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Stellungnahme Justizreform - Kreis Ilanz

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KREISAMT ILANZUFFECI CIRCUITAL DALLA FOPPACasa Cumin, Postfach 159, CH-7130 <strong>Ilanz</strong>/GlionTel. 081 925 35 20 / Fax 081 925 62 71 / kreisamtilanz@kns.chDepartement für Justiz, Sicherheitund Gesundheit GraubündenFrau RegierungsrätinBarbara Janom SteinerHofgraben 57001 Chur7130 <strong>Ilanz</strong>, 13. Juni 2008<strong>Stellungnahme</strong> zur kantonalen <strong>Justizreform</strong> / Umsetzung schweizerische Straf- und Zivilprozessordnungund Ausgestaltung der erstinstanzlichen Zivil- und Strafgerichtsbarkeit inGraubündenSehr geehrte Frau Regierungsrätinsehr geehrte Herren RegierungsräteMit bestem Dank für die uns eingeräumte Möglichkeit zur Vernehmlassung erhalten Sie hiermitinnert Frist unsere <strong>Stellungnahme</strong>.Wir erheben gewichtige materielle und formelle Einwände gegen das Vorhaben der Regierung.Die <strong>Justizreform</strong> wird in der von der Regierung vorgesehenen Form insbesondere unterfolgenden Titeln entschieden abgelehnt:• massiver und unverhältnismässiger Stellenabbau in der Surselva zugunsten der Zentren;• weitere Zentralisierung auf Kosten der peripheren Regionen und Bürokratisierung aufKosten der Bürgernähe;• Erhöhung der Kosten und• nicht durchdachte, ungenügende Vorlage.


4stanzlichen Zivilgerichtsbarkeit von den <strong>Kreis</strong>en an die Bezirksgerichte in der eidgenössischenZPO gar nicht vorgeschrieben bzw. vorgesehen ist.Gegen einen Entzug aller Justizaufgaben der <strong>Kreis</strong>e sprechen aber folgende gewichtigeGründe:- Vertrautheit und enger Bezug des Bürgers zum <strong>Kreis</strong>;- der <strong>Kreis</strong> erbringt kostengünstige und bürgernahe Leistungen;- er erlaubt rasche und fundierte Entscheide in Kenntnis der Umstände;- Aufgabenerfüllung auf tiefstmöglicher Stufe in überschaubarem Raum;- trägt substanziell zur Erhaltung der kulturellen Vielfalt bei und- dezentrale anspruchsvolle Arbeitsplätze in Talschaften.3. Zum FragebogenBezüglich des Schreibens vom 28. März 2008 muss der Regierung der Vorwurf der Unvollständigkeitgemacht werden. Hinsichtlich des Fragebogens muss sich die Regierung sogar den Vorwurfder Irreführung gefallen lassen. Die Fragen sind zum Teil unverständlich, tendenziös undunvollständig. Teilweise werden Themen in Fragen einander gegenübergestellt, die nichts miteinanderzu tun haben bzw. gar nicht Gegenstand der <strong>Justizreform</strong> sind:3.1 Zur Frage der Staffelung (regierungsrätliche Frage Ziff. 1.1)Die Antwort auf die Gegenfrage (Falls nein: Wie sollte das Vorgehen aussehen?) müsste dieRegierung eigentlich selber geben. In ihrem Begleitschreiben, Seite 2 oben, müsste die Regierungdarlegen, wieso sie diesen Weg (zuerst Grundsatzfrage und erst dann Details) vorschlägtund nicht den an sich üblichen Weg wählt. Üblicherweise wird der Stimmbürgerschaft genaudargelegt, welche bisherigen Justizaufgaben der <strong>Kreis</strong>e im Falle der beantragten Aufhebung vonArt. 