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Denkmalpflege Informationen Nr. 156 (November 2013)

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Bayerisches Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> www.blfd.bayern.de ISSN 1863-7590 <strong>Nr</strong>. <strong>156</strong> • <strong>November</strong> <strong>2013</strong>DENKMALPFLEGE INFORMATIONENDiesmal unbequem: Tag des offenen DenkmalsDemut vor derGeschichteUmplanung nachProspektion: KlosterSchlehdorf gerettetEhemalige JustizvollzugsanstaltLandshutDer Generalkonservatorverlässt unsDicke Mauern, tiefe Gräben:Befestigungsanlagender Reichsstadt AugsburgKaiserburg Nürnbergpräsentiert sich neu


EditorialImpressumHerausgeber, verantwortlichim Sinne des Pressegesetzes:Prof. Dr. Egon Johannes GreiplRedaktionDr. Karlheinz Hemmeter, Dr. Doris EbnerTel. 089-2114-261/-358, Fax 089-2114-401karlheinz.hemmeter@blfd.bayern.dedoris.ebner@blfd.bayern.deRedaktionelle MitarbeitIna Hofmann M.A., Renate Schiwall M.A.,Angela Schürzinger M.A.LayoutDr. Doris Ebner, Susanne ScherffBildbearbeitungSusanne Scherff, David WinckelmannTitelbildTag des offenen Denkmals: Besucher in derAlten Münze in München (Foto: KarlheinzHemmeter)S. 2: Fotos: Karlheinz Hemmeter, Doris Ebner;Montage: David WinckelmannAbkürzungenDE = Doris Ebner, DO = Dorothee Ott,Htr = Karlheinz HemmeterGesamtherstellungFa. Kastner & Callwey Medien,85661 Forst inningAuflage8500 StückDienststellen der <strong>Denkmalpflege</strong>in BayernDienststelle München (Zentrale)Hofgraben 4, 80539 MünchenPostfach 10 02 03, 80076 MünchenTel. (089) 2114-0Landesstelle für die nichtstaatlichen Museenin BayernAlter Hof 2, 80331 MünchenTel. (089) 210140-0Dienststelle Regensburg (Niederbayern/Oberpfalz)Adolf-Schmetzer-Straße 1, 93055 RegensburgTel. (0941) 595748-0Dienststelle Bamberg (Oberfranken/Unterfranken)Schloss Seehof, 96117 MemmelsdorfTel. (0951) 40950Dienststelle Thierhaupten (Schwaben)Klosterberg 8, 86672 ThierhauptenTel. (08271) 81570Dienststelle Nürnberg (Mittelfranken)Burg 4, 90403 NürnbergTel. (0911) 23585-0E-Mail-Adressen der Mitarbeiterim Baye rischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>:vorname.name@blfd.bayern.dewww.blfd.bayern.deSämtliche mit Verfasserangabe versehenenBeiträge stellen die Meinung des Verfassers,nicht die der Redaktion, des Herausgebers,des Amtes oder des Verlages dar.© Bayerisches Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>EDITORIALAus is’s und gor is’s und schod is’s, dass ’s wohr is’: Am 30. <strong>November</strong><strong>2013</strong> gebe ich nach 14 Jahren die Leitung des Bayerischen Landesamtsfür <strong>Denkmalpflege</strong> aus Altergründen ab. Die Bayerische Staatsregierunghat den Nachfolger oder die Nachfolgerin leider noch nichtberufen können, obgleich der Zeitpunkt meines Eintritts in den Ruhestandeigentlich seit 65 Jahren bekannt war. Schade! Deshalb werdenmeine bisherigen Stellvertreter ab 1. Dezember <strong>2013</strong> bis auf Weiteresdie Geschäfte der Amtsleitung führen.Hier ist nicht mehr der Ort, darüber zu sprechen, mit welchenGefühlen ich aus dem Dienst scheide. In ein paar Dutzend Editiorialshabe ich aus meinem Herzen keine Mördergrube gemacht. Das Editorialvom <strong>November</strong> <strong>2013</strong> kann nur mehr der Anlass sein, zu danken:den fleißigen Autoren und tüchtigen Fotografen, den Damen undHerren in der Redaktion unter Führung von Dr. Karlheinz Hemmeterund Dr. Doris Ebner. Vor allem aber danke ich Ihnen, liebe Leserinnenund Leser, für Ihre Treue, nicht nur zu unseren <strong>Denkmalpflege</strong><strong>Informationen</strong>, sondern zur Sache der <strong>Denkmalpflege</strong> überhaupt. Ichwünsche Ihnen und unseren Denkmälern gute Jahre.Ich freue mich, dass eine Last von mir fällt, die in den Jahren nichtleichter geworden ist. Ich freue mich, wenn mir der liebe Gott noch einpaar Jahre in Gesundheit schenkt, denn ich habe noch das eine oderandere vor!Im Streiflicht der Süddeutschen Zeitung vom 13. März 2007 hießes, es sei der Traum und die Illusion aller Ruheständler, dass man sienach ihrem Abgang schmerzlich vermisst, vielleicht nicht sofort, aberbald, wenn sich der Nachfolger (was für den Vorgänger keine Überraschungist) als kompletter Versager erweist. Das gilt für mich nicht.Für mich gilt aber der Satz von General De Gaulle auf die Frage, werihn denn überhaupt jemals ersetzen könne: „Unsere Friedhöfe sindvoll mit lauter unersetzlichen Männern!“ Noch deutlicher hat es derFürstlich Thurn und Taxis’sche Forstdirektor Bernd Riedl vor einigenJahren bei seinem Abschied gesagt: „Die Lücke, die ich hinterlasse,ersetzt mich voll.“Bei den Bauern hat es geheißen: „Übergeb’n – nimmer leb’n“.Das war richtig, weil der Alte, wenn er nur aus dem Fenster schaute,mit ansehen musste, wie der Junge alles anders und natürlich falschmachte. Ich, liebe Leserinnen und Leser, werde jetzt ein wenig aufDistanz gehen und nur noch sagen: „Aus is’ und gor is’ und schee is’,dass ’s wohr is’!“Egon Johannes GreiplGeneralkonervator3


InhaltInhaltEditorial 3Egon Johannes Greipl• Zum Abschied – Generalkonservator Greiplnach 14 Jahren Amtszeit im Ruhestand 6A# (S. #); Foto: #Nürnberg. Blick vom Sinwellturm auf die Kaiserburg (S. 38)Foto: BSV, Mathias PfeilAugsburg. Die frühneuzeitliche Stadtmauer mit vorgelagertem Wehrgrabenan der Nordseite der Stadt (S. 17) Foto: Stadtarchäologie AugsburgIm Brennpunkt• 40 Jahre Landesdenkmalrat und Denkmalschutzgesetzin Bayern 12Erich SchosserAktuell• Mittelalterliches Kloster von Schlehdorfwiederentdeckt und gerettet 14Roland Linck und Martin Pietsch• Kloster Plankstetten: was nach der langjährigenGrabung übrigblieb 16Silvia Codreanu-Windauer und Michael Kühnlein• Dicke Mauern, tiefe Gräben: Befestigungsanlagender Reichsstadt Augsburg 17Sebastian GairhosDenkmalforschung• Donauwörths Stadtmauer wird 200 Jahre älter 21Azer Arasli• Im Untergrund von Weißenstadt 23Bernhard Häck• Ehemalige Justizvollzugsanstalt Landshut 27Anke Borgmeyer• Kriege, Menschen, Denkmäler. Vor 70 Jahren –das Kriegsjahr 1943 in München 30Ina HofmannMehr als ein Haus ...• „Drinnad im Woid“ – Blick in die Vergangenheitbäuerlichen Wohnens 33Angela SchürzingerDenkmalgeschützte Theater in Bayern• Vom „Großherzoglich privilegierten Theater“zum Stadttheater Aschaffenburg 35Ina GutzeitWeißenstadt. Fortsetzung der Wasserseige an der nördlichen Kellerbrust(S. 23) Foto: BLfD, Bernhard Häck<strong>Denkmalpflege</strong> <strong>Informationen</strong> im Internet unter:www.blfd.bayern.de/denkmalerfassung/publikationswesenMuseum• Der „zweite Wiederaufbau“ der KaiserburgNürnberg – die Sanierungsmaßnahmendes Jahres <strong>2013</strong> 38Mathias PfeilRecht• Aktuelle Fragen zum Bodendenkmalrecht 41Wolfgang Karl Göhner4


InhaltVerkäufliche DenkmälerWolfgang Karl Göhner und Christine Schuller 44Im Amt• Aktuelle Aufgaben der Bodendenkmalpflegein Bayern 49Jochen Haberstroh• Verlegung der Dienststelle Ingolstadt 52Ruth SandnerPorträts• Zum Tode von Dr. Erich Schosser 57Egon Johannes Greipl und Karlheinz Hemmeter• Eva-Maria Striegl geht von Bord 58Christine Schmid-Egger• Zum Tod von Werner Hübner 59Ludwig Husty und Bernd Päffgen• Gäubodenmuseum Straubing:Dr. Johannes Prammer geht –Prof. Dr. Günther Moosbauer kommt 59C. Sebastian SommerTag des offenen Denkmals in der Alten Münze in München,Stefanie Berg-Hobohm am Infostand (S. 66) Foto: Karlheinz HemmeterÜber den Zaun• Montanärchäologie des mittelalterlichenBlei-Silber-Erzbergbaus bei Trient 62Martin Straßburger• Baudenkmäler im Dorfkern – Bürger rettendas Bündner Dorf Valendas 64Christian Läng und Walter MarchionTag des offenen Denkmals• Kelheim – Bayern – München – Thierhaupten 66• Demut vor der Geschichte 68Wolfgang A. Herrmann• Ausstellungseröffnung zu Ehren des ErzgießersFerdinand von Miller 75Alexandra BeckBerichte (Auswahl) 76Schätze aus dem BildarchivRegensburg – Fenster zur Vergangenheit1865–1945 84Markus HundemerMeldungen 86DenkmalrätselWer kennt das Denkmal? 88Markus Hundemer und Marion-Isabell HoffmannTermine 89Literatur 9140 Jahre Landesdenkmalrat: v.l. Prof. Dr. Egon Johannes Greipl,Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Erich Schosser M.d.L.,Dr. Thomas Goppel, Vorsitzender des Denkmalrates (S. 12) Foto: BLfDMit der Annahme eines Beitrags zur Veröffentlichung erwirbt dasBayerische Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> als Verlag, Herausgeber undRedaktion alle ausschließlichen Vertragsrechte für die Zeit des Bestehensdes Urheberrechts. Diese umfassen insbesondere auch das Rechtzur Herstellung elektronischer Versionen und die Befugnis zur Einspeicherungdes Beitrags in eine Datenbank, verbunden mit dem Rechtzu deren Vervielfältigung und Verbreitung (online oder offline) zugewerblichen Zwecken ohne zusätzliche Vergütung. Das ausschließlicheRecht an einer elektronischen Version des Beitrags erwirbt dasBayerische Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> ohne zeitliche Begrenzung.Alle Urheber- und Verlagsrechte, ausdrücklich auch die Übersetzung inandere Sprachen, die Auswertung der Datenträger, die Vervielfältigungjeder Art oder der Nachdruck von Beiträgen bleiben vorbehalten; esbedarf in jedem Einzelfall der vorherigen Zustimmung der Redaktion.5


Zum Abschied„Wir müssen den Leuten vermitteln, was das Echte wert ist,das historische Erbe, das man anfassen kann“Zum Abschied von Prof. Dr. Egon Johannes Greipl am 22. <strong>November</strong> <strong>2013</strong>Am 19. September <strong>2013</strong> feierte Prof. Dr. Egon JohannesGreipl in Passau seinen 65. Geburtstag. Hierzu gratulierenwir, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom BayerischenLandesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> samt Landesstelle fürdie nichtstaatlichen Museen, ganz herzlich und wünschenihm für die Zukunft alles Gute.Entsprechend den Regeln zur Anhebung des Rentenbzw.Pensionsalters war am 30. <strong>November</strong> Prof. Greiplsletzter offizieller Arbeitstag. Damit gehen etwas mehr als 14Jahre zu Ende, in denen er als Generalkonservator – „GK“– dem Bayerischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> vorstand.Es werden damit auch 36 Jahre beruflicher Tätigkeit als bayerischerLandeshistoriker beschlossen.Sein Studium als Historiker mit den Nebenfächern AlteSprachen und Kunstgeschichte in Regensburg und Münchenschloss Egon Johannes Greipl 1977 mit einer Promotionbei Prof. Dr. Andreas Kraus mit dem Thema „Abtund Fürst. Leben und Leistung des Reichsprälaten JohannBaptist Kraus 1700–1762“ ab. Seine berufliche Laufbahnbegann als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Haus derBayerischen Geschichte bei Prof. Dr. Hubert Glaser, wo ermaßgeblich an der berühmt gewordenen Ausstellung „Wittelsbachund Bayern“ mitarbeitete. Von 1981 bis 1984 warer in Rom am Deutschen Historischen Institut als wissenschaftlicherMitarbeiter mit eigenen Forschungen zur vatikanischenDeutschlandpolitik während der Bismarckzeittätig, von 1984 bis 1989, wieder zurück in München, alsAkademischer Rat am Institut für Bayerische Geschichtean der Ludwig-Maximilians-Universität. 1989 wurde erzum Leiter der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museenbeim Bayerischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> berufen.Dieser für unsere bayerischen Museen so wichtigenEinrichtung stand er vier Jahre vor. Eine Wahlperiode, von1993 bis 1999, war er anschließend in seiner AbitursstadtRegensburg vom Stadtrat gewählter Kulturreferent undBerufsmäßiger Stadtrat, zuerst unter OberbürgermeisterinChrista Meier, dann unter dem neu gewählten OberbürgermeisterHans Schaidinger. In seine Zeit dort fällt dieInstandsetzung vieler kultureller Einrichtungen genausowie die Einführung des Regensburger Kultursommers. Einfünfmonatiger SFOR-Einsatz als Oberstleutnant der Reservein der NATO-Schutztruppe in Bosnien-Herzegowinafolgte. Unter dem – damals so genannten – Staatsministerfür Wissenschaft, Forschung und Kunst Hans Zehetmairerhielt er anschließend zum 1. <strong>November</strong> 1999 die Berufungzum Generalkonservator des Bayerischen Landesamtesfür <strong>Denkmalpflege</strong>.Schnell setzte er nach der langen Dienstzeit seines VorgängersProf. Dr. Michael Petzet neue Akzente, vor allemin der Struktur des Amtes und in seinem Selbstverständnis.In vielen Bereichen zeigte sich in der Herangehensweiseseine militärische Vergangenheit. Schließlich stammt erProf. Dr. Egon Johannes Greipl (Foto: Christoph Vohler)ja auch aus einem entsprechenden Haus, und es ist davonauszugehen, dass ihm als Sohn eines „echten“ Generals diePosition des General-Konservators eine besondere Genugtuungwar.Für etwas mehr als 14 Jahre war GeneralkonservatorGreipl Gesicht und Sprachrohr der bayerischen <strong>Denkmalpflege</strong>.Getrieben von der Einsicht, dass die Bau- und Bodendenkmälerals sicht- und begreifbare Zeugnisse Bayernsvielfältiger Vergangenheit größtmögliche Beachtungund Fürsorge verdienen, war er im Land hochgradig präsent.Vor allem mit „Cheffahrer“ Michael Schwedler – stetssicher und nicht gerade langsam – legte er dabei jährlichca. 50.000 Kilometer auf Bayerns Straßen zurück. Dassdazu die Organisation klappte und der Terminplan noch zubewältigen war, dass bei der dadurch zwangsläufig entstandenenzeitweisen „negativen“ Präsenz im Amt der täglichePapierkram gesichtet, weitergereicht und erledigt wurde,6


Zum Abschieddass das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschungund Kunst und viele andere Institutionen und Personen umfassendeund inhaltlich greifbare – und fast immer rechtzeitige– Antworten auf ihre Schreiben und Anfragen bekamen,wäre ohne die gute Seele des GK-Büros, ohne ElkeFuchs und der Unterstützung in den letzten Jahren durchHerta Huber, nicht möglich gewesen.Mit Bildern und starken Worten riss Egon JohannesGreipl viele mit, sie machten ihn aber zunehmend auch zumunbequemen Beamten. Denn „… ich bin nicht der Typ, derauf dem Schoß der Politiker sitzt und das Maul hält. Ich binkein Diplomat, und die Taktik des stillen Netzwerkens istnicht die meine.“ (PNP 19.9.<strong>2013</strong>) Zunehmend konnte er sichüber den „Schwarzen Peter“ ereifern, welcher der <strong>Denkmalpflege</strong>vielerorts zugeschoben wurde und wird: „Städte, wie… schaffen es nicht, sich selbst Regeln im nötigen Umfangzu geben – Altstadt-Satzungen, Gestaltungssatzungen oderVeränderungsgebote für bestimmte Gebiete. Das könntejede Kommune selbst gestalten. Manche greifen aber lieberzum Instrument des Denkmalschutzes, weil das bequemerist.“ Denn: „Denkmalschutz ist … besonders anfälligfür Instrumentalisierung. Dass man zum Beispiel sagt, esgehe ums historische Erbe, in Wirklichkeit aber etwas anderesmeint – Nachbarschaftsinteressen, die Interessen derStadtgestaltung, Stadtentwicklung. Da wird dann, wenn einereine besonders große Keule sucht, gerne der Denkmalschutzgenommen.“ (SZ 19.7.<strong>2013</strong>)Ein besonderes Anliegen war und ist Greipl, auf dietatsächlichen bzw. anstehenden Denkmalverluste hinzuweisen.Als eine der Ursachen führte er in diesem Zusammenhangimmer wieder, wie im Übrigen auch sein guterFreund, der leider vor wenigen Wochen verstorbene „Vaterdes Denkmalschutzgesetzes“ und langjährige Vorsitzendedes Landesdenkmalrats, Dr. Erich Schosser, die Streichungder sogenannten Dissenzregelung an, also die bis 1994festgelegte Notwendigkeit, dass denkmalrechtliche Genehmigungeneinvernehmlich zwischen Unteren Denkmalschutzbehördenund der Denkmalfachbehörde ausgesprochenwerden mussten. Zusätzlich „… hat sich (das Ganze)noch verstärkt, weil der Denkmalschutz, ebenfalls seit1990, finanziell ausgehungert worden ist. Die Linie, denDenkmalschutz in die Zange von schwachem Gesetz undmiserabler Finanzierung zu nehmen, ist konsequent bis indie Gegenwart fortgesetzt worden.“ (SZ 19.7.<strong>2013</strong>)Ein besonderes Anliegen war dem Generalkonservatorimmer das Dorf als die alte, ursprüngliche Siedlungsform inBayern. Den vielerorts zu beobachtenden, oft schon abgeschlossenenDenkmalverlust kommentierte er: „In meinemEmpfinden ist vom Dorf, das lebenswert ist, vom sogenanntenliebenswerten Bayern und seinen landschaftlichen Reizenviel vor die Hunde gegangen.“ (PNP 19.9.<strong>2013</strong>) Denn:„Was ist ein vitales Dorf? Da gehören bestimmte Dingedazu. In einem Dorf muss es ein Wirtshaus geben … ZumDorf gehört eine Schule … Und ins Dorf gehört auch derLehrer, er muss dort wohnen … Was ist ein Dorf ohne Kircheund Pfarrhaus? … Ganz wichtig schließlich: Ein Dorfist kein Dorf ohne sichtbare Geschichte, ohne seine Denkmäler…“ (PNP 19.9.<strong>2013</strong>) Dazu gehört auch die Feststellung:„Das führt bei mir zu einer ohnmächtigen Wut, weilich zusehen muss, wie allein in Bayern mehr als dreitausendObjekte (Denkmäler) verfallen …“ (FAZ 1.12.2012) Undfast schon resignierend, aber als Aufruf zum Umdenken gemeint,klingt eines seiner Resümees: „Was weg ist, ist weg.Wenn die Lunge kaputt geraucht ist, ist buchstäblich derOfen aus. Wenn ein historisches Haus, das fünfhundert Jahreauf dem Buckel hat, weg ist, dann kann man es nicht wiederhinstellen. Also: Wenn man erst durch den Totalschadenklug wird, ist es im Falle der Denkmäler zu spät. Es gilt, dasThema der Authentizität und ihres Wertes zu vermitteln.“(PNP 19.9.<strong>2013</strong>)„Was weg ist, ist weg!“ hat Egon Johannes Greipl mehrals einmal gesagt und in der FAZ vom 1.12.2012 als seinCredo bezeichnet. Was konnte, was hat das BayerischeLandesamt mit und unter ihm gegen das Wegkommen derDenkmäler tun können? Eine der wichtigsten Maßnahmenist ohne Zweifel die 2004 begonnene und für die Bodendenkmälerzum Jahresende <strong>2013</strong> zum Abschluss gebrachte,für die Baudenkmäler Ende 2014 zum Abschluss kommendeNachqualifizierung der Denkmalliste. Mit großem personellenund finanziellen Aufwand und der Unterstützungvieler externer Fachkräfte wurden alle bekannten Denkmälerauf ihre Lage, den Erhaltungszustand und damit oftmalsauf ihre pure (Noch)Existenz sowie auf die Gründe für denDenkmaleintrag überprüft. Dies macht es möglich, Bilanzüber den Denkmälerbestand in Bayern zu ziehen. Die Ergebnissewaren vielfach erschütternd und prägten in denletzten Jahren die Reaktionen und das Auftreten des Generalkonservatorsaus der Feststellung, dass über die Zeitnicht nur viele Tausend Denkmäler ohne Erlaubnis undohne Dokumentation schleichend so verändert wurden,dass ihre Denkmaleigenschaft verloren gegangen ist, sonderndass zahlreiche Bau- und Bodendenkmäler seit ihrerErsterfassung oder -erkenntnis in den 1970er-Jahren sogarvöllig „verschwunden“ sind. Manche Ensembles waren,z. T. mit historisierenden Neubauten so stark verändert,dass sie gestrichen werden mussten oder noch zur Streichunganstehen. Aktuelle Planungen vielerorts lassen weitereEinbrüche vorhersehen. Greipl formuliert deshalb alsein weiteres Credo: „Ich bin fürs Echte. An Authentizitätsollte sich kritisches Bewusstsein schulen. Aber viele Städtebasteln sich da ihre Wunschgeschichte.“ (ImmobilienZeitung 4.7.<strong>2013</strong>)Mit der Einführung des Fachinformationssystems FISals digitales Arbeitsinstrument können alle noch vorhandenenund teilweise neu identifizierten Denkmäler präzisiert,also erstmals flächenscharf kartiert und – die Arbeit erleichternd– in einem geografischen Informationssystem (GIS)abgebildet werden. In der Bodendenkmalpflege werden,darauf aufbauend, heute schon alle denkmalrechtlichenVorgänge in diesem Fachinformationssystem bearbeitetund so auch elektronisch abgelegt, in der Baudenkmalpflegewird dies in den kommenden Jahren ebenfalls eingeführtwerden. Zu einer deutlichen Verbesserung der Informationsowie zu Arbeitserleichterungen bei allen Partnern führteauch das in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Vermessungsverwaltung2007 eingerichtete, im Internet abrufbareöffentliche Fenster des Fachinformationssystems, dersogenannte BayernViewer-denkmal. Über die Homepage7


Zum Abschieddes Bayerischen Landesamts für <strong>Denkmalpflege</strong> bzw. dasPortal der Vermessungsverwaltung können darüber jederzeitalle bekannten Bau- und Bodendenkmäler lagegenauvor dem Hintergrund aktueller topografischer Karten undOrthofotos abgerufen werden. Die kartografische Informationwird außerdem um beschreibende Texte und bei denBaudenkmälern um Aufnahmen der jeweiligen Gebäudeergänzt. Außerdem besteht die Möglichkeit, den Verfahrensstandund die aktuelle Denkmalliste zu jeder Gemeindeeinzusehen. Dieses Instrument wird heute regelmäßigvon Unternehmen, Behörden, Planern, aber auch vielenBürgern genutzt und erfüllt zeitgemäß eine der Kernaufgabender Denkmalfachbehörde: die aktuelle Bereitstellungvon Kenntnis und Denkmalfachdaten.Die Erfassung der Denkmäler ist eine zentrale Aufgabeder <strong>Denkmalpflege</strong>. Ein besonderer „Coup“ Greiplswar sicher die Zusammenfassung aller damit beschäftigtenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem zentralenReferat „Bayerische Denkmalliste/Denkmaltopografie“,unabhängig davon, ob es sich um Bau- oder Bodendenkmalpflegerhandelt – vor allem aber klar getrennt vom Vollzugdes Denkmalschutzes. Dieses Referat ist das Ergebniseines Auftrags des zuständigen Staatsministeriums fürWissenschaft, Forschung und Kunst, dem Landesamt für<strong>Denkmalpflege</strong> eine neue, gut nachvollziehbare Strukturzu geben. Diese Aufgabe bestimmte die Anfangsjahre desneuen Generalkonservators und auch des gesamten Amtes.Nach umfangreichen Konsultationen und Vorarbeiten mitvielfältiger Beteiligung überraschte der Generalkonservatoralle mit seinem Konzept einer klaren, einfachen Gliederungdes Amtes in drei Abteilungen: der praktischen BauundKunstdenkmalpflege auf der einen, der praktischen Bodendenkmalpflegeauf der anderen Seite und der Denkmalerfassungund -forschung in der Mitte, welche Schnittmengenaufgabenbeider Fachrichtungen wahrnimmt. JedeAbteilung bestand ursprünglich aus jeweils sechs Referaten,eine Gliederung, die sich in ihrer optischen Ausgeglichenheitletztlich nicht ganz halten ließ.Trotz der Trennung in Bau und Boden im Vollzug warGreipls wesentliches Stichwort für die zukünftige Arbeit,das eigentlich als Zielsetzung oder besser als Leitbild zuverstehen ist, das der „integralen <strong>Denkmalpflege</strong>“. Grundlagebildet dabei die Feststellung: Alles steht mit Allem inVerbindung. Konkret bedeutet dies in der <strong>Denkmalpflege</strong>,dass kaum ein Denkmal isoliert, einer Kategorie zugehörig,zu betrachten ist, sondern dass die meisten Baudenkmälerauf Bodendenkmälern liegen oder gar aus solchenerwachsen sind. Voraussetzung für diesen Ansatz war einestrukturelle Gleichbehandlung der Bodendenkmalpflegein der Organisation, vor allem aber die Erkenntnis, dassauch in der Bodendenkmalpflege der Erhalt der Denkmälernach dem Gesetz und nach Nachhaltigkeitsprinzipienim Vordergrund stehen müsse und nicht die kontrollierte„Entsorgung“ (Ausgrabung). Seit Oktober 2003 ist dieseStruktur umgesetzt, und wir arbeiten in ihr – mit kleinen,meist personenbedingten Modifikationen – noch heute erfolgreich.Greipl umschrieb damals die Arbeitsweise desBLfD: „Voraussetzung für den Erfolg sind die Vollständigkeitaller erreichbaren <strong>Informationen</strong> (Aufklärung), derenstrukturelle Bewertung (Beurteilung der Lage), sorgfältigabgewogene und nach Zeit, Kräfte- und Mitteleinsatzabgestimmte Konzepte (Operationsplan) und eine konsequenteUmsetzung aus einer Hand (Operationsführung).Was ist da bei der <strong>Denkmalpflege</strong> anders?“ (DI B 129,2004, 7)Ein Ergebnis dieses Vorgehens ist auch, dass nun dieArbeit in der Bodendenkmalpflege auf die im Gesetz formuliertenAufgaben konzentriert ist: Stellungnahmen undGutachten bilden den Kern, Standardsetzung und Kontrolleden Rahmen. Soll heißen: Durch die konsequente Anwendungdes im Gesetz vorgegebenen Veranlasserprinzipsund die vollständige Verlagerung der Ausgrabungsarbeitenin den privaten Bereich ist es möglich, alle Planungenin Bezug auf Bodendenkmäler gleich und einheitlich zubearbeiten und auch alle Denkmäler gleich zu behandeln.Schwerpunkte ergeben sich trotzdem, aber erst in Folgebesseren Wissens in Zusammenarbeit mit Universitätenund Kommunen.Ein besonderes Highlight in der Amtsperiode von GeneralkonservatorGreipl war das Jubiläum zum 100-jährigenBestehen des Denkmalamtes 2008. Mit dem Blick inVergangenheit und Zukunft wurde der Standort der <strong>Denkmalpflege</strong>in Bayern in drei Kolloquien bestimmt; siebendezentrale Ausstellungen stellten Aufgaben und Methodenvon <strong>Denkmalpflege</strong> und Denkmalschutz vor, eine Festveranstaltungin der Allerheiligenhofkirche in der Residenzin München bildete den Höhepunkt. Viel davon bleibtund ist Referenz für die kommende Arbeit, in einer umfangreichen,vierbändigen Publikation festgehalten. EinWermutstropfen war, dass im Jahr davor aufgrund einesKabinettsbeschlusses von 2003 die Auflösung der seit derAmtsgründung bestehenden Dienststelle in Würzburg umgesetztwerden musste und die Auflösung der Dienststellenvon Landshut und Ingolstadt bevorstand – mittlerweileebenfalls vollzogen.Man wird mit Fug und Recht sagen können, dass dasBayerische Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> unter Greipl ineine moderne Verwaltungsbehörde umgebaut wurde. ImVordergrund steht die Beratung durch kompetente, hochqualifizierteMitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für die Arbeitan und mit den Denkmälern spielen auch die Partner,insbesondere die Unteren Denkmalschutzbehörden, einegroße Rolle. Unter anderen sind sie das „Ziel“ neu eingeführtervielfältiger Schulungen und Fortbildungen. Erfreulichund vermutlich nicht selbstverständlich ist, dasses trotz der verschiedenen Einsparwellen der letzten Jahrebei einer relativen Stabilität im Personalbereich gebliebenist. Als im System Stehende beobachtet man allerdings miteiner gewissen Sorge die Notwendigkeit, verschiedene Bereiche,wie z. B. die EDV, Programmierung oder Presse,immer weiter ausbauen zu müssen, ohne zusätzliche Stellenzu erhalten, was zwangsläufig zu Reduzierungen in anderenBereichen führt.Besonderes Verdienst Greipls ist das einheitliche Erscheinungsbilddes Amtes. Dabei half das seit 2001 verwendetenachvollziehbare, wenn auch immer noch nicht genugbekannte Logo des Landesamts, das in stilisierter Form dieArkaden der Alten Münze zeigt und gleichzeitig auch an8


Zum Abschieddiejenigen im Schloss Seehof erinnert. Dazu gehört auchdie Homepage und die Vielzahl der Publikationen – nichtalle von Greipl wirklich geliebt –, mit denen das Amt dasgesammelte Wissen nach draußen trägt und damit allgemeinzugänglich und verwertbar macht. Eine Publikationsdatenbank,in der sämtliche Veröffentlichungen des Landesamtesvermerkt und erschlossen sind, wird diese baldnoch leichter verfügbar machen. Zentral stehen die Denkmaltopographienund die archäologischen Materialeditionensowie die Großinventare zur Welterbestadt Bambergund zum Dom zu Regensburg. In der Öffentlichkeit undWissenschaft genauso rezipiert werden die verschiedenenBerichtsbände, Informationsbroschüren und Jahrbücher.Als sehr erfolgreich haben sich auch aufwendiger gestaltetePublikationen erwiesen, Bände mit historischen Aufnahmenaus dem reichen Bestand des Landesamtes. BesonderesAufsehen erregte das nach einer Idee aus dem Staatsministeriumentstandene Buch zu Denkmal-Wirtshäusern.Ganz offensichtlich gibt es trotz Internet auch einen großenBedarf an Handreichungen und Richtlinien. Für Greipl vongrößter Bedeutung war jedoch die Pressearbeit, für die er(fast) jederzeit zur Verfügung stand.Aber es gab auch bittere Pillen in der Amtszeit des GK:Angesprochen wurden schon die in den Jahren ab 1990vorgenommenen und bis heute nicht ausgeglichenen Etatkürzungen.Trotz einer Anhebung der Mittel des Entschädigungsfondsbedeutete der Wegfall von direkter, relativunkomplizierter Förderung das Ende vieler Denkmäler.Schwer wogen und wiegen immer noch die Personalkürzungenum weit über 10 %. Bitter empfand Greipl auch Eingriffein ausschließlich fachliche Fragen der Denkmaldefinitiondurch Landesdenkmalrat und Staatsministerium – z. B. Anweisungenbezüglich der Denkmälerdarstellung im Bayern-Viewer-denkmal. Vor allem aber sind es immer wieder derDenkmälerverlust und das begleitende offensichtliche Desinteresse,die „unseren GK“ umtreiben: „Der Verlust vongebauter Geschichte ist unübersehbar. Aber mein Eindruckist, dafür interessiert sich keiner so richtig.“ (BSZ 13.4.2012)Auch die Behauptung, <strong>Denkmalpflege</strong> sei ein Bremser beider wirtschaftlichen Entwicklung, trifft ihn regelmäßighart, wobei er natürlich auch eine Antwort parat hat: „DieserVorwurf wird immer wieder aus der Mottenkiste geholt.Der Vorwurf ist eine Denunziation des historischen Erbes.Über 28 Millionen Touristen kommen jährlich nach Bayern.Würden die kommen, wenn es keine Denkmäler gäbe,Ortsbilder und Landschaften von historischer Bedeutung?“(BSZ 13.4.2012)Zu kämpfen und zu argumentieren hörte Greipl nieauf, denn „Mich persönlich motivieren schwierige Umständeeher, als dass sie mich zum Resignieren bringen.“(DI B 127, 2004, S. 8) Sein Antrieb mag dabei im Wort desehemaligen Staatsministers Prof. Dr. Hans Maier zu findensein: „Wir haben dafür zu sorgen, dass das Einzigartige undBesondere, was aus vergangenen Tagen auf uns gekommenist, das Bayern aus vielen Ländern Europas heraushebt undwas ohnehin in seinem Bestand … erheblich geschmälertworden ist, dass also dieser Anteil am europäischen Kulturerbenicht in einer oder zwei Generationen vom Erdbodenverschwindet.“ (Greipl nach merkur-online.de, 16.1.<strong>2013</strong>)Dies mag uns, die wir noch Jahre der denkmalpflegerischenFürsorge vor uns haben, als Leitbild für die Zukunftvor Augen bleiben. Prof. Dr. Egon Johannes Greipl dankenwir für seine Arbeit und vor allem für seinen Einsatz fürdie Bau- und Bodendenkmäler und die vielfältigen DenkmallandschaftenBayerns und damit für einen wichtigenBeitrag für die Zukunft unseres Landes. Für seine persönlicheZukunft in Passau erhoffen wir für ihn – möglichstbei trockenem Fuße – von Herzen das Beste. Dazu gehörensicher auch etwas Ruhe und Abstand und gute Gesundheit.Vielleicht passen auf Greipl, sein bisheriges Wirken undzukünftiges Streben, die Worte, die der römische KaiserMarc Aurel, auch er ständig auf Achse und im Kampf,vor mehr als 1800 Jahren sinnend von sich gab: „Auf, wirwollen sie zu überzeugen suchen! Handle aber gegen ihrenWillen, wenn das Gesetz der Gerechtigkeit dich dazu anleitet!Wenn sich indes jemand mit Gewalt dir widersetzt,so wende dich der Zufriedenheit und Gemütsruhe zu undbenutze jenen Widerstand zu einer anderen Tugend! Denkedaran, dass du nur bedingungsweise nach etwas strebstund nicht nach Unmöglichem trachtest! Nach was also?Eben nach solch einer Willensbestimmung. Sie gewinnstdu, auch wenn das Ziel, worauf du zuschreitest, unerreichtbleibt.“ (MARCUS AURELIUS: Wege zu sich selbst. DieKunst des Lebens besteht mehr im Ringen als im Tanzen. 6.Buch 50. Kapitel)C. Sebastian Sommer, Walter Irlinger, Bernd VollmarZu Prof. Dr. Egon Johannes Greipl(Amtsveröffentlichungen)Karlheinz Hemmeter: Interview mit GeneralkonservatorProf. Dr. Egon Johannes Greipl, in: <strong>Denkmalpflege</strong> <strong>Informationen</strong>B 127, München 2004, S. 8Karlheinz Hemmeter: Die ersten 1826 Tage. GeneralkonservatorProf. Dr. Egon Johannes Greipl zieht Bilanz seinerbisherigen Amtszeit, in: <strong>Denkmalpflege</strong> <strong>Informationen</strong> B129, München 2004, S. 4–7Karlheinz Hemmeter: Hundert Jahre Bayerisches Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong>. Eine Bilanz – ein Blick in dieZukunft. Interview mit Generalkonservator Prof. Dr. EgonJohannes Greipl, in: <strong>Denkmalpflege</strong> <strong>Informationen</strong> 141,München 2008, S. 12–14Hildegard Sahler, Egon Johannes Greipl neuer Generalkonservator,in: <strong>Denkmalpflege</strong> <strong>Informationen</strong> B 114, München2000, S. 14Angelika Schneider u.a.: Egon Johannes Greipl – Kurzbiographie,in: 100 Jahre Bayerisches Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>1908–2008. Bd. 1: Bilanz, Regensburg 2008,S. 3379


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Zum Abschied11


Im BrennpunktIM BRENNPUNKT40 Jahre Landesdenkmalrat und Denkmalschutzgesetz in BayernVor 40 Jahren, im Juni 1973, wurde in Bayern das Denkmalschutzgesetzverabschiedet, das seither eine zentraleBedeutung für den Erhalt des kulturellen Erbes in Bayerneinnimmt. Durch das Gesetz wurde auch der BayerischeLandesdenkmalrat gegründet, der heute in München seineJahrestagung mit einer Festveranstaltung anlässlich derbeiden Jubiläen durchführt. Zu dieser Gelegenheit riefen derbayerische Kunstminister Dr. Wolfgang Heubisch, der Vorsitzendedes Landesdenkmalrats Dr. Thomas Goppel, derGründungsvorsitzende des Landesdenkmalrats und „Vater“des Denkmalschutzgesetzes Dr. Erich Schosser und GeneralkonservatorProf. Dr. Egon Greipl die Bedeutung desDenkmalschutzgesetzes in Erinnerung. Der starke Wandelder damaligen Zeit sei entscheidend für den Erlass des Gesetzesgewesen, so Schosser: „Das Denkmalschutzgesetz kamgerade zur rechten Zeit, denn der Wiederaufbau war nochnicht entschieden.“ Von Beginn an habe der Landesdenkmalratseine Aufgaben mit großem Einsatz wahrgenommen,teilte Dr. Goppel mit: „Durch die Festlegung von über 900Ensembles und seine Mitwirkung in wichtigen Grundsatzentscheidungenund bei Einzelfällen ist der Landesdenkmalratzu einer Institution der <strong>Denkmalpflege</strong> in Bayerngeworden.“ Die zentrale Bedeutung der beiden Jubilare fürdas bayerische Kulturerbe hob Kunstminister Heubischhervor: „Das Denkmalschutzgesetz hat trotz zu verzeichnenderDenkmalverluste eine enorme kulturpolitische Bedeutungfür Bayern erlangt und mit dem Landesdenkmalrat einhoch geschätztes Gremium geschaffen; beide sind für dieZukunft der Kultur Bayerns unverzichtbar.“ GeneralkonservatorProf. Dr. Greipl: „Das Denkmalschutzgesetz von 1973ist eine große Errungenschaft gewesen. Seither hat es leiderden einen oder anderen Zahn verloren. Dennoch gilt: Wiesähe Bayern aus, wenn es dieses Gesetz nicht gäbe?“Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft,Forschung und Kunst,Pressemitteilung <strong>Nr</strong>. 92/<strong>2013</strong>, 19. Juli <strong>2013</strong>Ansprache von Dr. Erich Schosser zum Festakt am 19. Juli <strong>2013</strong> in der Allerheiligenhofkirche in Münchenzum 40-jährigen Bestehen des DenkmalschutzgesetzesFür mich ist es eine besondere Freude, dass dieser Festakt inder Allerheiligenhofkirche stattfindet. Sie hat etwas mit demDenkmalschutzgesetz zu tun. Denn es war mir vergönnt, fürdie Wiederherstellung dieser einzigen von Leo von Klenzegeschaffenen Kirche etwas zu tun. Und diese Geschichtemöchte ich in aller Kürze erzählen: Im Jahre 1964 beschlossder Bayerische Landtag, das im Krieg schwer beschädigteGotteshaus abzureißen. Der damals für den baulichenZustand der Münchner Residenz zuständige Beamte, DirektorBeil, hat diesen Beschluss nicht vollzogen. Er ist deshalbzu Recht als einer der Retter der Kirche hier auf einer Tafelgenannt. Als ich 1967 davon erfuhr – ich war erst ein halbesJahr zuvor zum Abgeordneten gewählt worden – organisierteich ein Anhörverfahren mit kompetenten Fachleuten undbrachte anschließend einen Antrag ein, den Beschluss von1964 aufzuheben – nachdem das Anhörverfahren erbrachthatte, dass die Kirche wieder aufgebaut werden könnte. MeinAntrag fand im Kulturpolitischen Ausschuss große Zustimmung,einige Wochen später jedoch Ablehnung im Haushaltsausschuss.An einem Februarabend 1968 ließ deshalbPräsident Rudolf Hanauer im Plenum des Landtags als letztenTagesordnungspunkt offen über meinen Antrag abstimmen.Dann verkündete er: „Der Antrag Schosser ist angenommen,die Sitzung geschlossen.“ Ich bin mir heute noch nicht sicher,ob das wirklich eine Mehrheit für meinen Antrag war.Im Laufe mehrerer Legislaturperioden brachte ich immerwieder Anträge ein, Finanzmittel für den Wiederaufbau zurVerfügung zu stellen. Nach vielen Jahren war die Kirchewiederhergestellt. Freilich fehlte die kostbare Bemalung imbyzantinischen Stil. Ich konnte jedoch in Erfahrung bringen,dass die Kartone des Malers Heinrich Heß noch vorhandenwaren. Der Abt des Klosters Beuron wollte sie zur Verfügungstellen. Mein Versuch, beim Finanzminister dafür Geldzu erhalten, scheiterte jedoch.Von diesen Vorgängen hatte auch Prinz Konstantin vonBayern erfahren. Er rief mich im Jahre 1968 aus Bonn an,wo er als Bundestagsabgeordneter tätig war, und teilte mir,seinem Nachfolger im Landtagsstimmkreis München-Nymphenburg,mit, dass ein gewisser Dr. Erwin Schleich sich vielmit Denkmälern befasste. Ich solle mich doch mit diesemArchitekten in Verbindung setzen. Tatsächlich hatte sichSchleich schon einen Namen auf dem Gebiet der <strong>Denkmalpflege</strong>gemacht. So hatte er maßgeblich beim Wiederaufbauder Peterskirche in München mitgewirkt. Ebenso restaurierteer die Asamkirche, die Ludwigskirche, St. Anna im Lehel,die ehemalige Augustinerkirche in der Neuhauser Straße,genauso bedeutende Profanbauten wie das Montgelaspalaisund das Ruffinihaus.Natürlich setzte ich mich mit ihm in Verbindung. Er lud michzu sich nach Hause ein. Was für ein Zuhause das war – es wardas sog. Asamschlösschen. Cosmas Damian Asam – nebenseinem Bruder Egid Quirin der bedeutendste bayerischeRokokokünstler – hatte sich das Schlösschen als Wohnsitzund Atelier in München-Thalkirchen gebaut. Schleich konntees nach dem Krieg erwerben. Worüber wir sprachen? Natürlichüber Denkmäler. Wir kamen beide zu der Erkenntnis,12


Im Brennpunktdass nur ein Gesetz dem Verfall der Denkmallandschaft inBayern Einhalt gebieten könnte. So beschlossen wir, einenGesetzentwurf zu schaffen. Abwechselnd trafen wir uns beiihm und im bayerischen Landtag. Es dauerte kein halbes Jahrund ich konnte den Entwurf 1969 bei meiner Fraktion einreichen.Zu meiner Überraschung wurde er sofort angenommen,sodass ich ihn im Frühjahr 1970 dem Landtagsamt übergebenkonnte. Der kulturpolitische Ausschuss begann die Beratungen,doch er kam nicht weit. Im Juni bzw. Juli begannen diegroßen Ferien und zugleich endete die Legislaturperiode.Was bis dahin nicht verabschiedet ist, verfällt. Das geschahnatürlich auch in meinem Falle. Als parlamentarischer Neulingwar mir das bis dahin nicht bekannt gewesen.Das hinderte mich nicht, den Gesetzentwurf in der nächstenLegislaturperiode 1970–74 erneut in die Fraktion zubringen. Doch nun geschah das Unerwartete: Die Staatsregierungerklärte, der Freistaat Bayern braucht kein Denkmalschutzgesetz!Mehrere Minister forderten mich in Einzelgesprächen sogarauf, den Entwurf zurückzuziehen. Davon hielt ich freilichnichts. Ich bestand darauf, dass die Fraktion darüber entscheidensolle. Diese Entscheidung fiel jedoch zu meinenUngunsten aus. Von sehr wenigen Abgeordneten abgesehen,stimmten alle gegen den Gesetzentwurf. Ein Jahr vorherhatten sie noch alle zugestimmt!Ich gab aber nicht auf. Im Laufe der folgenden eineinhalbJahre hielt ich in Parteikreisen und in der Öffentlichkeit Vorträgezum Thema Denkmalschutz und versuchte, besondersJournalisten zu überzeugen. So erschienen immer wiederpositive Artikel in diversen Zeitungen, die ihre Wirkungnicht verfehlten. Viele Damen und Herren Abgeordnetevom Lande änderten ihre Einstellung. Man muss nämlichwissen, dass es für die Abgeordneten von größter Wichtigkeitist, dass sie in der Lokalzeitung gut bewertet werden.Vor niemandem haben sie mehr Angst, als vor Journalisten– und gelegentlich auch vor eigenen Kollegen.Und so wechselte allmählich die Stimmung in der Fraktion,sodass ich Ende 1972 bzw. Anfang 1973 meinen Gesetzentwurferneut zur Abstimmung in die Fraktion brachte. Undsiehe da: Er bekam die Mehrheit! Die Staatsregierung wolltediese Entscheidung nicht einfach akzeptieren, was ich sehrschäbig fand. Sie beauftragte das Kultusministerium, eineneigenen Entwurf zu schaffen. Ministerialrat Dr. WolfgangEberl bekam diese Aufgabe. Binnen kurzer Zeit legte er denRegierungsentwurf vor. Dieser unterschied sich nicht sehrstark von meinem Entwurf, hatte jedoch einen Artikel, den ichnicht hatte. Er sah nämlich vor, dass ein Denkmalrat geschaffenwerden sollte. Dieser war dazu bestimmt, die BayerischeStaatsregierung in wichtigen Fragen des Denkmalschutzeszu beraten und bei der Festlegung der Denkmalensemblesmitzuwirken. Diese Mitwirkung hat dazu geführt, dass derDenkmalrat praktisch die Ensembles festlegt. Das Verfahrenist so, dass das Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> dem Rat Vorschlägemacht mit Aufzeigung der Grenzen und Beurteilungdes Denkmalbestandes. Mit Dias wird alles beleuchtet. Nachsorgfältiger Debatte erfolgt dann die Abstimmung.Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich beim Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong> für die vorzügliche Arbeit bedanken!Sie ist von sehr großer Bedeutung für unser Land!Ich vergaß zu erwähnen, dass ich dem Artikel über denDenkmalrat zu verdanken habe, dass ich als Vorsitzenderdieses Gremiums wirken konnte. Als ich mit Dr. WolfgangEberl zur konstituierenden Sitzung ging, frug ich ihn: Wersoll überhaupt den Vorsitz übernehmen? Seine lapidare Antwort:„natürlich Sie. Sie haben ja alles in Bewegung gesetzt.“Mir war der Gedanke nicht unsympathisch, meine Damenund Herren. Tatsächlich wurde ich auch gewählt, und so gingdas weiter von einer Legislaturperiode zur nächsten. Es warmeine schönste Aufgabe als Abgeordneter. Nach 30 Jahren –ich war schon nicht mehr im Landtag, übergab ich das Amteinem anderen Abgeordneten, dem heutigen KultusministerDr. Ludwig Spaenle.Aber zurück zur Beratung des Gesetzes. Die Gespräche imkulturpolitischen Ausschuss waren von ungewöhnlicher Harmoniegeprägt. Die SPD zeigte sich sehr kooperativ. Zu verdankenwar dies vor allem dem kulturpolitischen SprecherDr. Jürgen Böddrich, der mir zum Freund geworden ist. Andieser Stelle danke ich Dir, lieber Jürgen, für Deine Haltung.Sie erfordert Mut – eine Tugend, die nicht gerade alltäglichin der Politik ist. Innerhalb einiger Wochen konnte der Ausschussseine Tätigkeit in dieser Materie beenden. Parlamentarischwar es eine Neuerung insofern, als es ganz und garunüblich ist, dass ein Regierungsentwurf und ein Entwurfder Regierungsfraktion zu gleicher Zeit beraten werden. Stolzauf diese Neuerung kann man dabei nicht empfinden.In den anderen Ausschüssen gab es keine Schwierigkeiten,sodass das Plenum des Bayerischen Landtags am 7. Juni1973 die Abstimmung vornehmen konnte. Die SPD enthieltsich der Stimme, die Freien Demokraten waren gespalten.Ein Teil enthielt sich, der andere stimmte zu. …Das Gesetz trat am 1. Oktober in Kraft. Bayern war damitdas erste Land in der Bundesrepublik, das sich ein solchesGesetz gegeben hat. Eine späte Genugtuung für all denKampf erhielt ich 1975, als das Europäische Denkmalschutzjahrvon EUROPA NOSTRA ausgerufen wurde. EUROPANOSTRA ist der Zusammenschluss aller offiziellen Denkmalschutzorganisationen.Der damalige Präsident der Vereinigungstellte in seiner Eröffnungsrede fest, dass dasBayerische Denkmalschutzgesetz Vorbild für ganz Europasei! Was will man mehr?Dass Denkmalschutz, meine Damen und Herren, nicht nurfür große Denkmäler da ist, dazu eine kleine Geschichte:Es war noch kein Jahr vergangen, als ich einen Hilferufvon einem Bauern aus dem Dachauer Land erhielt. Ich solleihm helfen, dass er auf eigenem Grund ein neues Wohnhausbauen könne. Zur Zeit wohne er in einem alten Bauernhaus,das etwa 200 Jahre alt sei. Das Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>lehne seinen Wunsch ab. Er solle in seinem altenHaus bleiben. Ich fuhr in das Dorf und vereinbarte einensogenannten Ortstermin eine Woche später. Hierzu lud ichdas Landratsamt als Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehördeein, den zuständigen Konservator des Landesamtesund die Gemeinde. Als wir uns dann im Bauernhaus trafen– ich musste beim Eintritt den Kopf einziehen – frug ich denBauern, wie hoch die Decke in der Wohnstube sei. SeineAntwort: „1,80 m“. Daraufhin stellte ich dem Konservatordie Frage: „Könnten Sie in diesem Hause wohnen?“ DerBeamte war sehr ehrlich und sagte: „Nein“. Worauf ich dem13


