13.07.2015 Aufrufe

Information Nr.28 - Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft ...

Information Nr.28 - Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft ...

Information Nr.28 - Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Verein</strong> <strong>zur</strong>För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong>StädtepartnerschaftNeuss – Pskow e.V.<strong>Verein</strong> z. För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Städtepartnerschaft Neuss – Pskow e.V.Geschäftsstelle: R. Weißenborn, Roonstr. 14, 41464 Neusswww.fv-neuss-pskow.deZusammenkommen ist ein Beginn.Zusammenbleiben ist ein Fortschritt.Zusammenarbeiten ist ein Erfolg.Henry Ford.Info 28, Dezember 2011Verehrte Mitglie<strong>der</strong>, Freunde und För<strong>der</strong>er,in dieser Info 28 wollen wir vom Vorstand auf das Jahr 2011 <strong>zur</strong>ückblicken.Aus vielen Aktivitäten haben wir einige ausgesucht, um Sie darüber zu informierenund sie Ihnen darzustellen.Sitzungen des Komitees für Partnerschaftenund Internationale Beziehungenund Berichte <strong>der</strong> PartnerschaftsvereineDas „Komitee für Partnerschaften undinternationale Beziehungen“ unterLeitung des StadtverordnetenKarl-Rüdiger Himmes tagt mehrmalsim Jahr und arbeitet dem Rat <strong>der</strong> StadtNeuss zu. Das städtische Amt für Presse-und Öffentlichkeitsarbeit bereitetdie Sitzungen vor, lädt dazu ein und erstelltdie Protokolle <strong>der</strong> Sitzungen.Wie es sich für einen städtischen Ausschussgehört, tagt man im Rathaus, häufig sogarim Ratssaal. In den Ratssaal geht mannicht nur aus Prestigegründen. Die Teilnehmerzahlist einfach sehr hoch, wenndas Presseamt einlädt. Es nehmen einmaldie Vertreter <strong>der</strong> Verwaltung teil; an ihrerSpitze <strong>der</strong> Beigeordnete Stefan Hahn, indessen Resort auch die Pflege <strong>der</strong> städtischenPartnerschaften gehört.Und Neuss hat einige Städte, mit denenes partnerschaftlich verbunden ist. Dassind Städte wie Chalons en Champagne inFrankreich, Nevsehir und Bolu in <strong>der</strong> Türkei,St. Paul in den USA , Rijeka in Kroatienund natürlich unsere russische PartnerstadtPskow.Traditionsgemäß berichten die Partnerschaftsvereineüber ihre Aktivitäten, soauch unser „<strong>Verein</strong> <strong>zur</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong>Städtepartnerschaft Neuss – Pskow e. V.“Der <strong>Verein</strong> kann von einer Vielzahl vonAktivitäten zwischen den PartnerstädtenNeuss und Pskow berichten.Vom 20. Februar bis zum 6. März 2011Praktikum einer jungen PskowerJuristin in einer Neusser Rechtsanwaltskanzlei.April 2011 :Jugendaustausch in Pskow.20. Mai 2011:Vortrag von Dr. D. Weißenborn im CafeFlair: Leben und Wohnen in alten PskowerKaufmannshäusern.Vom 10. September bis zum9. Oktober 2011:Hospitation zweier Studentinnen <strong>der</strong>deutschen Sprache <strong>der</strong> Universität Pskowam Neusser Alexan<strong>der</strong>-von-Humboldt-Gymnasium.16. September 2011 :Herbstfest des <strong>Verein</strong>s in <strong>der</strong> „AltenSchmiede“.1


6. Oktober 2011:Abschiedsabend für die beiden Studentinnenmit ihren Gasteltern und Vorstandsmitglie<strong>der</strong>ndes <strong>Verein</strong>s.12. Oktober 2011:Wirtschaftstag <strong>der</strong> Region Pskow inBonnAm 14. Oktober 2011:Vortrag von Dr. D. Weißenborn im CafeFlair: „Deutsche und Russen nach dem2. Weltkrieg“.Auffällig im Vergleich vor Gericht warfür den russischen Gast, dass bei ihnendie Richter nicht mit Diktiergerätarbeiten. In Russland muss jedes Wortprotokolliert werden. Nur in Verfahrenzwischen Firmen sind <strong>der</strong>artigeHilfsmittel erlaubt. Wie bei uns gibtes auch in Russland Pflichtverteidiger.In Deutschland ist Prozesskostenhilfein Zivilsachen möglich. Auch in Russlandwerden in <strong>der</strong>artigen Fällen dieHonorare von <strong>der</strong> öffentlichen Handübernommen. Ansonsten muss barbezahlt werden. Die Summe richtetsich nach dem Streitwert. Übrigens:Rechtsschutzversicherungen gibt es inRussland nicht.Vom 20. Februar bis zum 6. März 2011:Praktikum einer jungen Pskower Juristinin einer Neusser Rechtsanwaltskanzlei.Seit über drei Jahren ist Mascha E. nachihrem Studium in Pskow bei einer großenFirma als Juristin beschäftigt. Fasttäglich hat sie im Auftrag ihres AuftraggebersTermine am Gericht.Wie diese Arbeit in Deutschland aussieht,wollte Mascha erkunden. FamilieRaudenkolb nahm sie auf. Für UrsulaRaudenkolb, Lehrerin am Nelly-Sachs-Gymnasium, sind Begegnungen mitPskowern nichts Neues. Sie war mitSchülerinnen und Schülern in Pskowgewesen. Ursula Raudenkolbs Ehemann,Guido Raudenkolb, Rechtsanwaltvon Beruf und mit eigenerKanzlei in Neuss, konnte Mascha besteEinblicke in das deutsche Rechtswesenbieten: Wie Klagen aufgesetzt werden,wie Zwangsversteigerungen vonImmobilien ablaufen und wie bei Gerichtgearbeitet wird.(Abb.: Mascha mit dem Prinzenpaar )Neu für Mascha E. war die Fülle vonRechtsanwälten hier bei uns. In Russlandgibt es deutlich weniger. In <strong>der</strong>Regel sind es Spezialisten für Zivil- undStrafrecht. Vermutlich, so Mascha, wirdes in Zukunft auch in Russland mehrKanzleien geben. Ein gutes Zeichen fürein überzeugendes Rechtssystem.Wie bringt man Rechtssystem und2