54 Ziff. 3 Kantonsverfassung inskünftig von wem (Staatsanwaltschaft, Bezirksgericht, Dritte?)ausgeübt werden sollen (Modell der sogenannten ausgearbeiteten Vorlage). Es kann nichtSache der Befragten sein, der Regierung den an sich üblichen Weg bei Abstimmungen in Erinnerungzu rufen.Fazit: Mit der Fragestellung in der vorliegenden Form geht es der Regierung somit nur darum,möglichst viele positive Antworten zu dem von ihr bevorzugten Ablauf zu erhalten, ohne gleichzeitigdarzulegen, wie die Variante dazu aussähe – die Formulierung derselben überlässt sie ausuns unbekannten Gründen den Vernehmlassenden.3.2 Zur Frage der Beschränkung auf Justizbereich (vgl. regierungsrätliche Frage 1.2)Diesbezüglich kann auf die vorherigen Ausführungen dieses Schreibens verwiesen werden. Diekorrekte Fragestellung müsste heissen, ob sich die Revision a) auf das geforderte Minimum (nurStrafmandate bei Vergehen und Verbrechen gehen weg von den <strong>Kreis</strong>en; sogenannte Variante<strong>Kreis</strong>e) oder auf weitere, allenfalls alle Justizbereiche (das heisst nebst übrigen Strafmandatenbei Übertretungen auch ganzer Zivilbereich, das heisst Vermittlungen und Einzelrichterfälle,Amtsbefehlsverfahren, Erlass und Vollzug von Amtsverboten, diverse Aufgaben im Erb- undSachenrecht; sog. Variante Regierung) erstrecken soll.Die Revision im Vormundschaftsbereich sowie im Betreibungs- und Konkurswesen ist zurzeitgar noch nicht reif und nicht Thema der vorliegenden regierungsrätlichen Vorlage.


Fazit: Mit der vorliegenden Fragestellung will die Regierung möglichst viele positive Antwortenzu dem von ihr favorisierten „Kahlschlag“ (sog. Variante Regierung) erhalten, ohne dass sie explizitzwischen der Variante <strong>Kreis</strong>e und Variante Regierung unterscheidet.3.3 Zur Frage des Festhaltens an <strong>Kreis</strong>en (vgl. regierungsrätliche Frage 1.3)In formeller Hinsicht stellt sich diese Frage in der vorliegenden, anstehenden Vorlage gar nicht.So oder so sind bzw. bleiben die <strong>Kreis</strong>e Wahlkreise für den Grossen Rat und politische Verwaltungskörper.Von einer Problematik der bisherigen Verwaltungsaufgaben der <strong>Kreis</strong>e zu sprechen,ist tendenziös, deplaziert, ja sogar rufschädigend. Im Zusammenhang mit Verwaltungsaufgabenist uns keine diesbezügliche Problematik bekannt.In materieller Hinsicht würden mit der Variante Regierung den <strong>Kreis</strong>en all ihre Justizaufgabenentzogen, womit der Weiterbestand der <strong>Kreis</strong>e mehr als gefährdet ist.3.4 Zur Aufgaben-Entflechtung im Bereich der Justiz (vgl. regierungsrätliche Frage 2.1)Ob man die sogenannte Variante <strong>Kreis</strong>e oder Variante Regierung fährt, steht nur bedingt im Zusammenhangmit dem Projekt „Bündner NFA“ und dessen Zielsetzung. Ein Festhalten am statusquo bzw. an der Variante <strong>Kreis</strong>e ist absolut NFA-kompatibel. Die Zuweisung an eine Ebene istbereits heute Tatsache, weil Bezirke und <strong>Kreis</strong>e die mittlere Ebene zwischen Kanton (obere) undGemeinden (untere Ebene) bilden. Im Übrigen wehren wir uns gegen die vom Kanton beabsichtigte,finanzielle Ungleichbehandlung der Bezirke und <strong>Kreis</strong>e, in dem die bzw. alle Justizaufgabender Bezirke inskünftig vollumfänglich vom Kanton bezahlt werden sollen, nicht aber diejenigender <strong>Kreis</strong>e. Werden im Rahmen des NFA die Justizaufgaben inskünftig alle vom Kantonbezahlt, so kann dies auch bei einem Belassen der Justizaufgaben bei den <strong>Kreis</strong>en erfolgen.Der Kanton schliesst diesbezüglich mit den <strong>Kreis</strong>en einen sogenannten Leistungsauftragab und die <strong>Kreis</strong>e rechnen diesbezüglich inskünftig statt mit den Gemeinden mit dem Kanton ab.Fazit: In Nachachtung der Zielsetzungen des Bündner NFA ist künftig der Justizbereich der<strong>Kreis</strong>e vollumfänglich durch den Kanton zu finanzieren (wie der Kanton dies neu für die Bezirksgerichteanbietet, und wie dies für Kantons- und Verwaltungsgericht heute schon praktiziertwird). Justiz respektive Rechtsprechung ist nämlich Sache des Kantons.Die Erfüllung der diversen Justizaufgaben ist durch die <strong>Kreis</strong>e bisher erwiesenermassen sehrkostengünstig erfolgt. