IT-SySTEME IM EINZELHANDEL
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Bild: Corbis<br />
COVERSTORY<br />
„Der Zustand und die Qualität eines<br />
Warenwirtschaftssystems determi nie<br />
ren in hohem Maße den Erfolg<br />
eines Handelsbetriebes und wirken<br />
sich durch system-immanente Re striktionen<br />
nachhaltig auf die Strategie-<br />
und Organisationsgestaltung<br />
eines Handelsunternehmens aus“,<br />
sind Becker und Winkelmann überzeugt.<br />
Obwohl das Warenwirtschaftssystem<br />
eine enorme Bedeutung hat<br />
und viele Unternehmen solche<br />
Systeme implementiert haben, ist es<br />
laut Marc Wüthrich noch immer ein<br />
Thema. So sei es für viele Betriebe<br />
an der Zeit, die alten Systeme<br />
zu optimieren oder womöglich komplett<br />
zu erneuern.<br />
Nachholbedarf gegeben<br />
Nachholbedarf im <strong>IT</strong>-Bereich sehen<br />
auch die Marktanalysten von Pierre<br />
Audoin Consultants (PAC). „Viele<br />
Systeme sind zwischen 10 und 15<br />
Jahren alt und erreichen schon die<br />
Grenzen der Belastbarkeit“, umreißt<br />
Lynn-Kristin Thorenz, Marktanalystin<br />
und Consultant bei PAC, die Sit uation.<br />
Großer Nachholbedarf herrsche<br />
sowohl bei Software als auch<br />
Hardware. Thorenz zufolge befinde<br />
sich die Branche bereits in einem<br />
„Renewal Cycle“. Wurden Invest ition<br />
en in die <strong>IT</strong> in den letzten<br />
Jahren noch hinausgezögert, sei seit<br />
einiger Zeit ein deutlicher Anstieg<br />
zu verzeichnen, denn die Notwen-<br />
digkeit zu erneuern sei groß. Viele<br />
Investitionen würden PoS-Software<br />
betreffen, zudem sei der Bereich<br />
Warenwirtschaft nach wie vor ein<br />
großes Thema. In Sachen Business<br />
Intelligence (BI) sei ebenso Bedarf<br />
gegeben. „Daten sind bereits genügende<br />
vorhanden, aber keine Systeme,<br />
um damit sinnvolle Ergebnisse<br />
zu erzielen“, so Thorenz. Laut<br />
Wüthrich sei BI für Unternehmen<br />
teils noch Neuland. Aus BI-Systemen<br />
ließe sich „noch viel mehr herausholen“:<br />
Dabei gehe es darum, die<br />
Daten für das Management entsprechend<br />
aufzubereiten und sie in weiterer<br />
Folge als Entscheidungsbasis zu<br />
nutzen. Einen Optimierungsbedarf<br />
sieht auch Peter Kabuth, Vice<br />
President und Global Leader Retail<br />
Industry SAP, gegeben: „In unseren<br />
Augen stehen Einzelhändler bei der<br />
transparenten und flexiblen Ge -<br />
staltung ihrer Sortimente je Standort<br />
und/oder in der gleichzeitigen Opt imierung<br />
der Angebote für den be -<br />
kannten Kunden beim E-Com merce<br />
Laut dem Marktanalysten PAC erreichen<br />
viele <strong>IT</strong>-Systeme im Handel schon<br />
die Grenzen der Belastbarkeit.<br />
weiterhin vor großen Heraus forderungen.<br />
Die Reduktion der La ger -<br />
bestände (Bindung des Kapitals) bei<br />
gleichzeitiger Minimierung der „Out<br />
of Stock/Shelf“-Situationen ist die<br />
Hauptaufgabe des Handels.“ Die<br />
Aktualität und Genauigkeit der<br />
Stam mdaten seien unerlässliche<br />
Grundlagen für die Verbesserung<br />
der notwendigen Datenqualität, um<br />
auf deren Basis Prozesse wie Nachschub,<br />
Planung und Logistik zu<br />
optimieren. „Echtzeit-Analysetools<br />
so wie integrierte Lösungen für die<br />
automatisierte Nachschubsteuerung<br />
ergänzt durch unterstützende Tools<br />
zur Preis-, Werbe und Abschrif t enoptimierung<br />
sehen wir daher heute<br />
und in den kommenden drei Jahren<br />
als die Bereiche an, die dem Handel<br />
die notwendigen Wettbe werbs vorteile<br />
verschaffen werden,“ so Kabuth.<br />
Daten erfordern Taten<br />
Bei der Verwaltung des immensen<br />
Datenmaterials setzen Handelsunternehmen<br />
oft auf eigene Software-<br />
Entwicklungen. Der Handel sei<br />
schließlich sehr speziell in seinen<br />
Ansprüchen und der Bedarf nach<br />
maßgeschneiderten und flexiblen<br />
Lösungen sehr groß, meint die PAC-<br />
Beraterin Lynn-Kristin Thorenz.<br />
Standardsysteme müssen an die<br />