Recht den Jugendlichen in den russischenSchulen nahe?In den letzten Klassen gibt es Rechtskundeunterricht.Nicht üblich ist es,dass Schulklassen Gerichtsverhandlungenverfolgen dürfen. Diese Praxisüberraschte Mascha.An<strong>der</strong>s als bei den Rechtsanwälten istdie Anzahl <strong>der</strong> Gerichtsvollzieher deutlichhöher als in Neuss, wo nur 21 tätigsind. Selbstständig arbeiten sie aberin beiden Län<strong>der</strong>n. Ein Vergleich ihrerArbeit ist aber sehr schwierig, zu unterschiedlichgeht man vor.Die juristischen Gespräche endetendann doch am Abend. Mascha genossdie familiäre Runde am Kamin <strong>der</strong>Raudenkolbs. Man schaute fern, manplau<strong>der</strong>te, und man aß das, was <strong>der</strong>russische Gast zubereitet hatte.Und rückblickend meinte Mascha, dasssie sich nie als Gast gefühlt habe, son<strong>der</strong>nals Familienmitglied. Dazu trugenauch die beiden Söhne <strong>der</strong> Raudenkolbs,Tobias und Florian, wie selbstverständlichbei.(Abb.: Stärkung vor dem gemeinsamen Kochen)ohnehin nicht zu erwarten, und Maschahatte Hugo, die übrigens ein Weibchen ist,schnell auf ihrer Seite mit allerlei Leckereien.Er bzw. sie störte dann ihre Zimmergenossinnicht im erholsamen Schlaf.Den brauchte die Besucherin aus Pskowauch dringend, denn nicht nur dieKanzlei for<strong>der</strong>te die ganze Kraft undAufmerksamkeit, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>Karneval. Und das um so mehr, als GuidoRaudenkolb, nicht nur <strong>der</strong> Rechtsanwaltist, son<strong>der</strong>n auch ein aktiverKarnevalist.Aus diversen Karnevalskostümen imHause Raudenkolb war schnell einpassendes gefunden. Altweiber konntezünftig gefeiert werden. Und waseignet sich dann besser als die Schlüsselübergabeim Rathaus.Nein, in Pskow und überhaupt in Russlandgibt es keinen Karneval, keineKostümierung, keine Ausgelassenheitauf den Straßen.Mascha schaffte den Sprung aus <strong>der</strong>Kanzlei in den Karneval spielend, fröhlichunterstützt von vielen Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern <strong>der</strong> Stadtverwaltung.Sie erkannten die russischePraktikantin, die vor vier Jahren beiihnen hospitierte. Die Freude wargroß. Wie unter alten Freunden wurdegefeiert.Guido Raudenkolb, mitten unter ihnen,arrangierte natürlich noch ein Foto mitPrinz und Prinzessin. Ein Höhepunktfür Mascha.Und was liegt näher für echte Neusser:Man feiert gerade Karneval, aber imHerzen denkt man schon an das Schützenfestim August.Und dazu - das versteht sich wohl vonselbst - hat man Mascha, die Freundinaus Pskow, ganz herzlich eingeladen.Ein Familienmitglied begleitete Maschabis in ihre Träume: ChinchillaHugo, 16-jährig und nachtaktiv im Käfigwohnend. Sprachschwierigkeiten waren3


April 2011 :Jugendaustausch in PskowAm Morgen des 15. April startete dieCrew aus zwei Schülern, drei Studentenmit Christel und Harald Beschoten,den Fahrern <strong>der</strong> beiden PKWs, vonNeuss nach Pskow. Am späten Nachmittagdes nächsten Tages erreichte manPskow und quartierte sich erst einmalbei seinen Freunden ein. Den Sonntagging man ruhig an. Picknick und Banjasorgten für Erholung von <strong>der</strong> Fahrt undließen Kraft schöpfen für die Aufgaben,die auf die Gruppe warteten.Am Montag gab es ein Treffen in <strong>der</strong>Sportschule Junost. Man übergab eineEinladung nach Neuss.(Abb.: Harald und Christel Beschoten mit ihrerCrew in Pskow )Die Pskower wollen ihre Denkmälerzeigen, ob Puschkin, die Hl. Olga o<strong>der</strong>Alexan<strong>der</strong> Newskij, den Schlachtenheldenvom Peipussee. Die Pskower errichtetenihm ein monumentales Denkmaletwas außerhalb <strong>der</strong> Stadt mit freiemBlick auf den Ort seiner Taten. DiesesDenkmal durften die Neusser bewun<strong>der</strong>n.Musischer und musikalischer ginges am Nachmittag zu.Die Folkloregruppe Skaz hatte zu einerProbe eingeladen. Skaz mit seinen überdreißig Künstlern ist in Neuss gut bekannt.Sie gastierten im Clemens-Sels-Museum und begeisterten das NeusserPublikum. Wir werden sie hoffentlichwie<strong>der</strong>sehen.Der Dienstag stand dann ganz imZeichen <strong>der</strong> deutschen Sprache. Diejungen Neusser versuchten sich alsDeutschlehrer an einer Hochschule;und am Nachmittag wurde imBildungszentrum eine Bücherkisteübergeben, voll mit Lehrbüchern <strong>der</strong>deutschen Sprache. Eine willkommeneAbwechslung für die jungen Russen,die in diesem Zentrum die deutscheSprache lernen. Es sollte an diesem Tagnoch zu einer nachdenklichen Begegnungkommen in einem SOS-Kin<strong>der</strong>dorf.Es ist das erste in Russland bewilligte.Die Einzelschicksale <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> machtensprachlos. Erschütternd die Zahlvon ungefähr tausend Waisen in Pskowund <strong>der</strong> Umgebung. Der Leiter desDorfes machte die deutschen Gästedarauf aufmerksam, dass es durchausmöglich ist, bei ihm auch als Auslän<strong>der</strong>ein soziales Jahr zu leisten. Ein jungerKroate war ein eindrucksvolles Beispiel.Gitarre spielend und zwischen den Kin<strong>der</strong>nsitzend sprach er davon, ein Jahrhier zu bleiben bei diesen Kin<strong>der</strong>n, diefür eine solche Zuwendung sehr dankbarsind.Als man am nächsten Tag das HeilpädagogischeZentrum besuchte, hörte manden gleichen Wunsch: Könnten sichdeutsche Jugendliche vorstellen, einJahr hier in diesem Zentrum zu arbeiten?Am Donnerstag stand <strong>der</strong> Besuch <strong>der</strong>Pädagogischen Universität auf demProgramm. Gespräche mit Studierendenund Dozenten fanden statt.Man übte sich ausgiebig in deutscherKonversation. Noch eine Bücherkistewartete auf ihren neuen Besitzer, dieAbteilung für deutsche Sprache. Die4