AktuellKonservator sagte, er möge dafür sorgen, dass dem Wunschedes Bauern stattgegeben werde mit der Maßgabe, das alteHaus nicht abzubrechen. Kurz darauf erhielt der Bauer dieschriftliche Bewilligung.Erlauben Sie mir, obwohl es mit der Entstehungsgeschichtenichts zu tun hat, noch einige Bemerkungen. Was uns Denkmalschützernviel Kummer bereitet, ist die Tatsache, dassviele Gemeinden im Freistaat Bayern bis heut nicht gemerkthaben oder es nicht akzeptieren, dass der Ensembleschutzein vorzügliches Mittel ist, um schlechte Architektur zuverhindern. Man sollte meinen, dass jede Gemeinde denWillen hat, das Erscheinungsbild ihres Ortes zu schützen.AKTUELLMittelalterliches Kloster von Schlehdorf wiederentdeckt und gerettetUmplanung nach Prospektion: Unterirdische Reste können erhalten und geschützt bleibenDas Kloster – eine Gründung aus dem 8. Jahrhundert„Da liegt doch das alte Kloster!“ Solche Rufe drangen vorzwei Jahren von Schlehdorf im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausenbis in das Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> nach München,als Pläne bekannt wurden, das Seniorenwohnheim inder Kocheler Straße nach Westen zu erweitern. So genauwusste man das nicht, aber es gibt die Überlieferung, dassdie Vorgängeranlage zum heutigen Kloster gegenüber demKlosterbräu lag. Kein Plan gibt Auskunft zur genauen Lage,Ausdehnung und Größe dieser Baulichkeiten. Denn bereits1718 verlegte man das Kloster auf einen hochwasserfreienPlatz, den Kirchbichl, weil die tiefe Lage am Ortsrand zusehr unter Bodenfeuchte und dem labilen Baugrund litt.Zur Zeit der ersten Katasterpläne am Beginn des 19. Jahrhundertswaren anscheinend alle Spuren getilgt. Ob diezwei Stiche von Anton Wilhelm Ertl 1687 und von MichaelWening um 1700 den tatsächlichen Bestand und die Situierungdarstellen, musste immer offen bleiben. Zumindest vonden Wening-Stichen wissen wir, dass es sich so manches Malum idealisierte Darstellungen handelt.Schlehdorf, Lkr. Bad Tölz-Wolfratshausen. Kupferstich des Klosters um1700 durch Michael Wening. Er zeigt deutlich den Aufbau des Bauwerksmit einer Kirche im Norden und einem südlich daran anschließendenKlostertrakt (Bayerische Vermessungsverwaltung, 2012)Schlehdorf.Digital geführter Plander Messergebnisse mitGrundriss der Kircheund des Klosters.Es lassen sich auch dieÜbereinstimmungenmit dem Kupferstichvon Wening erkennen.AutoCAD-Plan-<strong>Nr</strong>.8332/019 (Plan: BLfD,Roland Linck)Wie in Benediktbeuern und Kochel am See handelt es sichum eine der ältesten und bedeutendsten Klostergründungenin Bayern. Bereits 740 n. Chr. ist in Schlehdorf eine ersteKirche und wenig später ein Kloster belegt, die dem FrankenheiligenDionysius geweiht war. 772 wird das BenediktinerklosterScharnitz bei Klais nach Schlehdorf verlegt.Angeblich erhielt Bischof Arbeo von Freising die Gebeinedes Heiligen Tertulin durch eine Schenkung von Papst HadrianI. und überließ sie dem Kloster Schlehdorf. Nach derÜberlieferung soll dieses erste Kloster am Ufer des Sees imBereich einer flachen Erhebung gestanden haben, wo heuteein Holzkreuz aufgestellt ist. Eine Magnetometermessungan dieser Stelle brachte allerdings keine Befunde. Nach denWirren der Ungarneinfälle wird das Kloster 1140 in höhererLage (und um dieses geht es hier) neu gegründet. BischofOtto I. von Freising, ein Onkel Kaiser Barbarossas, überträgtdas Kloster den Augustiner Chorherren.Das BLfD nahm den Wunsch aus Schlehdorf gern auf,durch Bodenradarmessungen Klarheit zu Lage, Ausdehnungund Grundriss der Klosteranlage zu bekommen, diedort 600 Jahre lang bestanden hatte.Die ProspektionsergebnisseUm einen ersten genauen Grundrissplan der im Boden erhaltenenÜberreste des Klosters zu erhalten, führte die Arbeitsgruppe„Archäologische Prospektion“ des BLfD im Sommer2012 Bodenradaruntersuchungen im Garten des bestehenden14


Aktuellbreiter Gang an, der wohl das Kloster mit der Kirche verband.Entlang des Westflügels lassen sich dem Messbild Hinweiseauf einen rechteckigen nördlichen sowie einen polygonalensüdlichen Erker, entnehmen. Beide sind wieder bei Weningkartiert, und die geophysikalische Prospektion zeigt somit, wieexakt der Künstler seinen Stich ausgearbeitet hat. Innerhalbdes Klostertraktes befindet sich ein rechteckiger Innenhof,dessen nördlichen Abschluss ein ca. 16×4 m großer Querbaubildet. Unter der Annahme, dass alle Klosterflügel rund umden Hof etwa gleich groß gewesen sein dürften, schließt sich imOsten außerhalb der Messfläche ein weiterer, 11 m breiter Bauan. Das Kloster hat somit eine Gesamtfläche von 40×40 m.Messwagen mit Bodenradargerät, mit Schnüren markierte Messgitter, undBodenfeuchte-Messgerät in der Bildmitte (Foto: BLfD, Florian Becker)Altenheims durch. Die Fläche umfasste den gesamten heutenoch zugänglichen Bereich der Verdachtsfläche für das hochmittelalterlicheKloster. Die restlichen Teile sind mittlerweiledurch das Altenheim, einen Weg und einen Gemüsegartenüberbaut. Lücken im Messbild sind auf mehrere Bäume undeinen Brunnen zurückzuführen. Die Ergebnisse zeigen, dassdie archäologischen Befunde in einer Tiefe zwischen 40 und140 cm identifiziert werden können. Da im nordwestlichstenRaum des Klosters zwischen 80 und 100 cm Tiefe einals Bereich sehr hoher Reflektivität erkennbarer Fußbodenerhalten ist, dürfte es sich dabei um 40 cm hohe Mauerresteund darunter liegende Fundamente handeln. Letztere müssenjedoch wegen der mächtigen Gebäude eines Klosters deutlichtiefer gereicht haben. Eine größere Eindringtiefe derelektromagnetischen Wellen in den Boden ließ aber die hoheBodenfeuchte nicht zu – deshalb sind die oberflächennahenTiefenscheiben stark durch Stauwasser gestört.Im Norden der Messfläche lässt sich deutlich die gotischeKirche identifizieren, die Ost-West ausgerichtet war undeinen im Westen angesetzten rechteckigen Eingangsbaubesaß. Das Langschiff nimmt eine Fläche von ca. 13 × 28 mein. Es könnte ehemals dreischiffig gewesen sein, da imInneren mehrere Anomalien auf zwei Pfeilerreihen hinweisen.Diese Befunde lassen sich jedoch möglicherweise auchmit Grabanlagen bedeutender Personen erklären. Innerhalbdes Kirchenschiffs zeichnen sich weitere Mauern ab,die sich aber keiner eindeutigen Funktion zuordnen lassen.Da sie unterhalb des in 80 cm Tiefe angenommenen mittelalterlichenLaufhorizonts liegen, ist eine Interpretationals Krypta oder Reste eines Vorgängerbaus plausibel. DieApsis und der Altarbereich der Klosterkirche wurden nichterfasst, da sie außerhalb des messbaren Areals liegen. ImNorden ist an die Kirche der auch im Stich von Wening eingezeichnetequadratische Kirchturm angebaut.Außerhalb der Kirche verläuft eine Mauer nach Westen,die den Kloster- vom Kirchhof abtrennt. Auch die südlicheUmfassungsmauer des Klosterhofs lässt sich in denRadargrammen erkennen. Im Inneren ist sogar noch der beiWening eingetragene Garten mit Brunnen identifizierbar.Südlich an die Kirche schließen sich die eigentlichen Klostergebäudean, von denen der West- und der Südflügel kompletterfasst wurden. Beide weisen eine Vielzahl an Mauern zurRaumeinteilung auf. Östlich daran schließt sich ein etwa 2 mErhalt der archäologischen Überreste –Schutz statt AusgrabungOft genug wird im Alltag der Bodendenkmalpflege bei Bauwünschengegen den Erhalt des Bodendenkmals, wie ihnArt. 1 des Denkmalschutzgesetzes fordert, entschieden. AlsErsatz wird dem Bauherrn die archäologische Ausgrabungauferlegt. Der wirklich eindeutige Befund der Radarmessunghat die bisherigen Vermutungen bestätigen können,das mittelalterlich-frühneuzeitliche Vorgängerkloster istnach fast 200 Jahren wiedergefunden.Infolgedessen und angesichts der bayernweiten Bedeutungdes Klosters haben sich der Zweckverband SeniorenwohnheimSchlehdorf und die Gemeinde zu einer Umplanungentschlossen. Der Erweiterungsbau wird nun außerhalb derFläche mit den unterirdischen Resten des Klosters geplant.Roland Linck und Martin PietschSchlehdorf. Ausschnitt aus den Radartiefenscheiben. GSSI SIR-3000 mit400 MHz-Antenne, Messpunktabstand: 2 × 25 cm. Größe der Messfläche:67 × 46 m. Archiv-<strong>Nr</strong>. 8332/019 (Radargramm: BLfD, Roland Linck)15


AktuellKloster Plankstetten: was nach der langjährigen Grabung übrigbliebEinfallsreichtum und Geschick beim Erhalt der romanischen „Schönen Mauer“Am 18. Juli <strong>2013</strong> wurde im Beisein von MinisterpräsidentHorst Seehofer der erste Bauabschnitt der Generalsanierungdes Klosters Plankstetten feierlich eröffnet. Es war ein wunderschönerSommertag mit vielen Festreden … Leider versäumteman dabei, darauf hinzuweisen, dass dort viele Jahrelang eine der größten Klostergrabungen Bayerns stattgefundenhatte. Bereits im Vorplanungsstadium im Herbst 2006war nämlich im Innenhof des Klosters der Spaten angesetztworden, zunächst nur um zu klären, ob überhaupt noch Bausubstanzdes abgerissenen romanischen Osttraktes der Klausurim Boden erhalten ist. Das Ergebnis war positiv, und sowurden die Grabungen kontinuierlich zuerst bauvorgreifend,dann sozusagen baubegleitend bis 2012 fortgeführt.Mit den immer umfangreicheren Planungen zur Unterkellerungdes am Hang liegenden Klosterareals ging eine stetigeErweiterung der Grabungsflächen einher, bis schließlich dergesamte Innenhof und Großteile des Westtraktes tiefgründigausgegraben werden mussten. Die Grabung erbrachte damitdetaillierte Einblicke in die komplizierte Baugeschichtedes 1129 gegründeten Klosters und der umgebenden Wirtschaftsbereiche.Allerdings ging dieser Wissenszuwachsauch mit der bitteren Erkenntnis einher, dass (fast) alleBefunde unwiederbringlich dem Neubau zum Opfer fallenwürden.Besonders „umkämpft“ war der Umgang mit dem romanischenOstflügel der Klausur, von dessen Bausubstanz nocheindrucksvolle Reste erhalten waren. Die dem Kreuzgangzugewandte Westwand des 12. Jahrhunderts aus akkuratversetzten Handquadern wies eine bestechende baulicheQualität auf. Um den Erhalt dieses, von allen Beteiligtenals „Schöne Mauer“ bezeichneten Denkmals entwickeltesich ein zähes Ringen, bis sich eine Lösung fand, die sich –Plankstetten. Ehemaliger romanischen Kreuzgang. Die im Boden integrierteGlasplatte gewährt Einblicke auf die romanische Arkadenwand.(Foto: M. Kühnlein)jetzt, wo alles fertig ist – als gestalterisch sehr gelungen undattraktiv präsentiert.Nachdem im früheren romanischen Kreuzgang, jetzt Abt-Maurus-Kapelle, der Fußboden im Zuge der Gotisierungerheblich angehoben worden war, ermöglicht nun ein Boden-Plankstetten. Links: Blick in die Ausgrabungsfläche von 2009 mit der romanischen Westwand des Ostflügels, die sogenannte „Schöne Mauer“.Rechts: Westansicht der Mauer mit ihren in sauberen Lagen verlegten Handquadern; davor ältere Klausurreste (Foto: BLfD, S. Codreanu-Windauer)16


Aktuellfenster einen Blick auf den früheren Boden und auf die romanischenArkaden mit ihrer Sockelmauer. Ein weiteres äußerstgut erhaltenes Stück dieser „Schönen Mauer“ ist im benachbartenHof auf einer Länge von ca. 22,50 m und einer Höhevon ca. 1,50 m erhalten. Obgleich die Lage der Mauer überhauptnicht in das ursprüngliche, bereits fertige Planungskonzeptdes in diesem Bereich entstehenden Neubaus passte,gelang es dennoch, sie durch entsprechende Umplanungen indas Untergeschoss mit Toilettenanlagen und das Erdgeschossmit Küche zu integrieren. Das Hauptproblem bestand darin,dass die „Schöne Mauer“ zwischen den neuen Ebenen liegtund ihr Fundament bei Weitem nicht bis zur neuen Kellersohlehinabreicht. Sie musste also von unten her unterfangenund abgestützt werden. Nun ragt sie durch die Decke undkommt bei der neuen Küche wieder zum Vorschein. Durcheine geschickt umgesetzte Detailplanung mit einfachenMaterialien und solider Verarbeitung ist die gerettete Mauernun gut „in Szene“ gesetzt: Dazu wurden Öffnungen im Fußbodenausgespart und mit begehbaren Glasscheiben abgedeckt.Die historischen Wandteile sind durch indirekte, nichtsichtbare Beleuchtungskörper angestrahlt, sodass die Tiefeder Bodenöffnung gut zur Geltung kommt.Durch den Erhalt und die gelungene Präsentation der originalenromanischen Mauern haben sowohl das sanierte alsauch das neue Bauwerk deutlich gewonnen: Sie weisen alsletzte Reste eindrucksvoll auf die Frühzeit des Klosters inPlankstetten hin.Silvia Codreanu-Windauer und Michael KühnleinLiteratur: Oliver Specht, Stabilitas loci – Ausgrabungen im Kreuzhof derBenediktinerabtei Plankstetten. Das archäologische Jahr in Bayern 2008,S. 145–148. – Ders., Wandel der Heiztechnik – Untersuchungen im Küchentraktder Benediktinerabtei Plankstetten. Ebd. 2010, 155–157. – Ders., SpätmittelalterlicheWasserversorgung in der Benediktinerabtei Plankstetten.Ebd. 2011, S. 158–160. – Ders., Entdeckungen in der Klosterküche: Baubefundedes Mittelalters im Südtrakt der Benediktinerabtei Plankstetten.Ebd. 2012, 143–145.Plankstetten.Der neu gestalteteKellerabgang mitder unterfangenenromanischenMauer, wirkungsvollbeleuchtet.(Foto: S. Codreanu,BLfD)Dicke Mauern, tiefe Gräben: Befestigungsanlagen der Reichsstadt AugsburgAus der GeschichteEtwa 1700 Jahre – von ca. 170 n. Chr. bis in die 60er Jahredes 19. Jahrhunderts – währt die Geschichte der AugsburgerStadtbefestigungen: von der in Holz und Erde ausgeführtenersten Umwehrung des Municipium Aelium Augustumüber die Wälle, die Bischof Ulrich gegen die Ungarn verteidigte,bis zur Aufhebung der Festungseigenschaft unterKönig Ludwig II. Während dieser langen Zeit durchlief dieUmwehrung mehrfach einen grundlegenden Wandel.Die römische Stadtmauer des späten 2. Jahrhundertsumschloss eine Fläche von mindestens 70 ha (Übersichtskarte,hellgrün). Wie Grabungen der letzten zehn Jahre zeigten,hatte sie einen direkten Vorläufer aus Holz und Erde, derein deutlich größeres Gebiet (mindestens 110 ha) sicherte; erbestand nur für kurze Zeit (Übersichtskarte, dunkelgrün).Der Verlauf der römischen Stadtmauer an der Ostseite istdurch nachantike Erosion nicht mehr zu ermitteln. Die steinerneAusführung wurde mehrfach verstärkt, so etwa imfrühen 4. Jahrhundert mit rechteckigen, nach außen vorspringendenTürmen, und bestand wohl bis weit ins 5. Jahrhunderthinein. Danach verkleinerte sich das besiedelte Gebietauf den äußersten Süden der römischen Stadt rund um denheutigen Dom. Vermutlich wurde der südliche Abschnitt derrömischen Stadtmauer weiter fortifikatorisch genutzt, nachNorden musste man eine neue Befestigungsanlage errichten(Übersichtskarte, hellblau). Die umwehrte Fläche betrugim Frühmittelalter und im frühen Hochmittelalter nur nochetwa 15 ha (sog. Bischofsstadt). Im späten 12. Jahrhundertbezog man das 1100 m südlich der Stadt gelegene, eigensumwehrte Kloster St. Ulrich und Afra in einen neu gezogenenMauerring von knapp 3200 m Länge und etwa 72 haFläche ein (Übersichtskarte, lila). Das Gebiet nördlich derBischofsstadt um die Stifte St. Georg und St. Stefan (ca. 47ha) wurde um die Wende zum 14. Jahrhundert durch den Baueiner 2300 m langen Mauer in die Wehranlage mit einbezogen(Übersichtskarte, rot). Die ab der Mitte des 14. Jahrhundertsmit Palisade und Graben gesicherte Jakobervorstadt(ca. 43 ha) in der Lechniederung erhielt erst um die Mittedes 15. Jahrhunderts eine steinerne Befestigung von 1600 mLänge (Übersichtskarte, braun). Kurz zuvor hatte man dieebenfalls nur leicht umwehrte Wagenhalsvorstadt im Südenund Südosten der Stadt aufgegeben. Seit der Mitte des 15.Jahrhunderts änderte sich der Verlauf der Stadtmauer nichtmehr. Ihre Länge betrug jetzt über 6 km, sie umschloss eineFläche von etwa 180 ha. Damit ist sie die längste mittelalterlicheStadtmauer in Bayern (Nürnberg 5 km, München 4 km,Ingolstadt 3 km). Elf Tore, darunter der damals wegen seinesausgefeilten Öffnungsmechanismus weltbekannte „Alte Einlass“,regelten den Zugang, Waren- und Personenverkehr inund aus der Stadt. An der Nordostecke der Stadt stand der17


AktuellB2112345CAugsburg im Jahr 1839. Übersichtskarte mit schematischer Eintragungder verschiedenen Phasen der Stadtbefestigung. Dunkelgrün: römischeHolz-Erde-Befestigung (spätes 2. Jh. n. Chr.); hellgrün: römische Steinbefestigung(spätes 2. Jh. – 5. Jh.); blau: um 500 (?); lila: vor 1187; rot: um1300; braun: um 1450. – A Bastion Lueginsland; B Bastion Judenwall; CBastion Eser; 1 Wertachbrucker Tor; 2 Klinkertor; 3 Einlass; 4 GöggingerTor; 5 Halltor; 6 Rotes Tor; 7 Schwibbogentor; 8 Vogeltor; 9 Jakobertor;10 Oblattertor; 11 Stephingertor; 12 Fischertor (Quelle: Historisches Kartenarchivdes Geodatenamts der Stadt Augsburg)A11610879„Lueginsland“, ein gewaltiger, achtgeschossiger und äußerstrepräsentativer Beobachtungsturm.Anpassungen der NeuzeitDie rasche Entwicklung der Feuerwaffen zwang die StadtAugsburg im 16. Jahrhundert dazu, ihre Stadtbefestigungden neuen Erfordernissen anzupassen. Der Beitritt derReichsstadt zum Schmalkaldischen Bund 1536 und die damiterklärte Opposition gegen den Habsburger Kaiser Karl V.waren offenbar der Anlass, ein bereits 1519 von NürnbergerFestungsingenieuren entwickeltes Konzept umzusetzen.Zwischen 1538 und 1551 errichtete man an den neuralgischenEcken und vor dem Gögginger Tor halbrunde, weit vorspringendeGeschützbastionen von bis zu 60 m Durchmesser undfast 10 m Höhe über Gelände. Der Verteidigungsgraben vorder Stadtmauer wurde bis zu 35 m verbreitert und hatte nunstellenweise eine Tiefe von fast 9 m.Zwischen 1605 und 1625 wirkte der umtriebige StadtwerkmeisterElias Holl auch an der Augsburger Stadtbefestigung.Er passte unter anderem die meisten Tore dem neuen Zeitgeschmackan und gab ihnen ein repräsentatives Gepräge.Im Dreißigjährigen Krieg legte die schwedische Besatzung1632 einen Verschanzungsgürtel teilweise weit vor die Stadtmauer,welcher aber in weiten Abschnitten nach kurzer Zeitwieder aufgegeben wurde. Zwar erneuerte man im 17. und 18.Jahrhundert einzelne Bauwerke oder gestaltete sie repräsentativer,eine nennenswerte Verstärkung der Verteidigungsanlageunterblieb jedoch. Große Schäden erlitt die zu diesemZeitpunkt völlig veraltete Stadtbefestigung während desSpanischen Erbfolgekriegs bei einer Beschießung durch französischeund bayerische Truppen im Winter 1703/04. Nachdem Anschluss an das Königreich Bayern wurde Augsburgzur Festungsstadt erklärt, gleichwohl aber zur Erhebung vonMaut und Zoll mit dem südlich des Gögginger Tores gelegenenHalltor eine erste Bresche in die Umwehrung geschlagen.Da die Stadt im Zuge der Industrialisierung schnell wuchsAugsburg. Abtragung der Bastion vor dem Gögginger Tor im Jahr 1861. Mit den Erdmassenwird im Vordergrund der Wehrgraben aufgefüllt. Im Hintergrund links Perlachturmund Rathaus, rechts der Turm von St. Moritz. Der von Elias Holl gestalteteTurm des Gögginger Tores wurde im Jahr darauf abgebrochen (Foto: Stadt Augsburg)Augsburg. Beim Bau eines Löschwasserbehälters wurden 1941vor dem ehemaligen Klinkertor die Fundamente der Brückenkonstruktionüber den Wehrgraben angeschnitten (Foto: StadtAugsburg)18


AktuellAugsburg. Das Gögginger Torund die vorgelagerte Bastionvor und nach der Beschießung1703/1704 (Abbildung: StadtAugsburg)und der Drang zur Moderne immer stärker wurde, entschlossman sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, den Mauergürtelniederzulegen und im aufgefüllten Grabenbereich eine breiteRingstraße anzulegen. Um eine Öffnung der Innenstadt zudem 1846 erbauten Hauptbahnhof zu erreichen, wurde dasVorhaben 1860 auf der Westseite der Stadt am GöggingerTor begonnen. Sukzessive umgesetzt wurde der Plan nachNorden allerdings nur bis zum Wertachbruckertor, nachSüden bis zum Roten Tor.Die Befestigungen im StadtbildDie Augsburger Stadtbefestigungen stellen wegen ihrerhäufigen Umbauten, Reparaturen, Neukonzeptionen undAnpassungen ein sehr komplexes historisches Gebilde dar.So war beispielsweise bei jeder der mittelalterlichen Erweiterungenein Abschnitt der jeweils älteren Mauer überflüssiggeworden, die dennoch teilweise bis heute noch bestehen.Dagegen wurden bei den massiven Erdbewegungen imZuge der Ausbauten des 16. Jahrhunderts viele Spuren ältererBestandteile der Stadtbefestigung getilgt. Unter anderemhat man die Wehrgräben zu den ersten Stadtmauerphasenbei der Anlage der frühneuzeitlichen Gräben weitgehendbeseitigt. Sie lassen sich vermutlich nur noch im Bereich dervorspringenden Bastionen nachweisen, für deren Anlagedie alten Gräben aufgefüllt werden mussten. Die schriftlicheÜberlieferung zu den Baumaßnahmen des Spätmittelaltersund der frühen Neuzeit ist verhältnismäßig umfangreich. Esliegen Rechnungen, Planskizzen, Stadtratsbeschlüsse undvon Stadtwerkmeister Elias Holl (1573–1646) sogar eine ArtTagebuch vor.Die Gesamtlänge aller jemals existierenden Stadtbefestigungenin Augsburg beträgt etwa 14 km. Davon als Mauernoch obertägig erhalten sind etwa 1,9 km, in Form vonGräben oder übersteilten Böschungen sind noch etwa 3,2 kmerkennbar. Untertägige Bestandteile dieser Festungsbautenwerden häufig bei Baumaßnahmen tangiert. Schon frühlösten ihre imposanten Überreste großes Interesse aus undwurden meist fotografisch, in Einzelfällen auch in Planskizzendokumentiert.Neue Erkenntnisse aus dem BodenBereits in der Planungsphase für das neue Umsteigedreieckdes öffentlichen Personennahverkehrs auf dem AugsburgerKönigsplatz war deutlich geworden, dass trotz optimierterPlanungen etliche Bestandteile der reichsstädtischen Befestigungsanlagenvon Erdarbeiten betroffen sein würden. Amheutigen Königsplatz hatte sich das Gögginger Tor befunden,durch das die Fernstraße aus der Schweiz, vom Bodenseeund vom Allgäu in die Stadt führte. Der Neubau liegt direktwestlich des Wehrgrabens und südlich der 1544 errichtetenBastion im Bereich einer spitzwinkligen Wall-Graben-Verschanzung(Ravelin), die während des Dreißigjährigen Kriegesals zusätzlicher Schutz des Zugangs angelegt worden war.Während von dieser Erdbefestigung bei den im Frühsommer2012 durchgeführten archäologischen Untersuchungen keineSpuren mehr vorhanden waren, war der ErhaltungszustandAugsburg. Links: Bei Umbauarbeiten wurden 2012 am Königsplatz Teile der Stützmauer der äußeren Grabenböschung vor dem ehemaligen GöggingerTor mit regelmäßigen Stützpfeilern freigelegt. Im Vordergrund das Widerlager der Brücke, die über den heute verebneten Wehrgraben führte. Blicknach Süden. Rechts: Die Rückseite der Stützmauer der Grabenböschung mit Pfeilern und Ansätzen der Tonnengewölbe im freigelegten Zustand. Blicknach Osten (Fotos: Stadtarchäologie Augsburg)19


Aktuellder freigelegten Mauern umso bemerkenswerter. Besondersins Auge fiel ein fast 50 m langer Abschnitt der Contrescarpe– der feldseitigen Stützmauer des frühneuzeitlichen Wehrgrabens–, die allerdings nur auf der Außenseite, also dervom Graben abgewandten Wange freigelegt werden konnte.Die einzelnen Ziegellagen der 1,80 m breiten Mauer warennicht waagrecht, sondern mit leichter Neigung zur Grabenaußenseitegesetzt worden, sodass die Mauer eine Neigungvon ca. fünf Grad aufwies. Auf der Grabenaußenseite befandensich im Abstand von 4 m etwa 1 m breite Stützpfeiler,die jeweils mit einem Tonnengewölbe verbunden waren.Darunter lagen jedoch keine zugänglichen Räume. DerZweck dieser Gewölbe scheint vielmehr darin gelegen zuhaben, dass mittels absichtlicher Erdauffüllungen zusätzlicheAuflast gegen den Druck des anstehenden Erdreichserreicht werden konnte. Bemerkenswert ist weiterhin derNachweis einer Baugrube, deren Böschungswinkel annäherndidentisch mit der Neigung der Mauer war. Jeweilsim Bereich der Gewölbescheitel konnten in der Baugruben-Augsburg. Vogelschauplan von Christoph Schißler von 1602. Blick nachWesten. Rechts das Gögginger Tor mit vorgelagerter Bastion. Die Stützmaueran der äußeren Grabenböschung endet knapp neben der Brücke(Plan: Stadt Augsburg)böschung regelmäßige Rücksprünge beobachtet werden.Dabei dürfte es sich um Abdrücke von Balken einer provisorischenBaugrubenverschalung gehandelt haben.Wie das <strong>156</strong>3 vollendete Stadtmodell von Hans Rogel zeigt,war im fortgeschrittenen 16. Jahrhundert lediglich einkurzer Abschnitt der Contrescarpe zwischen Rotem Tor undder Eser-Bastion mit einer weiß verputzten bzw. getünchtenStützmauer versehen. Auf dem Stadtplan von ChristophSchißler von 1602 zieht sich die Stützmauer dagegenvom Roten Tor bis zum Gögginger Tor. Die wenigen Fundeaus der Baugrubenverfüllung bestätigen die Datierung derBaumaßnahme in das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts. Inmehreren punktuellen Einblicken südlich der Grabungsflächevon 2012 konnten die Strebepfeiler auf einer weiterenStrecke von 80 m im gleichen Rapport und mit denselbenAbmessungen nachgewiesen werden. Es ist daher durchausmöglich, dass die Stützmauer der Contrescarpe auf demgesamten, 630 m langen Abschnitt zwischen der Bastionam Eser und dem Gögginger Tor nach einem einheitlichenAugsburg. Das Rogelsche Stadtmodell von <strong>156</strong>3. Im Gegensatz zur Rundungum die Eserwallbastion im Vordergrund weist die äußere Grabenböschungam Abschnitt zum nördlich gelegenen Gögginger Tor noch keineStützmauer auf. Rechts die Kirche St. Ulrich und Afra.Schema errichtet wurde. Eine Fortführung der Stützmaueran der Contrescarpe nach Norden in Richtung Alter Einlasskonnte offensichtlich nie realisiert werden. Auf sämtlichenjüngeren Stadtansichten und auch auf den Katasterplänendes frühen 19. Jahrhunderts ist dieser Abschnitt als reineErdböschung gekennzeichnet.Aussagen zur Tiefe des Wehrgrabens und damit zur Höheder Stützmauer waren am Königsplatz nicht möglich, da dienotwendige Eingrifftiefe nur bei ca. 3 m lag. Beim Bau einerfünfgeschossigen Tiefgarage an der Fuggerstraße etwa 400m nördlich des Königsplatzes konnte jedoch 2007 die stadtseitigeStützmauer des Wehrgrabens (Escarpe) in mehrerenAbschnitten dokumentiert werden. Die Unterkante derMauer, die sich in Abmessungen und vielen Details inklusiveder Stützpfeiler mit der Konstruktion am Königsplatzvergleichen lässt, lag in einer Tiefe von 8,70 m unter demheutigen Straßenniveau!Wie die Ausgrabungen eindrücklich zeigten, stellte dieModernisierung der Augsburger Fortifikation im 16. Jahrhundertein gewaltiges Unterfangen dar. Allein am gut600 m langen Abschnitt zwischen Eser und Gögginger Torwaren für die Stützmauern an Escarpe und Contrescarpejeweils über 10 000 m² Ziegelmauerwerk zu errichten. ZurAnlage des ca. 9 m tiefen und – inklusive Baugruben derStützmauern – 33 m breiten Grabens mussten auf dieserTeilstrecke fast 180 000 m² Erdreich bewegt werden.Sebastian GairhosLiteratur: Günther Fleps, Neue Erkenntnisse zu den mittelalterlichenBefestigungsanlagen in Augsburg. Arch. Jahr Bayern 2000, 121–124; ders.,Raetiens Hauptstadt größer als angenommen? Ausgrabung in der Gutenbergstr.1 in Augsburg. Arch. Jahr Bayern 2008, 89–92. – Bernt von Hagen/Angelika Wegener-Hüssen, Stadt Augsburg. Ensembles, Baudenkmäler,archäologische Denkmäler. Denkmäler in Bayern VII 83 (München 1994)36 f. – Franz Häußler, Augsburgs Tore. Der Reichsstadt Wehr und Zier(Augsburg 2002). – Robert Hoffmann, Die Thore und Befestigungen derStadt Augsburg von dem 10. bis zum 15. Jahrhundert. Zeitschr. Hist. Ver.Schwaben u. Neuburg 13, 1886, 1–48. – Hermann Kießling/Ulrich Lohrmann,Türme – Tore – Bastionen. Die reichsstädtischen BefestigungsanlagenAugsburgs (Augsburg 1987). – Jürgen Kraus, Das Militärwesen derReichsstadt Augsburg 1548–1806 (Augsburg 1980) 354–366. – SalvatoreOrtisi, Die Stadtmauer der raetischen Provinzhauptstadt Aelia Augusta –Augsburg. Augsburger Beitr. Arch. 2 (Augsburg 2001).20


DenkmalforschungDENKMALFORSCHUNGDonauwörths Stadtmauer wird 200 Jahre älterBaugeschichtliche Untersuchungen an der mittelalterlichen Stadtmauer am KugelplatzÜberquert man das westliche Ende der „Kugelplatz“genannten Gasse in Donauwörth, fällt eine unscheinbareStützmauer kaum auf, die sich östlich an das Haus <strong>Nr</strong>. 7etwa 3,5 m hoch und 9 m lang anschließt. Niemand kämeauf die Idee, hier einen Rest der ältesten Stadtmauer zu vermuten,weshalb dieser ursprünglich in östlicher Richtungweit längere Mauerzug auch Neubauten der jüngsten Zeitgewichen ist. In der Denkmalliste von 1986 wird die erhalteneStadtmauer nach Augenschein erst ins 15. Jahrhundertdatiert. Ein Erweiterungsbau der Stadtsparkasse machtenun baugeschichtliche Untersuchungen eines Teilstücks dermittelalterlichen Stadtmauer möglich.Schon bei der letzten Baumaßnahme auf dem östlichenNachbargrundstück fiel der städtischen Baubehörde undStadtarchivar und Stadtheimatpfleger Dr. Ottmar Seuffertdie sich als massiver Baukörper entpuppende Stützmauerauf. Deshalb war bei dem jetzigen großen Bauvorhabenvon Anfang an Vorsicht geboten, wurde der Aushub vonNorden unter Schonung der Stützmauer vorgenommen unddas Gelände archäologischen Untersuchungen zugänglichgemacht. Die bisherige Rückseite der Stützmauer, die Nordseite,bot bald ein eindrucksvolles Bild: Auf 19 m Länge,zum Teil bis zu 5 m ab dem Boden der Baugrube aufragend,war die gesamte Höhe noch nicht einmal sichtbar. Einearchäologische Sondage legte noch einen weiteren MeterMauerwerk bis zum Grundwasser frei. Die Deutung alsStadtmauer fand sich bestätigt.Dieser für Donauwörth und auch überregional wichtigeBefund veranlasste die zuständige Referentin des Landesamtsfür <strong>Denkmalpflege</strong> Dipl.-Ing. Simone Wolfrum, nebeneiner archäologischen Untersuchung des Areals auch eineErfassung der Mauer durch historische Bauforschung anzuregen.Die Verfasserin erarbeitete dann, vom Bauforscherdes Landesamtes Dr. Thomas Aumüller betreut, mehrerebauanalytische Ansichten und Schnitte, die hier auszugsweisevorgestellt werden.MauertechnikenDie zeichnerische Aufnahme der Nordseite der Mauer belegtdrei Verarbeitungstechniken der Mauerschale: Rechts unten(A1) wurde der harte Kalkstein nach der Spaltung nachbearbeitet,wobei nur Steine einer vorgegebenen Schichthöhevon ca. 22 cm, jedoch variabler Breite verwendet wurden.Ziel dieser aufwendigen Technik, bei der neben einemhohen Bearbeitungsaufwand auch ein ziemlicher Steinabfallanfiel (der zum Teil in der Mauerfüllung verwendetwerden konnte), war es, möglichst geschlossene Fugen zuerhalten und wenig Füll- und Zwicksteine zu verwenden.Die sorgfältige Bruchsteinquadertechnik erinnert noch anromanische (allerdings verfugte) Bauweisen.Donauwörth, Lkr. Donau-Ries. Lage der Stadtmauer (rot) im KatasterplanDie zweite Mauerschalentechnik (A2) ist im gesamtenlinken (östlichen) Bereich vertreten und überlagert auch dengerade beschriebenen Bereich in zwei Schichten. Sie ist imPrinzip sehr ähnlich, verwendete jedoch den Stein wesentlichunregelmäßiger und daher sparsamer. Steinabfall undArbeitsaufwand waren sehr viel geringer, der Arbeitsfortschritterheblich schneller. Dafür sind die Fugen unregelmäßigerund mussten mit mehr Füllsteinen ausgemauertwerden.Die dritte Mauerschalentechnik findet sich in den BereichenB und C. Sie ist grundlegend anders. Hier wurdendie gespaltenen größeren Steine kaum nachbearbeitet. Siewurden mit einer Spaltfläche auf eine Schichtabgleichungsatt in Mörtel aufgelegt, wobei eine zweite Spaltfläche alsSichtfläche erscheint. Bis zur nächstoberen Abgleiche wurdemit Füllsteinen ausgemauert. Diese Technik ist im 15. Jahrhundertvor allem im Wehrbau verbreitet, überall dort, womit spaltbarem Material gearbeitet wurde, wie z. B. bei derBurg Pürnstein in Oberösterreich (Mader Abb. 14 und 19)oder der Burg Kalden im Allgäu (Zeune S. 63).Leider ist diese Mauerschale weiter oben in den BereichenD und E abgestürzt. Wir blicken in den Mauerkern, der,typisch für das 15. Jahrhundert, etwas regellos gemauert,aber nicht geschüttet ist. Zwei Abgleichschichten sind zuerkennen. Ob darüber, im Bereich F, die Brustwehr jenerZeit noch in Resten versteckt ist, kann hier nicht diskutiert21


DenkmalforschungDonauwörth. Stadtmauer, Wandabwicklung, Nordansicht. Detail und Draufsicht. Bauphasen und Technik durch Buchstaben unterschieden:1. Bauphase (A1+A2) wohl 2. Hälfte 13. Jh., 2. Bauphase (C–F) 15. Jahrhundert (Baugeschichtl. Zeichnungen 1 : 100, 2011/2012 [verkleinert]: Azer Arasli)werden. Die Mauer dient jetzt als Rückwand des HausesKugelplatz 7.Die Spätdatierung der oberen Mauerzone wird nicht nurdurch technische Analogien gestützt, sondern auch durch dieVerformungen des unteren Bereichs, der natürlich ursprünglichhorizontal und eben gemauert war. Der Durchhang derSchichten in gleichartig stetigen Kurven ist auf ein AbsinkenSondage an der Nordseite bis zum Grundwasser(Fotos: Azer Arasli)der Gründung in zu weichen Bodenschichten zurückzuführen.Die Mauer überbrückt hier eine durchfeuchtete Mulde,die nach dem Mauerbau stadtseitig aufgefüllt wurde. Zwarist auch an dieser Stelle, wie bei Stadtmauerteilen nahe derBurg Mangoldstein, mit einer Pfahlgründung zu rechnen(bei der Sondierung allerdings nicht nachgewiesen), die aber– falls vorhanden – nicht tief genug reichte und wirkungslosblieb.Aus dem Senkungsbild ist zwingend zu schließen, dass dieMauertechniken A1 und A2 nicht unterschiedlichen Bauperiodenangehören, sondern Folge von Baulosen sind. A1 stelltden ersten Bauabschnitt dar, dessen Herstellung sich als zulangsam und zu teuer herausstellte, weshalb bei der Fortsetzungdie vereinfachte Technik angewendet wurde. Diesefrühe Mauer war ursprünglich deutlich höher, wurde jedochwegen der Gründungsschwächen baufällig und musste daherauf eine noch intakte Schichtoberfläche (Unterkante B) abgetragenwerden. Die zweite Bauperiode wurde als Neuaufmauerungmit einem kleinen, variierenden Vorsprung (Korrekturder Bauflucht) auf diese Oberfläche aufgesetzt und knappdarüber horizontal abgeglichen, um normal waagrecht weiterbauenzu können.Außen, feldseitig, wurde, wie eine Sondierung unter Straßenniveauzeigte, die alte Mauerschale bis unten entferntund in der Technik 3 senkrecht erneuert.ErgebnisDer Kugelplatz ist der im 15. Jahrhundert nach Wiederherstellungder Stadtmauer errichtete Zwinger, was der Name bisheute überliefert. Mit dem Bau der Zwingermauer steht dasFärbertor in Zusammenhang. Nicht einfach zu beantwortenist die Frage nach der Datierung des frühesten Mauerrestes.Ein Vergleich mit den Mauerwerken der ehemaligen Burgführt zu keinem Ergebnis, weil die dort ergrabenen Mauertechnikenteils älter, teils viel jünger, meist stark gestört undmehrfach repariert sind. Nur ein kurzes Teilstück der Stadtmauerdort ist ähnlich und durch Wolfgang Czysz publiziert.Die Mauerschalentechnik A1 dürfte in die zweite Hälfte des22


DenkmalforschungStadtmauer, QuerschnittNordseite des Mittelalterlichen Stadtmauerrests13. Jahrhunderts zu datieren sein, sicher nicht später; eineUmmauerung der Stadt müsste dementsprechend bereits vorder Zerstörung der Burg begonnen worden sein – noch einDesiderat der Geschichtsforschung.Azer ArasliLiteratur: Wolfgang Czysz: Burg Mangoldstein in Donauwörth, Archäologieund Geschichte, Friedberg 2011, bes. Abb. 116. – Gert Th. Mader:Burg Pürnstein und die Instandsetzung des ehemaligen Pulverturms,in: Rainer Barthel (Hrsg.): Festschrift Fritz Wenzel zum 80. Geburtstag,München 2010, S. 81–90. – Joachim Zeune: Burgenregion Allgäu. DerBurgenführer, Burg Kalden, Eisenberg-Zell 2008, S. 62 f.Im Untergrund von WeißenstadtStollen- und Kelleranlagen als Teil der Siedlungs-, Wasser-, Landschafts- und WirtschaftsgeschichteBeginn der Hohlraumerfassung in WeißenstadtEtwa 45 km nordöstlich von Bayreuth liegt das StädtchenWeißenstadt am gleichnamigen See im Fichtelgebirge. Von2010 bis Sommer 2012 wurden hier in Form eines Pilotprojektesdrei ausgesuchte Kelleranlagen mit integrierten Stollenreliktendokumentiert. Die Finanzierung übernahm dieStadt, wofür Bürgermeister Dreyer und Heinz Diwisch vomBauamt zu danken ist. Dem enormen Interesse der Bevölkerungfolgte prompt die Gründung des „Arbeitskreises KellerforschungWeißenstadt“, um das Projekt weiterzuführen,finanziell unterstützt und begleitet durch den FachbereichEhrenamt im BLfD. Als Gründungsdatum ihres Arbeitskreiseshatten sich die „Aktivisten“ Kerstin Hirschmann, KlausDietz, Erwin Hertel, Gerald Kastl, Wolfgang Hager, InaDöge, Steffen Schwarz, Dr. Stefanie Jost, Dr. Thomas Striebel,Jochen Berthold, Susanne Bugla, Norbert Hübsch undWolfgang Kaufmann (†) den 4. Dezember 2012 ausgesucht– den Tag der hl. Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute.Bald nach Ende des Pilotprojektes brach im Winter 2012am Parkplatz der Gaststätte „Kellerhaus“ ein Keller ein. ImUmfeld der Gaststätte liegen etwa 150 Zugänge zu Kelleranlagen,welche zum Teil nördlich unter die Staatsstraße (BayreutherStraße) sowie nordöstlich in Richtung Kirche undKreisverkehr verlaufen. Teile dieser Kelleranlagen wurdenehemals beim Straßenbau mit Müll verfüllt und verschlossen,andere stehen offen. Wegen der Plombierung der KellerDie Kellerlandschaft bei der Gaststätte „Kellerhaus“ vor den Toren vonWeißenstadt. Über 150 Kellerzugänge gruppieren sich terrassenförmigum das Gasthaus (Foto: BLfD, Bernhard Häck)sind auch andere Verbrucherscheinungen erfolgt und weiterezu erwarten. Im Zuge der Datenerhebungen in diesemBereich werden die Stollen- und Kelleranlagen nicht nurdenkmalpflegerisch, sondern auch hinsichtlich ihres Gefahrenpotenzialsdokumentiert und bewertet. Damit soll dieweit über Weißenstadt hinaus bekannte „Kellerlandschaftvor den Toren der Stadt Weißenstadt“ vor dem weiteren Verfallgeschützt werden.23


