Schäßburger Nachrichten SN32 - HOG Schäßburg eV
Schäßburger Nachrichten SN32 - HOG Schäßburg eV
Schäßburger Nachrichten SN32 - HOG Schäßburg eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10 <strong><strong>Schäßburg</strong>er</strong> <strong>Nachrichten</strong>, Dezember 2009<br />
ein Industrielyzeum, wurde nun wieder theoretisches Lyzeum. Der<br />
Werkunterricht wurde abgeschafft, die Werkstätten aufgelassen, die<br />
Lehrmeister in die Fabriken geschickt. Direktor Radu Agapie wollte<br />
das Amt nicht mehr weiterführen und so wählten wir Peter Theil<br />
zum Direktor der Bergschule. Es gab zu der Zeit besonders in Târgu<br />
Mureș Spannungen zwischen rumänischen und ungarischen Lehrern<br />
und Schülern. Die Ungarn wollten wieder ihre eigenen Schulen<br />
haben. Eine ähnliche Tendenz setzte auch in <strong>Schäßburg</strong> ein, und so<br />
versuchte Peter Theil, die rumänische Abteilung aus der Bergschule<br />
hinauszudrängen. Er stieß dabei auf vehementen Widerstand seitens<br />
der rumänischen Kollegen und musste diesen Plan aufgeben.<br />
Im Rahmen der neuen „Demokratie“ fassten wir einige Beschlüsse<br />
zum „Vorteil“ der Schüler.<br />
Die Uniform wurde abgeschafft. In der Presse gab es eine Polemik,<br />
die nachwies, dass das Tragen der Schuluniform negativen Einfluss<br />
auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder hat. (Heute haben<br />
viele Schulen sie wieder eingeführt). Wir beschlossen, dass die Schüler<br />
15 Minuten zu spät in die Stunde kommen und pro Jahr 5 Tage<br />
vom Unterricht fehlen dürfen, ohne dafür Entschuldigungen bringen<br />
zu müssen. Im Internat sollte in einem Keller ein Unterhaltungsraum<br />
mit Bar eingerichtet werden.<br />
Die Zeit lief uns an der deutschen Abteilung aber davon: Die Schüler<br />
wanderten massenweise aus und viele Lehrer auch. Die Kataloge des<br />
Schuljahres sehen traurig aus. In manchen von ihnen blieben weniger<br />
als 10 Schüler, die das Schuljahr beendeten. Im April 1990 fuhr ich<br />
Gekürzt aus Siebenbürgische Zeitung vom 29. Juli 2009<br />
20 Jahre nach dem Ende des Kommunismus<br />
Die zwölfte Sommerschule für die Aufarbeitung und das Kennenlernen<br />
der kommunistischen Vergangenheit Osteuropas und insbesondere<br />
Rumäniens ging am 21. Juli in der nordrumänischen Grenzstadt<br />
Sighet zu Ende. Sie stand diesmal unter dem Motto „20 Jahre nach<br />
dem Ende des Kommunismus“.<br />
Die Leitung der diesjährigen Veranstaltung übernahm der Vertreter<br />
der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bukarest, Holger Dix, nachdem<br />
der langjährige Leiter, Stéphane Courtois aus Paris, der Autor des<br />
„Schwarzbuchs des Kommunismus“, nicht teilnehmen konnte. Neben<br />
den rumänischen Historikern und Zeitzeugen, die<br />
Seminare für die Schüler anboten, Alexander Zub<br />
aus Jassy, Traian Orban aus Temeswar, Petre Mihai<br />
Băcanu aus Bukarest und Baia Mare, welche die<br />
rumänische Wende von 1989 thematisierten, sprachen<br />
auch Historiker aus der Republik Moldau, Nicolae<br />
Dabija und Ludmila Pădureţ aus Kischinew<br />
(Chişinău), sowie der deutsche Historiker Ulrich Burger über die<br />
deutsche Wende von 1989. Vertreter aus Polen, Miroslaw Chojecki<br />
und Jaroslaw Godun, der Leiter des Polen-Instituts in Bukarest, und<br />
Béla Borsi-Kálmán aus Budapest diskutierten mit den Schülern über<br />
die vergangenen 20 Jahre nach der Wende in den verschiedenen Ländern<br />
