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Soziale Berufe in der Diakonie - jung und sozial

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TITELTHEMA<strong>sozial</strong> • Ausgabe 3 | 2013Welche Farbesoll es se<strong>in</strong>? DieBetreuungsassistent<strong>in</strong>hat <strong>der</strong>demenzerkranktenKünstler<strong>in</strong>ihr Malwerkzeugbereitgelegt.Betreuungsassistent<strong>in</strong> Marieta Kronfeldt kennt dieseSituationen: Menschen mit Demenzerkrankungdurchleben oft längst vergangene Lebensphasen– <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesen Momenten auf das Verständnisihrer Umwelt angewiesen. „Passiert etwas, das ihrnicht gefällt o<strong>der</strong> das sie nichtversteht, kann Frau Haubensaktoben <strong>und</strong> schreien, dass <strong>der</strong> Rollstuhlwackelt.“Ortswechsel: Monika Weipert,die Hausleiter<strong>in</strong> des SeniorenzentrumsGönn<strong>in</strong>gen, telefoniert.Kaum hat sie aufgelegt, kl<strong>in</strong>geltihr mobiles Telefon erneut. AlsHausleiter<strong>in</strong> ist sie für alle Bereiche des Seniorenzentrumsverantwortlich – neben dem Demenzbereichzum Beispiel auch für die Tages- <strong>und</strong> Kurzzeitpflege<strong>und</strong> das betreute Wohnen. Den Demenzbereich magsie beson<strong>der</strong>s: „Demenziell Erkrankte s<strong>in</strong>d die ehrlichstenMenschen.“ Die Demenz legt die ureigenen,bisweilen auch unterdrückten Charaktereigenschaftene<strong>in</strong>es Menschen frei, ebenso die durch Erziehung<strong>und</strong> Konventionen hervorgerufene Hemmung, denGefühlen freien Lauf zu lassen.Kronfeldt mag es, wenn die Senioren ihre Gefühleehrlich <strong>und</strong> unverhohlen ausleben. Selbst e<strong>in</strong> Wutanfallschüchtert sie nicht e<strong>in</strong>. „Wenn ich abends nachHause komme, b<strong>in</strong> ich ausgeglichen.“Und <strong>der</strong> Verdienst? „Me<strong>in</strong> Reichtum besteht dar<strong>in</strong>,jeden Tag mit liebenswerten Menschen zu verbr<strong>in</strong>gen<strong>und</strong> dabei kreativ zu se<strong>in</strong>.“ Während ihren Kolleg<strong>in</strong>nen,die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pflege tätig s<strong>in</strong>d, die Gelegenheitfür persönliche Gespräche häufig fehlt, schenkt KronfeldtZeit – als Betreuungsassistent<strong>in</strong> ist sie nicht andie enge Taktung <strong>der</strong> Fachkräfte geb<strong>und</strong>en.„Wann kommt denn me<strong>in</strong> Sohn?“, fragt Antonie Haubensakunvermittelt auf dem Rückweg zum Seniorenzentrum.Am Gönn<strong>in</strong>ger Wasserfall s<strong>in</strong>d wenigeM<strong>in</strong>uten vergangen, für Haubensak viele Jahre.Solche Zeitsprünge s<strong>in</strong>d typisch bei fortgeschrittenerDemenz. „Wichtig ist vor allem, sich auf die Menschene<strong>in</strong>zulassen <strong>und</strong> sie <strong>in</strong> ihrer momentan erlebtenZeit ernst zu nehmen“, betont Weipert, die vordem Haus e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Atempause e<strong>in</strong>legt.Kronfeldt hat das ver<strong>in</strong>nerlicht: Besonnen geht sieauf alle Themen e<strong>in</strong>, ob Gasthaus o<strong>der</strong> Nachmittagskaffee– je nachdem, <strong>in</strong> welcher Phase sich AntonieHaubensak gerade bef<strong>in</strong>det.Zurück im Seniorenzentrum wartet schon HaubensaksSohn Werner. Er besucht se<strong>in</strong>e Mutter sehroft. Denn „die Entscheidung für die dauerhafteBetreuung me<strong>in</strong>er Mutter im Seniorenzentrum fieluns sehr schwer“, sagt er. Mit <strong>der</strong> fortschreitendenDemenz stieg jedoch das Sicherheitsrisiko für se<strong>in</strong>eMutter – zum Beispiel hatte die Senior<strong>in</strong> manchmalvergessen, den Herd auszuschalten.Heute ist er froh, sich für das Seniorenzentrum Gönn<strong>in</strong>genentschieden zu haben. „Me<strong>in</strong>e Mutter hathier gute Fortschritte gemacht – die kreativen Beschäftigungsangebote<strong>und</strong> Gedächtnistra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs, diedie Betreuungsassistent<strong>in</strong>nen ermöglichen, helfenenorm.“ Werner Haubensak <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Frau s<strong>in</strong>d siche<strong>in</strong>ig, dass die <strong>in</strong>dividuelle Zuwendung von MarietaKronfeldt dazu beiträgt, die fortschreitende Demenzzu verlangsamen <strong>und</strong> alte Fähigkeiten neu zu entdecken.„Dass sie so se<strong>in</strong> kann, wie sie ist – mit allenEcken <strong>und</strong> Kanten – <strong>und</strong> die Mitarbeiter auf ihre Persönlichkeite<strong>in</strong>gehen, gibt uns Sicherheit, dass es ihrgut geht“, ergänzt Werner Haubensak. Dieses Gefühlist ihm ebenso wichtig wie die Gewissheit, dass se<strong>in</strong>eMutter mediz<strong>in</strong>isch <strong>und</strong> pflegerisch gut versorgt ist.„Ich war heute schon auf dem Feld“, eröffnet AntonieHaubensak ihrem Sohn. Der kennt die geistigen Zeitsprüngese<strong>in</strong>er Mutter <strong>und</strong> geht darauf e<strong>in</strong>. „Wir habenviel gelernt, seit sie hier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Demenzgruppe ist.Der persönliche Kontakt zu dem Team hier hilft uns,mit ihrer Krankheit umzugehen“, erzählt se<strong>in</strong>e Frau.In <strong>der</strong> Zwischenzeit widmet sich Kronfeldt e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>endementen Senior<strong>in</strong>, die früher e<strong>in</strong>e begabteKünstler<strong>in</strong> war. Sie breitet verschiedene bunte Stifte<strong>und</strong> Papiere vor ihr aus. „Sollen wir die Blumenblätter<strong>in</strong> dunkel- o<strong>der</strong> hellgrün malen?“ Unschlüssig hält dieSenior<strong>in</strong> zwei Holzmalstifte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand. „Na, Sie s<strong>in</strong>ddie Künstler<strong>in</strong> von uns beiden.“ Kronfeldt ermutigtsie mit sanfter Stimme <strong>und</strong> legt ihre Hand auf denArm <strong>der</strong> alten Frau. „Am Anfang hat sie sich kaum etwaszugetraut, heute malt sie wie<strong>der</strong> gerne“, erzähltdie Betreuungsassistent<strong>in</strong>. Die Künstler<strong>in</strong> entscheidetsich für dunkelgrün.Antonie Haubensak ist <strong>der</strong>weil <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ruhesessele<strong>in</strong>genickt, ihre Li<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d entspannt – vielleichtist sie gerade vom Acker zurückgekommen <strong>und</strong> imWirtshaus s<strong>in</strong>d auch die letzten Gäste nach Hausegegangen.klm Z+ www.seniorenzentrum-goenn<strong>in</strong>gen.de8

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