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Metamorphose 4/08 - Bau-Satz

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Projekt03Schwarzer Hut mit FaltenUmnutzung eines ehemaligen Lagerhauses zuWohnraum, Bradford (GB)Das „Hanover House“ im nordenglischen Bradford trägt seit kurzem eineraffinierte Kopfbedeckung. Sie zeigt auch nach außen hin den Wandel,den das aus viktorianischer Zeit stammende Gebäude hinter sich hat:Das deutsch-englische Büro Kraus & Schönberg Architekten baute dasehemalige Textil-Lagerhaus im historischen Viertel „Little Germany“ inWohnungen um.0101 Auf die lebendigeDachlandschaftder Nachbarhäuserreagiert dieAufstockung miteiner starken Gliederung.In Formvon schwarzemZinkblech greiftsie die ortsüblichedunkle Schieferdeckungauf.36 <strong>Metamorphose</strong> 04/<strong>08</strong> ArbeitenWohnen


AutorAchim PilzEinige Umnutzungen, ein Brand und dann Leerstand – für das „Hanover House“ hatte das 20. Jahrhundertwenig Erfreuliches zu bieten. Die besten Zeiten schien es bereits hinter sich zu haben:Gehört das Gebäude aus dem Jahr 1860 doch zu jenen repräsentativen Warehouses, die deutscheWollhändler Mitte des 19. Jahrhunderts in Bradford, einem damals boomenden Zentrum der Textilindustrie,errichteten. „Little Germany“ nannten die Bewohner der nordenglischen Stadt das entstandeneViertel. Viele der dortigen Gewerbe- und Industriebauten stehen heute unter Denkmalschutz,darunter auch das Hanover House, welches das in Hamburg und London ansässige BüroKraus & Schönberg Architekten nun in Wohnraum verwandelt und aufgestockt hat.Brandspuren beseitigenUrsprünglich diente das Gebäude nicht nur als Lagerhaus, sondern auch der Präsentation von neuenStoffmustern. Ein repräsentativer Eingang leitete über in ein Schautreppenhaus, das in das ersteObergeschoss – die Beletage mit dem Präsentationsraum – führte. Ein zweites, schlichteres Treppenhausmachte die übrigen Stockwerke mit den Lager- und Nebenräumen von einer Nebenstraßeaus zugänglich.Ein Brand in den 1980er Jahren hatte jedoch im Inneren viel zerstört und auch die Treppenhäuserund das Dach weitgehend vernichtet, so dass die Architekten bei ihrem Umbau zunächst alle Zwischenwändeund Einbauten entfernten und nur die Konstruktion aus Gusseisenstützen und Holzbalkendeckenbestehen ließen. Das äußere Erscheinungsbild hingegen sollte nach einer Auflage desDenkmalschutzes weitgehend unverändert bleiben (lediglich das nach dem Brand aufgesetzte Notdachdurfte verändert werden). Die Einfachverglasung der Fenster entsprach allerdings nicht dengeforderten Energie-Standards. Da die Profile der Schiebefenster zu schmal waren, um eine Isolierverglasungaufnehmen zu können, ließ der Generalunternehmer die alten Fenster in Absprache mitder Denkmalpflege nachbauen. Zusätzlich sorgt eine beidseitig mit dampfsperrendem Aluminiumkaschierte Innendämmung auf den ohnehin schon 60 Zentimeter starken Mauern für Wärmeschutz.An den erhalten gebliebenen Eingangsbereich schließt heute ein neues Treppenhaus an, das alsErsatz für die beiden früheren Konstruktionen dient. Auf die Böden aller Geschosse brachten dieArchitekten einen schwimmenden Estrich auf, der die Grundlage für die neuen Parkettböden schafft.Da pro Geschoss vier Wohnungen mit einer Größe von 40 bis 90 Quadratmeter entstehen sollten,entschied sich der Generalunternehmer dazu, in die bis zu 3,70 Meter hohen Räume eine abgehängteDecke einzuziehen. Dadurch können die Leitungen unsichtbar geführt werden – leider verschlucktdiese Konstruktion aber auch die schön verzierten Stützenköpfe. >Das erste Obergeschoss vordem Umbau.Nach einem Brand in den1980ern wurde das HannoverHouse durch ein einfachesNotdach geschützt, das baldundicht wurde.020302 03www.meta-mag.de Arbeiten Wohnen <strong>Metamorphose</strong> 04/<strong>08</strong> 37