DenkmalforschungDer Keller unter dem ehemaligen Gasthof„Goldener Löwe“ (Wunsiedler Straße 4)Beim Gasthof „Goldener Löwe“, unter dem sich der nördlichsteder drei dokumentierten Keller befindet, handeltes sich um eines der ältesten Häuser im Ort, ein Denkmalim Besitz der Stadt, das derzeit saniert wird. Hier will dieStadt Weißenstadt das erste Hohlraummuseum Bayernsinstallieren. Etwa mittig im Gebäude führt eine steileTreppe in einen nördlich gelegenen jüngeren Kellerraum(R 1), südlich davon schließt sich ein etwa 7,20 m unter derErdoberfläche liegender Felsenkeller an, an dem sich verschiedeneStadien des Ausschlages, der Nutzung und desWasserhaushaltes ablesen lassen. Von dem aus nordwestlicherin südöstlicher Richtung verlaufenden Hauptraum (R3) zweigt nach Norden hin ein unvollständig aus dem Felsengeschlagener kleinerer Seitenraum ab (R 4). An der östlichenOrtsbrust (Kellerende) ist der stufenweise Ausschlagvon etwa 0,55 m Höhe erhalten geblieben. Eine irreguläreÜberhöhung dieses Kellerraumes sowie Reste der Balkenlochkonstruktezeigen an, dass hier wohl ein weiterer Ausschlagder Firste (Decke) geplant war, aber letztlich nichtmehr zur Ausführung kam. Gegenüber dem Hauptraumzweigt ein Raum nach Süden ab. Auch dieser ist unvollständigerhalten geblieben, wie die südliche Ortsbrust, dasEnde des bergmännischen Vortriebs in diese Richtung, mitdem stufenweisen Ausschlag belegt. Nordwestlich davonverläuft entlang der Kellerwand eine Seige (S 2), eine Vertiefungzum Abfluss des Wassers, mit einer Gesamtlängevon knapp 21 m bei einer Lichte/Weite von 0,95 × 0,65 m,auf deren Sohle eine Rinne eingeschlagen ist. Die Seigeführt nach Südwesten und ist an ihrem derzeitigen Endemit Schutt verfüllt, sodass das Bergwasser nicht abfließenkann. Etwa 2,20 m westlich dieser Seige verläuft eine weitereWasserseige (?) vom Hauptraum aus nach Westen, diejedoch nach 7,80 m ebenfalls plombiert ist.Drei Felsbilder am Abzweig zwischen Hauptraum (R3) und südlichem Kellerraum (R 5) belegen indirekt dieDer Keller unter dem Gasthof „Goldener Löwe“(Vermessung: Thomas Striebel, Stefan Hedler, Bernhard Häck,Zeichnung: BLFD, Bernhard Häck)jüngere Erweiterungen im Südenin der Mitte des 19. Jahrhunderts:Felsbild 1 (FB 1), ein Schild mit denInitialen des ehemaligen EigentümersJohann Lorenz Welzel, trägtdie Jahreszahl 1853, ein Terminusante quem für den Ausbau. Das1820 von Gastwirt Welzel erworbeneGebäude war vermutlichdem großen Stadtbrand des Jahres1832 zum Opfer gefallen, was zuLinks: Der unvollständig aus dem Felsgeschlagene Raum 5 mit angrenzenderWasserseige, deren Ende derzeit nochplombiert istRechts: Blick nach Süden in die vomKellerraum (R 2) abzweigende Wasserseigemit der tief eingeschlagenen Rinne(Fotos: BLFD, Bernhard Häck)24


Denkmalforschungdem Neubau führte. Welzel hatte also erst dreißig Jahrespäter den Keller erweitern bzw. umnutzen lassen, indemer zunächst Spolien aus Granitsteinen als Auflager für dieWein-/Bierfässer beidseitig des vorderen Kellerraumeseinfügte. Um die Vorratshaltung zu erhöhen, ließ er denälteren Keller nun weiter nach Südosten (hier um 3,80 m)und Südwesten (hier um 4,30 m) erweitern.Doch die mehrphasige Kelleranlage weist auf eine noch ältereBebauung hin. Der ursprüngliche Keller bestand zunächstlediglich aus dem vorderen „L“-förmig angelegten Raumohne Auflageflächen (R 3). Eine Datierung in die beginnendeNeuzeit ist wahrscheinlich, auch die beiden Wasserseigen (S1 und S 2) entstanden in diesem Zeitraum. Zu Recht kannvermutet werden, dass die Wasserseige 2 ursprünglich wohlein Prospektionsstollen war, der beim Ausschlag des Kellersumfunktioniert wurde.Der Keller unter dem Tourismus-Büro (Kirchplatz 5)Der heutige Zugang befindet sich in der Osthälfte desGebäudes und führt zunächst in einen höher liegenden jüngerenwestlichen Kellerraum (R 1). Dem gegenüber liegtauf der Ostseite der kurze, aber steile Kellerhals, welcherin den älteren Kellerraum 5,80 m unter die Erdoberflächeführt (R 2). Die Auflageflächen entlang der nördlichen Kellerwandsind gleichzeitig mit dem Keller aus dem Felsengeschlagen worden. Am Nordostende des Raumes ist dieVermauerung wohl zu einem weiteren Nachbarkeller zuerkennen. Hinter der östlichen Vermauerung und etwa30 cm höher führt hier die Wasserseige (S 2) des obengenannten Kellers im Gasthof „Goldener Löwe“ vorbei.Unmittelbar nach dem Kellerabgang führt die Seige vomälteren Raum (R 2) aus nach Südwesten und endet in einerQuell-/Hangfassung.Zwar belegen Archivalien und die Steintafel über demheutigen Eingang mit der Jahreszahl 1793 die Nutzungdes Hauses als Bäckerei, doch dürften Teile des Gebäudesälteren Ursprungs sein. Der mit einem flachen Gewölbeüberdeckte jüngere obere Kellerraum (R 1) ist gemauertund liegt fast giebelseitig unter der westlichen Hausfront.Er dürfte zum Hausbau im ausgehenden 18. Jahrhundertgehören. Während der Eingang zum älteren Kellerteil heuteweiter östlich liegt, muss der ursprüngliche Zugang etwain der Hausmitte zu suchen sein. Ohne datierungsfähigebauhistorische Elemente ist derzeit nur eine Zuweisungin die Frühneuzeit möglich. Die dürftigen Befundungeninnerhalb der Kubaturen, Versatzstücke in den Firsten undim Bereich der Sohle, belegen, dass die östliche Hälftedes älteren Kellers zunächst im sog. Gegenortverfahrenals Wasserseige aufgefahren wurde. Später wurde diesejedoch baulich überprägt und zum heutigen Kellerraumumgestaltet.Keller unter demheutigen Tourismus-Büro(Vermessung: ThomasStriebel, Stefan Hedler,Bernhard Häck,Zeichnung: BLFD,Bernhard Häck).25


DenkmalforschungDie mehrphasige Kelleranlage mit Wasserseigeund Brunnen im Mühlgässchen 7Über den steilen Kellerhals an der Rückwand des Gebäudesgelangt man in den etwa 3,80 m unter der Erdoberflächeliegenden Felsenkeller. Hier fällt sofort ein mit Granitsteinenüberdeckter, schmaler Kellerraum auf, der nach Westenhin in einen mit Bruchsteinen gesetzten, gewölbten Raumübergeht. Etwa mittig des Raumes zweigt orthogonal einlangschmaler Raum (R 3) nach Norden mit zwei kleinerenNebenräumen hin ab. Die nördliche Kellerbrust weisteine sich verengende Fortsetzung einer Wasserseige (wohlehemals ein Prospektionsstollen?) nach Norden hin auf,welche vermauert an der Südseite des Hauses Kirchplatz 6endet. Ihre südliche Fortsetzung zeigt sich als Abzweig vomHauptraum aus – hier noch auf einer Länge von 8,15 m zuverfolgen. Innerhalb der Seige finden sich Lichtnischen undVersatzstücke, die auf unkorrekte markscheiderische Planungen(und evtl. auf ein Gegenortverfahren) hinweisen.Die zu ihrem Bau notwendigen Hilfsschächte sind durchdie mehrfachen baulichen Überprägungen der Kelleranlagenicht erhalten geblieben. Zwischen östlichem Hauptraumund südlicher Seigenfortsetzung liegt ein unregelmäßigaus dem Felsen geschlagener Brunnen, der, mit Bergwassergefüllt, 4,50 m bis zur heutigen Abdeckung reicht. Einsekundär verwendetes und senkrecht im Brunnenschachtstehendes Holzdeichelrohr förderte das Bergwasser übereine Stiefelpumpe nach oben.Das heutige Gebäude Mühlgässchen 7 bestand ursprünglichnur aus dem östlichen Trakt. Erst nach 1852 – vorherim Urkataster nachweislich unbebaut – wurde der westlicheTrakt, unter dem heute Teile der Keller- und Stollenanlageinkl. Brunnen liegen, errichtet.Zunächst schlug man im Spätmittelalter die nordsüdlich verlaufendeWasserseige im Gegenortverfahren (Versatzstückeim Grund- und Aufriss) aus dem Felsen, um das Bergwasserabführen zu können. Schließlich wurde der nördliche Kellerraummit den kleineren Nebenräumen geschaffen – wohlgleichzeitig mit dem Schichtwasser-Brunnen. Der Kellerzugangbefand sich bis jetzt außerhalb des damals östlich gelegenenGebäudes. Als dritte Bauphase wurde schließlich derHauptraum wohl wegen des verwitterten oberflächennahenFelsgrundes mit offener Baugrube ausgeschlagen – sicherder Grund für die meist aus bearbeiteten Bruchsteinen erbautenWände und mit Granitsteinen gemauerten Gewölbe imHauptraum. Durch diese Baumaßnahme nach 1852 wurdeder Brunnen in das Gebäude integriert.Zusammenschau des PilotprojektesZunächst wurden im ausgehenden Mittelalter und in derfrühen Neuzeit in Weißenstadt Wasserseigen in den Untergrundgeschlagen (Phase 1), wobei diese vom höher gelegenenStadtzentrum mit einem geringen Gefälle bergabwärtsgeführt wurden. Sie dienten meist der Entwässerung vonBergbaustollen, die sich im Stadtgebiet archivalisch seit1230 bis weit in die Neuzeit hinein belegen lassen, undverliefen über größere Distanzen. Die Seige 2 verlief vom„Gasthof Goldener Löwe“ unter der ehemaligen Bäckereiweiter nach Süden, eine andere begann wohl im Bereich derKirche und führte das Wasser über die Seige unter HausDie mehrphasigeKelleranlage unterHaus Mühlgässchen 7(Vermessung: ThomasStriebel, Stefan Hedler,Bernhard Häck,Zeichnung: BLFD,Bernhard Häck).Mühlgässchen 7 ebenfalls weiter nach Süden bergabwärts.Anhand der Befundungen dürften einige der Wasserseigenehemalige Prospektionsstollen gewesen sein, die späterbeim Bau der Kelleranlagen umgenutzt wurden.Kurze Zeit später wurden dann im Bereich der existierendenWasserseigen kleinere Felsenkeller angelegt (Phase 2),wodurch man sich weiteren Ausschlag sparte und die Seigengleich zum Abführen des Bergwassers, das sich zusätzlichüber die Klüfte in den Kelleranlagen ansammelte, nutzenkonnte. Diese Keller liegen meist in Bereichen von Hohlwegenoder Altstraßen, die später zu Handelsstraßen ausgebautwurden. Zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert überprägte/vergrößerte(Phase 3 A) man diese kleineren Anlagen(„Urkeller“) u. a. zur Bier- oder Weinlagerung, oder eswurden im Zuge von Nutzungsänderungen höher liegendeneuere Kelleranlagen erbaut (Phase 3 B). Am Beispiel des„Goldenen Löwen“ lässt sich die Abhängigkeit der Baumaßnahmenvon Nutzungsänderungen gut verfolgen.Bergbau ist seit dem hohen/späten Mittelalter auch andernortsim Fichtelgebirge archivalisch belegt. Im Raum Weißenstadtwurde noch bis 1957 Bergbau in der ZinnerzgrubeWerra nördlich des Rudolfsteins betrieben – seit Kurzem alsDenkmal eingetragen. Über den Bergbau in Weißenstadtwird u. a. über die Ausbeutung des bekannten Kristallbergwerkszwischen 1594–1604 berichtet: „… inmitten der Stadteinen neuen, hoffens fündigen Gang entblößen …“ oder „… mit samt beiden nächsten Wassern, und seinen angefangenenErbstollen, sämtliche in der Stadt gelegen und uff St.Johannis Hayd genannt.“ Die Erläuterung sagt, dass ein „…Erbstollen ein Stollen ist, der das im Bergwerk hervorgetreteneWasser abführen und zugleich frische Luft zuführensoll …“ (Heimatbuch) Kristalle aus dem Bergwerk, dasheute noch begehbar ist, wurden u. a. beim Bau der Eremitagein Bayreuth verwendet. Da sich in Weißenstadt zahlreicheweitere Stollen- und Kelleranlagen befinden, dürfte dieArbeit für die Stadt und den „Arbeitskreis Kellerforschung“nicht ausgehen.Bernhard Häck26


DenkmalforschungEhemalige Justizvollzugsanstalt LandshutNeuzugang in der Denkmalliste – und ein unbequemes Denkmal?Der Nachtrag der ehemaligen JVA in die Denkmalliste imMai 2012 stieß in der Stadt Landshut zunächst auf Unverständnisund Sorge. Hatte man doch mit dem Gelände der2008 geschlossenen JVA etwas ganz anderes vor. Inzwischenaber hat sich das Blatt gewendet. Gespräche zwischenGeneralkonservator Prof. Egon Johannes Greipl und OberbürgermeisterHans Rampf sowie Erläuterungen im städtischenBauausschuss und ein Rundgang mit Vertretern desLandesdenkmalrates durch den Gefängnisbau führten zurAkzeptanz des Baudenkmals. Der Weg ist nun frei für neuePlanungen vor dem ehemaligen Münchener Tor, die denspannenden Bau in die Entwürfe integrieren und ihn als Entwicklungspotenzialsehen.Das ehemalige Amts- und Landgerichtsgefängnis Landshut(Innere Münchener Straße 4) von 1905–07 ist ein wichtigesarchitektonisches Zeugnis für die Entwicklung des Gefängnisbausim 19. und frühen 20. Jahrhundert. Dies zeigt sichnicht nur in der guten substanziellen Überlieferung dieseshistorischen Typs, sondern auch in der Ablesbarkeit derdamaligen Reformbestrebungen im und am Gefängnisbau. Essteht damit im bayernweiten Vergleich in einer Reihe mit denebenfalls in der Denkmalliste verzeichneten Gefängnissenu. a. in München, Landsberg am Lech, Regensburg, Traunstein,Nürnberg und Eichstätt. Diese nach Strafsystemen undGefängnisarten zu differenzierenden Bautypen und Anlagenmit ihren verschiedenen Baukörperformen und Fassadengestaltungenstehen für die Geschichte und Entwicklung derGefängnisarchitektur und des Strafvollzugs in Bayern.Über diese geschichtliche, architekturgeschichtlich/künstlerischeund wissenschaftliche Bedeutung hinaus kommtdem Landshuter Gefängnis auch stadtgeschichtliche undstädtebauliche Bedeutung zu. Mit der Wahl des Bauplatzesund der beispielhaften Realisierung der 1885 formuliertenLandshut, ehem. JVA, Mittelbau (Foto: BLfD, Anke Borgmeyer, 2012)Lageplan, Auszug aus dem Fachinformationssystem des BLfD, 2012Grundsätze zum Gefängnisbau werden in Landshut dieThemen der Zeit anschaulich umgesetzt, wie etwa hygienischeAnforderungen in Architektur und Städtebau sowieModernisierung von öffentlichen Einrichtungen und ihrePlatzierung im städtischen Gefüge.BaugeschichteDas städtebaulich prominente Gebäude liegt innerhalb desAltstadt-Ensembles, direkt an seinem südlichen Ende. Hier,ehemals vor den Toren der Stadt, war das Gelände Anfangdes 20. Jahrhunderts noch relativ unverbaut. So errichteteman 1905–07 auf dem Gärtnereianwesen Hackl vor demehemaligen Münchener Tor das neue Amts- und Landgerichtsgefängnis.Der Neubau war notwendig geworden,nachdem sich die Klagen über den schlechten Zustand, diehygienischen Missstände und die räumlichen Unzulänglichkeitenim alten Gefängnis in der Spiegelgasse gehäuft und1902 Vertreter des Justizministeriums die Anlage deshalbbesichtigten hatten. Überbelegung und die Lage in einemdicht bebauten Stadtteil waren weitere Argumente für einengrößeren Neubau im Weichbild der Stadt – eine durchausübliche Lösung dieser Zeit für solche Funktionsgebäude.Der Entwurf des Neubaus geht auf das damalige LandbauamtLandshut zurück, die Oberleitung hatte BauamtsassessorHurt, die gesamte Bauleitung RegierungsbaumeisterWidmann.Bei dem Gefängnis von 1907 handelt es sich um eine symmetrischeDreiflügelanlage mit Walmdächern und einemrunden Eckturm. Wegen des leicht nach Westen abfallendenGeländes gibt es unterschiedliche Geschosszahlen. Derzweistöckige Mittelteil (mit zwei Untergeschossen nachWesten) liegt nach Osten zur Inneren Münchener Straße; die27


DenkmalforschungZellentrakte mit fünf Etagen erstrecken sich nach Westen,ohne sich stark über den Mittelteil zu erheben. Das ganzeAreal ist mit einer hohen, verputzten Ziegelmauer umgeben,deren Blendbögen ehemals offen und mit Gitterstäben versehenwaren. Die Mauern wurden in den 1930er Jahren erhöhtund die Öffnungen ausgefüllt. Die innerhalb der Mauern liegendenHöfe unterteilten sich ursprünglich in einen Arbeitsundeinen Spazierhof. Die ehemalige Arbeitshalle schließtdie Dreiflügelanlage an der vierten Seite ab, sie ist ein eingeschossigerNeubau und nicht Teil des Baudenkmals.BaubeschreibungDie Gefängnisanlage präsentiert sich als grau verputzterZiegelbau mit zurückgenommener Fassadengestaltungund roten Biberschwanzdächern. Nur der Mittelbau an derStraßenseite zur Stadt weist mit seinen Anklängen an denReform- und Heimatstil einen gewissen repräsentativenAnspruch auf. Als Eingangsbereich, Kopfbau und Verwaltungstraktsetzt sich hier die Architektursprache mitgruppierten Bauteilen, Schopfwalmdach, mittigem Eingangsportalund Fensterläden von den schlichten Zellentraktendeutlich ab. Damit werden, wie auch bei der ehemaligenAnstaltskapelle mit den Rundbogenfenstern am Kopfbau,die Funktionsbereiche nach außen deutlich gemacht.Auch im Inneren sind die Funktionsbereiche bis heute gutablesbar geblieben. Im Kopfbau waren u. a. die Verwaltung,die Küchenräume, Ärzte- und Krankenzimmer sowiedie Kapelle untergebracht. Die Nutzung als JVA bis 2008brachte es mit sich, dass in diesen Bereichen nahezu keinehistorischen Ausstattungselemente oder Oberflächen erhaltensind. Die Zellentrakte sind – bis auf die Einrichtungen –dagegen nahezu unverändert überkommen. Beide Flügel unddie Zellengeschosse sind gleich gehalten. Die Zellen werdenüber einen Mittelgang erschlossen, der an der Westseite miteinem großen Rundbogenfenster belichtet wird. Der Gangfußboden,ein Fischgrätparkett, ist noch bauzeitlich. Die Zellenfensterliegen relativ hoch, damit ein Außenkontakt derInsassen über die Fenster nicht möglich ist. Die Zellentürenhaben mächtige Steingewände. In den beiden Untergeschossender Zellentrakte waren die Versorgungsräume, wie etwadie Wäscherei, Lager, Dampfmaschine, ein Kramerladenusw., untergebracht. Ursprünglich waren in diesen Traktenauch Dienstwohnungen eingerichtet, die sich im Äußerendurch die Anbringung von Fensterläden abhoben. Siewurden aber wohl spätestens in den 1960er Jahren zu Zellenumfunktioniert. Die bauzeitlichen Treppenhäuser befindensich in den Gelenkbauten zwischen den Trakten sowie imRundturm und sind mit ihren Eisengeländern und Treppen-anfängern gut überliefert.Die Konstruktion verdeutlicht, dass man versucht hat,günstig zu bauen und gleichzeitig einen hohen Sicherheitsstandardeinzuhalten. Die Innen- und Außenwände bestehenaus Ziegelmauerwerk in unterschiedlichen Verbänden.Die dünnen Geschossdecken hingegen sind überwiegendVerbundkonstruktionen aus Ziegel und Eisen, sogenannteSteineisendecken (mit Eiseneinlagen bewehrte Deckenaus Ziegelsteinen), die auf den Innen- und Außenwändenaufliegen. Ab etwa 1895 gewannen Steineisendecken imDeutschen Reich als leichte, einfach herzustellende undwirtschaftliche Lösungen vor allem auch im Wohn- undGeschäftshausausbau zunehmend an Bedeutung.Umgesetzt wurde ein für die damalige Zeit modernerGefängnisbau mittlerer Größe, der Platz für 180 Gefangenebot, die von neun Bediensteten betreut wurden. Aufgenommenwurden alle männlichen und weiblichen Untersuchungsgefangeneaus dem Landgerichtsbezirk Landshutund männliche Strafgefangene mit Kurzzeitstrafen. Es gab100 Plätze in Einzelhaftzellen, 80 in Gemeinschaftszellen,150 für männliche und 30 für weibliche Gefangene. Bis indie zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war das LandshuterGefängnis ein Gerichtsgefängnis, das zum Vollzug vonUntersuchungshaft und meist kürzeren Freiheitsstrafendiente. Eine Zäsur bildet auch hier die Zeit zwischen 1933und 1945, als es mit der Inhaftierung von Schutzhaftgefangenenschnell zu Überbelegungen kam. So waren 1944 980Frauen und Männer in Schutzhaft. Bis 1980 war das LandshuterGefängnis Teil des Landgerichtes, dann wurde es zueiner eigenständigen Haftanstalt aufgewertet.DenkmaleigenschaftGeschichtliche und wissenschaftliche BedeutungDas ehemalige Amts- und Landgerichtsgefängnis Landshutist ein besonders gut überliefertes Beispiel für die Entwicklungdes Gefängnisbaus seit seiner Reform im 19. Jahrhundert.Es vereinigt einen für die damalige Zeit modernenTypenbau mit neuester Bautechnik und dem Anspruch anhygienische und menschenwürdige Unterbringung vonStrafgefangenen. Ausgehend von den Forderungen der„Philadelphische[n] Gesellschaft zur Milderung des Elendsin den öffentlichen Gefängnissen“, gegründet 1786, kam eszu grundlegenden Reformen im Gefängniswesen. Amerikanischeund europäische Entwicklungen beeinflussten sichgegenseitig und führten zu tiefgreifenden Änderungen imStrafsystem und in der Verwaltung (geplanter Strafvollzug),die sich auch deutlich auf den Gefängnisbau auswirkten(vgl. etwa das Auburn’sche und das PennsylvanischeSystem). In Deutschland griffen die Reformen vor allemab der Mitte des 19. Jahrhunderts und entwickelten sich imGefängnisbau auf der Grundlage des reformierten Rechtswesensund gewonnener Erfahrungswerte kontinuierlichweiter. Neben der Umnutzung vorhandener Gebäude ist inBayern vermehrt im letzten Drittel des 19. Jahrhundertseine rege Neubautätigkeit zu verzeichnen, wobei nebender Suche nach mehr Humanität und Resozialisierung vorallem die steigende Zahl der Straffälligen ursächlich war.Das Gerichtverfassungsgesetz des Deutschen Reiches, welches1879 in Bayern in Kraft trat und die Organisation derAmts-, Land- und Oberlandesgerichte institutionalisierte,und die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches (ausgefertigt1896) hatten nämlich zur Folge, dass die bestehendenGerichtsgebäude zu wenig Platz boten. Richtungweisendfür Neubauten des späten 19. und frühen 20. Jahrhundertswurden die „Grundsätze für den Bau und die Einrichtungvon Zellengefängnissen“, die 1885 von einer Kommissiondes „Vereins der deutschen Strafanstaltsbeamten“ erarbeitetwurden. Mit diesen Beschlüssen versuchte man, eine28


Denkmalforschungder Untersuchungsgefängnisse durch moralische und menschenwürdigeRahmenbedingungen die Rückkehr in dieGesellschaft zu ermöglichen und damit einen zukünftigenZuchthausaufenthalt zu ersparen.Die Architektursprache wird nicht nur unter der Vorgabeeines kostengünstigen Bauens auf die Gliederung undGruppierung der Baumassen reduziert. Hier wurde inder künstlerischen Gestaltung durch die Rücknahme vonGliederungen und Fassadenornamentik bewusst auf dieAnsprüche der Reformarchitektur und des Heimatstilsreagiert. Die deutliche Abwendung vom in die Kritik geratenenHistorismus manifestiert sich besonders im direktenVergleich zum angrenzenden ehemaligen Amtsgerichtsbaumit seinen Neurenaissancefassaden, der nur zehn Jahrefrüher entstanden ist.Landshut, ehem. JVA, Zellentrakte und Umfassungsmauer(Foto: BLfD, Anke Borgmeyer, 2009)gewisse Einheitlichkeit in die Konstruktion und Einrichtungder Gefangenenhäuser zu bringen sowie Mittel undWege aufzuzeigen, um die hohen Baukosten der Zellengefängnissezu mindern. Dies wurde besonders anschaulichim Landshuter Gefängnis umgesetzt.Architekturgeschichtlich-künstlerische BedeutungDas Landshuter Gefängnis gehört zum Bautyp der gerichtlichenGefängnisse, kleinere Gefängnisanlagen, für diegewisse Nebengebäude, wie etwa zum Betrieb einer Landwirtschafto. ä., nicht nötig waren. Gerichtsgefängnisseenthalten die erforderlichen Untersuchungsgefängnisse,die in der Regel Einzelunterbringung bedeuteten, und dieHafträume der zu kürzeren Strafdauer verurteilten Strafgefangenen.In seiner baulichen Umsetzung als einfacheDreiflügelanlage mit Separierung der Zellentrakte vonallen anderen Funktionseinheiten entspricht das LandshuterGefängnis ganz den Grundsätzen von 1885, auch wenn esmit der möglichen Unterbringung von 180 Gefangenen alsGerichtsgefängnis relativ groß war. Alle zu Haftzweckendienenden Räume sind klar und übersichtlich angeordnet(u. a. System der Mittelgangerschließung in den Zellentrakten),sodass eine zentrale Beaufsichtigung mit relativ wenigPersonal möglich war. Gerade die Gerichtsgefängnissewaren im Vorfeld der Reformbestrebungen größter Kritikausgesetzt gewesen, sodass hier die Hygienebestimmungen(Zellengröße, Ver- und Entsorgungssysteme, Separierungvon männlichen und weiblichen Insassen, Trennungder Arbeits- und Wirtschaftsräume von den Zellen etc.)besondere Beachtung erfuhren. Dies hatte seinen Grundauch darin, dass man der Ansicht war, schon den InsassenStädtebauliche BedeutungAuch die Wahl des Bauplatzes spiegelt die Überlegungender oben genannten Kommission wider, die auf gewonnenenErfahrungswerten beruhten. Der Gefängnisneubaukam vor die Tore der Stadt, also außerhalb der dicht bebautenStadtteile, aber nicht in die für die Stadterweiterung(gehobene Wohnbebauung) vorgesehenen Gebiete links derIsar, für die bereits 1881 ein offizieller Baulinienplan aufgestelltworden war. Als Gerichtsgefängnis in der Nähe desAmtsgerichtsgebäudes situiert (Innere Münchener Straße2, 1897), war aber eine gewisse Nähe zur Kernstadt durchausgewollt, anders als bei den Zuchthäusern, die auf jedenFall weit von vorhandener und zukünftiger Wohnbebauungferngehalten werden sollten. Die geforderte Freihaltung vonprivater Bebauung an allen Seiten war hier aber trotzdemmöglich, da es sich um ein Eckgrundstück handelt, nördlichdas dazugehörige Amtsgebäude liegt und die westlich gelegenenGrießerwiesen bereits 1895 von der Stadt erworbenund wegen Hochwassergefahr nicht zur Bebauung freigegebenworden waren. Kennzeichnend für seine Zeit ist diebauliche Umsetzung als relativ schmuckloser, verputzterZiegelbau in wirtschaftlicher und serieller Konstruktionsweise.Hier greifen die erwähnten Bestrebungen, die Kostenniedrig zu halten bei Einhaltung der geforderten HygieneundSicherheitsstandards.Darüber hinaus wurde hier aber deutlich eine städtebaulicheLösung angestrebt, die der prominenten Lage gerechtwerden sollte. Der asymmetrisch angeordnete Treppenturman der Südostecke setzt einen städtebaulich wichtigenAkzent. Er markiert – nach dem Abbruch des MünchenerTors im 19. Jahrhundert – an der Kreuzung Innere MünchenerStraße und Grätzberg den „neuen Stadteingang“, eineFunktion, die der mächtige, weithin sichtbare Neubau desGefängnisses optisch übernommen hatte. Vor allem von derWestseite wird das Gefängnis als stattliche Anlage wahrgenommen,während sich die Seite an der Inneren MünchenerStraße der bürgerlichen Bebauung anpasst. Gleichzeitigwurde hier eine Baulücke zu den schon weiter südlich vorhandenenBauten Innere Münchener Straße 6, 8 und 10geschlossen, eine Baugruppe von herrschaftlichen Mietshäusernmit Fassaden in Neurenaissanceformen, entstandenum 1900.Anke Borgmeyer29


DenkmalforschungKriege, Menschen, DenkmälerVor 70 Jahren – das Kriegsjahr 1943 in MünchenWer kennt es nicht, das Märchen „Von einem, der auszog,das Fürchten zu lernen“? Was aber, wenn Viele, ja Unzähligeausziehen, um Andere das Fürchten zu lehren? Genau dasaber geschah vor nicht allzu langer Zeit, als selbsternannte„Herrenmenschen“, die sich einbildeten, die Welt beherrschenzu wollen, mit Schwert und Blut die Lande überzogen.Die Rede ist vom Zweiten Weltkrieg und dem Expansionswahnsinneines Großteils der deutschen Oberschicht. ImHäuserkampf und Bombenterror fielen die Menschenlebendem Schnitter vor die Füße. Und wie die Menschen fielen,so stürzten auch die Denkmäler. Großartige Bauten ausallen Zeiten wurden ohne Unterschied zerstört. Besondersdie Bombardierungen zwischen 1940 und 1945 äscherten diedeutschen Städte und ihre Bauwerke ein.Vor genau 70 Jahren, also 1943, erschienen wieder einmalPropellermaschinen am blauen Himmel Münchens, undwem eben noch Sonnenstrahlen die Nase kitzelten, demdrückten alsbald Staubwolken die Augen zu. In jenem Jahr1943 fielen allein in München über 2500 Tonnen Sprengstoffauf ein in Jahrhunderten gewachsenes Stadtgefüge undrissen tiefe Wunden. Noch heute sind diese Wunden teils zusehen, teils verdeckt. Wer beispielsweise einen Schönwetterspaziergangin der Nymphenburger Schlossanlage macht,bemerkt nichts mehr von den Bombentreffern im Nordron-dell, vom zerstörten Obergeschoss der Badenburg und vonder zerschmetterten Chorfrauenkirche, deren Kriegslückeheute die Volksschule des Ordens der Englischen Fräuleinausfüllt. Er kann den Verlust hier nur aus der Geschichte undalten Fotos erfahren.Die christlichen BautenDieser Art von „Segen“, der da von oben kam, konnte sichniemand erwehren. Auch göttlicher Schutz half hier wenig:Die ehemalige katholische Augustinerkirche im Zentrumvon München unweit des Marienplatzes, Ende des 13.Jahrhunderts erbaut und im Laufe der Zeit mehrfach verändert,stand in jenem Schicksalsjahr 1943 eben noch inder Neuhauserstraße, als die herbstliche Luft das Jaulenvon Fliegermotoren in die Gassen hinunter trug und Feuerauf ihre Mauern warf. Auch die Kirche wurde getroffen.Nach einem zweiten Bombardement im Juli 1944 war dannalles, bis auf die Außenmauern, verschwunden, auch der„weiße Saal“, den Theodor Fischer 1915 durch die Einziehungeiner Zwischendecke als Konzertsaal verwirklichthatte. Glücklicherweise erfolgte 1948 eine Gebäudesicherungund von 1962 bis 1964 ein Innenumbau durch ErwinSchleich. Heute dient der Bau als Deutsches Jagd- undFischereimuseum.München, St. Bonifaz (Foto: Foto Marburg 1946)30


Denkmalforschunggehaltene Gebäude sollte der antiken KleinkunstsammlungUnterkunft gewähren. Darauf weisen auch die personifiziertenKünste im Tympanon der Fassade nach einem Entwurfvon Ludwig von Schwanthaler hin. König Ludwig I. wähltedas nebenstehende St. Bonifaz als Ort seiner letzten Ruhe:hier zwischen Glauben, Wissenschaft und Kunst.Wenig Ruhe brachte das Jahr 1943 dagegen für die kleinekatholische Spitalkirche St. Elisabeth in der Mathildenstraße.Dass dieses versteckte barocke Kleinod, gerade 253Jahre alt, getroffen würde, hatte niemand erwartet. Undzusammen mit der Kirche zerfielen auch so wichtige Werkebedeutender Künstler wie der Hochaltar und die Kanzel vonIgnaz Günther und das Deckenfresko des aus Peißenbergstammenden Namensvetters Matthäus Günther zu Staubund Asche.München, St. Elisabeth (Foto: Foto Marburg 1946)Dem herrlichen Innenraum der Basilika St. Bonifaz mitihren auf hohe, schlanke Säulen aufgesetzten Arkadenbögenerging es nicht anders. Das erste Mal 1943 und dannnoch dreimal getroffen, brauchte der Andächtige nachKriegsende im Inneren regenfeste Kleidung, denn das Dachfehlte ebenso wie die nördliche Hälfte des Gebäudes samtUnterkirche, die Apsis mit Glockenstuhl und alle Fresken.Die zwischen 1835 und 1847 von Georg Friedrich Zieblandals eines seiner Hauptwerke erbaute Kirche – heute erinnertdie Zieblandstraße in Schwabing an den Architekten– wurde dann zwischen 1949 und 1951 unter der Federführungvon Hans Döllgast im hinteren Teil wieder aufgemauertund geschlossen. In die Kriegslücke im vorderen Bereichfügte man zwischen 1968 und 1971 ein Gemeindezentrumin modernen Formen ein.Von dem großartigen Baumeister stammt auch das Gebäudemit der Adresse Königsplatz 1, welches baulich mit demBenediktinerkloster St. Bonifaz verbunden war: die NeueStaatsgalerie/Staatliche Antikensammlung. Von ihremInnenleben war nach den Luftangriffen vom 9. März 1943und im Juli 1944 nichts mehr vorhanden. Heute Herberge derstaatlichen Antikensammlung, war sie, wie auch St. Bonifaz,von König Ludwig I. in Auftrag gegeben worden und – schondamals als Ausstellungsgebäude geplant – zwischen 1838und 1845 gegenüber der – im Krieg nicht minder schrecklichzugerichteten – Glyptothek errichtet. Das architektonischin Form eines griechischen Tempels korinthischer OrdnungGabriel von Seidl und das NationalmuseumAuch ein Hauptwerk Gabriel von Seidls, der Baukomplexdes Bayerischen Nationalmuseums, hat im Krieg stark gelitten.Dort waren besonders während des Bombardements am6. September 1943 große Teile der baufesten Innenausstattungund die Barockkapelle ausgelöscht worden. 1894 hatteSeidl den Entwurf für das Nationalmuseum der BayerischenAbgeordnetenkammer vorgelegt und die Ausschreibung vorden Architekten Georg Hauberisser und Leonhard Romeisgewonnen. Im Grundriss zeigt das Konzept einen Mittelbaumit langen Seitenarmen, an denen unterschiedlich starkvorspringende Gebäudeteile anliegen, die ihrerseits ruhigeHöfe und idyllische Gärten umschlossen. Durch diese sollteder Museumsbesucher spazieren und schon anhand der„äußerlichen“ architektonischen Gebäudegestaltung daraufschließen können, welche zeitliche Epoche ihn im Innerenerwartet. Im Entwurf hatte sich Seidl an anderen Museenwie dem Germanischen Nationalmuseum orientiert. Beidiesem, im Krieg ebenfalls in großen Teilen zerstörtenMuseum in Nürnberg, handelt es sich im Kern um eine alteKlosteranlage, der weitere Bauteile zugewachsen und angefügtwurden, was man zu jener Zeit als besonders malerischund nachahmenswert empfand. Die als „Angliederungssystem“bzw. „Gruppenbau“ bezeichnete Bauweise galt für einkulturhistorisches Museum als ausnehmend passend. Dasteilweise bis zu drei Geschosse aufragende Gebäude warvon Seidls Freund, dem Maler Rudolf von Seitz, mit Möbelnaus der gemeinsamen Werkstatt unter dem Label „Seitz &Seidl“ eingerichtet worden.Seitz war wie Seidl Mitglied im Bayerischen Kunstgewerbevereingewesen. Dieser seit 1850 noch unter der Bezeichnung„Verein zur Ausbildung der Gewerke“ bestehendeZusammenschluss prägte die Architektur und das Kunsthandwerkin München. Unter dem Titel „Unserer VaeterWerke“ versuchte die Jubiläumsausstellung des BayerischenKunstgewerbevereins 1876 die Idee eines nationalenbürgerlichen Kunststils und damit eine neue bürgerlicheIdentität zu erwecken. Dieses neue bürgerliche Selbstbewusstseinsollte sich beispielsweise eben auch in Anlagenwie dem Bayerischen Nationalmuseum spiegeln und denfür einen kunstsinnigen König entworfenen Bauten wie derNeuen Staatsgalerie/Staatliche Antikensammlung gegenüberstehen.31


DenkmalforschungMünchen. Bayerische Staatsbibliothek (Foto: BLfD, 1946) und Alte Pinakothek (Foto: Bezler 1946)Auch die im Krieg glimpflich davongekommene Lehnbachvillain der Luisenstraße, die Seidl für seinen Freund undUnterstützer Franz von Lenbach entworfen hatte, solltedieses Ideal verkörpern. Gabriel von Seidl starb vor nunmehr100 Jahren – am 27. April 1913 –, zählt aber immer noch zuden „Großen“, das Stadtbild unserer schönen Me tropole prägendenKünstlern. Wer seine schlichte Grabstätte besuchenmöchte, findet sie auf dem Alten Südlichen Friedhof.Friedrich von Gärtner und die Bayerische NationalbibliothekDort liegen in unmittelbarer Nähe auch andere „Große“ wiezum Beispiel Friedrich Wilhelm von Gärtner (1791–1847),der wie Ziebland unter König Ludwig I. wirkte und ebenfallszu den berühmten Baumeistern Münchens zählt. Gärtner,in Koblenz geboren, kam 1809 zum Kunststudium nachMünchen. Nach Aufenthalten im Ausland bekam er 1827 denAuftrag, die Bayerische Nationalbibliothek, zu planen undauszuführen. Von 1832 an schichteten fleißige Handwerksleuteacht Jahre lang Stein auf Stein zu diesem 155 m langen,mit zwei Höfen ausgestatteten dreigeschossigen Monumentalbau– auch hier ist der Einfluss des Königs spürbar. Alshervorstechender Schmuck zur Ludwigstraße hin wurdeder Eingang mit Freitreppe und vier steinernen Skulpturengeschaffen – welche die Passanten heute geruhsam ignorieren.Die vier hochgeehrten Gestalten der griechischenGeschichte und Kultur, Thukydides, mit dem Werk „Der PeloponnesischeKrieg“ der Begründer der wissenschaftlichenGeschichtsschreibung, Homer, der berühmte Ependichter,der einflussreiche Philosoph Aristoteles und Hippokrates, derberühmteste Arzt des Altertums, stehen allegorisch für dieBüchersammlung. Sie wurden nach einem Entwurf Ludwigvon Schwanthalers geschaffen und im Krieg schwer beschädigt.Die heutigen Figuren sind moderne Nachschöpfungen.In dem monumentalen Treppenhaus dann – man könnte glattvergessen, dass im heutigen München Wohnraumnot besteht– kann die ehemals prächtige Ausmalung zwar nicht mehrbestaunt werden, dennoch verliert sich der Blick beim schierendlosen Treppensteigen im Oberteil der gewölbten Halle.Am 9. März sowie am 2. und 3. Oktober 1943 zerstörtenBrand- und Sprengbomben den Ost- und Südtrakt weitgehend,wobei an die 500 000 wertvolle Bände verbrannten.Zwischen 1950 und 1966 wurden die beiden Gebäudeteile,die Fassaden und das Treppenhaus wiederaufgebaut und restauriert.Gegenwärtig gehört die Ludwigstraße 16 zu einemvielbesuchten Haus mit Weltrang. Fast 10 Millionen Bändefasst diese Bibliothek. An den Architekten erinnert heute derGärtnerplatz in München, welcher um 1860 angelegt wurdeund dem Viertel seinen Namen gab. Eine Ehrenbüste Gärtnerssteht dort in blumiger Mitte und blickt in eine der vomRondell strahlenförmig abgehenden Straßen … in die nachseinem Erzrivalen benannte Klenzestraße.Leo von KlenzeAuch der erfolgreiche und noch bedeutendere VorgängerGärtners als Baumeister unter König Ludwig I., Leo vonKlenze, hat also, wie erwähnt – Tragik der Geschichte –, anjenem „Gärtnerplatz“ eine Büste erhalten. Und auch seinewichtigsten Bauten, wie die Alte Pinakothek, die Glyptothek,das Leuchtenbergpalais und das ehemalige Kriegsministerium,haben im Kriegsjahr 1943 stark gelitten.Die Alte Pinakothek, im ruhigen Grün der Maxvorstadt gelegen,blickt mehrmals pro Woche auf die mehr oder wenigeroft niedergegrätschten Hobbyfußballer, die beispielsweisefür den „Winkelmanncup“ trainieren. Das „Kleid“, welchesdie Pinakothek heute trägt, wurde ihr zwischen 1952 und1957 geschneidert. Und das war auch nötig, so desolat wiees nach den Angriffen 1943 und 1944 aussah: zerfressen undzerlöchert. Die Substanz war im zentralen Bereich bis zumSockel hinunter zerstört, das gesamte Obergeschoss plusLoggia, das Südportal und teilweise auch die Erdgeschosssälebetroffen. Im Zuge der allseits gelobten Wiederherstellungdurch Hans Döllgast, welche die Kriegswunden durchZiegelwechsel sichtbar ließ, entstand im Innern anstelle der32


Mehr als ein Hausvormaligen Loggia unter anderem eine lichte, zweiläufigeSchachttreppe, und das östliche Treppenhaus wurde in Ausstellungsräumeumgewandelt.Auch heute wie zu allen Zeiten hängt das Stehen und Fallenvon Denkmälern vom Menschen ab – seien es so berühmteWerke wie der Große Buddha im afghanischen Bamiyanoder die Ruinen der irakischen Stadtstaaten. Einer derjüngsten Fälle spielt sich derzeit in Syrien ab. Da schaut manabends 20.15 Uhr verwundert durch die „Röhre“ auf dieneuesten Zerstörungen, und eines wird klar: Weder Rangnoch Namen zählen, wenn um Macht oder Mammon gerangeltwird. Ein Titel wie „Unesco-Welterbe“, der seit 1972für einzigartige, authentische Stätten vergeben wird, verraucht– siehe Afghanistan, siehe Irak und siehe nun Syrien– vor spuckenden Panzerfäusten, Bomben und glühendenGewehrmündungen. Auch der weltberühmte HistorischeBasar im syrischen Aleppo trägt diesen Titel – und wirdgerade zerstört. Er liegt in Trümmern und findet neu Verwendungals Straßenkampfirrgarten.Das Fazit: Statt auszuziehen und andere das Fürchten zulehren, sollte man sich ein Beispiel an der Kultur der 1960erJahre nehmen: sich also lieber selbst ausziehen und denNächsten lieben. In diesem Sinne: Make love, not war.Ina HofmannMEHR ALS EIN HAUS ...„Drinnad im Woid“ – Blick in die Vergangenheit bäuerlichen WohnensFamilie Neumaier erhält Preis für die Instandsetzung eines 250 Jahre alten Wohnstallhauses in OberriedEinfach war das bäuerliche Leben im kalten BayerischenWald, den das in der Überschrift zitierte Volkslied besingt,sicherlich nicht immer. Viele Familien hatten es sicher sehrschwer, ihr Einkommen in den langen Wintern und kurzenSommern zu erwirtschaften. Auf große Höfe reicher Bauernstößt man deshalb in dieser Region nur selten. Hier gab esvor allem kleinere Einzelhöfe, auf denen sich der Alltagabspielte. Die Waldlerhäuser waren vom Typus her häufigEinfirstanlagen, zumeist aber sogenannte Wohnstallhäuser,bei denen Wohnbereich und Viehstall in einem Gebäudehintereinander angeordnet sind.Ein Mittelflezhaus von 1750Ein solches Wohnstallhaus befindet sich auch im zurGemeinde Drachselsried gehörigen Oberried im LandkreisRegen. Matthias Neumaier und seine Familie haben esdurch ihren unermüdlichen Einsatz und ihr beherztes Engagementvor dem Verfall bewahrt und zu einem historischenSchmuckstück im Ort gemacht. Interessanterweise blicktdas Haus auf eine viel längere Geschichte zurück, als manvor der Instandsetzung angenommen hatte. In der Denkmallistewar es zunächst auf Mitte des 19. Jahrhundertsdatiert. Bei einer dendrochronologischen Untersuchungaber stellte sich heraus, dass die Entstehungszeit schon rundhundert Jahre früher, also um 1750, anzusetzen ist. Damitzählt es in dieser Gegend zu den ältesten erhaltenen Beispieleneines sogenannten Mittelflezhauses – „Flez“ ist dieregionaltypische Bezeichnung für den Hausflur, der sich beidiesem Gebäudetypus quer durch das Haus erstreckt, denWohnbereich vom Stalltrakt trennt und als Wirtschaftsbereichgenutzt wird. Auch nach der Umfunktionierung in einreines Wohnhaus ist diese Aufteilung nach außen hin nochsichtbar.Denkmalgerechte InstandsetzungBei der Renovierung legte die Familie besonderen Wertdarauf, „das Alte zu erhalten, aber die Dinge auf einenneuen Stand zu bringen“. Das Haus hatte den Großelternvon Matthias Neumaier gehört. Nach mehreren Jahren Leerstandwar es sehr baufällig und im Bestand stark bedroht:Der Blockbau wies bereits eine erhebliche Schrägstellungdurch das gealterte Fundament auf, das Dach war undicht,es zeigten sich Schäden durch Fäulnis und Schädlingsbefall,die historischen Innenputze waren überwiegend abgeplatztund die Räume voller Gerümpel und Spinnweben. ImWinter 2005/06 stürzte schließlich der ganz aus Holz konstruierteStall ein.Dennoch konnte ein Großteil der Originalsubstanz desWohntrakts im Westen erhalten werden: 2008 traf die Familiedie Entscheidung, den Hof umfassend zu sanieren, wofürdas Architekturbüro Naumann aus Regensburg den Auftragerhielt. Die Arbeiten begannen nach den Voruntersuchungenab August 2010. Am umfangreichsten erwies sich dieSanierung des Altbestandes am zweigeschossigen Wohnteil.Dabei musste das flachgeneigte Satteldach erneuert und dieVerschindelung der Nord- und Westseite durch neue, handgeschlageneHolzschindeln ersetzt werden. SchreinergefertigteLärchenholzfenster mit Isolierglasscheiben ersetztendie alten, ohne dabei in das frühere Erscheinungsbild einzugreifen.Ebenso geschickt sind die Wärmedämmung und dieWärmespiralen unter den massiven Holzblockwänden versteckt.Anstelle des Viehstalltrakts fügte man im Osten aufder Grundlage des historischen Befundes einen Neubau mitMauerwerk im Erdgeschoss und darüberliegender Holzkonstruktionan, welcher den Blockbau optisch bestens ergänzt.Im Innern bietet er hier Platz für das großzügig geschnitteneWohnzimmer, das durch ein großes Fenster beleuchtet ist.33


