Hueber Freude an Sprachen - LehrerRaum
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28<br />
Prinzip Vernetzung<br />
(Schröder 2007, Tamme 2001), nicht zuletzt deshalb,<br />
weil dadurch psycho logisch das inhärente<br />
asymmetrische Kommunikationsverhältnis<br />
betont wird, in dem die asiatischen Studierenden<br />
als partiell inkompetente Deutschsprecher<br />
bzw. -sprecherinnen unterlegen sind.<br />
Anders als bei normalen Unterrichtsmodellen<br />
können solche Phasen der virtuellen Kollaboration<br />
nicht genau gepl<strong>an</strong>t werden. Ihre Ergebnisse<br />
sind nicht vorhersagbar, und sie sind auch nie<br />
für alle Lernenden gleich. Die Kollaboration ist<br />
inhärent instabil und dynamisch und entspricht<br />
deshalb mehr einer Konversation im wirklichen<br />
Leben als einem didaktisch präzise formulierbaren<br />
H<strong>an</strong>dlungsschema. Den normalen Unterricht<br />
ersetzt sie nicht (und könnte dies auch gar nicht,<br />
da aufgrund der Zeitverschiebung zwischen<br />
Deutschl<strong>an</strong>d und Hong Kong die eigentlichen<br />
Konversationsphasen zu sehr unüblichen Tages-<br />
und Nachtzeiten stattfinden müssen). Stattdessen<br />
läuft sie parallel zum Unterricht und erzwingt<br />
für die Lehrenden auch oft genug zusätzliche<br />
Arbeitsstunden für Chat-Sitzungen oder für die<br />
Beratung von Kleingruppen bei der Projektgestaltung.<br />
Häufig wird in Bezug auf solche Projekte<br />
der systematische Ausbau „interkultureller Kompetenz“<br />
(vgl. Müller-Hartm<strong>an</strong>n 2007) gefordert<br />
oder als Ergebnis behauptet (z.B. Schröder 2007).<br />
Nachweisbar ist dies allerdings nicht, es sei denn<br />
m<strong>an</strong> definierte jede Art von <strong>an</strong>haltender Konversation<br />
mit Sprechern und Sprecherinnen der<br />
Zielsprache per se als interkulturellen Kompetenzgewinn.<br />
Eine solche Aussage ist jedoch trivial<br />
und auch keineswegs IT-spezifisch. Stattdessen<br />
erscheint es uns sinnvoller, diese Projektphasen<br />
im Kontext des studentischen Lerninteresses<br />
zu sehen, nämlich als einen logischen nächsten<br />
Schritt im Aufbau ihrer eigenen fremdsprach-<br />
Weiterführende Links<br />
http://www.hkbu.edu.hk/~europe/gindex.htm<br />
http://gepblog.wordpress.com<br />
http://sites.google.com/site/gu<strong>an</strong>gzhousams/kurshomepage-erstellenhttp://sites.google.com/site/gu<strong>an</strong>gzhousams/onlinekommunikation—werkzeugehttp://sites.google.com/site/gu<strong>an</strong>gzhousams/weiteredownloads-und-hilfsmittel<br />
http://www.hkbu.edu.hk/~gis02/<br />
Literatur<br />
Gerngross, Günter / Puchta, Herbert: Creative Grammar<br />
Practice. Getting Learners to Use Both Sides of the<br />
Brain. London: Longm<strong>an</strong> 1992<br />
Glotz, Peter: Die beschleunigte Gesellschaft. Kulturkämpfe<br />
im digitalen Kapitalismus. München: Kindler 1999<br />
Müller-Hartm<strong>an</strong>n, Andreas: Teacher Role in Telecollaboration:<br />
Setting Up <strong>an</strong>d M<strong>an</strong>aging Exch<strong>an</strong>ges. In:<br />
lichen H<strong>an</strong>dlungskompetenz – einen Schritt<br />
