NEF-EXPRESS - Nürnberger Eisenbahnfreunde eV
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1/2008 33. Jahrgang Preis: 2,50 Euro<br />
Nummer 129<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong><br />
Das Magazin der <strong>Nürnberger</strong> <strong>Eisenbahnfreunde</strong> e. V.<br />
Mehrtagesfahrt in den Harz<br />
Exkursion zur „Lok-Welt“ nach Freilassing<br />
Die NE 81-Triebwagen
Bernhard Mrugalla war am 14. November 2007 mit Frau Antje in Gestalt von 189 065 beschäftigt,<br />
die nicht nur mit dem „Holland-Latz“, sondern auch mit landestypischen Motiven beklebt ist.<br />
Was man uns „door de bloem“ – wie wir Holländer sagen – mitteilen will, bleibt aber offen.<br />
Am 8. Dezember 2007 machten sich 218 400 und eine Schwestermaschine im Allgäu nützlich.<br />
Michael Mrugalla lichtete sie vor dem EuroCity 194 zwischen Türkheim und Mindelheim ab.
Streik? Na, und? ...<br />
... dachte ich mir an den kritischen Tagen. Als Vielfahrer reagiert man da ja recht<br />
entspannt und das war gut so, denn die Bahn hatte einen exzellenten Ersatzfahrplan<br />
auf die Beine gestellt. Wenn man nicht gerade mit dem IC fahren wollte,<br />
mit dem ICE war man auf den Fernstrecken als Kunde König. Pünktlich und<br />
leer waren die Züge, eine tolle logistische Leistung. Danke!<br />
von Christoph Kretschmer<br />
Weniger Dankbarkeit überkommt mich, wenn ich an den Transrapid denke. Ich überlege natürlich,<br />
ob ich hier objektiv bin, denn nur knapp hundert Meter von meinem Eisenbahnkeller<br />
entfernt soll die geplante unterirdische Trasse verlaufen. Meine H0er haben sich schon zu Streikmaßnahmen<br />
entschlossen. Sie befürchten, durch die massive Konkurrenz des Transrapids in<br />
unmittelbarer Nähe nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein. Seit einigen Wochen bewegt sich in<br />
meiner Märklinwelt nichts mehr. Selbst das Gespräch von Margret Sukale und Manfred Schell<br />
auf meinem Sofa vor angeschaltetem Fernseher brachte nichts. Bis Redaktionsschluss wurde<br />
kein Ergebnis erzielt und es ist zu befürchten, dass erstmals an Weihnachten der Modellbahnbetrieb<br />
ruht. Aber ich verstehe die GdMbm (Gewerkschaft der Modellbahnmännchen). Auf<br />
jeden Fall macht es Sinn, das Thema auf breiter Basis zu diskutieren und so ist zu hoffen, dass<br />
ein Volksentscheid ermöglicht wird und ganz Bayern entscheidet, ob die enormen Gelder für<br />
einen Solitär angelegt werden, oder die breite Bevölkerung die Notwendigkeit, die 37,4 km zum<br />
Münchner Flughafen in 9.30 Minuten zu erreichen, wirklich als lebensnotwendig erachtet.<br />
Au weia, hoffentlich bin ich da bei manchen Fortschrittsbesessenen nicht ins Fettnäpfchen<br />
getreten. Apropos „weia“. Was ist denn in die Zugbegleiter im ICE gefahren, dauernd sagen sie<br />
„weia“. Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Wenn ich nach Hamburg fahre, heißt es „weia“<br />
Würzburg, Fulda, Göttingen. Wenn ich zurückfahre, „weia“ Hannover, Göttingen …<br />
Bei meinen Streifzügen durch die Republik fiel mir eine originelle Idee der Kunsthalle Bremen<br />
auf. Um den Bezug der Reisen der Malerin Paula Modersohn-Becker aus Worpswede nach<br />
Paris herzustellen, lieh man sich kurzerhand einen Wagen aus, stellte ihn vor die Kunsthalle und<br />
verkaufte aus ihm heraus die Eintrittskarten für „Paula in Paris“. Natürlich verwies man in den<br />
die Ausstellung begleitenden Unterlagen auf die Museumseisenbahn und riet zu einem Besuch.<br />
Meine Lieblingsstadt Paris zu besuchen, muss man mir nicht raten, nun wird es mir richtig<br />
leicht gemacht. Seit 9. Dezember 2007 geht es richtig schnell. So ist es kein Problem, an einem<br />
Tag mal hin- und zurückzufahren, 6.20 Uhr ab München, um 21.40 Uhr bin ich zu den Tagesthemen<br />
rechtzeitig zurück. Von 12.34 Uhr bis 15.24 Uhr bleibt genügend Zeit für einen kurzen<br />
Stadtbummel. Da wird sich meine Frau am Heiligen Abend über meinen Ausflug freuen, denn<br />
die vier Stationen mit der M7 zum Boulevard Haussmann mit seinen Prachtkaufhäusern sind<br />
nur ein Katzensprung. Allein die Weihnachtsbeleuchtung ist schon die Reise wert, bei LaFayette<br />
hat man eine zweite Fassade mit Tausenden von Lichtern vor die Fassade gesetzt, bei Printemps<br />
blitzen in der Kuppel endlos viele Lämpchen in den Himmel. Auf dem Rückweg dann zu den<br />
besten und größten Plattenläden, der Fnac und Virgin auf den Champs Elysées. Paris in der<br />
Adventszeit, schon mal fürs nächste Jahr notieren!<br />
Kommen Sie gut ins neue Jahr, mit uns zu vielen Eisenbahnzielen und bleiben Sie gesund!<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 3
Inhalt<br />
Zwischen zwei Zügen<br />
3 Streik? Na und? ...<br />
Vereinsmeier<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
6 Schienenverkehr und Kultur im Harzer Hexenland<br />
18 Zur Lokwelt Freilassing<br />
22 Sämling 290 und die „Weinschleifenbahn“<br />
Tickettour<br />
Aktuelles<br />
Hintergründiges<br />
Globetrotter<br />
Fahrplan<br />
4<br />
5 Aus dem Vereinsleben<br />
32 Man musste immer kleinere Brötchen backen<br />
35 Noch schnell eine<br />
Nebenbahn in Sachsen-Anhalt<br />
37 Auf der RegioTram in Kassel<br />
40 Wieder eine Winterfahrt ins Erzgebirge<br />
26 Die S-Bahn nach Forchheim<br />
44 Die Triebwagen vom Typ NE 81<br />
50 Ein Blick nach Spanien<br />
30 Veranstaltungskalender<br />
Für die Ausgabe 129 steht die 151 022 als<br />
„Nummerngirl“ bereit. Manch einer wird sich<br />
zunächst vielleicht wundern, welchen Bezug diese Lok<br />
zur Ausgabe 129 hat. Nun – das ist gar nicht so<br />
schwer: Zieht man von der Baureihenbezeichnung<br />
die Ordnungsnummer ab, erhält man genau die Zahl<br />
129.<br />
Bernhard Mrugalla drückte am 21. August 2006<br />
um 16.55 Uhr auf den Auslöser und lichtete die<br />
Lok vor dem CSQ 60136 in Nürnberg Rbf ab.<br />
Und weil ich so lange gesucht habe und es in letzter<br />
Zeit so wenige „Nummerngirls“ gab, hier eine Zugabe:<br />
Michael Mrugalla fotografierte 218 347 am<br />
4. Oktober 2003 im Hamburger Hauptbahnhof.<br />
Und was die Lok mit der Ausgabe 129 zu tun hat,<br />
können Sie jetzt selbst ausrechnen.<br />
Titelbild: Der letzte „alte ALEX“ steht am 8. Dezember 2007 in Immenstadt bereit.<br />
Das Feuerwerk, mit dem Ihnen die Redaktion ein frohes Jahr 2008 wünscht,<br />
ist eine „Spende“ von Sina Graf, das Bild stammt von Michael Mrugalla.<br />
Rücktitel: Am 17. Dezember 1980 war die Welt noch in Ordnung. Die noch recht<br />
junge 120 004 war mit einem Nahverkehrszug von Nürnberg nach Ansbach<br />
unterwegs. Bernhard Mrugalla fotografierte in Heilsbronn.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Aus dem Vereinsleben:<br />
Vereinsjubiläen:<br />
35 Jahre:<br />
223 Zöllner Bernd 01/73<br />
224 Möckel<br />
30 Jahre:<br />
Gert Ulrich 01/73<br />
255 Schöttl<br />
25 Jahre:<br />
Georg 01/78<br />
279 Werner Max 01/83<br />
280 Freudenberger Jörg 02/83<br />
279 Freunde der<br />
Nünberg-Fürther Straßenbahn<br />
20 Jahre:<br />
03/83<br />
307 Kleeberg<br />
15 Jahre:<br />
Gerhard 01/88<br />
334 Eckert Dietrich 01/93<br />
336 Fraunhofer<br />
10 Jahre:<br />
Leonhard 02/93<br />
370 Unger Richard 01/98<br />
372 Hetschl<br />
5 Jahre:<br />
Margaretha 02/98<br />
402 Scharley Orlando 01/03<br />
Der <strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> ist die Vereinszeitschrift der <strong>Nürnberger</strong> <strong>Eisenbahnfreunde</strong> e. V.<br />
Geschäftsstelle: Walter-Flex-Straße 179, 90453 Nürnberg, Tel 09 11 / 63 60 02<br />
Internet: www.nef-online.de<br />
E-Mail: nef@nef-online.de<br />
Konten: Postbank Nürnberg Konto 0094 061 855 (BLZ 760 100 85)<br />
Sonderkonto für<br />
Veranstaltungen: Postbank Nürnberg Konto 0133 165 853 (BLZ 760 100 85)<br />
Redaktion: Michael Mrugalla, Sudetendeutsche Straße 16, 91560 Heilsbronn (verantwortlich)<br />
Gerhard Klug, Görlitzer Straße 8, 91058 Erlangen<br />
Druck: KDD Kompetenzzentrum Digital-Druck GmbH, Nürnberg<br />
Auflage: 200 Exemplare<br />
Erscheinungsweise: Januar, April, Juli, Oktober<br />
Preis: Einzelheft: 2,50 Euro. Für Mitglieder im Jahresbeitrag inbegriffen<br />
Vereinsmeier, Impressum<br />
Jahreshauptversammlung 2008<br />
Die Jahreshauptversammlung im Jahr 2008<br />
findet am 16. Februar statt. Diesmal stehen<br />
wieder Wahlen auf der Tagesordnung.<br />
Terminplanung Exkursionen 2008<br />
Nachstehend informieren wir Sie über die<br />
im Jahre 2008 vorgesehenen <strong>NEF</strong> -Exkursionen,<br />
damit Sie Ihre persönliche Terminplanung<br />
vornehmen können:<br />
29. März 2008: Ziel noch in Planung<br />
26. April 2008: Ziel noch in Planung<br />
14. Juni 2008: Ziel noch in Planung<br />
26. Juli 2008: Waggonfest in Stein<br />
18. September 2008 - Mehrtagesfahrt, voraus-<br />
22. September 2008: sichtlich in die Schweiz<br />
25. Oktober 2008: Ziel noch in Planung<br />
22. November 2008: Gesellige Halbtagesfahrt<br />
Änderungen der Termine sind evtl. möglich.<br />
Die Ziele der einzelnen Exkursionen werden<br />
Ihnen voraussichtlich Mitte Januar 2008<br />
mitgeteilt.<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des jeweiligen Autors wieder<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 5
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Schienenverkehr und Kultur im Harzer Hexenland<br />
Gut 14 Jahre nach der ersten Mehrtagesfahrt in den Harz lud unser Reiseleiter,<br />
Kurt Müller, vom 20. September 2007 bis 24. September 2007 erneut zu einer<br />
Studienreise in diese Region. Jörg Freudenberger, Bernhard Fechner, Georg<br />
Oßwald, Matthias Köhler und Ulrich Montfort berichten auf den folgenden<br />
Seiten von dieser Exkursion.<br />
Donnerstag, 20. September:<br />
6<br />
von Jörg Freudenberger<br />
Am vorletzten Donnerstag im September<br />
2007 trafen sich am Vormittag rund<br />
30 Eisenbahnfreude zur bevorstehenden Exkursion<br />
335 in der Osthalle des <strong>Nürnberger</strong><br />
Hauptbahnhofs. Die Gruppe bestieg den<br />
ICE 882 nach Kassel-Wilhelmshöhe, der an<br />
diesem Tag von 401 055 gefahren wurde.<br />
Von dort befuhren wir die Halle-Kasseler<br />
Eisenbahn in der Gegenrichtung bis Nordhausen.<br />
Nach der Ankunft in Nordhausen, der Geburtsstadt<br />
von Lothar de Maizière, dem letztenMinister-<br />
präsidenten der DDR, liefen wir einfach<br />
quer über den Bahnhofsplatz in die<br />
Bahnhofsstraße, um dort durch die zweite<br />
oder dritte Tür auf der rechten Seite in unser<br />
Hotel zu gehen.<br />
Nordhausen liegt am Flüsschen Zorge in<br />
Thüringen und war bis 1802 eine freie<br />
Reichsstadt. Heute ist Nordhausen Kreisstadt<br />
des gleichnamigen Landkreises.<br />
Um 15.00 Uhr trafen wir uns dann wieder<br />
an der Straßenbahnhaltestelle Bahnhofsplatz,<br />
um im Bistrotriebwagen Nummer 59<br />
das kleine, aber feine Straßenbahnnetz von<br />
Nordhausen zu erkunden.<br />
Nordhausen hat nur zwei<br />
Linien mit einer<br />
Bernhard Mrugalla lichtete auf dem Bahnhofsvorplatz zwei „Combino“ der Stadtwerke Nordhausen ab.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Die Stadt Nordhausen:<br />
Nordhausen liegt auf 185 m ü. NN und war<br />
bis 1802 neben Mühlhausen eine von zwei<br />
freien Reichsstädten in Thüringen.<br />
Das bedeutendste Bauwerk Nordhausens ist der Nordhäuser<br />
Dom Zum Heiligen Kreuz aus der romanisch-gotischen<br />
Zeit. Bekannt ist die Stadt auch für ihre<br />
Spirituosenherstellung (z. B. Nordhäuser Doppelkorn).<br />
Die Stadtfläche von Nordhausen beträgt 89,32 km², die<br />
Einwohnerzahl 43.350.<br />
Nordhausen wurde am 13. Mai 927 in einer Schenkungsurkunde<br />
Heinrichs I. an seine Frau Mathilde<br />
erstmals urkundlich erwähnt. Eine frühere Siedlung lässt<br />
sich jedoch schon bis ins Jahr 785 nachweisen, als die<br />
fränkische Siedlung „Nordhausen“ am Frauenberg entsandt.<br />
Etwa zwischen 908 und 912 erbaute Heinrich I.<br />
die Burg Nordhausen.<br />
1220 wurde Nordhausen von Kaiser Friedrich II. zur<br />
Freien Reichsstadt erhoben, 1430 trat Nordhausen der<br />
Hanse bei.<br />
1507 wurde die Produktion von Branntwein in der<br />
Stadt erstmalig urkundlich erwähnt; der so genannte<br />
Streckenlänge von insgesamt 6,6 Kilometern.<br />
Wolfgang Schneck verglich die Verhältnisse<br />
in Nordhausen mit dem deutlich größeren<br />
Solingen und wunderte sich, dass in dem kleinen<br />
Städtchen Nordhausen die Straßenbahn<br />
werktags im Zehn-Minuten-Takt fährt.<br />
Im Bistro-Wagen konnten wir<br />
uns Getränke und kleine Leckereien<br />
kaufen. Die Reiseleitung<br />
spendierte jedem Mitreisenden<br />
eine Tasse Kaffee und ein<br />
Stückchen Kuchen. Etwa die<br />
Hälfte unserer Gruppe musste<br />
allerdings beweisen, dass sie im<br />
Stehen Kaffee trinken kann.<br />
In die Rundfahrt war eine kleine<br />
Besichtigung des Betriebshofs<br />
eingebaut, dort konnten der in<br />
Wismar gebaute Wagen 23 und<br />
weitere, teils historische<br />
Straßenbahnwagen besichtigt<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Nordhäuser Korn brachte die Stadt im Mittelalter zu Reichtum.<br />
In Spitzenzeiten gab es über 100 Brennereien in<br />
der Stadt. Auch Kautabak wurde damals in Nordhausen<br />
produziert.<br />
1866 erhielt Nordhausen Anschluss an die Eisenbahn<br />
aus Halle (Saale), die Fortsetzung nach Heiligenstadt und<br />
Kassel wurde ein Jahr später eröffnet.<br />
Von 1937 bis 1945 befand sich bei Nordhausen das<br />
Rüstungszentrum und ab August 1943 das Konzentrationslager<br />
Dora-Mittelbau, in welchem nach dem Angriff<br />
auf Peenemünde die Produktion der sogenannten<br />
Vergeltungswaffen, vor allem der neuen V2, aber auch<br />
der älteren V1, stattfand.<br />
Am 3. und 4. April 1945 wurde die Stadt durch britische<br />
Luftangriffe zu drei Vierteln zerstört, wobei etwa<br />
8.800 Menschen ums Leben kamen, weitere 20.000<br />
wurden obdachlos.<br />
Die kriegszerstörte Innenstadt von Nordhausen wurde<br />
in den 1950er/60er Jahren wieder neu aufgebaut.<br />
Nach Auflösung der Länder in der 1949 gegründeten<br />
DDR gehörte die Stadt von 1952 bis zur<br />
Neukonstituierung Thüringens als Bundesland 1990 zum<br />
Bezirk Erfurt.<br />
werden. Anschließend brachte uns unser<br />
Leiter dann zum Bahnhofsplatz zurück.<br />
Es war dann noch etwas Zeit zum Bummeln<br />
oder Einkaufen, bevor wir uns dann<br />
im Café Wien zum Abendessen trafen.<br />
Dieter Scholz fotografierte für uns den Wagen 59 der Stadtwerke Nordhausen,<br />
der sich seinen Strom inzwischen als „Schienen-Bistro“ verdient.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 7
<strong>NEF</strong> on tour<br />
von Bernhard Fechner<br />
Freitag, 21. September:<br />
Der Tag begann um 8.15 Uhr mit einer Stadtführung<br />
in Nordhausen in zwei Gruppen.<br />
Unsere Gruppe startete am Bahnhof, wo<br />
1866 die ersten Züge aus Halle(Saale) in<br />
Nordhausen hielten. Die Verbindung in<br />
Richtung Kassel folgte ein Jahr später.<br />
Nordhausen wurde 927 erstmals in einer<br />
Urkunde erwähnt und entwickelte sich bis<br />
1220 zur Freien Reichsstadt. 1430 wurde die<br />
Stadt Mitglied des Hansebundes, was dem<br />
wirtschaftlichen Wohlergehen zugute kam.<br />
Seit 1507 ist der bekannte „Nordhäuser<br />
Korn“ urkundlich und wird somit in diesem<br />
Jahr 500 Jahre alt.<br />
1899 fuhr der erste Zug auf der<br />
Schmalspurstrecke mit 1.000 mm Spurweite<br />
auf den Brocken. Noch Anfang April 1945<br />
wurde Nordhausen massiv bombardiert, es<br />
gab fast 9.000 Tote und die gesamte<br />
historische<br />
8<br />
Nordhausen und der Maschinenbau:<br />
Von der „Montania AG“ in Nordhausen,<br />
vormals „Gerlach & König“, werden seit<br />
1907 Verbrennungsmotorlokomotiven gebaut. Im Jahr<br />
1912 wird die Montania von der Maschinenbau-Firma<br />
Orenstein & Koppel übernommen und in „Orenstein &<br />
Koppel AG – Nordhausen“ umbenannt. Bis 1935 werden<br />
hier 5.299 Lokomotiven hergestellt, bis zur letzten<br />
Lieferung 1942 insgesamt 9.371 Stück, darunter<br />
vermutlich auch die DR-Dampflokomotiven-Baureihe<br />
50 und die Kriegslokomotive BR 52. Im Januar 1942<br />
wird der Lokomotivbau einschließlich 421 bereits begonnener<br />
Lokomotiven nach Prag verlagert. Nach<br />
Kriegsende wird der Lokomotivbau in Nordhausen nicht<br />
wieder aufgenommen.<br />
Während der Ära der DDR wurden im „VEB Schwermaschinenbau<br />
NOBAS Nordhausen“ unter anderem<br />
Bagger hergestellt. Der Betrieb wurde in den neunziger<br />
Jahren von der GP Günter Papenburg AG übernommen<br />
und firmiert als deren Betriebsteil Nordhausen.<br />
Es werden hauptsächlich Motorgrader, Komponenten<br />
für Baumaschinen sowie Seilbagger hergestellt.<br />
Ebenfalls wurden zu DDR-Zeiten im VEB IFA Motorenwerke<br />
Nordhausen LKW-Motoren für die LKW W 50<br />
und L 60 gebaut. Nach der Privatisierung konnte sich<br />
der Betrieb noch bis 1996 halten und ist seitdem insolvent.<br />
Altstadt wurde zerstört. Die zu DDR-<br />
Zeiten im „Plattenstil“ gebauten Wohnanlagen<br />
erfuhren nach der Wende eine<br />
recht ansehnliche Neugestaltung<br />
und<br />
Der Zug HSB 8920 aus Nordhausen wurde von 99 7242 nach Drei Annen Hohne gebracht. Dort setzte sich die<br />
Schwesterlok 99 7245 an das andere Zugende und zog ihn weiter zum Brocken. Dieter Scholz beobachtete das Treiben.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
auch die Thüringische Landesgartenschau in<br />
2004 brachte Mittel zur Verschönerung in<br />
die Stadt.<br />
Der Brocken war während der SED-Periode<br />
als militärisches Sperrgebiet absolut tabu<br />
und von russischen Streitkräften als „Horchposten“<br />
nach Westen sehr geschätzt. Er war,<br />
wie die Harzer sagten, „der höchste Berg der<br />
Welt, denn keiner kommt bis rauf“. Leider<br />
hält auch im Harzer Land der Trend zur Abwanderung<br />
an, so dass Nordhausen heute<br />
noch ungefähr 43.000 Einwohner hat.<br />
Um 10.14 Uhr startete der planmäßige<br />
Dampfzug mit Lok 99 7242 bei herrlichem<br />
Spätsommerwetter zur Brockenfahrt.<br />
Unterwegs gab es neben Erfrischungen im<br />
Büfettwagen bei Zugkreuzungen in Ilfeld,<br />
Eisfelder Talmühle, Drei Annen Hohne (plus<br />
Wasserfassen) und Schierke genügend<br />
Fotografiermotive, vorausgesetzt, die vielen<br />
Menschen ließen einen guten Schnappschuss<br />
zu. Um 13.31 Uhr wurde das Brockenplateau<br />
erreicht.<br />
Der Aufenthalt auf dem<br />
Brocken konnte in-<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
dividuell gestaltet werden und zur Rückfahrt<br />
nach Nordhausen standen jedem Teilnehmer<br />
drei Züge unterschiedlicher Gattung zur Verfügung.<br />
Der Dampfzug startete bereits um<br />
14.38 Uhr und gelangte um 17.40 Uhr nach<br />
Nordhausen. Die späte Variante verließ den<br />
Brocken 16.08 Uhr als Dampfzug, fuhr ab<br />
Drei Annen Hohne als Dieseltriebwagen und<br />
kam um 19.10 Uhr in Nordhausen an.<br />
Die „Zwischenlösung“ fuhr um 15.26 Uhr<br />
mit Zuglok 99 7239 bis Schierke. Dort wurde<br />
dann der bekannte „Schierker Feuerstein“<br />
verkostet und Lok 99 7245 brachte uns<br />
16.47 Uhr rechtzeitig nach Drei Annen Hohne,<br />
von wo der bereits erwähnte Triebwagen<br />
187 016 ab 17.05 Uhr gemütlich in Richtung<br />
Nordhausen tuckerte.<br />
An der Station Tiefenbachmühle wurde<br />
dem Triebwagenführer von einem dort grillenden<br />
Kollegen eine Bratwurst gereicht.<br />