Überraschung und Freude waren groß.Für Abwechslung im Deutschunterrichtwar gesorgt.Die Woche neigte sich ihrem Ende zu.Und noch waren die Ausflüge nach Isborskund dem Kloster Petschory nichtunter Dach und Fach. Das geschahnun. Wer Pskow und seine Umgebungnoch nicht kennt, kommt von diesemAusflug in die russische Geschichte tiefbeeindruckt <strong>zur</strong>ück. Und das geht nichtnur den Neulingen so.Das Besuchsprogramm in Pskow liefweiterhin auf vollen Touren. Manmusste noch alte Freunde treffen, umneue Projekte zu besprechen.So kam man mit den Gastronomenund Hoteliers zusammen, die in Neusshospitiert hatten. Neue Begegnungenvon Fachleuten in Pskow o<strong>der</strong> inNeuss wurden vereinbart. Am Samstagkaufte man für die Heimfahrt ein. AmSonntag ging es los. In 24 Stunden warman wie<strong>der</strong> in Neuss. Auf <strong>der</strong> Hinreisebrauchte man fünf Stunden länger: dieWartezeit an <strong>der</strong> Grenze. Aber das warvergeben und vergessen nach den vielenfreundschaftlichen Begegnungenmit den russischen Partnern.20. Mai 2011:Vortrag von Dr. D. Weißenborn im CafeFlair: Leben und Wohnen in alten PskowerKaufmannshäusernEin Bericht zum Vortrag:Juri Pawlowitsch Spegalskij (1909 – 1969)war Pskower von Geburt und von Berufgelernter Maurer, studierter Ingenieur undMaler mit Doktortitel.Ihm ist es zu verdanken, dass die PskowerBürgerhäuser des 17. Jh. nicht in Vergessenheitgerieten. Das waren Häuser - mankann durchaus von Wohnpalästen sprechen- von Pskower Kaufleuten, die durchHandel mit dem Baltikum und darüberhinaus sehr reich geworden waren.Juri Spegalskij, bekennen<strong>der</strong> Heimatfreundvon Jugend an, hat in seiner Tätigkeit als Restauratorin Diensten des Pskower Museumsüber 50 dieser Wohnpaläste – russisch: Palati– aus Schutt und Asche <strong>der</strong> Kriegszerstörungenwie<strong>der</strong> aufgefunden, dokumentiert undteils auch rekonstruiert.(Abb.: Spegalskij aquqrelliert einen Wohnpalast)Sein Hauptverdienst bestand darin,dass er, mit bestem fachlichen Könnenausgestattet, die ehemaligen Standortedieser großen Gebäudekomplexe vermessenhat und in Ausschnittsplänenkartographisch festgehalten hat.Doch dabei blieb es nicht. Wenn <strong>der</strong>Architekt Spegalskij seine Arbeit getanhatte, setzte er sein Können als Malerein. Es blieb nicht bei Architekturskizzen,son<strong>der</strong>n Schwarz-Weiß-Zeichnungenund Aquarelle ließen die Prachtbautenvor den Augen <strong>der</strong> Betrachter wie<strong>der</strong>lebendig werden.Ein anschauliches und wohl auch dasprominenteste Bauwerk ist <strong>der</strong> Pogankin-Palast,genannt nach seinem Besitzer,einem reichen Pskower Kaufmann.5


