräfte mobilisieren.<br />

Aus Anlass des <strong>20</strong>-jährigen Bestehens lancieren<br />

wir einen Wettbewerb unter dem Titel<br />

«<strong>IGORA</strong> Innovations Challenge» mit dem Ziel,<br />

das System zu stärken, die Sammelmengen<br />

von Dosen, Schalen, Tuben und Nespresso-<br />

Kapseln zu erhöhen und Littering zu vermeiden.<br />

Gesucht werden aussergewöhnliche und<br />

realisierbare Vorschläge. Angesprochen sind<br />

die umweltbewusste Bevölkerung, Schulen,<br />

Jugendorganisationen, Studenten, Fachhochschulen<br />

und Universitäts-Institute. Die Ausschreibung<br />

erfolgt diesen Herbst im Rahmen<br />

der <strong>IGORA</strong> Werbkampagne.<br />

Der <strong>IGORA</strong> Innovations Challenge wird während<br />

10 <strong>Jahre</strong>n mit jährlich 50'000 Franken<br />

dotiert. Eine kompetente Jury wird den oder die<br />

Gewinner bestimmen; die Preisverleihung erfolgt<br />

erstmals an der <strong>IGORA</strong> GV <strong>20</strong>10.<br />

Man mag darüber philosophieren, ob eine Vision<br />

ein Traum oder eine Utopie ist. Auf die<br />

<strong>IGORA</strong> bezogen passt ein Zitat, das ich<br />

Referaten von Prof. Oelz entnommen habe:<br />

‹Sich keine eigenen Grenzen setzen, aber mit<br />

realistischem Optimismus vorgehen.›<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,<br />

ich denke das ist ein passender Übergang zum<br />

Gastreferat über Spitzenleistungen und die<br />

Motivation dazu. Ich habe das grosse<br />

Vergnügen, Ihnen Herr Prof. Dr. Oswald Oelz,<br />

Arzt und Extrembergsteiger, vorzustellen und<br />

willkommen zu heissen. Oswald Oelz wurde in<br />

Vorarlberg geboren, besuchte das Gymnasium<br />

in Feldkirch und studierte Medizin in Innsbruck.<br />

An der Universitätsklinik in Zürich erfuhr er eine<br />

Ausbildung zum Internisten und verbrachte<br />

einige <strong>Jahre</strong> Forschungsaufenthalt an der<br />

Vanderbilt University in USA. Von 1991 bis<br />

<strong>20</strong>06 war Herr Oelz Chefarzt der medizinischen<br />

Klinik am Triemlispital in Zürich.<br />

In einer Beschreibung über Oswald Oelz liest<br />

man, er habe ein<br />

„<br />

lebenslanges Bergsteigen<br />

betrieben, mit Durchsteigung vieler grosser<br />

Alpenwände und mit Erstbegehungen in vielen<br />

Teilen der Welt. Er war der dritte Bergsteiger,<br />

der die sog. ‹Seven Summits›, die höchsten<br />

Gipfel auf allen Kontinenten, geschafft hat inkl.<br />

Mount Everest!<br />

*Seit Juni <strong>20</strong>01 ist Arno Bertozzi Präsident der <strong>IGORA</strong>-<br />

Genosseschaft. Er hatte bereits zuvor die erfolgreiche<br />

Steigerung des Aludosen-Recyclings mitgeprägt als Gründungs-<br />

und Vorstandmitglied der <strong>IGORA</strong>. Während 15<br />

<strong>Jahre</strong>n war Arno Bertozzi Delegierter des Verwaltungsrates<br />

der Coca-Cola AG, Schweiz.

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