Mehr als ein HausOberried, Dorfstraße 16, Gde. Drachselsried, Lkr. Regen. Südfassade. Links: Zustand nach Einsturz des Stallteils. Rechts: Nach der Fertigstellung, dieehemalige Trennung von Wohn- und Stallbereich ist immer noch nach außen hin ablesbar (Foto: Matthias Neumaier)Auch dieses fügt sich durch senkrecht eingezogene Holzleistenharmonisch und unauffällig schlicht in die Fassade ein.Im alten Wohnbereich ist die ursprüngliche Raumaufteilungmit ihren bescheidener geschnittenen Zimmern, niedrigenDecken und kleinen Fenstern beibehalten. Auch die heutigeNutzung entspricht noch der damals vorgesehenen. Dergroße Flez (etwa 40 m² groß), der zuvor nur einen Lehmbodenhatte, ist nun mit passenden Ziegelfliesen ausgelegtund bietet den Kindern viel zusätzlichen Platz zum Spielen– was die beiden inzwischen an der neuen Wohnung sehrbegeistert, obwohl sie sich anfangs etwas skeptisch gegendas baufällige Haus gesträubt hatten. Heute bietet das Hausetwa 400 m² Wohnfläche.FamilieNeumaier(Foto: Privat)Lohn der ArbeitFür ihr Traumhaus haben Melanie und Matthias Neumaierviel von ihrer Freizeit investiert – etwa 2500 Stunden habensie selbst mitangepackt und mitgearbeitet. Und alle Mühenund alle zwischenzeitliche Skepsis, ob das Haus denn auchwirklich noch mal fertig werde, haben sich schließlichgelohnt: 2012 konnten sie als glückliche Besitzer des einzigenhistorischen Bayerwaldhauses im Ort und eines derwenigen erhaltenen Mittelflezhäuser im Landkreis Regeneinziehen.Für das besondere Feingefühl im Umgang mit der historischenBausubstanz, das sie bei der Restaurierung aufgebrachthaben, erhielten sie am Ende fast 50 % Zuschüsse.Voriges Jahr schon wurden sie mit dem „Denkmalpreis desBezirkes Niederbayern 2012“ ausgezeichnet. Im Mai kamdie Verleihung der „Denkmalschutzmedaille <strong>2013</strong>“ durchKultusminister Dr. Wolfgang Heubisch hinzu. Mit ihremBeispiel will die Familie auch anderen Mut machen, sichnicht davor zu scheuen, die Sanierung eines denkmalgeschütztenHauses in Angriff zu nehmen.Angela SchürzingerDie Stube in neuem Glanz (Foto: Matthias Neumaier)Die denkmalgerechte Instandsetzung und die behördlichenAuflagen ließen sich dabei problemlos mit den eigenenWünschen und Vorstellungen der Familie sowie denAnforderungen an heutige Komfortstandards vereinbaren.Der historische Charakter des Denkmals blieb trotz derEingriffe erhalten, ohne dass auf etwas verzichtet werdenmusste. Mit dieser gelungenen Verbindung von Alt und Neuist das Haus nicht zu einem Museum geworden, sondernvielmehr zu einem lebendigen Zeitzeugnis vergangener wiegegenwärtiger Lebens- und Wohnverhältnisse. Die besondereWohnatmosphäre, die man gleich bemerkt, sobald mandurch die Tür tritt, ist es auch, die die Familie so sehr anihrem neuen Heim liebt: Es ist ein Ort mit Seele und seinereigenen Geschichte.34


Denkmalgeschützte Theater200 JahreRichard WagnerGiuseppe VerdiDENKMALGESCHÜTZTETHEATER UND OPERNHÄUSERVom „Großherzoglich privilegierten Theater“ zum Stadttheater AschaffenburgAuch wenn es nicht zu den Postkarten-Motiven gehört undseit 2011 hinter einer modernen Glas-Stahl-Fassade „versteckt“ist – ja, Aschaffenburg hat ein Theater! Es entstandAnfang des 19. Jahrhunderts während der RegierungszeitKurfürst Karl Theodor von Dalbergs im ältesten Siedlungsgebietder Stadt, und zwar im Innenhof eines ausgedehntenRenaissanceanwesens an der Schlossgasse zwischen SchlossJohannisburg und Stiftskirche St. Peter und Alexander.1715 hatte Damian Hugo Philipp von Schönborn-Buchheim(* 1676 in Mainz; † 1743 in Bruchsal) die repräsentativeDreiflügelanlage mit drei charakteristischen Volutengiebelnerworben, um sie der neu gegründeten Kommende des DeutschenOrdens zur Verfügung zu stellen. In dem Anwesenließ er 1743 an der Grenze zum heutigen Karlsplatz einenzweigeschossigen Neubau mit Stallungen im Erdgeschossund Wohnungen im Obergeschoss errichten. Dieser Baubegrenzte gemeinsam mit der städtischen Zehntscheune dasAreal der Ordensniederlassung in der Art, dass ein großerInnenhof entstand, in dem einige Jahrzehnte später der Theaterbauerrichtet wurde.Bau des „Großherzoglich privilegierten Theaters“Mit der Eroberung der Stadt Mainz 1792 durch französischeRevolutionstruppen flüchtete sich Friedrich Karl Joseph vonErthal mit seinen Ministern in die Sommerresidenz Aschaffenburg,die in der Folge zum ständigen Regierungssitz desKurfürsten und seiner Minister, Regierungsräte, Juristenund Geistlichen sowie Professoren wurde. Dieser Umstandbrachte der Stadt am Main einen enormen Aufschwung, dersich nicht nur in reger Bautätigkeit niederschlug, sondernauch in der Erweiterung des kulturellen Programms fürdie Mainzer Hof- und Bildungselite. Dazu gehörte auch einTheater.Emanuel Joseph von Herigoyen, Architekt des Kurfürstenund späterer Stadt- und Landbaumeister unter Karl Theodorvon Dalberg, erarbeitete 1803 einen ersten Vorschlag zumBau eines Theaters, der zwar Zustimmung beim Landesherrnfand, aber wegen der noch offenen Frage des Bauplatzesaufgeschoben wurde. 1805 einigte man sich auf das demSchloss gegenüber gelegene Gelände des Marstalls, trotzdemkam der Neubau an dieser Stelle nie zur Ausführung.1810 ersteigerte die „Casino- und Lesegesellschaft“, ein Bildungs-und Gesellschaftsverein, auf der Suche nach einemgeeigneten Lokal für seine Veranstaltungen das ehemaligeDomizil der Kommende des Deutschen Ordens und das als„Deutsches Haus“ bezeichnete Anwesen in der Schlossgasse.Die Aktionäre verpflichteten sich mit dem Erwerbzur Errichtung eines 1000 Zuschauer fassenden Theaters.Karl Theodor von Dalberg unterstützte seinerseits den Theaterbaumit jährlich 3500 Gulden aus den Erträgen des NilkheimerÖkonomiehofes für die Dauer von neun Jahren.Der Planverfasser des ausgeführten Theaters ist nicht überliefert.Angenommen wird ein Mitglied der FrankfurterHandelsfamilie Tabor, möglicherweise Johann AugustTabor (1731–1814), der als Pächter und später als künstlerischerLeiter des Frankfurter Comödienhauses Erfahrungim Theaterwesen hatte. Die Bauausführung unterlag demFrankfurter Maurermeister Friedrich Samuel Susenbeth.Aschaffenburg,Stadtheater.Links: Erdgeschossgrundriss1754.Rechts: Zustand1947–1960(nach Alois Grimm:AschaffenburgerHäuserbuch, 6 Bde.,Aschaffenburg1985–2009, hier Bd. II,S. 264 und 265)35


Denkmalgeschützte TheaterDeutsches Haus, historische Postkarte(Stadt- und Stiftsarchiv, Aschaffenburg)Am 4. <strong>November</strong> 1811 wurde das „Großherzoglich privilegierteTheater“ mit dem Schauspiel „Markgraf GeorgFriedrich oder die Schlacht bei Wimpfen“ eingeweiht undim Jahr darauf der südlich an die Bühne anschließende, aufden Grundmauern des 1734 erbauten Rückgebäudes derKommende des Deutschen Ordens errichtete Deutschhaussaaleröffnet.Als Karl Theodor von Dalberg Aschaffenburg 1814 verließund die Stadt zum Königreich Bayern kam, endete dieerste kurze Glanzzeit des Theaters wohl vor allem, weildie Subventionen wegfielen. 1828 zahlte Alois Dessauerdie Mitaktionäre des „Deutschen Hauses“ aus und betriebzeitweilig seine Buntpapierfabrikation in Teilen des Gebäudes.Nach seinem Tod 1850 wurde die Fabrik von den Erbenin die Goldbacher Straße verlegt, woraufhin die Stadt das„Deutsche Haus“ erwarb. Sie ließ das nun als „Stadttheater“geführte Haus umbauen und renovieren. Einige Räumedienten der Frohsinngesellschaft und zum Teil als Ausweichklassenräumefür Schulen, einige mietete die Musikschulefür ihren Unterricht an. Die städtische Zehntscheunesüdöstlich des Gebäudes baute man 1873 für die Unterbringungvon Theaterkulissen um; sie blieb bis zu ihrer Zerstörung1944 in dieser Nutzung bestehen.Außen- und InnengestaltungWeil das Theater in den Innenhof des Deutschordenshausesgestellt und mit den vorhandenen Bauten verbundenwurde, hat es nur zum Karlsplatz eine baukünstlerischgestaltete Fassade. Diese ist fünf Achsen breit, die mittlerendrei treten in Form eines Risalits leicht hervor; er wirdvon einem Giebel bekrönt. Im Erdgeschoss sind über zweiStufen fünf schmale rundbogige Fenstertüren mit Klapplädenerreichbar. Darüber verläuft ein eingetiefter Fries mitMalerei, die eine von Chimären flankierte Harfe mit Blattwerkabbildet. Über einem Doppelgesims folgt ein Mezzaninmit halbrunden Fenstern. Ein kräftiger Zahnfries unterder Traufe schließt die Fassade ab.Zur Schloss- und zur Theatergasse blieben die Fassaden desim 16. Jahrhundert errichteten Anwesens zunächst unverändert.So bestand die Fassade zur Schlossgasse bis zurZerstörung 1944 aus einem zweigeschossigen, 16 Achsenlangen Flügel mit rückwärtigen kurzen Seitenflügeln. ZurGasse hin zierten den Bau drei geschwungene Volutengiebel,die an den Giebelseiten der Seitenflügel und in der Mitteüber der ehemaligen Einfahrt in den Hof angeordnet waren.Seit Errichtung des Theaterbaus diente der Renaissancebauals Eingangshalle und Foyer. Bis auf die Kellergewölbe undden nördlichen der beiden Seitenflügel entlang der Theatergassewurde dieser Bau im Krieg zerstört. So errichtete man1960 über den erhaltenen Grundmauern das oben erwähnteeingeschossige Foyer.Durch ein steiles Walmdach charakterisiert, ist das Theaterein hoher rechteckiger Baukörper, worin sich Zuschauerraumund Bühne befinden. Der zunächst als Logentheater gestalteteZuschauerraum, der gegen die Bühne nicht – wie in der Regelüblich – durch Prozeniumslogen abgesetzt ist, wurde mit derSanierung 1872–75 zum Rangtheater umgebaut. Anstelle derLogenwände tragen seither gusseiserne Stützen die beidenRänge. Der erste Rang bildet gegen den Zuschauerraum einegebauchte Brüstung aus, die Brüstung im zweiten Rang istvertikal. Mit Ausnahme der genannten UmbaumaßnahmeEnde des 19. Jahrhunderts hat der Zuschauerraum nur geringearchitektonische Veränderungen erfahren. Während er inseiner baulichen Substanz die klassizistische Situation widerspiegelt,wurde die Farbgestaltung mehrfach vollständig verändert.Bei den Restaurierungen von 1872–75, 1909–10, 1928und 1959–60 handelt es sich jeweils um dem Zeitgeschmackgeschuldete, ästhetisch motivierte Neudekorationen. Diefarbliche und ornamentale Gestaltung des Raumes der Erbauungszeitkonnte restauratorisch nicht ermittelt werden. Beider letzten Sanierung fasste man daher den Zuschauerraumin Anlehnung an die Farbigkeit der späten 1920er Jahre mitVergoldung der Zier- und Rahmenleisten, unter Beibehaltungder Dekorationsmalerei von 1959/60, neu.Krieg – Wiederaufbau – RestaurierungSeit Errichtung des Theaters 1811 wurde der Bau häufigsaniert und teilweise umgebaut. Viele Arbeiten zielten auftechnische Erneuerungen und Modernisierungen für denTheaterbetrieb und auf einen verbesserten Brandschutz.1892 überbrückte man den Orchestergraben, sodass eineVerbindung zwischen Deutschhaussaal und Theaterraumentstand – was z. B. für Faschingsbälle genutzt wurde.Stadttheater, Außenfassade um 1960(Foto: Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg)36


Denkmalgeschützte TheaterStadttheater. Fassade zum Karlsplatz (Foto: BLfD, Ina Gutzeit)Stadttheater am Theaterplatz (Foto: BLfD, Ina Gutzeit)Das Äußere des Theaters war nach dem Krieg geprägt vonder Behelfsfassade der 1950er Jahre (die Fassade zum Karlsplatzwurde 1975 rekonstruierend wiederhergestellt). DerBau hatte, wie schon erwähnt, weder zur Schlossgasse nochzu dem erst durch die Zerstörungen des Krieges entstandenenPlatz an der Dalbergstraße eine gestaltete Fassade. DieStadt lobte daher 1995 einen Wettbewerb zur Neugestaltungder Theaterfront und des Theaterplatzes aus, welche mit derErweiterung und dem Neubau des Foyers auch entlang derSchlossgasse zwischen 2008 und 2011 umgesetzt wurde.Gleichzeitig fand eine durchgreifende Restaurierung desZuschauerraumes statt. So ist der vor 1945 nicht existierendeTheaterplatz Ausdruck der Stadtentwicklung nach den einschneidendenEreignissen des Zweiten Weltkriegs.Architektonisch nimmt das Theater in Aschaffenburg innerhalbder Theaterbauten jener Zeit eine Sonderstellung ein.Während die meisten Bauten stadtbildprägend mit einer odermehreren repräsentativen Fassaden von der wirtschaftlichenund kulturellen Potenz des Bauherrn kündeten, war dieses ineinen bestehenden Bau integriert und kaum einsehbar. Einzigdie erwähnte rückwärtige Fassade zum Karlsplatz, der selbstim Zuge des Theaterbaus, der Errichtung des Ballsaals desCasinos (Bachsaal) und des Gebäudes des „Beobachtersam Main“ (später Mainecho) an der Stelle des ehemaligenRübenhofgartens entstand, suggeriert einen repräsentativenAnspruch. Die jetzige, von der Arbeitsgemeinschaft Schefflerund Partner gestaltete Fassade zum neuen Theaterplatzumschließt den historischen Baukörper mit einer modernen,stilistisch der Gegenwartsarchitektur verpflichteten Glas-Stahl-Konstruktion, die auch das Foyer der 1950er JahreAm 27. Oktober 1944 durch eine Luftmine und im Januar1945 durch Brand schwer beschädigt, erwog man nach demKrieg sogar den Abbruch des Theaters. Dank der Gründungder „Gesellschaft der Theater- und Musikfreunde Aschaffenburge.V.“, in der sich Bürger durch finanzielle Unterstützungfür ihr Theater engagierten, konnte der Bau gesichert undunter schwierigen Bedingungen wiederaufgebaut werden.1959/60 fand eine Restaurierung statt, die Zuschauerraum,Deutschhaussaal, Künstlergarderobe, Außenfassade unddas Dach umfasste. Außerdem wurde an der Schlossgasseein Eingangsbereich mit Foyer geschaffen. Ziel der Restaurierungwar es, das Theater, soweit möglich, in den vermeintlichbauzeitlichen Zustand zurückzuführen. Für denZuschauerraum verwandte man vorrangig die Farben Beigeund Taubenblau. Diese Raumfarbigkeit stellte jedoch einefarbliche Neukonzeption dar, welche die „damaligen Vorstellungenvon Klassizismus mit nachempfundener klassizistischerDekorationsmalerei mit den damaligen, vomBauhaus geprägten Gestaltungsprinzipien im Sinne einerschöpferischen <strong>Denkmalpflege</strong> kombinierte.“Der im 19. Jahrhundert als Redoutensaal für gehobeneVeranstaltungen genutzte Deutschhaussaal, der seit einemUmbau für Feste und Bälle mit der Bühne und dem Parkettzu einer Fläche zusammengeschlossen werden konnte,wurde nach dem Krieg aufgegeben; heute dient er als Hinterbühneund Kulissenraum.Stadttheater, Blick in den Innenraum, nach Restaurierung <strong>2013</strong>(Foto: Stefan Stark)um ein Obergeschoss überbaut. Die Rekonstruktion einesRenaissancegiebels an der Schlossgasse, von der <strong>Denkmalpflege</strong>stets kritisch bewertet, wurde von den „AschaffenburgerAltstadtfreunden“ gefördert und finanziert.Ina GutzeitLiteratur: Stadt Aschaffenburg – Kulturamt (Hrsg.): 200 Jahre Stadttheater– 1811–2011. Festschrift zum Jubiläum und zur Wiedereröffnung,Aschaffenburg 2011. – Christian Dümler: Jahresbericht 2010/2011. AbteilungA – Praktische Baudenkmalpflege. Unterfranken, Aschaffenburg,Schlossgasse 8, Stadttheater. Jahrbuch der Bayerischen <strong>Denkmalpflege</strong>64/65, 2010/2011, S. 222 f.37


MuseumMUSEUMDer „zweite Wiederaufbau“ der Kaiserburg Nürnberg –die Sanierungsmaßnahmen des Jahres <strong>2013</strong>Kurzer geschichtlicher RückblickDie Kaiserburg Nürnberg, Wahrzeichen der zweitgrößtenStadt Bayerns, hatte – ebenso wie die Stadt Nürnbergselbst – enorm unter den Folgen des Zweiten Weltkriegeszu leiden. Kaum eine andere bayerische Stadt wurde ähnlichmassiv zerstört wie die Stadt der Reichsparteitage. DieAlliierten hatten hier bewusst Zeichen setzen wollen. Zwarwurde der Wiederaufbau der Kaiserburg unmittelbar nachKriegsende begonnen, aber es waren viele „kosmetischeOperationen“ nötig, die – je nach Zeitgeist und betroffenemBauteil verschieden – zwischen behutsamer Sanierung,Wiederaufbau nach historischem Erscheinungsbild undtotaler Rekonstruktion variierten. Die Burg erhielt unter dergestalterischen Federführung des damaligen Präsidentender Schlösserverwaltung, Rudolf Esterer, der das Geschickdieser Verwaltung über das Kriegsende hinweg bis in dieNachkriegszeit lenkte, ihr weitgehend am Vorkriegszustandorientiertes Erscheinungsbild wieder zurück. Dies geschahim Geiste der sogenannten schöpferischen <strong>Denkmalpflege</strong>mit der damals allgemein anerkannten Vorstellung, Bautenin den Zustand ihrer Entstehung oder Blütezeit zurückzubauen.Natürlich lässt sich heute, mit dem Abstand von 60Jahren, hinterfragen, ob dies der richtige Weg gewesen ist;Maßnahmen der heutigen Zeit können die Gegenwart nichtnegieren, ein „zweiter Wiederaufbau“ hat sich daher mit derGegenwart auseinanderzusetzen.Die „inneren Werte“ der Kaiserburg NürnbergDie Präsentation der Kaiserburg beschränkte sich überJahrzehnte auf die reine Raumkunst selbst sowie auf einesehr reduzierte museale Darstellung der kaiserlichen Repräsentations-und Wohnräume. Der Sinnwellturm und derTiefe Brunnen waren nicht viel mehr als „nette Attraktionen“;ohne den engagierten Burgführer, der mit beherztemSchwung Wasser aus einem Krug in die Tiefe des Brunnenschachtesschüttete und die Besucher die Sekunden biszu dessen Auftreffen am Grund mitzählen ließ, sowie densensationellen Blick vom Sinnwellturm über die Altstadt,hatte die Kaiserburg nicht viel zu bieten. Sicher, die Rüstungen,Waffen und Burgenmodelle im Kaiserburgmuseum desGermanischen Nationalmuseums (GNM) in der Kemenatewaren sehenswert, aber es fehlte der geschlossene musealeRundgang auf der Burganlage. Trotz dieser Einschränkungenbesuchten jährlich ca. 160 000 Menschen die Museenvon GNM und Schlösserverwaltung, was bei jährlich ca. 2Mio. Besuchern der Burganlage wenig war. Das Potenzialan „möglichen Besuchern‟ war nicht einmal annähernd ausgeschöpft.Die Kaiserburg als Museum hatte den Anschlussan die Standards vergleichbarer nationaler und internationalerEinrichtungen verloren.Aufbau der Ausstellung im Palas (Foto: BSV)Neues MuseumskonzeptAuf Initiative von Staatsminister Markus Söder arbeiteteman ab 2011 intensiv an einer zeitgemäßen Aufwertung derKaiserburg unter musealen und gestalterischen Aspekten.Mit der Eröffnung der Sonderausstellung „Kaiser – Reich –Stadt“ am 13. Juli <strong>2013</strong> konnte eine moderne, informative undgestalterisch überzeugende Präsentation über die Rolle derKaiser auf der Nürnberger Burg und das Spannungsverhältnisvon Herrscher, Reich und Stadt im Palas der Kaiserburggezeigt werden. Die Ausstellung, Ergebnis der intensiven Planungs-und Umsetzungsphase, wurde von der Öffentlichkeitbegeistert angenommen und wird nach ihrem Ende am 10.<strong>November</strong> <strong>2013</strong> in eine Dauerpräsentation überführt. Bereitsjetzt, nach wenigen Wochen, haben sich die Besucherzahlengegenüber dem Vorjahreszeitraum signifikant erhöht.Durch einen neu geschaffenen Raumverbund von Palasund Kemenate wurde zum ersten Mal ein geschlossenerRundgang durch alle Ausstellungsbereiche der verschiedenenMuseumsträger auf der Kaiserburg ermöglicht. DieserRundgang beginnt im Erdgeschoss des Palas im Rittersaalmit einem mechanisch bewegten Kaisereinzug, führt überdie Doppelkapelle zum Kaisersaal im ersten Obergeschossdes Palas, wo spektakuläre Exponate zeigen, wie das AlteReich funktionierte. Ergänzende Medienstationen ermöglicheneinen individuellen, auf das Zeitbudget des Einzelnenabgestimmten Ausstellungsbesuch. Über die ehemaligenWohnräume des Kaisers, Stube und Kammer, geht es weiterzum Eckraum, in dem das Verhältnis von Kaiser und Stadteindrucksvoll dargestellt wird. Durch den Insignienganggelangt man schließlich zu einem an alter Stelle neu geschaf-38


Museumfenen Mauerdurchbruch, der die Verbindung der Museenvon Schlösserverwaltung und GNM ermöglicht.In der Vorburg wurden das Brunnhaus des Tiefen Brunnensund der Sinnwellturm saniert und museal neu gestaltet.Während der Sinwellturm über eine Besucherschleusegeregelt frei betreten werden kann, bleibt der Tiefe Brunnen– wie bisher schon – nur im Rahmen von Führungenzugänglich. Natürlich waren einige, zum Teil technischauch sehr komplexe Baumaßnahmen im Vorfeld des neuenMuseumskonzepts auf der Kaiserburg erforderlich, dieunter hohem Zeitdruck parallel zur Ausstellungskonzeptiongeplant, aufeinander abgestimmt und durchgeführt werdenmussten.Bauliche Maßnahmen des Jahres <strong>2013</strong>Neue Klimaanlage im PalasDie größte Herausforderung und Voraussetzung zur Umsetzungdes neuen Konzepts war die klimatechnische Verbesserungdes Kaisersaals. Langjährige Messreihen hatten fürdieses im wahrsten Sinne des Wortes „herausgehobene Zentrumder Burganlage“ mit massiver Sonnenbestrahlung imSommer und entsprechender Auskühlung im Winter Klimawerteergeben, die weder für die Besucher noch für empfindlichereAusstellungsexponate verträglich waren. Auch dieenergetische Ertüchtigung der Fenster durch Hinzufügeneiner zusätzlichen Glasebene oder die verstärkte Dämmungder Geschossdecke zum Dach reichten nicht aus, das Raumklimaauch nur in die Nähe der erforderlichen Grenzwertezu rücken. So musste eine neue Klimaanlage in den sehrbeengten Baubestand eingefügt werden. Die einzige Möglichkeitwar, sie direkt über den Ausstellungsräumen imDachraum des Palas zwischen den Trägern, Sparren undPfetten des Dachstuhls einzubauen. Als besondere Herausforderungstellte sich dabei die denkmalverträgliche Integrierungder Ein- und Ausblasöffnungen der Klimaanlage inden Kaisersaal heraus. Die Öffnungen wurden in langen,schmalen Schlitzen längs der Deckenträger geführt, sodasssie in der Deckenuntersicht wie Schattenfugen wirken undnur für den aufmerksamsten Betrachter bemerkbar sind.Alle technischen Einrichtungen, insbesondere die elektrischenAnlagen, wurden komplett erneuert und die neuenDecke desKaisersaales mitAusblasöffnungender Klimaanlage(Foto: BSV)Treppe im Sinwellturm (Foto: BSV)Medien angepasst. Stromauslässe und Datenverbindungensind im Holzfußboden des Palas eingelassen. Messing anstellevon Stahl und die Wiederverwendung ausgeschnittenerDielenoberflächen zur Verkleidung der Bodendosenlassen diese optisch gleichsam verschwinden. Die elektronischgesteuerte Schließregelung der Türen und Fluchtwegewurde neu definiert, die Alarmanlage ergänzt und neueTechnikzentralen eingerichtet. Auch das neu aufgebauteleistungsfähige Netz für die Medientechnik mit zentralemServerraum ist wie alle anderen Verbesserungen durchVerwendung geeigneter Materialien und Nutzung letzterRaumreserven kaum zu sehen.Neugestaltung des Tiefen BrunnensDer bei Jung und Alt seit Jahrzehnten beliebte Besuch desTiefen Brunnens im Brunnhaus in der Vorburg wurde nochspannender gestaltet. Der Besucher bekommt bislang nichtmögliche, faszinierende Einblicke in das Innere des Burgfelsensvermittelt. Eine Kamerafahrt in die Tiefe des Brunnenschachtesund eine neu gestaltete Medienwand machendas Burgleben mit der damaligen Wasserversorgung besserverständlich. Modernste LED-Technik sowie die Nutzungneuer Medien machen dies möglich.Sanierung des SinwellturmsDie Aussichtsplattform des Sinwellturms wurde neu gestaltet,das Treppenhaus gereinigt, die schwarz und unansehlichgewordenen Steinoberflächen im Turm aufwendig gesäubertund gesichert. Bislang störende Installationen undKabelführungen fasste man zusammen und verkleidete sieso, dass sie kaum noch wahrnehmbar sind. Der Sinwellturm,bisher nur als Aussichtspunkt zugänglich, ist jetztmit seiner neuen Ausstellung auf der BesucherplattformTeil des Museumskonzepts. Die Besucher können hier denBlick über die Nürnberger Altstadt mit historischen Bildtafelndes gleichen Standortes und die Kriegszerstörungenin der Altstadt mit dem wieder aufgebauten Stadtbildvergleichen. Das bislang provisorisch wirkende hölzerneAusstiegsbauwerk auf der Plattform wurde durch eineStahl-Glas-Konstruktion ersetzt und der Aufgang im Turmmit neuer Beleuchtung auch unter sicherheitstechnischenAspekten „aufgerüstet“.39


MuseumBeleuchtung der BurgDer nächtliche Blick auf die Kaiserburg ließ diese bisherin einem eher bescheidenen Licht erstrahlen, jetzt wurdendie planerischen Grundlagen geschaffen, die Burg künftigin ihrer Fernwirkung in einem „völlig anderen Lichte“ zuzeigen. Auch die Burghöfe und die Wege zur Burg sind indieses Konzept mit einbezogen. Die nächtliche Beleuchtungvon Dachflächen, Türmen und Fassaden wird mit demEinsatz modernster LED-Technik – energetisch optimiert –erfolgen. Wesentliche Teile dieses Konzepts, darunter dieBeleuchtung der Dachflächen des Palas und des Heidenturmssowie der Kemenatenfassaden konnten bereits zumEröffnungstermin der diesjährigen Sonderausstellung realisiertwerden. Die restlichen Teile des Beleuchtungssystemswerden im Herbst installiert.Hochzeitszimmer und HochzeitsgärtleinWas wäre eine romantische Burg ohne die entsprechendenPlätze. So gestaltete man die ehemalige Wachstube des Rittersaalsim Erdgeschoss des Palas wurde zu einem heutebereits gern genutzten Hochzeitszimmer um. Mit relativüberschaubarem Aufwand konnte dieser Raum attraktivergestaltet werden: Der Sandsteinboden wurde geschliffen, dieWände gestrichen, eine würdevolle Möblierung und Ausstattungergänzen den feierlichen Raumeindruck. Paare, diesich auf der Burg trauen lassen, können seit dem 13. Juli <strong>2013</strong>auch das neu gestaltete „Hochzeitsgärtlein“ am Heidenturmfür ihre Empfänge nutzen. Eine moderne Umgestaltung hatdieser in Maria-Sybilla-Merian-Garten umbenannte ehem.Verwaltergarten erfahren. Der stimmungsvolle und aussichtsreicheGarten wird künftig neben kleineren Veranstaltungenzeitweise auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein.Kanalsanierung und barrierefreier WegeausbauIm Frühjahr 2014 soll die bereits <strong>2013</strong> begonnenen Sanierungdes Kanalsystems fortgesetzt werden. Dabei nutzt dieSchlösserverwaltung die Chance, die sich durch die Wiederverfüllungder Kanalgräben ergibt, auch die Zugänglichkeitder Burganlage für mobilitätseingeschränkte Besucherzu verbessern. Für diese ist es bisher noch recht mühsam,die auf Wehrhaftigkeit hin ausgerichteten Burganlagenzu betreten. Die Trassen des Kanalsystems werden jetzt –Meriangarten, während der Baumaßnahme (Foto: BSV)Meriangarten, nach Fertigstellung (Foto: BSV, Mathias Pfeil)zumindest in Teilbereichen – barrierefrei gestaltet, sodasskünftig auch Rollstuhlfahrer die wichtigsten Teile der Burganlageerreichen können.Künftige Maßnahmen und AusblickMit den geschilderten Maßnahmen ist ein erster wichtigerZwischenschritt zum „zweiten Wiederaufbau“ getan. Wasder Kaiserburg aber noch fehlt, ist die Ausstattung mit neuzeitlicherBesucher-Infrastruktur wie eine Museumskasseschon in der Vorburg und nicht – wie bisher – im hinterstenHof der Kernburg. Der Besucher will gleich zu Beginnseines Besuchs informiert und „abgeholt“ werden. Zum Kassenbereichgehört ein moderner Museumsshop, ein Café undweitere Einrichtungen zur Betreuung z. B. von Schulklassenund Besuchergruppen. Planerisch wurde dies im Rahmeneiner Machbarkeitsstudie bereits untersucht. Das BayerischeStaatsministerium der Finanzen hat der Schlösserverwaltungauf der Basis dieser Studie inzwischen den Auftrag erteilt,die erforderlichen Schritte für eine umfassende Sanierungund Neugestaltung des Vorburgbereichs in Bälde einzuleiten.Mit einem Investitionsvolumen von insgesamt ca. 16Mio. € wird die Kaiserburg, eines der bedeutendsten bayerischenWahrzeichen, in wenigen Jahren unter touristischen,museumstechnischen und denkmalpflegerischen Aspektenden Anschluss an die heutige Zeit gefunden haben.Mathias Pfeil40


RechtRECHTAktuelle Fragen zum Bodendenkmalrecht„Schatzsuche wider Willen: 45 Tonnen alte Fundstückeschlummern unter der Erde, auf der ein Wohn- und Geschäftsgebäudeerrichten werden soll. Das hat Zeit gekostet. Undeine Menge Geld. Denn rechtlich ist der Grundeigentümerverpflichtet, das Denkmal zu erhalten.“So berichtete der Münchner Merkur vor wenigen Wochen,solche Fragen stellen sich auf dem Boden des KulturstaatesBayern regelmäßig kleinen und großen Vorhabens- und Maßnahmeträgern.In Ergänzung der <strong>Denkmalpflege</strong> Themen<strong>Nr</strong>. 4/<strong>2013</strong> des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>„Aus gutem Grund: Bodendenkmalpflege in Bayern– Standpunkte, Ziele, Strategien“ (http://www.blfd.bayern.de/medien/bodendenkmalpflege-in-bayern.pdf) sollen nachstehendeinige aktuelle, an das Bayerische Landesamt für<strong>Denkmalpflege</strong> gerichtete Fragen beantwortet werden.1. Wie wird die „zur Unterschutzstellung eines Bodendenkmalseinzutragende Fläche“ bemessen?Bodendenkmäler umfassen primär Objekte, die in vor- undfrühgeschichtlicher Zeit (also vom ersten Auftreten desMenschen bis zum Auftauchen einer dichteren schriftlichenÜberlieferung im Mittelalter) entstanden sind. Bodendenkmälerkönnen aber auch Sachen sein, die erst in jüngerer(Mittelalter und frühe Neuzeit) oder jüngster Zeit (etwa imZusammenhang mit Ereignissen des Zweiten Weltkriegs) inden Boden gelangt sind, wenn diese eine besondere Bedeutungnach Art. 1 Abs. 1 DSchG besitzen und die im Bodenbefindlichen Überreste relevante <strong>Informationen</strong> liefern, dieüber die schriftliche Überlieferung hinausgehen.Zu den Bodendenkmälern können sowohl unbeweglicheSachen (= archäologische Befunde) wie Gebäudereste(Mauern, Pfostenstandspuren), Vorratsgruben, Herd- undOfenanlagen, Werkplätze und Spuren der Rohstoffgewinnung,Brunnen, Befestigungsanlagen oder Gräber gehörenals auch bewegliche Sachen (= archäologische Funde) wieAlltagsgegenstände aus dem Hausinventar (Keramikgefäße,Gläser, Möbel etc.), Werkzeuge, Teile der Kleidung, Waffen,Schmuck, Münzen oder auch Abfälle (z. B. der Nahrungsproduktionoder handwerklicher Tätigkeiten).Abweichend u. a. zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalengibt es nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz keinen„Schutzbereich“ für das Bodendenkmal im Sinne einer Pufferzone,allerdings eine „Nähe“ bzw. einen „Nähebereich“(vgl. Art. 7 Abs. 4 DSchG). Geschützt ist im Kern daher„nur“ das Bodendenkmal selbst in dessen bekannter undwissenschaftlich beleg- bzw. begründbarer Ausdehnung.Um diese festzustellen, werden alle zu einer archäologischenFundstelle bekannten <strong>Informationen</strong> zusammengetragen undauf ihre Denkmaleigenschaft bewertet. Als Quellen für dieDenkmalbewertung dienen die Ortsakten mit sämtlichen imBLfD bekannten Unterlagen, Kartierungen, Vermessungsplänen,Berichten und Objektbeschreibungen etc.; hinzukommen die Meldungen ehrenamtlicher Mitarbeiter überarchäologische Funde bei Feldbegehungen, ca. 1 000 000Luftbilder, digitale Geländemodelle und Dokumentationenvon archäologischen Ausgrabungen. Ein in diesem Sinne„erkanntes“ Bodendenkmal wird anhand dieser Quellendort kartiert, wo Denkmalsubstanz anhand der vorliegenden<strong>Informationen</strong> im Boden auch zu belegen ist.Für Objekte jüngeren Datums mit besonderer Bedeutung,die abweichend von der zeitlichen Regelvorgabe nach Art. 1Abs. 4 DSchG als Bodendenkmäler auch im denkmalrechtlichenSinne erkannt sind (z. B. mittelalterlich-frühneuzeitlicheKirchen, Klöster, Adelssitze, Märkte oder Städte),kommt eine intensive Quellen- und Literaturrecherche unddie Auswertung historischer Darstellungen und Kartenwerkehinzu, um die Ausdehnung des Denkmalbereiches zuerfassen. Dieser ist in der Regel nur in kleinen Ausschnittenarchäologisch ergraben (und damit an dieser Stelle zerstört).In den Uraufnahmen des frühen 19. Jahrhunderts ist abereine jüngere historische Phase der mittelalterlichen undfrühneuzeitlichen Siedlungsentwicklung überliefert. Vieleder darin eingezeichneten Gebäude und Anlagen sind heutezumeist nicht mehr vorhanden. Jedoch sind ihre untertägigenReste häufig als archäologische Befunde im Untergrunderhalten. Die Ausdehnung eines historischen Ortskernesbzw. Altortes oder z. B. eines abgegangenen oder modernüberprägten Wasserschlosses mit Wirtschaftshof und zugehörigenbaulichen Anlagen kann mit Hilfe dieser kartografischenQuelle exakt bestimmt werden.2. Schutz- und Erhaltungspflichten: Wer ist für denSchutz des Bodendenkmals verantwortlich (z. B. Grund-,Bergwerkseigentümer, ImBy, Bayerisches Landesamt für<strong>Denkmalpflege</strong>)?Die vorrangige Schutz- und Erhaltungspflicht trifft denEigentümer. Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltungeines geschützten Denkmals kann nur durch die Inpflichtnahmedes Eigentümers Rechnung getragen werden. SeinEigentum unterliegt einer gesteigerten Sozialbindung (Art.103 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung [BV], Art. 14 Abs. 2GG), die sich aus der Situationsgebundenheit seines Grundbesitzesergibt. Angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzesim Allgemeinen und der Bedeutung des Denkmalsim Besonderen muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen,dass ihm eine rentablere wirtschaftliche Nutzungdes Grundstücks verwehrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschlussvom 2. März 1999, Az.: 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226, 242).Der Eigentümer u. a. eines Bau- oder Bodendenkmals ist verpflichtet,dieses im Rahmen des Zumutbaren (Ausfluss desverfassungsrechtlichen Gebots der Verhältnismäßigkeit) zuerhalten und zu pflegen. Die auf Dauer angelegte und vomEigentümer grundsätzlich auf eigene Kosten zu erfüllende41


RechtErhaltungspflicht ist in erster Linie eine Rechtspflicht zu positivemTun. Der Eigentümer muss u. a. Schäden an der Denkmalsubstanzbeseitigen; beschädigte Teile muss er reparierenund, wenn dies nicht möglich ist, erneuern.Zudem sind die (Gebiets-)Körperschaften (des öffentlichenRechts), die Behörden und Gerichte in den Ländern in derBundesrepublik Deutschland in einer gesteigerten Weiseverpflichtet, zur Erhaltung des baulichen wie archäologischenkulturellen Erbes beizutragen und dabei im Hinblickauf Bodendenkmäler die Vorgaben der „Charta von La Valletta“bei ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.Diese Voraussetzungen sind gegeben, da der diesbezüglichevölkerrechtliche Vertrag in die deutsche Rechtsordnungim Range eines Bundesgesetzes eingeführt wurde. Daherist dieses Bundesrecht bei der Interpretation des nationalen(Bundes- wie Landes-)Rechts zu berücksichtigen. Diese Bindungswirkungerstreckt sich auf alle staatlichen Organe undverpflichtet diese grundsätzlich, im Rahmen ihrer Zuständigkeitund ohne Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht(Art. 20 Abs. 3 GG) einen fortdauernden Verstoß gegen dieRegelungen des Bundesrecht gewordenen völkerrechtlichenVertrags zu beenden und einen vertrags- und gesetzeskonformenZustand herzustellen.Art. 141 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung (BV) bestimmtin den Grundzügen die wichtigsten Aufgaben, die sich aufGrund der Staatsfundamentalnorm des Art. 3 Abs. 2 BV imHinblick auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen,in dessen Kontext auch der Schutz und die Pflege der Denkmälergehört, stellen. Dahinter steht die Einsicht, dass nebenden natürlichen auch die kulturhistorischen Ressourcen einunverzichtbarer Bestandteil der Lebensqualität sind und einnotwendiges Korrektiv zur Dynamik der zivilisatorischenProzesse bilden. Art. 3 Abs. 2 BV sowie Art. 141 Abs. 2 BVsind keine bloßen Programmsätze, sondern enthalten bindendesobjektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen undUnterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaftendes öffentlichen Rechts zu messen sind. (vgl. BayVerfGH,Entscheidung vom 22. Juli 2008, Az.: Vf. 11-VII-07, juris).Bei Bodendenkmälern gilt der Grundsatz, dass nichts verändertwerden soll, weil Bodendenkmäler als die ungeschriebenenUrkunden der Vergangenheit nur dann ihre volleAussagekraft entfalten, wenn die Wissenschaft die Möglichkeithat, alle mit ihnen in Zusammenhang stehenden bedeutsamenUmstände (z. B. ihre Lage, ihr Verhältnis zur Umgebung,den Grad und die Art ihrer Verwitterung) zu registrieren undzu begutachten. Ausnahmen von dieser Pflicht bestehen nurbei Arbeiten, die wegen der Mitwirkung durch das BayerischeLandesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> nach Art. 7 Abs. 3 erlaubnisfreisind, im übrigen bei Funden, soweit die Gefahr besteht,dass aufgefundene Gegenstände abhanden kommen.3. Wann genau sind Erlaubnisse einzuholen? Was sind„Erdarbeiten“ (u. a. „Neufassung“ eines Zaunes)?Erlaubnisse sind bei jedem Eingriff in den Boden einzuholen,wenn der Maßnahmeträger bei einem Vorhaben in einemGrundstück von Bodendenkmälern weiß (Alternative 1), erdiese vermutet (Alternative 2) oder den Umständen nachanzunehmen hat (Alternative 3). Es muss sich dabei – unbeschadeteines etwaigen Vorsatzes, auf Bodendenkmäler zustoßen – um Arbeiten handeln, die auf den Grund und Bodenverändernd einwirken (können). Auf die Tiefe kommt esdabei nicht an. Auch andere Erdarbeiten, so z. B. das sogenannte,das traditionelle Maß überschreitende „Tiefpflügen“,aber eben auch das Scharren mit der Fußspitze oder mit Grabungsgerätenbedürfen dann einer bodendenkmalrechtlichenErlaubnis.Nicht nach dem BayDSchG erlaubnispflichtig ist hingegendas „bloße“ Mitführen von Metallsonden (Metalldetektoren,„Minensuchgeräten“), wenn sie ausschließlich zur Ortungvon Bodendenkmälern verwendet werden. Sollen sich hingegenGrabungen anschließen, so ist dafür die Erlaubnis nachdem BayDSchG und ggf. die zivilrechtliche Gestattung desEigentümers erforderlich. Wird unerlaubt gegraben, so liegtzumindest eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 23 Abs. 1<strong>Nr</strong>. 3 BayDSchG, ggf. aber sogar eine Straftat u. a. nach §304 StGB (Gemeinschädliche Sachbeschädigung) vor.4. Ist eine bodendenkmalrechtliche Erlaubnis auchbei untertägigen Maßnahmen einzuholen (Arbeiten ineinem Stollen)?Ja, wenn es sich dabei um ein Bodendenkmal handelt (s. auchFrage 3). Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 DSchG kann Baudenkmalnur sein, was nicht Bodendenkmal ist. Bodendenkmalsind allerdings per definitionem legis alle beweglichenund unbeweglichen Denkmäler i. S. v. Art. 1 Abs. 1 DSchG,die sich im Boden befinden oder befanden. Entgegen einereinzelnen, irrenden Kommentarmeinung ist der gesetzlicheWortlaut eindeutig und verbietet gegenteilige Interpretationen.Somit sind sämtliche unterirdische Anlagen incl. Bergwerke,Stollen, Felsenkeller etc. Bodendenkmäler, wenn dieKerntatbestandsvoraussetzungen von Art. 1 Abs. 1 DSchGerfüllt sind.5. Besteht ein Unterschied des Erlaubnisverfahrens beisog. „Vermutungsflächen“ und Flächen mit „nachgewiesenen“bzw. (besser) erkannten oder bekannten Bodendenkmälern?Es bestehen hinsichtlich der formalen Verfahrensfragekeine Unterschiede (s. Frage 3). Auch wenn das Vorliegeneines Bodendenkmals „nur“ zu vermuten oder den Umständennach anzunehmen ist, ist eine bodendenkmalrechtlicheErlaubnis einzuholen.Allerdings kann im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidunggewiss ein Bewertungsunterschied vorliegenzur Situation, wenn einem bekannten Bodendenkmal„Gefahr“ droht, kann diese Erlaubnis ja nur versagt werden,„soweit“ dies zum Schutz eines Bodendenkmals erforderlichist (s. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DSchG).6. Besteht die Möglichkeit der Verfüllung?Es wird allgemein als ausreichender Grund für eine ablehnendeErmessensentscheidung über einen Antrag zur jedwederVeränderung eines Bodendenkmals das Interesse an derunberührten Erhaltung eines Denkmals als kulturelles Erbeder Allgemeinheit angesehen. Die Bodendenkmalpflege (abund an ggf. im Unterschied zur Archäologie) sieht schon seitlangem ihr vorrangiges Ziel nicht mehr in der Entdeckungund Bergung archäologischer Funde, sondern es hat sich42