Er hatte sein Geld durch den Handelmit Leinen, Hanf und Tuchen gemacht.50 Geschäfte nannte er sein Eigen,aber auch eine Gerberei, einen Steinspeicherund an<strong>der</strong>es mehr. Es gehörtin dieser Zeit, dem 17. Jh. dazu, dassein solcher Mann auch gewählterStadtvertreter war, Chef <strong>der</strong> Stadtbankund Haupt des Zollamtes. Das Geldsprudelte also aus verschiedenstenQuellen.Diesen Bau – auch die Gemächer <strong>der</strong>Pogankins genannt – nahm Spegalskijgenau unter die Lupe. Zwei Ergebnissesind von großer Bedeutung für dieBauforschung: Spegalskij fand heraus,dass auf zwei Steinetagen ein hölzernerAufbau saß. Diese Holzetagen sahensehr schmuck aus. Sie krönten die nüchternen,zweckmäßigen Steinetagen.„Im Holz“ wohnte die Familie, denndie Russen mutmaßten, dass Stein „denKörper aussauge“. Von Holz umgeben,lebe man gesün<strong>der</strong>, hieß es.Warum baute man dann überhauptin Stein? Nun, <strong>der</strong> Zar hatte in einemErlass befohlen, dass Wohlhabende inStein zu bauen hätten. Die Regierungin Moskau wollte nicht immer wie<strong>der</strong>von verheerenden Bränden in denStädten aufgeschreckt werden. Moskauwar immerhin mehrmals abgebrannt,solange nur in Holz gebaut wurde unddie Häuser eng an eng standen.Zurück nach Pskow. War <strong>der</strong> Steinbisher dem Kirchenbau vorbehalten,so durfte er jetzt auch für weltlicheBauten verwendet werden. Die reichenKaufleute nutzten diese Möglichkeitreichlich, denn ihr Prestige stieg imwahrsten Sinne des Wortes sichtbar.Die Hintertür für gesundes Wohnenhielt man sich offen in den oberen hölzernenWohnetagen.Sie entdeckt zu haben, ist das eine Verdienstdes akribisch arbeitenden ArchitektenSpegalskij. Ein an<strong>der</strong>er Erfolgist die Entschlüsselung <strong>der</strong> Eingänge indiese Wohnpaläste. Sie lagen immer imInnenhof, und eine steile, breite Steintreppeführte in die erste Etage. Hierlagen die Empfangsräume, die Speisesäleund die großen Räume für Folklore,Tänze und Spiele.Der Innenhofcharakter diente <strong>der</strong> Sicherheit.Pskow war immer Grenzstadtund niemals sicher vor feindlichenAttacken.(Abb.: Pogankin - Wohnpalast, Aquarell vonSpegalskij)Die steile Treppe, die man als Gastemporsteigen musste, kostete schoneinmal Kraft, und beeindruckt warman auch, wenn man oben am Treppenabsatzden Hausherrn stehen sah,<strong>der</strong> gelassen auf die Gäste herunterschauenkonnte.Diese Struktur eines Wohnpalastesfand Spegalskij an allen an<strong>der</strong>en vonihm aufgespürten Palästen.Der Pogankin-Palast bleibt für denPskow-Besucher jedoch <strong>der</strong> eindringlichste,weil er auch heute noch Bestandhat. In ihm ist das Pskower Museumuntergebracht. Wenn man alsMuseumsbesucher die Kunstschätzegenossen hat, sollte man sich einenzweiten Durchgang gönnen und dasGebäude als den Wohnsitz eines reichenPskower Kaufmanns des 17. Jh.erleben.6


Übrigens: Der Palast <strong>der</strong> Menschikows,einer an<strong>der</strong>en Pskower Kaufmannsfamiliedes 17. Jh., wurde – wie es heißt– von einem Moskauer Investor erworbenund in ein Hotel mit verschiedenenRestaurants umgewandelt. Und dasgeschah denkmalgerecht im alten Stil.Auch hier klimmt man eine steile Treppeempor, um es sich dann in großzügigenGasträumen in altem Gemäuer gutgehen zu lassen.Viele Einrichtungsgegenstände in denrestaurierten Räumen sind alt o<strong>der</strong>getreu <strong>der</strong> alten russischen Volkskunstnachempfunden.Auch hier kann Spegalskij Pate stehen.Bei seinen Forschungen fand er im KulturschuttKacheln von alten Kachelöfenbis hin zu Resten alter Ikonenschränke.Ein solcher Ikonenschrank – auch Kiotgenannt – befand sich in repräsentativenRäumen und reichte vom Bodenbis <strong>zur</strong> Decke.Der wirtschaftliche Aufschwung und<strong>der</strong> Bauboom in Pskow zu Beginn des17. Jh. hat erstaunliche Parallelen zuNeuss. Beide heutigen Partnerstädtemussten am Ende des 16. Jh. herbeSchläge erdulden. In den 1580-er Jahrenstand ein 100.000 Mann starkespolnisches Heer vor Pskow. Das Kriegsglückwechselte häufig. Und die StadtPskow war am Ende verwüstet.Vom 10. September biszum 9. Oktober 2011:Hospitation zwei Studentinnen <strong>der</strong>deutschen Sprache <strong>der</strong> Universität Pskowam Neusser Alexan<strong>der</strong>-von-Humboldt-Gymnasium.16. September 2011 :Herbstfest des <strong>Verein</strong>s in <strong>der</strong>„Alten Schmiede“Warum nicht auch einmal ein Fest feiernund die Mitglie<strong>der</strong>, Freunde und Gönnerdes För<strong>der</strong>vereins Neuss - Pskow einladen.Ein Herbstfest im September liegtnahe. Die Ernte ist eingebracht auf denFel<strong>der</strong>n und auch im Leben und Handelneines <strong>Verein</strong>s.Der Höhepunkt im <strong>Verein</strong>sleben war<strong>der</strong> Besuch von zwei Studentinnen <strong>der</strong>deutschen Sprache an <strong>der</strong> Universitätunserer russischen Partnerstadt Pskow.Margarita und Ekaterina waren in diesemHerbst die beiden angehendenDeutschlehrerinnen. Sie standen dennauch im Mittelpunkt des festlichenAbends in <strong>der</strong> Alten Schmiede im Innenhofdes Neusser Rathauses.In den 1580-er Jahren eroberten dieTruchsessischen Neuss und ein verheeren<strong>der</strong>Brand gab <strong>der</strong> Stadt den Rest.Erst Anfang des 17. Jh. ging es auch inunserer Stadt wie<strong>der</strong> bergauf. Das istwahrlich eine Duplizität <strong>der</strong> Schicksalsschläge,die beide Städte erlitten undverkraften mussten.(Abb.: Freunde und Gäste des För<strong>der</strong>vereinsverfolgen eine Diashow)Der 1. Vorsitzende des <strong>Verein</strong>s, BernhardStöcker, konnte auch die Gasteltern<strong>der</strong> beiden jungen Pskowerinnen7