Noch ein Fahrzeugwechsel<br />
in Eisfelder<br />
Talmühle, und<br />
der Triebwagen<br />
187 017 brachte<br />
uns zurück zum<br />
Abendessen ins<br />
Cafe Wien.<br />
Am Brocken war viel geboten. Da war es nur gut, dass der Aufenthalt individuell gestaltet werden konnte. Dieter Scholz<br />
zum Beispiel nutzte die Gelegenheit und lichtete einen Sonderzug mit NWE T3 und einem „Beiwagen“ ab.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 9
<strong>NEF</strong> on tour<br />
von Georg Oßwald<br />
Samstag, 22. September:<br />
Unsere Fahrt beginnt wie am Vortag am<br />
Bahnhof Nordhausen Nord, aber nicht am<br />
Bahnsteig, sondern am Bahnhofsplatz an der<br />
Straßenbahnhaltestelle. Für das kurze Stück,<br />
das sie vom Bahnhof bis zur Haltestelle und<br />
zurück fahren, sind die Triebwagen der HSB<br />
„nach BO Strab zugelassen“.<br />
Wie wir einer Anschrift des in Richtung<br />
Hasselfelde vorderen Triebwagens entnehmen<br />
können, ist gerade heute der letzte Tag<br />
seiner verlängerten Untersuchungsfrist.<br />
Bei strahlender Morgensonne besteigt<br />
unsere Gruppe den vorderen der beiden<br />
Halberstädter Triebwagen (Baujahr 1999),<br />
der Zug bringt uns auf der gleichen<br />
Strecke wie gestern<br />
zum Bahnhof Eisfelder<br />
Talmühle, unserTriebwagen<br />
fährt<br />
wei-<br />
10<br />
ter nach Stiege auf der erst 1905 eröffneten<br />
Strecke, die ihren Bau dem Umstand verdankt,<br />
dass die Bevölkerung des damals<br />
braunschweigischen Hasselfelde wirtschaftlich<br />
mehr nach dem preußischen Nordhausen<br />
als dem anhaltischen Harzgerode orientiert<br />
war. Weiter geht die Fahrt nach<br />
Hasselfelde, dem Endpunkt der Strecke, und<br />
gleich wieder zurück über Stiege nach<br />
Alexisbad.<br />
In Stiege wird der wegen einer Zugkreuzung<br />
nötige Aufenthalt zu einer Fahrt<br />
durch die dort seit 1983 vorhandene Wendeschleife<br />
benützt.<br />
Von Alexisbad aus bringt uns der selbe<br />
Triebwagen hinauf nach Harzgerode und<br />
nach einer ca. einer halbstündigen Pause<br />
zurück nach<br />
Alexisbad.<br />
In Stiege bot sich die Gelegenheit, den Prototyp-Neubautriebwagen 185 015 neben einem „Serienfahrzeug“ in Gestalt von<br />
187 019 abzulichten. Bernhard Mrugalla war zur rechten Zeit am rechten Ort.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Die Triebfahrzeuge der Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB)<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Nummer Achsfolge Fabriknummer Leistung Bemerkung/Herkunft<br />
99 5901 B’Bn4vt Jung 1897/258 270 PSi ex DR, NWE 11<br />
99 5902 B’Bn4vt Jung 1897/261 270 PSi ex DR, NWE 12<br />
99 5903 B’Bn4vt Jung 1898/345 270 PSi ex DR, NWE 13, abgestellt<br />
99 5906 B’Bn4vt MBG 1918/2052 230 PSi ex DR, NWE 41<br />
99 6001 1‘C1‘h2 Krupp 1939/1875 540 PSi ex DR, NWE 21<br />
99 6101 Ch2t Henschel 1914/12879 380 PSi ex DR, NWE 6, Leihgabe an IG HSB<br />
99 6102 Cn2t Henschel 1914/12880 300 PSi ex DR, NWE 7, Leihgabe an FKS<br />
99 222 1‘E’h2t Schwartzkopf 1931/9921 750 PSi ex DR 99 7222<br />
99 7231 1‘E’h2t LKM 1954/134008 700 PSi ex DR, abgestellt<br />
99 7232 1‘E’h2t LKM 1954/134009 700 PSi ex DR<br />
99 7233 1‘E’h2t LKM 1954/134010 700 PSi ex DR, abgestellt<br />
99 7234 1‘E’h2t LKM 1954/134011 700 PSi ex DR<br />
99 7235 1‘E’h2t LKM 1954/134012 700 PSi ex DR<br />
99 7236 1‘E’h2t LKM 1955/134013 700 PSi ex DR<br />
99 7237 1‘E’h2t LKM 1955/134014 700 PSi ex DR<br />
99 7238 1‘E’h2t LKM 1955/134015 700 PSi ex DR<br />
99 7239 1‘E’h2t LKM 1955/134016 700 PSi ex DR<br />
99 7240 1‘E’h2t LKM 1955/134017 700 PSi ex DR<br />
99 7241 1‘E’h2t LKM 1955/134018 700 PSi ex DR<br />
99 7242 1‘E’h2t LKM 1955/134019 700 PSi ex DR<br />
99 7243 1‘E’h2t LKM 1955/134020 700 PSi ex DR<br />
99 7244 1‘E’h2t LKM 1955/134021 700 PSi ex DR, abgestellt<br />
99 7245 1‘E’h2t LKM 1955/134022 700 PSi ex DR<br />
99 7246 1‘E’h2t LKM 1955/134023 700 PSi ex DR, abgestellt<br />
99 7247 1‘E’h2t LKM 1956/134024 700 PSi ex DR, abgestellt, Leihgabe an FKS<br />
199 005 C LKM 1964/250352 75 kW ex DR, abgestellt, Leihgabe an IG HSB<br />
199 006 C LKM 1964/250353 75 kW ex DR, abgestellt, Leihgabe an IG HSB<br />
199 010 B BMAG 1934/10224 59 kW ex DR 100 325, abgestellt, Leihgabe an FKS<br />
199 011 B Jung 1935/5668 59 kW ex DR 100 639<br />
199 012 B BMAG 1934/10164 59 kW ex DR 100 213, abgestellt<br />
199 301 C LKM 1966/263001 147 kW ex DR, abgestellt<br />
199 861 C’C’ LEW 1976/15379 883 kW ex DR 110 861, modernisiert<br />
199 871 C’C’ LEW 1976/15389 883 kW ex DR 110 871, modernisiert<br />
199 872 C’C’ LEW 1976/15390 883 kW ex DR 110 872, modernisiert<br />
199 874 C’C’ LEW 1976/15392 883 kW ex DR 110 874, modernisiert<br />
199 877 C’C’ LEW 1978/16371 883 kW ex DR 110 877, abgestellt<br />
199 892 C’C’ LEW 1978/16386 883 kW ex DR 110 892<br />
GHE T1 1A Dessau 1933/3046 125 PS ex DR 187 001, GHE<br />
NWE T3<br />
187 011<br />
Bo’Bo’<br />
B’2'<br />
Wismar/BBC 1940 328 PS<br />
Talbot 1955/97519 von Matthias Köhler 210 PS<br />
ex DR 187 025, NWE<br />
ex Langeoog T1<br />
187 012 B’B’ Fuchs 1955/9107 2x 210 PS ex Langeoog T3<br />
187 013 B’2' Talbot 1955/97520 210 PS ex Langeoog T4<br />
187 015 B’2' Wittenberge 1996 330 PS -<br />
187 016 B’2' Halberstadt 1999/01/1999 328 PS -<br />
187 017 B’2' Halberstadt 1999/02/1999 328 PS -<br />
187 018 B’2' Halberstadt 1999/03/1999 328 PS -<br />
187 019 B’2' Halberstadt 1999/04/1999 328 PS -<br />
Dort besteigen wir den mit der Malletlok<br />
99 5906 bespannten Zug nach Quedlinburg.<br />
Dieser fährt zunächst im Selketal hinab<br />
nach Mägdesprung und dann über das<br />
Ramberg-Massiv mit Steigungen bzw.<br />
Gefällen bis zu 1:25 nach Gernrode (bis 2006<br />
Anfangs- bzw. Endpunkt der Selketalbahn).<br />
Schließlich erreichen wir über die von 2005<br />
bis 2006 von Normal- auf Meterspur<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 11
<strong>NEF</strong> on tour<br />
umgespurte ehemalige DB-Strecke den<br />
neuen Endpunkt Quedlinburg.<br />
Am Bahnhofsvorplatz beginnt unsere<br />
Stadtrundfahrt mit einer aus Zugmaschine<br />
und Anhängern bestehenden, äußerlich einem<br />
Eisenbahnzug nachgebildeten<br />
Touristenbahn, wie es sie in vielen Städten<br />
gibt. Bei der Fahrt ist allzu deutlich zu spüren,<br />
dass eine Fahrt auf Schienen viel angenehmer<br />
ist als auf dem holperigen Kopfsteinpflaster<br />
der historischen Altstadt von<br />
Quedlinburg. Die Fahrt endet am Marktplatz<br />
und jeder kann individuell zu Fuß zum Bahnhof<br />
zurückkehren.<br />
Die Malletlok 99 5906 bringt unseren Zug<br />
nach Alexisbad zurück und wir steigen in<br />
einen Omnibus um, der uns nach Eisfelder<br />
Talmühle bringen sollte, weil eine Fahrt mit<br />
dem nächsten fahrplanmäßigen Zug uns zu<br />
spät nach Nordhausen gebracht hätte und<br />
für eine Sonderfahrt kein Triebwagen verfügbar<br />
war.<br />
Sonntag, 23. September:<br />
12<br />
von Matthias Köhler<br />
Ebenso wie am Sonnabend bestiegen wir bei<br />
genauso schönem Spätsommerwetter den<br />
Triebwagen in Richtung Eisfelder Talmühle.<br />
Allerdings drängten wir uns heute in den<br />
vorderen der beiden Triebwagen, um bis<br />
Wernigerode durchfahren zu können. Nach<br />
einem längeren Kreuzungshalt in Eisfelder<br />
Talmühle gab es eine außerplanmäßige Kreuzung<br />
mit dem Triebwagen 187 012 in Benneckenstein,<br />
die unserer Bahn bis Drei<br />
Annen Hohne eine leichte Verspätung einbrachte.<br />
Von Drei Annen Hohne in 534 m<br />
Höhe ging es in gemütlicher Fahrt talwärts<br />
ins 234 m tief gelegene Wernigerode.<br />
Unser Reiseleiter Kurt Müller disponiert<br />
aber spontan um und läßt den Bus nach Stiege<br />
fahren. Dort erreichen wir tatsächlich<br />
(wenn auch knapp) den Triebwagen der HSB<br />
(diesmal den „Wittenberger“, 187 015 von<br />
1996), mit dem wir statt um 19.40 Uhr schon<br />
um 19.10 Uhr in Nordhausen ankommen.<br />
Unser Abendessen können wir, weil der Wirt<br />
per Handy verständigt wurde, auch schon<br />
eine halbe Stunde früher als geplant einnehmen.<br />
Für die Fahrt mit der Bahn von Stiege nach<br />
Alexisbad haben wir am Vormittag 50 Minuten<br />
gebraucht, die Fahrzeit des Omnibusses<br />
von Alexisbad nach Stiege betrug gerade<br />
die Hälfte, nämlich 25 Minuten. Dies<br />
zeigt eindrucksvoll, wie weit moderner Strassenverkehr<br />
dem traditionellen Schienenverkehr<br />
vor allem bei relativ kurzen Beförderungsstrecken<br />
überlegen ist. Wen wundert<br />
es deshalb, dass sich die Bahn immer mehr<br />
aus der Bedienung der Fläche zurückzieht?<br />
Kurz nach dem Betriebsbahnhof Drängetal<br />
folgte der einzige Tunnel der HSB, der<br />
70 m lange Thumkuhlenkopftunnel durch<br />
den Hornfelsen. Immer weiter talwärts erreichten<br />
wir nach zwei engen Schleifen die<br />
Talsohle im Wernigeröder Stadtteil Hasserode.<br />
Die Bierbrauerei gleichen Namens wurde<br />
allerdings inzwischen ins neue Gewerbegebiet<br />
verlagert. Weiter ging es hier ähnlich<br />
einer Überlandstraßenbahn durch Vorgärten<br />
und neben romantischen Wegen zur berühmten<br />
Straßenkreuzung am Westerntor.<br />
Hier fuhren wir mit unserem Triebwagen<br />
quer über die ampelgesicherte Kreuzung unmittelbar<br />
vor dem spätmittelalterlichen Stadttor.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Im Bahnhof Wernigerode<br />
Westerntor trennten sich die<br />
Wege der <strong>NEF</strong>ler: Zum einen<br />
gab es für die erste Gruppe eine<br />
Besichtigung der HSB-Fahrzeugwerkstatt<br />
(Bericht hierzu auf Seite<br />
14). Die zweite Gruppe scharte<br />
sich um eine Stadtführerin, die<br />
uns in einer Stunde die schönsten<br />
Ecken und Plätze der „bunten<br />
Stadt am Harz“ zeigte.<br />
Dabei erhielten wir gleichzeitig<br />
einen kurzen Überblick über<br />
die Stadtgeschichte. An vorbildlich<br />
restaurierten Fachwerkhäusern<br />
vorbei spazierten wir über die Ringund<br />
die Heidestraße zum Marktplatz mit<br />
dem neugotischen Wohltäterbrunnen und<br />
dem allseits bekannten reich verzierten Rathaus.<br />
Durch die Klintgasse kamen wir am<br />
„Schiefen Haus“ vorbei zur Kirche<br />
St. Sylvestri am Oberpfarrkirchhof. Hier<br />
weilte dereinst Geheimrat Goethe anno 1777<br />
bei einer seiner Harzreisen, die ihn auch auf<br />
den Brocken geführt hatte. Beim Gang zurück<br />
zum Ausgangspunkt am Westerntor<br />
hatten wir einen herrlichen Blick hinauf zum<br />
Schloss, das hoch über der Stadt thront.<br />
Anschließend fuhren wir mit einem<br />
Dampfzug der HSB die letzten tausend Meter<br />
zum Bahnhof Wernigerode.<br />
Mit einem Triebwagen des Harz-Elbe-Express<br />
(HEX) gelangten wir in nicht einmal<br />
20 Minuten über den einst bedeutenden<br />
Kreuzungsbahnhof Heudeber-Danstedt in<br />
die alte Bischofsstadt Halberstadt. Hier warteten<br />
wir vor dem Bahnhof auf die Ankunft<br />
des Straßenbahnsondertriebwagens Nr. 36<br />
der Reihe „Gotha“, Baujahr 1956. Für unse-<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Monika Mrugalla hatte sich der Gruppe „Stadtführung“ angeschlossen. Dabei<br />
bot sich die Möglichkeit für dieses Foto der Altstadt.<br />
re große Gruppe war dieses Fahrzeug entschieden<br />
zu klein.<br />
Wir befuhren dennoch das gesamte Streckennetz<br />
von gerade einmal 10,5 km. Auf<br />
Meterspur ging es in rascher Fahrt zunächst<br />
durch die Altstadt, die Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges zu 80% zerstört wurde. Über ein<br />
erstes eingleisiges Streckenstück erreichten<br />
wir den nördlichen Endpunkt der Linie 1<br />
„Friedhof“, an dem wir über ein Gleisdreieck,<br />
das gleichzeitig als Depoteinfahrt<br />
dient, wendeten. Über eine Gleisverbindung<br />
in der Dominikanerstraße ging es durch die<br />
Altstadt mit vorbildlich restaurierten Fachwerkhäusern<br />
zur Vogtei und weiter über eine<br />
in den 1990er Jahren gebaute eingleisige Verlängerungsstrecke<br />
zum neuesten Endpunkt<br />
der Halberstädter Straßenbahn am Sargstedter<br />
Weg. Nach dem obligatorischen,<br />
Fotohalt fuhren wir durch die Altstadt, den<br />
Dom halb umrundend, am Holzmarkt vorbei<br />
auf dem südwestlichen Linienast Richtung<br />
Klus am Fuße der Spiegelberge. Auf der<br />
Rückfahrt zum Hauptbahnhof machten wir<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 13
<strong>NEF</strong> on tour<br />
noch einen Fotohalt an der niveaugleichen<br />
Kreuzung mit der DB-Strecke nach Blankenburg<br />
am Harz. Am Bahnhof hatten wir<br />
schließlich Zeit und Gelegenheit für eine<br />
Pause, bevor wir mit einem HEX den Ostharz<br />
im Uhrzeigersinn halb umrundeten.<br />
In Sandersleben (Anhalt) kamen wir, nachdem<br />
wir die „Kanonenbahn“ Berlin –<br />
Wetzlar – Metz bei der Einfahrt gekreuzt hatten,<br />
auf der Ostseite des Inselbahnhofs an.<br />
Auf der Westseite warteten wir dann auf den<br />
RE Magdeburg – Erfurt, den wir allerdings<br />
nur bis Sangerhausen benutzten. Dabei kamen<br />
wir schon mal an Hettstedt und Klostermansfeld<br />
vorbei, die wir am Montag noch<br />
näher kennen lernen sollten. Zwischen dem<br />
„Trennungsbahnhof“ Blankenheim, wo wir<br />
Besichtigung der Werkstatt<br />
Nach der Zugfahrt Nordhausen – Wernigerode<br />
Westerntor teilte sich die Reisege-<br />
14<br />
von Bernhard Fechner<br />
uns in die Strecke von Halle (Saale) her einfädelten,<br />
und dem Bahnhof Blankenheim<br />
fuhren wir durch den 875 m langen Blankenheimer<br />
Tunnel unter dem Hornburger Sattel.<br />
Ein letztes Mal mussten wir schließlich<br />
in Sangerhausen umsteigen. Mit einem RE<br />
Halle – Kassel durchquerten wir in der letzten<br />
halben Stunde unserer Tagestour die<br />
„Goldene Aue“, eine breite, fruchtbare Niederung<br />
zwischen Harz und Kyffhäuser.<br />
Dieser Bergrücken ist ja bekannt für seine<br />
Kalksteinhöhlen (Barbarossahöhle) und das<br />
weithin sichtbare, 1896 errichtete Kyffhäuserdenkmal<br />
mit den Figuren Barbarossa<br />
und Wilhelm I. So erreichten wir den Ausgangspunkt<br />
unserer Ostharzrundreise Nordhausen<br />
in schönstem Abendsonnenschein.<br />
sellschaft – wie schon erwähnt – in zwei<br />
Gruppen, eine zur Stadtführung, die zweite<br />
Gruppe aus acht <strong>Eisenbahnfreunde</strong>n infor-<br />
Dieter Scholz hatte beim Rundgang durch die HSB-Werkstatt seine Kamera dabei und machte unter anderem dieses Bild.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
mierte sich in der zentralen Werkstatt der<br />
HSB. Hier wird das gesamte Wagenmaterial<br />
gewartet und soweit möglich instandgesetzt.<br />
40 der 250 Beschäftigten der HSB arbeiten<br />
hier. Der Fuhrpark umfasst die Baujahre<br />
1897 bis 2006 und hat rund 1,1 Millionen<br />
Fahrgäste pro Jahr, davon ca. 900.000<br />
Brockenreisende, zu transportieren und die<br />
Strecke in Ordnung zu halten.<br />
Neuester Erwerb ist eine moderne Schneeschleuder<br />
Schweizer Fertigung, die leider im<br />
letzten Winter mangels Schnee nicht zum<br />
Einsatz kam. Von den 25 fahrbereiten<br />
Dampflokomotiven stammen 17 aus der sog.<br />
„Neubauserie“ der 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts.<br />
Dampftraktion findet primär auf der Strecke<br />
Wernigerode – Brocken und auf dem<br />
Abschnitt von und nach Quedlinburg statt.<br />
Montag, 24. September:<br />
Als wäre Feiertag, konnte man auch diesen<br />
wieder strahlenden Morgen geruhsam<br />
angehen. Nach letzten<br />
Fotos von der Dachgalerie des<br />
Hotels ging´s über den<br />
Bahnhofsplatz zum Gleis 1 des<br />
DB-Bahnhofs, wo uns um<br />
9.38 Uhr ein RE der Linie Kassel<br />
– Halle mit einer 143er aufnahm.<br />
In Sangerhausen bereits<br />
hieß es umsteigen in einen 642<br />
der RE-Linie Erfurt –<br />
Magdeburg.<br />
Hinter dem Blankenheimer Tunnel<br />
galt das Interesse den Resten<br />
der früher zweigleisigen, kreu-<br />
von Ulrich Montfort<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Die Werkstatt selbst hat drei Hebeanlagen<br />
zu je max. 80 Tonnen Traglast und Deckenkrane<br />
zu zwei Mal neun Tonnen Hebelast.<br />
Zu sehen waren der Motorentausch bei einer<br />
der sechs noch in Dienst stehenden umgebauten<br />
Normalspur-Dieselloks („Harzkamele“)<br />
sowie eine Dampflok ohne Zylinder<br />
und Rauchkammer-Innenleben. Schöne<br />
Eindrücke, die man nicht alle Tage hat. Auch<br />
den Triebwagen 187 019 mit Fristablauf<br />
22. September 2007 sahen wir in der Halle.<br />
Ihn hatten wir bereits am Freitag im Planbetrieb<br />
„entdeckt“ und uns gefragt, ob man<br />
bei HSB wohl auf die Fristen achtet? Nun,<br />
offensichtlich ist das so.<br />
Zu Fuß oder mit einem Dampfzug gelangte<br />
man zum Bahnhof Wernigerode, von wo<br />
aus die wieder vereinte Gruppe zur Straßenbahnsonderfahrt<br />
nach Halberstadt fuhr.<br />
zungsfreien Ausfädelung der Magdeburger<br />
aus der nach Halle führenden Strecke. Rasch<br />
war Klostermansfeld erreicht, wir verließen<br />
Georg Oßwald war mit seiner Kamera zur Stelle und lichtete für uns die<br />
zerlegte Lok 7 Kreisbahn Mansfelder Land GmbH ab.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 15
<strong>NEF</strong> on tour<br />
den Zug und konnten das Gepäck in dem<br />
vom Verein Mansfelder Bergwerksbahn hervorragend<br />
bis in die feinsten Details restaurierten<br />
Bahnhofsgebäude einstellen.<br />
Nun ging´s zu den nahe gelegenen, einigen<br />
Teilnehmern noch von 1993 bekannten<br />
Anlagen der Mansfelder Lok- und Waggonbau<br />
Bahnwerkstatt GmbH (MaLoWa). Hier<br />
genossen wir eine halbstündige Führung<br />
durch Werkshallen und Freigelände des sehr<br />
rührigen Unternehmens. Von den zahlreichen<br />
Lok- und Wagentypen, die – vom unansehnlichen<br />
Arbeitsvorrat bis zum mustergültig<br />
aufgearbeiteten Schmuckstück – in allen<br />
Stadien zu sehen waren, sei – weil im<br />
Nürnberg der 1960er-Jahre wohlbekannt –<br />
ein VT 60 (jetzt wieder VT 137 396) nebst<br />
Steuerwagen VS 145 137 genannt, die einem<br />
Osnabrücker Verein gehören.<br />
16<br />
Es folgte eine Fahrt mit einem Planzug der<br />
„Wipperliese“ nach Wippra im Unterharz.<br />
Diese 1920 eröffnete, 20 Kilometer lange<br />
Stichbahn wird im Auftrag der DB von der<br />
„Kreisbahn Mansfelder Land GmbH“ mit<br />
modernisierten Esslinger Triebwagen der<br />
„jungen Generation“ betrieben. Unseren<br />
Zug bildete VT 407, Baujahr 1961, der früher<br />
als VT 104 bei der Frankfurt-Königsteiner<br />
Eisenbahn diente; das mit Außen-<br />
Schwingtüren ausgestattete, in blau-grau gehaltene<br />
Fahrzeug trägt an den Stirnseiten das<br />
DB-Logo und die Buchstaben KML, seitlich<br />
den Namen „Wipperliese“.<br />
Die Strecke führt hinter Klostermansfeld<br />
auf einem beachtlichen, stählernen Viadukt<br />
18 Meter hoch über das Mansfelder Tal.<br />
Ungebremste Vegetation hindert leider öfter<br />
den Blick auf die hübsche Landschaft. So<br />
war vor und nach dem einzigen<br />
Tunnel der Strecke die<br />
Rammelburg kaum auszumachen.<br />
Der<br />
Endbahn-<br />
Im Bahnhof Klostermansfeld lichtete Jörg Freuenberger den VT 407 der Kreisbahn Mansfelder Land GmbH ab, mit dem<br />
die <strong>NEF</strong>-Reisegruppe später die Strecke nach Wippra bereiste.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
hof Wippra weist nur noch einen Gleisstumpf<br />
auf, der – wie heute leider oft zu finden<br />