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Variante <strong>Kreis</strong>e auch künftigdie günstigere ist als die Variante Regierung.Im Weiteren fehlen bis heute die Details der Variante Regierung, das heisst das Aufzeigen, wiebzw. wer all die bisherigen Justizaufgaben der <strong>Kreis</strong>e übernehmen soll. Soll im Zivilbereich allesbeim Bezirksgericht angehängt werden, so fragen wir uns, wie sich eine solche Lösung mit demgemäss neuer eidgenössischer ZPO vorgesehenen und vom ordentlichen Gericht (Bezirksgericht)unabhängigen und erstinstanzlichen Schlichtungsverfahren (d.h. das heute von den <strong>Kreis</strong>präsidentInnendurchgeführte Vermittlungsverfahren) verträgt.3.5 Zum Verzicht auf Kompromisslösungen (vgl. regierungsrätliche Frage 2.2)Auch hier will die Regierung offensichtlich möglichst viele positive Antworten zu ihrer Variante:Sie erwähnt hier erstmals die sogenannte Variante <strong>Kreis</strong>e, aber ohne genaue Ausformulierung.Die Regierung bezeichnet diese aber umgehend despektierlich und abwertend als soge-5


nannte Kompromisslösung. Die von uns vorgeschlagene Variante ist kein Kompromiss, sondernTeil des seit Jahrzehnten bewährten status quo (bisherige Justizaufgaben abzüglich die zwingendabzutretenden Strafmandate bei Vergehen und Verbrechen).Fazit: Wie unter obiger Ziff. 3.1 (regierungsrätliche Frage 1.1) unterlässt es die Regierung auchhier, dem Vernehmlasser ausgedeutscht darzulegen, wie die teilweise Entflechtung, das heisstdie Variante <strong>Kreis</strong>e aussehen würde. Die Absicht der Regierung ist klar. Sie will möglichst vielepositive Antworten erhalten, indem sie die andere Möglichkeit (die sogenannte Variante <strong>Kreis</strong>e)mit dem abwertenden Attribut Kompromisslösung versieht. Die Variante <strong>Kreis</strong>e wird gar nichtvorgestellt und damit werden die Vernehmlassenden diesbezüglich im Unklaren gelassen.3.6 Zur Kantonalisierung der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit (vgl. regierungsrätliche Frage2.3)Dass bei einer solchen Fragestellung wohl jede Gemeinde eine positive Antwort gibt, ist nichtanders zu erwarten, womit die Frage an sich überflüssig ist. Genau gesehen ist es die Folge desNFA, wobei die Regierung auch diesbezüglich verschweigt, dass mit ihrer Variante nicht nur dierund CHF 3.3 Mio. in die Kantonskasse fliessen (welche bisher aus den Strafmandaten bei Vergehenund Verbrechen resultierten), sondern auch noch die übrigen bisherigen Einnahmen der<strong>Kreis</strong>e in Höhe von CHF 3.456 Mio. aus ihren übrigen Justizaufgaben.3.7 Festhalten an bisheriger Organisation, soweit bundesrechtlich zulässig (vgl. regierungsrätlicheFrage 2.4)Erst hier – aber auch wiederum nicht explizit ausgedeutscht – wird die Frage zur sogenanntenVariante <strong>Kreis</strong>e gestellt. Diese wird aber sogleich wieder mit einem Zusatz versehen, welcher dieFrage nicht frei beantwortbar macht. Im juristischen Sinne würde man hier von einer unzulässigenSuggestivfrage sprechen. Mit dem zusätzlichen Hinweis auf die angebliche finanzielleMehrbelastung der Gemeinden wird die Antwort beim Antwortgeber