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Notfall Hebamme

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BERUF<br />

ins nahe gelegene Krankenhaus verlegt. Bei 15 Prozent der Geburten ist dies der Fall.<br />

Damit liegen die Berliner im nationalen Schnitt.<br />

Knapp zwei Prozent der Frauen in Deutschland bekommen ihr Kind nicht im Krankenhaus.<br />

Seit 1999 werden alle diese Entbindungen von der Gesellschaft für Qualität in der<br />

außerklinischen Geburtshilfe (QUAG), deren Beirat auch Universitätsgynäkologen<br />

angehören, evaluiert. Danach kommt es bei Entbindungen im Geburtshaus oder im<br />

heimischen Bett nicht häufiger zu Komplikationen als bei jenen in der Klinik. Auch<br />

die Schäden der Neugeborenen waren nicht höher. In all den Jahren verstarb nur eine<br />

Mutter. »Für eine gesunde Frau spricht kein medizinischer Grund dagegen, ihr Kind<br />

außerhalb eines Krankenhauses zu bekommen«, sagt Beate Schücking, Ärztin und<br />

Gesundheitswissenschaftlerin an der Universität Osnabrück.<br />

Die internationale Forschung gibt ihr recht. So stellte Patricia Janssen von der Universität<br />

von British Columbia in Vancouver in der bislang größten vorliegenden Studie die<br />

Komplikationen bei Hausgeburten jenen im Krankenhaus gegenüber. Das Alter der Frauen<br />

sowie die Geburtsverläufe waren dabei vergleichbar. Die Hausgeburt, so das Ergebnis,<br />

gefährdet weder die Gesundheit des Kindes noch die der Mutter. Im Gegenteil: Bei der<br />

Mutter treten weniger Blutungen und Infektionen auf, die Neugeborenen benötigen seltener<br />

Sauerstoff. Die geringen »Schadensquoten« seien auch auf die verbesserte Kooperation<br />

zwischen Geburtshäusern und Kliniken zurückzuführen, sagt Stephan Schmidt, Gynäkologe<br />

und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin.<br />

Ihre Vorsicht hat den Pankower <strong>Hebamme</strong>n nichts genützt. Auch sie müssen vom ersten<br />

Juli an die neuen Haftpflichtprämien begleichen. Auf 15.000 Euro summieren sich die<br />

Versicherungskosten, zu viel für die kleine Einrichtung mit ihren rund 40 Entbindungen<br />

im Jahr. Als erstes Geburtshaus in Berlin müssen sie aufgeben. In Zukunft wollen sie<br />

ihr Geschäft – auch als Zeichen des Protestes – erst einmal auf Dienstleistungen wie<br />

Schwangerschaftsyoga oder Babymassage beschränken. Den Frauen, die sich für Juli zur<br />

Niederkunft angemeldet hatten, haben die <strong>Hebamme</strong>n abgesagt. »Ein Geburtshaus ohne<br />

Geburten, das ist schon traurig«, sagt Sabine Witt.<br />

Dabei sind die <strong>Hebamme</strong>n wie Ärzte Opfer einer Entwicklung, die sie selbst nicht zu<br />

verantworten haben. Die Ursachen für die gestiegenen Prämien sind weder in den Kliniken<br />

noch in den Geburtshäusern zu finden, sie entstehen vor Gericht. Vorbei die Zeiten, in<br />

denen Patienten, die juristisch gegen ärztliche Kunstfehler vorgingen, keine Chancen<br />

hatten oder mit lächerlich niedrigen Entschädigungen abgespeist wurden. Jeder zweite<br />

Arzthaftungsprozess bei niedergelassenen Medizinern führt mittlerweile zum Erfolg.<br />

Entsprechend mehr Geschädigte trauen sich – unterstützt von spezialisierten Anwälten,<br />

abgesichert durch Rechtsschutzversicherungen – zu klagen. Besonders für die<br />

Geburtsmedizin trifft das zu. Das liegt nicht daran, dass <strong>Hebamme</strong>n oder Gynäkologen<br />

mehr Kunstfehler unterlaufen als ihren Kollegen aus anderen Sparten. Im Gegenteil, die<br />

Vorfälle unter der Geburt sind in den vergangenen fünfzig Jahren extrem selten geworden,<br />

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