– weit vor dem Empfangsgebäude endet.<br />
(Zum Ärger der Fotografen hielt der Zug<br />
auch noch 50 Meter vor dem Prellbock!)<br />
In Klostermansfeld zurück, strebten wir<br />
dem auf der Nordseite des Bahnhofsgebäudes<br />
im Schmalspurbereich wartenden<br />
Dampf-Sonderzug P 246 der Mansfelder<br />
Bergwerksbahn zu. Am Bahnsteig ist der<br />
Stationsname „Benndorf“ angeschrieben,<br />
der zu einem südlich der Hauptbahn gelegenen<br />
Ortsteil gehört. Mit der Museumsbahn<br />
Benndorf – Hettstedt betreibt der Verein<br />
MBB ein elf Kilometer langes Reststück<br />
des ehemals ausgedehnten 750-mm-Werksbahnnetzes<br />
des Kupferschieferbergbaus im<br />
Mansfelder Revier. Unseren Zug aus drei<br />
vierachsigen Sitz- und einem ebensolchen<br />
Dienstwagen bespannte die D-h2-Tenderlok<br />
11 (O&K 1939); sie zog ihn kräftig arbeitend,<br />
vorbei an einigen der typischen<br />
vegetationsfeindlichen Schieferabraumhalden,<br />
ohne Fotohalt zu dem oberhalb des<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Ortes Hettstedt gelegenen betrieblichen<br />
Endpunkt. Unterwegs gab der Vereinsvorsitzende<br />
ausführliche Informationen, zwei<br />
muntere Mitarbeiterinnen sorgten für Flüssiges.<br />
Nachdem die Lok an einer im Gefälle<br />
liegenden Weiche mittels Abrollen der<br />
Wagengarnitur umgesetzt hatte, ging es ein<br />
kurzes Stück zurück zur Mittagspause an der<br />
Haltestelle „Eduardschacht“. Eintopf und<br />
Würstchen, im Zuge mitgeführt, waren<br />
inzwischen heiß und wurden mit Appetit<br />
vertilgt. Bei der weiteren Rückfahrt gab es<br />
am Sierslebener Dreieck, wo 1993 ein legendäres<br />
Grill-Picknick stattgefunden hatte,<br />
noch einen Fotohalt, dann war Benndorf<br />
wieder erreicht und damit zugleich der DB-<br />
Bahnhof Klostermansfeld.<br />
Der Rest ist rasch erzählt. Nach Abholung<br />
des Gepäcks brachte uns ein 642er-RE nach<br />
Sangerhausen, von dort ein Wendezug-RE<br />
nach Kassel-Wilhelmshöhe. Mit der Fahrt im<br />
ICE 883 nach Nürnberg endete die erste und<br />
letzte Mehrtagesexkursion des Jahres zu<br />
wohl allseitiger Zufriedenheit.<br />
Zum Abschluss noch ein Foto vom Dampfzug der Mansfelder Bergwerksbahn, aufgenommen von Dieter Scholz.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 17
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Zur Lokwelt Freilassing<br />
Die vorletzte <strong>NEF</strong>-Exkursion des Jahres 2007 führte 18 Teilnehmer am 20. Oktober<br />
zur Lokwelt nach Freilassing. 13 dieser <strong>Eisenbahnfreunde</strong> begannen bereits<br />
um 7.10 Uhr in Nürnberg ihre Fahrt mit dem RE 4035, den die 101 090 pünktlich<br />
bis vor die Einfahrt am Münchner Hauptbahnhof zog, dort aber wegen des angeblich<br />
belegten Gleises etwa fünf Minuten warten musste.<br />
Bis zur Abfahrt der RB 30011 mit der<br />
111 031 nach Traunstein hatte man reichlich<br />
Zeit, währenddessen auch die fünf treuen<br />
Mitfahrer aus dem Münchner Raum zu uns<br />
stießen.<br />
Normalerweise fährt diese ReginalBahn bis<br />
Salzburg, aber kurz vor Freilassing wurde das<br />
südliche Gleis durchgearbeitet und deshalb<br />
herrschte zwischen Teisendorf und<br />
Freilassing eingleisiger Verkehr. Alle RBs<br />
entfielen und wurden durch Busse ersetzt,<br />
aber auch die ICs konnten zuschlagfrei benutzt<br />
werden.<br />
Wir <strong>Eisenbahnfreunde</strong> ließen uns diese<br />
Gelegenheit nicht entgehen und fuhren ab<br />
18<br />
von Werner Schüssel<br />
In der Eisenbahnerstadt Freilassing hat 144 502 auch abseits des Museums<br />
bis in die Gegenwart überlebt. Michael Mrugalla fotografierte das Denkmal.<br />
Traunstein im IC 2293, geschoben von der<br />
101 048. Mit ein paar Minuten Verspätung<br />
traf man in Freilassing ein.<br />
Jetzt war es Mittag, somit Essenszeit. In<br />
einem Sonderbus der Firma Hogger wurde<br />
das Hotel Restaurant Oedhof angesteuert,<br />
wo flugs das Mittagessen serviert wurde. Es<br />
gab Kraftbrühe mit Maultaschen und Zürcher<br />
Rahmgeschnetzeltes mit Röstinchen<br />
und Salat. Das Essen war bald verzehrt, so<br />
konnte man sich zu Fuß auf den Weg zur<br />
Lokwelt Freilassing machen. In fünf Minuten<br />
war man am Ort.<br />
Die Lokwelt Freilassing ist ein Eisenbahnmuseum,<br />
das gemeinsam von der Stadt<br />
Freilassing und dem Deutschen<br />
Museum in München betrieben<br />
wird. Es ist im ehemaligen<br />
Bw Freilassing untergebracht,<br />
welches bis 1905 errichtet und<br />
1994 geschlossen worden ist.<br />
2003 erwarb die Stadt Freilassing<br />
die Anlagen und sanierte sie musterhaft.<br />
Der Ringlokschuppen<br />
erhielt ein neues Dach, wobei die<br />
alten senkrechten Holzstützen im<br />
Inneren weiterhin Verwendung<br />
fanden. Die Tore sind neu, die<br />
Fenster im alten Stil, erhielten<br />
aber innen eine zusätzliche Ganzglasscheibe<br />
zur Isolierung. Es ste-<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
hen Garderobenschränke zur Verfügung mit<br />
Schlüsseln ohne Pfand. Auch die Toiletten<br />
sind bestens gepflegt. Der Verein „Freunde<br />
des historischen Lokschuppens 1905“ unterstützt<br />
das Vorhaben tatkräftig.<br />
In diesem Zusammenhang ist interessant,<br />
warum die meisten Lokschuppen hölzerne<br />
Dächer hatten, die sich doch leicht entzünden<br />
konnten, siehe den Ringlokschuppen des<br />
DB-Museums Nürnberg. Ein Grund ist sicher<br />
der Preis, ein wichtiger anderer war aber,<br />
dass es fast keine Alternative gab: Die Rauchgase<br />
der Loks sind chemisch recht aggresiv,<br />
sie greifen eiserne Träger schneller an als hölzerne,<br />
auch Beton war nicht so widerstandsfähig<br />
und damals für Träger noch schwierig<br />
zu verarbeiten.<br />
17 der 20 Schuppenstände sind mit Fahrzeugen<br />
besetzt, an einem Stand wird ein Film<br />
über die Errichtung des Museums gezeigt.<br />
Die Fahrzeuge wurden im April 2006 vom<br />
Deutschen Museum in München nach<br />
Freilassing überführt, weil sie an der<br />
Theresienwiese nicht mehr untergebracht<br />
werden konnten.<br />
An Dampflokomotiven fand<br />
man die Schnellzuglok B IX<br />
„1000“ von Maffei vor, ebenso<br />
die Zahnradlok III Nr. 719 von<br />
der Schafbergbahn die Zahnradlok<br />
Z 3. Die elektrische Traktion<br />
war vertreten durch die<br />
Güterzuglok De 2/2, die<br />
Oberammergauer Lok LAG 1,<br />
die E 16 07, die E 44 051 unter<br />
der DR-Nummer 244 051, die<br />
103 167 und einen Ursprungszug<br />
der Wendelsteinbahn.<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Von den Dieselfahrzeugen<br />
ist die<br />
V 140 001 hervorzuheben,<br />
die erste Großdiesellok<br />
weltweit, die<br />
sich in der Praxis bewährte,<br />
und als Stammmutter<br />
aller hydraulischen<br />
Großloks gilt.<br />
Beeindruckend ist<br />
auch die Antriebsanlage<br />
einer V 160,<br />
vom Dieselmotor<br />
über das Voith-Getriebe<br />
und den Gelenkwellen zu den Achsantrieben.<br />
Daneben finden sich kleinere Exponate<br />
wie eine Feldbahnlok, ein Magnetschwebefahrzeug<br />
von MBB, einige Eisenbahnabteile,<br />
Radsätze eines ICEs und eine Kropfachse<br />
einer S 3/6, ein schönes Zeugnis deutscher<br />
Schmiedearbeit. Dazu waren alte Stellwerke<br />
und Gleisbaumaschinen zu sehen. Es handelt<br />
sich also um einen Ableger eines<br />
Eines der Exponate ist die Lok 1 der Wendelsteinbahn samt einem Wagen.<br />
Unser Werner Schüssel dokomentierte dies mit seiner Kamera.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 19
<strong>NEF</strong> on tour<br />
20<br />
Exponate in der Lokwelt Freilassing:<br />
- Schnellzuglok Gattung BIX „1000“ Maffei<br />
- Zahnraddampflokomotive III Nr. 719<br />
- Zahnraddampflokomotive Z3 - Schafbergbahn<br />
- Wendelsteinbahn<br />
- Elektrische Güterzuglokomotive De 2/2<br />
- Elektrische Lokalbahnlokomotive LAG 1 [E 69 01]<br />
- Elektrische Schnellzuglokomotive E 16 07<br />
- Elektrische Lokomotive E 44 [244 051]<br />
- Elektrische Schnellzuglokomotive 103 167<br />
- Diesellokomotive V 140 001<br />
- Feldbahndiesellokomotive mit Lore<br />
- Magnetschwebefahrzeug mit Linearmotorantrieb<br />
- Antriebsanlage einer Diesellok V 160<br />
- Treibachse einer S 3/6 Schnellzuglokomotive<br />
- Räder des ICE<br />
- Gleisbauexponate<br />
- Stellwerk vom Bahnhof Polling<br />
- Mechanisches Stellwerk<br />
- Signalsteg vom Bahnhof Spaichingen<br />
- Modell des Bahnbetriebswerks Freilassing<br />
- Modelleisenbahn<br />
Die Sammlung wird noch erweitert.<br />
Verkehrsmuseums, das auch Fahrzeuge aus<br />
der Schweiz und aus Österreich beherbergt<br />
im Gegensatz zum DB-Museum in<br />
Nürnberg.<br />
Allzu groß ist die Sammlung nicht. Wenn<br />
man nicht gerade besonders an der Eisenbahn<br />
interessiert ist wie wir, lohnt sich eine<br />
weite Anfahrt nicht. Sie empfiehlt sich aber<br />
besonders für Touristen auch mit Kindern<br />
aus der Gegend, vor allem an Schlechtwettertagen,<br />
und für Schulklassen aus der Umgebung.<br />
Nach einem kurzen Fußweg über einen<br />
Fußgängersteg mit einem Überblick über den<br />
ganzen Bahnhof war man im Freilassinger<br />
Bahnhof. Auch für die Rückfahrt waren die<br />
ICs freigegeben, sogar bis Rosenheim, was<br />
uns sehr zusagte. Wir nutzten den IC 2292,<br />
gezogen von der 101 103. Da wir dadurch<br />
Zeit gespart hatten, wählten wir nicht den<br />
kürzesten Weg nach München, sondern den<br />
über Holzkirchen, welchen wir auch bei unserer<br />
Tickettour zum Alpenrand im August<br />
auserkoren hatten. Der 425 052 fuhr als<br />
RB 30250 nach Holzkirchen, wo nun abweichend<br />
zum August mit einem Zug der Bayerischen<br />
Oberlandbahn GmbH (BOB), dem<br />
BOB 86806, weitergefahren wurde.<br />
Die BOB betreibt den Verkehr nach<br />
Lenggries, Tegernsee und Bayrischzell mit<br />
„Integral“-Triebwagen aus Jenbach, die am<br />
Anfang recht viele technische Probleme bereiteten,<br />
jetzt aber zuverlässig laufen. Ab<br />
München fahren drei oder vier Triebwagen<br />
bis Holzkirchen gemeinsam, dort erfolgt die<br />
Flügelung zum Schliersee oder Tegernsee,<br />
in Schaftlach eine weitere. Der vierte Wagen<br />
dient zur Verstärkung, denn an schönen Wochenenden<br />
sind die Züge oft überfüllt. Bei<br />
unserer Rückfahrt rollte zuerst der VT 101<br />
herein, in den wir einstiegen, kurz darauf<br />
kuppelten die drei anderen VT 105 + 109 +<br />
106 an. Im Gegensatz zur S-Bahn benutzt<br />
die BOB ab Deisenhofen die historische<br />
Strecke zum Hauptbahnhof über die<br />
Großhesseloher Brücke. Bis Solln hält der<br />
Zug nicht, bis kurz vor der großen Brücke<br />
fuhr er 140 km/h.<br />
Das Fahrzeug selbst ist für 160 km/h zugelassen,<br />
die zweiachsigen Wagenteile, an<br />
denen die Mittelteile hängen, liefen bemerkenswert<br />
ruhig. Wie einer unserer Teilnehmer<br />
berichtete, wurde bei einer Besichtigung<br />
des BOB-Bw in Lenggries erklärt, dass die<br />
„Integral“ sich zwar inzwischen sehr gut bewähren,<br />
ein Nachbau in Lizenz aber nicht in<br />
Frage käme, da sie im Vergleich zu den Triebwagen<br />
anderer Hersteller zu teuer wären und<br />
damit keine Ausschreibung mehr gewonnen<br />
werden könne.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
An der Donnersbergerbrücke verließ der<br />
Zug die S-Bahngleise und rollte pünktlich in<br />
den Starnberger Flügel des Münchner<br />
Hauptbahnhofs ein. Schnell konnte noch ein<br />
kleiner Imbiss besorgt werden, ehe man sich<br />
zum Bahnsteig begab, um die Einfahrt des<br />
„München-Nürnberg-Express“ abzuwarten,<br />
damit man noch einen Sitzplatz ergattern<br />
konnte. Nach pünktlicher Ankunft füllte sich<br />
der RE 4050, geschoben von der 101 056,<br />
schnell, etliche später erschienene Reisende<br />
mussten sich mit Stehplätzen begnügen.<br />
Pünktlich fand auch die Abfahrt statt,<br />
allerdings trödelte der Zug immer wieder vor<br />
Signalen, als ob ein Zug vor uns wäre. In<br />
Dachau schließlich rollte der Zug auf das<br />
Überholgleis und stand. Es kam die Durchsage,<br />
dass sich Personen auf dem Gleis befänden<br />
und die Weiterfahrt sich um unbestimmte<br />
Zeit verzögere. Wir standen gut eine<br />
halbe Stunde, dann besetzte der um<br />
19.17 Uhr in München abgefahrene EN 482<br />
„Hans Christian Andersen“ nach<br />
Kopenhagen das Durchfahrgleis. Auch er<br />
Einen Blick in den Schuppen ermöglicht ein Pressefoto der Lokwelt Freilassing.<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
musste natürlich warten, bis er nach 50 Minuten<br />
endlich weiter fahren durfte. Nun kamen<br />
wir aber immer noch nicht weiter, denn<br />
es hatte nochmals ein höherwertiger Zug, der<br />
ICE 522 nach Dortmund, Vorfahrt, der<br />
München um 19.51 Uhr verlassen hatte. Der<br />
ICE 1500, in München ab 19.32 Uhr, der<br />
uns planmäßig in Ingolstadt hätte überholen<br />
sollen, erschien dagegen nicht, er ist vermutlich<br />
umgeleitet worden.<br />
Erst nach einer Stunde durften auch wir<br />
weiter, durch den Wegfall der Überholung<br />
in Ingolstadt verringerte sich die Verspätung<br />
auf 50 Minuten, mit der wir in Nürnberg<br />
ankamen. Für uns war das kein Problem, aber<br />
andere Reisende wollten noch weiter und<br />
hatten ernsthafte Schwierigkeiten, denn<br />
schon in Ingolstadt sollten sich Reisende<br />
nach Regensburg am Servicepoint melden.<br />
Die Rückkehr unserer Garnitur nach München<br />
verzögerte sich natürlich auch, aber da<br />
es der letzte Umlauf des Tages war, pflanzte<br />
sich deren Verspätung nicht mehr weiter fort.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 21
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Sämling 290 und die „Weinschleifenbahn“<br />
Für den 24. November 2007 hatte Kurt Müller mal wieder zu einer „Weinfahrt“<br />
eingeladen und mehr als 50 Teilnehmer waren seinem Ruf gefolgt. Ziel des<br />
geselligen Ausfluges war diesmal Astheim, ein Ortsteil von Volkach.<br />
Bis dort hin fährt seit September 2003 die im März 2001 gegründete „Betriebsgesellschaft<br />
Mainschleifenbahn“ auf der ehemaligen Strecke Seligenstadt –<br />
Volkach, die im Jahr 1994 eigentlich hätte abgebaut werden sollen.<br />
22<br />
von Michael Mrugalla<br />
Zu „humaner“ Zeit, genauer gesagt um<br />
12.40 Uhr, startete die <strong>NEF</strong>-Reisegruppe mit<br />
dem RE 4786 in Nürnberg Hbf Richtung<br />
Schweinfurt, der von 146 242 dorthin geschoben.<br />
Die Stadt, die gerade versucht, sich mit<br />
dem Slogan „Wir haben mehr auf Lager“<br />
ein neues Image zu geben, wurde pünktlich<br />
um fünf vor zwei erreicht. 19 Minuten später<br />
ging es mit der RegionalBahn 34582 wei-<br />
ter in Richtung<br />
Würzburg. In<br />
Seli-genstadt<br />
ver-ließen wir<br />
diesen Zug<br />
und begaben<br />
uns zum Bahnsteig<br />
der Mainscheifenbahn.<br />
Am Horizont konnten wir schon den<br />
Schienenbus 796 702 ausmachen, der alsbald<br />
Man könnte meinen, der Zug rollte von Untereisenheim nach Prosselsheim. Michael Mrugalla war beim Fotohalt zur Stelle.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
mit mehreren Begrüßungspfiffen an den<br />
Bahnsteig der Mainschleifenbahn in Seligenstadt<br />
rollte. Eine Verbindung zur Hauptbahn<br />
gibt es seit 1998 nicht mehr. Allerdings plant<br />
man seitens der Betriebsgesellschaft Mainschleifenbahn<br />
offenbar für die nähere Zukunft,<br />
wieder eine Weiche einzubauen.<br />
Die 54 Reiseteilnehmer drängten sich in<br />
den Schienenbus. Dann startete die Sonderfahrt<br />
als Zug Sto 101 in Richtung Astheim.<br />
Unterwegs standen zahlreiche Fotohalte auf<br />
dem Programm, die von der Fahrzeugbesatzung<br />
hervorragend organisiert wurden.<br />
In Prosselsheim, dem „Betriebsmittelpunkt“<br />
der Mainschleifenbahn, gab es neben<br />
einigen Nebenfahrzeugen und dem<br />
Steuerwagen zum Schienenbus (996 726)<br />
auch eine Hand voll „Mainschleifenbahner“<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
zu sehen, die mit dem Unterhalt der Gerätschaften<br />
und der Strecke beschäftigt waren.<br />
Dank zahlreicher weiterer Scheinanfahrten<br />
und Fotohalte kamen die Film- und Fotofreunde<br />
trotz der schwierigen Lichtverhältnisse<br />
auf ihre Kosten.<br />
Dann rollte der „rote Brummer“ an den<br />
Bahnsteig in Astheim. Dies ist die gegenwärtige<br />
Endstation der Mainschleifenbahn. Die<br />
noch vorhandene Brücke über den Main darf<br />
inzwischen nicht mehr von Schienenfahrzeugen<br />
befahren werden. Somit ist auch der<br />
Bahnhof Volkach nicht mehr auf dem Schienenweg<br />
zu erreichen.<br />
Für die <strong>NEF</strong>ler stand nun ein kurzer Fußmarsch<br />
zum Weingut von Johannes Büttner<br />
an, wo man uns schon zu einer Weinprobe<br />
Auch zwischen Astheim und Untereisenheim gab es eine Scheinanfahrt. Foto: Bernhard Mrugalla<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 23
<strong>NEF</strong> on tour<br />
und einer „Häckerbrotzeit“ erwartete.<br />
Insgesamt standen am Abend sieben verschiedene<br />
Weine zum Verkosten an. Doch<br />
ehe wir uns den Trauben widmen, noch ein<br />
paar Worte zum Weingut:<br />
Die Familie Büttner betreibt hier bereits<br />
in der dritten Generation Weinbau und verköstigt<br />
zudem im Gasthaus „Zum Löwen“<br />
die Gäste.<br />
Winzermeister Johannes Büttner baut an<br />
der Mainschleife auf insgesamt rund fünfeinhalb<br />
Hektar Ertragsfläche in den Lagen<br />
Astheimer Karthäuser, Sommeracher Katzenkopf,<br />
Volkacher Ratsherr und Stammheimer<br />
Eselsberg die Weinsorten Silvaner,<br />
Müller-Thurgau, Kerner und Bachus an. Seit<br />
1997 runden außerdem die roten Domina-,<br />
Dornfelder-, Regent- und Schwarzriesling-<br />
Trauben das Sortiment ab. Zusätzlich wird<br />
Die letzten Meter Richtung Astheim wurden über die Schulter des Triebwagenführers in Augenschein genommen.<br />
24<br />
Wein von etwa einem weiteren Hektar Weinfläche<br />
zugekauft und vermarktet.<br />
Büttner füllt seinen Wein inzwischen in<br />
Schraubverschluss-Flaschen ab. Dies begründete<br />
er einerseits damit, dass immer<br />
weniger Kork auf dem Markt zur Verfügung<br />
steht, andererseits ist der Wein damit auch<br />
besser vor Umwelteinflüssen geschützt als<br />
beispielsweise bei Kunstkork.<br />
Und gelernt haben die <strong>NEF</strong>ler natürlich<br />
auch etwas: Bacchus ist die Kreuzung aus<br />
den Rebsorten Silvaner und Riesling (hier<br />
entsteht der Sämling 290) mit der Rebsorte<br />
Müller-Thurgau.<br />
Außerdem wissen wir jetzt, dass ein Trauben-Vollernter<br />
in 20 Minuten die gleiche Fläche<br />
aberntet wie zehn Frauen in vier Stunden.<br />
Eine Minute Vollernter-Einsatz kostet<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
etwa 6,80 Euro, wohingegen die Frauen<br />
jeweils einen Stundenlohn von etwa 7,50 Euro<br />
haben.<br />
Nun aber endlich zu den den Weinen. Folgende<br />
Tropfen wurden den <strong>Eisenbahnfreunde</strong>n<br />
serviert:<br />
1. 2006er Müller-Thurgau Kabinett,<br />
Astheimer Karthäuser<br />
2. 2006er Silvaner Kabinett trocken,<br />
Stammheimer Eselsberg<br />
3. 2006er Riesling Kabinett,<br />
Sommeracher Katzenkopf<br />
4. 2006er Bacchus Kabinett halbtrocken,<br />
Astheimer Karthäuser<br />
5. 2006er Rotling,<br />
Astheimer Karthäuser<br />
6. 2005er Domina halbtrocken,<br />
Astheimer Karthäuser<br />
und zu guter Letzt:<br />
7. 2006er Bacchus Spätlese<br />
