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Imitationskunst - Bau-Satz | Architektur-Journalismus

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<strong>Imitationskunst</strong><br />

Maler unternehmen<br />

Mit liebevoll ausgeführten Details realisiert Oliver Imcke seine Projekte zwischen<br />

freier Gestaltung, exakter Imitation und originalgetreuer Rekonstruktion. Nicht nur<br />

wegen seines handwerklichen Könnens kommen seine Kunden immer wieder.<br />

Wenn Oliver Imcke in seinem kleinen, schwarzen<br />

Geschäftswagen durch den hannoverschen Verkehr<br />

flitzt, dann flucht er auch schon einmal, weil<br />

es ihm zu langsam geht. Wenig lässt dann vermuten,<br />

dass er, angekommen auf der <strong>Bau</strong>stelle,<br />

ganz ruhig, ausdauernd und mit viel Geduld und<br />

Fachwissen einen vor tausenden von Jahren gewachsenen<br />

Sandstein imitiert oder eine beschädigte<br />

Betonoberfläche rekonstruiert.<br />

Oliver Imcke<br />

produziert auch<br />

aufwendige<br />

Vergoldungen<br />

Pintado Gestaltung prangt in schwungvoll und<br />

gleichzeitig in sich ruhend kalligrafierten Lettern<br />

auf seinem Wagen: hellgrau auf schwarzem<br />

Grund. Der Schriftzug ziert auch seine Postkarten,<br />

die er von Details seiner Arbeiten hat anfertigen<br />

lassen.Bis auf seine honigfarben glänzenden<br />

Vergoldungen sind es alles mineralische Arbeiten.<br />

Entwicklungsprozess<br />

Nach seiner Malerausbildung studierte Oliver<br />

Imcke erst einmal Geografie. Um das Studium zu<br />

finanzieren, jobbte er nebenher als Maler. Am<br />

spektakulärsten war eine Aushilfestelle bei einem<br />

Interior-Designer während eines Studienaufenthaltes<br />

in Südafrika. Dieser beschäftigte Il-


Maler unternehmen<br />

Von der öffentlichen Hand<br />

wird die imitatorische und<br />

restauratorische Arbeit<br />

wiederholt nachgefragt –<br />

hier der Eingangsbereich<br />

des Amtsgerichtes Burgdorf<br />

lusionsmaler, um Steine darzustellen.<br />

Und wie Steine aussehen,<br />

das hat Oliver Imcke in<br />

seinem Studium gelernt. „Bei<br />

der Imitation eines Materials,<br />

wie z.B. Sandstein, ist es unerlässlich<br />

zu verstehen, wie<br />

Sandstein entsteht“,erzählt er.<br />

Den Steinen ist er auch nach<br />

seinem Studium treu geblieben.<br />

Heute malt er ausgezeichnete<br />

steinerne Illusionen<br />

– ob ein Relief, das ein persisches<br />

Vorbild mitsamt Alterungsprozess<br />

des Untergrundes<br />

und der Oberfläche imitiert,<br />

in einem stimmungsvollem<br />

mediterranen Raum, der<br />

sich ebenso gut in einer 250 Jahre alten italienischen<br />

Villa befinden könnte, oder aber auf einem<br />

Gipsputz,dem er eine der modernen Ästhetik nahestehende<br />

Betonoptik verleiht.<br />

Geschliffenes Leistungsprofil<br />

Oliver Imcke ist nicht nur ein Künstler, der sich an<br />

realen Oberflächen orientiert. Sein Tä-<br />

tigkeitsfeld umfasst die Gestaltung von<br />

Räumen und Objekten unter ästhetischen,<br />

restauratorischen und funktionalen<br />

Aspekten. Ob Lasurmalerei, Schablonierungen,<br />

Spachtelungen oder Vergoldungen<br />

– jede Technik wird herangezogen,<br />

um einen stimmigen Raum zu<br />

erzeugen. »Ich verfüge über ein Repertoire<br />

an Maltechniken, die ich benutze<br />

wie ein Schriftsteller sein Sprachvermögen.<br />

Und so wie ein Schriftsteller mit<br />

Sprache experimentiert, so experimentiere<br />

ich mit meinen Techniken und Materialien.«<br />

Dabei steht der kreative Prozess<br />

für ihn zunehmend im Vordergrund.<br />

»Mein Gestaltungsprozess ist<br />

künstlerisch«, erklärt er. »Was ich mache,<br />

ist allerdings nicht ein Kunstwerk<br />

an sich. Nicht die einzelne Wand ist das<br />

Kunstwerk, sondern ihr Zusammenspiel<br />

mit dem Raum.« Die Malerinnung<br />

scheint ihn als Künstler zu akzeptieren.<br />

Ihre begabten Auszubildenden können<br />

einen Teil ihres obligatorischen Betriebspraktikums<br />

bei ihm absolvieren<br />

und die Breite der kreativen Möglichkeiten<br />

kennenlernen. Mit Geduld bringt er<br />

ihnen seine maltechnischen Fähigkeiten,<br />

seine Experimentierfreude mit Materialien<br />

und seine intensive Auseinandersetzung<br />

mit dem zu erzielenden Er-<br />

2 Mappe 11.2006<br />

Fotos: Imcke<br />

gebnis nahe. Zudem vermittelt er diese Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten in Seminaren und Workshops für<br />