(oder mehrere) entl<strong>an</strong>g des Kontinuums vom<br />
Bek<strong>an</strong>nten zum Unbek<strong>an</strong>nten, von stabiler (weil<br />
berechenbarer) zu dynamischer (unberechenbarer)<br />
Kommunikation, frei (weil zum großen<br />
Teil selbstgesteuert) und doch noch geschützt in<br />
einem übergeordneten org<strong>an</strong>isatorisch-betreuten<br />
Rahmen. Im Idealfall (und dieser tritt relativ<br />
häufig ein) entwickeln sich aus der virtuellen<br />
Begegnung schließlich reale Freundschaften<br />
g<strong>an</strong>z realer Menschen. Dies allein k<strong>an</strong>n das übergeordnete<br />
Ziel des <strong>Sprachen</strong>lernens sein, das IT<br />
jetzt zumindest potenziell fördert.<br />
Fazit<br />
Es erscheint uns heute aufgrund unserer eigenen<br />
Erfahrungen als selbstverständlich, die IT immer<br />
in einem Blended Learning-Kontext zu betrachten.<br />
Mit den verschiedenen IT-Hilfsmitteln<br />
stellen wir sehr viel mehr Lernmöglichkeiten<br />
zur Verfügung, regen Interaktion <strong>an</strong> und fördern<br />
schließlich auch eine Kollaboration mit Partnern<br />
und Partnerinnen, die bis vor wenigen Jahren<br />
noch kaum denkbar war. Wir können damit den<br />
Lern- und Erfahrungsraum unserer Lernenden<br />
dynamisch und nahezu unbegrenzt erweitern.<br />
Wir dürfen aber trotzdem nicht aus den Augen<br />
verlieren, dass diese Lernenden einen berechtigten<br />
Anspruch auf eine stabile und effiziente<br />
Org<strong>an</strong>isation ihres Lernprozesses und damit<br />
auf eine Begrenzung des Inputs haben. Der<br />
Mehrwert des Blended Learning ergibt sich aus<br />
der Möglichkeit, IT für beides simult<strong>an</strong> zu nutzen.<br />
Beides ist auch fortlaufend im Lernprozess<br />
notwendig. M<strong>an</strong> sollte IT oder Neue Medien<br />
exklusiv weder für das eine noch das <strong>an</strong>dere vereinnahmen.<br />
O’Dowd, Robert (Ed.). Online Intercultural Exch<strong>an</strong>ge.<br />
An Introduction for Foreign L<strong>an</strong>guage Teachers.<br />
Clevedon: Multilingual Matters 2007, 167–192<br />
Müller, Martin / Rusch, Paul / Scherling, Theo et al.:<br />
Moment Mal! Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache.<br />
Berlin: L<strong>an</strong>genscheidt 1996<br />
Müller, Martin / Rusch, Paul /Scherling, Theo et al.: Optimal.<br />
Lehrwerk für Deutsch als Fremdsprache. Berlin:<br />
L<strong>an</strong>genscheidt 2004<br />
Schröder, Jörg: E-Mail Tutorium zur Unterstützung des<br />
Unterrichts „Schreiben“. Erfahrungen mit einem<br />
Gemeinschaftsprojekt zwischen Trier und H<strong>an</strong>gzhou/<br />
VR China. In: Info DaF 34/5, 2007, 487–502<br />
Tamme, Claudia: E-Mail-Tutorien. Eine empirische Untersuchung<br />
E-Mail-vermittelter Kommunikationen von<br />
Deutschstudierenden und Deutsch-als-Fremdsprache-<br />
Lehrenden in der Ausbildung. Diss. Giessen 2003.<br />
Online verfügbar unter http://geb.uni-giessen.de/geb/<br />
volltexte/2003/1009/index.html<br />
Fremdsprache Deutsch Heft 42/2010 - Blended Learning, ISBN 978-3-19-669183-2, © <strong>Hueber</strong> Verlag 2010