Sommeracher Katzenkopf<br />
<strong>NEF</strong> on tour<br />
Danach ging alles recht schnell. Mit dem<br />
Linienbus fuhren wir nach Kitzingen, um<br />
von dort aus mit der RegionalBahn 35091<br />
zurück in die Heimat zu kommen.<br />
Hier bot die Bahn dann noch einmal das<br />
volle Programm. Mit einer unterwegs angesammelten<br />
Verspätung von fast einer halben<br />
Stunde erreichten wir wieder Nürnberg.<br />
Auch wenn der eine oder andere dann<br />
nicht mehr ganz so klar aus den Augen<br />
schaute, ging damit wieder eine rundum gelungene<br />
Tour zuende.<br />
Die „feucht-fröhliche“ Runde ließ sich in entspannter Atmosphäre die Weine schmecken. Fotos (2): Michael Mrugalla<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 25
Aktuelles<br />
Die S-Bahn nach Forchheim<br />
Für die Lokalveranstaltung am 28. September 2007 konnte Rainer Gubitz von<br />
der DB Projektbau gewonnen werden, um über die S 4 nach Forchheim zu<br />
referieren. Erfreulicherweise stieß der Vortrag auf reges Interesse, <strong>NEF</strong>-Mitglieder<br />
und viele Gäste füllten den großen Nebenraum im Vereinslokal weitgehend.<br />
An Hand dieses Vortrags sowie aus der Einsichtnahme der ausgelegten Planfeststellungsbeschlüsse<br />
in Nürnberg vor einigen Jahren und in Fürth im August<br />
dieses Jahres und des im Internet eingestellten Beschlusses aus Erlangen soll<br />
aus dem Gedächtnis über die Planungen der S 4 berichtet werden.<br />
In Nürnberg beginnt die S 4 am DB-Museum,<br />
wo sie von der S 3 abzweigt und unten<br />
südlich am S-Bahnhof Steinbühl hält. Dazu<br />
muss das nördliche Lok-Gleis zum Werk<br />
Gostenhof aufgelassen werden. Bis Fürth<br />
benutzt dann die S-Bahn das jetzige Gleis<br />
Nürnberg-Fürth, die nördliche Kante des<br />
Bahnsteigs Rothenburger Straße kann dazu<br />
verwendet werden. Wie dabei das südliche<br />
Lokgleis gekreuzt wird, war aus den Plänen<br />
nicht zu entnehmen, diese begannen erst<br />
26<br />
von Werner Schüssel<br />
kurz vor der Schwabacher Straße, vermutlich<br />
fährt die S-Bahn auf einer Brücke über<br />
das Lokgleis, was nicht zu schwierig ist, da<br />
die S-Bahn bis zu 4 % Steigung bewältigt.<br />
Das Lokgleis wird dann über den im August<br />
neu eingesetzten Überbau die Schwabacher<br />
Straße queren.<br />
Die künftigen drei Ferngleise aus Nürnberg<br />
liegen dann südlich der S-Bahn, aus<br />
Nürnberg werden sie wie bisher herausge-<br />
Zwischen Vach und Eltersdorf, hier eine Aufnahme vom 7. Juni 2007 von Michael Mrugalla, wird sich einiges ändern.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
führt, aber das sogenannte Bamberger und<br />
das Würzburger Gleis, die sich in Höhe der<br />
alten Signalmeisterei vereinigen, laufen getrennt<br />
bis Fürth, das südlichste Gleis mündet<br />
unverändert in Nürnberg ein.<br />
Nachdem aber ein Lokgleis nicht genügt,<br />
wird ein zweites Gleis durch die nicht benutzte<br />
Öffnung zwischen der Fürther und<br />
der Ansbacher Linie durch die Treuchtlinger<br />
Strecke geführt. Diese Öffnung war vor über<br />
100 Jahren für ein Gleis zum alten Kanalhafen<br />
vorgesehen, das aber nie verwirklicht<br />
worden ist.<br />
Das neue Gleis läuft über das Gelände der<br />
früheren Signalmeisterei und vereinigt sich<br />
dann mit dem Gleis vom Rangierbahnhof,<br />
welches südlich von Sandreuth die Treuchtlinger<br />
Strecke überquert und hinter der Müllverbrennung<br />
entlang im Zwischengeschoss<br />
an der Schwabacher Straße die Fürther Linie<br />
unterquert und jetzt zum Containerbahnhof<br />
und zum Bw führt.<br />
Die Brücke über dieses Gleis ist für die<br />
zwei südlichen Gleise der Fürther Strecke<br />
weitgehend fertig. Sie weist ein wesentlich<br />
größeres Profil als der alte Durchlass auf. Das<br />
ist notwendig, weil das Lokgleis natürlich<br />
elektrifiziert werden muss, aber nicht nur<br />
dieses: Es wird auch das Gleis vom Rangierbahnhof<br />
her elektrifiziert, nicht für die<br />
Containerzüge, denn die werden künftig den<br />
Hafen ansteuern, sondern für Güterzüge<br />
Richtung Bamberg. Da der Fürther Bahnhof<br />
fast keine freien Trassen mehr für Güterzüge<br />
hat, denkt man daran. Güterzuge<br />
über Sandreuth und über das neue Lokgleis<br />
kurz vor dem Bw höhengleich über das S-<br />
Bahngleis auf das danebenliegende Fern-<br />
Aktuelles<br />
bahngleis laufen zu lassen, sodass sie in Fürth<br />
nichts mehr kreuzen müssen.<br />
Aus dem Bw wird ohnehin eine Weichenverbindung<br />
zu allen vier Gleisen führen wie<br />
bisher zu den zwei vorhandenen. Die Brücken<br />
für die beiden neuen Gleise nach Fürth<br />
über die Schwabacher und Rothenburger<br />
Straße und über das neue Lokgleis sind fertig<br />
oder gut im Baufortschritt, weshalb bis<br />
Ende 2008 der Verkehr zweigleisig über diese<br />
Brücken rollen kann. Dann wird der nördliche<br />
Teil der Brücken an der Schwabacher<br />
Straße neu gebaut.<br />
Im weiteren Verlauf kommen die neuen<br />
Gleise zwischen Frankenschnellweg und bisheriger<br />
Bahn, in Doos sind jetzt schon vier<br />
Gleise vorhanden, über den Frankenschnellweg<br />
wird links und rechts der jetzigen Brücke<br />
je ein Gleis hinzukommen.<br />
Kurz vor dem Fürther Hauptbahnhof<br />
wird die S-Bahn zweigleisig, der jetzige Hausbahnsteig<br />
mit Treppen und Dach wird abgebrochen<br />
und an seiner Stelle ein Gleis und<br />
ein Mittenbahnsteig errichtet, dieses Gleis<br />
dient der S 4 nach Erlangen, das jetzige<br />
Gleis 1 der S 4 nach Nürnberg. Die Fernzüge<br />
von und nach Bamberg benutzen dann<br />
Gleis 2 und 3. Wo die Markt Erlbacher Züge<br />
abfahren werden, wurde nicht erwähnt.<br />
Die folgende Brücke über die Schwabacher<br />
Straße in Fürth wird völlig neu gebaut<br />
mit zwei Fahrbahnen je Fahrtrichtung und<br />
Rad- und Fußwegen, Durchfahrtshöhe<br />
4,50 m, damit endlich der Bahnübergang an<br />
der Ottostraße (in Fürth, nicht in Nürnberg,<br />
wo in der Ottostraße ein anderer Verkehr<br />
herrscht) aufgelassen werden kann. Die<br />
Fotostelle mit dem Stellwerk verschwindet<br />
dann hinter Schallschutzwänden.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 27
Aktuelles<br />
Die anschließende Siebenfelderbrücke<br />
über die Rednitz darf wegen des Denkmalschutzes<br />
nicht verbreitert werden. Es müssen<br />
daher auch die großen Fahrleitungsmasten<br />
stehen bleiben, weil für Einzelmasten<br />
die Gleisabstände zu gering sind. Die S-Bahn<br />
erhält nördlich davon eine zweigleisige Brücke.<br />
Die weiteren Bahnbrücken können verbreitert<br />
werden, die Straßenbrücken müssen<br />
neu gebaut werden bis auf die der Würzburger<br />
Straße, die schon jetzt Raum genug<br />
für zwei weitere Gleise bietet.<br />
Die Haltestelle Unterfarrnbach heißt dann<br />
Fürth-Klinikum und erhält einen Mittelbahnsteig.<br />
Aus heute nicht mehr nachvollziehbaren<br />
Gründen hat die Bahn hier bereits<br />
in früheren Zeiten eine breite Trasse angekauft,<br />
sodass fast kein Privatgrund erworben<br />
werden muss. Nach etwa einem Kilometer<br />
wird die S-Bahn eingleisig und überquert auf<br />
einer neuen Brücke die Regnitz, um dann<br />
geradeaus weiter in das Gewerbegebiet zu<br />
laufen, während die alte Bahn nach Norden<br />
zum Bahnhof Vach abbiegt.<br />
An der Stadelner Straße entsteht eine Haltestelle,<br />
dann wird der Frankenschnellweg<br />
auf einer Brücke mit steilen Rampen überquert,<br />
und nach dem Abbiegen nach Norden<br />
kommt die Haltestelle Fürth-Steinach.<br />
Nun schwenkt die Strecke wieder etwas nach<br />
Westen und wird wieder zweigleisig, denn<br />
nun mündet hier (vielleicht) einmal die<br />
Güterzugstrecke direkt vom Großmarkt<br />
kommend ein. Leider habe ich darüber keine<br />
Detailpläne gesehen.<br />
Parallel zum Frankenschnellweg läuft sie<br />
an seiner östlichen Seite entlang und überquert<br />
die alte Strecke nördlich von Vach.<br />
28<br />
Zwischen Großgründlach und Eltersdorf<br />
kommen nun die neue Strecke von Südwest<br />
und die alte von Südost kreuzungsfrei zusammen.<br />
Das Gleis Erlangen-Fürth der alten<br />
Strecke steigt auf einer Rampe an und<br />
überquert die beiden S-Bahngleise, im weiteren<br />
Verlauf bleibt die S-Bahn in der Mitte<br />
und erhält jeweils Mittelbahnsteige, hier gibt<br />
es aber auch Weichenverbindungen zwischen<br />
Fern- und S-Bahn.<br />
Diese Aufteilung soll bis Forchheim fortgeführt<br />
werden. Das hat auch den Vorteil,<br />
dass die in Erlangen oder Forchheim endenden<br />
S-Bahnzüge zwischen den Fernbahngleisen<br />
wenden können. Andernfalls<br />
müssten sie diese irgendwie kreuzen. In Erlangen<br />
wird der jetzige mittlere Bahnsteig der<br />
für die S-Bahn.<br />
Der Burgbergtunnel erhält östlich eine<br />
zweite Röhre, durch die S- und Fernbahn<br />
nach Norden fahren, im alten nach Süden.<br />
In Forchheim endet die S-Bahn ebenfalls in<br />
der Mitte, die Bahn aus Ebermannstadt erhält<br />
wieder ein eigenes Gleis in den Ostteil<br />
des Bahnhofs.<br />
Nun reicht der VGN vermutlich bald bis<br />
Bamberg, deshalb hegt man die Absicht, die<br />
S-Bahnzüge in einem verdünnten Takt bis<br />
Bamberg fahren zu lassen. Da für den Ausbau<br />
zwischen Forchheim und Bamberg noch<br />
keine Mittel zur Verfügung stehen, sollen<br />
dort die Bahnsteige nur provisorisch auf<br />
76 cm erhöht werden. In Bamberg hat man<br />
zufälligerweise beim Umbau vor einigen Jahren<br />
einen Bahnsteig so angelegt, dass er ideal<br />
für die S-Bahn nutzbar ist.<br />
Bis Ebensfeld wird der klassische Oberbau<br />
mit UIC-60-Schienen auf Beton-<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
schwellen eingebaut, passend bis 230 km/h,<br />
die NBS bis Erfurt erhält eine feste Fahrbahn<br />
für 250 km/h.<br />
Abschließend etwas zum Betrieb: Bis Erlangen<br />
soll in der HVZ im 20-Minuten-Takt<br />
gefahren werden, bis Forchheim im 20/40-<br />
Minuten-Takt und bis Bamberg stündlich.<br />
Die Güterzüge sollen auf den S-Bahngleisen<br />
verkehren, deshalb erhalten die Bahnsteige<br />
eine Höhe von 76 cm, nicht 96 cm<br />
wie auf der S 2 und S 3. Gelegentliche Lademaßüberschreitungen<br />
können auf den Ferngleisen<br />
abgewickelt werden, die meisten<br />
Überschreitungen beziehen sich ohnehin auf<br />
die Eckhöhe und nicht auf den Radbereich.<br />
Als Fahrzeuge sollen Triebwagen vom Typ<br />
„Talent 2“ von Bombardier eingesetzt.<br />
Am 2. Oktober 2007 hat die DB-AG<br />
hierfür 42 vierteilige Triebwagen für 170 Mil-<br />
Aktuelles<br />
lionen Euro bestellt, die bis Dezember 2010<br />
abgeliefert werden sollen.<br />
Der Übergang südlich des Bahnhofs Vach<br />
wird aufgelassen, die Straßen werden umgelegt.<br />
Unklar ist noch, ob der Bahnübergang<br />
am Nordkopf des Bahnhofs Vach beseitigt<br />
wird. Die Stadt Fürth schätzt dessen Schranken<br />
als Pförtner, um hier einen Durchgangsverkehr<br />
zu verhindern. Wenn man so etwas<br />
hört, wird man die Befürchtung nicht los,<br />
dass nach Fertigstellung der NBS Ebensfeld-<br />
Halle dieser Bahnübergang der einzige zwischen<br />
München und Berlin sein wird.<br />
Mindestens 30 % der Aktenordner gehen<br />
auf die Umweltverträglichkeit und Ausgleichsmaßnahmen<br />
ein. Schon aus Zeitgründen<br />
musste ich diese Aspekte übergehen,<br />
was ich aber auch nicht als besonderen<br />
Verlust betrachte. Dafür kann man sich an<br />
andere Interessengruppen wenden.<br />
So wie diese Design-Studie von Bombardier sollen die künftigen <strong>Nürnberger</strong> S-Bahn-Züge vom Typ „Talent 2“ aussehen.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 29
Fahrplan<br />
Salonwagen:<br />
Wörnitzstraße 82 (Bahnhofsvorplatz Bf Nürnberg-Stein). Sie erreichen uns mit der Bahn (Kursbuchstrecke<br />
891.7) bis Bahnhof Nürnberg-Stein (im Stundentakt) oder mit der U-Bahnlinie 2 bis Station<br />
Röthenbach und weiter mit der Buslinie 69 bis Haltestelle Sinbronner Straße. Aus Fürth empfehlen wir,<br />
die Buslinie 67 bis zur Haltestelle Großkraftwerk zu benutzen.<br />
Vereinslokal:<br />
Wirtshaus zum TSV Falkenheim, Germersheimer Straße 86, 90469 Nürnberg. Endstation der<br />
Straßenbahnlinie 8 (Worzeldorfer Straße), von dort fünf Minuten Fußweg.<br />
30<br />
Fahrplan der <strong>Nürnberger</strong> <strong>Eisenbahnfreunde</strong> e. V.<br />
Januar:<br />
4. Fr 18.30 Salonwagen Auftakt ins neue Jahr.<br />
11. Fr 18.30 Salonwagen Mal wieder zu den <strong>Eisenbahnfreunde</strong>n nach Stein.<br />
18. Fr 18.30 Salonwagen Wir haben für Sie eingeheizt.<br />
25. Fr 20.00 Vereinslokal <strong>NEF</strong>-Quiz 2008: Vorjahressieger Rainer Müller prüft<br />
das Wissen der <strong>Eisenbahnfreunde</strong>.<br />
Februar:<br />
1. Fr 18.30 Salonwagen „Helau“ und „Alaaf“ im Salonwagen .<br />
8. Fr 18.30 Salonwagen Treffen im „Waggon“.<br />
15. Fr 18.30 Salonwagen Tür und Tor stehen für Sie offen.<br />
16. Sa Jahreshauptversammlung 2008:<br />
Das Vormittagsprogramm ist noch in Arbeit.<br />
Nachmittags: Jahreshauptversammlung mit Wahlen<br />
im historischen Straßenbahndepot St. Peter.<br />
22. Fr 18.30 Salonwagen Rein in die gute Stube!<br />
29. Fr 20.00 Vereinslokal Der weiße Fleck: Mitglieder zeigen Kurzvorträge.<br />
März:<br />
7. Fr 18.30 Salonwagen Freunde treffen.<br />
14. Fr 18.30 Salonwagen Fachsimpeln im Salonwagen.<br />
28. Fr 20.00 Vereinslokal Werner Schüssel zeigt Bilder von Exkursionen von vor<br />
etwa 15 Jahren.<br />
Vorschau:<br />
April 2008:<br />
25. Fr 20.00 Vereinslokal Ulrich Montfort zeigt Bilder aus seiner Sammlung.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Fahrplan<br />
Fahrplan der<br />
Freunde der Nürnberg - Fürther Straßenbahn e. V.<br />
Treffpunkt: „Historisches Straßenbahn-Depot St. Peter“, Schloßstraße 1, 90478 Nürnberg.<br />
Haltestelle Peterskirche der Straßenbahnlinie 6 und der Buslinie 36.<br />
11.01. Fr 19.30 Jahresrückblick 2007: Johannes Scharf lässt die Ereignisse des<br />
vergangenen Jahres noch einmal Revue passieren<br />
Fahrplan des<br />
Modelleisenbahnclub Nürnberg e. V.<br />
Treffpunkt : Bahnhofsgebäude des Haltepunktes Nürnberg-Neusündersbühl.<br />
02.01. Mi 19.30 Fahrabend Kommen Sie rein und spielen Sie mit!<br />
07.01. Mo 19.30 Fahrabend Ein bisschen heile Welt im Maßstab 1:87.<br />
16.01. Mi 19.30 Bilderabend Ralf Münchberger: Digital-Bilder Rückschau für 2007.<br />
30.01. Mi 19.30 Vortrag Thomas Weber:<br />
Mechanische Zulassungsversuche von Schienenfahrzeugen.<br />
04.02. Mo 19.30 Fahrabend Modellbahn in der Epoche V.<br />
11.02. Mo 19.30 Fahrabend Drinnen spielen, was man draußen sieht.<br />
13.02. Mi 19.30 Bilderabend Erich Simon: DB und DR Anfang der 90ier Jahre.<br />
02.03. So Exkursion Mit dem Bayernticket zum Eisenbahnmuseum Weiden.<br />
03.03. Mo 19.30 Fahrabend Fahrspaß auf der MEC-Anlage.<br />
17.03. Mo 19.30 Fahrabend Kommen Sie und staunen Sie!<br />
19.03. Mi 19.30 Bilderabend Robert Luff:<br />
DB in den 1980iger und letzte Einsätze Altbauelloks.<br />
25.03. Di 19.30 Fahrabend Heute Abend geht es rund!<br />
An den übrigen Montagen wird zwar nicht gefahren, aber Sie sind jeweils ab 19.30 Uhr herzlich willkommen.<br />
Bei den Fahrabenden können eigene H0 Gleichstromfahrzeuge mitgebracht werden.<br />
Fahrplan der<br />
Fränkischen Museumseisenbahn e. V.<br />
Betriebsgelände: Klingenhofstr. 70, 90411 Nürnberg<br />
Geschäftsstelle: Klingenhofstr. 70, 90411 Nürnberg<br />
Telefon und Fax: 09 11/ 5 10 96 38<br />
Fahrplan der Zirndorfer Eisenbahn Freunde e. V.<br />
Geschäftstelle: Tel.: 09 11 / 60 35 31, Fax: 09 11 / 9 60 27 02.<br />
Die Zirndorfer <strong>Eisenbahnfreunde</strong> treffen sich jeden zweiten und vierten Donnerstag im Monat in ihrem<br />
Vereinsheim in der Homburger Str. 1 in 90513 Zirndorf.<br />
Der <strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 2/2008 erscheint voraussichtlich am 28. März 2008<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 31
Tickettour<br />
Man musste immer kleinere Brötchen backen<br />
Ursprünglich war schon im Frühjahr eine SWT-Fahrt zu den AVG-Strecken<br />
Bruchsal – Menzingen und Bruchsal – Odenheim vorgesehen. Diese wurde<br />
aber zu Gunsten der Reise nach Prag in den Herbst verschoben. Als Kurt Müller<br />
Mitte September die Einladung für diese Fahrt erstellte, plante er noch, auf der<br />
Hinfahrt auch die Madonnenlandbahn Miltenberg – Amorbach – Seckach zu<br />
bereisen. Aber wenige Tage vor dem Reisetag 6. Oktober 2007 stellte sich heraus,<br />
dass die Erneuerung dieser Strecke nicht rechtzeitig abgeschlossen werden<br />
konnte und dort immer noch Schienenersatzverkehr herrschte.<br />
Um das „Eisenbahnbrötchen“ nicht so sehr<br />
zu verkleinern, wurde vorgeschlagen, statt<br />
von Würzburg nach Lauda über Miltenberg<br />
nach Seckach zu fahren und den Weg über<br />
Frankfurt, Mainz, Worms und Mannheim zu<br />
wählen – auch interessante Strecken. Daher<br />
wurde die geplante Abfahrt um 6.07 Uhr mit<br />
dem RE 34600 nach Würzburg beibehalten.<br />
Allerdings wurde der Zug von der 111 226<br />
erst kurz vor der Abfahrt am Bahnsteig<br />
beigestellt, aber mit der Abfahrt wurde es<br />
zunächst nichts.<br />
Am Tag zuvor hatte der von der GDL ausgerufene<br />
Streik stattgefunden und wegen des<br />
Notfahrplans waren die Zugumläufe durcheinander<br />
geraten. In Würzburg wurden weitere<br />
Wagen benötigt. Deshalb wurden an<br />
unseren Zug noch fünf Umbausilberlinge<br />
angehängt. Das ging noch einigermaßen<br />
schnell vonstatten, aber die Bremsprobe dauerte<br />
ewig. Schließlich erhielten wir nach dreißig<br />
Minuten die Ausfahrt zeitgleich mit dem<br />
ICE 926 nach Dortmund. Wir durften zuerst<br />
auf das Gleis nach Fürth, der ICE folgte im<br />
Blockabstand, aber nur bis Fürth. Natürlich<br />
wurden wir hier von ihm überholt und setzten<br />
noch ein paar Minuten zu. Mit dem langen<br />
Zug konnte die 111er bis Würzburg<br />
nichts hereinholen.<br />
32<br />
von Werner Schüssel<br />
Der Übergang zum Anschlusszug nach<br />
Frankfurt betrug planmäßig 15 Minuten, und<br />
obwohl der Zugbegleiter anrief, wartete der<br />
Zug keine 20 Minuten auf uns. Auch unser<br />
Zug aus Nürnberg wurde sehnlichst erwartet.<br />
Zahlreiche junge Leute wollten mit ihm<br />
nach Nürnberg und weiter zum Oktoberfest.<br />
Ob sie den RE nach München über die NBS<br />
noch erreicht haben, ist sehr fraglich.<br />
Wir backten nun unser „Brötchen“ etwas<br />
kleiner und beschlossen, mit dem nächsten<br />
RE eine Stunde später nach Frankfurt zu<br />
fahren und Mainz auszulassen. Am Zugzielanzeiger<br />
war nun zu lesen, dass dieser Zug<br />
25 Minuten später aus Frankfurt käme. Das<br />
wäre zu verkraften gewesen. Bald erhöhte<br />
sich aber diese Zahl auf 45, da wäre es in<br />
Frankfurt schon kritischer geworden. Es<br />
dauerte nicht lange, bis gemeldet wurde, dass<br />
der Zug ganz ausfiel.<br />
Nun wurde das „Brötchen“ nochmals verkleinert,<br />
indem man versuchte, den nächsten<br />
Zug nach Lauda zu nehmen. Leider waren<br />
nicht alle zehn Teilnehmer beieinander<br />
geblieben und bis man beisammen war, war<br />
der Zug weg. Jetzt wurde das „Brötchen“<br />
weiter abgespeckt, aber glücklicherweise zum<br />
letzten Mal. Es wurde der Zug eine Stunde<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
später nach Lauda und Osterburken gewählt,<br />