als Gäste begrüßen. Nach wenigenTagen hatte man sich schon gegenseitigins Herz geschlossen.Am Vormittag <strong>zur</strong> Hospitation amAlexan<strong>der</strong>-von-Humboldt-Gymnasiumund nachmittags in einem deutschenHaushalt ließen die beiden Studentinneneintauchen in das tägliche Lebendes Landes, dessen Sprache und Kultursie an <strong>der</strong> Universität in Pskow fünfJahre lang studieren.(Abb.: Der 1. Vorsitzende Bernhard Stöcker unddie Studentinnen <strong>der</strong> deutschen Sprache)In den Gesprächen wurde deutlich, wiesehr sie sich einen deutschen Alltaggewünscht hatten.Die Gastgeber des herbstlichen Festeshatten ihrerseits auf Russisches gesetzt:Toastschnittchen, belegt mit Sardineund Gurke, regten den Appetit an.Eine Suppe, natürlich ein echter russischerBorschtsch, wurde bis auf dieletzte Portion ausgelöffelt.Mitglie<strong>der</strong>, Freunde und Gönner genossendie leckeren Speisen und dieanregenden Gespräche.Soldatengräber in <strong>der</strong> Region PskowEiner <strong>der</strong> ersten Gäste beim Herbstfestwar Heinz Jessen mit seiner Frau. Dierüstigen Pensionäre waren von ihrenKin<strong>der</strong>n auf die Veranstaltung desFör<strong>der</strong>vereins aufmerksam gemachtworden.Heinz Jessen hatte über Jahre versucht,das Grab seines Bru<strong>der</strong>s in Russland zufinden. Dabei war <strong>der</strong> Name Pskow immerwie<strong>der</strong> gefallen. Aus <strong>Information</strong>endes „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorgee. V.“ hatte Jessenerfahren, dass sein Bru<strong>der</strong> im Dezember1942 am Ilmensee schwer verwundetworden war und wenige Wochenspäter in einem Lazarett in Porchow ,Kreis Pskow, gestorben war. Auf demSoldatenfriedhof neben dem Lazarettwurde er begraben. Dieser Friedhof gerietin Vergessenheit. Über Jahrzehntewar das Gelände ein Fußballplatz. Dasän<strong>der</strong>te sich erst vor wenigen Jahren.Man erinnerte sich an den Militärfriedhofund bettete die Toten um.Das geschah auf dem neu angelegtenSammelfriedhof Sebesh, nahe <strong>der</strong> lettischenGrenze. Hier liegt jetzt LorenzJessen. Auch dieser Platz liegt im KreisPskow. Neuss und Pskow treffen in <strong>der</strong>Familiengeschichte <strong>der</strong> Jessens schicksalhaftaufeinan<strong>der</strong>.Heinz Jessen nachdenklich:„Das Leben schreibt schon unerklärlicheGeschichten.“6. Oktober 2011 :Abschiedsabend <strong>der</strong> beiden PskowerStudentinnenEs war <strong>der</strong> letzte Abend in Neuss. Diebeiden Pskower Deutsch-Studentinnentrafen sich mit ihren Gasteltern und8


Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n zu einem gemütlichenZusammensein bei Essen, Trinkenund ausgiebigen Gesprächen. VierWochen Erfahrungen konnten ausgebreitetwerden. Die Vergleiche mit denPskower Verhältnissen drängten sichauf. Gut so, denn das war auch ein Ziel<strong>der</strong> Wochen in Neuss, jetzt am Ende desAufenthaltes das Gesehene und Erlebtemit dem Gewohnten in <strong>der</strong> Heimat, inPskow , zu vergleichen.Was lag näher, als die Schulen hier unddort in den Blick zu nehmen, was manüber vier Wochen am A.-v.-H.-Gymnasiumgetan hatte.Nun: Die Lehrer und Lehrerinnen sindjung, fanden die beiden Russinnen..Und was ihnen sofort auffiel: Es gibtmehr Lehrer als Lehrerinnen in <strong>der</strong>deutschen Schule.Folgte man den deutschen Kollegenin den Unterricht, erlebte man wenigFrontalunterricht. Gruppenarbeit standim Mittelpunkt. Es wurde kreativ gearbeitet.Das geschah durchaus bis indie neunte und zehnte Klasse. „Waskönnen wir wie<strong>der</strong> spielen?“, fragtendie Schüler. Spielen war aber an<strong>der</strong>sgemeint, als die beiden Russinnendachten. Rollenspiel war gemeint. ZumBeispiel so, dass im Geschichtsunterrichtein Schüler in die Rolle von KarlMarx schlüpfte und sich von seinenMitschülern interviewen ließ.So musste er die Ideen von Karl Marxdarstellen und verteidigen.Eine gute Mischung von Gruppenarbeitund Frontalunterricht scheint denbeiden Pädagogik-Studentinnen <strong>der</strong>ideale Weg zu sein.Was ist eine <strong>der</strong> beliebtesten Freizeitbeschäftigungenvon Schülern in Neuss undin Pskow? Das Surfen im Internet. Facebookist hier wie auch in Russland sehrbeliebt. Eine kurze Befragung in einerneunten Klasse ergab, dass die russischenSchüler wohl noch länger am Computersitzen als die deutschen.Aber auch außerhalb des Schulbetriebsgab es für die beiden StudentinnenBemerkenswertes zu berichten. Aufden Bürgersteigen kann man gefahrlosgehen, auch wenn man einmal „HansGuck-in-die-Luft“ spielt.Und: Man kann sich darauf verlassen,dass sich die Autofahrer an die Verkehrsregelnhalten. In <strong>der</strong> Stadt und <strong>der</strong> RegionPskow gibt es lei<strong>der</strong> sehr viele Unfälleauf den Straßen, weil man sich zu oftnicht an die Regeln hält.Auffällig für die Russinnen: Kommt manin ein Geschäft, wird man mit einemfreundlichen „Guten Tag“ begrüßt.Und ein „Entschuldigung“ hört manhäufiger als in Pskow. Das mag auchdamit zusammenhängen – so die Studentinnen– dass man hier in Deutschlandseine Probleme zu Hause lässt, undfreundlich am Arbeitsplatz erscheint.Das ist in Russland an<strong>der</strong>s.(Abb.: Margarita und Ekaterina)Fragt man in Russland nach dem Weg,bekommt man als Auslän<strong>der</strong> selteneine Antwort. Das ist keine Unfreundlichkeit,man kann halt nur russischsprechen.An<strong>der</strong>s die Erfahrung einer <strong>der</strong> beidenStudentinnen in Neuss. Zum ersten Malauf dem Weg in die Schule, musste sieumsteigen. Aber in welchen Bus? EinenPassanten gefragt, hatte <strong>der</strong> die Antwort9


