treffpunkt campus - Hochschule Magdeburg-Stendal
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äteren Erscheinungen<br />
Domplatz in <strong>Magdeburg</strong> am 20. November um 8 Uhr in der Frühe<br />
zu sein scheint, bekommen nebst Forderungs-Handzettel ein<br />
Zuckerstück mit roter Flüssigkeit gereicht.Einige nehmen es,<br />
andere – bekanntermaßen Infizierte – verweigern die<br />
Behandlung.Und es kommen ihrer viele: Minister Karl-Heinz<br />
Daehre (CDU),Willi Polte (SPD), Wulf Gallert (PDS) und Minister<br />
Gerry Kley (FDP). Letzterer wird fälschlicherweise mit<br />
„Guten Morgen, Herr Olbertz!“ von einem Demonstrationssprecher<br />
begrüßt. Freundlich lächelnd eilt Kley an den medizinischen<br />
Angeboten vorbei. Er ist ja ein anderer.<br />
Zwischen der Masse der Studenten und den ankommenden<br />
Landespolitikern befindet sich eine Straße mit vielen<br />
am Rande parkenden Autos: größere BMWs und Audis mit<br />
sachsen-anhaltischen Kennzeichen. Immer öfters müssen<br />
Studenten zur Seite gehen, wird auf der Straße von der Polizei<br />
ein Baufahrzeug durchgewinkt. Sicher auch irgendein<br />
öffentlicher Bauauftrag. Eine Gruppe Studenten neben mir<br />
unterhält sich darüber, dass soeben die Bildzeitung da war<br />
und diverse Fotos von den verkleideten Studenten gemacht<br />
hat. Tenor: „Hätten die Damen, wie auch mal geplant, ein<br />
freieres Dekolleté gezeigt, wären wir sicher über die <strong>Magdeburg</strong>er<br />
Seite der Bild hinaus gekommen“. „Medien wollen<br />
Erotik“,vielleicht auch deshalb die Anwesenheit der Studentinnen<br />
des Faches Gebärdensprachendolmetschen, d i e<br />
gestenreich manche inhaltsarme Rede auf der anschließenden<br />
Kundgebung übersetzen.<br />
Vier mit schwarzen Roben bekleidete männliche Studenten,<br />
die in einem Sarg die Bildung zu Grabe tragen, sind<br />
mit Blick auch auf die jugendlich erotischen Superstars der<br />
Landesregierung sehr treffend ausgewählt worden. Die Riege<br />
der jungen schönen Herren der sachsen-anhaltischen Landespolitik<br />
ist gut wiedergegeben: Kley, Olbertz und Paque.<br />
Einzig für Ministerpräsident Böhmer hätte man doch lieber<br />
statt des großgewachsenen schlanken jungen Darstellers mit<br />
fülligem schwarzen Haar einen anderen Studenten auswählen<br />
sollen. Aber insgesamt: Klassisch gegenderter Habitus,<br />
<strong>treffpunkt</strong> <strong>campus</strong> 5<br />
januar 2004<br />
die Männer in Schwarz und die Frauen in Weiß. Oder auch in<br />
Schwarz ...es ist ja ein Trauer-Spiel. Da sag einer, diese Studenten<br />
bräuchten mehr Bildung.<br />
„ We dont need no education“ wird noch einmal<br />
gespielt. Der Kultusminister und Fachvertreter aller Fraktionen<br />
erscheinen. Als 10 Uhr die Reden der Kundgebung<br />
beginnen, sind sie alle da: Zeitungsleute, Radioleute, Fernsehleute.<br />
Stars mobilisieren Medien. Ein sachsen-anhaltischer<br />
Hochschulrektor beginnt den Redereigen. Er braucht<br />
rund 55 Sekunden seiner 5 Minuten Redezeit dafür, zu erklären,dass<br />
er sich kurz fassen müsse. Aber: „Hier wird ja heute<br />
keiner unterbrochen“. Leider fängt direkt mit den Reden<br />
auch eine Betonfräse kurz hinter der Bühne an den Fundamenten<br />
der Kaiserpfalz an zu arbeiten.Die schon sehr leisen<br />
Reden werden fast übertönt. Ein öffentlicher Auftrag halt.<br />
Aber es wird keiner unterbrochen.<br />
Ein Student aus der Vorbereitungsgruppe ist froh<br />
darüber, dass so viele gekommen sind. Und dass sich auch<br />
schon in der Vorbereitung bemerkenswert viele für die Mitarbeit<br />
mobilisieren ließen. Er selbst war viele Tage lang über<br />
12 Stunden pro Tag in Sachen Demo auf den Beinen. „Aber<br />
es tut gut, wenn man sieht, dass man was bewegen kann.<br />
Dass man Leute bewegen kann.Auch wenn es nachher vielleicht<br />
nichts bringt“.<br />
Die Reden laufen. Und eine ganze Anzahl weiterer Hochschulmitarbeiter<br />
betreten erst jetzt den Domplatz. „Privat<br />
hier oder Dienstgang?“ frage ich. „Dienstgang“, bekomme<br />
ich zur Antwort.Wie heißt es doch: „Wer zu spät kommt,den<br />
bestraft...?“ Die zukünftige Hochschulstruktur. Noch ein mir<br />
bekannter Mitarbeiter erscheint. Er war früh am Olvenstedter<br />
Platz mit der Straßenbahn vorbeigefahren: „Ich hab’ ja<br />
keinen gesehen, den ich kenne“. Ein Frühaufsteher also.<br />
Peter-Georg Albrecht<br />
„Ein öffentlicher Auftrag halt.Aber es wird keiner unterbrochen.“: Genug Kies ist vorhanden, aber das Geld fehlt.