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Ethische Entscheidungen am Lebensende - Evangelische Stiftung ...

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- 4 -Da auch bei Vormundschaftsrichtern diese Unkenntnis der Rechtslage bei rund 60 %liegt, ergehen mitunter Urteile, die unsere ges<strong>am</strong>te Gesellschaft zutiefst verunsichern.Das ist auch der Grund, weshalb eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügungseitens der Politik angestrebt wird, obwohl die gültige Rechtslage gut ist.c. Der mutmaßliche Patientenwille/Das subjektive Patientenwohl:Liegt bei einem nicht einwilligungsfähigen Patienten keine Patientenverfügung vor oderist die vorliegende Patientenverfügung in der konkreten Situation nicht anwendbar odergibt es Streit über die Auslegung der Patientenverfügung, dann ist der mutmaßlichePatientenwille zu ermitteln. Dann muss gefragt werden: Wie würde der Betroffene inder aktuellen Situation entscheiden, wenn man ihn fragen könnte. Es gibt zahlreicheUrteile des Bundesverfassungsgerichts, in denen dem mutmaßlichen Patientenwillen bei<strong>Entscheidungen</strong> Dritter große Bedeutung beigemessen wird. In einem wegweisendenUrteil von 1994 wurde festgelegt, dass die Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillensmit großer Sorgfalt erfolgen müsse. Auch die Bundesärztek<strong>am</strong>mer hat sichhierzu eindeutig geäußert. So müssen bei dieser Ermittlung beachtet werden:Die Lebenserwartung; das Ausmaß von Schmerz und anderen leidvollen Symptomensowie die Einstellung des Betroffenen dazu; frühere mündliche Willensäußerungen;persönliche Lebens- und Wertvorstellungen sowie religiöse Überzeugungen.Eine solche Ermittlung ist dementsprechend aufwändig und bedeutet intensiveBiographiearbeit, an der alle wichtigen Bezugspersonen des Patienten beteiligt werdensollten. Letztlich geht es um die Ermittlung des subjektiven Wohls des Betroffenen.Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist festgelegt, dass das Wohl des Patienten Maßstab für dasHandeln des Stellvertreters sein muss, wobei die Gestaltung des Lebens nach denVorstellungen und Wünschen des Betroffenen zu beachten sind. Der Bundesgerichtshofhat dies 2003 bekräftigt: „Das Wohl des Patienten ist vorrangig subjektiv zu verstehen.“Fragen können sich dann ergeben, wenn Angehörige ganz unterschiedlicheAuffassungen vertreten oder eigene Moralvorstellungen höher bewerten als dieEinstellung des Betroffenen.Meine Erfahrung ist die: Obwohl höchstens 5% aller nicht entscheidungsfähigenPatienten eine brauchbare Patientenverfügung haben, wird bei den restlichen 95% dermutmaßliche Wille so gut wie nie ermittelt. Hier scheint die Angst vor dem juristischenGlatteis noch größer zu sein als beim Vorliegen von Patientenverfügungen. Außerdemist der Zeitaufwand enorm hoch.Persönlich habe ich in zahlreichen solcher Ermittlungsgespräche fast nur gute Erfahrungengemacht: In den meisten Fällen konnte – selbst mit unter sich zerstrittenenAngehörigen – im Konsens der mutmaßliche Wille ermittelt werden. Folgender Fragenkatalogzu Lebenseinstellungen, Wertvorstellungen und religiösen Anschauungen habensich bei derartigen Gesprächen als roter Faden bewährt:Folien: Fragenkatalog 1/2

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