Osteuropas.<br />
Weiterhin wurden als kulturelles Begleitprogramm der Sommerschule<br />
historische Dokumentar- und Spielfilme angeboten, die<br />
Ausstellung „Solidarität mit Rumänien“ wurde von dem Leiter des<br />
Ob ein Mensch klug ist,<br />
erkennt man viel besser<br />
an seinen Fragen als an<br />
seinen Antworten<br />
De Levis<br />
mit Peter Theil nach Bukarest zu einem Empfang des Botschafters<br />
der Bundesrepublik Deutschland. Da Peter Theil auch auswandern<br />
wollte, überredeten mich der damalige stellvertretende Unterrichtsminister<br />
Hans-Otto Stamp und Hermann Schmidt, der Direktor der<br />
Hermannstädter Brukenthalschule, wieder die Leitung der Bergschule<br />
zu übernehmen. Der Minister versprach mir auch Geld für<br />
die Umgestaltung einiger Räume im Internat zu Klassenräumen. So<br />
wurde ich im Mai 1990 wieder Direktor an der Bergschule. Wir haben<br />
das Schuljahr irgendwie abgeschlossen.<br />
Da auch in den Schulen Nr. 1 und 3 sehr viele deutsche Schüler auswanderten,<br />
beschlossen wir, alle deutschen Klassen auf der Burg unterzubringen:<br />
Die Klassen 1 bis 4 im Internat (Alberthaus) und die<br />
Klassen 5 bis 8 im Gebäude in der Schanzgasse. Für die Räume im<br />
Internat brachten wir Bänke auch aus Kreisch und Großalisch. Wir<br />
sind dann aber bald vom deutschsprachigen Ausland mit Geld und<br />
Schulmöbeln unterstützt worden. Zum größten Unglück brannte der<br />
Neubau (Adlerhorst) im Juli 1990 aus, so dass uns viel Raum verloren<br />
ging. Am 1. September 1990 wurde meine Pensionierung, um die ich<br />
ein Jahr vorher angesucht hatte, bewilligt. Das Kreisschulinspektorat,<br />
das uns auch in den folgenden Jahren sehr unterstützt und manche<br />
Klassen mit nur ganz wenigen Schülern bewilligt hat, bat mich, weiter<br />
Schulleiter zu bleiben. Ich blieb es bis 1997 und habe dann nachher<br />
noch 7 Jahre Mathematik in den Klassen 9-12 in deutscher Sprache<br />
unterrichtet.<br />
Hermann Baier, <strong>Schäßburg</strong><br />
Polen-Instituts, Jaroslaw Godun, und Romuls Rusan eröffnet. In der<br />
Ausstellungshallen trug der bekannte Folk-Sänger Grigore Leşe Gedichte<br />
und Lieder zu den Themen Repression, Leid, Freude und Freiheit<br />
vor. Auch der Spielfilm „Katyn“ von Andrzej Wajda fand großes<br />
Interesse bei den über hundert Schülern aus Rumänien, der Republik<br />
Moldau und der Ukraine, die den Wettbewerb zur Teilnahme an der<br />
Sommerschule 2009 gewonnen hatten.<br />
Ana Blandiana, die Initiatorin und Organisatorin der Sommerschule,<br />
sprach von großem Interesse der Schüler an den Themen der dies-<br />
jährigen Sommerschule. In einem Interview mit<br />
der Tageszeitung „Adevărul“ sprach sie sich dafür<br />
aus, dass die Schüler im Unterricht mehr über den<br />
Kommunismus erfahren als die wenigen Seiten,<br />
auf denen das Thema zurzeit im Fach Geschichte<br />
in den Schulen Rumäniens abgehandelt wird. Bei<br />
rumänischen Schülern vermisse sie weitgehend<br />
das Interesse an diesem Thema, auch im Elternhaus kämen sie mit<br />
der Geschichte ihres Landes kaum in Berührung (siehe „Adevărul“<br />
vom 17. Juli 2009).<br />
Obwohl die rumänische Presse über die Sommerschule kaum berichtet,<br />
lassen sich die Organisatoren nicht entmutigen und stellen<br />
die jährliche Sommerschule fast ohne staatliche Unterstützung, aber<br />
mit großer Unterstützung ausländischer Stiftungen auf die Beine.<br />
Katharina Kilzer, München