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Treffpunkt - Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland eV

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len Wohlfahrtsstelle, das lediglich <strong>in</strong> den gleichen<br />

Räumen stattfand. War me<strong>in</strong>e Mutter am Anfang<br />

vielleicht nur vorsichtig gewesen; scheute sie sich<br />

zu sagen, dass es sich um Treffen von Holocaust<br />

Überlebenden handelte? Jedenfalls nannte sie die<br />

Mittwoch-Nachmittage nach unserem geme<strong>in</strong>samen<br />

Besuch bereits schon ihre „<strong>Treffpunkt</strong>“-Zeit.<br />

Dass ich mit Noemi e<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> wie<strong>der</strong>gefunden<br />

hatte, war natürlich e<strong>in</strong> Geschenk, aber auch mit<br />

Anja b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong>zwischen eng befreundet. Der Psychoanalytiker<br />

Kurt Grünberg sprach wie<strong>der</strong>um nicht<br />

nur mit me<strong>in</strong>er Mutter. Ich besuchte ihn selbst im<br />

Sigmund Freud-Institut, um mich h<strong>in</strong>sichtlich me<strong>in</strong>er<br />

Mutter beraten zu lassen, und meldete mich<br />

bei ihm, sobald ich beobachten konnte, dass es <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Freund<strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Mutter nicht<br />

so gut g<strong>in</strong>g. Noemi, Anja und Kurt wie auch Jan<strong>in</strong>e<br />

Cunea und an<strong>der</strong>e Mitarbeiter und Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

des „<strong>Treffpunkt</strong>s“ waren dabei nicht nur ausgebildet,<br />

Überlebende zu beraten und ihnen e<strong>in</strong>en<br />

Schutzraum zu bieten. Sie gehören auch me<strong>in</strong>er<br />

Generation an, <strong>der</strong> sogenannten „zweiten Generation“:<br />

Wir sollten und wollten verlorenes Leben<br />

ersetzen und gleichzeitig den E<strong>in</strong>druck <strong>der</strong> Normalität;<br />

d.h. e<strong>in</strong>er vorhersehbaren Ordnung bieten.<br />

So war es ja letztendlich auch nicht wichtig, was<br />

<strong>in</strong> den zahllosen Telefonanrufen, die me<strong>in</strong>e Mutter<br />

und ich führten, gesagt wurde—son<strong>der</strong>n dass sie<br />

überhaupt stattf<strong>in</strong>den konnten.<br />

Me<strong>in</strong>e Mutter ist nicht mehr am Leben, aber ich<br />

komme auch heute noch, wenn ich an e<strong>in</strong>em Mittwoch<br />

<strong>in</strong> Frankfurt b<strong>in</strong>, im „<strong>Treffpunkt</strong>“ vorbei. Ich<br />

freue mich, die Organisatoren zu sehen; ich tr<strong>in</strong>ke<br />

e<strong>in</strong>en Kaffee und muß—ja muß! so will es die e<strong>in</strong>e<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Freund<strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Mutter, die ja auch<br />

me<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> ist—noch e<strong>in</strong> Stück Kuchen essen.<br />

Und b<strong>in</strong> dabei auch wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> bißchen zu Hause.<br />

Liliane Weissberg<br />

August 2012<br />

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