kunstGeschichte - Gerda Henkel Stiftung
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zwischen zeichnunG unD Druck –<br />
Die wieDerentDeckunG Der MonotyPie<br />
iM 19. JahrhunDert<br />
william Merritt chase, reverie: a Portrait of a<br />
woman, um 1890 – 95, 52,1 × 42,6 cm, the Metropolitan<br />
Museum of art, new york<br />
Paul Gauguin, nave nave fenua, Monotypie,<br />
1894, 40 × 24 cm, Museum of fine arts, boston<br />
stiPenDiat Jonas beyer, berlin<br />
förDerunG Promotionsstipendium | Die <strong>Gerda</strong> henkel stiftung unterstützt<br />
das Dissertationsvorhaben durch die Gewährung eines<br />
Promotionsstipendiums und die Übernahme von reise- und<br />
sachkosten. | neu bewilligt<br />
Zur Herstellung von Monotypien bedient man sich einer polierten Metallplatte, deren<br />
Oberfläche zunächst mit Druckerschwärze eingewalzt wird, um anschließend aus<br />
der Farbe wieder jene Bereiche zu entfernen, die im gedruckten Resultat als positive<br />
Formen in Erscheinung treten sollen. Alternativ lässt sich mit dem Pinsel direkt auf die<br />
Metallplatte malen, und durch nachträgliches Einkratzen in die Pinselspuren können<br />
beide Verfahren miteinander kombiniert werden. Da jeweils nur die Farbe auf der<br />
Platte, nicht aber die Platte selbst behandelt wird, ist beim monotypischen Verfahren<br />
wenig mehr als ein einziger Druck möglich. Diese ungewöhnliche druckgraphische<br />
Technik, die es im Grunde nur zulässt, Unikate herzustellen, hat die kunsthistorische<br />
Forschung stets irritiert und wirft die Frage auf, ob sich ein verwandtes Ergebnis nicht<br />
auch mit wesentlich weniger Aufwand, beispielsweise einer Pinselzeichnung, erzielen<br />
ließe. Bereits im 17. Jahrhundert, als das monotypische Verfahren erstmals von<br />
Giovanni Benedetto Castiglione angewandt wurde, behauptete die Monotypie indes<br />
ihren spezifischen Eigenwert auch gegenüber präziseren Verfahren wie der Radierung.<br />
Nach dem Tod Castigliones fiel die Technik der Vergessenheit anheim, und mit Ausnahme<br />
von William Blake sollte es bis zur Wiederverwendung der Monotypie durch<br />
Edgar Degas keine Künstler bedeutenden Ranges geben, die sich diesem Medium zuwandten.<br />
Da es keinen Hinweis darauf gibt, dass Degas die Monotypien Castigliones<br />
gekannt hat, müssen die Ursachen für das erneute Aufkommen des Verfahrens im<br />
Umkreis anderer favorisierter Medien der Zeit wie etwa der Lithographie oder dem<br />
Clichéverre, vor allem aber der Photographie, gesucht werden.<br />
Jonas Beyer beschäftigt sich im Rahmen seines Dissertationsvorhabens mit der<br />
Wiederentdeckung der Monotypie im 19. Jahrhundert und untersucht dabei insbesondere<br />
die medialen Möglichkeiten dieses Verfahrens. Geplant ist weniger eine Bestandsaufnahme<br />
der im 19. Jahrhundert entstandenen Monotypien als vielmehr die<br />
Einnahme einer mediengeschichtlichen Perspektive, die um so facettenreicher ausfallen<br />
dürfte, als sich die Monotypie in ihrem intimen Charakter nicht zuletzt als<br />
Experimentierfeld und Möglichkeit der künstlerischen Selbstvergewisserung versteht.<br />
Aus rezeptionsästhetischer Sicht möchte Herr Beyer danach fragen, warum es von<br />
Interesse sein kann, Unikate zu schaffen, die gerade nicht unmittelbares Produkt der<br />
Künstlerhand sind, sondern einen technischen Vermittlungsschritt erfordern. Schwerpunkt<br />
der geplanten Untersuchung sind die Monotypien von Edgar Degas. Im Mittelpunkt<br />
steht die Frage, welche genuinen Qualitäten die Monotypie gerade durch ihre<br />
besonderen technischen Voraussetzungen besitzt. Neben der systematischen Analyse<br />
ihrer Wechselwirkung mit anderen Medien sollen die spezifische Ausdrucksdimension<br />
der Monotypie und ihr dezidiert experimenteller Charakter herausgearbeitet werden.<br />
Ziel ist es, die Rolle der Monotypie als probates Gestaltungsmittel der Künstler im<br />
19. Jahrhundert gerade aufgrund ihres Grenzganges zwischen verschiedenen ästhetischen<br />
Ausdrucksformen zu bestimmen. Mit Blick auf die Monotypien auch amerikanischer<br />
Künstler hofft Herr Beyer zudem zeigen zu können, dass der Einsatz dieses<br />
Druckverfahrens im 19. Jahrhundert keines wegs nur auf einen einzigen Kulturkreis<br />
beschränkt blieb, sondern ein übergreifendes, transnationales Phänomen war.<br />
edgar Degas, Landschaft, Pastell über<br />
Monotypie, 1892, 25,4 × 34 cm, the Metropolitan<br />
Museum of art, new york