jeweiligen Anforderungen angepasst<br />
werden, weshalb oft gleich inhouse<br />
entwickelt wurde, was aktuell immer<br />
noch passiert. Probleme treten allerdings<br />
dann auf, wenn die In di vidualsoftware<br />
erneuert oder er weitert<br />
werden soll und nicht kompatibel<br />
ist. Aus diesem Grund sei laut<br />
Thorenz zu beobachten, dass Handels<br />
unternehmen bereits verstärkt<br />
auf Standardsoftware zurückgreifen,<br />
die auf die jeweiligen Anforderungen<br />
zugeschnitten wird. Diese Einschätzung<br />
teilt auch Wüthrich: Viele<br />
Eigenentwicklungen seien in die<br />
Jahre gekommen, technologisch ver-<br />
altet und zunehmend auch ein<br />
Risiko hinsichtlich der Wartung.<br />
Zudem seien viele Eigen ent wicklungen<br />
aufgrund der neuen, komplexen<br />
Anforderungen nicht mehr<br />
optimierbar. Unternehmen erkennen,<br />
dass es viele gute Stan dardsoftware-Produkte<br />
gibt, die sich<br />
erfolgreich bewährt haben, flexibel<br />
und langfristig auch wesentlich<br />
kostengünstiger sind.<br />
Rasche Reaktionen<br />
Wir setzen je nach Bedarf auf interne<br />
und externe <strong>IT</strong>, heißt es etwa bei<br />
kika/Leiner. Auch bauMax forciert<br />
externe Lösungen in Kombination<br />
mit Standardsoft ware. „Nur hinsichtlich<br />
Business Intelligence wird<br />
das Programm im Bereich Datawarehouse<br />
inhouse produziert und<br />
entwickelt“, berichtet Mag. Andreas<br />
Hailand, bauMax-Konzernbereichsleiter<br />
Informations systeme. Ein<br />
Befürworter von internen <strong>IT</strong>-Lösungen<br />
ist die Rewe Group Austria.<br />
„Diese bieten die Mö glichkeiten, auf<br />
Markterforder nisse rascher zu reagieren<br />
und unsere Prozesse besser zu<br />
optimieren. Natürlich setzt auch<br />
Rewe Group Austria in manchen<br />
Bereichen auf externe Standardlösungen,<br />
die in unser Gesamtsystem<br />
integriert werden“, sagt Mag. Corinna<br />
Tinkler, Rewe Group Austria-<br />
Pressesprecherin.<br />
Historisch Gewachsenes<br />
Die <strong>IT</strong>-Strukturen großer Handelskon<br />
zerne sind oftmals historisch<br />
gewachsen. Die komplette <strong>IT</strong> umzukrempeln,<br />
ist kein leichtes, dafür<br />
aber teures Unterfangen. Der Einsatz<br />
verschiedener Lösungen ist aber<br />
gewiss nicht der Weisheit letzter<br />
Schluss. Der „Flickenteppich verschiedener<br />
Systeme“ (PAC) kann<br />
auch dazu führen, dass Ressourcen<br />
verschwendet, Mehrkosten verur-<br />
COVERSTORY<br />
Peter Kabuth (SAP): „Beobachten<br />
einen Trend zur Modernisierung<br />
der <strong>IT</strong>-Systeme“<br />
sacht und Chancen vergeben werden.<br />
Becker und Winkelmann: „Es<br />
findet sich derzeit in vielen Handelsunternehmen<br />
noch eine heterogene,<br />
von Insellösungen für einzelne<br />
Funktionsbereiche geprägte <strong>IT</strong>-<br />
Landschaft mit vielen mehr oder<br />
weniger gut dokumentierten Eigenlösungen.“<br />
Die Folgen daraus seien<br />
ineffiziente, weil redundante Datenhaltung,<br />
Mehrarbeit durch wiederholte<br />
Dateneingabe und eine ungenügende<br />
Verfügbarkeit unternehmensübergreifender<br />
Informationen<br />
mit im schlimmsten Fall inkonsistentem<br />
Berichtswesen. „Wir sehen,<br />
dass noch viele Handelsunternehmen<br />
auf Eigenentwicklungen oder Bestof-Breed-Lösungen<br />
setzen. Dieser<br />
Sta tus ist bei der gegenwärtigen<br />
Geschwindigkeit neuer Innovation<br />
und der notwendigen flexiblen<br />
Reaktion auf diese Entwicklung auf<br />
Dauer nicht mehr zu bezahlen. Aus<br />
diesem Grund richten sich derzeit<br />
immer mehr Einzelhändler neu aus<br />
– etwa, indem sie ihre Geschäftsprozesse<br />
genau durchdenken und<br />
neu gestalten, um für zukünftige<br />
Expansionspläne genau vorbereitet<br />
zu sein“, sagt Kabuth. Vorhandene<br />
Altsysteme würden allerdings sukzessive<br />
abgeschafft, um durch andere<br />
offene und flexible, aber integrierte<br />
Softwarelösungen ausgetauscht<br />
zu werden.<br />
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Bild: SAP