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100 Bilder – 100 GeschichtenNr.11Zeit ist nur eine MelodieZeit ist nur eine Melodie.Ein schönes umfassendesmusikalisches Werkfür großes Orchester.Schalte den Mond anund lass uns einePause machen.Wir wollen ineinander ausruhen.Susanne Ulrike Maria Albrecht➟WegweiserBild © colorsmakelifebetterVom Alten, der glaubte, Gott zu seinFür SabineIch rannte. Rannte wieder einmal fort. Wie schon so manches Malzuvor. Und doch war es dieses Mal anders. Alles war anders. Und ichwürde mich nicht mehr umdrehen. Nicht mehr zurückblicken. Nichtmehr zurückkehren. Nie mehr. Keine Chance.Der gefallene Schnee reichte bis an meine Knöchel. Und noch immerfielen dichte Flocken. Doch ich kümmerte mich nicht darum. Ichstolperte und fiel hin. Doch ich kümmerte mich nicht darum. Ichrappelte mich auf und lief weiter.Längst hatte ich alle Behausungen hinter mir gelassen. KeineMenschenseele weit und breit. Doch ich blieb nicht stehen.Ich hörte ihn schon von Weitem. Doch erst, als ich direkt davor stand,hielt ich an.An einem anderen Tag, in einer anderen Situation, hätte ich ihn vielleichtbestaunt, den Wasserfall. Ich hätte seine Majestäzität bestaunt, seineSchönheit. Doch nicht heute. Heute hatte ich nur noch diesen einenGedanken im Kopf: „Ich kann nicht mehr!“Ich ging ganz nah an den Rand des Wasserfalls heran und blickte in dieTiefe. Dass ich eigentlich panische Höhenangst hatte, war mir in diesemMoment egal. „Wie einfach wäre es doch, jetzt einfach loszulassen“,dachte ich mir und schloss die Augen. „Ein, zwei, drei Schritte unddann einfach fallen. Und alles wäre vorbei. So einfach.“„Tu‘s nicht.“Ich fuhr so ruckartig herum, dass ich beinahe das Gleichgewichtverloren hätte und in meinen sicheren Tod gestürzt wäre. Doch da hattemich schon jemand am Ärmel gepackt und nach hinten gezogen.Verwirrt und überrascht blickte ich in das Gesicht eines alten, offenbarblinden Mannes.„Ich...Gehen Sie weg! Sie irritieren mich!“ Ich war wütend auf ihn. Erhatte mich aus dem Konzept gebracht. Ich sollte hier doch eigentlichalleine sein.Entschuldigend hob er die Hände und trat ein paar Schritte zurück. „Tues trotzdem nicht. Sonst muss ich wohl oder übel hinterher springen.“„Sie sind blind, man! Sie würden sich umbringen. Das wäre verrückt!“Unsensibler hätte ich wohl kaum sein können, doch obwohl es mireinen Stich versetzte, ignorierte ich es. Ich wollte diesen Kerl einfachloswerden. Und dazu war mir in diesem Moment jedes Mittel recht.Komischerweise schien der Alte kein bisschen beleidigt zu sein undmachte auch keinerlei Anstalten, mich alleine zu lassen. Im Gegenteil,es schien ihn sogar zu amüsieren. „Verrückt sagst du?“, fragte er nach.„Wer von uns beiden will denn hier springen...“„Von Wollen kann gar nicht die Rede sein...“, platzte es aus mir heraus.„Ganz und gar nicht.“ …. „Was wollen Sie überhaupt von mir?“, fragteich genervt.„Reden“, kam schlicht und einfach die Antwort.„Worüber?“, wollte ich wissen.„Warum du springen willst. Oder auch nicht ‚willst‘.“Okay, jetzt war es endgültig aus mit meinen Plänen. Der schien soschnell nicht wieder gehen zu wollen.„Sind Sie nicht der, der behauptet Gott zu sein?“, fragte ich nach. Ichhatte schon mehrere Leute in der Stadt über den ‚verrückten Alten‘reden hören. Na ja, reden war vielleicht nicht ganz das richtige Wort.Eher tratschen. Oder lästern.„Der bin ich“, antwortete der Alte ohne zu zögern. „Und was sagt manüber dich? Mit wem habe ich das Vergnügen?“„Ich bin ‚der Andere‘“, meinte ich. „Der zu Sensible. Der, der allesübertrieben empfindet. Der zu Weiche, zu Stille. Ich bin der, der indieser Welt nicht sein kann wie er ist.“„Wie kommt das?“42 42

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