gleich parat und begleitete die Fragendebis zum richtigen Bahnsteig. Un<strong>der</strong> selbst verpasste seinen eigenen Bus.Unvergesslich für die Pskowerin. IhrKommentar: „Ich fühlte mich immerheimischer“.Eine an<strong>der</strong>e Beobachtung: Das Äußerliche,die Kleidung, scheint in Deutschlandnicht den hohen Stellenwert zuhaben wie in Russland. Auf das Erscheinungsbildmuss man in Russland immersehr achten. In Deutschland scheinteher die Gesprächsbereitschaft zwischenden Menschen an erster Stelle zustehen.vor Jahrhun<strong>der</strong>ten wenige Meter an<strong>der</strong> Apsis <strong>der</strong> Basilika vorbeifloss.Heutzutage muss man sich mit demBlick auf das Hafenbecken begnügen.12. Oktober 2011:Wirtschaftstag <strong>der</strong> Region Pskow inBonnDer Oblast (Kreis) Pskow hatte zu demWirtschaftstag nach Bonn in das Generalkonsulat<strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ationeingeladen. Aus Neuss nahm <strong>der</strong> BeigeordneteStefan Hahn teil. Er sprachein Grußwort für die Stadt Neuss.Führung von Dr. Tauch durch dieQuirinus – BasilikaDie beiden Studentinnen, ihre Gastelternund einige Vorstandsmitglie<strong>der</strong>waren von <strong>der</strong> einstündigen FührungDr. Tauchs durch die Quirinus-Basilikabeeindruckt. Auch für die deutschenZuhörer war einiges neu o<strong>der</strong> in Vergessenheitgeraten. So z. B., dass imMittelalter Pilger auf <strong>der</strong> Empore <strong>der</strong>Basilika auf Stroh schliefen.(Abb.: Der Beigeordnete Stefan Hahn sprichtein Grußwort)(Abb.: Dr.Tauch und die Gruppe )Die beiden Russinnen waren doch rechterstaunt, als sie hörten, dass <strong>der</strong> RheinVom För<strong>der</strong>verein waren <strong>der</strong> 1. VorsitzendenBernhard Stöcker, die GeschäftsführerinRosemarie Weißenbornund <strong>der</strong> Ehrenvorsitzende Dr. DieterWeißenborn angereist. Der StadtverordneteRüdiger Himmes nahm alsVorsitzen<strong>der</strong> des „Komitees für InternationaleBeziehungen und Partnerschaften“<strong>der</strong> Stadt Neuss teil. In demweitläufigen und beeindruckenden Gebäudeaus <strong>der</strong> Sowjetzeit hielten <strong>der</strong>Gouverneur und seine Stellvertreterverschiedene Vorträge, u.a. zu Themenwie Infrastruktur, Bauwesen,10


Kommunales, Tourismus und Landwirtschaft.Ein Thema sei herausgegriffen: Landwirtschaft;zumal sie die Region Pskowentscheidend prägt. Über 50 % <strong>der</strong>Region Pskow werden landwirtschaftlichgenutzt.Viele kleine Siedlungen sind charakteristischfür die Gegend. Immerhin lebtetwa ein Drittel <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>der</strong>Region auf dem Land. Und 40 % <strong>der</strong>Betriebe sind in Familienbesitz, wie dasauch in den Nachbarlän<strong>der</strong>n Estlandund Lettland üblich ist. Mit diesen beidenangrenzenden Staaten gibt es eineintensive Zusammenarbeit.Und 27.000 ha werden zukünftigenInvestoren angeboten. Der Absatz <strong>der</strong>landwirtschaftlichen Produkte auf demrussischen Markt gilt als stabil. Ein Viertel<strong>der</strong> Produktion werden garantiertabgenommen.Um eine gute Infrastruktur ist man bemüht.40 Millionen Rubel werden dafürausgegeben. Straßen werden neugebaut, Häuser errichtet, um Fachleutezu gewinnen. Die soziale Infrastruktursoll auch nicht zu kurz kommen.Eine Akademie für Landwirtschaftsorgt für Fachkräfte.Die Verantwortlichen haben eine Vielzahlvon Projekten im Auge.Im Bereich von Welikije Luki werdeneine halbe Million Schweine gemästet.Das soll auf eine Million aufgestocktwerden. Übrigens: Die Zuchtschweinekommen aus Dänemark.Auch die Rin<strong>der</strong>mast soll gesteigertwerden. Dabei helfen die Australier.In <strong>der</strong> Region Pskow steht seit eh und jedie Milchproduktion im Vor<strong>der</strong>grund.Über 60 % <strong>der</strong> landwirtschaftlichenErzeugnisse sind Milchprodukte, undauf acht verschiedene Sorten ist manbeson<strong>der</strong>s stolz, wie Milch, Kefir, Käse,usw.Es handelt sich beim Käse um fast einDrittel <strong>der</strong> russischen Produktion. EineSteigerung wird angestrebt.11


