kunstGeschichte - Gerda Henkel Stiftung
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stiPenDiatin Dr. angela windholz, Mendrisio / italien<br />
förDerunG Promotionsstipendium | Die <strong>Gerda</strong> henkel stiftung unterstützte<br />
das Dissertationsvorhaben durch die Gewährung eines<br />
Promotionsstipendiums sowie die Übernahme von reisekosten und<br />
stellte einen Druckkostenzuschuss für die Veröffentlichung der<br />
Dissertation zur Verfügung.<br />
Um die Wende zum 20. Jahrhundert gründeten viele Nationen in Rom nach dem Vorbild<br />
der dort seit 1666 ansässigen Académie de France Kulturinstitute und Kunstakademien<br />
mit repräsentativen Sitzen. Die ausländischen Akademien institutionalisierten<br />
die ehemals individuellen Romreisen und entwickelten erstmals kulturpolitische<br />
Konzepte, die als Vorläufer heutiger Auslandsinstitute zu sehen sind. Dr. Angela<br />
Windholz fragt in ihrer Dissertation nach den Zielen der AkademieGründungen,<br />
die mit dem Aufkommen der künstlerischen Avantgarden unzeitgemäß erschienen<br />
und die sich einerseits am humanistischen Bildungsideal und an ersten Formen kultureller<br />
Völkerverständigung orientierten, andererseits aber auch Zeichen der Übernahme<br />
imperialistischer Gesten in Kunst und Kultur waren. Durch den Vergleich der<br />
Gründungsumstände sowie die Rekapitulation künstlerischer Debatten und kulturpolitischer<br />
Konzepte nimmt sie in ihrer Studie nicht nur die historischen Bedingungen<br />
staatlicher Künstlerausbildung und auswärtiger Kulturpräsentation in den Blick,<br />
sondern rekonstruiert auch den zeitgenössischen Diskurs um die gesellschaftliche<br />
Wirkung von Kunst und das Ringen um eine Optimierung von Kunst und Künstlern<br />
während des radikalen Wertewandels im 19. Jahrhundert. Neben den ausbildungsinhärenten<br />
Gründen der Romreise spielten im bürgerlichen Zeitalter vermehrt auch<br />
karrierespezifische Argumente eine Rolle: Erst mit der Reise »in die Antike«, zu den<br />
Werken und Wirkungsorten der Alten Meister, wurde man wirklich zum Künstler.<br />
Die römischen Akademien verteidigten ihre immer schwerer zu vermittelnden<br />
ästhetischen Werte auch durch den Zauber des Ortes, ihre prächtigen Villen und<br />
Gärten und die unmittelbare Präsenz der historischen Relikte. Zunehmend von den<br />
modernen Kunstströmungen angegriffen, hielten die Befürworter akademischer Ausbildung<br />
an den traditionellen Zielen der Romreise fest und verteidigten den klassischen,<br />
nunmehr normierten Kanon. In der Dynamik des Hochimperialismus und der<br />
damals gängigen Auffassung von Kulturpolitik ging es bei der Institutionalisierung<br />
der Akademien in Rom darüber hinaus auch um die weltweite Sichtbarmachung kultureller<br />
Überlegenheit als Legitimation weltmachtpolitischer Expansion. Doch auch<br />
die italienische Politik trug zur Gründung ausländischer Akademien bei, die 1911<br />
mit der römischen Jubiläumsausstellung zum 50. Jahrestag der staatlichen Einigung<br />
Italiens zusammenfielen. Die Ausstellung war Höhepunkt der langjährigen Suche der<br />
Regierung nach alternativen Modellen, Rom im Anschluss an die Jahrhunderte währende<br />
Papstherrschaft als intellektuelles und kulturelles Zentrum sowohl Italiens als<br />
auch der Welt zu etablieren.<br />
Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Gründungsgeschichten der vier nachfranzösischen<br />
Nationalakademien in Rom, der spanischen, britischen, amerikanischen<br />
und deutschen Akademie. Diese vier Institutionen eignen sich zum vertiefenden Vergleich,<br />
da sie nicht nur parallel gegründet, sondern darüber hinaus ihre repräsentativen<br />
Gebäude gleichzeitig und in ehrgeiziger Überbietung errichtet wurden. Die von<br />
Dr. Windholz untersuchten Schriftwechsel der Botschafter, Künstlervereinigungen,<br />
Architekten und Kunstkritiker der vier Länder bestätigen zum Einen die allgemeingültige<br />
Problematik der staatlichen Kunstförderung und illustrieren zum Anderen die<br />
jeweiligen besonderen künstlerischen und politischen Bedingungen. Neben einer ikonographischen<br />
Interpretation der Architektur umfasst die Dissertation auch Aussagen<br />
zur Positionierung der Bauten im damaligen Diskurs um den »Nationalstil«. Die<br />
Dissertation ist im Berichtsjahr im Verlag Schnell & Steiner, Regensburg, erschienen:<br />
Angela Windholz, Et in academia ego. Ausländische Akademien in Rom<br />
zwischen künstlerischer Standortbestimmung und nationaler Repräsentation,<br />
Regensburg 2008<br />
et in acaDeMia eGo. ausLänDische<br />
akaDeMien in roM zwischen<br />
kÜnstLerischer stanDortbestiMMunG<br />
unD nationaLer rePräsentation<br />
M. ramírez, Die spanische akademie, 1881<br />
bernhard sehring, »ideal-Projekt für ein deutsches<br />
künstlerheim und -werkstatt«, 1886: Das bild<br />
zeigt die Villa strohl-fern, in der die akademie<br />
der künste zu berlin ab 1883 ateliers für künstler<br />
angemietet hatte. ihr besitzer, alfred wilhelm<br />
strohl-fern, hatte den an die Villa borghese grenzenden<br />
Park 1879 erworben und eine reihe ateliers<br />
eingerichtet, die er an künstler vermietete.<br />
als sich die Pläne für eine eigene akademie in rom<br />
konkretisierten, entwarf sehring 1886 Pläne einer<br />
idealvilla für ein deutsches »künstlerheim und<br />
-werkstatt« auf dem Grundstück der Villa strohlfern,<br />
deren ankauf seit 1884 erwogen wurde.<br />
american academy, um 1914<br />
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