der auch pünktlich fuhr. Vorher konnte man<br />
noch etwas für die Kultur tun, etwa den<br />
Würzburger Dom besuchen, in dem zwei<br />
Mädchen mit einer Band Lieder für einen<br />
Gottesdienst probten. Einige der Mitfahrer<br />
blieben am Bahnhof zurück, um die Zeit für<br />
Fotos zu nutzen. Leider stand man wie üblich<br />
meistens am falschen Gleis, wenn sich<br />
Interessantes bot.<br />
Der RE 4959 ist bis Osterburken ein echter<br />
RE, er hält dazwischen nur in Lauda, für<br />
80 km brauchte seine 143 105 nur 56 Minuten.<br />
In Osterburken wartete am Gleis 1<br />
bereits die S-Bahn nach Heidelberg, der<br />
425 215 verkehrte als S 6120 über Heidelberg<br />
und Mannheim mehr als 200 km bis<br />
Homburg an der Saar. Die ganze S 1 in einem<br />
Stück abzufahren, würde selbst eingefleischten<br />
<strong>Eisenbahnfreunde</strong>n keinen Spaß<br />
machen. Der Triebwagen war recht gut besetzt,<br />
auch an den Unterwegshalten stiegen<br />
Leute ein- und aus, die S 1 befriedigt<br />
durchaus einen Verkehrsbedarf.<br />
Um 11.44 Uhr hielt man in Seckach, von<br />
nun an war man wieder genau im Plan der<br />
alten Einladung. Durch das sonnenbeschienene<br />
Neckartal erreichte man<br />
Heidelberg, dank der Spurtstärke des 425ers<br />
wurden die 84 km mit 25 (!) Zwischenhalten<br />
in 87 Minuten zurückgelegt.<br />
Von Heidelberg bis Bruchsal wurde die S 3<br />
des Rhein-Neckar-Raums benützt. Der<br />
425 221 als S 6345 fuhr etwas später ab, da<br />
er einen verspäteten IC vorlassen musste. Für<br />
51 km benötigte die S 3 45 Minuten bei 12<br />
Zwischenhalten, sie erfreute sich reger Inanspruchnahme.<br />
Tickettour<br />
Hier stand zuerst die Bahn nach Menzingen<br />
auf dem Programm. Die beiden<br />
AVG-Triebwagen 882 + 896, letzterer mit<br />
Panorama-Mittelteil, rollten knapp vor Abfahrt<br />
an den Abschnitt 1b des Hausbahnsteigs,<br />
denn dieser Abschnitt hat eine<br />
niedrige Einstiegshöhe passend für die AVG-<br />
Wagen. Pünktlich ging es als S 85153 auf<br />
der S 32 weiter, zunächst parallel zur Linie<br />
aus Heidelberg, bald das Verbindungsgleis<br />
zur NBS nach Stuttgart kreuzend, auf welchem<br />
ein IC unsere Vorbeifahrt abwarten<br />
musste, bis zur Einfahrt in Ubstadt.<br />
Wegen einer Signalstörung gab es hier eine<br />
kleine Verzögerung. Nun bog die Bahn nach<br />
Osten ab in das Kraichtal, wo sie sowohl<br />
durch Ortschaften mit aufgelockerter Bebauung<br />
wie auch durch landwirtschaftlich genutztes<br />
Gebiet rollte. Neben Streuobstwiesen<br />
fielen viele Kleingärten auf mit sparsam<br />
errichteten Gartenhäuschen aus ein paar<br />
Latten mit Plastikfolienverkleidung. Böse<br />
Zungen würden diese Anlagen als schlampig<br />
bezeichnen.<br />
In Menzingen standen weitere AVG-Triebwagen,<br />
die an Wochenenden nicht gebraucht<br />
werden, darunter der Wagen 920. Das ist der<br />
450 004 der DB. Nach dem Personalwechsel,<br />
bei dem der freundliche Triebfahrzeugführer<br />
durch eine ebenso freundliche Führerin abgelöst<br />
worden war, kehrte man als S 85078<br />
nach Bruchsal zurück.<br />
Jetzt folgte der andere Ast dieser AVG-<br />
Strecken, die Katzbachbahn nach Odenheim.<br />
Während der Menzinger Ast 20 km<br />
lang ist, sind es nach Odenheim nur 15 km,<br />
immer von Bruchsal aus gemessen, wobei<br />
der 4,5 km lange Stamm bis Ubstadt beiden<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 33
Tickettour<br />
Ästen gemeinsam ist. Hier kam der Triebwagen<br />
819 als S 85081 auf der S 31 zum<br />
Einsatz, dieses Fahrzeug gehört der DB unter<br />
der Nummer 450 003. Wegen des geringeren<br />
Fahrgastaufkommens genügte ein<br />
Fahrzeug. In Odenheim konnte man in einem<br />
Fußweg noch die einstige Weiterführung<br />
nach Hilsbach erkennen. Als<br />
S 85086 fuhr man bald nach Bruchsal zurück.<br />
Beide Strecken gehörten einst der<br />
SWEG, ab 1994 der AVG, die sie bis 1998<br />
mit Bahnstrom elektrifizierte.<br />
In Bruchsal wartete man am Gleis 4 auf<br />
den RE 19513 nach Stuttgart. Ehe dieser<br />
kam, rollte auf dem Gleis 5, einem Güterzuggleis<br />
ohne Bahnsteig, eine 115er mit einem<br />
langen Sonderzug aus DB-Autozug- und<br />
Privatliegewagen ein. Er schien ohne Leben<br />
wie das Schiff des Fliegenden Holländers zu<br />
sein. Schließlich öffneten sich doch ein paar<br />
Fenster und einige junge Leute schauten<br />
heraus. Sie fragten uns, wo sie nun seien, etwa<br />
in Bayern.<br />
In Odenheim stellte sich der bei der AVG als Wagen 819 geführte 450 003<br />
der DB unserem Fotoreporter Werner Schüssel.<br />
34<br />
Wir klärten sie auf, dass hier Baden-<br />
Württemberg sei, und fragten nach ihrem<br />
Woher und Wohin. Sie wären auf einer<br />
Pilgerfahrt gewesen und vor einem Tag in<br />
Rom aufgebrochen und wollten nach Köln,<br />
den Papst hätten sie gesehen.<br />
Offensichtlich waren es Pilger und keine<br />
<strong>Eisenbahnfreunde</strong>, sie jammerten über die<br />
lange Fahrt in den Liegewagen und wollten<br />
wissen, wie lange es noch bis Köln dauere.<br />
Wir klärten sie über die verschiedenen Wege<br />
nach Köln (nicht nach Rom!) auf und schätzten<br />
die Fahrzeiten, hatten aber den Eindruck,<br />
dass ihnen unsere Auskünfte nicht besonders<br />
hilfreich waren.<br />
Pünktlich kam die 146 208 mit ihrem RE<br />
und brachte uns auf der kurvenreichen Strecke<br />
über Mühlacker nach Stuttgart. Eine<br />
Stunde Aufenthalt hier wusste jeder auf seine<br />
Weise zu nutzen, ehe man sich im<br />
RE 19959 mit der 111 164 traf, um endgültig<br />
heimzufahren.<br />
In Bad Cannstatt füllte sich der<br />
Zug beträchtlich mit Fußballfans,<br />
die sich nicht ausfallend benahmen,<br />
obwohl Stuttgart gegen<br />
Hannover 0:2 verloren hatte. In<br />
Waiblingen sprang bei der Abfahrt<br />
das Signal wieder auf Rot.<br />
Es dauerte etwas, bis diese Fehlfunktion<br />
geklärt war. Wegen<br />
zweier längerer Zwischenhalte,<br />
die der Fahrplan vorsah, war diese<br />
Verspätung bis Crailsheim<br />
längst wieder aufgeholt. Pünktlich<br />
erreichte man dann den<br />
Start- und Zielpunkt unserer Reise<br />
– Nürnberg.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
So begnügten sich die zehn Teilnehmer mit<br />
der Nebenbahn von Berga-Kelbra nach<br />
Stolberg im Harz. Die Anfahrt konnte deshalb<br />
auch zu etwas späterer Stunde beginnen,<br />
zunächst um 7.06 Uhr mit dem nur aus<br />
dem 612 482 bestehenden IRE 3083 über<br />
Bayreuth nach Hof, dann mit den beiden<br />
642 062 + 642 003 als RE 4012 über die<br />
Bummelstrecke Mehltheuer – Gera und<br />
dann flott weiter bis Leipzig. Zur Weiterfahrt<br />
nach Halle wählten wir den Zug S 6128 der<br />
S 10 nach Halle, dessen hier unnötig schnelle<br />
160 km/h-Dostos von der 143 354 geschoben<br />
wurden.<br />
Nach einem für einen Imbiss ausreichenden<br />
Aufenthalt in Halle folgte das letzte<br />
Stück bis Berga-Kelbra im RE 26068 nach<br />
Kassel mit der 143 108. Kurz vor der Wende<br />
war von der DR begonnen worden, diese<br />
Strecke zu elektrifizieren, 1993 war man damit<br />
fertig. Gleichzeitig wurde auch der Oberbau<br />
erneuert. Weitgehend verlegte man die<br />
bewährten B 70-Schwellen mit UIC 60-<br />
Schienen. Man sollte deshalb ein rasches<br />
Vorwärtskommen erwarten, aber weit gefehlt.<br />
Heute kann die Strecke als Beispiel dienen,<br />
wie man etwas in kurzer Zeit verkom-<br />
Tickettour<br />
Noch schnell eine Nebenbahn in Sachsen-Anhalt<br />
In Sachsen-Anhalt soll im Dezember 2007 auf vier Nebenbahnen der Personenverkehr<br />
eingestellt werden. Das war Anlass für uns <strong>Eisenbahnfreunde</strong>, sich<br />
diese Strecken nochmals anzusehen. Zwei davon, die von Köthen nach Artern<br />
und die von Wittenberg nach Bad Schmiedeberg, hatten bereits am 21. Juli 2007<br />
auf dem Programm gestanden, nun sollten am 27. Oktober die beiden anderen<br />
folgen, die von Teuchern nach Naumburg und die von Berga-Kelbra nach Stolberg<br />
im Harz. Leider war es aber wegen eines Schienenersatzverkehrs zwischen<br />
Merseburg und Naumburg fahrplantechnisch nicht möglich, die erste der genannten<br />
Strecken zu erreichen, was wir verschmerzen konnten, weil wir sie<br />
bereits im August 2002 besucht hatten.<br />
von Werner Schüssel<br />
men lassen kann. Zwar gibt es nach DB-<br />
Maßstäben keine Langsamfahrstellen, d. h.<br />
solche, die im LA-Heft erscheinen, dafür sind<br />
aber lange Abschnitte auf 50 km/h oder<br />
70 km/h beschränkt, nur kurze Stücke erlauben<br />
atemberaubende 100 km/h.<br />
Ein Durcharbeiten der Gleise würde genügen<br />
und sich auch betrieblich lohnen, begegneten<br />
uns doch hier die meisten Güterzüge<br />
des Tages. Für 80 km benötigte der RE<br />
75 Minuten bei drei Zwischenhalten, das sind<br />
dürftige 64 km/h Reisegeschwindigkeit.<br />
Trotz allem kam man pünktlich in Berga-<br />
Kelbra an, weil die DB-AG die langsamen<br />
Streckenstücke in den Fahrplan schon eingerechnet<br />
hat. Der Bahnhof selbst liegt am<br />
Ortsteil Berga, während Kelbra ein Ort 5 km<br />
südlich vom Bahnhof ist. Berga-Kelbra hat<br />
einen Keilbahnhof, die Keilspitze zeigt nach<br />
Osten. Die Hauptstrecke nach Kassel liegt<br />
auf dem südlichen Ast, auf dem nördlichen<br />
die nach Stolberg. Der RB 26342 stand schon<br />
bereit. Es war der 672 920, ein zweiachsiger<br />
Triebwagen, wie sie auch die Burgenlandbahn<br />
einsetzt. Allerdings ist der 672 920 zusammen<br />
mit seinem Bruder 672 919 ein Pro-<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 35
Tickettour<br />
totyp, er hat im Gegensatz zu denen bei der<br />
Burgenlandbahn keine BSI-Kupplung, sondern<br />
normale Schraubenkupplung, ebenso<br />
fehlt das WC. Beide Fahrzeuge wurden vom<br />
Hersteller DWA aus Bautzen der DB fast<br />
zum Nulltarif überlassen.<br />
Neben unserer Gruppe hatten nur ein paar<br />
Leute das Fahrzeug aufgesucht, als es sich<br />
auf den 15 km langen Weg nach Stolberg<br />
machte. Auf verhältnismäßig gutem Gleis<br />
waren bis auf einen Bahnübergang flotte<br />
60 km/h möglich. Nach dem Haltepunkt<br />
Uftrungen erreichte man den einzigen<br />
Zwischenbahnhof Rottleberode Süd am<br />
Rande des Harzes, einen reinen Güterbahnhof.<br />
Zur allgemeinen Überraschung waren<br />
dessen Gütergleise sehr gut besetzt. Rechts<br />
stand ein langer Zug mit Rs-Wagen, die mit<br />
Holz beladen wurden, links zwei Ganzzüge<br />
aus Eas-Wagen, die offenbar REA-Gips<br />
(REA = Rauchgasentschwefelungsanlage)<br />
zum nahegelegenen Knauf-Werk gebracht<br />
hatten, auf dessen Werksgleisen weitere Wagons<br />
zu sehen waren. Bis hierher dürfte der<br />
Bestand die Strecke gesichert sein.<br />
Nun verlief die Bahn in einem enger werdenden<br />
Tal des Südharzes bis zum Endpunkt<br />
Stolberg im Harz. (Es gibt noch ein weiteres<br />
Stolberg im Rheinland vor Aachen, während<br />
das Stollberg in Sachsen südlich von<br />
Chemnitz mit „ll“ geschrieben wird.) Der<br />
Bahnhof von Stolberg hat nur noch ein Gleis<br />
mit einem Seitenbahnsteig neuester Bauart.<br />
Das Empfangsgebäude beherbergt eine<br />
Gaststätte asiatischen Zuschnitts. Nachdem<br />
der Triebwagen sich geleert hatte, fuhr ihn<br />
der Triebfahtzeugführer noch an des Ende<br />
des Bahnsteigs, um ihn dort an das Stromnetz<br />
anzuschließen. In der kälteren Jahres-<br />
36<br />
zeit würde sich sonst die Batterie durch den<br />
Heizungsbetrieb in einer halben Stunde entladen<br />
haben.<br />
Wir hatten Zeit, die Ortsmitte zu besuchen.<br />
In der Hauptstraße dorthin stehen fast<br />
nur Fachwerkhäuser, die, wie es sich für einen<br />
touristisch genutzten Ort gehört, (bis<br />
auf ein einziges) bestens gepflegt waren.<br />
Auch der Markt ist sauber herausgeputzt.<br />
Über dem Ort thront ein großes<br />
Renaissanceschloss, errichtet auf einer früheren<br />
Burganlage.<br />
Mit Mühe gelang es, in einem Cafe noch<br />
einen Platz zu ergattern, der Kuchen war<br />
vorzüglich. Das hat sich offenbar herumgesprochen,<br />
denn die DB setzt von Mai bis<br />
Oktober an Feiertagen einen direkten RE<br />
von Leipzig über Halle nach Stolberg und<br />
zurück ein und an Samstagen einen aus<br />
Magdeburg und zurück. Wer nicht ins Café<br />
gegangen war, umlagerte einen Kiosk am<br />
Bahnhof.<br />
Natürlich fand die Rückfahrt mit dem<br />
selben Fahrzeug und dem selben Fahrzeugführer<br />
unter der Zugnummer RB 26345 statt.<br />
Für den Fall, dass der Betrieb im Dezember<br />
endgültig eingestellt werden wird, möchte<br />
der Fahrzeugführer im Bereich Erfurt seinem<br />
Beruf nachgehen, wie er uns sagte. Bei<br />
der Durchfahrt durch den Güterbahnhof<br />
Rottleberode wartete auf dem einzigen freien<br />
Nebengleis ein 642er, der die Touristen<br />
in Stolberg wieder abholte, um sie nach<br />
Magdeburg zurückzubringen.<br />
Von Berga-Kelbra brachte uns der<br />
RE 26070 mit der 143 850 eine Station weiter<br />
bis Nordhausen, wo der RE 16113 nach<br />
Erfurt am Gleis 3 bereitstand. Dieser<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
642 028 rollte bis Wolkramshausen weiter<br />
auf der Bahn nach Kassel, konnte dann aber<br />
auf der ebenfalls nach der Wende überarbeiteten<br />
Strecke nach Erfurt, eingleisig und<br />
nicht elektrifiziert, recht gut vorwärts kommen,<br />
diese Strecke ist gepflegt.<br />
Noch bei Tageslicht lief man<br />
auf eines der neuen Stumpfgleise<br />
an der Ostseite des Erfurter<br />
Hauptbahnhofs ein und konnte<br />
sich den Baufortschritt im Bahnhof<br />
ansehen: Die Nordseite mit<br />
vier durchgehenden Gleisen,<br />
davon zwei an Bahnsteigkanten,<br />
und den folgenden je zwei<br />
Stumpfgleisen östlich und westlich<br />
ist fertiggestellt, auf der Südseite<br />
ist alles abgeräumt.<br />
Die Fortsetzung des Fußgängerzugangs<br />
in der Mitte der<br />
Bahnsteige ist ausgebaggert, es<br />
entsteht offenbar auch ein südlicher Ausgang,<br />
allerdings muss dazu die Gera überbrückt<br />
werden, sonst fällt man ins Wasser.<br />
Der nördliche Teil der Überführung über die<br />
Bahnhofstraße ist schon länger fertig, im<br />
südlichen Teil sind die Fundamente für die<br />
Widerlager betoniert. Auch von den südlichen<br />
Auflagern für die Hallenträger war<br />
Auf der RegioTram in Kassel<br />
Nun sind die vorgesehenen Ausbaumaßnahmen<br />
beendet, für uns 20 Interessenten<br />
Tickettour<br />
schon etwas zu sehen. Insgesamt scheint<br />
man im Plan zu sein.<br />
Zur Heimfahrt fehlten noch drei REs. Bis<br />
Saalfeld fuhr der 642 021 als RE 19143 und<br />
bis Lichtenfels der 612 051 als RE 3493. Der<br />
In Stolberg stand der 672 920 als RegionalBahn 26345 bereit. Da ließ es<br />
sich unser Werner Schüssel nicht nehmen, ein Bild davon zu machen.<br />
letzte, der RE 4985 mit der 146 228, war bis<br />
Baiersdorf pünktlich, dann musste er wegen<br />
Bauarbeiten auf das linke Gleis und die entstandene<br />
Verzögerung konnte er nicht mehr<br />
einholen, da die vorauslaufende RB ihn ausbremste.<br />
Ärgerlich war es aber für niemanden<br />
von uns, keiner versäumte seinen Anschluss.<br />
Schon im Oktober 2001 besuchten wir mit dem SWT die Kasseler Straßenbahn,<br />
denn damals hatte der Vorlaufbetrieb mit geliehenen Saarbrückner Fahrzeugen<br />
auf DB-Strecken begonnen. Auch der wiedereröffnete Betrieb auf der Waldkappler<br />
Bahn bis Helsa hatte unser Interesse gefunden, wir berichteten im Heft 1 des<br />
<strong>NEF</strong>-Express 2002 darüber.<br />
von Werner Schüssel<br />
Anlass, sich nach fast genau sechs Jahren am<br />
10. Oktober 2007 erneut dort umzusehen.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 37
Tickettour<br />
Für die Anfahrt wählte man die kürzeste<br />
Strecke über Würzburg und Fulda, und obwohl<br />
der GdL-Streik erst in der Nacht zu<br />
Ende gegangen war, gab es diesmal keine<br />
Probleme. Um 7.06 Uhr ging es im RE 34602<br />
mit der 111 212 nach Würzburg und weiter<br />
im RB 34776 mit der 111 219 ausnahmsweise<br />
wegen Bauarbeiten in Schlüchtern gleich<br />
nach Fulda. Hier musste man auf den<br />
Cantus 31764 nach Bad Hersfeld etwas warten,<br />
zwischenzeitlich stieß auch ein Frankfurter<br />
Eisenbahnfreund zu uns. Wie erinnerlich,<br />
war bei unserer Fahrt im August auf<br />
der Mitte-Deutschland-Verbindung dieser<br />
Zug übervoll, diesmal warteten deutlich weniger<br />
Fahrgäste auf den Triebwagen.<br />
Trotz widriger Lichtverhältnisse scheute Werner Schüssel keine Kosten und<br />
Mühen und drückte für uns auf den Auslöser, als der RBK 712 einlief.<br />
Mit geringer Verspätung rollte der Triebwagen<br />
unmittelbar vor der Abfahrt herein,<br />
leider war es aber nur der dreiteilige<br />
427 003 + 827 003 + 427 503, der<br />
Ordnungsnummer nach der Hamburger<br />
Hochbahn gehörend. Schnell war der Wagen<br />
wieder sehr gut gefüllt. Als alte Fahrfüchse<br />
nutzten wir ihn auch nur wieder bis<br />
38<br />
Bad Hersfeld, um dort in den 427 002 +<br />
827 002 + 427 502 umzusteigen, der als<br />
CAN 31918 nach Kassel Hbf lief.<br />
Hier führte nun ein kurzer Weg zu den<br />
am 18. August eröffneten Stadtbahnbahnsteigen.<br />
Diese liegen etwas tiefer als die<br />
DB-Bahnsteige auf der Rampe in den<br />
Stadtbahntunnel, wofür ein DB-Bahnsteig<br />
geopfert wurde, was verkehrlich leicht zu<br />
verschmerzen war. Für beide Richtungen<br />
steht je ein Bahnsteig mit einem Gleis zur<br />
Verfügung, zwischen den Bahnsteigen liegt<br />
ein drittes Gleis zur freizügigen Verwendung.<br />
Pünktlich kam der Triebwagen 712 der<br />
Regionalbahn Kassel RBK auf der Regionallinie<br />
RT3 aus dem 49 km entfernten<br />
Warburg, nachdem er noch<br />
vor dem Bahnsteig die Systemwechselstelle<br />
passiert hatte. Nun<br />
ging es im Tunnel unter dem<br />
Empfangsgebäude und dem<br />
Bahnhofsvorplatz hindurch, an<br />
der nächsten Haltestelle war man<br />
wieder oben. Der westliche Teil<br />
des Tunnels unter den Empfangsgebäude<br />
ist neu, der östliche<br />
Teil ist der Rest des Tunnels,<br />
der früher aus nördlicher Richtung<br />
unter dem Bahnhofsplatz<br />
verlaufen ist und wegen seines<br />
Zustands deutschlandweit in Verruf<br />
geraten war.<br />
Davon sieht man nichts mehr, es ist alles<br />
sauber. Zwei Stationen weiter erreichte man<br />
den Stern, den zentralen Umsteigeplatz in<br />
der Stadtmitte. Auch wir wechselten hier die<br />
Bahn, weil wir hier die 20 Minuten Umsteigezeit<br />
für einen schnellen Mittagshappen in der<br />
Fußgängerzone nutzen konnten.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Die Weiterfahrt erfolgte in einem Wagen<br />
der Trambahnlinie 4, im Triebwagen 601 der<br />
KVG, nach Hessisch Lichtenau im Lossetal.<br />
Bereits 2001 hatten wir diese Linie bis zum<br />
damaligen Endpunkt Helsa befahren. Seit Januar<br />
2006 wurde auf dem alten DB-Gleis<br />
diese Strecke um neun Kilometer bis<br />
Hessisch Lichtenau verlängert, d. h. mit<br />
750 V Gleichstrom elektrifiziert, die Gleise<br />
erneuert und an den Bahnsteigen sechs-<br />
Schienen-Gleise eingebaut. Die Fahrleitung<br />
hängt an Peiner Stahlmasten, die einen wesentlich<br />
stärkeren Eindruck hinterlassen als<br />
die windigen „Stecken“ der AVG bei<br />
Öhringen oder die der DB bei Speyer. Man<br />
hat hier wohl schon an die künftigen Stürme<br />
infolge der Klimaveränderung gedacht.<br />