Projekt0304Einst führte der repräsentativeEingang nurzur Beletage und warden Kunden vorbehalten– heute erschließter die Wohnungen allerGeschosse.Im Inneren schafft dieeigenwillige Dachformspannende Räume undrahmt den Blick auf dieStadt.0405Dachgeschoss M 1:400Dachgeschoss 1:400Erdgeschoss M 1:400Erdgeschoss neu 1:400alt0538 <strong>Metamorphose</strong> 04/<strong>08</strong> ArbeitenWohnen


In Falten gelegtMit dem Umbau sollten die ursprünglich drei Geschosse des Gebäudes um ein weiteres Stockwerkergänzt werden; wenn möglich, ohne die bestehenden Stützen dabei zusätzlich zu belasten. DieArchitekten Kraus & Schönberg entwarfen für die Aufstockung ein Hybridtragwerk aus Stab- undFaltwerk. Sie wählten dabei ein Flachdach aus Brettschichtholz, das auf drei Brettschichtträgernaufliegt. Diese spannen quer von der Straßenfassade bis zur Brandwand des benachbarten Hauses.Einzelne Bereiche des Flachdachs sind eingestülpt; dadurch entstehen schräge Wände, welche dieAuflager für die Deckenbalken bilden. Die Spannweite dieser Balken wird damit um bis zu vier Meterverkürzt.Diese Konstruktion hätte wegen der dabei entstehenden Schubkräfte ein Zugband benötigt, dasdie Architekten eigentlich in den Fußboden integrieren wollten. Da der Generalunternehmer stattdieser aufwendigeren Konstruktion einen einfachen Holzbalkenboden wählte, mussten im Innerenvier Stützen unter die beiden längeren Brettschichtträger gesetzt werden. Zwei dieser Stützen verbargendie Architekten in den Wohnungstrennwänden, die beiden anderen stehen etwas störend imRaum.Auch wenn das gefaltete Dach nicht mehr ganz die ursprünglich geplante statische Funktionbesitzt: Die Bewohner profitieren immer noch von seiner räumlichen und gestalterischen Wirkung.Durch die Einstülpungen entstehen im Außenbereich Balkone, im Innenraum sorgen sie für einenspannenden Wechsel von offenen und geschlossenen Bereichen. Zudem tritt das Haus durch seinneues Dach in einen Dialog mit der Umgebung: Die Einstülpungen lassen gaubenähnliche Formenentstehen, die Bezug auf die Dachlandschaft der Nachbarbebauung nehmen. Die Eindeckung mitschwarzem Zink gleicht den Schieferdächern, welche die <strong>Bau</strong>ten in „Little Germany“ prägen. Kraus &Schönberg haben dem Haus einen würdigen Abschluss geschenkt, der nun übrigens – aufgrund desenglischen Rechts – zusammen mit dem gesamten Gebäude unter Denkmalschutz steht. Da dieDachlandschaft des Viertels in der eher hügeligen Topografie gut zur Geltung kommt, kann derBetrachter den Wandel in der Nutzung des ehemaligen Lagerhauses dank des neu aufgesetztenElements schon von weitem erkennen.06Die geneigten Seitenwände derBalkone dienen als Auflager fürdie Deckenbalken und verkürzenderen Spannweiten.06ProjektHanover House in Bradford/England<strong>Bau</strong>herrGarbe Groupwww.garbe.deArchitektenKraus & Schönbergwww.kraus-schoenberg.comTragwerksplanerEDA, Richard JacksonGeneralunternehmerEastwood Constructionwww.adameastwood.co.ukProjektmanagementMaberwww.maber.co.uk<strong>Bau</strong>kosten2,1 Mio. EuroProdukteDachdeckungVM zinc, Zinkblech schwarzpatiniertwww.vmzinc.co.ukBrettschichtholzelementeKLHwww.klh.atDämmungCelotexwww.celotex.co.ukTrockenbauBritish Gypsum Trockenbauwww.british-gypsum.comWandarbeDulux, weisswww.dulux.co.ukArmaturenGrohewww.grohe.co.ukAufzügeKonewww.kone.comAußenbeleuchtungErcowww. Erco.co.ukwww.meta-mag.de Arbeiten Wohnen <strong>Metamorphose</strong> 04/<strong>08</strong> 39

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