kunstGeschichte - Gerda Henkel Stiftung
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Porträts Deutscher kÜnstLer in roM<br />
zur zeit Der roMantik – nachLass Von<br />
frieDrich noack in Der bibLiotheca<br />
hertziana / roM<br />
konrad eberhard, selbstbildnis, um 1842<br />
Leiter Prof. Dr. Max kunze<br />
institution winckelmann-Gesellschaft e. V., stendal<br />
förDerunG forschungsprojekt | Die <strong>Gerda</strong> henkel stiftung unterstützte das Projekt<br />
durch die Übernahme von Personalkosten.<br />
Im Zentrum eines Forschungsprojekts unter der Leitung von Prof. Dr. Max Kunze<br />
standen zwei in der Bibliotheca Hertziana in Rom aufbewahrte einzigartige Quellen<br />
zur deutschitalienschen Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts: die bisher in ihrer Gesamtheit<br />
noch nicht publizierte »Sammlung von Bildnissen Germanischer Künstler<br />
in Rom« und der Nachlass des Schriftstellers und Kulturhistorikers Friedrich Noack<br />
(1858 – 1930), dessen Forschungstätigkeit dem Leben deutschsprachiger Künstler in<br />
der italienischen Metropole gewidmet war.<br />
Die Sammlung von Bildnissen deutscher Künstler wurde 1832 von den in Rom<br />
lebenden deutschen Künstlern zur Erinnerung an inzwischen abgereiste Kollegen<br />
begründet. Sie umfasst 140 Porträts von Künstlern, die in der ersten Hälfte des<br />
19. Jahrhunderts in Rom lebten. Die aus dem Norden kommenden Künstler ließen<br />
sich bevorzugt in der Gegend um die Spanische Treppe und um die Piazza Barberini<br />
nieder. Aus gemeinsamen künstlerischen Ambitionen und aus materieller Not heraus<br />
entwickelten sich neuartige und unkonventionelle Wohn und Arbeits gemeinschaften<br />
wie die so genannte »PonteMolleGesellschaft«, die jahrhundertealte Begrüßungszeremonien<br />
auf dem antiken Pons Milvius über dem Tiber auf originelle Weise scherzhaft<br />
neu inszenierte. Höhepunkt war der alljährliche Frühlingsausflug zu den bis<br />
dahin in Vergessenheit geratenen 15 km östlich vor Rom liegenden CervaroGrotten.<br />
Noch bis 1847 erfreute sich dieses kostümierte »Massenpicknick«, bei den Römern<br />
Carnevale dei Tedeschi genannt, größter Beliebtheit. Aus der PonteMolleGesellschaft<br />
ging 1845 der Deutsche Künstlerverein hervor, zu dessen Gründungsmitgliedern auch<br />
der Landschaftsmaler Franz Ludwig Catel gehörte. Das Porträtalbum steht zum<br />
Einen in der Tradition der Bildniskunst des 18. Jahrhunderts. Zum Anderen folgt es<br />
den Porträtsammlungen von Künstlern wie J. Schnorr von Carolsfeld, Samuel Amsler<br />
und Daniel Freudenweiler und geht zeitlich den bekannteren Bildnissammlungen von<br />
Carl Küchler und Johannes Notz voran. Darüber hinaus ist das Album beispielhaft<br />
für die hohe Kultur des individuellen Porträts in diesem Zeitabschnitt und zeichnet<br />
sich in stilistischer Hinsicht durch große Heterogenität aus.<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erforschte Friedrich Noack erstmals und bis heute<br />
grundlegend das Leben der deutschsprachigen Künstler in Rom vom ausgehenden<br />
Mittelalter bis um 1900. Im Rahmen seiner langjährigen Forschungstätigkeit wertete<br />
er neben publizierten Quellen die ihm seinerzeit zugänglichen Künstlernachlässe,<br />
Briefwechsel, Tagebuch und Pressenotizen sowie insgesamt 42 Kirchenarchive in<br />
Rom aus und hielt seine Ergebnisse in einem umfangreichen Zettelarchiv fest. Nur ein<br />
Bruchteil davon ist in seine bis heute immer wieder zitierten Publikationen eingeflossen.<br />
Noacks Nachlass umfasst 18.829 Seiten mit 11.000 Künstlereinträgen, von denen<br />
853 Seiten mit 161 Namen die in der »Sammlung von Bildnissen« vertretenen Künstler<br />
betreffen. Seit Sommer 2005 steht der gesamte Nachlass in digitalisierter Form<br />
im Internet auf der Homepage der Bibliotheca Hertziana zur Verfügung. Er bietet<br />
eine Fülle an neuen Informationen über die Aufenthalte deutschsprachiger Künstler<br />
in Rom, die weit über bisher bekannte biographische Daten hinausgehen. Dazu gehören<br />
Angaben über die Wohnorte der Künstler in Rom und ihre weiteren Aufenthaltsorte<br />
in Italien, über Lebensalltag, sozialen Status, Freundeskreise, Kontakte zu<br />
Kunstsammlern und privaten Auftraggebern sowie ihre Beteiligung an gemeinsamen<br />
Projekten wie beispielsweise die Gestaltung von Freskenprogrammen im öffentlichen<br />
Auftrag oder die Herstellung von Kupferstichserien für italienische und deutsche Verlage.<br />
Die im Rahmen des von der <strong>Stiftung</strong> geförderten Projekts erfolgte wissenschaftliche<br />
Auswertung dieses Teils des Nachlasses von Friedrich Noack erweitert einerseits<br />
das Wissen über die soziale Situation der Künstler und ihre Vernetzung innerhalb der<br />
deutschsprachigen Künstlerkolonie in Rom im Zeitraum zwischen Klassizismus, Romantik<br />
und Vormärz und wirft andererseits neues Licht auf die Genese der Sammlung<br />
von Bildnissen deutscher Künstler.