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Dezember 2011 - Gemeinde Innervillgraten

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GeschichteGeschichteSappada / Plodn -deutsche Sprachinsel im Hohen PiavetalSappada/PlodnNach einer alten Legende zogeneinige Familien aus dem SillianerGebiet (Villgraten - Osttirol) nachSappada, um aus der Tyrannei derGrafen Heimfels zu fliehen. Hier siedeltensie sich an und gründeten dieersten Weiler.Kein Dokument und Urkunde beweisenden genauen Ursprung dieserdeutschen Sprachinsel im HohenPiavetal (1250 – 2694 M. ü.d.M.) ander Grenze zwischen Österreich,Comelico (Veneto) und Karnien(Friaul), die südlich der KarnischenAlpen liegt.Zeitpunkt und Herkunft der Siedlungkann man heute noch nicht historischgenau nachweisen.Josef Bergmann schrieb 1849, dassdie Plodar unter dem Druck derHeimfelser Herrschaft ausgewanderteVillgrater seien (11. oder 12.Jh.). Er wiederholt wahrscheinlichdie Herkunftssage, die ohne Zeitpunktist und den Anfang der Siedlungim Zusammenhang mit demBergbau auf dem Eisenberg sieht.Die ersten Plodar seien in Oschtansauf dem Hang des Eisenbergssesshaft geworden. Es lässt sichnicht feststellen, inwieweit dieserHerkunftsbericht oder diese Legendeauf echter Tradition beruht oderdurch Lokalforscher beeinflusst undgefordert wurde.Nach den meisten Historiker wardas älteste geschichtliche Zeugniserst eine Urkunde aus dem Jahre1078, in der eine Delegation ausSappada den Patriarch Heinrichvon Scheyern um seine Bewilligungbot, womit er den Plodarn stabileNiederlassung und landwirtschaftlicheAusnutzung gewährte und sieunter seinem Schutz nahm. Daherhat man den Zeitpunkt der erstenSiedlung von Sappada um das 11.Jh festgestellt. Die neuere Forschungvon Alberto Peratoner hataber klar gemacht, dass das ersteZeugnis nie bestand und das ersteDokument über Sappada nur vomJahr 1296 war. Damit bestätigte derPatriarch Raymundus von Aquileiaden Plodarn Mansen und Landbesitzund billigte ihnen wegen derungünstigen Lage und Wetterbedingungenniedere Steuern zu. DieTatsache, dass sie das Tal vor altenZeiten bewohnt hatten, lässt unserahnen, dass die ersten Plodarmindestens zwei Jahrhunderte früher(um das Jahr 1000) umgezogenhatten.Aus der Erfahrung des Sprachinselforschersund unter Berücksichtigungder Geschichte der Besiedlungenanderer süd-bayerischerSprachinsel wurde angenommen,dass die Siedlung Sappadas planmässigund über Wunsch der görzischenObrigkeit erfolgte. BergharteGrenzbewohner wurden mehrfachin Herrschaftsbereiche aus demdeutschen Raum gerufen, entwederzur Absicherung der Grenzen oderzur Wahrnehmung von Bergwerksgründungen.Die Linguistik hat weiterhin versucht,die Lücken der Geschichtezu schliessen. Einige Linguistendatierten die Gründung Sappadasin der 2. Hälfte des 13. Jhs., nachder Gründung der Zahre (Sauris).In beiden Sprachinseln findet sichnicht nur Pustertaler Spezialwortschatz,sondern auch AltpustertalerLautungen, die in der Zahre einenälteren Erhaltungszustand zeigenals in Sappada / Plodn. Die Wortforschunglieferte auch den Beweisfür die Herkunft der Plodar aus demHeimfelser Raum. Diese Meinungenwurden auch von der LinguistinMaria Hornung geteilt, die daserste Plodar Wörterbuch verfassteund in den 60er und 70er Jahreneine vertiefte Forschung im Gebietdurchführte. Die Plodar Altformengeben uns also einen Einblick in diePustertaler Lebensform des Spätmittelalters.Nach neuer Forschung wurde dieerste Siedlung also von einigenJahrhunderten zurückdatiert. Dielinguistischen Elemente könntenvon einer später (um die Mitte des12. Jhs.) erfolgten und zahlreicherenEinwanderung (1270 – wie vonMaria Hornung vorgeschlagen) zurückgeführtwerden.Die weitere Geschichte Sappadaslässt sich dank der erhaltenen Dokumentationeinfacher nachforschen.Mit dem Untergang des Patriarchatsvon Aquileia im Jahre 1420ging das Dorf mit dem Cadore derSerenissima Repubblica von Venedigüber, 1797 erlebte es die NapoleonischeBesetzung und von 1798bis 1866 die Herrschaft der HabsburgerMonarchie. Die Angliederungdem italienischen Reich undder Region Veneto wurde in Sappadapositiv angenommen. Es folgtenFortschrittsjahre, die abrupt wegendes Ausbruchs des Ersten Weltkriegesunterbrochen wurden. ÖsterreichischeTruppen griffen an und dieganze Bevölkerung wurde aus demDorf vertrieben. Vom 30. Oktober1917 bis zum 22. März 1919 lebtendie meisten Heimatvertriebenen inTuskanien, im Gebiet von Arezzo,und wurden von den Einheimischenbeherbergt. Nachdem sie nachHause zurückgekehrt waren, wandertenviele nach Deutschland undin die Schweiz aus. Der Faschismusunternahm Modernisierungsarbeiten(die touristische Neigung vonSappada wurde in diesen Jahrenentdeckt), förderte aber auch dieItalianisierung der Bevölkerung. Erwähnenswertsind die zwei großenBrände im Weiler Bach (1908) undim Weiler Granvilla (1928), welchedie Zerstörung der alten Weiler ausBlockbauhäusern und den Bau modernererSteinhäuser verursachten.Der Zweite Weltkrieg traf Sappadatief: Die patriotische Gesinnungder Plodar wurde in Zweifel gestelltund wegen der deutschen Mundartwurde die Bevölkerung als deutschfreundlichverdächtigt.Nach dem Kriegsende wurde dieForst- und Landwirtschaft allmählichaufgegeben, die der Bevölkerungeine unabhängige Lebensweiseermöglicht hatte. Der Tourismusentwickelte sich schnell und ändertedie Wirtschaft: Er ist heutzutage dieHaupteinnahmequelle und mit derZeit hat die Zahl der Beherbergungsbetriebenund Liften zugenommen.Politisch gehört Sappada / Plodnheute seit 1852 zur Provinz Belluno- Veneto, kirchlich untersteht dieGemeinschaft der Erzdiözese Udine– Friaul. Während der Jahrhunderteblieb Sappada / Plodn aber inseinem einsamen Hochtal getrenntdurch große Entfernungen und Höhenunterschiedevon den nächstenDörfern (Karnien und Cadore) undbewahrte so seine deutsche Spracheund Kultur.Marcella BenedettiFortsetzung in der nächsten Ausgabe!Typisches Blockbauhaus34 35

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