Architekten und Malerbetriebe.<br />

Edle Materialien<br />

Seit 1999 benutzt er, seinen steinernen Motiven<br />

entsprechend, silikatische beziehungsweise mineralische<br />

Materialien. Das hat für ihn neben der Materialästhetik<br />

einen weiteren Grund: »Wenn möglich,<br />

arbeite ich ökologisch vertretbar und deshalb<br />

sehr, sehr gerne mit Silikatfarben oder anderen natürlichen<br />

Materialien.« Bei Lacken benutzt er schon<br />

relativ lange wasserverdünnbare Systeme. Dennoch<br />

ist er in erster Linie Pragmatiker, bei dem es<br />

vor allem funktionieren muss. Da Silikatlasuren<br />

sehr sensibel sind, baut er auch die Untergrundbeschichtung<br />

gerne komplett selbst auf. Denn schon<br />

wie er einen Streichputz einstellt, um eine bestimmte<br />

Optik zu erzielen, gehört zu seiner Handschrift.<br />

Zum Teil verwendet er auch nicht logische<br />

Anstrichaufbauten, um bestimmte Effekte zu erzielen.<br />

Beispielsweise indem er durch Arbeiten auf einem<br />

nicht vollständig durchgetrockneten Anstrich<br />

eine Rissbildung provoziert oder silikatisch auf<br />

Gipsputze lasiert. »Lasieren ist so ähnlich wie die<br />

Im Hotel Cantera werden die<br />

Gäste von einem Erdfarbton<br />

gewärmt, der mehrschichtig<br />

auf gebürstetem Untergrund<br />

lasiert wurde<br />

(rechts) Die Grün- und Beigetöne,<br />

mehrfach lasiert auf<br />

geschliffener Wand, und die<br />

gespachtelte Bordüre nehmen<br />

den Steinfarbton des Bodens<br />

im Hotel Cantera wieder auf


Quantentheorie. Ich kann zu 90 % vorhersagen, wie<br />

die Wand aussehen wird, aber nicht en detail. Ich<br />

weiß nicht, wie der einzelne Quadratzentimeter genau<br />

aussehen wird. Ein Stück Zufall ist immer mit<br />

dabei.« Dieses Stück Zufall bezieht er ein.<br />

Raumgefüge<br />

Das Erscheinungsbild von Wänden und ihrer Farbigkeit<br />

tragen maßgeblich zur Raumwirkung bei.<br />

Hier lässt sich auch der englische <strong>Architektur</strong>theoretiker<br />

John Ruskin aus seinem Buch »Die sieben<br />

Leuchter der <strong>Bau</strong>kunst« zitieren: »Ich kann darum<br />

<strong>Architektur</strong> ohne Farbe nicht vollkommen finden.«<br />

Die Farbe wirkt durch eine Addition von sinnlichen<br />

Wahrnehmungen: spezielle Untergründe, Farbe als<br />

Farbklang, Strukturen als malerischer Gestus sowie<br />

haptische Empfindungen beim Berühren der Oberfläche.<br />

Ein gelungenes Zusammenführen dieser<br />

Wirkungen berührt innerlich. »Wandmalerei als<br />

künstlerisches Medium verlangt weitaus mehr als<br />

den bloßen Auftrag von Farbanstrichen«, weiß der<br />

Gestalter Imcke. »Ich mache jeden Raum zu einem<br />

Unikat.« Seine Gestaltungen agieren subtil und<br />

stellen ein anregendes und stimmiges Gefüge her.<br />

Kommunikative Prozesse<br />

Für ihn ist eine Wandgestaltung ein Prozess, in dessen<br />

Verlauf er die Vorstellung des Kunden erst behutsam<br />

ermittelt, dann übersetzt und danach, sich<br />

seines Stils bedienend, umsetzt. Oliver Imcke hat<br />

drei Arten von Kunden: Die öffentliche Hand, Kunden,<br />

die genau wissen, was sie wollen und solche,<br />

die irgendeine Vorstellung im Kopf haben, die sie<br />

nicht richtig verbalisieren können. Vor allem letztere<br />

Gruppe sei sich über die Komplexität der nötigen<br />

