Displaced Persons-Lager in Babenhausen und Dieburg 1946-1950
Displaced Persons-Lager in Babenhausen und Dieburg 1946-1950
Displaced Persons-Lager in Babenhausen und Dieburg 1946-1950
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3.1.3 Das jüdische DP-<strong>Lager</strong> 560 <strong>Dieburg</strong> - E<strong>in</strong> <strong>Lager</strong> <strong>in</strong> der Stadt<br />
E<strong>in</strong>e völlig andere räumliche Anordnung war für das jüdische DP-<strong>Lager</strong> <strong>in</strong> Die-<br />
burg kennzeichnend. Es entstand hier ke<strong>in</strong> leicht zu kontrollierendes, von der<br />
Bevölkerung getrenntes Territorium, wie dies beim Kasernengelände <strong>in</strong> Baben-<br />
hausen der Fall war. Vielmehr lebten die wie geschildert ab Ende Oktober <strong>1946</strong><br />
von <strong>Babenhausen</strong> <strong>in</strong> die Stadt gelangenden jüdischen DPs auf mehrere Territo-<br />
rien verteilt. Die amerikanische Militärverwaltung unternahm dabei den Versuch,<br />
geschlossene Familienverbände <strong>in</strong> eigenen, ihnen zugewiesenen Räumen un-<br />
terzubr<strong>in</strong>gen. Zu diesem Zweck wurden etwa fünfzig Wohnungen <strong>und</strong> Häuser <strong>in</strong><br />
<strong>Dieburg</strong> von den amerikanischen Militärbehörden beschlagnahmt bzw. bereits<br />
unter der Leitung der UNRRA bef<strong>in</strong>dliche Räumlichkeiten zur Verfügung ge-<br />
stellt. 161 <strong>Dieburg</strong>s Bürgermeister erhielt die Anweisung, umgehend für die Be-<br />
reitstellung von vormals jüdischen Anwesen zu sorgen. 162 Gleichzeitig wurden<br />
Wohnungen <strong>und</strong> Häuser <strong>in</strong> der so genannten SA-Siedlung (Gr<strong>und</strong>stücke <strong>in</strong> der<br />
Grenz- <strong>und</strong> Feldstraße, die <strong>in</strong> der zweiten Hälfte der 1930er Jahre Angehörigen<br />
der SA zum Bau von Eigenheimen zur Verfügung gestellt worden waren) im<br />
Südwesten der Stadt belegt. Es entstand so e<strong>in</strong> über die Stadt verstreutes La-<br />
ger, das hauptsächlich privaten Wohnraum <strong>in</strong> Anspruch nahm. Dazu zählten<br />
ebenfalls vier beschlagnahmte Häuser im nahe gelegenen Münster. 163 Selbst<br />
im Zentrum der Altstadt lebten jüdische DP-Familien, <strong>in</strong> ehemals jüdischen<br />
Häusern <strong>in</strong> direkter Nachbarschaft zur ortsansässigen Bevölkerung. 164 Wider-<br />
stand seitens der jüdischen DPs bezüglich der zu belegenden Territorien ist<br />
nicht bekannt. Auf die Reaktion der e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerung wird im Laufe<br />
die Schließung des jüdischen <strong>Lager</strong>s im März 1947 verweist <strong>und</strong> die spätere jüdische Belegung<br />
nicht mehr erwähnt. Vgl. Kohlmannslehner, Dietrich / Lange, Thomas: „...wohnen auf der verfluchten<br />
deutschen Erde“ - Jüdisches Leben <strong>in</strong> Südhessen nach 1945. Darmstadt 1998, S. 38f.<br />
161 Art <strong>und</strong> Weise der Räumungen lassen sich anhand des analysierten Quellenmaterials nicht<br />
rekonstruieren. Zur Anordnung des belegten Raums vgl. Stadtplan <strong>Dieburg</strong> sowie die Liste des<br />
beschlagnahmten Wohnraums im Anhang 8.<br />
162 NARA 466 250 / 84 / 27 / 6, box 8, Weekly Intelligence Report, 26. Oktober <strong>1946</strong>.<br />
163 NARA 260 390 / X / 1-2, box 503, Brief der CDU Münster vom 31. Juli 1947. Bereits im Oktober<br />
/ November <strong>1946</strong> waren vier Wohnhäuser <strong>in</strong> Münster von der UNRRA beschlagnahmt<br />
<strong>und</strong> jüdischen Familien zur Verfügung gestellt worden, die zum <strong>Lager</strong> <strong>Dieburg</strong> zählten. Vgl.<br />
auch Stadtarchiv <strong>Dieburg</strong>, A 3139, Aufstellung beschlagnahmten Wohnraums durch die IRO<br />
vom 10. Februar 1948.<br />
164 E<strong>in</strong>deutig belegt ist etwa die Unterbr<strong>in</strong>gung jüdischer DPs <strong>in</strong> dem Haus der 1936 nach New<br />
York ausgewanderten jüdischen Familie Bachrach <strong>in</strong> der Schlossergasse 2 (früher 1), <strong>in</strong> direkter<br />
Nähe des Marktplatzes. Vgl. dazu HStAD, OMGUS 8/3 - 3/4 (4 von 4); Stadtarchiv <strong>Dieburg</strong><br />
A 3139, Aufstellung der durch die Militärregierung beschlagnahmten Häuser zu Zwecken der<br />
UNRRA (siehe Anhang 8); Keim, Günther: Beiträge zur Geschichte der Juden <strong>in</strong> <strong>Dieburg</strong>. <strong>Dieburg</strong><br />
1993, S. 102.<br />
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