Nach der Station „Im Tal“ in Hessisch<br />
Lichtenau verläßt die Straßenbahn die DB-<br />
Strecke und fährt im Straßenplanum bis zur<br />
Endkehre Bürgerhaus. Die Fahrt vom Kasseler<br />
Stern bis hierher, geschätzt 30 km, dauerte<br />
etwa 50 Minuten, der Wagen war gut<br />
besetzt, allerdings besteht am Wochenende<br />
nur Stundentakt. Erwähnenswert sind die<br />
Begegnung mit Exoten: Während vor sechs<br />
Jahren bei Kaufungen Kamele auf einer<br />
Wiese weideten, stand man nun am Bürgerhaus<br />
zehn Meter vor zwei echten Tigern,<br />
zum Glück im stabilen Käfig eines Wanderzirkus.<br />
Bis zur Rückfahrt in 20 Minuten soll noch<br />
etwas über die Fahrzeuge gesagt werden. Auf<br />
den auch von der DB befahrenen Strecken<br />
kommen 28 Zweisystem-Fahrzeuge des<br />
Alstom-Typs „Regio Citadis“ zum Einsatz,<br />
Bauart 8xGelZRNfT, hergestellt in Salzgitter<br />
bei LHB. Die Wagen 701 bis 718, DB-<br />
Nummern 452 001 bis 452 018, sind für DB-<br />
Tickettour<br />
Wechselstrom und Straßenbahn-Gleichstrom<br />
ausgelegt, die Wagen 751 bis 760, DB-<br />
Nummern 689 001 bis 689 010 können unter<br />
Gleichstrom und mit Hilfe eines Dieselmotors<br />
auf nicht elektrifizierten Strecken<br />
fahren, sie bedienen vor allem die Nebenbahn<br />
nach Wolfhagen. Diese 28 Wagen gehören<br />
der RBK, die wiederum der KVG und<br />
der HLB gehört.<br />
Auf der Lossetalbahn und innerhalb Kassels<br />
verkehren zudem reine Gleichstromfahrzeuge<br />
des Typs Flexity Classic von<br />
Bombardier, sie tragen die Nummern ab 601,<br />
davon sind 28 Stück im Einsatz. Auf der<br />
Lossetalbahn fahren zusätzlich unter der<br />
Woche zwei Paare Expresszüge, die nicht die<br />
Schleife durch Kaufungen bedienen, sondern<br />
auf der alten nicht elektrifizierten DB-<br />
Strecke geradeaus an Kaufungen vorbeifahren,<br />
was natürlich nur mit den Wagen der<br />
Nummern 751 bis 760 möglich ist. Aus dieser<br />
Serie bekamen wir kein Exemplar zu<br />
Gesicht.<br />
Die Rückfahrt führte uns diesmal nur bis<br />
zum Hallenbad Ost in Kassel, denn bereits<br />
hier stiegen wir in einen Wagen der Regionallinie<br />
RT5 um, in den Wagen 707, dessen Ziel<br />
Melsungen war, unser Ziel war aber nur<br />
Kassel-Wilhelmshöhe, das der Wagen durch<br />
den Tunnel über die DB-Strecke erreichte.<br />
Der nun eingeplante RE 4113 nach<br />
Friedberg in Hessen erhielt vor Marburg<br />
wegen einer Baustelle Verspätung, aber seine<br />
111 192 konnte so viel gutmachen, dass<br />
wir in Friedberg den Triebwagen 509 104 mit<br />
der Zugnummer HLB 83927, einen Triebwagen<br />
vom Typ GTW 2/6, leicht erreichten.<br />
Fast pünktlich ging es von Hanau im<br />
RE 4627, vorn die 112 175 und hinten die<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 39
Tickettour<br />
112 171 nach Würzburg, wo man nur quer<br />
über den Bahnsteig zum RB 35091 zu gehen<br />
hatte, zum selben Wagenmaterial wie am<br />
Vormittag. Wegen einer Baustelle musste<br />
dieser RB von Dettelbach bis Kitzingen links<br />
Wieder eine Winterfahrt ins Erzgebirge<br />
Die SWT-Gemeinde war zwar schon oft im Erzgebirge, aber dank der vor 150 Jahren<br />
in Sachsen blühenden Industrie gibt es im Erzgebirge immer noch ein dichtes<br />
Eisenbahnnetz, sodass es unserem Kurt Müller nochmals gelang, für den<br />
1. Dezember 2007 eine SWT-Tour auf einer von drei Strecken auszumachen,<br />
die höchstens vor Jahren im Rahmen eines anderen Programms befahren worden<br />
waren.<br />
40<br />
von Werner Schüssel<br />
15 Teilnehmer machten sich auf den Weg,<br />
um über Chemnitz nach Olbernhau und<br />
Marienberg zu reisen.<br />
Der Start war in Nürnberg um 7.06 Uhr<br />
im IRE 3083, in dem einige jüngere Reisende<br />
auf dem Fußboden Platz nehmen mussten,<br />
so voll war er, zumal es sich um den<br />
allein fahrenden 612 486 handelte. Bis<br />
Bayreuth war er noch pünktlich, dann trödelte<br />
er recht, laut Durchsage war die Neigetechnik<br />
ausgeschaltet. Auch DB-Regio wusste<br />
natürlich, dass dieser Triebzug bis Dresden<br />
keinesfalls ausreichen würde, und kuppelte<br />
deshalb in Hof noch den 612 479 an.<br />
Vor Plauen hatte sich die Verspätung auf<br />
20 Minuten erhöht, zudem mussten wir am<br />
Einfahrsignal warten, da erst der Gegenzug<br />
aus dem Bahnhof herauskam. An beiden<br />
Enden des Bahnhofs liegt wegen dessen<br />
Umbaus nur je ein behelfsmäßiges Gleis,<br />
über das alle Ein- und Ausfahrten abgewickelt<br />
werden müssen, im Bahnhof stehen<br />
auch nur zwei Bahnsteigkanten zur Verfügung.<br />
Während des Wartens ließ der Trieb-<br />
fahren, aber die paar Minuten Verzögerung<br />
holte der Zug bis Nürnberg auf, er kam hier<br />
so pünktlich an, dass sogar drei Mitfahrer<br />
den eine Minute später abfahrenden RE nach<br />
Weiden bzw. Bayreuth noch erreichten.<br />
fahrzeugführer die 612er hin- und herwackeln.<br />
Vermutlich hatte die Neigetechnik<br />
zunächst Probleme gemacht. Nun konnte<br />
sich der Zug aber offenbar wieder neigen,<br />
denn bis Chemnitz ging es nun endlich sehr<br />
schnell voran, abgesehen auf dem nicht ausgebauten<br />
Stück zwischen St. Egidien und<br />
Hohenstein-Ernstthal. In letzterem Bahnhof<br />
wird augenblicklich das Empfangsgebäude<br />
abgerissen, um einem Busbahnhof Platz zu<br />
machen.<br />
In Chemnitz stiegen wir aus, was recht<br />
angenehm war, denn hier füllte sich der Zug<br />
beträchtlich mit Fußballfans, die zu einem<br />
Spiel Dresden gegen Chemnitz reisten, nicht<br />
ohne Begleitung durch die Bundespolizei. Da<br />
zu unserem Ziel Olbernhau an Wochenenden<br />
Zweistundentakt besteht, hatten wir in<br />
Chemnitz reichlich Zeit, bei leichtem<br />
Nieselregen kurz in das Zentrum von<br />
Chemnitz zu gehen, in welchem, wen<br />
wundert‘s, ein Weihnachtsmarkt stattfand.<br />
Ein paar Schritte weiter gelangte man zum<br />
Gunzenhauser-Museum in der ehemaligen<br />
Stadtsparkasse, in dem die Sammlung mit<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
2.300 Kunstwerken aus Deutschland des<br />
20. Jahrhunderts, die der Münchner Galerist<br />
Gunzenhauser zusammengetragen hat, ausgestellt<br />
wird. Die Eröffnung sollte gerade an<br />
diesem Tag stattfinden im Beisein<br />
von Bundespräsident Köhler.<br />
Wie man sieht, fand sich außer<br />
uns auch andere Prominenz in<br />
Chemnitz ein. Man sah davon<br />
jedoch noch nichts, lediglich zwei<br />
einsame Polizisten vertrieben<br />
sich vor dem Haus die Zeit.<br />
Um Mittag ging es nun weiter<br />
in der RB 30865, im 642 237 der<br />
Erzgebirgsbahn, zunächst auf<br />
der Hauptstrecke nach Dresden<br />
bis Flöha. Beim ehemaligen Rangierbahnhof<br />
Hilbersdorf wird<br />
seit einigen Jahren der Damm der<br />
Hauptstrecke saniert in der Form, dass bei<br />
eingleisigem Betrieb zuerst die eine Seite,<br />
dann die andere des Damms abgetragen und<br />
mit neuem Material aufgefüllt wird. Das alte<br />
Material war zu lehmhaltig und wurde deshalb<br />
bei stärkerem Regen rutschig.<br />
In Flöha zweigt rechts die Bahn nach<br />
Annaberg-Buchholz und weiter nach<br />
Komotau ab, links biegt die Linie nach<br />
Olbernhau und Marienberg ab. Ursprünglich<br />
hatte Flöha offenbar einen Keilbahnhof,<br />
die Strecke nach Olbernhau zweigte damals<br />
vor dem Bahnhof nach links ab. Das muss<br />
sich aber schon vor über 100 Jahren geändert<br />
haben, nur einige Trassierungselemente<br />
lassen darauf schließen. Die Bahn senkte sich<br />
nun in das Tal der Flöha.<br />
Die Flöha entspringt in Tschechien westlich<br />
des Dorfes Nove Mesto, durch welches<br />
wir vor einiger Zeit anlässlich der Fahrt nach<br />
Tickettour<br />
Moldava gefahren sind, die Quellen der Freiberger<br />
Mulde und der Weißeritz sind auch<br />
nur einen Kilometer davon entfernt. Bei<br />
Deutschgeorgensthal kommt sie nach Sach-<br />
Auch am 1. Dezember 2007 war Werner Schüssel mit den „Tickettouren“<br />
unterwegs. Er lichtete für uns den 624 231 in Hetzdorf ab.<br />
sen und fließt an Neuhausen, Olbernhau und<br />
Pockau vorbei bis zum Ort Flöha, wo sie in<br />
die Zschopau mündet. Diese wiederum<br />
mündet westlich Döbeln in die Freiberger<br />
Mulde, die sich ihrerseits zwischen Colditz<br />
und Großbothen mit der Zwickauer Mulde<br />
zur Mulde vereinigt. Letztere mündet dann<br />
bei Dessau in die Elbe, und wo die hinfließt,<br />
ist bekannt. Beim Hochwasser 2002 richtete<br />
auch die Flöha erhebliche Schäden an.<br />
Zurück zum Gleis: Die Strecke nach<br />
Olbernhau und die Stichstrecke nach<br />
Marienberg sind in den letzten Jahren grundlegend<br />
saniert worden. Von ein paar Bahnübergängen<br />
abgesehen, die aber ausnahmsweise<br />
kaum stören, da sie nahe an Haltestellen<br />
liegen, gibt es keine Langsamfahrstelle.<br />
Der Triebwagen fuhr bis zu 80 km/h, das<br />
ist das Maximum, das hier bei den vielen<br />
Kurven möglich scheint ohne Neigetechnik.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 41
Tickettour<br />
Die Kilometrierung endet in Flöha bei<br />
km 57,9 und Marienberg liegt bei km 18,9.<br />
Der km 0,0 ist der Grenzpunkt zu Tschechien<br />
südlich Reitzenhain, weiter lief einst<br />
die Strecke bis Nova Ves, wo sie die Linie<br />
Komotau – Weipert erreichte, auch von einer<br />
früheren SWT-Tour bekannt.<br />
Die am 24. Mai 1874, am selben Tag wie<br />
die Marienberger Strecke eröffnete Strecke<br />
nach Olbernhau beginnt ihre Kilometrierung<br />
in Pockau-Lengefeld, der jetzige Endpunkt<br />
Olbernhau-Grünthal hat km 12,9. Die Gleise<br />
liegen noch bis zum früheren Ende Neuhausen<br />
am km 22,1, sind aber ziemlich verfallen<br />
und gesperrt, obwohl dieser Rest noch<br />
nicht entwidmet ist. Ob von der Nebenbahn<br />
nach Deutschneudorf noch etwas vorhanden<br />
ist, konnte wegen Zeitmangels nicht<br />
ausgemacht werden.<br />
Wir fuhren mit unserem Zug auf der heute<br />
verkehrlich bedeutenderen Verbindung<br />
Flöha – Pockau-Lengefeld – Olbernhau-<br />
Grünthal. Der Wagen war außer uns auch<br />
von anderen Fahrgästen besetzt, der Zweistundentakt<br />
am Wochenende entspricht offenbar<br />
dem Bedarf, werktags gibt es sogar<br />
Stundentakt. In Hetzdorf warteten wir auf<br />
die Kreuzung mit dem Gegenzug, der auch<br />
bald durch den Hetzdorfer Viadukt herangerollt<br />
kam. Dieser Viadukt für die Hauptbahn<br />
nach Dresden war am 23. September<br />
1868 eröffnet worden und diente bis zum<br />
12. Mai 1992, nachdem 1986 noch vor der<br />
Wende beschlossen worden war, den<br />
inzwischen stark geschädigten Viadukt durch<br />
zwei Betonbrücken in gerader Linie zu ersetzen.<br />
Die alte Brücke ist 43 m hoch und<br />
328 m lang, die vier großen und 13 kleinen<br />
Bögen bilden einen Bogen mit einem Radius<br />
von 572 m.<br />
42<br />
Auch ein Sonderzug kreuzte unseren Lauf,<br />
er führte zwei Speisewagen, mehrere DR-<br />
Vierachser verschiedener Serien und den<br />
historischen Zweiachser der Windbergbahn<br />
mit sich, als Loks waren je eine ex-DR-212er<br />
an beiden Enden eingesetzt.<br />
Die Rückfahrt im selben Triebwagen unter<br />
der Nummer RB 30868 hätte schon in<br />
Pockau-Lengefeld enden können, aber da<br />
dieser Bahnhof weder eisenbahn- noch<br />
gaststättenmäßig etwas versprach, fuhren wir<br />
im warmen Wagen lieber weiter zurück bis<br />
Hohenfichte, um von dort wieder mit dem<br />
Gegenzug nach Pockau-Lengefeld zurückzukehren.<br />
Drei Fans riskierten sogar die<br />
Fahrt bis zum Kreuzungsbahnhof Hetzdorf<br />
zurück, denn die Kreuzung fand nicht nach<br />
Schweizer Art statt, sondern es musste erst<br />
eine Zuglaufmeldung durchgegeben werden,<br />
sodass zum Wagenwechsel in den 642 231,<br />
RB 30871, ausreichend Zeit war. Dadurch<br />
konnte man den Viadukt und die Widerlager<br />
der Schmalspurbahnbrücke nach Großwallersdorf<br />
dreimal sehen, beim vierten Mal<br />
war es leider schon dunkel.<br />
In Pockau-Lengfeld wurde nun in die<br />
RB 30897 umgestiegen, die an diesem Tag<br />
für die vier Zugpaare nach Marienberg eingesetzt<br />
war. Am Wochenende sind für den<br />
Ausflugsverkehr vier Paare eingeplant, unter<br />
der Woche verkehrt nur ein einziges Paar<br />
am Morgen, vor allem für den Schülerverkehr<br />
zum Gymnasium in Marienberg, das<br />
1992 mit 1.300 Schülern eröffnet worden ist.<br />
Durch das enge Tal der Pockau schlängelte<br />
sich der Zug in 18 Minuten die 12 km nach<br />
Marienberg. Bei der Erbauung hat man wohl<br />
einen stärkeren Verkehr erhofft, denn die<br />
Widerlager der Brücken sind für zwei Glei-<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
se vorgesehen, die Trasse selbst aber nur für<br />
ein Gleis. An einem Bahnübergang musste<br />
der Zug anhalten, weil sich die Schranke<br />
nicht schloss, auch auf der Rückfahrt nicht.<br />
In Marienberg führte ein kleiner Anstieg<br />
aus dem Tal zu dem höher gelegenen Kern<br />
des Bergmannstädtchens. Auf dem quadratischen<br />
Marktplatz war gerade ein Weihnachtsmarkt<br />
eröffnet worden, wie sie es in<br />
der Adventszeit zu Hunderten in Deutschland<br />
gibt. Auch eine kleine elektrische<br />
Kindereisenbahn drehte hier ihre Runden,<br />
die Stromzuführung erfolgte wie bei der allerersten<br />
E-Lok von Siemens über die beiden<br />
Schienen. Die Farbe der Anschlusskabel entsprach<br />
auch nicht den Vorschriften, die Phase<br />
war zwar schwarz, aber die Rückleitung<br />
gelbgrün statt wie korrekt blau. Die Kinder<br />
störten sich nicht daran.<br />
Man hatte auch genügend Zeit, sich in den<br />
gemütlichen Gaststätten des Ortes aufzuwärmen,<br />
denn schon auf der Hinfahrt hatte<br />
Kurt Müller auf zwei Möglichkeiten der<br />
Rückfahrt hingewiesen: Entweder nach erstem<br />
Plan bereits nach 20 Minuten wieder von<br />
Marienberg weg, in Nürnberg um 22.10 Uhr<br />
an, oder 2 Stunden und 20 Minuten später<br />
ab und dann in Nürnberg um 22.49 Uhr an.<br />
Die Mehrheit entschied sich für die spätere<br />
Abfahrt, einigen war es gleich und einer war<br />
aus gutem Grund dagegen, weil er noch einen<br />
Anschluss brauchte. Schließlich konnte<br />
man auch für diesen Teilnehmer eine Sicherung<br />
seines Anschlusses ermitteln, wie sich<br />
später herausstellte, sogar zu seinem Vorteil.<br />
Die Rückfahrt nach Pockau begann also<br />
mit der späteren RB 30998, in der außer uns<br />
nur der Fahrer war, verständlich, denn für<br />
Tickettour<br />
Wanderer war es jahres- und tageszeitlich zu<br />
spät und für Skifahrer lag noch zu wenig<br />
Schnee. Bis Chemnitz fuhr dann wieder der<br />
642 237 als RB 30878, wo sich nun die ursprüngliche<br />
Wartezeit zum Glück um eine<br />
Stunde auf nur noch eine halbe verringert<br />
hatte. Bald kam aber die Durchsage, dass<br />
unser IRE 3094 aus Dresden 10 Minuten<br />
Verspätung habe, aber dabei blieb es auch.<br />
Von einem Mitreisenden erfuhr man, dass<br />
in Dresden der Zug erst zur Abfahrtszeit<br />
bereit gestellt worden und vor seiner Abfahrt<br />
ihm auch noch ein ICE in die Quere gekommen<br />
war. Unser Lokführer ließ die 642 482 +<br />
642 489 aber laufen, sodass man in Hof nur<br />
noch zwei Minuten zu spät war.<br />
Jetzt verzögerte sich aber die Abfahrt<br />
wieder, weil am Südkopf des Hofer Bahnhofs<br />
eine Weiche ausgewechselt wurde und<br />
unser Zug bis Oberkotzau links fahren musste.<br />
Bis Bayreuth, wo drei Mitfahrer ausstiegen,<br />
um mit einem nachfolgenden Zug zu<br />
Unterwegsbahnhöfen zu gelangen, war<br />
wieder etwas eingeholt. Nun ging es flott<br />
voran, von der LA nach Schnabelwaid abgesehen,<br />
bis der Zug kurz vor Pegnitz erheblich<br />
abbremste, um in das Ausweichgleis abzubiegen.<br />
Mit den erlaubten 40 km/h fuhr<br />
er durch den Bahnhof, und was stand auf<br />
dem Durchfahrgleis?<br />
Ein Zug aus zwei 610ern, genau der Zug,<br />
den wir ursprünglich benützt hätten. Dessen<br />
Reisende standen am Bahnsteig und<br />
schauten uns mit langen Gesichtern nach.<br />
Entweder hatte er aus irgendwelchen Gründen<br />
so viel Verspätung, dass er unseren IRE<br />
vorlassen musste, oder er war defekt. So<br />
waren wir mit dem späteren Zug früher in<br />
Nürnberg, mit dem früheren wäre es dann<br />
später geworden.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 43
Hintergründiges<br />
Die Triebwagen vom Typ NE 81<br />
In den 1970er Jahren standen einige „Privatbahnen“ vor dem Problem eines<br />
chronisch überalterten Triebwagenbestands. Ein neuer Triebwagen musste also<br />
her. Daher entstand auf Basis von verschiedenen Bauteilen aus der Bus- und<br />
LKW-Fertigung ein neu entwickelter, vierachsiger Triebwagen, der schließlich<br />
insbesondere im süddeutschen Raum seine Abnehmer fand.<br />
44<br />
von Michael Mrugalla<br />
Es war eine schwierige Frage für zahlreiche<br />
Bahnunternehmen, wie es künftig mit der<br />
Eisenbahn weitergeht. Einstellung oder<br />
Chance auf Neubeginn?<br />
Leider verfügten die kleinen Unternehmen<br />
alle nicht über ein entsprechendes Budget,<br />
um große Sprünge zu machen. Daher war<br />
der Ideenreichtum der Ingenieure gefragt.<br />
Im Gegensatz zur Bundesbahn hatte man<br />
auch andere Anforderungen an ein entsprechendes<br />
Neubaufahrzeug.<br />
Geschichte:<br />
Die „Nicht bundeseigenen Eisenbahnen“<br />
(NE) suchten eher nach einer „eierlegenden<br />
Wollmilchsau“. Auf Basis dieser Anforderungen<br />
entwickelte dieFirma Orenstein und<br />
Koppel (O&K) einen leistungsfähigen, vierachsigen<br />
Dieseltriebwagen, zu dem auch ein<br />
Mittelwagen und ein Steuerwagen angeboten<br />
wurde.<br />
Allerdings beschloss man bei O&K noch<br />
vor der Fertigstellung des ersten Fahrzeuges<br />
das Ende der Schienenfahrzeugfertigung im<br />
eigenen Haus. So wurde die Produktion bei<br />
der Firma Waggon-Union in Berlin fortgesetzt.<br />
Im Gegensatz zur DB-Baureihe 627 sollte<br />
die Privatbahn-Variante auch in der Lage<br />
sein, als Schlepptriebwagen eingesetzt zu<br />
werden. Eine Anhängelast bis zu 400 t im<br />
Güterverkehr war eine der Anforderungen<br />
an das Fahrzeug im Lastenheft. Weiterhin<br />
sollten auch Beiwagen und Steuerwagen zu<br />
dem Triebwagen angeboten werden, mit<br />
Technische Daten:*<br />
1. Baujahr: 1981<br />
Achsfolge: B‘B‘<br />
Länge über Puffer: 23.894 mm<br />
Wagenbreite: 2.830 mm<br />
Radsatzabstand: 2.200 mm<br />
Drehzapfenabstand: 15.100 mm<br />
Leistung: 2 x 200 kW<br />
Gewicht: 39 (46) t<br />
Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h<br />
*Abweichungen je nach Kundenwunsch möglich<br />
denen die Züge dann je nach Verkehrslage<br />
ergänzt werden können.<br />
Die ersten Fahrzeuge wurden zur KVG,<br />
der RBG, der WEG und zur SWEG ausgeliefert,<br />
die allesamt an der Entwicklung der<br />
Fahrzeuge mitgewirkt hatten. Mit der ersten<br />
Lieferserie wurden elf Triebwagen und ein<br />
Steuerwagen ausgeliefert, die sich schnell im<br />
Betrieb bewährten.<br />
Im Jahr 1985 wurde eine zweite Serie dieser<br />
Baureihe aufgelegt, mit der die Regentalbahn<br />
und die SWEG den Bestand erweiterten.<br />
Dabei wurden auch die ersten und<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
einzigen Beiwagen geliefert, die sich im Bestand<br />
der SWEG finden. Bei den Fahrzeuge<br />
ab der zweiten Serie wurden nicht mehr die<br />
O&K-Drehgestelle verwendet, sondern<br />