Rechtdie Auffassung durchgesetzt, die ungestörte Einheit vonFunden und Befunden zu bewahren, um die Erhaltung vonBodendenkmälern zu Forschungsmöglichkeiten für künftigeGenerationen zu gewährleisten.Daher ist ebenso wie eine Überdeckung auch eine Verfüllungals ggf. wenig oder nicht zerstörende Veränderungeines Bodendenkmals im Falle der Reversibilität sozusagenals milderes Mittel dann denkbar, wenn dies infolge verkehrssicherheitsrelevanterAspekte erforderlich erscheint,das Zeugnis in situ allerdings konserviert werden kann. Diesbedarf in Folge der Veranlassung durch den Maßnahmeträgernatürlich einer gründlichen Anamnese, d. h. hier einerarchäologischen Aufnahme (genaue Dokumentation desIst- bzw. Vorzustands), es sei denn, dass ausnahmsweise ausGründen der öffentlichen Sicherheit auch dies nicht mehrrechtzeitig möglich sein sollte.7. Gibt es eine denkmalrechtliche Erlaubnis auf dieDe-facto-Zerstörung des Bodendenkmals, wenn überhaupt,nur mit Auflagen?Obschon auch diese Antwort immer auf den konkretenEinzelfall zu beziehen ist und selbstverständlich – wie zuFrage 6 dargestellt – zwischen den Belangen des Sicherheitsrechtsund des Denkmalschutzrechts abzuwägen ist, mussimmer eine Lösung angestrebt werden, die in einem gerechtenAusgleich sämtliche betroffenen Belange und Interessenmöglichst substanziell erhalten belässt. Der geringst nötigeEingriff ist daher zu suchen und ggf. mit Regelungen zumweitestgehenden Ausgleich eines i. d. R. unwiederbringlichenSubstanzverlustes zu versehen.8. Welche Auflagen sind dann notwendig?Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Denkbar undregelmäßig praktiziert ist die Anordnung einer der zerstörendenMaßnahme vorausgehenden archäologisch-wissenschaftlichenUntersuchung, Erfassung, Auswertung undAufbereitung (vgl. hierzu die Vorgaben der „Charta von LaValletta“). Zum Verhältnismäßigkeitsprinzip vgl. vorstehendzu Nummer 2 Abs. 1.Justizpalast München: die zehn Gebote (Foto: BLfD, Doris Ebner)9. Gibt es einen Konflikt zwischen Bodendenkmälernund Maßnahmen der Gefahrenabwehr? Kann bzw.muss abgewogen werden? Ist dabei der Zeitaspekt, daGefahrenabwehr i. d. R. per se „rasch“ erfolgen muss,von besonderer Bedeutung?Nach Art. 6 LStVG haben die Sicherheitsbehörden (hierinsbesondere Gemeinden und Landratsämter) die Aufgabe,die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Abwehr vonGefahren und durch Unterbindung und Beseitigung vonStörungen aufrecht zu erhalten. Nach Art. 7 Abs. 2 <strong>Nr</strong>. 1 und3 LStVG können die Sicherheitsbehörden für den EinzelfallAnordnungen treffen, um rechtswidrige Taten zu verhütenoder zu unterbinden, die den Tatbestand eines Strafgesetzes(hier §§ 303, 304, 305 StGB) oder einer Ordnungswidrigkeit(hier insbesondere Art. 23 Abs. 1 <strong>Nr</strong>n. 1 bis 6 DSchG) verwirklichen,und um Gefahren abzuwehren oder Störungenzu beseitigen, die Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichenInteresse liegt, bedrohen oder verletzen (vgl. Art. 23Abs. 1 <strong>Nr</strong>. 3 DSchG). Sie können der Polizei (und zwar möglichstder untersten Dienststelle) Weisungen erteilen (s. Art.9 Abs. 2 POG). Die Polizei muss in diesen Fällen einschreiten(s. hierzu die Art. 3, 7 Abs. 1, Art. 11 Abs. 2, Art. 17Abs. 1 <strong>Nr</strong>. 2, Art. 21, 23, 25 PAG). Ist keine Weisung einerSicherheitsbehörde erteilt worden, so kann die Polizei selbstauf diese Weise vorgehen.Eine Abwägung zwischen den Belangen des Sicherheitsrechtsund des Denkmalschutzes ist unter Berücksichtigungder in jedem Fall betroffenen (Grund-)Rechte sowieder besonders herausgehobenen verfassungsrechtlichenGewichtigkeit der Staatsfundamentalnorm von Art. 141 BVin vorstehendem Sinne stets vorzunehmen. Dabei könnenggf. auch Aspekte des Sicherheitsrechts derart gewichtigsein, dass sie die für die unveränderte Erhaltung baulichenoder archäologischen kulturellen Erbes vorgehen. Dergeringst nötige Eingriff ist auch hier zu suchen und ggf. mitRegelungen zum weitestgehenden Ausgleich eines i. d. R.unwiederbringlichen Substanzverlustes zu versehen.10. Wie muss dabei im Hinblick auf einsturzgefährdeteBereiche die drohende Zerstörung von Wohnplätzenund Pflanzen eingeordnet werden?Grundsätzlich genießen Sicherheitsbelange Vorrang vorallen anderen, wobei jedoch anhand der gefährdeten Güter(Leib und Leben oder Sachgüter), der Eilbedürftigkeitder Gefahrenbeseitigung sowie von Art und Intensität derGefahrenabwehr zu differenzieren ist. Im Übrigen geltendie Ausführungen zu Nummer 9, insbesondere in Absatz 2.11. Muss ein Denkmal zugänglich sein bzw. gemachtwerden (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)?Nein. Jedenfalls der durch Art. 103 BV, Art. 14 GG vorZugriffen des Staates geschützte (Privat-)Eigentümer entscheideteigenverantwortlich, ob, ggf. wem und ggf. wannund in welcher Form er Zugang gewährt. Denkmälermüssen nicht aus ihrer Denkmaleigenschaft heraus für dieÖffentlichkeit (ggf. sogar jederzeit) zugänglich sein.Dies wird im Bereich öffentlicher Denkmäler ebenso differenziertzu beantworten sein wie dann, wenn Zuwendungenaus öffentlichen Haushalten sowie die Gewährung vonSteuererleichterungen in Rede stehen.Wolfgang Karl Göhner und Christian Later43


Verkäufliche DenkmälerVERKÄUFLICHE DENKMÄLERDie Service-Leistung „Verkäufliche Denkmäler“ in Kooperationmit der Immowelt AG bietet Ihnen ein vielfältiges Angebotan denkmalgeschützten Immobilien – vom kleinen Bauernhausin idyllischer Natur bis zum vielseitigen Industriedenkmalin Toplage. Seit Monaten erleben wir hier einen bislangnie gekannten Boom. Das positive Medienecho und der zunehmendeBekanntheitsgrad unserer speziellen Immobilienbörseließ die Zahl der angebotenen wie auch der erfolgreich vermitteltenImmobilien in die Höhe schnellen. So können Sie heuteauf der Homepage des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>unter http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/Objliste.asp zwischen 120 verkäuflichen Denkmälern wählenund die Tendenz ist weiter steigend. Als Vorgeschmack habenwir wieder eine Reihe von Baudenkmälern aus allen BezirkenBayerns ausgewählt.Oberbayern: 86989 Steingaden,Welfenstr. 13, Lkr. Weilheim-SchongauDaten: Wohnfläche ca. 8.000 qm;Grundstücksfläche ca. 40.000 qm.Verkaufspreis: 1.500.000,– €, VerhandlungsbasisKontakt: Herr Michael Mangold, Tel.: 08845 – 95 38,E-Mail: info@mangold-saulgrub.deObjektbeschreibung: Bei dem Baudenkmal handelt es sich umdas ehemalige Klosterbräuhaus von Steingaden im bayerischenVoralpenland, nur einen Katzensprung von der berühmtenWieskirche (UNESCO-Welterbestätte) entfernt. Vor atemberaubendemAlpenpanorama erstreckt sich der mächtige Klosterbauaus dem 18. Jh., der anfangs eine Brauerei, später ein Käsewerkbeherbergte. Neben dem zweigeschossigen Sandsteinbau mitMansardwalmdach befinden sich sechs weitere Nebengebäudeauf dem stattlichen Firmenareal von ca. 40.000 qm Größe.Das ehemalige Klosterbräuhaus hat Unternehmens- und Industriegeschichtegeschrieben. In den Jahren 1787/90 ließ Abt GilbertMichl das ca. 75 m lange Brauereigebäude errichten und mitneuester Brauerei-Technologie ausstatten. In den zweigeschossigenGewölbekellern lagerte das Bier, das im Sudhaus darübergebraut wurde. Dazu waren im Erdgeschoss eine Schäfflerei zurFertigung der Lagerfässer, eine Malztenne sowie das Branntwein-und Essighaus untergebracht. Im 1. Obergeschoss folgtendas „Bräustübl“, die Malzdarre und die Räume für Personal undBraumeister. Das Dachgeschoss diente als riesiger Getreideboden.Nach der Säkularisation (1803) konnte die Großbrauereiihren Betrieb über weitere 100 Jahre fortführen. 1822 wurde dasGebäude um ein weiteres Drittel nach Norden verlängert. Erstdie starken Beschädigungen durch die Brandkatastrophen von1882 und 1914 läuteten das Ende des Braubetriebs ein, der 1915endgültig eingestellt wurde. Im Jahr 1915 wurde aus der ehemaligenGroßbrauerei eine moderne Großmolkerei, die ab 1933/34von Alfred Hindelang schrittweise zur Feinkäserei mit industriellerMilchverarbeitung ausgebaut wurde. Dies führte 1957 zueiner erneuten baulichen Erweiterung des Firmengebäudes. 1971folgte die Übernahme durch das Erste Bayerische ButterwerkSchongau und 1988 durch den Molkereikonzern Hochland. NachEinstellung der Käseproduktion im Jahr 1996 steht einer innovativenNeunutzung der Industrieanlage nichts im Wege.Das von drei Seiten zugängliche Firmengelände überzeugtdurch seinen stattlichen Längsbau von ca. 100 m Länge undseinen mittig angefügten Ergänzungsbau. Etwa ein Viertel desimposanten Gebäudekomplexes wurde bislang als Büroraum,die übrigen Teile als Produktionsstätten genutzt. Ein zweigeschossigerGewölbekeller und ein großzügiges Dachgeschossbieten zudem weitreichende Aus- und Umbaureserven.Neben dem repräsentativen Hauptbau gehören sechs weitere,nicht denkmalgeschützte Nebengebäude zum Firmenanwesen.Darunter befinden sich drei malerische Einfamilienhäuser, diederzeit vermietet sind, sowie zwei Lagerhäuser und ein Werkstattgebäude.Ein weitläufiger Gartenbereich rundet das Anwesenab. Dieser wird durch eine denkmalgeschützte Quader- undBruchsteinmauer abgeschottet.Der besondere Reiz des Anwesens liegt in der überragendenGröße von Hauptgebäude und Grundstück. Nach denkmalgerechterSanierung ist das ehemalige Klosterbräuhaus sowohl fürWohnen, wie auch für eine gewerbliche Nutzung und die Verbindungvon beidem geeignet. Durch seine herausragende Lagebietet sich die Errichtung exklusiver Wohnungen – in Form vonFerienwohnungen und / oder Betreutes Wohnen – an. In Verbindungmit kleineren und größeren Ladeneinheiten kann eineattraktive Wohnanlage entstehen, die in natur- und zentrumsnaherLage seinesgleichen sucht. Sehr gut vorstellbar ist auch dieVerwendung für repräsentative Zwecke im Bereich Kultur undTourismus, für künstlerische Tätigkeiten in Form von Ateliersund Ausstellungen sowie für die Umsetzung moderner Gastronomiekonzepte.Auch eine erneute industrielle Nutzung istmöglich. In touristischer Toplage können ideale Produktionsstättenfür Ihr Unternehmen entstehen.http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=30208653Förderung: Sowohl das Baudenkmal als auch die nicht denkmalgeschütztenNebengebäude liegen in einem städtischenSanierungsgebiet. Unbeschadet der Möglichkeit von Steuerabschreibungennach §§ 7i, 10f, 10g, 11b EStG sowie Zuschüssenbei Instandsetzung (u. a. aus Städtebauförderungsprogrammund <strong>Denkmalpflege</strong>fördermitteln) können daher ggf. auchSteuererleichterungen nach § 7h EStG in Anspruch genommenwerden, d. h. Sanierungsausgaben können binnen 10 Jahren zu100 % abgesetzt werden.44


Verkäufliche DenkmälerNiederbayern: 94140 Ering am Inn,Römerstr. 14, Lkr. Rottal-InnDaten: Wohnfläche ca. 110 qm;Grundstücksfläche ca. 1.000 qm.Verkaufspreis: 72.000,– €, VerhandlungsbasisKontakt: Eigentümerin des Anwesens, Tel.: 08573-224,E-Mail: alteshaus1505@yahoo.comObjektbeschreibung: Bei dem Baudenkmal handelt es sichum eines der ältesten und geschichtlich bedeutendsten Bauernhäuserder Region. Die Geschichte des Blockbaus mitflachgeneigtem Satteldach begann im Jahr 1505 und ist einbaugeschichtliches Phänomen. Das ehemals überputzte Blockhauswurde nicht – wie sonst üblich – in einem Stück errichtet,sondern fand über mehrere An- und Umbauphasen zu seinerheutigen Erscheinungsform. Es verkörpert die Entstehungsgeschichteder Häuserlandschaft einer ganzen Region.Der älteste Teil des Hauses, die Raumzeile an der Ostseite, wurde1505 mit traufseitigem Eingang errichtet. Ob es sich dabei um einsog. Rauchhaus mit offenem Feuer in der Stube handelte, ist nichtgenau belegt. Die kleinen geschlossenen Luken an der Außenwand,die damals als Fenster dienten, geben jedoch noch heuteEinblick in das Leben vor dem Dreißigjährigen Krieg. Nachdem Anbau des Flurbereichs und der Verlegung des Eingangsan die Giebelseite kam es 1588 zur Aufstockung des Wohnbereichsum ein weiteres Geschoss. Mit seiner Flurverlängerungim Jahr 1673 nahm das Blockhaus seine volle Länge, mit demAnbau der Scheune im Westteil ca. 100 Jahr später seine heutigeForm an. 1824 wurde nachträglich ein Stall in der Nordwesteckedes Gebäudes eingebaut, der heute als Hühnerstall dient. LetzteUmbauten führten Anfang des 20. Jh. zur Vermauerung derWestseite und der Scheunenzufahrt.Eine einzigartige Wohnatmosphäre erwartet den Käufer auf ca.110 qm Wohnfläche, verteilt auf Wohn- und Wirtschaftsteil. ImErdgeschoss des Wohnbereichs befinden sich die ehem. Bauernstube,eine Kammer (der ursprüngliche Eingangsbereich)sowie die heutige Küche. Vom historischen Flez geht es weiterin den Gewölbekeller unter dem Hausflur sowie ins Obergeschossmit drei weiteren Kammern. Zur Linken des Flurs liegtdie ehemalige Scheune mit anschließendem Stall. Hier eröffnensich vielfältige Aus- und Umbaualternativen. Auf Wunschkann im ehemaligen Heulager mit Teildecke ein Galeriezimmerüber zwei Etagen entstehen. Auch die Nutzung als Atelier oderWerkstatt ist denkbar.Eine umfassende, denkmalgerechte Sanierung ist vonnöten.Zeitgemäße Raumhöhen im Erdgeschoss können durch dasAbsenken des Bodens erreicht werden. Eine Anpassung derSanitär- und Elektroinstallationen an heutige Bedürfnisse istebenso möglich, wie eine gewisse energetische Ertüchtigung (z.B. das Dämmen der obersten Geschossdecke, eine Ertüchtigungder Fenster etc.). Erste Schritte sind bereits getan. Das Gebäudeist voll erschlossen (Wasser, Strom, Telefon). Ein Anschluss anden kommunalen Abwasserkanal an der Grundstücksgrenze istjederzeit möglich.Ein großzügiges Grundstück von ca. 1.000 qm mit altem Obstbaumbestandund eigenem Brunnen schafft den geeignetenRahmen für dieses beeindruckende Holzhaus in absolut ruhigerWohnlage, auf einer kleinen Anhöhe mit Blick auf den Auwald.http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=29773809Förderung: Das Anwesen liegt in einem Sanierungsgebiet.Unbeschadet der Möglichkeit von Steuerabschreibungen nach§§ 7i, 10f, 10g, 11b EStG sowie Zuschüssen bei Instandsetzung(u. a. aus Städtebauförderungsprogramm, <strong>Denkmalpflege</strong>fördermitteln)können daher auch ggf. Steuererleichterungen nach§ 7h EStG in Anspruch genommen werden, d. h. Sanierungsausgabenkönnen binnen 10 Jahren zu 100 % abgesetzt werden.Oberpfalz: 93183 Kallmünz-Traidendorf,Schlossweg 1–3, Lkr. RegensburgDaten: Wohnfläche ca. 1.500 qm;Grundstücksfläche ca. 12.390 qm.Verkaufspreis: 1.200.000,– €, VerhandlungsbasisKontakt: Frau Sonia Chavez, Tel.: 09473-1042,E-Mail: sonia.chavez@gmx.netObjektbeschreibung: Bei dem Baudenkmal handelt es sich umdas malerische Landschloss in Traidendorf bei Regensburg. Diehistorischen Wurzeln des Hammerherrenschlosses reichen bisins 17. Jh. zurück. Damals wie heute erstrahlt das Schloss mitprächtigem Mittelbau und imposanten Seitenflügeln in herrschaftlichemGlanz.Schloss Traidendorf kann auf eine bewegte Vergangenheitzurückblicken. Im oberpfälzischen Traidendorf an der Vils lagein sog. Eisenhammer, dem seit dem späten Mittelalter besondereBedeutung zukam. Bereits im 15. Jh. ist dort erstmals einHammerherrenschloss nachgewiesen, das im Jahr 1684 von denFreiherren von Tänzl zu Tratzberg in seiner heutigen Form neuerrichtet wurde. Auf dem majestätischen Landschloss pflegtenfrühindustrielle Unternehmerdynastien einen herrschaftlichenLebensstil, der sich in der aufwendigen Architektur und Ausstattungdes Schlosses widerspiegelt.Die repräsentative Schlossanlage besticht durch seinen dreigeschossigenMittelbau, den ein eindrucksvolles Eingangsportalmit Pilastern, stuckiertem Wappen und Marienstatue ziert. ZurRechten und zur Linken schließen sich zwei zweigeschossigenFlügelbauten an, welche dem ehemaligen Hammerherrenschlosssein unverwechselbares Erscheinungsbild und seinebeachtliche Größe verleihen.Im Inneren ist die originale Raumdisposition mit umfangreicherAusstattung des späten 17. Jh.s bis heute erhalten. VomEingangsbereich führt eine zweiläufige Balustertreppe übereine offene Galerie in den 2. Stock zum ca. 70 qm großenSchlosssaal, der heute als Konferenz- und Tagungsraum dient.Bemerkenswerte Stuckdecken mit Quadraturarbeiten, Kartuschen,Engelsköpfchen und Fruchtschnüren, die stilistisch demUmkreis des Giovanni Battista Carlone und Jacopo Torninozuzurechnen sind, zeichnen das Anwesen aus. Diese sind in45


Verkäufliche Denkmälerihrer reichen Abfolge und dekorativen Vielfalt ohne Beispiel imländlichen Schlossbau der südlichen Oberpfalz. An der Westseitezum Garten liegt die ehemalige zweigeschossige Schlosskapellemit sehr gut erhaltener Kuppelstuckdecke.In den 1990er Jahren begann die heutige Eigentümerin mit derSanierung. Jeder Raum wurde seinem historischen Charakterentsprechend aufwendig saniert und befindet sich in einemerstklassigen Zustand. In den historischen Räumlichkeiten desSchlosses entstand ein anspruchsvolles Wohndomizil sowie einerfolgreich geführtes Tagungshaus / Pension mit angeschlossenerGastronomie. In zeitgemäß ausgestatteten Gästezimmern,kleinen möblierten Wohneinheiten und eindrucksvollen Wellnessanlagenverbindet sich historisches Ambiente mit modernemWohnfühlkomfort.Der Mittelbau des Schlosses verfügt über einen repräsentativenEingangsbereich mit Galerie und Treppenaufgang. Zwei großeSeminar- und Tagungsräume sowie sechs Gästezimmer stehenauf insgesamt drei Etagen zur Verfügung. Im Südflügel entstandeine hochwertige Saunalandschaft unter historischem Kreuzgewölbe.Justitia, als Wandmalerei verewigt, gibt Zeugnis davon,dass hier vormals die Gerichtsbarkeit des Ortes untergebrachtwar. Dazu finden zwei Wohnungen im Erdgeschoss, drei weitereWohneinheiten und zwei Gästezimmer im Obergeschoss Platz.Im Nordflügel liegt die Gaststätte. Eine Wohnung mit Wintergartenim Erdgeschoss sowie eine weitere Wohnung und fünf Gästezimmerim Obergeschoss runden den nördlichen Flügelbau ab.Durch die baulichen Gegebenheiten und die großzügigenAußenanlagen sind den Nutzungs- und Gestaltungsmöglichkeitendes Schlosses kaum Grenzen gesetzt. An der Westseitedes Anwesens fügt sich ein großzügiger Garten an, der voneiner 4 m hohen Hecke abgeschirmt wird. Auf der Vorderseitebefinden sich ein heckenbefriedeter Biergarten sowie der zumGrundstück gehörige Schlossweg. Ein ca. 1.500 qm großer,befestigter Parkplatz am Südflügel bietet ausreichend Platz fürGäste. Zudem stehen ein hochwertiger, 7-eckiger Pavillon sowiezwei Gartenhäuschen und zwei Garagen zur Verfügung. An dernordwestlichen Grundstücksgrenze liegen zwei insgesamt ca.100 qm große, historische Gewölbekeller, ehem. Vorratskeller,die nicht mehr zum Anwesen gehören, jedoch kostenfrei genutztwerden können.http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=29722648Förderung: Steuerabschreibungen nach §§ 7i, 10f, 10g, 11bEStG möglich; Zuschüsse bei Instandsetzung denkbar (u. a. aus<strong>Denkmalpflege</strong>fördermitteln).Mittelfranken: 91177 Thalmässing,Münchener Str. 12, Lkr. RothDaten: Wohnfläche ca. 190 qm;Grundstücksgröße ca. 247 qm.Verkaufspreis: 15.000,– €, VerhandlungsbasisKontakt: Herr Alexander Heinz, Tel. 0152-31083088,E-Mail: Alexander.Heinz@gmx.deObjektbeschreibung: Das historische Jurabauernhaus im Altmühltalist ein zweigeschossiger Satteldachbau aus Bruchsteinmauerwerk,Fachwerk und typischem Jurakalkplattendach.Mitte des 19. Jh.s errichtet, ist es einer der heute seltenen Vertreterseiner Bauart. Authentisches historisches Ambiente undgroßzügige Aus- und Umbaureserven zeichnen das traditionelleWohnstallhaus mit Scheune, angrenzendem Anbau und kleinemGarten aus.Das Jurahaus bietet viel Spielraum zur freien Entfaltung. EineGebäudefläche von insgesamt ca. 190 qm (inklusive Stallbereich)steht zum denkmalgerechten Um- und Ausbau bereit.Seinem historischen Grundriss folgend, erschließt sich derWohnbereich über einen kleinen Flur mit original SolnhofenerPlatten. Zur Linken liegt die große Bauernstube mit anschließenderKüche. Rechts folgen ein kleiner Stall mit preußischemKappengewölbe und Kalksteinboden sowie eine Kammer. ImObergeschoss befinden sich weitere Räume sowie das großzügigeHeulager über dem Stall. Der kleine Anbau im rückwärtigenTeil des Wohnbereichs kann auf Wunsch einemdenkmalgerechten Ersatzbau bzw. einer Erweiterung der Gartenflächeweichen.Eine denkmalgerechte Gesamtsanierung kann das einmaligeJurabauernhaus in ein modernes Wohn- bzw. Ferienhaus verwandeln.Aus- und Umbaureserven in Erd- und Obergeschosssind vorhanden. Besonders der Ausbau des ehemaligen Stallbereichsals Wohnraum oder für gewerbliche Zwecke bötesich an. Auch der großräumige Scheunenbereich bietet vielfältigeMöglichkeiten. Moderner Wohnkomfort kombiniertmit der speziellen Wohnatmosphäre eines Jurahauses ist hierProgramm. Eine denkmalgerechte Anpassung der Wohnstandardsan heutige Bedürfnisse und eine gewisse energetischeErtüchtigung (z. B. Dämmen der obersten Geschossdecke etc.)kann beginnen. Durch das Anbringen von Einzelgauben lässtsich zusätzliche Belichtung schaffen. Zudem kann das Absenkender Böden im Wohnteil eine Erhöhung der Raumhöhenbewirken.http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=3055192746


Verkäufliche DenkmälerFörderung: Steuerabschreibungen nach §§ 7i, 10f, 10g, 11bEStG möglich; Zuschüsse bei Instandsetzung denkbar (u. a. aus<strong>Denkmalpflege</strong>fördermitteln).Unterfranken: 97348 Willanzheim-Hüttenheim,Hüttenheim 5, Lkr. KitzingenDaten: Wohnfläche ca. 384 qm;Grundstücksgröße ca. 305 qm.Verkaufspreis: 130.000,– €, VerhandlungsbasisKontakt: Herr Friedrich Rabenstein, Tel. 09326-347,E-Mail: info@burggasthaus.deObjektbeschreibung: Bei dem Baudenkmal handelt es sichum das ehemalige Amtshaus der Fürsten zu Schwarzenberg amMarktplatz des schönen Weinorts Hüttenheim, unweit von Kitzingen.Der repräsentative Mansarddachbau mit hochwertigerAusstattung wurde 1752 errichtet und beherbergte vormals dasGasthaus zur goldenen Krone. Noch heute ziert das Wappen derFürsten zu Schwarzenberg das Portal des barocken Gasthofs.Das zweigeschossige, verputzte Gebäude mit eindrucksvollem,ziegelgedecktem Mansarddach ist einzigartig in Architekturund Ausstattung. Sämtliche Außenmauern bestehen aus Bruchstein,sein Traufgesims ist aus Holz. Eckquaderung, Gesims,Fenstergewände und Türeingang sind aus Sandstein abgesetzt.Die Fenstergewände sind durchgängig mit Schlusssteinen ausgestattetund das markante Portal mit Oberlicht und darübergesetztem Wappenstein unterstreicht den repräsentativen Charakterdes ehemaligen Amtsgebäudes.Das große Haus mit ca. 384 qm Fläche wird über die Mitte derMarktplatzseite erschlossen. Durch einen mittig angeordnetenGang gelangt man in die Räume im Erdgeschoss. Besonderserwähnenswert ist die große, mit Vertäfelungen aus dem frühen20. Jh. ausgestattete Gaststube. Gegenüber liegt der ehemaligeVerkaufsraum der Metzgerei. Etwa in der Mitte des Gangs führteine zweiläufige Holztreppe ins 1. Obergeschoss. Zur Marktplatzseitehin befindet sich der große Festsaal mit ca. 76 qm Nutzflächeund Raumhöhen bis zu 3,5 m, der rund ein Drittel des 1.Obergeschosses umfasst. Hier sind noch Spuren einer einfachenDekorationsmalerei, vermutlich aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg,erhalten. Dazu verfügt der Saal über eine Rahmenstuckdeckesowie über Kreuzstockfenster mit Bleiverglasung undVorreibern, die den Beschlägen nach aus dem frühen 19. Jh.stammen dürften. Eindrucksvoll sind ebenso die Füllungstürenund die historischen Dielenböden des Hauses. Die Innenwändebestehen durchgängig aus Fachwerk. Dazu ist das Gebäude miteinem gewölbten Bruchsteinkeller ausgestattet.Das einstige Amtsgebäude besitzt alle Voraussetzungen, umwieder in altem Glanz zu erstrahlen. Eine denkmalgerechteSanierung kann dazu beitragen. Unter Erhaltung der bemerkenswertenArchitektur und Einbeziehung der historischenAusstattung kann moderner Wohnkomfort in das barockeGebäude einziehen. Eine denkmalgerechte Anpassung derWohnstandards an heutige Bedürfnisse und eine gewisse energetischeErtüchtigung sind selbstverständlich möglich. Diekleineren, eingeschossigen Anbauten sowie der Stall an derRückseite des Gebäudes können aufgegeben werden.Ob als herrschaftliches Wohndomizil und/oder repräsentativesGeschäftshaus – gerne im Bereich Gastronomie, Tourismus,Hotel, Praxis, Kanzlei –, dieses historische Anwesen könnteerneut zum Blickfang des Ortes werden.http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=30615475Förderung: Steuerabschreibungen nach §§ 7i, 10f, 10g, 11bEStG und Zuschüsse bei Instandsetzung denkbar (u. a. aus<strong>Denkmalpflege</strong>fördermitteln).Oberfranken: 95173 Schönwald,Bahnhofstr. 31, Lkr. Wunsiedel im FichtelgebirgeDaten: Wohnfläche ca. 80 qm;Grundstücksgröße ca. 935 qm.Verkaufspreis: 45.000,– €, VerhandlungsbasisKontakt: Herr Günther Wohlrab, Tel. 0906-54 27,E-Mail: guenther.wohlrab@t-online.deObjektbeschreibung: Bei dem Baudenkmal handelt es sich umein historisches Frackdachhaus in der oberfränkischen KleinstadtSchönwald im Naturpark Fichtelgebirge. Dieser Vertreterdes heute seltenen „Trüpfhauses“ wurde im frühen 19. Jh.errichtet und zeigt eine ganz spezielle Erscheinungsform. Dazuverfügt das Anwesen über ein Gartengrundstück, auf dem ggf.ein denkmalgerechter Neubau entstehen könnte.Das traditionelle Handwerkerhaus mit Fachwerkobergeschosszur Hofseite bietet eine Wohn-/Nutzfläche von ca. 80 qm, verteiltauf zwei Etagen. Im Jahr 1889 ging das Gebäude in denBesitz der heutigen Eigentümerfamilie über und wurde alsWagnerei und Wohnhaus genutzt. Es erschließt sich traufseitigüber einen kleinen Flur, der zur Linken in die ehemaligenWerkstatträume führt. Zur Rechten folgt eine Wohnstube mitangrenzender Küche. Im Obergeschoss befinden sich zwei weitereZimmer, die als Schlafräume dienten. Zur Erweiterung derWohnfläche wurde ein Anbau im rückwärtigen Gebäudebereichangefügt, in dem ein weiteres Zimmer, Bad und Toilette Platzfanden. Letzte Modernisierungsmaßnahmen, wie die Verkleidungder Außenfassade mit Fassadenplatten, erfolgten in den1950/60 Jahren mit den Mitteln der damaligen Zeit.Durch eine denkmalgerechte Sanierung kann der einladendeFrackdachbau in Kürze zu einem modernen Einfamilienhauswerden. Einer Anpassung der Wohnstandards an heutigeBedürfnisse (Haustechnik, Sanitäranlagen etc.) sowie einerdenkmalgerechten energetischen Sanierung steht nichts imWege. Zur Instandsetzung stehen ggf. die Inanspruchnahmevon Steuervorteilen und Fördermitteln insb. Mitteln im Rahmender Städtebauförderung offen. Zudem besteht, nach Abspra-47


Verkäufliche Denkmälerche mit der Unteren Denkmalschutzbehörde in Wunsiedel, dieMöglichkeit, auf dem angrenzenden Gartengrundstück einendenkmalgerechten Neubau zu errichten. Allein der Stadel zurStraßenseite steht nicht zum Verkauf.http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=30602020Förderung: Das Anwesen liegt in einem städtischen Sanierungsgebiet.Unbeschadet der Möglichkeit von Steuerabschreibungennach §§ 7i, 10f, 10g, 11b EStG sowie Zuschüssen beiInstandsetzung (u. a. aus Städtebauförderungsprogramm und<strong>Denkmalpflege</strong>fördermitteln) können daher auch ggf. Steuererleichterungennach § 7h EStG in Anspruch genommen werden,d. h. Sanierungsausgaben können binnen 10 Jahren zu 100 %abgesetzt werden.Schwaben: 87435 Kempten (Allgäu),Allgäuerstraße & MozartstraßeDaten (Anwesen Allgäuerstraße):Wohnfläche ca. 350 qm; Grundstücksgröße ca. 1.110 qm.Daten (Anwesen Mozartstraße):Wohnfläche ca. 520 qm; Grundstücksgröße ca. 1.760 qm.Verkaufspreis: auf AnfrageDie Eigentümer bevorzugen den gemeinsamen Verkauf beiderGebäude, da die Grundstücke aneinander grenzen und so eineoptimale Verwertung ermöglicht wird.Kontakt: Herr und Frau Eigentümer des Anwesens,Tel. 089-3514472, E-Mail: 2mal-denkmal@web.deObjektbeschreibung Baudenkmal in der AllgäuerstraßeBei dem Baudenkmal handelt es sich um ein stilvolles Wohngebäudemit ansprechender, neobarocker Fassade im Zentrumvon Kempten im Allgäu. Der zweigeschossige Walmdachbaumit großem geschwungenem Zwerchhaus und markantemBodenerker wurde 1916 nach den Plänen des Kemptener ArchitektenMadlener errichtet. Bis heute besticht es durch seinunverwechselbares Erscheinungsbild und seinen individuellenCharme.Im Inneren lässt das Wohngebäude mit einer Wohnfläche von ca.350 qm, verteilt auf neun Zimmer über zwei Etagen und Dachgeschoss,keine Wünsche offen. Mit seinen hellen, großen Räumenist es für eine großzügige Wohn- und/oder Büronutzung wiegeschaffen. Eine Nutzung als Wohn-/ Arbeitsdomizil wird fernerdurch den gewerblich nutzbaren Anbau sowie durch die vierGaragen auf dem ca. 1.110 qm großen Grundstück unterstützt.Objektbeschreibung Baudenkmal in der MozartstraßeAuch bei dem zweiten Baudenkmal handelt es sich um einrepräsentatives Wohn- und Geschäftshaus in der KemptenerInnenstadt. Der mächtige Walmdachbau wurde Ende des 19. Jh.errichtet und überzeugt durch seine ansprechende Erscheinungsform.Seine qualitätvolle Fassadengestaltung und die weitgehenderhaltene Ausstattung geben bis heute Einblick in die gehobeneWohnkultur des ausgehenden 19. Jh.Das ehemalige Arzthaus – mit Praxisräumen im Erdgeschoss undherrschaftlichem Wohnbereich im Obergeschoss – verfügt übereine Wohnfläche von ca. 520 qm, verteilt auf zwanzig Zimmerüber zwei Etagen und Dachgeschoss. Wenn Sie die beeindruckende,zweiflügelige Eingangstüre durchschreiten, wird dieVergangenheit lebendig. Vom reich bemalten Eingangsbereichgelangen Sie in den Mittelgang, der das Erdgeschoss erschließt.In allen Räumen sind Stuckverzierungen und bauzeitliche Türenanzutreffen. Besonders ansprechend ist der 1904 entstandeneSalon im Obergeschoss mit seiner zweiflügeligen Tür zum Flur.Im 1. Dachgeschoss befinden sich weitere Räume, die vormalsmöglicherweise als Bedienstetenwohnungen dienten.Nach denkmalgerechter Sanierung eignet sich das historischeGebäude mit seinen hohen, hellen und großzügigen Räumenbesonders für eine Wohnnutzung mit mehreren stilvollen Stadtwohnungen.Zugleich kann an die Einrichtung anspruchsvollerPraxis- und Büroräume gedacht werden. Der rückwärtige Teildes Grundstücks mit seiner großen Fläche bietet dazu weitereNutzungsmöglichkeiten zur Verwirklichung Ihre Wohn- undGeschäftsideen.http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=30599516http://partner.immowelt.de/blfd-bayern/include/ObjDetail.asp?ID=30599979Förderung: Steuerabschreibungen nach §§ 7i, 10f, 10g, 11bEStG möglich; Zuschüsse bei Instandsetzung denkbar (u. a. aus<strong>Denkmalpflege</strong>fördermitteln).Wolfgang Karl Göhner und Christine Schuller48


Im AmtIM AMT – Tel. 089/2114-0Aktuelle Aufgaben der Bodendenkmalpflege in BayernEin Vortrag am 2. Wittelsbacher Heimattag <strong>2013</strong> in AichachDie Wittelsbacher und ihr Stammsitz<strong>2013</strong>/14 ist wieder einmal ein Wittelsbacher Jahr. Gefeiertwird es besonders in der Kurpfalz – einer Landschaft amRhein, von der längst nicht mehr alle in Bayern wissen,dass sie bis vor gar nicht langer Zeit zu Bayern gehörte. DerAnlass – die Übertragung der Pfalzgrafenwürde durch denStaufer Friedrich II. an den Wittelsbacher Herzog Ludwig. I.im Jahr 1214 – hat unmittelbare Ursachen in Bayern, die imZusammenhang mit dem Bamberger Königsmord an Philippvon Schwaben und der anschließenden Reichsacht überOtto VIII. von Wittelsbach im Jahr 1208 stehen.Wir lernen aus diesem Lehrstück hochmittelalterlicherMachtpolitik, dass auch harte Sanktionen keine Garantiebieten, die mit ihnen verbundenen Ziele auch dauerhaft zuerreichen. Was die Wittelsbacher eigentlich ins Mark treffensollte, verhalf der Familie in der Folge zu wirklich europäischerBedeutung.Ihr eponymer Stammsitz Wittelsbach allerdings sollte sichvon den Folgen des Bamberger Banns tatsächlich nichtmehr erholen. Das Ende 1209 war hier endgültig – andererseitsaber auch ein Glücksfall für die Mittelalterarchäologiein Bayern. 1978 begann hier Robert Koch mit mehrjährigenarchäologischen Ausgrabungen. Damals stand das letzteWittelsbacher-Jahr, verbunden mit einer umfangreichenLandesausstellung und einem monumentalen Katalog, vorder Tür. In diesem Katalog findet sich auch ein kurzer Beitragzum Stand der Ausgrabungen 1979. Das historischüberlieferte „Schlussdatum“ für die Burg Wittelsbach, derenaus dem Grabungsbefund ermittelte Architektur durchausder besonderen Bedeutung der Familie schon im 12. JahrhundertRechnung trug, wurde zum „Datierungsschlüssel“für die mittelalterliche Keramik in ganz Südbayern.Trotzdem blieben die Grabungsergebnisse bis heute unpubliziertund in der Mittelalterarchäologie dringend erwartet.Bei der Grabung handelte es sich um eine der damalsin Bayern wie auch anderenorts üblichen Schwerpunktgrabungen,die unter der Regie und auf Rechnung des Landesamtesfür <strong>Denkmalpflege</strong> durchgeführt wurden. Grabungendieser Art fanden bevorzugt an Plätzen besonderer wissenschaftlicherBedeutung statt, ohne dass dafür die Gefährdungder originalen Denkmalsubstanz ein entscheidendesKriterium bildete. Dass für die beispielgebenden Untersuchungenin Oberwittelsbach eine umfassende Bearbeitungund Publikation der Befunde und Funde bis heute, über 30Jahre (!) nach Grabungsende aussteht, stellt diese Forschungenin eine Reihe mit anderen archäologischen Großprojektenderselben Ära. Für viele dieser Projekte waren die fürKonservierung und Restaurierung, Auswertung und Publikationeingeplanten personellen und finanziellen Mittel vonAnfang an unzureichend.Es war die Zeit einer grabenden Bodendenkmalpflege, derenvorrangiges Interesse der Erforschung der Bodendenkmälermit dem Spaten galt. Noch heute ist es dieser Ruf, der uns ineiner breiteren Öffentlichkeit vorauseilt.Archäologie und BodendenkmalpflegeDie eingangs skizzierte Situation um die überregional wichtigenGrabungsergebnisse auf der Burg Oberwittelsbachund zahlreicher anderer Projekte kann heute vor allem einesverdeutlichen: Archäologie und Bodendenkmalpflege sindund waren nicht identisch! Vielmehr stellt die Archäologieein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Methodengerüstfür die (Boden-)<strong>Denkmalpflege</strong> zur Verfügung,das immer dann zum Einsatz kommt, wenn der eigentlicheAuftrag der <strong>Denkmalpflege</strong> – nämlich der Erhalt des Originals– nicht erfüllt werden kann. Archäologie ist damitkein Selbstzweck – abgesehen von einigen anspruchsvollenForschungsprojekten, die vorzugsweise von universitärenEinrichtungen durchgeführt werden und sich in den denkmalfachlichenRahmen einfügen.Mit diesem Anspruch bzw. der Forderung nach Erhaltungdes Originals vor Ort argumentiert die Bodendenkmalpflegein Bayern inzwischen wieder seit mehr als 10 Jahren.Um einige Überlegungen zur heutigen Programmatik derBodendenkmalpflege in Bayern vorzustellen, möchte ichmit einer Binsenweisheit beginnen:Im Boden ist das Bodendenkmal am besten aufgehoben.Im Falle der obertägig sichtbaren Bodendenkmäler beispielsweiseim Aichacher „Grubet“ ist das vermutlich füralle einsichtig. Immerhin handelt es sich mit über 3500sichtbaren Trichtergruben um eines der eindrucksvollstenPingenfelder in Süddeutschland. Nach Ausweis der jüngstenGrabungsergebnisse finden sich neben den Öfen zur Rennfeuerverhüttungim Revier auch Grubenhäuser, die zumTeil über verfüllten Schächten errichtet wurden. Bei einemdendrochronologisch auf das Jahr 650 n. Chr. datiertenBeispiel handelt es sich um einen der ältesten sicher datiertenmontanarchäologischen Befunde Süddeutschlands.Zusammen mit dem durch ältere Radiokarbonanalysenin das 7./8. Jahrhundert datierten hölzernen Ausbau einesSchachtes aus dem Revier um den Hainberg bei Rennertshofen,Lkr. Neuburg-Schrobenhausen, spiegelt sich hier diegroße Bedeutung der Eisengewinnung und -verarbeitung inunserer Region, die später bald verloren gehen sollte. Eineurkundliche Überlieferung zu diesen Altbergbaurevierenexistiert ebenso wenig wie für den durch Hölzer aus demTrichtergrubenfeld im Forst Steinkart bei Bad Griesbachauf das Jahr 693 n. Chr. datierten Abbau.Solche Befunde, die zu den ältesten zuverlässig datiertenMontanrevieren in Deutschland zählen, stehen für die wirt-49


Im Amtschaftlichen Grundlagen großer Regionen und ihrer Entwicklungüber Jahrhunderte hinweg. Heute wäre davon nur nochwenig sichtbar, hätten nicht Wald und Grünland dort über dienachfolgenden Jahrhunderte die Bodennutzung bestimmt.Aus Sicht des Denkmals gab es dort glücklicherweise überlange Zeiträume hinweg keine Nutzungs- oder Zielkonflikte,obwohl die Bewirtschaftung des Waldes bei diesem Geländereliefsicher zu keiner Zeit unproblematisch war.Im Fall der Burg Oberwittelsbach bot der Bann gegenden Wittelsbacher den Anlass zur Zerstörung von dessenStammsitz schon im Jahr 1209. Ein weithin sichtbaresExempel sollte statuiert werden, und tatsächlich wurde derPlatz auch schnell aufgelassen. Allerdings gewann nachden Ergebnissen von Robert Koch der planmäßige Abbaudes Steinmaterials zur Wiederverwendung schnell dieOberhand gegenüber einer symbolträchtigen sofortigenSchleifung. Der Abbau des Steinmaterials zur Wiederverwendungauch in den umliegenden Dörfern hielt offenbarüber Jahrzehnte an. Das Burgareal selbst blieb in der Folgeund bis heute weitgehend unbebaut. Dies führte zur Erhaltungumfangreicher Teile der Burg im Boden, die bis zurarchäologischen Ausgrabung ihren einzigartigen historischenZeugniswert bewahren konnten. Ist das Denkmal alsoerst einmal zum Bodendenkmal geworden, erweist sich diefehlende Nutzung als ein Segen.Wenden wir uns den zunächst weniger spektakulär erscheinendenvorgeschichtlichen oder mittelalterlichen Siedlungenzu, die keine Phantasie anregende Architektur derRepräsentation und Wehrhaftigkeit zu bieten haben und indenen auch nur selten Waffen und Geschmeide zu entdeckensind, die schon in der Antike meist wiederverwendetoder aber den Verstorbenen mitgegeben wurden. Ur- oderfrühgeschichtliche Siedlungen liegen vielfach seit Jahrhundertenunter dem Pflug und verlieren dadurch jährlich ca.1 cm Bodendenkmalsubstanz.Früh- und hochmittelalterliche Siedlungsgründungen habensich seit Jahrhunderten prächtig entwickelt und stehen heuteoft in Form unserer mittelalterlichen Ortskerne vor uns.Sollen sie sich weiter so erfolgreich fortentwickeln, wird esfür die <strong>Denkmalpflege</strong> schwer, die Binsenweisheit von derErhaltung im Boden dauerhaft durchzusetzen.Denkmalerosion durch landwirtschaftliche Nutzung: Siedlungsbefundein Sulzfeld, Gde. Kleinbardorf, Lkr. Rhön-Grabfeld (Foto: AusgrabungenSpecht, Schwebheim)„Datierungsschlüssel“ für mittelalterliche Keramik in ganz Südbayern:Bügelkannen der Zeit um 1200 aus Oberwittelsbach und von anderenFundplätzen (nach Uwe Gross)Denkmalwürdigkeit – „neue“ DenkmälerSpätestens hier werden wir mit der Frage konfrontiert:Woher wissen wir, ob das, was sich im Boden befindet, auchwirklich denkmalwürdig ist?Ein Blick in das BayDSchG von 1973 kann weiterhelfen:Demnach sind „Bodendenkmäler vom Menschen geschaffeneSachen, die in der Regel aus vor- und frühgeschichtlicherZeit stammen“, deren Erhaltung aus geschichtlichen,wissenschaftlichen, künstlerischen, städtebaulichen odervolkskundlichen Gründen im Interesse der Allgemeinheitliegen muss.Bodendenkmäler aus mittelalterlicher und nachmittelalterlicherZeit werden mit dieser Formulierung in Bayern alseinzigem Bundesland nicht gleichrangig zu den vor- undfrühgeschichtlichen Bodendenkmälern behandelt. Dabei istdie Erkenntnis, dass sich im Kern mittelalterlicher Siedlungenebenso wie unter Burgen und Kirchen Bodendenkmälerbefinden können, aus wissenschaftlicher Sicht nun wirklichnicht neu. Gerade die Großprojekte der Mittelalterarchäologieder 1970er Jahre trugen dieser Tatsache vielfach Rechnungund feierten die spektakulären Grabungsergebnisse mitihrem unmittelbaren Bezug zur schriftlichen Überlieferung.Trotzdem werden diese Bodendenkmäler in der Öffentlichkeitan manchen Stellen als „Neue Denkmäler“ wahrgenommen.Die Denkmalwürdigkeit mittelalterlicher Siedlungenund Burgen, also der Wert der Objekte vor allem als historischesZeugnis, steht im Wittelsbacher Land sicher kaumin Frage, sind es doch gerade Objekte mittelalterlicher Zeitstellung,die zwischen Paar und Lech das Bild von Archäologieund Bodendenkmalpflege prägen. Hierher gehören diefrühmittelalterlichen Nekropolen am rechten Hochufer desLechs, die Mühlen von Dasing oder die WittelsbacherstädteFriedberg und Aichach selbst.Zu den also vermeintlich „neuen“ Denkmälern zählen inder Bodendenkmalpflege aber auch die Hinterlassenschaftendes Altbergbaus wie im „Grubet“. Sie gehören zu denDenkmalgattungen, bei deren flächenhafter Erfassung wir inganz Bayern noch am Anfang stehen. Natürlich sind dieseBodendenkmäler eigentlich nicht neu, und ihre Denkmalei-50


Im AmtHier soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass es sichbei Bodendenkmälern gleichsam um eine nachwachsendeRessource handelt. Es sind in aller Regel wirklich einzigartigehistorische Urkunden aus Zeiten, für die wir ausganz unterschiedlichen Gründen wenig bis gar keine andereÜberlieferung besitzen.Denkmäler des Altbergbaus wie Denkmäler der Zeitgeschichtesind heute vielfach die glaubwürdigeren Zeugen füreine Geschichte, deren schriftliche Überlieferung im Falldes Montanwesens schon von Anfang an knapp gehaltenoder im anderen Fall unter wechselnden Gesichtspunktenselektiert wurde und damit bruchstückhaft und tendenziösbleiben muss.Mittelalterlicher Ortskern: Unterhaching, Ausgrabung Bürgermeister-Prenn-Straße <strong>2013</strong> (M-2012-394-2_0) (Foto: Birgit Anzenberger, Fa.Anzenberger/Leicht)Forschungsgrabung der LMU 2009 im „Grubet“ bei Aichach: Grubenhaus,dendrodatiert auf 650 n. Chr. (Foto: BLfD, Martin Straßburger)genschaft ist zumindest bei herausragenden Beispielen langeerkannt. Neu ist allenfalls ihre Wahrnehmung in einer breiterenund inzwischen aufmerksameren Öffentlichkeit. AndereBodendenkmäler fordern auch von den Denkmalfachbehördeneine angemessene Auseinandersetzung mit ihremZeugniswert. Bei einer Reihe von Anlagen aus der NS-Zeiterscheint die Bedeutung als Bodendenkmal tatsächlich neu.Dazu zählen Funktionsgebäude (München/Braunes Haus),sog. völkische Symbolstätten (Burg Hoheneck, Hesselberg,Döbraberg), Produktionsanlagen (Bunker Diana, Weinstock,Mühldorf a. Inn) und Lager in ihren verschiedenenAusprägungen (z. B. Kaufering I–XII) als sog. Täter- undOpferorte gleichermaßen. Nicht immer reicht in diesem Falldie erhaltene Denkmalsubstanz allein aus, um die Denkmaleigenschafteines Objektes einschätzen zu können. Der Versucheiner systematischen Erfassung, aber auch der Umgangder Praktischen Bodendenkmalpflege mit diesen zeitgeschichtlichenDokumenten stößt fast erwartungsgemäß aufzwiespältige Reaktionen vor Ort. In jedem Fall fordert dieverstärkte öffentliche Wahrnehmung auch hier konsequentedenkmalfachliche Antworten auf die Frage: Wie sollen wirdamit umgehen?„Unbequeme“ DenkmälerEs ist manchmal ungeliebte, oft auch unbequeme oder langeverdrängte Geschichte, für die diese Denkmäler stehen. DieSpuren des Altbergbaus stehen für das schmutzige Geschäftder Ausbeutung territorialer Ressourcen im Mittelalter, diedie Grundlagen wirtschaftlicher und herrschaftlicher Prosperitätlieferten. Trotz richtungweisender Innovationskraftwar das Montanwesen aber nur selten „hoffähig“ und damiteiner schriftlichen Überlieferung würdig. Auch die Aktenlagezur NS-Zeit liefert nur verzerrte Bilder. Die Spurennationalsozialistischer Herrschaft und Ideologie, Massenausbeutungund -vernichtung im Boden stehen für einenAbschnitt der Zeitgeschichte, dessen Zeugnisse bis vorKurzem noch aus der öffentlichen Wahrnehmung verbanntoder gar in einem Akt der Damnatio memoriae gesprengtwurden. Über den zweifelhaften Erfolg des Banns als Mitteleines verordneten kollektiven Vergessens könnten vielleichtdie Wittelsbacher der Stauferzeit berichten.Verordnetes Vergessen ist in jedem Fall aber ein guterGrund, heute die Denkmaleigenschaft der Objekte zu prüfenund Konzepte für den Umgang mit ihnen zu entwickeln.Dabei sollten wir die Diskussion öffnen, auch wenn die Zahlder direkt betroffenen im Bereich des Altbergbaus oder dermöglichen Bodendenkmäler aus nationalsozialistischer Zeitungleich geringer sein wird, als sie es im Fall der mittelalterlichenOrtskerne ist. Nicht alle im Boden erhaltenenZeugnisse aus diesen Gruppen werden die Bedingungen desArt. 1 DSchG erfüllen.Digitales Geländemodell des Lagers Kaufering XI (ALS-Daten der Bayer.Landesvermessung; Bearbeitung: Peter Freiberger, BLfD)51