Der Süden <strong>der</strong> Region Pskow ist fürseine Fleischverarbeitung bekannt. Siesteht an dritter Stelle in Russland, unddie Vielfalt <strong>der</strong> Fleischprodukte sollentschieden erweitert werden.Im Augenblick werden beispielsweise12.000 Tonnen Geflügel in <strong>der</strong> RegionPskow gezüchtet. Auch hier soll es eineSteigerung geben auf 25.000 Tonnenim Jahr geben.Die Fischzucht und die Fischverarbeitungsollen erweitert werden. Die Finnenmit ihren vielen Seen sind Vorbild.Auch <strong>der</strong> Flachsanbau - eine uralte Traditionim Pskower Gebiet - soll wie<strong>der</strong>belebt werden. Ein Programm wurdeaufgelegt.Das alles sind ehrgeizige Projekte, zudenen man nur Erfolg wünschen kann.(Abb.: Geplant: Pskow als „Vorhafen“ zu St. PetersburgAm 14. Oktober 2011: Vortrag vonDr. D. Weißenborn im Cafe Flair:„Deutsche und Russen nach dem2. Weltkrieg“.Ein Bericht dazu:Deutsche Unternehmerreisen.Erst mit <strong>der</strong> Aufnahme diplomatischerBeziehungen kam es zu intensivenWirtschaftskontakten zwischen <strong>der</strong>Bundesrepublik und <strong>der</strong> Sowjetunion.Das war 1955.Das deutsche Wirtschaftsministeriumsah in den Unternehmerreisen einenallgemeinen Brauch.Teile <strong>der</strong> Regierung waren reservierter.12


Das bestehende Embargo gegenüber<strong>der</strong> Sowjetunion sollte aufrecht erhaltenwerden.1956 machten sich dennoch westdeutscheManager auf eine erste großeReise durch die Sowjetunion. Sie kamenin ein hochindustrialisiertes Land,das sie an<strong>der</strong>erseits als technologischrückständig und extrem bürokratischempfanden.Die Russen selbst sprachen von sichals einem Ingenieur-Staat. Die Deutschenverglichen auf Schritt und TrittDeutschland und die Sowjetunion undsahen zwei Welten, zwei Blöcke.Zweck dieser ersten und <strong>der</strong> folgendenReisen waren die Geschäfte.WISSENSCHAFTSKONTAKTE.In den ersten beiden Jahren nach demKrieg waren die Russen , die Sieger, ineinem Zwiespalt. Sollte man die Industrieanlagendemontieren und in dieSowjetunion transportieren, o<strong>der</strong> sollteman sie an Ort und Stelle erhalten undwie<strong>der</strong> funktionsfähig machen.Grundsätzlich blieb das Ziel für die Sieger<strong>der</strong> Transfer deutscher Kenntnisseund ihrer praktischen Anwendung in<strong>der</strong> Sowjetunion, wo die Infrastrukturam Boden lag.(Abb.: Konrad Adenauer mit <strong>der</strong> russischenRegierung)Eine Son<strong>der</strong>abteilung sollte außerdemdeutsche Fachleute anwerben. So arbeiteten200 bis 300 deutsche Fachleuteam Atomprojekt in <strong>der</strong> Sowjetunion.Und eine russische Wissenschaftleringibt unumwunden zu, dass die Deutschenin <strong>der</strong> sowjetischen Forschungeingesetzt wurden wegen des traditionellenMisstrauens <strong>der</strong> politischenFührung in die Leistungsfähigkeit <strong>der</strong>eigenen Wissenschaftselite.In russischen Berichten ist auch davondie Rede, dass man mit <strong>der</strong> Infrastrukturim eigenen Land unzufrieden war,und man den Kopf darüber schüttelte,dass die DDR und die BRD wirtschaftlichrascher vorankamen als <strong>der</strong> SiegerSowjetunion.Je weiter die Zeit voranschritt, destoenger wurde die Zusammenarbeitzwischen den bundesdeutschen undden sowjetischen Wissenschaftlern. Daserwies sich am deutlichsten in den Biowissenschaften.Die Russen hatten sichallmählich von den kommunistischenwissenschaftlichen Methoden zu lösenbegonnen.FILM.Kurz nach Ende des Krieges wurde inFilmen <strong>der</strong> BRD bodenständiger Optimismusund zeitlose Unterhaltungangeboten. Die Filmtitel sprechen fürsich: „Morgen ist alles besser“ o<strong>der</strong>„Nach Regen scheint Sonne“.In <strong>der</strong> DDR gab W. Ulbricht die Inhaltefür die Filme vor: Der Kampf um denAufbau des Sozialismus o<strong>der</strong> die Darstellungherausragen<strong>der</strong> sozialistischerPersönlichkeiten.Erst ab 1952 wurde in <strong>der</strong> BRD <strong>der</strong>Krieg zum Thema im Film. Es war dieZeit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Bundeswehr,des Beitritts <strong>der</strong> BRD in die Nato. DerTenor <strong>der</strong> Kriegsfilme war eindeutig.Wir haben in <strong>der</strong> Vergangenheitnichts falsch gemacht. Der Krieg warein Schicksalsschlag. Die politischenund ökonomischen Ursachen des Kriegeswurden ausgeblendet, konkrete13