Drehgestelle von Waggon Union.<br />
Die einzelnen Fahrzeuge unterscheiden<br />
sich je nach Kundenwunsch auch in der<br />
Ausstattung. So verfügen zum Beispiel einige<br />
Fahrzeuge über eine Toilette.<br />
Im Jahr 1993 gab es erneut Bedarf an vierachsigen<br />
Schlepptriebwagen. Somit wurde<br />
für die KVG, die HzL, die BOB und die<br />
WEG eine weitere Serie von acht Triebwagen<br />
und zwei Steuerwagen aufgelegt. Die<br />
Fahrzeuge unterscheiden sich von ihren<br />
Vorgängern auf den ersten Blick durch die<br />
runden (statt eckigen) Spitzenlichter. Zudem<br />
ist bei diesen Fahrzeugen die Zugzielanzeige<br />
oberhalb der Frontscheibe angebracht (nicht<br />
in dieser wie bei den Serien 1 und 2).<br />
Die letzte Serie wurde dann im Jahr 1994<br />
ausgeliefert. Die Fahrzeuge wurden nun unter<br />
ABB-Regie gefertigt, weil die Fahrzeugfertigung<br />
von der Waggon Union inzwischen<br />
mit der Produktion von ABB Henschel verschmolzen<br />
worden war.<br />
Empfänger der letzten Serie von insgesamt<br />
vier Triebwagen und zwei Steuerwagen waren<br />
der ZVVW und die BOB. Damit waren<br />
insgesamt 43 NE 81-Fahrzeuge gebaut worden,<br />
wovon 26 als Trieb-, 14 als Steuer- und<br />
drei als Beiwagen ausgeführt wurden.<br />
Technik:<br />
Jedes Drehgestell der Triebwagen wird von<br />
einem Dieselmotor mit rund 200 kW angetrieben.<br />
Die verwendeten Motoren entstammen<br />
der LKW- bzw. Bus-Produktion von<br />
MAN. In den späteren Serien fanden um<br />
Hintergründiges<br />
etwa 50 kW stärkere Motoren Verwendung.<br />
Die Motoren sind hängend unter dem<br />
Fahrgastraum angebracht. Über ein<br />
Flüssigkeitsgetriebe wird die Traktionsleistung<br />
hydrodynamisch übertragen.<br />
Dank der eingebauten Vielfachsteuerung<br />
können auch mehrere Fahrzeuge gemeinsam<br />
im Zugverband betrieben werden. Im<br />
Nachhinein wurde die Steuerung soweit<br />
modifiziert, dass auch mit anderen Bestandsfahrzeugen<br />
bzw. neu gelieferten Fahrzeugen<br />
ein Mehrfachtraktionsbetrieb möglich ist.<br />
Auch die Ausrüstung mit einer Funkfernsteuerung<br />
war vorgesehen. Bei der<br />
Regentalbahn wurde diese Option von 1985<br />
bis 1994 im VT 02 genutzt.<br />
Einsatzgebiete:<br />
AVG:<br />
Als die AVG im Mai 1994 die von Bruchsal<br />
ausgehenden Nebenbahnen nach Menzingen<br />
und Odenheim von der SWEG übernahm,<br />
waren im „Paket“ auch einige NE 81-<br />
Fahrzeuge enthalten. Bis zur Elektrifizierung<br />
der beiden Strecken setzte die AVG die Fahrzeuge<br />
im AVG-Farbkleid lackiert dort im<br />
Nahverkehr ein. Die Triebwagen 453 und<br />
454 wurden bei einem Frontalzusammenstoß<br />
im Juni 1998 schwer beschädigt. Deshalb<br />
wurden sie ausgeschlachtet und verschrottet.<br />
Die Bei- und Steuerwagen wurden später<br />
an die SWEG und die WEG abgegeben.<br />
BOB:<br />
Die neu gegründete BOB bestellte 1993<br />
zunächst zwei NE 81, die – dunkelblau lackiert<br />
– fortan zwischen Friedrichshafen und<br />
Ravensburg Dienst taten.1994 wurde ein<br />
weiterer Triebwagen beschafft. Durch eine<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 45
Hintergründiges<br />
1. Serie:<br />
1 WU 1981/30895 1981 SWEG VT 120<br />
2 WU 1981/30896 1981 SWEG VT 121<br />
3 WU 1981/30897 1981 SWEG VT 122<br />
4 WU 1981/30898 1981 SWEG VT 123<br />
1994 AVG VT 453<br />
1998 Totalschaden<br />
1999 WEG Ersatzteilspender<br />
2003 ++<br />
5 WU 1981/30899 1981 SWEG VT 124<br />
1994 AVG VT 454<br />
1998 Totalschaden<br />
1999 ++<br />
6 WU 1981/30900 1981 SWEG VT 125<br />
7 WU 1981/30901 1981 WEG VT 410<br />
8 WU 1981/30902 1981 WEG VT 411<br />
2003 vermietet an NOB<br />
9 WU 1981/30903 1981 KVG VT 80 „Spessart“<br />
2006 SBE VT 43<br />
10 WU 1981/30904 1981 KVG VT 81 „Kahltal“<br />
2006 vermietet an WFB<br />
11 WU 1981/30905 1981 RBG VT 02<br />
12 WU 1981/30906 1981 WEG VS 220<br />
2. Serie:<br />
13 WU 1985/33624 1985 RBG VS 29<br />
14 WU 1985/33625 1985 RBG VS 30<br />
15 WU 1985/33626 1985 RBG VT 08<br />
16 WU 1985/33627 1985 KVG VS 183<br />
2006 vermietet an WFB<br />
17 WU 1985/33628 1985 KVG VS 184<br />
2006 vermietet an WFB<br />
18 WU 1985/33629 1985 SWEG VS 200<br />
1994 AVG VS 470<br />
2002 SWEG VS 200<br />
19 WU 1985/33630 1985 SWEG VS 201<br />
1994 AVG VS 471<br />
2004 WEG VS 471<br />
2005 WEG VS 201<br />
20 WU 1985/33631 1985 SWEG VS 202<br />
21 WU 1985/33632 1985 SWEG VS 203, geplant als VB<br />
2006 Brandschaden<br />
2006 ++<br />
22 WU 1985/33633 1985 SWEG VS 204, geplant als VB<br />
46<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
23 WU 1985/33634 1985 SWEG VB 240<br />
24 WU 1985/33635 1985 SWEG VB 241<br />
1994 AVG VB 477<br />
2004 WEG VB 477<br />
2005 WEG VB 241<br />
25 WU 1985/33636 1985 SWEG VB 242<br />
26 WU 1985/33637 1985 SWEG VT 126<br />
27 WU 1985/33638 1985 SWEG VT 127<br />
3. Serie:<br />
28 WU 1993/36099 1993 KVG VT 82<br />
2006 vermietet an WFB<br />
29 WU 1993/36100 1993 HzL VT 41<br />
30 WU 1993/36101 1993 HzL VT 42<br />
31 WU 1993/36102 1993 HzL VT 43<br />
32 WU 1993/36103 1993 HzL VS 16<br />
33 WU 1993/36104 1993 WEG VT 412<br />
34 WU 1993/36105 1993 WEG VT 413<br />
35 WU 1993/36106 1993 WEG VS 250<br />
36 WU 1993/36107 1993 BOB VT 60<br />
2006 HzL VT 60<br />
37 WU 1993/36108 1993 BOB VT 61<br />
2006 HzL VT 61<br />
4. Serie:<br />
38 ABB 1994/36234 1994 ZVVW VT 420<br />
2001 WEG VT 420<br />
39 ABB 1994/36235 1994 ZVVW VT 421<br />
40 ABB 1994/36236 1994 ZVVW VT 422<br />
41 ABB 1994/36237 1994 ZVVW VS 425<br />
42 ABB 1994/36238 1994 ZVVW VS 426<br />
43 ABB 1994/36239 1994 BOB VT 62<br />
2006 HzL VT 62<br />
Betreiber:<br />
AVG: Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (AVG)<br />
BOB: Bodensee-Oberschwaben-Bahn GmbH & Co. KG (BOB)<br />
HzL: Hohenzollerische Landesbahn AG (HzL)<br />
KVG: Kahlgrund-Verkehrs-Gesellschaft mbH (KVG)<br />
NOB: Nord Ostsee Bahn GmbH (NOB)<br />
RBG: Regental Bahnbetriebs GmbH (RBG)<br />
SBE: Sächsisch-Böhmische Eisenbahngesellschaft mbH (SBE)<br />
SWEG: Südwestdeutsche Verkehrs-AG (SWEG)<br />
WEG: Württembergische Eisenbahngesellschaft mbH (WEG)<br />
WFB: WestFrankenBahn (WFB) [DB Regio Tochtergesellschaft]<br />
ZVVW: Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn (ZVVW)<br />
Hintergründiges<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 47
Hintergründiges<br />
Ausweitung der Verkehre wurden weitere<br />
Fahrzeuge nötig, die in Gestalt von<br />
RegioShuttle-Triebwagen zur BOB kamen.<br />
2005 schließlich wurde eine „Flottenbereinigung“<br />
durchgeführt, bei der weitere<br />
RegioShuttle beschafft wurden. Die freigesetzten<br />
NE 81 gingen an die HzL über.<br />
HzL:<br />
Die HzL beschaffte 1993 drei NE 81-Triebwagen<br />
und einen Steuerwagen zur Verjüngung<br />
des Fahrzeugbestands.<br />
Die Fahrzeuge kommen vor allem auf der<br />
HzL-Stammstrecke zwischen Hechingen<br />
und Sigmaringen zum Einsatz, während die<br />
drei von der BOB übernommenen Triebwa-<br />
gen vornehmlich für den Einsatz beim<br />
„Seehäsle“ verwendet werden.<br />
48<br />
KVG:<br />
Die drei Triebwagen und die beiden Steuerwagen<br />
der KVG wurden im Dezember 2006<br />
arbeitslos, da die Bedienung der Kahlgrundbahn<br />
an die Hessische Landesbahn überging.<br />
Der nach einem Unfall beschädigte VT 80<br />
wurde an die SBE verkauft, VT 81 und der<br />
deutlich jüngere VT 82 sowie die beiden<br />
vorhandenen Steuerwagen wurden längerfristig<br />
an die DB-Tochter WestFrankenBahn<br />
vermietet. Dort dienen die Fahrzeuge –<br />
inzwischen verkehrsrot lackiert – als<br />
Betriebsreserve, die normalerweise im Bahnhof<br />
Aschaffenburg hinterstellt ist.<br />
NOB:<br />
Auch die NOB setzt seit geraumer Zeit einen<br />
NE 81 ein. Zwischen Niebüll und<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Tonder kommt planmäßig der von der WEG<br />
gemietete VT 411 zum Einsatz. Zuvor war<br />
der Triebwagen für einige Wochen leihweise<br />
auf der Insel Rügen zwischen Bergen und<br />
Lauterbach für die OME im Einsatz.<br />
RBG:<br />
Die Regentalbahn hat zwei Trieb- und zwei<br />
Steuerwagen im Bestand, die von Lam aus<br />
im Schülerverkehr eingesetzt werden und<br />
sonst als Reservefahrzeuge dienen.<br />
SBE:<br />
Die SBE führt alsVT 43 seit 2006 den ehemaligen<br />
VT 80 der KVG im Bestand.<br />
SWEG:<br />
Die SWEG war an der Entwicklung des<br />
NE 81 maßgeblich beteiligt. Drei Triebwagen<br />
wurden dem Bw Waibstadt zugeteilt.<br />
VT 123 und 124 waren auf den Nebenbahnen<br />
um Bruchsal zuhause und gingen 1994<br />
in den Bestand der AVG über. VT 125 läuft<br />
bis heute zwischen Achern und Ottenhöfen,<br />
während VT 126 und VT 127 am Kaiserstuhl<br />
stationiert sind.<br />
WEG:<br />
Die WEG setzt ihre NE 81 – abgesehen vom<br />
VT 411, der an die NOB vermietet ist – alle<br />
zwischen Korntal und Weissach ein.<br />
WFB:<br />
Die WFB setzt vier NE 81 der KVG ein.<br />
ZVVW:<br />
Hintergründiges<br />
Der ZVVW hat vier NE 81 – zwei Triebund<br />
zwei Steuerwagen – im Bestand, die zwischen<br />
Schorndorf und Rudersberg zum Einsatz<br />
kommen.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 49<br />
Fotos: Bernhard Mrugalla, Michael Mrugalla, Rainer Müller
Globetrotter<br />
Ein Blick nach Spanien<br />
Spanien umfasst 505.992 km 2 Staatsgebiet, davon entfallen 12.851 km 2 auf Inseln<br />
im Mittelmeer und Atlantik. Auch auf Mallorca und Teneriffa gibt es Schienenverkehr.<br />
Auf den Balearen leben ca. 710.000 Einwohner. Teneriffa, 2.352 km 2<br />
groß, hat ca. 730.000 Einwohner. Insgesamt hat Spanien ca. 40 Millionen Einwohner.<br />
Zum Vergleich: Die BRD hat 357.022 km 2 Staatsgebiet und ca. 82 Millionen<br />
Einwohner.<br />
Das spanische Eisenbahnnetz umfasste 1980<br />
ca. 13.542 km Strecken, die DDR hatte<br />
107.431 km 2 und 16.150 km Bahnstrecken.<br />
Mittlerweile gibt es weder die DDR noch das<br />
Netz in alter Größe. Diese 13.542 km Breitspurstrecken<br />
mussten für ein Land mit<br />
493.141 km 2 ohne Inseln reichen. Das Netz<br />
wurde bis in die sechziger Jahre durch<br />
Schmalspurbahnen ergänzt. Alles, was nicht<br />
1.668 mm Spurweite hatte, galt als<br />
Schmalspurbahn. Bereits in den fünfziger<br />
Jahren des vorigen Jahrhunderts begann die<br />
Einstellungswelle für diese Bahnen. Auch<br />
Breitspurstrecken der RENFE wurden noch<br />
bis in die achtziger Jahre eingestellt. Heute<br />
gibt es kaum noch eine Stadt in Spanien mit<br />
Straßenbahn. Die wurden alle eingestellt.<br />
Übrig blieb nur die Touristentram in Barcelona<br />
mit 1,2 km Länge von der Endstation<br />
der Tibidabo Bahnlinie zur Talstation der<br />
Standseilbahn. Diese gibt es bis heute.<br />
Allerdings verkehren meist Busse, um die 100<br />
Jahre alten Triebwagen zu schonen. Die<br />
zweite Straßenbahn überlebte auf Mallorca<br />
und fährt auch heute noch von Soller zum<br />
Hafen.<br />
Spanien verfügt trotz aller Stilllegungen<br />
immer noch über das größte zusammenhängende<br />
Schmalspurnetz Europas. Man kann<br />
auf Meterspur von Hendaye, der französi-<br />
50<br />
von Wolfgang Walper<br />
schen Grenzstadt, über San Sebastian,<br />
Bilbao, Santander, Gijon bis El Ferrol fahren,<br />
zum Geburtsort des Caudillo General<br />
Franco. Inzwischen wurden sogar stillgelegte<br />
Strecken wiedereröffnet, so die 335 km<br />
lange frühere La Robla-Privatbahn durch das<br />
Kantabrische Gebirge, beginnend in Bilbao<br />
zur Bahnstrecke Oviedo - Leon.<br />
2003 wurde die Zahnradbahn zum Kloster<br />
Montserrat wieder in Betrieb genommen.<br />
Dafür gibt es zwar keine vernünftigen Gründe,<br />
aber Geld aus Brüssel. Die erste Bahnstrecke<br />
führte vom Bahnhof Monistrol<br />
RENFE talwärts nach Monistrol, hatte dort<br />
Anschluss an die Schmalspurbahn der damaligen<br />
FC Catalanes und führte dann<br />
bergwärts zum Kloster. Die RENFE befährt<br />
die Strecke heute mit Doppelstockzügen,<br />
aber es gibt keinen Anschluss an die Zahnradbahn.<br />
Die heute der Region Catalanien gehörende<br />
Schmalspurbahn fährt stündlich mit dreiteiligen,<br />
klimatisierten Zügen bis Manresa.<br />
Seit 1928 hat die Schmalspurbahn Anschluss<br />
an eine Seilbahn von Bleichert zum Kloster,<br />
die heute noch im Originalzustand verkehrt.<br />
Die Zahnradbahn verkehrt alle 20 Minuten<br />
bis Monistrol-Parkhaus, einmal je Stunde<br />
zum Bahnhof der Schmalspurbahn. Am<br />
Kloster gibt es einen Großparkplatz, dessen<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Einnahmen das Kloster bekommt. Dieser<br />
hat über eine Panoramastraße Anschluss an<br />
die Autobahn Barcelona - Llerida. Nur an<br />
wenigen Feiertagen reicht dieser Parkplatz<br />
nicht. Deshalb wurde die Zahnradbahn wiederaufgebaut<br />
und in Monistrol ein riesiges<br />
Parkhaus für Pkw und ein großer Busparkplatz<br />
angelegt. Die Zahnradbahn ist nur<br />
gut besetzt, wenn sie Anschluss an die Züge<br />
von und nach Barcelona hat. Das wiederum<br />
ist für die Fahrgäste ein Drama, da die<br />
Schmalspurbahn dem nicht Rechnung trägt<br />
und nur Doppel-Triebwagen einsetzt. Ab<br />
Monistrol gibt es nur noch Stehplätze. Nachdem<br />
man Geld aus Brüssel bekommen hatte,<br />
konnte man sich den Luxus leisten, für<br />
einige Feiertage im Jahr eine Zahnradbahn<br />
zu bauen.<br />
In Bayern gibt es einen Spruch, mit der<br />
vollen Hose ist leicht stinken. Spanien kann<br />
mit 6 Milliarden Euro aus der Brüsseler Kasse<br />
vieles verwirklichen, was auch in Deutschland<br />
dringend gebaut werden müsste, aber<br />
mangels Masse unterbleibt. Ziemlich unbemerkt<br />
von der deutschen Öffentlichkeit und<br />
auch von unseren „Fachzeitschriften Eisenbahn“<br />
hat Spanien seinen Stadtverkehr modernisiert.<br />
Jede Stadt, die auf sich hält, führte<br />
die Straßenbahn wieder ein, Madrid wird<br />
nach den derzeitigen Ausbauplänen bald das<br />
größte U-Bahnnetz in Europa haben. Selbst<br />
Palma de Mallorca konnte dieses Jahr eine<br />
U-Bahn eröffnen, auch wenn man beim Bau<br />
nicht mit monsunartigen Regenfällen gerechnet<br />
hatte, was zur vorübergehenden Einstellung<br />
führte.<br />
Die Stadt Santa Cruz auf der Insel<br />
Teneriffa bekam 2007 eine 12,3 km lange<br />
Straßenbahn, Barcelona hat mittlerweile fünf<br />
Globetrotter<br />
Straßenbahnlinien, die ein großes U-Bahnnetz<br />
ergänzen. Madrid konnte drei Linien mit<br />
27,8 km eröffnen. Teils verkehren diese in<br />
Tunnels, ansonsten auf eigenem Bahnkörper<br />
mit Vorrangschaltung an den Ampeln.<br />
In Paria, einer Schlafvorstadt von Madrid,<br />
konnte eine neun Kilometer lange Straßenbahn<br />
eröffnet werden. Sevilla konnte 2007<br />
zwei Straßenbahnstrecken eröffnen, zwei<br />
weitere sind geplant.<br />
Im Oktober 2006 wurde eine Straßenbahn<br />
in Velez-Malaga eröffnet. Sie verbindet die<br />
Stadt mit dem Badeort Torre del Mar, ist<br />
4,76 km lang und zum Teil eingleisig. Eine<br />
Verlängerung um 1,3 km ist im Bau. Die Straßenbahn<br />
soll noch bis zum 17 km entfernten<br />
Badeort Rincon de la Victoria verlängert<br />
werden und dort an die U-Bahn L3 der Metro<br />
von Malaga Anschluß erhalten. Die Eröffnung<br />
ist für 2011 geplant. Die Minitram<br />
verfügt derzeit nur über drei Triebwagen.<br />
2009 will man in Malaga zwei U-Bahnstrecken<br />
eröffnen.<br />
Auch in Valencia gibt es wieder eine Straßenbahn,<br />
weitere Linien sind im Bau. Ferner<br />
gibt es eine echte U-Bahn in 1.000 mm-<br />
Spur mit drei Linien, in deren Netz vier Vorortlinien<br />
integriert sind. Da diese in 1.000<br />
mm gebaut worden waren, war es naheliegend,<br />
diese Spurweite beizubehalten, da Normalspur<br />
weder bei der Wagengröße noch bei<br />
der Reisegeschwindigkeit Vorteile bietet.<br />
Wagenbreite 2,55 m, v max = 80 km/h, ein<br />
Dreiwagenzug kann 350 Fahrgäste befördern,<br />
Sechswagenzüge sind möglich, da die<br />
Bahnsteige für 96 m ausgelegt sind. 18 km<br />
sind die U-Bahnstrecken lang, eine weitere<br />
Linie ist im Bau nach Grao, das auch von<br />
der Straßenbahn auf anderer Strecke bedient<br />
wird. Dazu kommen noch die Überlands-<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 51
Globetrotter<br />
trecken, die von U-Bahnwagen befahren<br />
werden. Wenn man die 2.550 mm breiten<br />
Fahrzeuge sieht, kann man sich fragen, warum<br />
in Stuttgart umgespurt wurde.<br />
Auch Bilbao hat eine U-Bahn, ebenfalls in<br />
Meterspur, entstanden aus Vorortbahnen<br />
dieser Spurweite. Die Züge stehen auf den<br />
zwei meterspurigen U-Bahnen den normalspurigen<br />
weder in Geschwindigkeit noch in<br />
Kapazität nach. Bilbao hat eine neue Straßenbahn<br />
bekommen, die auf 1.000 mm-Spur<br />
fährt. In Vitoria, Baskenland, wurde dieses<br />
Bei Sitges fotografierte Wolfgang Walper im Oktober 2006 einen umspurbaren<br />
Zweisystem-Triebwagen.<br />
Jahr mit dem Bau einer 1.000-mm-Spur-<br />
Tram begonnen, deren erste 7,8 km lange<br />
Strecke bereits 2008 in Betrieb gehen soll.<br />
Eine Straßenbahn gibt es auch in Alicante<br />
wieder. Die Straßenbahnen werden weiter<br />
ausgebaut, so in Valencia, Barcelona, Bilbao<br />
und Alicante, dort wird die Schmalspurbahn<br />
nach Denia mit in das Netz einbezogen.<br />
Bezeichnend ist, dass in allen vier spanischen<br />
U-Bahnstädten neue Straßenbahnlinien gebaut<br />
wurden, deren Strecken noch weiter<br />
ausgebaut werden, auch in Madrid. Dafür<br />
52<br />
stellt man in Deutschland immer noch<br />
Straßenbahnlinien auf den billigeren Bus um.<br />
Ehrlicherweise muss man feststellen, dass<br />
die neuen Straßenbahnstrecken mit dem alten<br />
Bild dieses Verkehrsmittels nichts zu tun<br />
haben. Wie in Frankreich gehen auch generelle<br />
Vorrangschaltung an den Ampeln und<br />
eigener Bahnkörper auf Kosten des Individualverkehrs.<br />
Hier mag die Erkenntnis gelten,<br />
dass man in den völlig verstopften Straßen<br />
keinen vernünftigen ÖPNV betreiben<br />
kann. Das ist der positive Teil der EU-Mittel,<br />
die nach Spanien fließen. Bemerkenswert<br />
sind die kurzen<br />
Bauzeiten. Bei uns läuft noch das<br />
Genehmigungsverfahren, in Spanien<br />
wird schon eröffnet. Ein<br />
Grund sind dabei die gesicherten<br />
Finanzierungen.<br />
Bis 1992 war das spanische Eisenbahnnetz,<br />
das die Staatsbahn<br />
RENFE betrieb, einheitlich in<br />
der Spurweite von 1.668 mm angelegt<br />
mit einer Ausnahme, die<br />
in 1.000 mm angelegte Strecke<br />
von Cercedilla nach Los Cotos.<br />
Die Strecke erschließt ein Naherholungsgebiet<br />
für die Madrilenen in der<br />
Sierra Guadarama.<br />
1992 wurde die erste LAV (Lineas Alta<br />
Velocidad) in Spanien zwischen Madrid und<br />
Sevilla eröffnet. Sevilla war 1992 Stadt der<br />
Weltausstellung. Die LAV wurde in Normalspur<br />
1.435 mm gebaut. Von Georg<br />
Kreisler, einem Wiener Liedermacher, gibt<br />
es ein Lied über den Staatsbeamten, in dem<br />
auch Politiker ihr Fett wegbekommen, unter<br />
anderem mit dem Refrain, „es weiß doch<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
jedes Kind, dass Politiker die größten Arschlöcher<br />
sind“. Wer letztendlich für das Chaos<br />
auf Spaniens Schienen verantwortlich ist,<br />
kann man als Ausländer, der das Für und<br />
Wider für diese Spurweite in der Presse nicht<br />
verfolgen konnte, nicht beurteilen. Vermutlich<br />
