Dr. Ernst Ritter EIN GROSSER - Familie Polsterer
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Blickpunkt Hollabrunn Folge 3/82 <strong>Dr</strong>. <strong>Ritter</strong>: So wars... Seite 25<br />
Die Wiener Straße hat sich nicht viel verändert.<br />
Dort, wo heute die Kühschelmgasse<br />
einmündet, stand das Wirtschaftshaus<br />
der <strong>Familie</strong> Muckenhuber. Die alte<br />
Frau Muckenhuber hatte immer 3 bis 4<br />
"Koststudenten" im Quartier.<br />
Dazu ist einiges zu sagen: Nicht wenige<br />
der Hollabrunner Gymnasiasten waren<br />
Kinder armer Kleinbauern, die für den<br />
Unterhalt ihrer Kinder in der Fremde<br />
gerade noch aufkommen konnten, um<br />
das Essen mußten sich die Buben selbst<br />
kümmern.<br />
Deshalb lebten diese Studenten vom<br />
"Kosttagessen", das heißt, sie mußten<br />
sich umsehen, Woche für Woche, an<br />
einem bestimmten Tag in einer anderen<br />
<strong>Familie</strong> zu Tisch zu sein. Natürlich kamen<br />
da die <strong>Familie</strong>n der Hollabrunner<br />
Gymnasiasten in erster Linie in Betracht.<br />
In meiner <strong>Familie</strong> zum Beispiel hatten wir<br />
jeden Mittwoch zwei Kostgänger zu<br />
Tisch.<br />
Auf das Muckenhuberhaus folgten die<br />
Bauernhäuser der <strong>Familie</strong>n Knie, Spendling,<br />
Bachheimer, Satzinger, Breindl,<br />
Wagner und noch einiger Kleinbauern.<br />
Im Satzinger- und Bachheimerhaus waren<br />
eine Zeit hindurch Gastwirtschaften.<br />
Auch das Bierdepot Suttner war auf dieser<br />
Straßenseite; neben dem Suttnerhaus<br />
führte ein schmaler Feldweg in die Weingärten.<br />
Am Ende der Straße, vor dem Schützenhaus,<br />
war das Gasthaus Liebmann. Im<br />
Schützenhaus wurden alljährlich im März<br />
Assentierungen vorgenommen; das<br />
Rekrutensträußel am Hut besagte, daß<br />
einer "behalten" worden war.<br />
Wie stolz trugen wir diese Zier ! Manche<br />
allerdings mit einem lachenden und<br />
einem weinenden Auge ! Die heute leider<br />
ganz verfallende Spitalkirche war noch<br />
bewohnt, sie diente als eine Art Armenhaus.<br />
Die kinderreiche <strong>Familie</strong> Anzböck<br />
hauste dort. Ein Sproß dieser <strong>Familie</strong> gehörte<br />
auch zum ständigen Straßenbild;<br />
der Bub ging täglich mit einem "Büttel"<br />
und einer Maurerkelle die Straßen ab und<br />
sammelte den Hundekot ein, den er in<br />
der Gerberei ablieferte, wo dieses Naturprodukt<br />
verwendet wurde.