Im AmtWeitere AspekteOrientiert an den Kategorien des Naturschutzgesetzes könnteder Begriff der „Historischen Kulturlandschaft“ eine Würdigunganbieten. Sie bindet die Landschaft, den Raum in demsich etwas befindet, nicht nur ein, sondern macht die Landschaftselbst zum Schutzgut. Wie im Denkmalbegriff wirdder (intakte) Zusammenhang hier als zentrales Wesensmerkmaldes Schutzgutes definiert. Aus der Sicht der Bodendenkmalpflegemuss dieser Begriff künftig verstärkt mit Lebenoder besser mit Bedeutung gefüllt werden.Bei den Bodendenkmälern des Altbergbaus wird raschanschaulich, dass der räumliche Zusammenhang eine wichtigeVoraussetzung für die Denkmalwürdigkeit darstellt.Gleichzeitig sind solche Zonen heute auch wichtige Elementeder historischen Kulturlandschaft, die zwar in dasArbeitsfeld des Natur- und Umweltschutzes fallen, aberdoch von der <strong>Denkmalpflege</strong> wahrgenommen und erfasstwerden, weil sie einen eigenständigen historischen Zeugniswertbesitzen.Beitrag der Öffentlichkeit<strong>Denkmalpflege</strong> und Denkmalschutz brauchen die ÖffentlicheWahrnehmung und ein breites Verständnis für ihreAnliegen und Ziele. Erhaltung braucht Mehrheiten, dieverstehen, dass es sich beim Denkmalschutz um die Formulierungihrer eigenen Anliegen handelt – und nicht umdiejenigen einer kleinen Minderheit im Elfenbeinturm. Mitden Ergebnissen unserer Denkmalerfassung, die wir imBayernViewer-denkmal vorbehaltlos offenlegen, haben wireinen wichtigen Schritt in diese Richtung getan. Die vermeintlichneuen Bodendenkmäler fordern noch mehr – undnicht weniger Öffentlichkeit.Jochen HaberstrohWollen Sie in die „2“, dann drücken Sie die „4“…Die Verlegung der Dienststelle Ingolstadt nach ThierhauptenMit diesen Worten versuchten wir einem Mitarbeiter einesPaketdienstes die Tücken der Aufzugbenutzung zu erklären.Kopfschüttelnd verließ er die erste Etage, die er zunächstwohl noch erleichtert erreicht hatte in der Hoffnung, endlicham Ziel angekommen zu sein. Bereits vier Kollegen unterschiedlicherAbteilungen hatten ihm den Weg zum Bauarchiv,Ökonomiegebäude Ost, 2. Stock, erklärt – doch nun befand ersich im 1. Stock, obschon er doch die „2“ gedrückt hatte. Obdieses Paket schließlich im Bauarchiv, 2. Stock, ÖkonomiegebäudeOst ankam? Wir wissen es nicht, aber es ist doch sehrwahrscheinlich. Denn mittlerweile sind solche Hindernisseüberwunden, und so kann die tägliche Arbeit ohne größereEinschränkungen fortgesetzt werden, auch wenn noch immerMöbel, Schlüssel, Schilder, Schlösser, Griffe und Hakenfehlen und noch einige Kisten auszupacken bleiben.Zum 2. Mai <strong>2013</strong> wurde die Dienststelle Ingolstadt nach über30-jährigem Bestehen geschlossen, dem Ministerratsbeschlussdes Jahres 2003 folgend. Die Mitarbeiter des ReferatesB I – Oberbayern/München wurden an die DienststelleThierhaupten im Regierungsbezirk Schwaben umgesetzt.Für andere Kollegen der ehemaligen Dienststelle Ingolstadtbedeutete die Schließung eine Verlegung des Dienstortesnach Regensburg, für einige ist nun München Einsatzort.Doch für alle Betroffenen bedeutet die Verlegung einenschweren Abschied von Ingolstadt, den Kollegen und schließlichder „Wunderlkasematte“.Nach der Gebietsreform 1972 wurde der gesamte vergrößerteBezirk Oberbayern zunächst noch von München aus betreut.Seit 1978 besteht die Teilung des Referates Oberbayern in einnördliches und südliches Gebiet.Der 1972 neu entstandene Nordteil des Bezirks Oberbayernmit den Landkreisen Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen,Pfaffenhofen a. d. Ilm und der Stadt Ingolstadt wurde ausRandteilen mehrerer Bezirke gebildet, die bis dahin entsprechendan den Randbereichen der vormals zuständigenBezirksaußenstellen des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>lagen. Mit Bildung der Region 10 um den schnellwachsenden Zentralort Ingolstadt lagen diese ehemals eherperipheren Regionen nun im Zentrum. Die Notwendigkeit, indieser archäologisch sehr reichen Fundlandschaft schnell zureagieren, wurde erkannt.Die neue Außenstelle „Mittlere Donau“ mit Sitz in Ingolstadtsollte jenen durch immensen Baudruck entstehenden bodendenkmalpflegerischenAufgaben durch die Präsenz vor Ortbegegnen. „Was Eingeweihte zunächst nur vermutet hatten,trat nun in nicht vorhersehbarem Ausmaß ein. Luftbildarchäologieund hauptamtliche Betreuung des Gebiets um Ingolstadtförderte eine Dichte von Bodendenkmälern sondergleichenim Ingolstädter Raum zutage, von denen nicht wenige durchgroßflächige Neuplanungen höchst gefährdet waren“, so fasstnur wenige Jahre nach Einrichtung der Außenstelle SiegfriedHofmann, damals Stadtheimatpfleger, 1. Vorsitzenderdes Historischen Vereins Ingolstadt und Kulturreferent derStadt, die Bedeutung des „Grabungsbüros“ zusammen. DieArbeit vor Ort erbrachte nicht nur einen großen Erkenntnisgewinnvorgeschichtlicher Siedlungstätigkeit, sondernkonnte zunächst noch durch eigene bauvorgreifenden Sicherungsmaßnahmen,später mit Unterstützung archäologischerFachfirmen einer undokumentierten Zerstörung von Bodendenkmälernentgegenwirken. Damals wie heute erfordern dierege Bautätigkeit und der immense Flächenbedarf der Regionein hohes Maß an Betreuung.Dass bereits früh ein Grabungsbüro in Ingolstadt errichtetwurde, war auch der Initiative der Stadt zu verdanken, diesich schon zu Beginn der 1980er Jahre um die Niederlassungarchäologischer Institute bemühte, um den neuen Herausforderungengerecht zu werden. So konnte 1980 die Forschungsstelleder Römisch-Germanischen Kommission des DAI inIngolstadt eingerichtet werden, im darauffolgenden Jahr dasGrabungsbüro des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>.Zunächst bezog man ein Gebäude der Stadtwerke,Ringlerstraße 28. 1983 folgte der Umzug ins Tillyhaus. Im52


Im AmtSeptember 1987 schließlich wurde der Dienstsitz in die neusanierte Wunderlkasematte, Unterer Graben 37, verlegt.„In wenigen Jahren hat sich erwiesen, wie wichtig diesesAmt für den Ingolstädter Raum, ein in vorgeschichtlicherZeit dicht besiedeltes, heute den vielfältigen Wandlungenunterliegendes Gebiet schon jetzt geworden ist und weiterhinsein wird“, unterstrich der damalige Oberbürgermeister PeterSchnell 1988 anlässlich der Einweihung der Wunderlkasemattenochmals die Bedeutung, welche die Stadt der Ansiedlungdes BLfD zumaß.Mit der Verlegung der Dienststelle ist nicht nur für die Stadt,sondern für die gesamte Region ein Umbruch verbunden.Die Menschen waren es gewohnt, Beratung direkt vor Ortin einem persönlichen Gespräch zu erhalten. Viele Ämter,auch das Landratsamt Eichstätt, haben sich zentral in Ingolstadtangesiedelt. Neben Bauherren nutzten auch die UnterenDenkmalschutzbehörden, Ehrenamtliche und Mitarbeiter derregionalen Museen die Wunderlkasematte stets als Anlaufstellefür Fragen um die Bodendenkmalpflege.Mit der Verlegung der Dienststelle an einen Ort außerhalbdes Referatsgebietes verlängern sich die Wege, doch diegewohnte Präsenz vor Ort versuchen wir aufrecht zu erhal-ten. Unsere Partner in den Unteren Denkmalschutzbehörden,Ehrenamtliche und Bauherren sind gut informiert und erreichenuns seit dem ersten Tag auch im Kloster Thierhaupten.Für manche ist es jedoch noch ungewohnt, dass man nunnicht mehr „schnell“ auf die Ausgrabung kommen kann, auchwenn eine drängende Frage geklärt werden muss. Doch dasswir nach dem Wegzug mehr als vorher auf einen Einsatz vorOrt achten müssen, zeigte sich bereits in den ersten Wochen.Leider kam es – völlig ungewohnt – zu vielerlei Eingriffenin Bodendenkmäler, bei denen wir nur noch im Nachgangreagieren konnten. Aber wir sind zuversichtlich, dass es unsgelingen wird, diese erste Phase zu überwinden und einenmodus vivendi zu finden, um die Region 10 auch aus Schwabenweiterhin intensiv zu betreuen.Dass wir auf einem guten Weg sind, zeigt neuerdings auchdie Beschriftung des Aufzugs: „Wenn Sie zu B I wollen, danndrücken Sie die 2!“Ruth SandnerZu Geschichte der Dienststelle vgl. Stadt Ingolstadt (Hrsg.), Wunderlkasematte.Sitz des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>. GrabungsbüroIngolstadt (1988). Zitate ebd.Dipl.-Rest. (Univ.) Stephanie EdlmannDipl.-Rest. (Univ.) Milena HuberReferat Z III – DokumentationswesenDienststelle MünchenTel. 089/2114-324E-Mail: stephanie.edlmann@blfd.bayern.demilena.huber@blfd.bayern.deZur Digitalisierung der Planfilme im Bildarchiv teilensich die beiden Restauratorinnen seit 1. Juli <strong>2013</strong> eineStelle.Stephanie Edlmann hat 2004–2009 bei Prof. Emmerlingein Studium in Restaurierung, Kunsttechnologieund Konservierungswissenschaft an der TU Münchenabsolviert, mit Schwerpunkt im Fachbereich Metall undtechnisches Kulturgut. Anschließend machte sie ein Jahrwissenschafltiches Volontariat im Bayerischen Nationalmuseumim Fachbereich Volkskunde, ehe sie sich alsfreiberufliche Restauratorin etablierte. Auch mit demBLfD war sie während der Ausbildung schon mehrfach inBerührung gekommen, sowohl mit den Restaurierungswerkstättenals auch mit den Glasplattennegativen.Milena Huber studierte fast gleichzeitig ebenfalls ander TU München Restaurierung, Kunsttechnologie undKonservierungswissenschaft, verlegte sich jedoch mehrauf Gemälde und Skulpturen. Im Rahmen diverser studienbegleitenderPraktika arbeitete sie bereits im BLfD,aber auch ein Jahr lang in einem Atelier in Würzburg undeinige Wochen in China. Seit Mai <strong>2013</strong> betätigt sie sichauch als freiberufliche Restauratorin.Die beiden Kolleginnen freuen sich über die günstigenRahmenbedingungen, welche die Kombination derAnstellung mit der freiberuflichen Tätigkeit und Fami-lie ermöglichen. Sie müssen hier historische Fotografiendigitalisieren; zugleich sind die zugehörigen <strong>Informationen</strong>zu den Bildern in eine datenbankfähige Exceltabelleeinzupflegen und zu kontrollieren.Die vermeintlich trockene Materie verstaubter Glasplattenund Routinetätigkeit der Digitalisierung enthält für FrauHuber und Frau Edlmann sehr viel Leben und Inhalt. „DieBilder, die wir digitalisieren geben uns Einblicke in dieVergangenheit, und wir machen mit ca. 400 Bildern proArbeitstag oft eine Denkmal-Reise kreuz und quer durchBayern – und manchmal darüber hinaus“, sagt StephanieEdlmann. „Dass wir helfen, bislang unentdeckte Bildschätzefür die Nachwelt zu bewahren und der Öffentlichkeitzugängig machen, und dass wir dazu beitragen,dass die Bildinformationen zu vielen Kunstwerken, dieteilweise gar nicht mehr existieren, nicht für immer verlorengehen, ist eine lohnende Tätigkeit“, ergänzt MilenaHuber.DEEin gutes Gespann:Stephanie Edlmann(links) undMilena Huber(rechts)(Foto: BLfD,Ingeborg vonQuillfeldt)53


Im AmtDaniela BruderVolontärinA V – Restaurierung, Fachbereich Möbel und HolzDienststelle MünchenTel.: 089/ 2114-354E-Mail: daniela.bruder@blfd.bayern.deSchon Ödön von Horvathwusste: „Bekanntlichbraucht man zum Denkeneinen Stuhl, auf demman sitzt.“ Und wenn indiesem Stuhl einmal der„Wurm“ (Holzschädling)drin ist, dann greift DanielaBruder ein. Aberdie Thematik der Holzschädlingsbekämpfungist nur ein Teilbereichihres Volontariats in denRestaurierungswerkstätten des BLfD, wo die gebürtigeHessin seit Oktober 2012 zusammen mit ihrerBetreuerin Dr. Dipl.-Rest. (FH) Katharina von Millerim Fachbereich Möbel und Holzobjekte arbeitet.Erste praktische Kenntnisse erwarb sie bei einer Schreinerlehre,die sie mit Gesellenbrief abschloss. Um abernicht nur neue Möbel anfertigen, sondern auch Objektemit Vergangenheit restaurieren zu können, absolviertesie zunächst ein einjähriges Vorpraktikum imFrei lichtmuseum Hessenpark. Ihr Bachelor-Studium2007–2010 im Bereich „Präventive Konservierung“an der Hochschule für angewandte Wissenschaft undKunst in Hildesheim schloss sie mit der Thesis über denmittelalterlichen Truhenbestand im Kloster Ebstorf ab.Den Master erwarb sie 2012 im Fach „Konservierungund Restaurierung“ mit einer Befundsicherung samtKonservierungskonzept für „Eine lederbezogene Koffertruheaus dem Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichteder Stiftung Schleswig-HolsteinischeLandesmuseen Schloss Gottorf“.Besonders gern erinnert sie sich an ihr sechsmonatigesAuslandspraktikum in den Restaurierungswerkstättender Stadt Antwerpen, das sie noch vor Beginnihres Masterstudiums eingeschaltet hatte. Sehr positiveErinnerungen hat sie auch an die zwei Erasmus-Intensivprogramme, bei denen sie ihr Wissen unteranderem zu historischen Techniken vertiefen konnte.An ihrer Tätigkeit am BLfD schätzt sie besondersdie Herausforderung, sich in eine große Vielfalt unddie damit verbundenen Problemstellungen im FachbereichMöbel einarbeiten zu können – und dies infruchtbarem fachlichem Austausch mit den anderenRestauratoren. Schwerpunkte des Volontariats sinddie Teilnahme an Beratungsterminen vor Ort, diedamit verbundenen inhaltlichen Vor- und Nachbereitungensowie RestaurierungsarbeitenAngela SchürzingerJosephine Dreßler M.A.VolontärinReferat Z I – Bayer. Denkmalliste und -topographieDienststelle MünchenTel.: 089/2114-386E-Mail: josephine.dressler@blfd.bayern.deJosephine Dreßler, 1988 imsächsischen Borna geboren,schrieb sich 2007 ander Universität Leipzigfür den BachelorstudiengangKunstgeschichte ein,den sie 2010 mit einerArbeit über „Die nationalsozialistischeStadtplanungfür Linz“ erfolgreichabschloss. Ein anschließendesPraktikum bei derUnteren Denkmalschutzbehördedes Landkreises Leipzig überzeugte dieAbsolventin, sich mit diesem Gebiet näher auseinanderzusetzen.So begann sie im Herbst desselben Jahresden Masterstudiengang <strong>Denkmalpflege</strong> an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg. Ihre Abschlussarbeitbei Prof. Dr. Achim Hubel behandelte „Die Bautendes agra-Parks in Leipzig/Markkleeberg“, ein Thema,das nebenbei auch die Gartenkunst umfasst – einweiteres Interessensgebiet von Frau Dreßler.Mit dem Fachvolontariat am BLfD, wo sie derzeit inder Denkmalerfassung tätig ist, hofft sie, den Grundsteinfür ihre weitere berufliche Laufbahn zu legenund sich damit das Handwerkszeug für eine zukünftigeTätigkeit in der <strong>Denkmalpflege</strong> anzueignen. Ander <strong>Denkmalpflege</strong> schätzt Josephine Dreßler vorallem das interdisziplinäre Arbeiten, die Verbindungvon wissenschaftlicher Literatur- und Archivalienrecherchemit den Begehungen und der Inaugenscheinnahmevor Ort. Es fasziniert sie, dass Gebäude in ihrerGesamtheit betrachtet werden, unter geschichtlichen,künstlerischen und technologischen Aspekten – undsie ist auch begeistert, dass ihr unterwegs im Diensteder <strong>Denkmalpflege</strong> oft Einlass zu sonst verschlossenenObjekten gewährt wird.Auch der PRO agra-Park e. V., mit dem sie währendihres Studiums in Berührung kam, beschäftigtsie weiter: Zusammen mit Reinhard Mast, demDozenten für Recht in der <strong>Denkmalpflege</strong> an derUni Bamberg, erarbeitete sie eine denkmalpflegerischeArgumentation und hielt am diesjährigen Tagdes offenen Denkmals einen Vortrag über den Parkunter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten. Ihrpersönliches Anliegen ist es, sich für die <strong>Denkmalpflege</strong>einzusetzen und den Wert der Denkmäler zuvermitteln.Renate Schiwall54


Im AmtDorothee Möhle M.A.Referat B I – Oberbayern NordDienststelle ThierhauptenTel. 08271/8157-58, Fax -45E-Mail: dorothee.moehle@blfd.bayern.deDorothee Möhle wurde 1971 inIngolstadt geboren. Sie studiertevon 1992 bis 1998 Germanistikund Ur- und Frühgeschichte inMünster. Schon aus der Fächerkombinationergibt sich, dass siedabei die Verbindungspunktezwischen Literatur und Archäologiesuchte; Niederschlag und Verwertungarchäologischer Funde inder Belletristik vor allem des ausgehenden 19./Beginn20. Jahrhunderts waren Themen, die sie besondersinteressierten. Auch archäologisches Zeichnen war einSchwerpunkt in ihren Studienjahren, die sie abschlossmit dem Magister Artium in Germanistik und einerMagisterarbeit zum Thema: Die Vorgeschichte indeutschsprachigen Romanen des Bürgerlichen Realismus(2. Hälfte 19. Jahrhundert).Gesucht hatte Dorothee Möhle ursprünglich eineAnstellung im Verlagswesen oder in der Öffentlichkeitsarbeitmit Verbindungen zur Archäologie, gewordenist es zunächst eine Tätigkeit als freiberuflichearchäologische Zeichnerin, ab 2008 dann zusätzlichWissenschaftliche Hilfskraft beim BLfD. Von 2008bis <strong>2013</strong> leistete sie in diesem Rahmen den Maßnahmenrücktragim FIS und Vorarbeiten für den Umzugder Dienststelle Ingolstadt nach Thierhaupten. Nachdessen Vollzug ist sie jetzt Referatsassistentin imReferat B I Oberbayern Nord in Thierhaupten.Ein persönliches Motto formuliert Frau Möhle so:„Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht dieAnbetung der Asche.“ Es geht nicht nur darum, Vergangeneszu bewahren, sondern seine Bedeutung füruns hier und jetzt zu vermitteln, Begeisterung (fürden Denkmalerhalt) weiterzugeben, zu verstehen undaufzuzeigen, wie die Vergangenheit und unser Wissendarüber unser heutiges Leben prägt. Daraus erwächstihr die Idee: Wie wäre es mit <strong>Denkmalpflege</strong> als verpflichtendesUnterrichtsthema in den Schulen?Eine nettes Telefonat ergab sich vor Kurzem mit einemAnrufer, der sich, in schönstem Bayerisch, über dasdenkmalrechtliche Verfahren erkundigen wollte: „…weil da Sepp vom Stammtisch, der glabt, er woaßimmer ois besser und da wollt i frogn, wia na des jetzatso is mit de Knochn. Da Sepp sogt, i bin a Depp wenndie was ausgrobn und i muas des zoin?“ Ich habe ausführlichmit dem Herrn gesprochen und zusätzlichInfomaterial geschickt, so rechtzeitig, dass er es „demSepp“ am Stammtisch „unter die Nase reiben“ konnte.Es stellte sich heraus, dass der Sepp wohl doch nichtimmer Recht hat!DEIsabell Schüngel M.A.VolontärinReferat A V – Fachbereich Gemälde/SkulpturDienststelle MünchenTel.: 089/2114-385E-Mail: isabell.schuengel@blfd.bayern.deDie am 1986 geboreneWestfälin Isabell Schüngelbegann ihre restauratorischeAusbildung mit einemstudienvorbereitenden Praktikumin Paderborn. 2006nahm sie das Studium der„Präventiven Konservierung“an der HAWK Hildesheimauf und führte esnach einem Jahr im Studiengang„Konservierungund Restaurierung“ an derFH Erfurt fort, wo sie 2010 ihren Bachelor erwarb.Im anschließenden Masterstudium erweiterte sie ihretheoretischen und praktischen Kenntnisse zur Konservierungund Restaurierung von Wandmalereien,Gemälden und Skulpturen und spezialisierte sich aufdas Zusammenspiel von Architektur und Ausstattung.Der Abschluss „Master of Arts“ folgte <strong>2013</strong> mit derArbeit über eine wachsbehandelte gotische Madonnaim Museum Schnütgen in Köln.Während des Studiums absolvierte Frau Schüngelverschiedene Praktika und Praxissemester im In- undAusland. Die Reise führte die angehende Restauratorinzuerst nach Lohme auf Rügen, wo sie sich mit Wandmalereienund Holzobjekten auseinandersetzte, in dieRestaurierungswerkstatt im Historischen Museum derStadt Regensburg, nach Ober-Eglfing in Oberbayernzum Pilot- und Forschungsprojekt „<strong>Denkmalpflege</strong>Modell Freskenhof“. Am Fraunhofer-Institut in Dresdensammelte sie Erfahrungen in der non-invasivenUntersuchung von Kunstwerken mittels Terahertz-Strahlung, und auch mit der <strong>Denkmalpflege</strong> machte siesich vertraut: im LWL-Amt Westfalen-Lippe in Münsterund am Landesdenkmalamt in Bodo/Norwegen.Seit dem 1. Juni <strong>2013</strong> ist Isabell Schüngel als Volontärinim BLfD tätig und mit der Erarbeitung eines Maßnahmenkonzeptesfür das Fastentuch aus Roßholzensowie der Untersuchung eines Tüchleingemäldes desPassionszyklus’ aus Altötting betraut. An ihrer Arbeitschätzt sie besonders den hautnahen Umgang mit dengeschichtsträchtigen Kulturgütern und die Kombinationaus wissenschaftlicher Arbeit im Bereich derKunstgeschichte und der Naturwissenschaften sowieder praktischen Arbeit an den Objekten. Ein besonderesAnliegen ist es ihr auch, den Besitzern vonDenkmalen den pfleglichen Umgang mit ihren Kulturgüternzu vermitteln.Renate Schiwall55


Im AmtAlexandra Beck M.A.VolontärinReferat G2 – Öffentlichkeitsarbeit, Fortbildung, PresseDienststelle MünchenTel.: 089/2114-260E-Mail: alexandra.beck@blfd.bayern.de„Sie ist genau richtig hier“,ist das Gefühl, welches manbekommt, unterhält man sichmit unserer neuen Volontärinim Pressereferat AlexandraBeck: überall da zur Stelle,wo sie gebraucht wird, fleißigund wissbegierig. Solcheund andere wertvolle Eigenschaftenzeigte sie auch amTag des offenen Denkmalsim Hauptsitz des BayerischenLandesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>. Hier gab sie interessiertenBesuchern wie ein „alter Hase“ Auskunft überdie zur Ansicht ausgelegten Publikationen des Hauses,wies Umherirrenden den Weg, war in der Ausstellungtätig – und das alles, obwohl ihr Volontariat erst wenigeTage zuvor, am 26. August dieses Jahres, begonnenhatte. Sicher liegt dieser Eifer und diese Beschwingtheit,mit der sie neue Aufgaben angeht, an ihrer Jugend,aber auch an ihrem Credo: „… es gibt ja jeden Tag etwasNeues zu lernen“Erste Kontakte mit der Presse hatte Alexandra Beckschon vor ihrem Studium durch Praktika und als freieMitarbeiterin für die Landshuter Zeitung. 1984 in Isnygeboren, zog sie zum Studium in den Fächern VergleichendeKulturwissenschaft und Politikwissenschaftnach Regensburg. An der dortigen Universität setztesie sich mit Themen wie Erzähl-, Bild- und Tourismusforschung,mit westlichen, mittel- und osteuropäischenRegierungssystemen und der Nationalismusforschungauseinander. Daneben machte sie ein Praktikum Projektmanagementfür die Europäische Kommission beider Valentum Group in Regensburg.In ihrer Abschlussarbeit bei Prof. Dr. Daniel Drascekbearbeitete sie das Thema: „Urwald, Öde, Orient. ZurWahrnehmung der Fremde in Reiseberichten der bürgerlichenFamilienzeitschrift „Deutscher Hausschatz inWort und Bild (1874)“. Die Fremde hatte sie schon vorherbei einem Auslandssemester Ethnologie auf der weit entferntenInsel Réunion hautnah erfahren und beurteilenkönnen. Wieder im Land, schnupperte sie unter anderem2010 im Presse- und Öffentlichkeitsbüro des Umweltbundesamtsin Dessau-Roßlau artverwandte Luft – undes gefiel ihr so gut, dass sie nach Abschluss des Studiumsihre beruflichen Schritte <strong>2013</strong> auf Denkmalpfadenin unser Haus lenkte. Und was wünschen Sie sich fürdie Zukunft, Frau Beck? „Dass ich täglich weiterhinso viel lernen kann und dabei so viel Freude habe.“Ina HofmannChristin Aghegian M.A.FachvolontärinReferat Z I – Denkmalliste und DenkmaltopographieDienststelle MünchenTel.: 089/2114-144E-Mail: christin.aghegian@blfd.bayern.deSeit September <strong>2013</strong> hatChristin Aghegian, Jahrgang1982, ein Fachvolontariatim Referat BayerischeDenkmalliste undDenkmaltopographie aufgenommen.Die Freude amUmgang mit und der Erforschungvon Baudenkmälernhatte sie 2004 einMagisterstudium mit Kunstgeschichteim Hauptfachsowie Rechtswissenschaft und Romanische Philologie/Italienischan der Eberhard-Karls-Universitätin Tübingen beginnen lassen. Ihre Schwerpunktelegte die gebürtige Ulmerin auf Architektur undMalerei der Moderne sowie die italienische Renaissancekunst,sodass für sie ein Studienjahr an derUniversità degli Studi di Firenze als selbstverständlicherschien. Kulinarisch und kulturell hat FrauAghegian das Jahr voll ausgekostet und die toskanischeKulturlandschaft intensiv erkundet. Mit einerArbeit bei Prof. Dr. Sergiusz Michalski über dieSt.-Johann-Baptist-Kirche von Dominikus Böhmin Neu-Ulm erwarb Frau Aghegian den Titel einerMagistra Artium.Schon während des Studiums beschäftigte sich FrauAghegian auch mit Bauforschung und dokumentierteund kartierte im Rahmen eines zweimonatigenPraktikums bei der Bau- und Kunstdenkmalpflegeim Regierungspräsidium Tübingen bauhistorischeBefunde an der Nordfassade der Stiftskirche inTübingen. Bei einem weiteren Praktikum im Archivder ehemaligen Hochschule für Gestaltung Ulm vertieftesie sich in Inventarisation und Digitalisierungund half bei der Vorbereitung einer Ausstellung. Inder Designpraxis Diener in Ulm nahm sie die Gelegenheitwahr, zusammen mit dem ProduktdesignerHorst Diener dessen gesamtes Werk zu sortieren, zuverzeichnen und zu digitalisieren.An ihrer jetzigen Tätigkeit schätzt unsere Volontärindas vielseitige und abwechslungsreiche Aufgabengebiet,das wissenschaftliche Arbeiten und die Dienstreisen,die sie zu spannenden Zielen führen, um sichvor Ort ein Bild von den Denkmälern zu machen.Hier dokumentiert und kartiert sie die besuchtenObjekte und lernt gleichzeitig auch die bayerischeDenkmallandschaft immer besser kennen.Renate Schiwall56


PorträtsPORTRÄTSZum Tode von Dr. Erich SchosserDer langjährige Vorsitzende des Landesdenkmalrats Dr.Erich Schosser ist am 7. September 1924 in München geboren,wurde vor Abschluss der Oberschule als Infanterist zurWehrmacht eingezogen und im Krieg schwer verwundet.1945 kam er in amerikanische Gefangenschaft. 1946 konnteer das Abitur nachholen und studierte in der Folge u. a.Zeitungswissenschaften und Philosophie an der MünchnerUniversität, wo er 1951 promovierte. Noch währenddes Studiums machte er eine journalistische Ausbildungund arbeitete danach als Journalist, u. a. als freier Mitarbeiterbeim Bayerischen Rundfunk. 1965 wurde er Redakteur.Er beschäftigte sich intensiv mit historischen Themen,vor allem zu Osteuropa und Asien, mit den Weltreligionenund den alten Philosophen. 1966 nominierte ihn die CSUim Stimmkreis München-Nymphenburg für den Landtag,wo er sich besonders für Kultur- und Denkmalpolitik einsetzte.Zusammen mit Josef Deimer und Erich Kiesl brachteer den Entwurf eines Fachhochschulgesetzes ein, kämpfte1968 mit Erwin Schleich und anderen gegen den Abrissder Ruine der Allerheiligenhofkirche und startete Initiativenzur Schaffung eines Denkmalschutzgesetzes. Aber erst1973 hatten die von ihm miteingebrachten GesetzesinitiativenErfolg: Das Gesetz wurde vom Landtag verabschiedetund bald vorbildhaft für ganz Europa. Sein Engagementbrachte Schosser den Namen „parlamentarischer Vater desDenkmalschutzgesetzes“ ein. Er wurde auch der erste Vorsitzendedes damals ebenfalls neu geschaffenen Denkmalrates,eine Funktion, die er bis 2004 innehaben sollte. Über900 Ensembles hat der Landesdenkmalrat unter seiner Leitungbeschlossen. Man trug ihm den Ehrenvorsitz an. Bis1994 saß Erich Schosser im Bayerischen Landtag und bliebbis zuletzt der unerschrockene Kämpfer für die Denkmälerund den Denkmalschutz, dem er noch im Juli <strong>2013</strong> anlässlichdes 40-jährigen Bestehens des Denkmalschutzgesetzeseine flammende Rede widmete (siehe S. 12) und dabei dieheutige „miserable Dotierung“ im Bayerischen Haushaltmonierte. (Quelle u. a. Wikipedia, 08.09.<strong>2013</strong>) HtrTraueransprache des Generalkonservatorsin der Herz-Jesu-Kirche in München-Neuhausenam 4. Oktober <strong>2013</strong>Sehr verehrte, liebe Frau Schosser, verehrte Angehörige,werte, in Trauer um Dr. Erich Schosser Versammelte!Vor vier Jahren: Es war ein sonniger Herbstnachmittag, alswir in seinem Nymphenburger Garten saßen. Er, im leichtenSommeranzug mit den feinen hellblauen Streifen, offenesHemd, gelassen und unglaublich präsent, heiter gestimmt:Er, Erich Schosser, der schmale, drahtige Mann, geborenam 7. September 1924, hatte vor wenigen Tagen seinenFoto: BLfD,Michael Forstner85. Geburtstag gefeiert. In jeder Weise ist er ein Menschdes 20. Jahrhunderts; dieses Jahrhundert hat sich in seineGesichtszüge eingeschrieben.Er, guter Stilist und präziser Formulierer, gestählt in zahllosenDebatten, erzählte von der niederbayerischen Donauund von Deggendorf, der Heimat seiner väterlichen Vorfahren,vom frühen Tode des Vaters, vom Jahr 1942, als manihn nach Frankreich und dann nach Russland in den Kriegschickte; dort, ganz vorn, war er Melder bei der Infanterie,wurde schwer verwundet, sichtbar und spürbar das ganzeLeben. Ein Jahr lang lag er im Lazarett. 1944 raubte ihm einBombenangriff auf München die Mutter.1945: Erich Schosser, Doppelwaise, war mittellos undschwerbehindert. Er schaffte im August 1946 das Abitur imKriegsteilnehmersonderkurs und finanzierte sich mit Nachhilfestundenein Studium der Geisteswissenschaften ander Münchener Universität. Er schrieb seine Doktorarbeit„Presse und Landtag in Bayern 1850–1918“, München 1968,noch ohne jede Ahnung, dass er selbst einmal fast dreißigJahre lang Landtagsabgeordneter sein würde. Er wurdeKulturpolitiker, Denkmalpolitiker, Bildungspolitiker.Erich Schosser war ein Kämpfer, besaß Bildung und Zivilcourage,nahm kein Blatt vor den Mund. Am Kabinettstischwar vielleicht deshalb nie Platz für ihn. „Irgendwie bin ichdoch ein halber Niederbayer. Ich habe dem Kampf immergeliebt, ich bin ihm nicht ausgewichen“, sagte er an diesemHerbsttag vor vier Jahren.Ein sonniger Herbsttag war es auch in der vergangenenWoche, als ich an seinem Krankenbett saß. Ein Lebenging da zu Ende, und ich sah, wie der Freund auch jetztkämpfte. Da litt einer, der immer selbstbewusst, selbstän-57


Porträtsdig, im hohen Alter noch eine stolze Erscheinung war undgern gelebt hatte. Er kämpfte sehr tapfer, aber er litt daran,wie rasch ihn die Kräfte verließen, wie seine Hilflosigkeitzunahm, wie ihm klar wurde, dass nicht nur die anderensterben.Totenfeiern sind für uns, für diejenigen, die auf dieser Weltund in diesem Leben zurück geblieben sind. Wir brauchendie Totenfeiern. Wir empfehlen den Verstorbenen Gott undder Fürsprache der Heiligen. Wir bestätigen uns gegenseitig,wie groß der Verlust des lieben Menschen gewesen ist.Wir geben Trost und finden Trost. Wir bieten den AngehörigenHilfe an, soweit sie uns möglich ist, bei all den Fragen,den alltäglichen und den nicht alltäglichen, die der Weggangdes geliebten Menschen aufgeworfen hat. Liebe Frau Schosser:Sie sind nicht allein.Liebe Frau Schosser: Ich möchte Ihnen auch sagen, dasswir, die Mitarbeiter im Bayerischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>Ihren Mann ganz außerordentlich geschätzthaben. Wir haben uns jedes Mal gefreut, wenn er bei einemSommerfest, beim Neujahrsempfang dabei war. Ich persönlichhabe mich jedes Mal gefreut, wenn ich ihn, den väterlichenFreund, bei den Sitzungen des Landesdenkmalratestraf. Erich Schosser hat mir manchen wertvollen Hinweisgegeben und manchen guten Rat erteilt. Ein ganz unerwartetesund umso größeres Geschenk war es, als er mir dasDu anbot.Heute ist wieder ein Herbsttag, kein sonniger Herbsttagdiesmal. Der Himmel weiß nicht so recht, ob er mit unstrauern und weinen soll über den Verlust, oder ob er sichheiter zeigen soll darüber, dass da eine neue Seele auf demWeg in den Himmel ist. An diesem Herbsttag haben wiruns versammelt, um Abschied zu nehmen von Erich Schosser.Wir tragen ihn jetzt zu Grabe auf dem Winthirfriedhof,einem Ort der großen Stille mitten im Getriebe der Großstadt.Das, was sterblich an Erich Schosser war, ruht danndort, wo der Porzellankünstler Franz Anton Bustelli (1723–1763) ruht, dort, wo König Ludwig I. seinem geistlichenErzieher Joseph Anton Sambuga (1752–1815) ein edlesGrabdenkmal errichten ließ und mit einem Vers zierte.Das, was sterblich an Erich Schosser war, ruht dann dort,wo die Erzgießer Johann Baptist Stiglmaier (1791–1844)und Ferdinand von Miller (1813–1887) und der Gründerdes Deutschen Museums Oskar von Miller ruhen. Dort,wo man 1962 den Star des deutschen Stummfilms, ErnaMorena (1885–1962), 1996 den Journalisten und SchriftstellerSigi Sommer (1914–1996) und 2009 den wundervollenSchauspieler und Kabarettisten Jörg Hube (1943–2009)zu Grabe trug.Ein Friedhof dient den Lebenden eher als den Toten. So istes für die Lebenden schön, dass sie sich gerade auf diesemFriedhof an Erich Schosser erinnern können. Dort, mittenunter den Gräbern von Menschen, die künstlerische undkulturelle Güter geschaffen haben, dort ruht dann einer, derein Leben lang dafür gekämpft hat, dass unsere kulturellenGüter bewahrt bleiben.Wir danken dem Verstorbenen für alles, was er uns gegebenhat. In Respekt und in aufrichtigem Mitgefühl verneigenwir uns vor der Trauer seiner Ehefrau und vor der Trauerseiner Töchter.Eva-Maria Striegl geht von Bord21 Jahre lang im Sekretariat der LandesstelleBeim Stichwort „Bremen“ kommen wohl den meisten Zeitgenossendie Begriffe „Hansestadt“, „Werder Bremen“ oder die„Bremer Stadtmusikanten“ in den Sinn – für die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter der Landesstelle für die nichtstaatlichenMuseen in Bayern liegt noch eine weitere Assoziationnahe, und die heißt „Eva-Maria Striegl“. Obwohl seit vielenJahren in Bayern lebend und seit mehr als 21 Jahren (seit1. April 1992) als Sekretärin in der Landesstelle tätig, hältsie nicht nur eisern am „Bremer Snak“ fest, sondern pflegtauch ihre verwandtschaftlichen und freundschaftlichenKontakte, die sie immer wieder in ihre Heimatstadt führen.Mit norddeutscher Gelassenheit verkörpert sie seit mehr alszwei Jahrzehnten für den jeweiligen Landesstellenleiter undviele Kolleginnen und Kollegen auch in stürmischen Zeitenzwischen klingelnden Telefonen und zahlreichen zu vereinbarendenTerminen einen Fels in der Brandung. Sekretariatsarbeiterledigt Eva-Maria Striegl aber nicht nur „zu Hause“im Büro der Landesstelle im Alten Hof – besonders gerne istsie bei den Tagungen der Landesstelle wie dem BayerischenMuseumstag im Tagungsbüro vor Ort in den bayerischenBezirken oder auch bei den Bayerisch-Böhmisch-Sächsisch-Oberösterreichischen Museumsfachtagungen zugange. Derdiesjährige Bayerische Museumstag in Passau war wohlder letzte mit Eva-Maria Striegl im Tagungsbüro, denn siewird Ende des Jahres ihre langjährige Tätigkeit bei der Landesstelleaus Altersgründen beenden.Mit ihrer hilfsbereiten und zugänglichen Art wird sie sichernicht nur vielen Tagungsbesucherinnen und -besuchern inErinnerung bleiben, sondern auch allen anderen Kolleginnenund Kollegen, die im Museumswesen tätig sind und mitdenen sie im Sekretariat, dem „Herzen der Landesstelle“,Kontakt hatte. Reiselustig und aufgeschlossen nahm sie auchstets an den Exkursionen der Landesstelle zu neuen Museenund Ausstellungen teil. Ein Höhepunkt war sicher die Englandreisemit ihren damaligen Chef Egon Johannes Greipl,den sie wegen ihrer guten englischen Sprachkenntnisse1992 zur Tagung der Europäischen Museumsfachberaterbegleitete. Auch privat setzte sich die Reisefreudigkeit u. a.Eva-Maria Striegl im Tagungssekretariat, 2009 (Foto: BLfD)58


Porträtsmit Schiffsreisen fort – auch hier kann eine gebürtige Bremerinihre Affinität zum Wasser und zur Schifffahrt wohlnicht verleugnen!Obwohl sie ihre Arbeitszeit in den letzten Jahren reduzierthatte und nur noch einen Tag in der Landesstelle arbeitete,widmete sie sich mit Elan auch Sonderaufgaben wie demEintragen der Veranstaltungen der bayerischen Museen zumInternationalen Museumstag, was teilweise mit intensivenNachfragen verbunden war, aber dank Eva-Maria Strieglsoft auch persönlicher Kenntnis der Museumsleitungen undder Situation vor Ort immer gut gelang. Mit ihrer menschlichenZuwendung bereicherte sie auch einmal pro Wochedie ökumenische Krankenhaushilfe „Grüne Damen“. Eva-Maria Striegl ist aber nicht nur sozialen Dingen gegenüberaufgeschlossen, sie hat auch ein Faible für schöne Möbel,Schmuck und Antiquitäten.Nun hisst Eva-Maria Striegl tatsächlich die Segel in Richtung„Ruhestand“ – wir wünschen ihr stets eine sanfteBrise, die sie mit ihrer Familie noch zu vielen schönen undangenehmen Plätzen trägt und hoffentlich auch oft wiederzu Besuch in die Landesstelle!Christine Schmid-EggerZum Tod von Werner HübnerAm 31. Mai <strong>2013</strong> ist Werner Hübner, der langjährige Schatzmeisterder Gesellschaft für Archäologie in Bayern e.V., inLandshut verstorben.Akademie der Künste im Sommer 1946 geschuldet. Seinen„Brotberuf“ fand Werner Hübner alsbald im Herbst 1946 alsAngestellter beim Telegraphenbauamt in Landshut. Der Postdienstmit verschiedenen Stellen in Landau, Neureichen au,Eslarn, Regensburg und schließlich wieder Landshut begleiteteihn, seit 1950 verheiratet, bis zur Pensionierung 1985 alsPostamtsrat schließlich sein Leben lang.Schon früh zeigte sich Hübners Interesse für Geschichteim Allgemeinen und für die Archäologie Niederbayerns imBesonderen, aber auch Natur- und Heimatkunde mit einemvolksbildnerischen Ansatz. Dies schlug sich in zahlreichenFeldbegehungen, Vorträgen, Führungen und verschiedenenPublikationen nieder. Unbestritten ist auch sein Schaffen fürdie gesamte Archäologie in Bayern. In intensivem Gedankenaustauschmit dem unvergessenen Rainer Christlein, derWerner Hübner auch als 1. Schatzmeister der Gesellschaftfür Archäologie in Bayern gewinnen konnte, gehörte er zumUrgestein der Vorstandschaft und prägte den Verein.Zahlreiche Entdeckungen neuer Fundplätze in der LandshuterGegend gehen auf sein unermüdliches Wirken zurück.Gerade die oftmals jahrzehntelange ehrenamtliche Arbeitin verschiedensten Gremien, so z. B. als Vorstand der Postbaugenossenschaft,als Schatzmeister der Gesellschaft fürArchäologie in Bayern, als ehrenamtlicher Mitarbeiter desBayerischen Landesamts für <strong>Denkmalpflege</strong> und im LandshuterArchäologieverein ArLan, wurde mit hohen Auszeichnungenwie der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes,der Bayerischen Denkmalschutzmedaille und dem Bundesverdienstkreuz1. Klasse auch überregional gewürdigt.Die Gesellschaft für Archäologie in Bayern dankt gemeinsammit dem Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> für die jahrzehntelanggeleistete Arbeit und wird Werner Hübner inehrender Erinnerung behalten.Ludwig Husty und Bernd PäffgenFoto: BLfD,Rudi RöhrlWerner Hübner wurde am 18. Dezember 1921 im schlesischenHermsdorf geboren. Nach dem Besuch der dortigen Volksschuleund dem Wechsel an das Humanistische Gymnasiummit Abitur in der Kreisstadt Waldenburg/Niederschlesienkam der 19-Jährige im Oktober 1940 zunächst beim Reichsarbeitsdienstim nordfranzösischen Reims zum Einsatz. VonApril 1941 bis Mai 1945 war Hübner dann als Soldat einerHeeresnachrichtenabteilung an der Ostfront in der Ukraine,im Kaukasus, in Rumänien und Ungarn eingesetzt, umzuletzt in Thüringen und Bayern Dienst zu tun. Nach Kriegsendeaus kurzer amerikanischer Kriegsgefangenschaft imoberbayerischen Bad Aibling entlassen, kam er im Juni 1945nach Niederbayern, wo er fast ein Jahr lang in der Landwirtschaftals Knecht in Altheim bei Landshut arbeitete.Seinen persönlichen Interessen war dann die Teilnahmean Fortbildungskursen für Journalisten an der MünchnerEine Ära geht zu EndeDr. Johannes Prammer – 37 Jahre als Archäologein StraubingAm 16. Oktober <strong>2013</strong> wurde Johannes Prammer in seinem –aus seinem – Museum verabschiedet. In einer Feierstunde imGäubodenmuseum Straubing würdigte OberbürgermeisterMarkus Pannermayr den zum 1. Oktober <strong>2013</strong> in den Ruhestandgetretenen Stadtarchäologen und Museumsleiter. Über37 Jahre war Prammer in und um Straubing herum archäologischtätig. Ruhig, besonnen, beharrlich und fachkundig hater dabei nicht nur weite Teile der Stadt „umgedreht“, sonderndie Ergebnisse seiner Arbeiten auch einem breiten Publikumdargelegt – in zahlreichen Ausstellungen im Museum undin einer Vielzahl von begleitenden Publikationen und eigenständigenAufsätzen. In besonderer Weise nutzte er die oftvermutlich erst nach langem Suchen zur Verfügung stehendenRessourcen, um die Geschichte Straubings darzustellenund in größere Kontexte einzuordnen.Der in der unmittelbaren Nachkriegszeit 1948 in Linz inOberösterreich geborene Johannes Prammer studierte in den59


