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Pausenbrot - FAS Dresden

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ThemaStrampelanzüge, Puppen und KriegsspieleErfahrungen mit meinem SohnWas ist es denn nun?Schon lange vor der Geburt unseres Sohnes beschäftigte mich die Frageder Sozialisation der Geschlechter. Ich war überzeugt davon, dass vorallem die Umwelt den Menschen prägt. Unser Kind sollte nicht in einebestimmte geschlechtstypische Rolle gedrängt werden. Bis ich dieersten Strampelanzüge für unseren neugeborenen Sohn kaufen wollte.Rosa für einen Jungen? Wohl kaum, also hellblau, etwas anderes gabes auch nicht. Jede Oma, die in den Kinderwagen schaute, wollte zuerstwissen, ob das niedliche Baby denn ein Junge oder ein Mädchen ist.Traf ich andere Mütter, war das dann auch immer meine zumindestzweite Frage. Warum war das Geschlecht des Kindes so wichtig? Inder Krabbelgruppe war eine Mutter davon überzeugt, dass Sebastianein Mädchen ist, da er doch einen gelben Strampelanzug trug. Es warSommer und mir gefiel die Farbe, ich hatte gar nicht darüber nachgedacht,ob gelb vielleicht eine „Mädchenfarbe“ sein könnte. Schon imSäuglingsalter wurden die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungenbesprochen. Beklagte ich mich bei anderen Müttern darüber, dass unserSohn sich nur durch Herumtragen beruhigte, wurde mir vor allen von den„Mädchen-Müttern“ gesagt, dass dies eben bei Jungen so sei. Jungenschienen „schwieriger“ zu sein, Mädchen ach so pflegeleicht. Ausnahmenbestätigten nur die Regel.Angeboren oder anerzogen?Als Sebastian ein Jahr alt war, spielte er bei Freunden mit Puppenwagenund Puppe und mir fiel auf, dass er zu Hause keine Puppenbesaß, dafür aber jede Menge Fahrzeuge, mit denen er vor allem dasGeschehen auf Baustellen nachspielte. Hätten wir einem Mädchenganz selbstverständlich eine Puppe geschenkt? Wir waren bei unseremJungen gar nicht auf die Idee gekommen, weil er sich scheinbar füranderes interessierte. Aber hätten wir es ihm anbieten sollen? Aufunseren Spaziergängen konnten wir nie lange genug der Arbeit vonBauarbeitern, Müllmännern und dergleichen zusehen. Natürlich warenauch Fahrzeuge jeglicher Art interessant. Mütter sagten mir, dass sichihre Töchter vor allem für Tiere und Menschen interessieren würden,weniger für Dinge mit Rädern.Kommunikation versus TestosteronGab es also doch genetisch bedingte Unterschiede im Sozialverhaltenzwischen den Geschlechtern? Als die Kinder unserer Krabbelgruppeso um die zwei Jahre alt waren, fielen mir die Gegensätze im Spielverhaltenzwischen Mädchen und Jungen deutlicher auf. Die meistenMädchen sprachen viel früher als die Jungen und kommuniziertenauch untereinander häufiger mit sprachlichen Mitteln. Sie hatten mehrAusdauer beim Basteln und Malen und überhaupt mehr Interesse dafür.Bei den Jungen schien es zu den ersten Testosteronschüben zu kommen,wie ich später las. Ich wunderte mich, dass mein bis dahin immer defensivesKind plötzlich mit anderen Kindern, vor allem Jungen, körperlicheAuseinandersetzungen um Spielzeug führte und deutlich aggressiverwurde.Im Kindergartenalter wurde dann jeder Stock zum Schießgewehr unddas Interesse für „Kriegsspiele“ aller Art nahm zu. Ich stand dem hilflosgegenüber und mit mir auch die meisten anderen Jungen-Eltern, mitdenen ich sprach. Unser Sohn hatte bis dahin im Fernsehen höchstens„Sandmännchen“ und „Bob der Baumeister“ gesehen. Die Medien konntennicht die Ursache sein, auch nicht das männliche Vorbild des Vaters,der schon als Kind keine Indianerfilme mochte und sich nie gern mit anderenJungen schlug. Also wahrscheinlich das Beispielverhalten andererKinder. Aber woher kam die Faszination für die Kriegsspiele und wiesollten wir als pazifistisch gesinnte Eltern darauf reagieren? Im Laufeder Zeit konnte ich gelassener mit diesem Phänomen umgehen. Ich binheute der Meinung, dass es für Jungen zur Identitätsfindung dazugehört,sich zeitweise übertrieben männlich zu geben und den (Kriegs)helden zuspielen, so wie Mädchen sich schon sehr früh in Prinzessinnenweltenbegeben, die aber moralisch nicht so zweifelhaft sind. Gleichzeitigmöchte ich als Erwachsene aber auch eine Position dazu einnehmen.<strong>FAS</strong> Schulzeitung Ausgabe Dezember 09 Seite 6

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