waren es Politiker in Spanien und der<br />
EU, die ja von einem Hochgeschwindigkeitsnetz<br />
von Lissabon nach Warschau und weiter<br />
fabulieren.<br />
Im Gegensatz zur BRD schwimmt Spanien<br />
im Geld für neue Bahnbauten. Einerseits<br />
wird für alle Bauvorhaben Geld aus Brüssel<br />
beigesteuert, andererseits hat Spanien keine<br />
Ausgaben für Autobahnen, da diese privat<br />
finanziert und gebaut werden. Auch wenn<br />
die 6 Milliarden Euro aus Brüssel nicht nur<br />
für die Schiene gedacht sind, mit solchen<br />
Zuschüssen aus dem Geld anderer Länder<br />
kann man vieles finanzieren und hat die eigenen<br />
Mittel für anderes frei. Spanien will<br />
bis 2020 249 Milliarden Euro in die Bahn<br />
investieren, davon 109 Milliarden in das bestehende<br />
Netz. Wenn wie geplant gebaut<br />
wird, soll es bis dahin dann 9.000 km<br />
Neubaustrecken in Normalspur geben.<br />
2008 wird Spanien mehr Hochgeschwindigkeitsstrecken<br />
in Betrieb haben<br />
als Frankreich. 574 km Madrid – Sevilla,<br />
651 km Madrid – Barcelona sowie<br />
Cordoba – Malaga 155 km, dazu kommen<br />
noch einige Stichstrecken nach Toledo, Jean<br />
und Huesca. Bemerkenswert an diesen<br />
Neubaustrecken ist die Tatsache, dass die<br />
Normalspur dem Land mehr Nachteile als<br />
Vorteile bringt. Das größere spanische Profil<br />
muss dem europäischen Profil weichen,<br />
und auf Breitspur konnte man früher auf<br />
den Bergstrecken höhere Geschwindigkeiten<br />
fahren.<br />
Globetrotter<br />
Wie gut die in den fünfziger Jahren trassierten<br />
Breitspurstrecken wirklich sind, ersieht<br />
man daran, daß die Sierra-Culebra-Linie<br />
Zamora – Orense in Breitspur für<br />
350 km/h ausgebaut wird. Allerdings ist die<br />
LAV von Madrid aus mit dem 28 km langen<br />
Tunnel unter der Sierra Guadarama Normalspur.<br />
Vermutlich wird man in Medina del<br />
Campo umspuren. Für den innerspanischen<br />
Verkehr sind fast alle neuen Züge, Talgos<br />
und deren Loks sowie Triebwagen, umspurbar<br />
beschafft worden. Der Güterverkehr bei<br />
der RENFE soll bei einem Marktanteil von<br />
3% bis 4% liegen, das heißt, die Neubaustrecken<br />
dienen in erster Linie dem Personenverkehr.<br />
Der Rumsfeld der Deutschen Bahn,<br />
Mehdorn, hat sich erfolgreich bemüht, den<br />
Güterverkehr von der Schiene auf die Straße<br />
zu verlagern. Von einst 450 Millionen<br />
Tonnen sind der Bahn heute noch 317 Millionen<br />
Tonnen geblieben, per Lkw werden<br />
über drei Milliarden Tonnen Güter auf der<br />
Straße befördert. Der Global Player DB verfügt<br />
über 24.000 Lkw. Es besteht kein Anlass,<br />
mit dem Finger auf die RENFE zu zeigen,<br />
auch wenn deren Güterverkehrsmanager<br />
genauso uninteressiert an mehr<br />
Fracht auf der Schiene sind. Der Eindruck<br />
ist sicher nicht falsch, dass die Politik im Interesse<br />
der Lkw-Hersteller und der Primitivarbeitsplätze<br />
für Lkw-Fahrer, die wegfallen<br />
könnten, an mehr Gütertransport auf der<br />
Schiene nicht interessiert ist. Da wird sich<br />
Spanien von der BRD nicht unterscheiden.<br />
Die oben erwähnte Linie Zamora –<br />
Orense zählt zu den tunnelreichsten<br />
Europas. Von insgesamt 182 km verlaufen<br />
78 km in Tunnels, da die Berge alle quer zur<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 53
Globetrotter<br />
Bahnlinie verlaufen. Die Strecke wird eingleisig<br />
betrieben, ist aber für Doppelspur<br />
trassiert. Zur Zeit wird elektrifiziert, auf<br />
Doppelspur ausgebaut und für 350 km/h<br />
hergerichtet. Fast fertig ist die Neubaustrecke<br />
Barcelona – Col de Perthus – Perpignan.<br />
Zwar baut die SNCF notgedrungen eine<br />
Neubaustrecke vom Col de Perthus nach<br />
Perpignan, aber zwischen Perpignan und<br />
Nimes bleibt es bei der bisherigen Strecke.<br />
Ein acht Kilometer langer Tunnel unter dem<br />
Col de Perthus ist im Bau.<br />
Damit stellt sich letztlich die Frage, was<br />
diese Neubaustrecke im Verkehr mit Frankreich<br />
für einen Nutzen hat. Ein Blick auf<br />
die Landkarte ist ernüchternd. Die 30 Millionen<br />
Touristen, die jährlich an Spaniens<br />
Mittelmeerstränden ihren Hautkrebs füttern,<br />
werden auch weiterhin mit dem Billigflieger<br />
anreisen. Eine Bahnfahrt von Deutschland<br />
252 053 rauschte mit einem Talgo im aktuellen Farbkleid aus Barcelona<br />
kommend an unserem Wolfgang Walper vorbei.<br />
2. Klasse nach Spanien kostet mehr als<br />
14 Tage „all inclusive“ mit Flug, von der Zeit<br />
gar nicht zu reden. Das DB-Kursbuch führt<br />
keine Zugverbindungen über Paris hinaus<br />
54<br />
auf und direkte Züge wie noch vor 25 Jahren<br />
sind längst eingestellt, auch wenn man<br />
in der Regel an der spanischen Grenze umsteigen<br />
musste, da nur Talgos umgespurt<br />
wurden. Der TEE Catalan-Talgo Genf –<br />
Barcelona ist längst den Billigfliegern zum<br />
Opfer gefallen, in der ganzen EU gibt es<br />
keine reinen 1. Klasse-Züge mehr.<br />
Zwischen Spanien und Frankreich gibt es<br />
vier Grenzübergänge auf der Schiene, drei<br />
sind derzeit in Betrieb. Ein Übergang ist<br />
Port Bou – Cerbere. Grenzüberschreitend<br />
verkehrt ein Schlafwagentalgo über<br />
Toulouse, da der Talgo über Nimes nicht<br />
fahren kann, weil er auf der TGV-Strecke<br />
nicht zugelassen ist. Toulouse – Paris wurde<br />
für den Le Capitol für 200 km/h ausgebaut.<br />
Ferner gibt es noch zwei Talgos Barcelona –<br />
Montpellier, wovon ein Zugpaar von und<br />
nach Paris keinen direkten Anschluss hat. Die<br />
TGV von Paris enden in<br />
Perpignan. Zwischen Perpignan<br />
und Cerbere verkehren außer einigen<br />
Urlauberexpresszügen nur<br />
im Sommer zur Bedienung der<br />
Badeorte die TER-Züge des<br />
Nahverkehrs. Auf der spanischen<br />
Seite wird Port Bou nur von Zügen<br />
des Nahverkehrs bedient, die<br />
alle zwei Stunden verkehren und<br />
an jedem Bahnhof halten. Die<br />
schnellen Catalan-Express-Triebwagen<br />
enden in Figueras<br />
ebenfalls alle zwei Stunden, sodass<br />
man von Figueras jede Stunde<br />
nach Barcelona fahren kann.<br />
Damit liegt der Schluss nahe, dass kaum<br />
jemand mit der Bahn von Frankreich via<br />
Port Bou nach Barcelona fährt.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Politisch sind die Verhältnisse eher nicht<br />
freundschaftlich. Man öffnet bei spanischen<br />
Lkws in Frankreich schon mal die Ventile<br />
und lässt den Wein auf die Straße laufen.<br />
Man ärgert sich auch, dass spanisches Obst<br />
und Gemüse in Frankreich billiger angeboten<br />
wird als in Spanien. Aber zu Portugal<br />
hat Spanien ein eher brüderliches Verhältnis,<br />
von der Mentalität her sind Portugiesen<br />
und Spanier sehr verschieden. Wenn die neue<br />
Strecke über den Col de Perthus fertig ist,<br />
verkürzt sich die Fahrzeit Barcelona –<br />
Perpignan von ca. drei Stunden auf 50 Minuten.<br />
Die Frage ist, ob sich jemals genügend<br />
Fahrgäste für einen kostendeckenden<br />
Betrieb finden lassen.<br />
Güterverkehr könnte für eine bessere<br />
Auslastung sorgen. Die Obst- und Gemüseanbaugebiete<br />
um Almeria erfordern große<br />
Umwege auf der Schiene, die Autobahn läuft<br />
an der Küste und die Orangen aus Valencia<br />
werden auch auf dem Lkw bleiben. Almeria<br />
wie Valencia haben nur Breitspur und es<br />
muss umgespurt werden, an dem heutigen<br />
Zustand würde sich nichts ändern. Vielleicht<br />
transportiert man Pkw vom Fabrikationsort<br />
Zaragossa dann per Normalspur in die Staaten<br />
der EU. Wenn man wollte, könnte man<br />
heute schon Obst und Gemüse per Kühlcontainer<br />
transportieren, diese wären in Minuten<br />
von Breitspur auf Normalspur umgeladen.<br />
Von Barcelona aus gibt es eine Bahnstrecke<br />
nach Toulouse. Barcelona liegt zwei<br />
Meter über NN, der Scheitelpunkt auf spanischer<br />
Seite liegt bei 1.468 m ü. NN. An<br />
der Strecke liegt Ribas de Freser, Ausgangspunkt<br />
der zweiten Zahnradbahn Spaniens.<br />
Ziel ist der Wallfahrtsort Nuria. Die Bahn<br />
wurde 1929 eröffnet und von Anfang an<br />
Globetrotter<br />
elektrisch betrieben. Ribas liegt 902 m ü. NN,<br />
Nuria 2.000 m. Die Strecke ist 7.100 m lang,<br />
davon 5.400 m mit Zahnstange. Beim Depot<br />
wurde ein kleines Museum mit<br />
Orginalfahrzeugen der Bahn eingerichtet,<br />
darunter auch mit einer beim Bau verwendeten<br />
Dampflok der Zahnradbahn zum<br />
Montserrat. Ausgestellt ist ein Salonwagen<br />
für den Bischoff von Urgel, zu dessen Bistum<br />
Nuria gehört. Der fromme Mann musste<br />
nicht zusammen mit seinen Schäfchen im<br />
gleichen Wagen sitzen, es reichte, wenn diese<br />
reichlich spendeten.<br />
In Puigcerda enden die etwa stündlich verkehrenden<br />
Züge aus Barcelona. Früh und<br />
abends fährt die RENFE zum Bahnhof La<br />
Tour de Carol nach Frankreich. Dieser Bahnhof<br />
ist Endpunkt der Züge von Toulouse,<br />
1.435 mm, der Pyrenäen-Metro, 1.000 mm,<br />
und der RENFE mit 1.668 mm. Nach<br />
Toulouse verkehren sechs Züge pro Tag, was<br />
für Frankreich in der Provinz viel ist. Diese<br />
Bahnstrecke beginnt in La Tour de Carol,<br />
1.232 m ü. NN und steigt auf 1.560 m zum<br />
Puymoren-Tunnel, dem höchstgelegenen<br />
Normalspurpunkt in Frankreich. Die<br />
Pyrenäen-Metro erreicht mit 1.592 m ü. NN<br />
Frankreichs höchsten Pass, der von einer<br />
reinen Adhäsionsbahn befahren wird, die<br />
Bahn wird mit Stromschiene betrieben.<br />
Der dritte Übergang Spanien – Frankreich<br />
ist derzeit außer Betrieb, da der liebe Gott<br />
auf französischer Seite einen kleinen Erdrutsch<br />
geschickt hat, Anlass, gleich die Bahn<br />
stillzulegen. Diese war auf französischer<br />
Seite bereits komplett eingestellt, sie war seit<br />
1928 elektrisch betrieben worden. Sie beginnt<br />
in Pau, 177 m ü. NN, steigt mit 4,3% zum<br />
Somport-Scheiteltunnel auf 1.067 m Höhe,<br />
7.875 m lang, und endet im spanischen<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 55
Globetrotter<br />
Grenzbahnhof Canfranc. Seit auch in Frankreich<br />
der Nahverkehr in die Verantwortung<br />
der Regionen gegeben wurde, fahren Züge<br />
wieder von Pau nach Oleron-St. Marie, 220<br />
m ü. NN. Das Department Pau möchte die<br />
Bahn wieder in Betrieb nehmen, die Regierung<br />
in Paris will das mit allen Mitteln verhindern.<br />
Auf spanischer Seite gibt es eine<br />
Die 269 278 ist eine Lok, die in Mitsubishi fertigte. Wolfgang Walper fotografierte<br />
sie vor einem der seltenen Güterzüge.<br />
LAV von Madrid bis Huesca.<br />
Die Strecke Zaragossa – Huesca, 83 km,<br />
zweigt in Tardiente von der Neubaustrecke<br />
Llerida - Barcelona ab. Bis Tardiente gibt es<br />
noch eine Breitspurstrecke ebenfalls nach<br />
Huesca. Ab Tardiente liegt auf der LAV<br />
Dreischienengleis, eingleisig, mit 25 kV<br />
50 Hz elektrifiziert. Die RENFE möchte<br />
nun die Strecke nach Canfranc von Huesca<br />
aus auf Normalspur umbauen und elektrifizieren.<br />
Derzeit fahren Breitspur-Dieseltriebwagen<br />
von Zaragossa nach Canfranc. Die<br />
Regierung in Paris kann das zwar nicht verhindern,<br />
aber Paris versucht mit allen Mitteln,<br />
die Reparatur der französischen Strecke<br />
zu hintertreiben. Wie schon erwähnt,<br />
56<br />
brüderliche Verhältnisse. Dabei wäre die<br />
Strecke über den Somport-Pass die kürzeste<br />
Verbindung Paris – Madrid, auch wenn<br />
800 Höhenmeter zu überwinden sind.<br />
Der vierte Grenzübergang ist im Baskenland<br />
Irun – Hendaye. Genutzt wird er derzeit<br />
von einem Schlafwagentalgo. Ganzjährig gibt<br />
es drei TGV Paris – Cerbere. Der<br />
Talgo fährt ebenfalls über<br />
Toulouse nach Paris, da er nicht<br />
über TGV-Strecken fahren darf.<br />
Daneben gibt es noch einen<br />
Talgo Madrid – Zaragossa –<br />
Irun über die Neubaustrecke und<br />
muss deshalb in Zaragossa umgespurt<br />
werden.<br />
Diese Verbindung ist schneller<br />
als die erst ca. 1950 fertiggestellte<br />
Strecke über Burgos, Aranda de<br />
Duero – Madrid. Diese ist in<br />
Doppelspur trassiert, eingleisig<br />
und ohne Fahrdraht. Vor Eröffnung<br />
der Neubaustrecke Madrid – Zaragossa<br />
fuhren die Talgos mit Krauss-Maffei-Dieselloks<br />
über diese Strecke. Die zweigleisige elektrische<br />
Strecke macht einen Umweg über<br />
Valladolid. Aranda de Duero war einmal ein<br />
Bahnknoten, man konnte von Zaragossa<br />
über Soria nach Valladolid fahren, längst eingestellt.<br />
Diese Neubaustrecke wurde wie<br />
auch die Linie Zamora – Orense erst in den<br />
fünfziger Jahren fertig, Grund war der Bürgerkrieg.<br />
Die geplanten Neu- und Ausbaustrecken<br />
sind in einem Anhang aufgeführt. Bemerkenswert<br />
ist die LAV Oviedo – Leon, die<br />
2010 eröffnet werden soll. Die 125 km lange<br />
Strecke, deren wichtigstes Bauwerk der<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
25 km lange Pajares-Tunnel ist, ersetzt eine<br />
Gebirgsbahn, die wohl die interessanteste<br />
Spaniens ist. Ob sie nach Eröffnung der LAV<br />
weiter betrieben wird, ist mir nicht bekannt.<br />
Sie beginnt in Leon, 822 m ü. NN, und führt<br />
über La Robla, Endpunkt der schon erwähnten<br />
Schmalspurbahn von Bilbao, in 952 m<br />
Höhe nach Busdongo in 1.246 m Höhe. Im<br />
Scheiteltunnel, Länge 3.070 m, wird der<br />
höchste Punkt mit 1.270 m erreicht. Dann<br />
geht es abwärts nach Gijon auf 2 m Meereshöhe.<br />
Nach Ausfahrt aus dem Tunnel sieht<br />
man 700 m tiefer das Flusstal des Rio Pajares.<br />
Die Bergstrecke endet in Pola de Lena, 363 m<br />
ü. NN nach Durchfahren von 71 Tunnels<br />
mit 25,6 km Länge. Maximale Steigung ist<br />
2,1%. Die Strecke wurde bereits 1924 mit<br />
3.000 V Gleichstrom zwischen Ujo, 250 m<br />
ü. NN, und Busdongo elektrifiziert. Grund<br />
war, dass Personal und Fahrgäste bei Dampfbetrieb<br />
Rauchvergiftungen erlitten hatten,<br />
zudem war die eingleisige Strecke wenig leistungsfähig.<br />
Heute findet man auf dieser Strecke<br />
die fotogenste RENFE-Lok, die ab 1982<br />
nach Mitsubishi Lizenz gebaute Reihe 251,<br />
Achsfolge Bo’Bo’Bo’mit 4.650 kW und umschaltbarem<br />
Getriebe für 100 und<br />
160 km/h.<br />
Zwischen Madrid und Lissabon gibt es<br />
derzeit ein einziges Zugpaar, einen Schlafwagen-Talgo<br />
über Salamanca und Vilar<br />
Formoso, dem Grenzbahnhof. Die Strecke<br />
der CP ist elektrifiziert, die Fahrzeit ca. zehn<br />
Stunden. Bis 2010 soll eine LAV Madrid –<br />
Badajoz – Lissabon in Normalspur in Betrieb<br />
gehen, 623 km lang, und die Fahrzeit<br />
auf zwei Stunden 45 Minuten verkürzen.<br />
Woher die Fahrgäste für diese Verbindung<br />
kommen sollen, darüber hat wohl kein Politiker<br />
nachgedacht.<br />
Globetrotter<br />
Spanien, einst einheitlich 1.668 mm Breitspur,<br />
zerfällt nun in ein Eisenbahnnetz mit<br />
zwei Spurweiten. Innerspanische Züge müssen<br />
ständig umgespurt werden, im Verkehr<br />
mit Frankreich gibt es nur wenige Züge, da<br />
die Fahrgäste längst auf das billigere Flugzeug<br />
umgestiegen sind. Ein Güterverkehr<br />
über die LAV-Normalspurstrecken bedeutet<br />
ebenfalls Umspuren, mit etwas Pech gleich<br />
mehrfach. Ein Vergleich für diesen Blödsinn<br />
wäre, wenn Frankreich seine TGV Strecken<br />
in Breitspur gebaut hätte. Ob es gelingt, Fahrgäste<br />
vom Flugzeug auf die Schiene zurückzuholen,<br />
ist zweifelhaft. Die Bahn ist im spanischen<br />
Fernverkehr sehr teuer. Das liegt<br />
daran, dass die Zuschläge für die schnellen<br />
Züge fast so hoch sind wie die Fahrpreise.<br />
Dass die Neubaustrecken jemals kostendeckend<br />
betrieben werden können, ist so unwahrscheinlich<br />
wie bei der Deutschen Bahn.<br />
Für die Neubaustrecke München –<br />
Nürnberg verkündete die Bahn stolz einen<br />
Fahrgastzuwachs von 20%, bei Baukosten<br />
von drei Milliarden Euro eine wahrlich dürftige<br />
Rendite, die bestenfalls im Promillebereich<br />
liegt.<br />
Die RENFE verkündete stolz, seit die<br />
AVE Züge Madrid – Barcelona verkehren,<br />
die bis 2008 noch in Llerida umgespurt werden<br />
müssen, hätten die Fahrgastzahlen um<br />
16% zugenommen. In den ersten sechs Monaten<br />
2007 wurden 598.300 Fahrgäste befördert.<br />
Nachgerechnet sind das je Richtung<br />
1.640 Fahrgäste bzw. 3.280 am Tag. Die neue<br />
Bahn nach Lhasa in Tibet bringt es mit drei<br />
Zugpaaren auf täglich 4.110 Fahrgäste. Es<br />
mag ja sein, dass die Züge in Spanien besser<br />
besetzt aussehen, da man bis auf den neuen<br />
Talgo mit dem Spitznamen Ente fast nur<br />
Triebwagen ähnlich der BR 605 der DB be-<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008 57
Globetrotter<br />
schafft hat, für das Unternehmen Mehdorn<br />
so unwirtschaftlich, dass heute noch ein Teil<br />
der Züge abgestellt ist. Bei der RENFE führen<br />
diese vierteiligen Triebwagen zwei Wagen<br />
Preferente (1. Kl.) und zwei Wagen<br />
Tourista (2. Kl.), es gibt auch zwei- und dreiteilige<br />
Dieseltriebwagen mit Neigetechnik,<br />
umspurbar.<br />
Was den Betrachter dieses Aufschwungs<br />
so verwundert, ist die Tatsache, dass bisher<br />
kaum Züge auf den zur Modernisierung bzw.<br />
Neubau vorgesehenen Strecken fuhren. Auf<br />
der Strecke Zamora – Orense gab es gerade<br />
mal ein Talgozugpaar und einen Nachtzug.<br />
Als ich die Strecke befuhr, war es ein TER<br />
mit zwei Einheiten, jeweils ein Wagen 1. Kl.<br />
und ein Wagen 2. Kl., der TER wurde in<br />
Orense getrennt, ein Triebwagen fuhr nach<br />
Vigo, der andere nach La Coruna. Auf den<br />
meisten Strecken fuhr ein Talgo in der Regel<br />
um die Mittagszeit in Madrid ab, ebenso<br />
Mit einem Sonderzug der IGE verlässt 41 018 vor den Augen von Ralf Münchberger am 9. Dezember 2007 den Bahnhof<br />
Hersbruck r.d.P. Die Vorstandschaft und die Redaktion wünscht Ihnen frohe Feiertage und ein glückliches neues Jahr.<br />
58<br />
in der Gegenrichtung, und dann gab es noch<br />
einen billigen Express für das ärmere Volk,<br />
der nachts fuhr. Noch Anfang der achtziger<br />
Jahre war das selbst auf der Strecke Madrid<br />
– Sevilla so. Diese war im Gebirge eingleisig,<br />
es kamen drei Talgos am Nachmittag<br />
am Fotostandpunkt vorbei. Einer fuhr<br />
Sevilla – Huelva, der andere nach Malaga und<br />
der dritte wurde in Moreda geteilt nach<br />
Almeria und Granada. Bei einem späteren<br />
Besuch gab es dann noch einen Morgenschnellzug<br />
mit Lok und Wagen zwischen<br />
Sevilla und Madrid. Zwischen Valencia und<br />
Madrid über Cuenca gab es einen Talgo am<br />
Nachmittag, auch diese Strecke steht zum<br />
Ausbau an. Am besten befahren war noch<br />
Barcelona – Madrid. Bleibt zu hoffen, dass<br />
die RENFE zukünftig einen höheren Zuwachs<br />
an Fahrgästen erzielen kann. Seit kurzem<br />
verfügt sie auch über Triebwagen auf<br />
der Basis des IC 3, dort als BR S103 bezeichnet.<br />
<strong>NEF</strong>-<strong>EXPRESS</strong> 1/2008
Seit dem Fahrplanwechsel Geschichte: Ralf Münchberger fotografierte am 22. September 2007<br />
den EuroCity 25, gezogen von 1116 024 und geschoben von 1116 016 in Fürth (Bay).<br />
Gezeichnet von den Strapazen des harten Alltags verdient sich ES 64 U2 026 derzeit ihre<br />
Ampere bei DB Schenker (das ist das Unternehmen, das vor Kurzem noch „Railion“ hieß).<br />
Bernhard Mrugalla fotografierte die Maschine am 13. Oktober 2007 in Gablingen.