Porträts1970er Jahren an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck(Klassische) Archäologie, Vor- und Frühgeschichte undAlte Geschichte. Seine leider ungedruckte, 1973 eingereichteDissertation behandelte ein provinzialrömisches regionalesThema unter dem Titel „Die römischen Gläser Oberösterreichs“.Die intensive Beschäftigung mit römischen Fundenqualifizierte ihn für seinen ersten längeren Arbeitsvertrag:Von Ende 1974 bis 1976 war er bei der damaligen PrähistorischenStaatssammlung in München als wissenschaftlicherVolontär angestellt. Von dort aus leitete er Ausgrabungenin der bedeutenden und gerade auch in den letzten beidenJahren wieder intensiv untersuchten Terra-sigillata-Töpfereiin Westerndorf-Pfaffenhofen am Inn. Ich denke, typisch fürihn war und ist, dass er schon unmittelbar nach der Grabungeinen umfangreichen Vorbericht dazu zum Druck bringenkonnte (Ein Sigillata-Brennofen aus Westerndorf-St. Peter.Bayerische Vorgeschichtsblätter 40, 1976, 129–142).Eine beim Bayerischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> ausgeschriebeneStelle als wissenschaftlicher Grabungsleiterfür ein DFG-Projekt brachte ihn schon 1976 nach Straubing.Noch während der Grabungen im Nordteil des damalsbekannten Kastells folgte ein umfangreicher Aufsatz zu„Das Steinkastell von Sorviodurum. Die Ausgrabungen1976 im Bereich des Nordtores“ in seiner zukünftige „Hauszeitschrift“,dem Jahrbuch des Historischen Vereins vonStraubing und Umgebung (79, 1977, 77–112). Der in der „Altstadt“geplante Neubau eines Krankenhauses brachte in baldmit anderen Teilen des römischen Straubings in intensivenKontakt, wobei er unter anderem das sogenannte Westkastellentdeckte. Diese Grabungen sowie eine Vielzahl weiterergeplanter Baumaßnahmen in den damals nur teilweisebekannten Bodendenkmälern Straubings führten zu einembis dahin in Bayern einmaligen Schritt: Es „... beschlossim Frühjahr 1978 die Stadt Straubing eine Stadtarchäologieeinzurichten, die noch im gleichen Jahr mit mehreren Grabungenim Stadtgebiet tätig wurde.“ So beschrieb Prammer,freilich bescheiden ohne seinen eigenen Namen zu nennen,den Beginn seiner am 1. April 1978 beginnenden 35-jährigenTätigkeit als für die ungeschriebene Vergangenheitder Stadt offiziell Zuständiger (25 Jahre StadtarchäologieStraubing. Jahrbuch des Historischen Vereins von Straubingund Umgebung 105, 2005, 39–58). In dieser Zeit zeichneteer mit seinem Team aus bis zu zwei Grabungstechnikernund einer Vielzahl von temporär, oft in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen(ABM) und anderen Unterstützungsprogrammenbeschäftigen schwer vermittelbaren Mitarbeiternfür eine gewaltige Anzahl bedeutender Entdeckungen verantwortlich.Genannt werden sollen aus der Römerzeit nurder Hafen und das Kastellbad des Westkastells, Hortfundemit Waffen und Paraderüstungen, Übungslager, Brandgräberund unzählige Befunde aus den Zivilsiedlungen (Kastellvici).Etliche vorgeschichtliche Siedlungen und Gräberder unterschiedlichsten Epochen repräsentieren die Zeitvor den Römern, während der Übergang zur Zeit danachdurch die Bestätigung eines spätantiken Kastells unter St.Peter erschlossen wurde. Aus dem frühen Mittelalter legteer, teilweise zusammen mit Mitarbeitern des BayerischenLandesamts für <strong>Denkmalpflege</strong>, Hunderte von Gräbern frei.Berühmt geworden sind aus verschiedenen Gründen dieJohannesPrammer(Foto: UlliScharrer)Gräberfelder Bajuwarenstraße und Alburg. Auch zu vielendieser Maßnahmen gibt es Vorberichte, so dass man über dieArbeiten in Straubing immer „up to date“ war. Bis 1985, biszur erstmaligen Beschäftigung des leider früh verstorbenenKarl Böhm, hat er anscheinend auch Aufgaben im Landkreisübernommen. Wie umfangreich diese Grabungstätigkeit sichüber die Jahre gestaltete und welche Flächen davon betroffenwaren, ist seit 2009 zumindest für die Altstadt nachvollziehbar.In einem vom Bayerischen Landesamt initiierten undmit europäischen Mitteln sowie der Unterstützung des HistorischenVereins der Stadt Straubing, der Sparkassenstiftung,der Deutschen Limeskommission, der Stadt Straubing unddem BLfD durchgeführten gemeinsamen Projekt konntenalle jemals in diesem Bereich vorgenommenen Grabungenund Beobachtungen lokalisiert und in einem archäologischenKataster samt den wichtigsten Ergebnissen eingetragen undkartiert werden (B. Mücke / J. Valenta, ArchäologischerKataster römisches Straubing. Jahresberichte des HistorischenVereins für Straubing und Umgebung 111, 2009,39–72). Freilich schwingt bei all der Begeisterung über dasErreichte auch die Wehmut des <strong>Denkmalpflege</strong>rs mit, bedeutetdoch jede ausgegrabene Fläche einen endgültigen Verlustan archäologischer Substanz, an originaler, einmaligerQuelle unseres bayerischen archäologischen Erbes.Die umfangreichen Grabungen Prammers bilden gewaltigeSchätze, die großenteils noch auf ihre Hebung und Nutzbarmachungwarten. Denn trotz der vielen Vorberichte undBeiträge zu Fundchroniken und trotz Prammers Bemühen,junge Archäologen für universitäre Abschlussarbeitenmit Straubinger Themen zu begeistern bzw. sie mit gutenArbeitsbedingungen zu ködern – neben zwei abgeschlossenenund publizierten Dissertationen sowie einer Habilitationsschriftzur Latènezeit und der ländlichen römischenBesiedlung des Umlandes sowie zur Spätantike von Straubinglaufen zurzeit zwei Dissertationen zum Kastellbadund zum Ostkastell – ist doch, wie auch sonst im Land, dergrößte Teil der Grabungen nur ansatzweise erschlossen.60


PorträtsNicht wenige dieser Schätze präsentierte Johannes Prammerjedoch in der Öffentlichkeit. Da ihm 1982 auch die Leitungdes Gäubodenmuseums übertragen wurde, eröffnete sich fürihn die Möglichkeit, schon parallel zu den Grabungen oderunmittelbar danach ausgewählte Funde und Befunde in einbesonderes Licht zu rücken. Dabei versuchte er sein Museumnicht als statische Einrichtung zu verstehen. Vielmehr passteer es in Etappen den neuen Erkenntnissen an. Aus diesemBemühen heraus kam es mit finanzieller Unterstützung derLandesstelle für die nichtstaatlichen Museen in den letztenJahren zu einer Serie von Teilneueröffnungen, in denen ingeschickter Form baulich auf die nicht ganz einfachen räumlichenVorgaben des aus drei Gebäuden bestehenden undteilweise recht verwinkelten Museums eingegangen wurde.Hierzu gibt es auch etliche gedruckte Museumsführer undKataloge. Die letzte dieser Teileröffnungen, die Neuaufstellungder vorgeschichtlichen Abteilung, durften wir bei derVerabschiedung Prammers erleben. Andererseits verstander es, die Vor- und Frühgeschichte Straubings immer ineinen größeren Zusammenhang zu rücken und wollte diesauch zeigen. Fast schon legendär und seit ihrer letzten Auflage2002 als fehlend in der bayerischen Ausstellungslandschaftempfunden war die Serie von aktuellen Darstellungen„Ausgrabungen und Funde in Albayern“ etwa im Zweijahres-Rhythmus.Die erste Ausstellung gleich im ersten Jahrseiner Museumsleitung 1982 zeugt von der Energie und demWillen, aber auch von den weitreichenden Kontakten undder Überzeugungskraft von Johannes Prammer. Es musstendoch jeweils gute Themen gefunden sowie die Kolleginnenund Kollegen davon überzeugt werden, ihre oft noch bergungsfrischenund unpublizierten Funde freizugeben undauf die Schnelle konservieren und restaurieren zu lassen.Dann mussten auch noch Texte rechtzeitig geschrieben undeingetrieben werden (wie er mir einmal sagte, war dies wohlder schwierigste Teil bei der Ausstellungsvorbereitung),denn sein Ergeiz war es, jeweils auch einen kleinen Begleitband(„Katalog“) zur Ausstellung vorzulegen. Ich finde esbewundernswert, wie Johannes Prammer die in Straubinggebotenen, oft wohl erst im Laufe der Zeit erarbeiteten Möglichkeitennutzte, dabei andere mit einbezog und insgesamtNachhaltigkeit schuf. Als eine besondere Form seiner Wissensvermittlungkam dann noch der kleine archäologischePark im südlichen Kastellbereich dazu. Im wahren Sinnedes Wortes „spielerisch“ können sich hier gerade auch jungeStraubinger mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen.Faszinierend ist aber auch, dass er es in seinem Werk nichtbei der Archäologie beließ. Seine Bibliografie ist gespicktmit heimat- und volkskundlichen Arbeiten, wie z. B. zu„Heiliggeistkugeln“, „Bauernglas, Silberglas“, zum Gäubodenvolksfest,„Goldschmiedearbeiten aus St. Jakob“ usw.oder zuletzt auch zum „Bahnhof Straubing 1859 / 2009“.Diese Arbeiten sind nicht nur Ausdruck Prammers vielseitigerInteressen, sondern auch dem Bewusstsein und der Verpflichtunggeschuldet, aus „seinem“ Museum etwas machenzu wollen und zu müssen.37 Jahre in Straubing, davon 35 als Stadtarchäologe, sindeine lange Zeit. Es hat den Anschein, als sei es JohannesPrammer nie langweilig, als sei er nie müde geworden. Vermutlichist dabei mit entscheidend gewesen, dass er in derStadt und in der Archäologenwelt akzeptiert war und seineArbeit trotz vieler sicher damit verbundener Konflikte respektiertwurde. Der Stadt Straubing kann man nur gratulieren,dass sie der Bedeutung der Aufgaben entsprechendschon vor Prammers Pensionierung seine Stelle zur Wiederbesetzungausgeschrieben hat. Eine besondere Freude dürftePrammer bereitet haben, dass mit seinem „Archäologie-,antike Monumente-, Wein-, Dampfeisenbahn- und Donauschifffreund“Prof. Dr. Günther Moosbauer aus Osnabrück/ Passau die Arbeit nahtlos weiter gehen kann.C. Sebastian Sommer… und dann der Neue!Prof. Dr. Günther Moosbauer ist Stadtarchäologevon Straubing und Leiter des GäubodenmuseumsZum 1. Oktober <strong>2013</strong> wurdeGünther Moosbauer von derUniversität Osnabrück zumNachfolger des an diesem Tagin den wohlverdienten Ruhestandgegangenen Dr. JohannesPrammer nach Straubing berufen.Dazu gratuliere ich ganzherzlich und wünsche für seineTätigkeit dort alles Gute, vielErfolg und eine hervorragendeZusammenarbeit mit den Kolleginnenund Kollegen in den Kommunalarchäologien, denMuseen, an den Universitäten und dem Bayerischen Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong>. Die vom Vorgänger hinterlassenenVorgaben sind groß, aber Moosbauer hat die bestenVoraussetzungen, die gute Situation in Straubing weiter zuentwickeln.Der am 3. Juni 1966 in Passau geborene Günther Moosbauerstudierte an den Universitäten Passau und Frankfurt. Seinenersten Abschluss erwarb er im Fach Alte Geschichte „miteiner archäologisch ausgerichteten“ Arbeit. 1996 promovierterer bei Prof. Dr. Helmut Bender im Fach Archäologie derRömischen Provinzen an der Universität Passau mit eineranschließend gedruckten Arbeit über „Die ländliche Besiedlungim östlichen Raetien während der römischen Kaiserzeit“,für die er mehrere Auszeichnungen bekam. Danachwurde ihm das Reisestipendium der Römisch-GermanischenKommission des Deutschen Archäologischen Institutszugesprochen. Schon 2004 habilitierte er an der UniversitätOsnabrück mit der ebenfalls gedruckten Arbeit „Kastellund Friedhöfe der Spätantike in Straubing. Römer undGermanen auf dem Weg zu den ersten Bajuwaren“. NachOsnabrück hatte es ihn zuerst als wissenschaftlichen Assistenten,später Oberassistenten verschlagen. Dabei übernahmer von Anfang an Verantwortung für das Projekt „Kalkriese,Römerschlacht im Osnabrücker Land“, in dessenRahmen Ausstellungen, Grabungen und wissenschaftlichePublikationen zu koordinieren waren, aber auch verschiedenezum Teil aufsehenerregende Kolloquien veranstaltet61


Über den Zaunwurden. Insofern betrifft auch ein guter Teil von MoosbauersArbeiten diesen im Zusammenhang mit der sogenanntenVarusschlacht gesehenen Fundort, besser Kleinraum, umKalkriese am nördlichen Ausläufer der Mittelgebirgszone.Aus dieser Tätigkeit heraus wurde er 2010 von der UniversitätOsnabrück zum Professor für Archäologie / Archäologieder Römischen Provinzen berufen.Nicht nur seine großen wissenschaftlichen Arbeiten qualifizierenGünther Moosbauer für die neue Arbeit in Straubing.Direkt nach seiner Promotion arbeitete er als örtlicherGrabungsleiter auf den benachbarten Künzinger Vicusgrabungen,aber auch an anderen Stellen im östlichen Bayern.Zuletzt war er an den Lehrgrabungen im Kastellvicusvon Straubing beteiligt und auch an der Erarbeitung einesKonzepts für den Römerpark Straubing. Weiterhin hat ersich vielfältig wissenschaftlich mit dem Donauraum in derRömerzeit zwischen Regensburg und Schlögen in Oberösterreichbeschäftigt. Darüber hinaus betreut er seit einigenJahren eine noch laufende Dissertation über das Kastellbadvon Straubing.Dementsprechend bin ich, sind wir alle natürlich gespanntdarauf, wie Günter Moosbauer mit der neuen (alten) HerausforderungStadtarchäologie Straubing und Gäubodenmuseumumgehen wird. Ich wünsche einen gutenArbeitsbeginn und ein gutes Eingewöhnen.C. Sebastian SommerÜBER DEN ZAUNMontanarchäologie des mittelalterlichen Blei-Silber-Erzbergbaus bei TrientLagebesprechung unter Tage (Foto: BLfD, Martin Straßburger)Direkt nördlich der Hauptstadt der Provincia Autonoma diTrento erhebt sich der Monte Calisio (Kalesberg), ein hochplateauartigerBergrücken, der im Mittelalter Schauplatzeines bedeutenden Silbererzbergbaus war. Das Gebiet bildetein Viereck zwischen den Orten Trient und Rococno imSüden sowie Faedo und Fornace im Norden. Die Erzvorkommensind schichtkonkordant im sogenannten Erzdolomit(Werfen-Formation) gebunden. Im Wesentlichen enthältdieser silberhaltigen Bleiglanz. Neben diesem Lagerstättentypgibt es noch hydrothermale Erzgänge im tiefer liegendenQuarz-Porphyr.Abgesehen von einigen Indizien für bronzezeitlichen Bergbausind zahlreiche Schmelzplätze dieser Zeitstellungbekannt. Der von einigen älteren Autoren angenommenerömische Bergbau auf Silber und Blei konnte allerdingsnicht nachgewiesen werden, und auch frühmittelalterlicheMontanaktivitäten sind bisher nicht bekannt. Beim derzeitigenForschungsstand lassen sich Befunde aus diesen beidenPerioden jedoch nicht grundsätzlich ausschließen.Kaiser Otto I. übertrug das Herzogtum Trient mit den MarkgrafschaftenIstrien und Trient auf der Reichsversammlung952 in Augsburg dem bayerischen Herzog Heinrich I.(948–955). Der Bischof von Trient erhielt von den KönigenHeinrich II. und Konrad II. die Markgrafschaft Trient mitdem Vintschgau sowie dem oberen Eisack- und Etschtal.Schriftliche Erwähnungen des Bergbaus kommen ab dem12. Jahrhundert auf. Das bekannteste mittelalterliche Zeugniszum Bergbau ist der Codex Wangianus, der von BischofFrederico Wanga im Jahre 1215 zusammengestellt wurde.Dieses Dokument enthält unter anderem Regeln für den Silbererzabbauim Monte Calisio bzw. Argentario nördlich derStadt. Der Bergbau fand vor allem von der zweiten Hälftedes 12. bis Ende des 13. Jahrhunderts sowie im 15./16. Jahrhundertstatt.Über Tage geben Tausende von Pingen (verbrocheneSchächte und Abbaue) Zeugnis von dem ehemals intensivbetriebenen Bergbau. Einige Vertiefungen ohne Halden sindeventuell auf Karstprozesse zurückzuführen oder zeigenoberflächennahe Abbaue an. Schächte wurden angelegt,wenn der Erzdolomit von mächtigen Deckschichten überlagertwar. An den Berghängen war der Zugang einfacher, dasich dort Aufschlüsse befanden. Die mittelalterlichen Bergleutenutzten hier flach einfallende Barytgänge als Orientierungund folgten diesen. Sobald ein abbauwürdiger Teilder Lagerstätte erreicht wurde, begannen sie mit dem Abbaudurch Feuersetzen sowie den Einsatz von Keilhauen undMeißeln. Die Firsten der Abbaue sind stellenweise stark verrußt,und auf der Sohle finden sich größere Mengen Holzkohle.Manche Felspartien sind durch die Hitze auch rotverfärbt. In einigen Fällen trafen die Bergleute auf größerenatürliche Hohlräume. Diese nutzten sie unter anderem, um62


Über den ZaunBlick von Trento auf den Monte Calisio, Italien (Foto: BLfD, Martin Straßburger)Abraum direkt unter Tage zu deponieren. Er brauchte aufdiese Weise nicht an die Oberfläche gefördert und dort aufeine Halde gestürzt werden.Da die Abbaue der Mineralisation folgen und somit nachunten in den Berg führen, mussten Vorkehrungen für dieWasserhaltung getroffen werden, zum einen, damit dieGruben nicht mit Wasser vollliefen, zum anderen um zuverhindern, dass das Wasser die Feuer löschte. Das Problemwurde gelöst, indem man das Wasser in Becken sammelteoder in Rinnen von den Betriebspunkten wegleitete.Als Geleucht dienten Steinlampen und Kienspäne. Ersterestanden an der Schachtsohle, während die Kienspäne vermutlichim Mund getragen wurden, so dass beide Händefür die Arbeit frei waren. Sie konnten zudem in Felsspaltenfestgeklemmt werden. Ferner finden sich stellenweiseNischen in den Stößen, in die man eventuell kleine Tonlampengestellt hat.Zwischen den Schächten gibt es über Tage Siedlungsspuren,die bisher jedoch noch nicht genauer untersucht sind.Zumindest in einem räumlichen Kontext mit den Bergwerkenliegen auf dem Monte Corno zudem vier kleine Befestigungsanlagen,die sich in direkter Nachbarschaft zu einergrößeren (Castel Bosco) befinden. Bisher ist unklar, ob sietatsächlich in Beziehung zum Bergbau standen. Wenn diesder Fall war, stellt sich die Frage nach ihrer genauen Funktion.Zwar gibt der Codex Wangianus einige <strong>Informationen</strong>über die im Montanwesen tätigen Personen und deren Hierarchie.Allerdings beinhaltet er keine Aussagen zu Siedlungenund Burgen sowie deren räumlicher Organisation imVerhältnis zu den Bergwerken.Um die zahlreichen offenen Fragen beantworten zu können,ist ein Projekt unter der Leitung des Museo delle ScienzeNaturali di Trento geplant. In dessen Verlauf sollen dieBefunde über und unter Tage dokumentiert sowie naturwissenschaftlicheAnalysen und experimtalarchäologischeVersuche durchgeführt werden, so z. B. zu den mittelalterlichenVortriebstechniken.Martin StraßburgerLinks: Feuergesetzter Abbau in einem Bergwerk bei Meano. Mitte: Spuren von Keilhauen in einem Bergwerk im Doss del Cuz. Rechts: Blick in einenSchacht auf dem Monte Colomba (Fotos: BLfD, Martin Straßburger)63


Über den ZaunBaudenkmäler im Dorfkern – Bürger retten das Bündner Dorf ValendasVerein „Valendas Impuls“: Ein Beispiel aus Graubünden, SchweizValendas teilte das Schicksal vieler Bündner Dörfer. DieHerrschaftshäuser bröckelten, Laden und Restaurant standenvor dem Aus. Der Glaube der Bevölkerung an eineZukunft des Bergdorfes Valendas war auf dem Tiefpunkt.Einige Bewohner fanden einen Weg, ihren Heimatort zuneuem Leben zu erwecken. Der Glaube der Einwohner aneine Zukunft ihres Dorfes kehrte zurück.Geschichte von ValendasBronzefunde deuten auf eine frühe Besiedelung hin. Erstmalserwähnt wurde Valendas im Jahre 765 im Testamentdes Churer Bischofs Tello. Die Burg Valendas bildete imMittelalter den Kern der «Herrschaft Valendas», zu der dieWeiler Brün, Carrera, Dutjen, Turisch, die Dörfer Versammit deren Fraktionen sowie möglicherweise auch Tennagehörten. Im 14. Jahrhundert begann die Germanisierungder Romanen-Siedlung durch angesiedelte Walser. Seit jeherwar Valendas wie das ganze Safiental von der Entvölkerungstark betroffen. Im 17. und 18. Jahrhundert folgten viele Burschenden Werbetrommeln der Söldnerführer und im 18.und 19. Jahrhundert übten immer mehr Valendaser fern derHeimat den Beruf des Zuckerbäckers und Cafetiers aus.Dorfplatz Valendas mit Holzbrunnen und Brunnenjungfrau von 1760,links davon das Grauhuus (1708), in der Mitte das Engihuus (Kernbau1517) und links das Türralihuus (Kernbau 1485) (Foto: Valendas Impuls)Ortsbild von nationaler BedeutungWer die rechtsrheinische Oberländerstraße von Ilanz nachBonaduz fährt, wird immer wieder überrascht von einer vielfältigenund unberührten Landschaft an der Rheinschlucht.Als Gegensatz dazu säumen in Valendas, neben dem größtenhistorischen Holzbrunnen von Europa, stattliche Patrizierhäuserdie Straße. Weshalb diese Anhäufung von sostattlichen Häusern in einem Bauerndorf? Valendas lag überviele Jahrhunderte an internationalen Säumerrouten durchdie Alpen. Zur Versorgung der Säumer sowie zur Selbstversorgungentwickelten sich Landwirtschaft und Handwerk.Valendas auf einer Landschaftsterrasse unmittelbar an der einmaligenRheinschlucht und doch nicht weit weg von den touristischen DestinationenFlims/Laax/Falera, Brigels und Vals (Foto: Valendas Impuls)In Valendas findet man viele Gebäude, die als Warenlager(Susten) dienten und bis zu 100 Pferden Unterkunft boten.Als Söldnerführer standen sie in französischen, holländischenund neapolitanischen Regimenten, waren wichtigeAmtsinhaber des Grauen Bundes und amteten als Verwalterim Veltlin. Mit dem Wegfall der Söldnerdienste und derpolitischen Ämter sank auch der gesellschaftliche Stellenwert.Plötzlich lag Valendas abseits der neuen Verkehrsverbindungen.Damit verlor das Dorf die wirtschaftlichenund gesellschaftspolitischen Grundlagen für eine Weiterentwicklungund wandelte sich zu einem einfachen Bauerndorf.Zurück blieben viele historische Zeitzeugen. Valendasbesitzt heute ein Ortsbild von nationaler Bedeutung.Ein Dorf lebt nur, wenn im Dorf auch gelebt wirdDieses Motto haben sich einige Einheimische zu Herzengenommen und im Jahre 2004 den Verein Valendas Impulsgegründet. Dieser bildet das Bindeglied zwischen Bevölkerungund Politik und setzt sich für eine nachhaltigeDorfentwicklung ein. Es stellte sich die Frage, wie man mitder historischen Bausubstanz und dem Ortsbild umgehensoll. Wie können die Gebäude im Dorfkern genutzt unddie Infra strukturaufgaben gelöst werden? Kann mit dieserLösung auch eine nachhaltige Wertschöpfung realisiertwerden? Dank der finanziellen Unterstützung des BündnerHeimatschutzes und der kantonalen <strong>Denkmalpflege</strong> konnteeine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden, um genau dieseFragen zu beantworten.Eine nachhaltige Entwicklung im Einklang mit derNatur und getragen von der einheimischen BevölkerungAufgrund der Lage von Valendas inmitten einer unberührtenLandschaft, unmittelbar an der einmaligen Rheinschluchtund nur einen Steinwurf entfernt von den touristischen Des-64


Über den Zauntinationen Flims/Laax/Falera, Brigels und Vals, steht derTourismus, als Möglichkeit für eine Weiterentwicklung anerster Stelle. Mit seiner Lage und seinem historischen Dorfkernbietet Valendas auf kleinem Raum eine einmalige Synthesezwischen Gestern, Heute und Morgen. Diese Stärkenwollen wir nutzen.Erwachen zu neuem LebenDer Dorfplatz im historischen Dorfkern von Valendas mitdem größten Holzbrunnen Europas soll seine jahrhundertealtesoziale Funktion als Ort der Begegnung wiedererlangen. Die Restaurierung und Nutzung der historischenGebäude im Dorfkern, Verkehrsberuhigungsmaßnahmenmit Parkierungsmöglichkeiten an der Peripherie des Dorfesund eine Umfahrung für den landwirtschaftlichen Verkehrsind in der Realisierungsphase.Mit der Übernahme des Türralihuus durch die StiftungFerien im Baudenkmal und die damit verbundene Sanierungund Nutzung als Ferienwohnungen ist ein erster Schrittgetan. Ein zweiter großer Schritt ist der Umbau des Engihuuszu einem historischen Kleinhotel als Begegnungsortim Dorfzentrum und als Informationsstelle für Valendasund die Rheinschlucht.Etwas bewegenDie Bevölkerung von Valendas, die Gemeinde Safientalund der Verein Valendas Impuls bewegen etwas und gestaltenaktiv die Zukunft. Das anspruchsvolle Vorhaben einerumfassenden und nachhaltigen Dorfentwicklung gelingt nur,wenn die jeweiligen Teilprojekte von der Bevölkerung undder Gemeindepolitik mitgetragen und umgesetzt werden.Kantonale und nationale Institutionen, Stiftungen und Privatemüssen bereit sein, diese Projekte zu unterstützen. Zielist es, die schützens- und erhaltenswerten Bauten und Freiräumezu erhalten. Die Nutzung der leerstehenden Bautenist nach heutigen Bedürfnissen zu fördern und Valendas alsattraktiven Wohn- und Ferienort bekannter zu machen.Aufbau des Projektes der nachhaltigen DorfentwicklungDurch die Ausarbeitung und Realisierung von ganz unterschiedlichenTeilprojekten werden verschiedene Bevölkerungsgruppenund Institutionen in das Gesamtprojekt einernachhaltigen Dorfentwicklung eingebunden. Niemand fühltsich ausgeschlossen. Jeder kann nach seinen Fähigkeitenund Neigungen einen Teil zur Entwicklung von Valendasbeitragen. Einerseits wird dadurch die Akzeptanz desProjektes unter der einheimischen Bevölkerung gestärkt,andererseits haben so auch auswärtige Personen und Institutionendie Möglichkeit, unterschiedliche Teilprojekte zuunterstützen.Der Verein Valendas Impuls koordiniert diese Projekte so,dass sie dem gleichen Ziel dienen, nämlich die AuthentizitätUnteres Marchionhuus; erbaut vor 1681. Eines der stattlichen Patrizierhäuserim Bauerndorf Valendas. An der Südseite des Doppel-Patrizierhausesgegen die Hauptstraße befindet sich ein Wappenstein (1770) mitder Inschrift V.v. A. C.S (Valentin von Arms und Catharina Sutter). DieWestseite ziert eine geschnitzte Türe mit dem Allianzwappen der Familievon Marchion und von Casutt (1681). In der Stube steht ein schönes Buffetmit dem Allianzwappen der Familie von Marchion und von Rosenroll(Foto: Valendas Impuls)und Einmaligkeit von Valendas mit seinem Ortsbild auchder Nachwelt zu erhalten und gleichzeitig mehr Lebensqualitätfür Einheimische und für Gäste zu erreichen. Damit istder erste Schritt für eine umfassende, nachhaltige Dorfentwicklungmit vermehrter Wertschöpfung vor Ort in einervon der Abwanderung betroffenen Randregion getan.Christian Läng und Walter MarchionVerein Valendas Impuls, Walter Marchion, PräsidentBahnhofstrasse 35, CH-7122 Valendaswww.valendasimpuls.ch / www.stiftungvalendas.chBachhuus/Pfisteri erbaut um 1660. Im Inneren befinden sich je ein großerBack- und Dörrofen. Das Back- und Waschhaus wurde im Jahre 2006von Nachfahren des oberen und unteren Marchionhauses dem VereinValendas Impuls geschenkt. Seit der Restaurierung, die im Herbst 2006abgeschlossen wurde, wird wieder regelmäßig Brot im Holzofen gebacken(Foto: Valendas Impuls)Beispiele von zwei ganz unterschiedlichen historischenGebäuden in ValendasGerne stellen wir Ihnen in der nächsten Folge, einen Wegvor, mit welchem es möglich wird, die nötigen Mittel für dieRealisierung der Teilprojekte zu beschaffen.65


Tag des offenen DenkmalsTAG DES OFFENEN DENKMALSTag des offenen Denkmals am 8. September <strong>2013</strong> – Auftakt in KelheimMit dem Chorgesang zur Befreiungshalle eröffnete der KelheimerMännerchor die bayerische Auftaktveranstaltungzum Tag des offenen Denkmals <strong>2013</strong>. Knapp 200 Gästewaren am Sonntag, den 8. September, ins Kelheimer Orgelmuseumin der Franziskanerkirche gekommen. Die StadtKelheim war dieses Jahr Gastgeberin für den Festakt, auchwegen des 150-jährigen Jubiläums der Befreiungshalle.Uraufführung zur AuftaktveranstaltungGeneralkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl begrüßtedie Ehrengäste, zu denen neben dem Festredner, TU-PräsidentProf. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang A. Herrmann, derRegierungspräsident von Niederbayern, Heinz Grunwald,Bezirkstagspräsident Manfred Hölzlein, der KelheimerBürgermeister Franz Mathes und der Landshuter OberbürgermeisterHans Rampf gehörten. Dem Kelheimer KomponistenFranz Hummel und dem Organisten Michael Pollweinsprach Greipl seinen besonderen Dank aus: Hummel hatteeigens für die Veranstaltung sechs Variationen des KelheimerLieds komponiert, die Pollwein im Rahmen des Festaktsim Orgelmuseum zur Uraufführung brachte.Denkmäler als Wahrzeichen und WirtschaftsfaktorenGeneralkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl eröffneteden Festakt und stellte in seiner Rede insbesondere diegroße Bedeutung der Region heraus: „Eine bewusste Regionalitätmit ihrem Fundament in der regionalen Geschichte,sichtbar und begreifbar in den regionalen Denkmälern,muss für die Zukunft der Menschen die große Rolle spielen“,so Greipl. Die Denkmäler seien dabei ein gewaltigesPotenzial für die Zukunft.Der Begrüßung durch den Generalkonservator folgtendie Grußworte der Politik: Kelheims Bürgermeister FranzMathes verknüpfte die Auftaktveranstaltung mit demgroßen Jubiläum, das die Stadt <strong>2013</strong> begeht. Das Jahr stehtfür Kelheim ganz im Zeichen der vor 150 Jahren eingeweihtenBefreiungshalle. Mathes unterstrich, dass die Denkmälernicht nur „Erbgut“ vergangener Zeiten seien, sondernWahrzeichen für Regionen und Anziehungspunkte für denTourismus. Die wirtschaftliche Bedeutung eines Denkmalsdürfe bei der Abwägung über seinen Erhalt nicht vergessenwerden. Seinen Worten schloss sich der RegierungspräsidentNiederbayerns, Heinz Grunwald, an. Er gratuliertezu den „runden“ Geburtstagen – neben dem Jubiläum derBefreiungshalle wird <strong>2013</strong> auch das 40-jährige Bestehen desBayerischen Denkmalschutzgesetzes gefeiert.Bezirkstagspräsident Manfred Hölzlein zeigte sich inseinem Grußwort dankbar: Es sei anerkennenswert, dasssich zu allen Zeiten Menschen gefunden hätten, die bereitwaren, das Alte zu bewahren. Er forderte die Zuhörer auf,sich Kelheim ohne die Befreiungshalle oder Landshutohne die Burg Trausnitz vorzustellen – ein gedanklichesExperiment, das die große Bedeutung der <strong>Denkmalpflege</strong>veranschaulicht, so Hölzlein. Es sei wichtig, den großenhistorischen Wert unserer Denkmäler zu erkennen und zuwürdigen – ganz egal, ob es sich bei diesen Denkmälernum eine imposante Burg oder ein eher unscheinbares Jurahaushandelt.Der Kelheimer Landrat Dr. Hubert Faltermeier ging inseinem Grußwort auf den Denkmalreichtum des Landkreisesein und dankte allen, die sich für die Bau- und Bodendenkmälerder Region einsetzen.Erziehung zur DemutDenkmäler erziehen zur Demut – dieses Motto zog sichwie ein roter Faden durch die Festrede von Prof. Dr. Dr. h.c.mult. Wolfgang A. Herrmann. Der Präsident der TechnischenUniversität München ist gebürtiger Kelheimer. Selbstbegeisterter Orgelspieler, freute sich Herrmann besondersüber den feierlichen Rahmen der Auftaktveranstaltung imOrgelmuseum Kelheims. In seiner bewegenden Festansprachebeschrieb er die faszinierende Bandbreite der <strong>Denkmalpflege</strong>und den großen Wert, den die Denkmäler für Bayernhaben: Sie sind, so Herrmann, unser historisches Gedächtnis.Seine Festrede lesen Sie auf Seite 68 ff.Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl bei der Festrede(Foto: BLfD, Holger Pitzig)66


Tag des offenen DenkmalsEhrengäste-Befreiungshalle: Kelheims Bürgermeister Franz Mathes überreichteden Ehrengästen eine mit Bierspezialitäten gefüllte Befreiungshalleaus Papier. Von links nach rechts: Landshuts Oberbürgermeister HansRampf, die Kelheimer Festkönigin, Kelheims Bürgermeister Franz Mathes,Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl, TU Präsident Prof. Dr.Wolfgang A. Herrmann, der Kelheimer Landrat Dr. Hubert Faltermeier,Bezirkstagspräsident Manfred Hölzlein (Foto: BLfD, Holger Pitzig)Alte Münze-Preisträger: Die Preisträger der Alten Münze mit GeneralkonservatorProf. Greipl und der Kelheimer Festkönigin Ricarda Nierer.Von links nach rechts: Johann Bielmeier (Postkellerfreunde Regen);Albert Blümel, Kreisheimatpfleger des Landkreises Kelheim; CorneliaSchink, Kreisheimatpflegerin des Landkreises Regen; Elmar Hartl; EvaBauernfeind (Freundeskreis Penzkoferhaus) (Foto: BLfD, Holger Pitzig)Würdigung des Ehrenamts: Verleihung der Alten MünzeDie Würdigung des Ehrenamtes ist bei der Eröffnungsfeierzum Tag des offenen Denkmals in Bayern seit einigenJahren ein wichtiger Programmpunkt: Personen aus demjeweiligen Regierungsbezirk, fünf waren es diesmal, diesich ehrenamtlich für die <strong>Denkmalpflege</strong> einsetzen, werdenan diesem Tag mit der „Alten Münze“ ausgezeichnet. DasSilberstück zeigt den Innenhof der „Alten Münze“ – sie istdas Dienstgebäude des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>in München. Mit der Verleihung dieser Auszeichnungdankt das Bayerische Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>Bürgerinnen und Bürgern für das herausragende Engagementbei der Bewahrung des historischen Erbes.Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl überreichtedie Münze zunächst an die Postkellerfreunde Regene.V. Sie setzen sich seit 2009 für Erhaltung und Nutzung historischerBier- und Eiskeller ein. Etwa 20 dieser steinernenVorratskeller, die teilweise noch aus dem 17. Jahrhundertstammen, gibt es in Regen. Mit ihrem Projekt gelingt es denPostkellerfreunden, diese Stollen zu beleben und nutzbar zumachen. Ihr 1. Vorsitzender Johann Bielmeier nahm die„Alte Münze“ stellvertretend für den Verein in Empfang.Kreisheimatpfleger Albert Blümel aus Lanquaid-Niederleierndorferhielt anschließend die „Alte Münze“ als Ehrungfür sein Lebenswerk: Seit über 50 Jahren ist der 91-jährigein der <strong>Denkmalpflege</strong> tätig, u. a. als Kreisheimatpfleger.Insbesondere um den Erhalt von Jurahäusern und HallertauerGehöften hat er sich große Verdienste erworben. HoheAnerkennung verdient auch die bebilderte Denkmalliste,die Herr Blümel für den gesamten Landkreis Kelheimerstellt hat.Die Auszeichnung überreichte Generalkonservator Greiplauch an die seit 2001 als Kreisheimatpflegerin im LandkreisRegen tätige Cornelia Schink. Ihrem herausragendenpersönlichen Einsatz ist der Erhalt vieler Baudenkmäler inder Region zu verdanken. Sie setzt sich darüber hinaus fürdie Jugendarbeit im Bereich <strong>Denkmalpflege</strong> ein und ist alsstudierte Archäologin auch für die Bodendenkmalpflegesehr aktiv.Für die Rettung des Penzkoferhauses in Viechtach erhieltder Freundeskreis Penzkoferhaus die Alte Münze. DasBürgerhaus schien bereits verloren, als sich der Freundeskreisformierte. Mit einer Machbarkeitsstudie wies derVerein die Instandsetzungsfähigkeit des Baudenkmals nachund gab somit den Anstoß zu seiner Rettung. Er unterstütztedie heutige Eigentümerin des Hauses tatkräftig beider Renovierung und hat großen Anteil daran, dass diesesbedeutende Gebäude erhalten geblieben ist. Eva Bauernfeindnahm die „Alte Münze“ stellvertretend für den Freundeskreisentgegen.Elmar Hartl aus Freyung macht sich seit bald 50 Jahrenum das archäologische Erbe verdient. Für sein Engagementerhielt er von Generalkonservator Prof. Dr. Greipl die „AlteMünze“. Elmar Hartl bringt sich intensiv in die Erforschungder Besiedlungsgeschichte des Bayerischen Waldesein. Mit seiner Arbeit unterstützt er aktiv die Erfassungvon Bodendenkmälern durch das Bayerische Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong>.150 Jahre BefreiungshalleDie Auftaktveranstaltung zum Tag des offenen Denkmalswar eingebettet in das umfangreiche Programm der StadtKelheim zum 150-jährigen Bestehen der Befreiungshalle.Dr. Christoph Lickleder entwickelte und koordiniertedas Jubiläumsprogramm für die Stadt. Ein ganzes Jahrlang feiern die Kelheimer ihr großes Wahrzeichen. KönigLudwig I. ließ es 1863 im Gedenken an die siegreichenSchlachten gegen Napoleon in den Befreiungskriegen 1813–1815 errichten. Vortragsreihen und Diskussionsabende,z. B. „Ist die Befreiungshalle noch genehmigungsfähig?“– ein heiter-komödiantischer Diskurs, an dem u.a. GeneralkonservatorProf. Dr. Greipl mitwirkte, aber auch KunstundSchulprojekte gehörten und gehören ebenso zu diesemJubiläumsprogramm wie Konzerte und Ausstellungen. Zuden Höhepunkten des Programms zählten vier Klanginstallationenzum Thema „Befreiung“, die am 8. und 9. Juni in67


Tag des offenen Denkmalsder Befreiungshalle uraufgeführt wurden. Kultur und Naturauf künstlerische Weise zu verbinden, war das Anliegeneines weiteren Programmhöhepunkts: „Ballett und Wildnis“.Unter diesem Motto arbeiten das Bayerische Staatsballettund das Bayerische Staatsministerium für Umwelt undGesundheit seit zehn Jahren zusammen; am 20. und 21. Julizeigte die Junior Company des Staatsballetts vor der Kulisseder Befreiungshalle ausgewählte Ballette zum Thema. DasBaudenkmal Befreiungshalle war zudem Thema der Ausstellung„Vom Nationaldenkmal zum Erbe der Welt“. Dasvon Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze geschaffeneBaudenkmal, seine Baugeschichte und die große Ingenieursleistungstanden im Fokus der Sonderausstellung desArchitekturmuseums der TU München, die bis 27. Oktoberin Kelheim zu sehen war. Am 18. Oktober, dem Tag der Einweihungder Befreiungshalle im Jahr 1863, fand zu Ehrendes Bauwerks ein großer Festakt mit Innenminister JoachimHerrmann und dem Polizeiorchester Bayern statt.Regionalität schmeckt:Ausklang bei einer niederbayerischen BrotzeitDem wort- und klanggewaltigen Abschluss des Festakts– alle Festgäste sangen zu Michael Pollweins Orgelbegleitunggemeinsam das „Kelheimer Lied“ – schloss sich eingeselliger Teil an. Die Stadt Kelheim und das BayerischeLandesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> luden zu einer niederbayerischenBrotzeit ein: Es gab Festbier und Fischpflanzerl –letztere aus fangfrischem Donaufisch hergestellt. Mit diesenKöstlichkeiten stärkten sich die Besucher des Festakts fürweitere Denkmalaktivitäten am Tag des offenen Denkmals.Dorothee OttDemut vor der GeschichteFestansprache des Präsidenten der Technischen Universität München, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang A. Herrmannbei der Eröffnungsveranstaltung zum Tag des offenen Denkmals <strong>2013</strong> im Orgelmuseum KelheimDer 150. Geburtstag der Befreiungshalle beschert uns inKelheim die bayernweite Eröffnungsveranstaltung zum Tagdes offenen Denkmals. Von meinem Zimmer im Elternhausblickte ich gewissermaßen „auf Augenhöhe“ auf sie, dieBefreiungshalle; und ich erlebte als Schüler die Hundertjahrfeier1963. Damals hielt der Historiker Karl Bosl dieFestrede. Ministerpräsident Alfons Goppel und der damaligeRegensburger Bischof Rudolf Graber sangen auswendigdie Bayernhymne, sonst großes Schweigen. FranzösischeDüsenjäger donnerten über die Halle, eher kein Geburtstagsgruß;heute, 50 Jahre nach Unterzeichnung des Elysee-Vertrags wäre diese Art der Luftakrobatik undenkbar.Kelheim: Reich an Denkmälern, reich an GeschichteLebendig in Erinnerung bleibt mir der Schulaufsatz in derUnterprima zum Thema „Ist die Befreiungshalle ein Nationaldenkmal?“Darin äußerte ich die Hoffnung, dass diesesDenkmal noch die Wiedervereinigung unseres Vaterlandeserleben möge. Diese Aussicht war damals (1966) so gering,dass ich zu meinen Lebzeiten nicht darauf zu hoffen wagteund deshalb das haltbarere Denkmal auf dem Michelsbergdafür einsetzte. Welches nationale, europäische, weltpolitischeGlück, dass Deutschland wieder ein einig Vaterland ist,ein Kultur- und Wirtschaftsfaktor Europas, und nicht mehrzwischen zwei verfeindeten Machtblöcken steht! Und dasswir ein freies, demokratisches Land mit einem Vaterlandsbegriffsind, der die Menschheit mit einschließt.Doch nicht nur das Jubiläum der Befreiungshalle rechtfertigtdie Eröffnungsfeier in Kelheim. Kelheim ist ja reich anGeschichte, und damit auch an Denkmälern. Sie begleitenmich seit meiner Schulzeit und sind fester Bestandteilmeines beruflichen Wirkens. Im „Herzogskasten“, einemehemaligen Zehntspeicher, in dem heute das archäologischeMuseum untergebracht ist, ging ich zur Schule. Inder Ottokapelle ministrierte ich einmal die Woche bei derFrühmesse und wurde dafür an diesen Tagen vom Kaplan,der auch mein Religionslehrer war, nicht ausgefragt. Späterengagierte ich mich als Organist, u. a. in der PfarrkircheMariä Himmelfahrt mit ihrem 1885 von Bischof Senestrygeweihten neugotischen Hochaltar, der einzigartig in ganzEuropa ist. Aber auch das sogenannte „Reichen“- und„Armen“-Spital in Kelheim, der alte Sebastiansfriedhof unddas Georgikirchlein in Gronsdorf mit seinen Wandmalereienaus dem 15. Jahrhundert seien nicht vergessen.So freut es mich ganz besonders, dass die bayernweiteEröffnungsveranstaltung zum heutigen „Tag des offenenDenkmals“ im Orgelmuseum in der Franziskanerkircheabgehalten wird! Welche Ehre, die mir als gebürtigem Kelheimerda zuteil wird!Eröffnungsveranstaltung im Kelheimer OrgelmuseumDie ehemalige Franziskanerklosterkirche, in der wir unsheute befinden, wurde ab 1990 aus einem lang dauernden„Dornröschenschlaf“ geweckt. Auf Initiative des damaligenGebietsreferenten des Bayerischen Landesamts für <strong>Denkmalpflege</strong>für den Landkreis Kelheim, Dr. Sixtus Lampl,wurde die Kirche vor dem weiteren Verfall bewahrt, im Jahr2006 wurde das Orgelmuseum eröffnet. Die Geschichte desKelheimer Franziskanerklosters ist, wie sollte es anders sein,eng mit dem Hause Wittelsbach verwoben: Herzog AlbrechtIII., Herzog von Bayern-München, 1401–1460 („derFromme“), förderte zahlreiche Mönchsniederlassungen, sou. a. die Einsiedelei im Klösterl, genannt Trauntal. Hier hattesich 1450 der Eremit Antonius von Siebenbürgen niedergelassen.Sein Sohn Herzog Albrecht IV., 1447–1508, war eingroßer Gönner des Franziskanerklosters in Kelheim. MitThomas Pirkheimer, dem Regensburger Domherrn, einstigenRat der bayerischen Herzöge im Bistum Regensburgund Pfarrer von Kelheim, kam es zu Auseinandersetzungenum den Neubau der Klosteranlagen am Fuße des Michels-68