Kriegshandlungen sah man nicht. DieFilme waren größtenteils Landser-Klamotten wie <strong>der</strong> Film „08/15“. „DieBrücke“ von Bernhard Wicki ragte alskonsequenter Antikriegsfilm aus demAngebot heraus.Im DDR-Film wurde die Mitschuld anden Naziverbrechen wegdelegiert. Esgalt die DDR-Staatsdoktrin: Wir sindein antifaschistisches Volk mit einerantifaschistischen Arbeiterklasse alsführen<strong>der</strong> Kraft. Und die Russen galtenpauschal als Freunde. Nur selten kames zu einer realistischen Darstellungdes Verhältnisses zwischen Russen undDeutschen im 2. Weltkrieg und danach.In den 70-er und 80-er Jahren hattendie Regisseure in Ost und West keinrechtes Interesse mehr am ThemaKrieg.zum Thema Film bringt es auf denPunkt: „Wunden, die nicht verheilen.Der Große Vaterländische Krieg im sowjetischenFilm 1945 bis 1990“.In den ersten Nachkriegsjahren wurdeStalin als <strong>der</strong> große Feldherr und Siegerverherrlicht. Erst nach seinem Tod 1953kam es zu einer an<strong>der</strong>en, realistischerenDarstellung des Krieges. Mit <strong>der</strong>„Goldenen Palme“ in Cannes wurde1958 <strong>der</strong> Film „Die Kraniche ziehen“ausgezeichnet. Es heißt zu diesempreisgekrönten Film: Der Krieg klafftwie eine lebenslange Operationswundeim Schicksal und <strong>der</strong> Biografie <strong>der</strong>Menschen. Nicht Heldentaten wurdendargestellt, son<strong>der</strong>n moralische Prüfungen.Mit einem „Goldenen Löwen“ wurdein Venedig <strong>der</strong> Film „Iwans Kindheit“ausgezeichnet. Sartre sagte zu diesemKriegskind Iwan: Der Junge ist wahnsinnigwie <strong>der</strong> Krieg. Er ist ganz undgar das, was die Geschichte aus ihmgemacht hat.Erst sehr viel später gelang es dem sowjetischenFilm, Deutsche in den Mittelpunktdes Geschehens zu rücken. In„Das Ufer“ (1984) wurde eine Deutschezu einer Heldin in einem Kriegsdrama.Und in „Die Baracke“ (1999) wurde eindeutscher Kriegsgefangener menschlichinteger gezeigt. Das war zum erstenMal im russischen Film.(Abb.: Filmcover: Die Kraniche ziehen )An<strong>der</strong>s im sowjetischen Film.Der Titel einer russischen UntersuchungSPORT.Ein russischer Wissenschaftler, <strong>der</strong> indie sowjetischen Archive ging, um dieSportkontakte <strong>zur</strong> DDR zu untersuchen,kam zu erstaunlichen Ergebnissen.Während <strong>der</strong> gesamten 40 DDR-Jahre suchte die SED-Führung nachimmer mehr Unabhängigkeit von <strong>der</strong>Sowjetunion.Das geschah oft genug mit unlauterenMitteln, wie es den Russen schien. SoIst von „Gefolgschaft und Aufsässig-14


keit“ die Rede, von unberechenbaremund provokantem Verhalten.Die Sowjetunion wollte anfangs durchausden Ausbau <strong>der</strong> Sportkontaktezwischen <strong>der</strong> DDR und <strong>der</strong> BRD. DieDDR-Führung stellte sich aber quer.Mehr noch: Den Russen fehlte imVerhalten <strong>der</strong> Ostdeutschen <strong>der</strong> „gebührendeAnstand“. Koste es, was eswolle, alles sollte vom großen Bru<strong>der</strong>Sowjetunion bezahlt werden. Je mehrdie Russen den Wünschen und For<strong>der</strong>ungen<strong>der</strong> DDR nachgaben, destounfreundlicher benahmen sich dieDDR-Sportfunktionäre. Auch die DDR-Sportler verhielten sich gegenüber denSU-Athleten respektlos und arrogant.Eines schien den Russen beson<strong>der</strong>sinfam. DDR-Dopinglabore verfolgtenSportler aus Osteuropa, die den DDR-Sportlern überlegen waren.Festmachen kann man das Verhalten<strong>der</strong> DDR gegenüber <strong>der</strong> Sowjetunionbei <strong>der</strong> Planung von Olympischen Spielen.Die Olympiade 1980 wurde nach demEinfall <strong>der</strong> Sowjetunion in Afghanistanvom Westen boykottiert.1984 boykottierte <strong>der</strong> Ostblock dieOlympiade in Los Angeles. Die DDRrügte die „eigenmächtige Entscheidung“<strong>der</strong> Sowjetunion.Und die SED-Führung trat nach. An <strong>der</strong>Olympiade 1988 in Seoul nähme sie,die DDR, auf jeden Fall teil, wie sich dieSowjetunion auch entscheide.( Diesem Bericht liegt ein Vortragzugrunde, <strong>der</strong> sich orientiert an Beiträgenaus „West-Östliche Spiegelungen.Neue Folge. Band 3. Tauwetter, Eiszeitund gelenkte Dialoge. Russen undDeutsche nach 1945. Herausgegebenvon Karl Eimermacher und Astrid Volpert.Wilhelm Fink Verlag 2006.)(Abb.: DDR-Radprofi Gustav „Täve“ Schur)15


TERMINE IN 20121) Jahreshauptversammlung am Dienstag, dem 20. März 2012 um 19.00 UhrIn <strong>der</strong> Gaststätte „Zur Alten Wäscherei“, Alexianerplatz 1 / Nordkanalallee2) Mitglie<strong>der</strong>versammlungen:Montag, 2. Juli 2012 um 19.00 Uhr in <strong>der</strong> Gaststätte „Zur Alten Wäscherei“Freitag, 28. September 2012, Herbstfest des <strong>Verein</strong>s ( Ort und Zeit werden nochbekannt gegebenDienstag, 27. November 2012 um 19.00 Uhr in <strong>der</strong> Gaststätte „Zur Alten Wäscherei“Der Vorstand: 1. Vorsitzen<strong>der</strong>: Bernhard Stöcker – 2. Vorsitzen<strong>der</strong>: Harald Beschoten – Schatzmeister: Dr. Bernd HolzbergGeschäftsführerin: Rosemarie Weißenborn – Beisitzer: Tatjana Plittnik, Jens SchmidtGeschäftsadresse: Rosemarie Weißenborn, Roonstr. 14, 41464 Neuss, Tel.: 02131/ 858429 E-Mail: RoDiWei@t-online.deBankverbindung: Sparkasse Neuss, Kontonummer 32 30 30, BLZ 305 500 00Steuernummer: 125/5865/0909

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!