Entscheidungen oft nicht im Klaren, hat Imcke erfahren.<br />

Er baut ein Vertrauensverhältnis zu ihnen<br />

auf, damit sie sich auf seine Art der Interpretation<br />

einlassen und er die Entscheidungen in ihrem Sinne<br />

treffen kann. Um ihre vagen Vorstellungen und<br />

Wünsche gelungen umzusetzen, spielt Kommunikation<br />

eine wesentliche Rolle.»Mittlerweile lege ich<br />

Kunden immer ein Lasurmuster vor und bitte sie, es<br />

mir so genau wie möglich zu beschreiben«, erzählt<br />

er. »Daran kann ich erkennen, wie differenziert ein<br />

Kunde seine Wahrnehmung verbalisieren kann,<br />

und der Kunde merkt, wie schwer es ihm eventuell<br />

fällt, das Gesehene eindeutig zu beschreiben.«<br />

Gemäßigtes Marketing<br />

Seine Kundschaft spricht er mit einem variationsreichen<br />

Marketingmix an. Bei den <strong>Bau</strong>ämtern in<br />

Hannover ist er als Spezialist für Sandstein- und Betonimitation<br />

bekannt, der ihr denkmalpflegerisches<br />

oder restauratorisches Problem lösen kann.<br />

Dort wird er weiter empfohlen. Auch seine privaten<br />

Kunden erhält er häufig auf klassische Art und Wei-<br />

se durch Mund-zu-Mund-Propaganda<br />

oder über Architekten, die<br />

ihn empfehlen. Einmal im Jahr organisiert<br />

er einen öffentlichen<br />

Auftritt. 2006 war es ein Stand<br />

auf der Messe »Infa«, auf der er<br />

auch sein Kooperationsmodell<br />

»Dadit« vorstellte, in dem sich<br />

verschiedene Freiberufler und<br />

Handwerker zusammengetan<br />

haben. Viele seiner Seminare hat<br />

er in Kooperation<br />

mit einemökologischem<strong>Bau</strong>stoffhändler<br />

angeboten.<br />

Bei größeren<br />

Projekten arbeitet<br />

er mit<br />

befreundeten<br />

Firmen zusammen.<br />

Auf<br />

seiner Homepageempfiehlt<br />

er beispielsweise<br />

auch andere Malerfirmen.<br />

Wichtiges Glied seiner Marketingaktivitäten sind<br />

die von ihm gestalteten Räume im Hotel Cantera in<br />

Wunstorf. In dem von einem Natursteinbetrieb erbauten<br />

und als Showroom genutzten Gebäude hat<br />

er passend zu den Natursteinböden einige sehr<br />

stimmige Wandgestaltungen hergestellt, die er in<br />

größeren Zeitabständen überarbeitet. Von hier<br />

kommen Kunden, die ziemlich genau das haben<br />

möchten,was sie vor Ort gesehen haben.Oder auch<br />

Kunden, die ihm daraufhin etwas zutrauen, was sie<br />

im Kopf haben. Oft lassen sie zunächst ein Zimmer<br />

machen, und zwei Jahre später dann das nächste.<br />

»Meine Arbeit kostet ja auch ein bisschen Geld«,<br />

lacht Imcke. Auf lange Sicht geht sein Motto auf:<br />

»Ein Kunde, den ich einmal hatte, soll immer wieder<br />

kommen.« Achim Pilz<br />

Am Taubenfelde 26<br />

30159 Hannover<br />

Fon (0511) 2108206<br />

mail@pintado-gestaltung.de<br />

www.pintado-gestaltung.de<br />

Mappe 11.2006<br />

Maler unternehmen<br />

(oben) Bei dem mit<br />

gefärbtem Mineralputz<br />

gespachtelten Ornament<br />

ist die Plastizität klar zu<br />

erkennen<br />

(links) Perfekte Details wie<br />

diese imitierte Sandsteinfuge<br />

gehören zur Arbeitsweise<br />

von Pintado. Die mit<br />

Silikatkreiden lasierte Steinmalerei<br />

(unten) wirkt so<br />

natürlich, weil Oliver Imcke<br />

Steine bis in ihre innere<br />

Struktur kennt<br />

3

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