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Soziale Berufe in der Diakonie - jung und sozial

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<strong>sozial</strong> • Ausgabe 3 | 2013REGIONENden an<strong>der</strong>en habe ich die Heimat verlassen müssen.“Nach e<strong>in</strong>em schweren Erdbeben waren die Verhältnisse<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Heimatstadt unerträglich geworden.Über diese Zeit spricht er nicht gerne.„In Deutschland habe ich zuerst bei VerwandtenUnterschlupf gef<strong>und</strong>en“, berichtet er, „dann habe ichAsyl beantragt.“ Er lebte im Asylheim <strong>und</strong> bei e<strong>in</strong>emFre<strong>und</strong> – <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Zeitlang sogar unter freiem Himmel.Schließlich kam er im Mietshaus e<strong>in</strong>es Onkelsunter. Er machte e<strong>in</strong> Berufsvorbereitungsjahr <strong>und</strong>arbeitete als Bauhelfer <strong>und</strong> Fahrer. Und er lerntese<strong>in</strong>e Frau Meliha kennen – e<strong>in</strong>e sunnitische Türk<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>er sehr konservativen Familie.Ihre Eltern waren gegen die Verb<strong>in</strong>dung. „E<strong>in</strong> Alevit<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Sunnit<strong>in</strong>, das g<strong>in</strong>g eigentlich gar nichtzusammen“, er<strong>in</strong>nert er sich. Dennoch haben diebeiden <strong>jung</strong>en Leute damals schnell beschlossen zuheiraten. „Bei mir gibt’s ke<strong>in</strong>en Unterschied zwischenSunniten <strong>und</strong> Aleviten“, betont er.Genau genommen, sagt Arslan, gebe es nur zweiProbleme im Leben: Religion <strong>und</strong> Nationalität. „Wennman die abschaffen könnte, hätten wir e<strong>in</strong>e guteWelt.“ Respekt <strong>und</strong> Toleranz an<strong>der</strong>en gegenüber, daslebt er – <strong>und</strong> das lehrt er. „Ich muss nicht das Gleichetun <strong>und</strong> denken wie <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e“, sagt er, „aber ichmuss ihm Respekt zeigen.“In Schulen <strong>und</strong> Vere<strong>in</strong>en erzählt er über sich <strong>und</strong>se<strong>in</strong>e Geschichte – <strong>und</strong> versucht den <strong>jung</strong>en Menschenbeizubr<strong>in</strong>gen, „wie man mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> umgehensoll auf dem Schulhof“. Und wie man sich wehrenkann gegen Stärkere. „Sich wehren zu können schadetnicht <strong>und</strong> gibt den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n Sicherheit.“ UmSelbstverteidigung geht es dabei nur am Rande.Arslan will den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>sozial</strong>esVerhalten beibr<strong>in</strong>gen. „Wichtig ist“, sagt er <strong>und</strong> hebtden F<strong>in</strong>ger, „die richtigen Wege zu zeigen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erSprache, die K<strong>in</strong><strong>der</strong> verstehen.“ Kickboxen ist Körperbeherrschung,Selbstdiszipl<strong>in</strong>, Selbstvertrauen – <strong>und</strong>vor allem: Achtung des Gegners. „Wir geben unsimmer die Hand, wenn wir gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gekämpfthaben“, betont Arslan.Er scrollt den Term<strong>in</strong>kalen<strong>der</strong> se<strong>in</strong>es Smartphonesdurch. Vor zwei Tagen war er beim Integrationsausschuss<strong>der</strong> Stadt Kirchheim e<strong>in</strong>geladen – auf Vermittlungdes Fachdienstes Jugend, Bildung, Migration <strong>der</strong>Bru<strong>der</strong>haus<strong>Diakonie</strong>. Dort hat er e<strong>in</strong>en Vortrag gehalten.Thema: Was müssen Migranten selbst beitragen,um <strong>in</strong> Deutschland Fuß fassen zu können? Morgensteht e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit „<strong>Soziale</strong>sLernen“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em StuttgarterGymnasium auf dem Plan.„Die Direktor<strong>in</strong> hat michbeim Tag <strong>der</strong> offenen Tür <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er alevitischen Moscheeangesprochen, da habe ichmit me<strong>in</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n Kickboxenvorgeführt.“Für die Zeit nach den Schulferienhat er Term<strong>in</strong>e <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wohnort Nürt<strong>in</strong>gen<strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachbarstadt Kirchheim. Der FachdienstJugend, Bildung, Migration will ihn dort bei Projektengegen alkoholbed<strong>in</strong>gte Jugendgewalt e<strong>in</strong>setzen<strong>und</strong> als Motivator bei Sprachkursen für jugendlicheMigranten.Gökhan Arslan macht dabei gerne mit. „Ich versucheweiterzugeben, dass erfolgreich se<strong>in</strong> auch heißt,<strong>sozial</strong> zu se<strong>in</strong>“, sagt er. Und er erzählt von e<strong>in</strong>em kurdischenFreiheitshelden, <strong>der</strong> mit 24 Jahren h<strong>in</strong>gerichtetwurde. „Der hat vor <strong>der</strong> H<strong>in</strong>richtung gesagt: Es istnicht wichtig, lange zu leben, son<strong>der</strong>n viel zu tun <strong>und</strong>Gutes zu tun.“Die Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gse<strong>in</strong>heit ist zu Ende. Gökhan Arslans FrauMeliha hat Baklava verteilt <strong>und</strong> türkische Kekse. E<strong>in</strong>verschwitzter Boxer stillt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ecke se<strong>in</strong>e blutendeNase: Der kräftige Haken se<strong>in</strong>es Sparr<strong>in</strong>gspartnershatte ihn erwischt. Arslan ermahnt: „Ihr sollt Druckmachen, aber nicht hart schlagen.“ Die ersten kommenschon aus <strong>der</strong> Dusche, verabschieden sich. Je<strong>der</strong>bekommt e<strong>in</strong>en Handschlag. „Das ist normal beiuns“, kommentiert Arslan, „wir s<strong>in</strong>d wie e<strong>in</strong>e Familie.“msk ZGökhan Arslanist stolz auf se<strong>in</strong>e„Tiger-Sportakademie“.Nebendem E<strong>in</strong>ganghängen Bil<strong>der</strong>erfolgreicherSchüler.Schnelligeit <strong>und</strong>Körperbeherrschunggehörenzum Kickboxen –<strong>und</strong> Ausdauer imTra<strong>in</strong><strong>in</strong>g.13

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