klar vorgespurt. Eine Verteuerungfür die Gemeinden ist nämlich gar nicht zu erwarten, denn selbstverständlich müssteder <strong>Kreis</strong> seinen heutigen Stellenetat dem Wegfall der Vergehensstrafmandate anpassen,weshalb gar keine Mehrausgaben für die Gemeinden entstehen werden. Diese angeblichefinanzielle Mehrbelastung wäre aber nur ein Aspekt. Andere wie z.B. die gewichtigen Vorteileder heutigen Lösung (vgl. vorne Ziff. 1.3 S. 3) wären aber ebenso zu berücksichtigen.Mit was für einer finanziellen Mehrbelastung beim Kanton bei seiner Variante zu rechnen ist(zusätzlicher Personalbedarf bei Bezirksgerichten, Funktionsänderung bei Untersuchungsrichterämternund damit verbundene Gehaltsklassenänderung etc.), wird seitens der Regierung nirgendsexplizit erwähnt. Auch diese zusätzlichen Ausgaben wären von demselben Steuerzahler zu tragen,der wie bis anhin das von den Gemeinden zu zahlende Defizit der <strong>Kreis</strong>e berappt. Alsonichts anderes als eine Verlagerung.Im Übrigen wird bezüglich der Kostentragung im Bereich Justiz auf die Ausführungen unterZiff. 3.4 vorstehend verwiesen.3.8 Zur Frage der Übertragung der richterlichen Aufgaben an Bezirksgerichte und Staatsanwaltschaft(vgl. regierungsrätliche Frage 2.5)Diese Frage kann so nicht gestellt werden, weil es sich hier nur um die inhaltliche Ausgestaltungder Variante Regierung geht. Dieser falschen Fragestellung liegt die oben unter Ziff. 3.2 darge-6


7legte Grundsatzfrage zu Grunde, nämlich ob man die Variante <strong>Kreis</strong>e oder die Variante Regierungbevorzugt.4. Anträge4.1 Wir beantragen der Regierung unter Hinweis auf Antrag 4.4 nachstehend die unveränderteBeibehaltung von Art. 54 Ziff. 3 Kantonsverfassung.4.2 Wir beantragen der Regierung, im Rahmen der <strong>Justizreform</strong> die sogenannte Variante <strong>Kreis</strong>eumzusetzen. Nur das zwingend Notwendige ist zu ändern, unter gleichzeitiger Beibehaltungsämtlicher übriger Justizaufgaben der <strong>Kreis</strong>e. Den <strong>Kreis</strong>en sind zusätzliche Verwaltungs- undJustizaufgaben zu übertragen.4.3 Wir beantragen der Regierung die Übernahme der Kosten der <strong>Kreis</strong>e im Justizbereich,gleichermassen wie die Übernahme der Kosten der Kantons- und Bezirksgerichte. Justiz respektiveRechtsprechung ist nämlich Sache des Kantons.4.4 Wir beantragen der Regierung, in einem ersten Schritt die neue Organisation der StrafundZiviljustiz auszuarbeiten, zur Vernehmlassung zu unterbreiten und durch die zuständigenInstanzen genehmigen zu lassen. Soweit notwendig ist gestützt darauf die allfällige Änderungvon Art. 54 Kantonsverfassung zur Abstimmung zu bringen.Wir danken Ihnen abschliessend für Ihre geschätzte Kenntnisnahme und Berücksichtigung unsererAnliegen und Anträge.Mit vorzüglicher Hochachtungfür den KREIS ILANZlic. iur. Andrin Perl, <strong>Kreis</strong>präsidentToni Camathias, Gemeindepräsident LaaxLeo Capaul, Gemeindepräsident RuscheinRenatus Casutt, GrossratSilvia Casutt, Gemeindepräsidentin FaleraMartin Wetten, Gemeindepräsident Luvenlic. iur. Giusep Defuns, <strong>Kreis</strong>sekretärGeht z. Kt. an:- Gemeinden des <strong>Kreis</strong>es <strong>Ilanz</strong>- Grossräte und deren Stellvertreter des <strong>Kreis</strong>es <strong>Ilanz</strong>- Parteipräsidenten des <strong>Kreis</strong>es <strong>Ilanz</strong>- Regiun Surselva, Via Centrala 4, 7130 <strong>Ilanz</strong>- weitere Interessierte

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