Tag des offenen Denkmalsund ihre Pflege. So erhalten wir unser historisches Gedächtnis.Im Übrigen auch die Technikdenkmäler im DeutschenMuseum.TU-Präsident Wolfgang A. Herrmann bei seiner Festrede(Foto: BLfD, Holger Pitzig)berges. Gemeinsam mit Herzog Sigmund setzte AlbrechtIV. schließlich die schon seit 1459 geplante Errichtung desneuen Klosters für die bisher in der Einsiedelei lebendenFranziskaner-Observanten dank päpstlicher Unterstützungdurch. Sein Urenkel Herzog Wilhelm V., 1548–1626, geborenam 29. September (Michaelitag) 1548 in München, warein großer Verehrer des hl. Erzengels Michael. 1595 erbauteer das Jesuitenkolleg in München, dessen Kirche nach demhl. Michael benannt wurde. Nach seiner Heirat mit Renatavon Lothringen <strong>156</strong>8 wohnte und residierte der Herzog mitseiner Frau bis zum Tod seines Vaters Albrecht V. auf derBurg Trausnitz über Landshut. Er besuchte und förderte indieser Zeit das Kelheimer Franziskanerkloster.<strong>Denkmalpflege</strong>: Ein breites Spektrum wichtigerAnliegenAm Beispiel der Franziskanerkirche und der Gründung desOrgelmuseums wird deutlich, dass das Thema <strong>Denkmalpflege</strong>in Bayern bedeutsam und wichtig ist. Im Freistaatwird eine Vielzahl an Projekten gefördert. Der Bereich der<strong>Denkmalpflege</strong> ist groß, umfasst Boden- und Baudenkmäler– nicht nur die Befreiungshallen dieser Welt, auchunzählige Privatgebäude, die in der Summe die Geschichteunserer Heimat erzählen. Mein historischer Pfarrhof in Garchingan der Alz im Landkreis Altötting, erbaut 1792, ist„geometrischer Ort“ der ganzen Familie, für mich Ort derKreativität. Denkmäler sind ebenso wichtig wie das kulturelleBrauchtum, in dem wir zur eigenen Stabilität verwurzeltsind. Internationalität, vor allem in der Wissenschaft,meinem Metier, ist nur echt und wirksam, wenn man dieHeimat mit der Welt verbindet. Dazu muss man wissen, woman herkommt, und dazu braucht es auch die Denkmäler<strong>Denkmalpflege</strong> und NaturwissenschaftNicht nur als Privatmann und bayerischer Mensch, sondernauch als Präsident der Technischen Universität München sindmir <strong>Denkmalpflege</strong> und Denkmalschutz wichtig. Als einzigebayerische Universität mit einer Architektur-Fakultät nimmtdie <strong>Denkmalpflege</strong> bei uns einen breiten Raum ein. Aufmeine Initiative wurden der Lehrstuhl für Restaurierung,Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft und derdazugehörige Studiengang, ein deutschlandweiter Solitär, imJahre 1998 gegründet. So verbinden wir in Lehre und Forschungdie Bereiche Kunsttechnologie und Kunstgeschichte,Konservierungswissenschaft, Restaurierung und Kulturgüterschutz.Die Mitarbeiter um Prof. Dr. Emmerling arbeitenan den grundsätzlichen Fragen zu Methoden und derenAnwendung in der praktischen Restaurierung in den Bereichen<strong>Denkmalpflege</strong> und Sammlungen. Die Verbindung vonKunsttechniken, Konservierung und Restaurierung mit demrelativ jungen Fachgebiet der Konservierungswissenschaftist ein Schwerpunktthema am Lehrstuhl.In den vergangenen 13 Jahren wurden 160 Diplomrestauratorenausgebildet: ein kleiner, aber feiner Studiengang, derNaturwissenschaft und Kunst-/Kulturgeschichte verbindet.Die Wissenschaftler nahezu aller an der TUM vertretenenDisziplinen und Lehrstühle arbeiten hier eng zusammen!Zerstörungsarme bzw. „zerstörungsfreie“ Methoden zurUntersuchung von Kulturgut haben ein breites Anwendungsspektrumgefunden. Die meisten der Methodensind Produkte der modernen Naturwissenschaften. DieseAnwendungen sind aus der Praxis der naturwissenschaftlichenUntersuchung von Kulturgut nicht mehr wegzudenken.Zerstörungsfreie bildgebende Untersuchungsverfahrenbieten die Möglichkeit, die Entstehungsgeschichte bedeutenderWerke zu rekonstruieren. Ein unlösbar scheinendesPuzzle konnte dank solcher Methoden wenigstens teilweisegelöst werden: Ein Team um Prof. Massimo Fornasier, Inhaberdes Lehrstuhls für Angewandte Numerische Analysisder TUM, konnte einen Teil der Renaissance-Fresken derEinsiedlerkirche in Padua rekonstruieren – aus 88000 Putzstückchen,die nach einem Bombenangriff im Zweiten Weltkriegvon dem berühmten Fresko übrig geblieben waren.Das Architekturmuseum der TUMMehr noch: Unser Architekturmuseum in der Pinakothekder Moderne im Herzen Münchens gehört weltweit zu dengrößten und bedeutendsten. Eine Kostprobe ist die Ausstellungüber die Architekturgeschichte der Befreiungshalle: AlsKelheimer war es mir ein Herzensanliegen, meiner Heimatstadtzum 150. Jubiläum dieses Geschenk zu machen: „DieBefreiungshalle Kelheim – Vom Nationaldenkmal zum Erbeder Welt.“ Das Architekturmuseum ist ein ganz besondererBestandteil der TU München, denn dort befindet sich diegrößte Spezialsammlung für Architektur in Europa mit denreichsten Beständen zur bayerischen Architekturgeschichte.Es kann deshalb auch als das architektonische Gedächtnisunseres Landes bezeichnet werden. Unter seinen Schätzen69


Tag des offenen Denkmalsist nahezu der komplette Nachlass des Architekten Friedrichvon Gärtner, 1886 von der Bayerischen Ständeversammlung,dem Vorgänger des Bayerischen Landtags, angekauftund unserer Universität anvertraut. Gärtner wurde 1836 vonKönig Ludwig I. der Auftrag zur Planung der Befreiungshalleerteilt. In den Depots des Architekturmuseums in derTU München befinden sich alle Zeichnungen, Skizzen undPlanungsunterlagen, Berechnungen, Kostenanschläge etc.Gärtners für die Befreiungshalle, sodass die Planungs- undBaugeschichte detailliert ausgebreitet werden kann.Das „Study and Residence Center“ der TUMDas ehemalige Kloster Raitenhaslach erweist sich retrospektivals besonderer Glücksfall: Malerisch in der Salzachschleifevor Burghausen gelegen, kam die Klosteranlageunmittelbar nach der Säkularisation in Privatbesitz undblieb wegen nur teilweiser Nutzung über 200 Jahre in ihremEnsemblecharakter nahezu unverändert. Nach umfassenderRenovierung ist die Klosterkirche heute ein Juwel des spätenbayerischen Barock, ein Theatrum sanctum zum Innehaltenund Staunendürfen. Vorausschauend und kulturbewusstzugleich, erwarb die Stadt Burghausen den sogenanntenPrälatenstock (2004). Er soll nun als akademisches „Studyand Residence Center“ einer neuen Bestimmung zugeführtwerden. Aus der Klostergemeinschaft von ehedem soll eineinternationale Wissenschaftsgemeinschaft werden, die inRaitenhaslach ihren geometrischen Ort der Begegnung, deswissenschaftlichen Dialogs sowie der kreativen Entfaltungdes Geistes findet. Hier wollen wir künftig unser jungesinternationales Publikum begrüßen und mit den Menschender TUM bekannt machen, zu Seminar- und Fortbildungsveranstaltungeneinladen. Internationale Symposien sollendie Adresse Raitenhaslach tragen. Die Bayerische Staatsregierungunterstützt das Projekt mit 10 Millionen Euro.Denkmäler: Garanten kultureller IdentitätJa, wir müssen an der Spitze von Wissenschaft und Technikstehen; aber wir müssen auch unsere kulturelle Identitätverstehen. In beiden Fällen stehen wir auf den Schulternunserer Vorgänger und Vorfahren. Am heutigen Tag desoffenen Denkmals soll die Öffentlichkeit für die Bedeutungdes kulturellen Erbes sensibilisiert und das Interessefür die Belange der <strong>Denkmalpflege</strong> geweckt werden. Denkmälersollen uns ansprechen und die Anliegen ihrer Schöpferwachhalten. Denkmäler sollen exemplarisch unsereGeschichte ausleuchten, uns anregen über sie nachzudenken,auch über ihre Irrtürmer. Denkmäler sollen über dieMenschen und die Schicksale in ihrem Umfeld sprechen.Dann können Denkmäler zur Demut erziehen, und dassollen sie auch. Das ist vielleicht ihre wichtigste Aufgabe.Nicht gut, nicht schön, aber wahrZum Tag des offenen Denkmals <strong>2013</strong> in Bayern„Das Bedeutende will jedermann, nur soll es nicht unbequemsein“ – so schreibt Johann Wolfgang von Goethe inseinen „Wahlverwandtschaften“. Doch viele unserer Denkmale,die wichtige Zeitzeugen der Geschichte sind, werdenoft als unbequem wahrgenommen. Es können „nur“ Siedlungsgebäudeoder Bürokomplexe der Nachkriegsmoderneaus den 1960er/70er Jahren sein, an deren Anblick man sichstört. Es können Stahlbetonbauten, die vor FliegerbombenErpfting, Stadt Landsberg a. Lech. KZ-Lager Kaufering VII, Ruine einerHäftlingsbaracke (Foto: BLfD, Eberhard Lantz, 1992)schützen sollten, oder politische Propagandabauten sein. Eskönnen aber auch die Baracken, die Arbeits- und Konzentrationslagerder NS-Zeit sein, die es einem oft schwer machen,den tatsächlichen historischen Wert hinter dem „hässlichenBaustil“, dem „heruntergekommenen, zerfallenen Steinhaufen“,den Orten ehemaliger Gewalttaten und Verbrechen zusehen. „Lästig“ scheinen sie in vielen Fällen, denn es sindnicht nur negative Gefühle damit verbunden, ihre Erhaltungkostet darüber hinaus oft viel Geld und erheblichenArbeitsaufwand. All dieser Denkmäler nahm sich der diesjährigeTag des offenen Denkmals am 8. September unterdem Motto „Jenseits des Guten und Schönen: UnbequemeDenkmale?“ an. Für Besucher bot sich auch dieses Jahrwieder die Möglichkeit, durch ein ebenso vielfältiges wieumfangreiches Programm Einblick in die Geschichte zahlreicherBauwerke vor Ort und gleichzeitig in die allgemeineDenkmal-Debatte zu bekommen: Was macht den Wert vonDenkmälern eigentlich aus? Und wann und warum lohnt essich, diese auch weiterhin zu erhalten?<strong>2013</strong> – Jahr der JubiläenDabei stand die Veranstaltung <strong>2013</strong> unter dem Eindruckgleich mehrerer Jahrestage. Der Tag des offenen Denkmalsist der deutsche Beitrag zu den europaweit (unter derSchirmherrschaft des Europarates) veranstalteten „EuropeanHeritage Days“. Seit 1993 koordiniert die Deutsche70


Tag des offenen DenkmalsJüdischer Friedhof in Georgensgmünd, Lkr. Roth(Foto: BLfD, Dieter Komma, 2005)Stiftung Denkmalschutz die Aktionen in Deutschlandund feiert damit dieses Jahr das zwanzigjährige Jubiläum.Deutschlandweit waren rund 7500 historische Gebäude,archäologische Stätten, Parks und Gärten geöffnet. Davonstanden in Bayern rund 750 Denkmäler für Interessierteoffen. Die bayernweite Eröffnungsveranstaltung fanddieses Jahr im niederbayerischen Kelheim statt. Angesichtsder nun schon 40 Jahre, auf die das Bayerische Denkmalschutzgesetzzurückblickt, betonte Greipl: „Entscheidendfür ein Denkmal ist seine Bedeutung und seine Zeugniskraft.Keine Rolle spielt dabei, ob es schön, hässlich oderunbequem ist! Bayern ist nicht nur ‚Altbayern‘ (Oberbayern,Niederbayern, Oberpfalz), sondern auch Franken undSchwaben. Und es sind nicht allein die Menschen und ihreDialekte, die kulinarischen Spezialitäten in den jeweiligenRegionen, sondern es sind die Denkmäler, mit denen sichdie Menschen identifizieren. Egal, ob sie in der Stadt oderauf dem Dorf leben. Es ist der kulturelle Reichtum Bayernsmit seinen über 160 000 Denkmälern, der dieses Land sounverwechselbar macht.“Burgen, Bürgerhäuser und vieles mehrWie jedes Jahr konnte man schon vorab online (unter: www.tag-des-offenen-denkmals.de) im Gesamtprogramm nachDenkmälern suchen, eigene Denkmaltouren zusammenstellenund mit dem zur Verfügung gestellten Routenplaner vorbereiten.Außerdem gab es für Smartphoneversierte wiederdie kostenlose Denkmaltag-App, die einem auch unterwegsalle wichtigen <strong>Informationen</strong> bereitstellte. Und es gab eineMenge zu sehen und zu entdecken – wovon vieles für Besuchersonst eigentlich nicht zugänglich ist.Staunend und mit wohligen Schauern über dem Rückenkonnte man sich in die vergangene Welt der Burgfräuleinund Ritter, der Folterkeller und Verliese zurückversetztenlassen – etwa beim Besuch der 900 Jahre alten Burg Hiltpoltsteinim Lkr. Forchheim oder der Burgruine in Rundingim Lkr. Cham, der größten Burganlage des BayerischenWaldes. In Kempten lebte gar die Inquisition wieder kurzauf: Hier wurde ein Hexenprozess aus dem Jahr 1775 aufgeführt.Wer es hingegen etwas gesitteter und prachtvollermochte, für den standen z. B. die neugotischen Prunkräumevon Schloss Ehrenburg in Coburg oder das Renaissanceschlossin Höchstädt (Lkr. Dillingen a. d. Donau) offen.Auch Kirchen und Klöster zeigten ihre Schätze. Die sonstnicht geöffnete Dominikanerkirche St. Blasius in derRegensburger Altstadt bot Rundgänge durch eine der größtenKirchen des Bettelordens an. Außerdem öffneten Konventewie das Kloster Benediktbeuern, Kloster Andechsoder das ehemalige Kloster Bad Windsheim ihre Pforten.Wer sich mehr für das bürgerliche Leben und Arbeiten interessierte,hatte eine große Zahl an alten Fachwerk- und Handwerkerhäusernzur Auswahl. So führte einen der HistorischeVerein in Marktheidenfeld beispielsweise durch das Frankhaus,ein Bürgerhaus von 1745, mit anschließender Kostümvorführungunter dem Motto „Der Fischer und sei Fraa“. Imbarocken Sägewerk der Bronnenmühle in Großhabersdorf(Lkr. Fürth), im Historischen Winzerhaus in Sommerach(Lkr. Kitzingen) oder der sogenannten Nussermertelshöhleim Wald von Georgensgmünd (Lkr. Roth), wo früher Erzabgebaut wurde, bekam man einen Eindruck davon, wasArbeit und Handwerk in früheren Zeiten bedeuteten.Musikalischer ging es im Orgelbaumuseum Steinmeyer inOettingen i. Bay. (Lkr. Donau-Ries) zu. 1847 gegründet,war Steinmeyer mit ca. 2400 Orgelneubauten und zahlreichenReparaturen historischer Instrumente ehemals eine derbedeutendsten Orgelbaufirmen Europas.Für alle Sportfreunde stand unter anderem die 1910 errichteteOlympia-Bobbahn in Garmisch-Partenkirchen oder deram Ufer von Utting a. Ammersee (Lkr. Landsberg am Lech)anliegende Raddampfer Andechs, der seit seiner Stilllegung1956 der Bayerischen Segelvereinigung als Clubhaus dient,offen. Diejenigen, die auch selber sportlich aktiv werdenwollten, konnten das wunderbare Spätsommerwetter nutzenund bei der in München veranstalteten Fahrradtour dieunbequemen Denkmale in Freimann kennenlernen.Unbequeme GeschichteBei all den genannten Objekten käme wohl niemand auf dieIdee, den Abrisshammer anzulegen – aus der historischenDistanz heraus zweifelt keiner am Wert, den die Erhaltungfür Kultur und Gesellschaft bringt. Was das anbelangt,haben es jüngere Denkmäler dagegen oft schwer. Hier botder Tag des offenen Denkmals eine hervorragende Gelegenheit,sich durch gut verständliche und historisch verantwortungsvollaufgearbeitete Präsentationen auch darüber näherzu informieren. So wurde 80 Jahre nach der nationalsozialistischenMachtergreifung bayernweit auch der zahlreichenOpfer des Zweiten Weltkrieges gedacht. Die KZ-GedenkstätteDachau, das Zwangsarbeiterlager und Massengrabin Waldkraiburg (Lkr. Mühldorf a. Inn), die Baracke Ludwigsfeldin München, die Europäische Holocaustgedenkstättein Landsberg, der Luftschutzbunker Spitalseeplatz inSchweinfurt und viele weitere Einrichtungen berichtetenvon den schrecklichen Umständen ihrer Entstehung undden Lebens-, Leidens- und Sterbewegen der Menschen.Sonst nicht oder nur selten zugängliche jüdische Friedhöfe,etwa in Rothenburg ob der Tauber (Lkr. Ansbach), Alzenau71


Tag des offenen Denkmalsi. UFr. (Lkr. Aschaffenburg) oder Bundorf (Lkr. Haßberge),waren zur Besichtigung geöffnet. In mehreren Städten gabes Führungen zu den „Stolpersteinen“ des Künstlers GunterDemning, die an die Opfer des NS-Regimes erinnern.Wörth a. Main (Lkr. Miltenberg) bot darüber hinaus eineThemenführung zur Reichskristallnacht an.Auch Zeugnisse des Kalten Krieges und der Besatzungszeitin Deutschland waren für Besucher zugänglich. Darunterz. B. das Amerikahaus in Ochsenfurt, das früher die Bibliothekder US-Besatzungsmacht beherbergte, sowie dasehemalige Sondermunitionslager der NATO in Hemau (Lkr.Regensburg), das gemeinsam von US-Armee und Bundeswehrbewacht und zur Lagerung von Atomwaffen errichtetworden war. Eine endgültige Entmilitarisierung fand oft erstvor wenigen Jahren statt. Davon berichtet beispielsweise dieAnfang der 1960er Jahre erbaute „Bunkeranlage Fridolin“in Freising, die seit dem Truppenabzug am 1. April 2004 imBesitz der Stadtwerke ist.FazitTrotz oder vielleicht gerade wegen der nicht immer einfachenVergangenheit, die hinter den Objekten steckt, nutztenauch dieses Jahr wieder zahlreiche Besucher das Angebotdes Tags des offenen Denkmals. Dabei wurde das Ergebnisdes Vorjahres noch übertroffen. Fast 300 000 Interessierteströmten in Bayern zu den geöffneten Denkmälern, um vorOrt der Geschichte zu begegnen, zu lernen und Dinge zusehen, die das restliche Jahr über verborgen bleiben.Angela SchürzingerUnd Bavaria wachteDer Tag des offenen Denkmals in der Alten Münze in MünchenDer Hauptsitz des Landesamtes, die Alte Münze, öffnete am8. September erneut seine altehrwürdigen Tore, um Interessiertendas Haus und seine Aufgaben näher zu bringen. Unddas erste, was die Besucher beim Eintritt sahen, war dieserwahnsinnig riesige Kopf. „Da kommt man sich vor wie aufGullivers Reisen“, hörte man von dem einen, und „Ist dasnicht die …, äh … wie heißt sie denn ...?“, von einem anderen.Ja genau: Es ist unsere Bavaria. Also quasi wir, sozusagenpersonifiziert. Den Rest zum Kopf gab es etwas kleiner alsDruck in unserer Säulenhalle in einer äußerst interessantenAusstellung zu bewundern. Sie war dem Erzgießer Ferdinandvon Miller anlässlich seines 200. Geburtstages gewidmet, dieKuratorin Cornelia Saffarian stand darin Besuchern erklärendzur Seite. Im letzten Heft haben wir bereits auf dieseAusstellung hingewiesen – und ein wenig wollen wir auchnoch in diesem nachtarocken, hat man doch nicht immer sobedeutende Persönlichkeiten „zu Besuch“ (siehe S. 75).Durchaus manchem schon von Vorjahren oder sonstigenAktivitäten des Amtes bekannte Gesichter aus verschiedenenFachbereichen wie dem Publikationsreferat, dem NQ-Bereich,der Öffentlichkeitsarbeit und aus der Bodendenkmalpflegeund viele weitere Helfer waren hinter und vor der bekanntenund beliebten „Infostandstraße“ anzutreffen, wo ein Großteildes literarischen Hausschatzes des Landesamtes durchstöbertwerden konnte. Gut zu Fuß waren auch die Teilnehmerder „Hausführungen“, in welchen im Dreiviertel-(Stunden)-Takt, vom Publikationsreferat informativ verpackt, draußenund drinnen, oben und vorne dieses geschichtsträchtigenHauses gezeigt wurde: Der Renaissance-Innenhof war damitgemeint und die klassizistischen Fassaden, die ehemaligenPferdeställe, die durch nichts weniger als Marmorsäulen ausgezeichnetsind, die drei hübschen Münzallegorien im Giebelüber dem Eingang, und im Treppenhaus die Gipsinstallation„Zerbrochene Figur“ von Erich Lindenberg, der die Gussmodellstückezur monumentalen Sitzfigur König Max I. Josephauf dem Platz vor der Oper zu einem explosiven monumentalenSitzpuzzle verwandelt hat. Unten und hinten gab es nurIm richtigen Moment gekommen: Marianne und Rita Jetzelsperger undSabine Forster mit Karlheinz Hemmeter (Foto: BLfD, Liane Schröder)bedingt, da sich unten, nur dem Archäologenwissen nach, dieFundamente der Vorgängerhäuser befinden und hinten eigentlichnur die Toilettenanlage und der Hintereingang. „Schönhat sie`s gemacht“, steckte ein Besucher nach dem von einereloquenten Studentin geführten Rundgang dem Unterzeichneten,der selbst ein paar Mal, einen 50-Personen-Tross hintersich herziehend, die erlesenen Materialien im ehemaligenMarstall oder die allegorischen Spitzfindigkeiten der ausgestelltenReliefs des Max-Joseph-Denkmals erläuterte.Führungen gab es heuer auch wieder in den archäologischenRestaurierungswerkstätten, denen Neugierige in die Tiefendes Gebäudes folgen und um einen Teil jenes oben erwähntenWissens reicher wieder „aufsteigen“ konnten. ClemensKöhler, Monika Hintemann und Thomas Stöckl erläutertenden staunenden Betrachtern an Hand frühmittelalterlicherGrabbeigaben und Blockbergungen das Procedere von derFundbergung bis zur Dokumentation.Unser steinzeitkundiger Kollege Lothar Breinl hatte imEck des Alten Hofes wieder allerlei Wundersames dabei –72


Tag des offenen DenkmalsLinks: Doris Ebner „extra muros“, Mitte: Renate Schiwall, Angela Schürzinger und Daniela Bruder am Infostand, rechts: Lothar Breinl als „Schamane“(alle Fotos: BLfD, Karlheinz Hemmeter)jeder Schamane würde sich vermutlich über die Ausstattungfreuen –, vollführte damit aber keine Zaubertricks, obwohlman dies ob der Menschentraube um ihn herum leicht hätteglauben können. Vielmehr erklärte er den vielen Kleinenund Großen, die ihn alle mit riesengroßen Augen bewunderten,wie man mit Zunderschwamm, Katzengold und Silex inZeiten ohne Zippo Glut und Feuer fabrizieren konnte.Viele Geschichten gäbe es von diesem Tag mit seinem bundesweitenMotto „Jenseits des Guten und Schönen: UnbequemeDenkmäler“ zu erzählen. Selbst eine Scheherezadehätte Mühe gehabt, diese in 1001 Nacht dem geneigten Publikumdarzubieten, denn es ist eine unendliche Geschichte– und die <strong>Denkmalpflege</strong> stellt sich mit diesem Themenschwerpunktwahrlich der Geschichte. Es geht dabei umDenkmäler, die an Unrecht, an Krieg und Nachkriegszeitenerinnern, denn Denkmäler sind nicht immer schön,Denkmäler erinnern auch nicht immer nur an gute Zeitenund schöne Ereignisse. Das verdrängt man halt allzu gern.Das Denkmal eines Fürsten ist für den einen ein Quell derFreude, ein anderer denkt vielleicht daran, wie es dem Volkunter seiner Regierung schlecht ergangen sein mag. EinGrabmal erinnert an den Toten, bewahrt diesen vor demVergessen, ein enger Angehöriger aber mag vor dem Erinnerungsmalzerbrechen. Fabrikanlagen oder Arbeitersiedlungenmögen Denkmalstatus erlangt haben, ohne dass manselbst auf den zweiten Blick Gutes oder Schönes entdeckt,Unbequemes daran aber ohne Ende. Kriegsruinen, Bunker,gar manche Verteidigungsanlage, aber auch notgeflickteGebäude, soweit sie die Zeiten überdauert haben, stehenals Mahnmale einer Zeit, an die sich niemand gerne erinnert.Die Gebäude oder Monumente aus der Zeit des DrittenReichs mögen jenseits von Gut und Schön sein, wir könnensie nicht negieren, wie wir die Zeit, die sie verkörpern, nichtvergessen können und dürfen. Die Überreste eines Konzentrationslagersbrennen den heutigen Generationen aufder Haut, von den noch lebenden Zeitzeugen gar nicht zureden, ihr Denkmalcharakter ist jedoch von einer grausamenWucht, die eine Wieskirche nie erreichen kann. Es sindwahrlich unbequeme Denkmäler.Darüber hinaus geht es aber auch um den Erhalt von denkmalgeschütztenGebäuden an sich, welcher oft als unbequemempfunden wird. Viel zu schnell wurden in der Vergangenheitund werden leider immer noch Gebäude trotz Denkmalschutzabgerissen – um etwas „Neues“ zu erschaffen. Dochdiese rasch errichteten, häufig dem Kommerz gewidmetenNeubauten, erreichen in fast allen Fällen nicht die Wertigkeitdes Verlorenen – und kein noch so ausgefeilter Neubau, keinenoch so eng nachempfundene Kopie kann die Kon struktionund Bausubstanz eines historischen Gebäudes, das Wissen,Technik und Fleiß unserer Vorväter demonstriert, ersetzen.Das Programm, die vorgestellten Denkmäler, die Veranstaltungendazu, die Führungen, vielleicht gar manche Wortemögen dieses Jahr in ungeahntem Ausmaß polarisiert haben.Geschichte aber rechnet nicht in ästhetischen Normen, reduziertnicht auf Positives, das Rad der Nemesis rollt – und einDenkmal ist Denkmal ob seines Erinnerungswertes, den esgilt, zu erhalten.Aber ein Umdenken hat schon eingesetzt: Die Zahl der Denkmalinteressiertenund damit Denkmalerhaltenden steigt.Dies lässt sich auch an den Besucherzahlen in der AltenMünze ablesen. 1707 Besucher gingen durch die wuchtigenTore, wenn auch der eine oder andere ungezählt durch eineder Eingangspforten geschlüpft sein mag. Natürlich ist dieseansehnliche Zahl auch dem guten Wetter geschuldet, dasmanchen in die Denkmalwelt getrieben hat, natürlich demschönen Innenhof, der immer einen Besuch wert ist, undnatürlich auch den emsigen Werber-Maßnahmen von KolleginDoris Ebner „extra muros“, die gar manchen, die AlteMünze Passierenden, mit freundlichem Lächeln hereingebetenhat unter die Renaissance-Arkaden, um den Anliegen der<strong>Denkmalpflege</strong> ein Stück Lebenszeit zu widmen.Der 1000. Gast, dieses Jahr drei muntere Damen namensMarianne und Rita Jetzelsperger und Sabine Forster, diegleichzeitig die Ziellinie überschritten haben, erhielten einBuchpräsent überreicht, das sie an diesen Tag erinnern wird:ein Tag, an dem die Bavaria höchstpersönlich das Treibender <strong>Denkmalpflege</strong>r und das Interesse ihrer Bayern überwachthat. Schauen wir mal, wer uns nächstes Jahr die Ehreerweist und ob nächstes Jahr Besucher so lange vor der Türwarten, bis sie mal als 1000. eintreten können?Ina Hofmann und Karlheinz Hemmeter73


Tag des offenen DenkmalsBauarchiv Thierhaupten – Ausstellungsstückemit bewegter VergangenheitAlter Hof – Kaiserburgund gotische DachwerkeAm Sonntag öffnete wieder das Bauarchiv im ehemaligenBenediktinerkloster Thierhaupten seine Pforten. Die über100 Besucher konnten die europaweit einzigartige Sammlunghistorischer Bauteile aus ganz Bayern besichtigen. Zum diesjährigenMotto des Tags des offenen Denkmals standen Ausstellungsstückemit bewegter Vergangenheit im Mittelpunktder Führungen. So zeigten Martim Saar und Julia Ludwarden interessierten Besuchern unter anderem ein Deckenfragmenteiner Erdbaracke des KZ-Außenlagers Kaufering oderden kunstvoll geschnitzten Holzbalkon eines „ungeliebten“Bauernhauses, das schon lange nicht mehr steht.Viele Exponate des Bauarchivs berichten vom Verschwindender Baudenkmäler, vom langsamen Verfall und letztlichallzu oft vom Abbruch. Auch das ist ein – gern verdrängter– Aspekt der umfangreichen Sammlung. AngerosteteSchlösser, Fenster und Türen mit abblätternden Farbschichten,vom Holzwurm angefressene Balken oder abgetreteneTreppenläufe sind gewiss nicht immer „schön“ im landläufigenSinne. Sie sind jedoch allesamt wichtige Zeugnisse einervergangenen Zeit und berichten anschaulich von besondererHandwerkskunst oder den Lebensumständen der ehemaligenBewohner der Häuser.Der Bezirk Schwaben sorgte nach Ende der Führungen fürden würdigen musikalischen Ausklang und lud zu einemKonzert unter dem Titel „Tondenkmäler“ in den neu entstandenenAusstellungsraum des Bauarchivs in der Südscheunedes Klosters. Dabei erklangen – passend zum Anlass – Werkeaus der Zeit des Barock bis hin zur Romantik. Musiker ausder Region boten unter der fachkundigen Leitung von ChristophLang dem begeisterten Publikum musikalische Raritätenvon Mozart bis Fischer, wie sie früher in schwäbischenBauernstuben, aber auch Landschlössern gespielt wurden.Die Musik ergänzte sich mit dem besonderen Ambiente desVeranstaltungsortes zu einem stimmungsvollen Programmund machte die mit an die 200 Zuhörern ausverkaufte Veranstaltungzu einem vollen Erfolg.Julia LudwarRund 1360 Museen und Schlösser in Bayern, die der Infopointim Alten Hof präsentiert, lassen zum Tag des offenen Denkmalsdem außergewöhnlichen Ort, an dem sie ihre Plattformgefunden haben, den Vortritt: Dann steht die Geschichte derersten Burg der Wittelsbacher in München im Vordergrund.Führungen erschließen den Besuchern Räume des Alten Hofs,die (mit der Dauerausstellung) sonst nur in Eigenregie zu erkundensind oder eben (unterm Dach) verschlossen bleiben.Im bewährten Programm werden die Besucher in den spätgotischenGewölbesaal anschaulich durch die konzeptionelle Linieder multimedialen Ausstellung „Münchner Kaiserburg“ begleitetund zu besonderen Exponaten geführt. Interessierte könnensich aber auch von Ludwig Popp durch die historischen Dachwerkevon Burg- und Zwingerstock führen lassen, die in ihrermehrstöckigen Holzkonstruktion bis ins Jahr 1425 zurückgehen,und sie können von dort einen Blick aus dem Fenster dessogenannten Affenturms werfen. Im Neubau gegenüber, demLorenzistock, lebt nur im Namen die alte Hofkapelle St. Lorenzweiter, die bis 1816 dort stand und unter Kaiser Ludwig demBayern in der Zeit von 1324 bis 1350 die Reichskleinodienbewahrte. Ein spannender historischer Aspekt, von dem dieeindrücklich inszenierte Ausstellung „Kaiser – Reich – Stadt.Die Kaiserburg Nürnberg“ (bis 10. <strong>November</strong> <strong>2013</strong>) aktuellberichtet. Der Nürnberger Ausstellungskatalog der Schlösserverwaltungist auch im Infopoint zu finden. Mit diesem ist mandazu eingeladen, sich auch woanders umzuschauen! Fußläufignatürlich in die „Ferdinand von Miller“-Ausstellung der AltenMünze oder im Infopoint selbst mit einer Präsentation des imFrühjahr <strong>2013</strong> eröffneten schwäbischen Museums der GartenkulturIlltertissen, das „Scharfe Sachen“ und „künstlichenRegen“ (bis 12. Oktober <strong>2013</strong>) zeigte: Baumscheren, um genauzu sein, sowie formvollendete Gießkannen, die auf mühevolleArbeit verweisen, aber auch die Handwerkskunst und denErfindungsgeist der Gärtner und Werkzeugschmiede vergangenerZeiten zeigen. Summa summarum nahmen knapp 500Gäste die Angebote im Alten Hof an diesem Tag wahr.Sabine WieshuberTag des offenen Denkmals in München in Thierhaupten (links, Foto: BLfD, Martim Saar) und im Alten Hof in München (rechts, Foto: BLfD)74


Tag des offenen DenkmalsBavarias kleiner Finger –ein Bierkelch stattlicher GrößeAusstellungseröffnung zu Ehren des ErzgießersFerdinand von Miller„Einem den kleinen Finger reichen“ geht nur im sprichwörtlichenSinne. Doch bei der Eröffnung der Ferdinand-von-Miller-Ausstellung reichte Generalkonservator Prof. Dr.Egon Johannes Greipl einen Nachguss des kleinen Fingersder Bavaria als Kelch durch die Reihe der Ehrengäste. Juliusvon Miller, ein Urururenkel des großen Münchner Erzgießers,hatte den Finger für den feierlichen Eröffnungsakt mitgebracht.bereitstellen konnte“, erklärte Generalkonservator Greipl.Lobende Worte fand er auch für die Kuratorin CorneliaSaffarian, die „einen Stoff zu strukturieren und ihn in eineelegante, spannende und allgemein verständliche sprachlicheForm zu bringen“ weiß. Sein anschließendes Grußwort illustrierteStaatsminister Heubisch mit Beispielen der von Miller’schen Werke in der Stadt München, unter denen sich auch diefaszinierenden Löwen der Siegestorquadriga befinden.Obelisk, Bavaria und vieles mehrProf. Dr. Dr. Alexander Moutchnik von der HochschuleRheinMain in Wiesbaden erläuterte in seinem Festvortrag„Knapp 30 Meter Geschichte: der Befreiungsobelisk aufdem Münchner Karolinenplatz“ die Mythen und Forschungs-Haupt der Bavaria(Abguss) im Hofder Alten Münze(Foto: BLfD,Doris Ebner)AusstellungseröffnungmitProf. Greipl undCornelia Saffarian(Foto: BLfD, KarlheinzHemmeter)Festgäste erweisen Ferdinand von Miller die EhreRund 100 Gäste folgten am 7. September der Einladung zurEröffnungsfeier in die Alte Münze, dem Hauptsitz des BayerischenLandesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>. Die Wahl diesesOrtes für die Ausstellung war kein Zufall, denn in der ehemaligenKöniglichen Münze hatte ehedem Ferdinand von Millergewohnt und als Ziseleur gearbeitet, wie bereits früher seinOnkel und Förderer Johann Baptist Stiglmaier. Nach dessenTod hatte von Miller dessen Werkstätte in der Erzgießereistraßeübernommen und zu Weltgeltung geführt. Mit denWorten „Heute Abend möchte ich Sie alle ganz herzlich inder Säulenhalle der Alten Münze begrüßen. Wir befinden unshier in einer wahren Denkmalfabrik, denn genau in diesenRäumlichkeiten nahm das Schaffen Ferdinand von Millersseinen Anfang“, empfing Generalkonservator Prof. Dr. EgonJohannes Greipl Staatsminister a. D. Dr. Wolfgang Heubischund den Vorsitzenden des Landesdenkmalrats, Staatsministera. D. Dr. Thomas Goppel sowie den Präsidenten derIngenieurekammer-Bau Dr. Heinrich Schroeter. Unter denEhrengästen befand sich zudem Prof. Dr. Klaus Wollenberg,Kulturreferent der Stadt Fürstenfeldbruck. Die Stadt hatteeine Replik des Bavariakopfes an das Bayerische Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong> ausgeliehen, der für die Zeit der Ausstellungden Innenhof der Alten Münze schmückte. Auch diezahlreichen Mitglieder der Familie von Miller wurden herzlichwillkommen geheißen.„So eine Ausstellung zu finanzieren, ist im Rahmen unsererHaushaltsmittel überhaupt nicht mehr möglich. Ich ersparemir hier jeden weiteren Kommentar. Es ist Frau Maria Erasmuszu danken, aus deren Vermächtnis zugunsten des Landesamtesfür <strong>Denkmalpflege</strong> ich die erforderlichen Mittelfragen rund um dieses ebenfalls von Ferdinand von Millergegossene Werk. Ihn beschäftigte die Frage, ob sich WidderoderSchafsköpfe auf dem Obelisken abgebildet befinden undwelche Bedeutung diese Symbole haben könnten. Auch dieInschriften am Sockel bleiben ein Rätsel. Der Obelisk steht ineiner Reihe mit den von König Ludwig I. errichteten „vaterländischenMemorialbauten“. Dazu zählen die Befreiungshallein Kelheim und die Walhalla in Donaustauf. Johannesvon Miller las einen Eintrag aus dem Tagebuch seines Vorfahrenvor, der die große Herausforderung, die Bavaria zugießen, illustrierte. So schilderte Ferdinand von Miller dieletzte Nacht der Fertigstellung der Bavaria und seine großeSorge, der Schmelzofen könnte infolge der Massen eingespeistenErzes explodieren.Auch heute noch erinnern die Bavaria auf der Theresienwieseund zahlreiche andere Skulpturen in München undweltweit an die große Leistung der Erzgießer von Miller undStiglmaier. Als kleines Geschenk erhielt jeder Ausstellungsbesucherein Faltblatt mit einem Stadtplan, der zu 20 ausgewähltenWerken führt.Alexandra BeckAuch nach Ausstellungsschluss können Kunst interessiertemit einem vom Bayerischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>konzipierten Stadtspaziergang auf den Spuren Ferdinandvon Millers von Bronzewerk zu Bronzewerk flanieren.Wer Interesse an diesem Spaziergang hat, erhält gerneeinen Pdf-Flyer zugeschickt. Bitte schicken Sie eineE-Mail mit Betreff „Spaziergang” an: Alexandra.Beck@blfd.bayern.de oder rufen Sie an unter Tel.: 089-2114-260.75


BerichteBERICHTE2. Wittelsbacher Heimattag in AichachNicht weniger als 621 Bau- und 753 Bodendenkmäler sindim Wittelsbacher Land bekannt. Erst vor Kurzem, 2012, istdie Denkmaltopographie des Landkreises Aichach-Friedbergerschienen, in der diese Denkmäler vorgestellt werden.Das große Interesse der Öffentlichkeit am Kulturerbe in derRegion zeigte sich auch an den rund 70 Teilnehmern des2. Wittelsbacher Heimattages am 21. Juni <strong>2013</strong>, welche dieGastgeberin und Leiterin der Kreis- und HeimatbüchereiBrigitte Lechner im ehemaligen Kreisgut in Aichach begrüßenkonnte. Mehrere Referentinnen und Referenten desBayerischen Landesamts für <strong>Denkmalpflege</strong> wirkten beider Veranstaltung mit.Den Auftakt bildete am Vormittag eine Führung durch dieGrubenfelder des frühmittelalterlichen Eisenerzbergbausim „Grubet“ (Martin Straßburger M.A.). Die folgendenFachvorträge zu den Themen Denkmalschutz und <strong>Denkmalpflege</strong>,Kulturspuren, archäologische Spuren und Luftbildarchäologiewurden sehr gut angenommen.Nach einem Vortrag des Kreisheimatpflegers MichaelSchmidberger zur Bau- und Bodendenkmalpflege im Landkreiswidmete sich Dr. Jochen Haberstroh in seinem Beitragden Aufgaben und Zielen der Bodendenkmalpflege inBayern (vgl. S. 49 ff.). Die Rolle der Bodendenkmalpflegeim BLfD und damit innerhalb einer der ältesten <strong>Denkmalpflege</strong>institutionenDeutschlands wurde ebenso beleuchtetwie die bayerischen Besonderheiten, zu denen unteranderem eine Ausnahmestellung der Bodendenkmäleraus mittelalterlicher Zeit gehört. Mit den Denkmälern desMontanwesens oder der Archäologie in mittelalterlichenStadtkernen verlangen heute auch andere Denkmalgattungennach Konzepten für den Umgang mit ihnen. Dabeibietet die Rückbesinnung auf das Ziel der DenkmalerhaltungLösungsansätze, die zum Ausgleich zunächst imWiderspruch stehender Interessen beitragen können. – ZuDenkmalschutz und <strong>Denkmalpflege</strong> aus Sicht der UnterenDenkmalschutzbehörde sprach anschließend KreisbaumeisterJohannes Neumann.Dr. Sabine Mayer referierte als Ansprechpartnerin desBLfD für die ehrenamtlichen Helfer in Südbayern überMöglichkeiten einer Mitwirkung engagierter Nicht-Archäologen.Von den insgesamt ca. 3,8 Millionen ehrenamtlichTätigen in Bayern arbeitet eine größere Anzahl von Personenauf dem Gebiet der Bodendenkmalpflege und stellt inverschiedenen Bereichen eine wichtige Hilfe für die Amtsarchäologendar. Das BLfD beschäftigt zwei Bodendenkmalpfleger,die sich hauptamtlich um die Betreuung vonfreiwilligen Helfern kümmern.Im weiteren Verlauf der Veranstaltung referierte KreisheimatpflegerDr. Hubert Raab zur Kulturlandschaft imöffentlichen Bewusstsein. Der folgende Vortrag von MartinStraßburger M.A. hatte die Entwicklung des „Grubets“ vonder Grabung zum Lernort zum Thema. Die Ergebnisse derdortigen Forschungsgrabungen der LMU sollen durch einFreigelände einer möglichst breiten Öffentlichkeit vermitteltwerden. Den Nachmittag schloss Volker Babucke M.A.mit einem Beitrag über archäologische Spuren im südlichenLandkreis ab, in dem er interessante Erkenntnisse zur Siedlungsgeschichtevorstellte. Ferner ging er auch auf derenPräsentation im Friedberger Schloss ein.Im Abendvortrag gab Magnus Kaindl M.A. zunächst eineEinführung in die Luftbildarchäologie und das Airborne-Laserscanning als luftgestützte Untersuchungsmethoden.Anhand von Beispielen aus Südbayern stellte er einen Ver-Führung durch das Bergbaugebiet „Grubet“ bei Aichach, Lkr. Aichach-Friedberg (Foto: BLfD, Jochen Haberstroh)gleich der beiden Verfahren an und beleuchtete ihre unterschiedlichenAussagemöglichkeiten. Dabei wählte er einenQuerschnitt durch die Vor- und Frühgeschichte mit Grabhügeln,Befestigungen, Viereckschanzen, Römerstraßen undBurgställen.In den Pausen des Programms bestand die Möglichkeit,archäologische Funde begutachten zu lassen. Dr. SabineMayer und Dr. Stephanie Zintl übernahmen die Fundaufnahmeund standen den Teilnehmern des Heimattages fürFragen zu ihren Funden und das Procedere bei Fundmeldungenzur Verfügung.Die Resonanz der Teilnehmer auf die Angebote am Heimattagwar sehr gut, was sicher der hohen Qualität der Beiträgeund der professionellen Planung und Durchführung durchdas Landratsamt Aichach-Friedberg unter der Regie vonBrigitte Lechner zu danken ist. Gefördert wird der WittelsbacherHeimattag durch das Bayerische Staatsministeriumfür Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Nördlingen unddas EU-Förderprogramm „Leader in ELER“.Martin Straßburger76


Berichte„Bodendenkmalpflege als Berufsbildin der Archäologie“Eine Informationsveranstaltung des BLfD in MünchenIn der Säulenhalle des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>in München fand am 22. Juni <strong>2013</strong> eine Informationsveranstaltungzum Thema „Bodendenkmalpflegeals Berufsbild in der Archäologie“ statt. Diese richtete sichan Studierende der Archäologie sowie fachlich Interessierte,um über berufliche Aufgaben und Möglichkeiten inder Bodendenkmalpflege zu informieren. Fünf Vorträge zuden Themen „Einblick in die Praxis“ sowie „Existenzgründung“standen dabei im Mittelpunkt.Nach der Begrüßung erörterte Abteilungsleiter Prof. Dr. C.Sebastian Sommer grundlegende Fakten zur Bodendenkmalpflege.Er führte konkrete Zahlen zu den Verdienstmöglichkeitenvor, informierte über Tätigkeitsschwerpunktesowie die archäologischen Grabungsfirmen. Für Studentenbesonders interessant dürfte die Darstellung der verschiedenenAbschlüsse und Qualifikationen in den verschiedenenarchäologischen Berufsfeldern gewesen sein.Dr. Jochen Haberstroh richtete in seinem Vortrag „Masterstudium– Was dann?“ den Blick vor allem auf die Praxis inBayern. Hierbei wurde der Unterschied zwischen Archäologieund Bodendenkmalpflege sowie der gesellschaftlicheAuftrag und gesetzliche Rahmen erläutert, denen dieBodendenkmalpflege unterliegt. Administration, Dokumentation,Auswertung und Vermittlung des Arbeitsfeldeswurden ebenso behandelt wie die Richtlinien zur Dokumentationarchäologischer Ausgrabungen. Nicht zuletzt gingHaberstroh auf die Zusammenarbeit zwischen BLfD undprivaten Grabungsfirmen ein.Im zweiten Teil des Themenblocks „Einblick in die Praxis“folgten drei Vorträge über den beruflichen Alltag, Anforderungenund persönliche Ratschläge von archäologischenGrabungsfirmen.Stefan Biermeier M.A. (SingulArch) lieferte ein „Kurzporträteiner Grabungsfirma“ und stellte die selbstentwickelte Softwarezur Dokumentation archäologischer Grabungen vor. Erbenannte die fachlichen Qualitäten, die von Grabungsfirmenverlangt werden, und wichtige Aspekte einer Firmengründung:So stelle neben dem eigentlichen Ausgraben vor allemdie Nacharbeit die Hauptaufgabe dar, deren Ausmaß oftunterschätzt werde. Zum Thema Verwaltung verdeutlichteBiermeier, dass dieser Bereich im Studium nicht vorkommeund dem Berufseinsteiger zum Problem werden könne.Ulrich Schlitzer M.A. (PLANAteam) sprach über Aspekteder kommerziellen Archäologie, darunter den großen ThemenbereichAngebotserstellung und Kostenvoranschlag– besonders wichtig im Alltag einer Firma –, und Firmenführung,beinhaltend die Verantwortung gegenüber denMitarbeitern ebenso wie Lernbereitschaft, Belastbarkeitund Kollegialität, sowie Qualifikationen, die von einemBerufseinsteiger zu erwarten sind.Im zweiten Teil seines Vortrags referierte er über das SpezialgebietUnterwasserarchäologie und verdeutlichte, dass dierechtliche Situation von Denkmälern über und unter Wasserdie gleiche sei. Leider gebe es in Bayern keine vergleichbareTradition in diesem Forschungsbereich, wie es beispielsweisein Baden-Württemberg oder maritimen GebietenNorddeutschlands der Fall sei. Abschließend wies Schlitzerauf die besseren Berufsaussichten der Unterwasserarchäologieaußerhalb Deutschlands hin und warnte vor sogenanntenSchatztaucherfirmen.Während der Mittagspause bestand für die Teilnehmer dieGelegenheit, das Gespräch mit den einzelnen Referentender Vorträge zu suchen und sich über weitere GrabungsfirmenBayerns – AS Archäologie Service, ARDIG ArchäologischerDienst GmbH, ARCHBAU und ReVe Büro fürArchäologie Bamberg – zu informieren. Diese boten ineiner Musterausstellung <strong>Informationen</strong> zu Firmen, Aufgabenbereichenund Berufsmöglichkeiten.In Zukunft ist – zumindest in Bayern – mit einer Zunahmeselbstständiger Archäologen und neugegründeter Grabungsfirmenzu rechnen. Da es hier mangels betriebswirtschaftlicherKenntnisse eines Großteils der Berufseinsteigerzu finanziellen Schwierigkeiten kommen kann, wurde fürdie Informationsveranstaltung Anne Knapp eingeladen.Als Gründungscoach gab Frau Knapp in ihrem Vortrag mitThemen wie Kleinunternehmerregelung, Vorgründungscoachingoder Businessplan einen Überblick über den richtigenWeg in die Selbstständigkeit. Sie konnte wichtige Hinweisezum Einfluss eigener Fähigkeiten bei dem Wunsch nachSelbstständigkeit geben und stellte die Notwendigkeit vonDisziplin, Konsequenz, Balance und Selbstmotivation inden Vordergrund. Anschließend stellten sich die Referentenden Fragen der Zuhörer, und es kam eine weitere Diskussionsrundezu Themen wie Qualifikation von Grabungsarbeitern,tarifliche Bezahlung und der offiziellen Firmenlistedes BLfD zustande. Besonders interessierten die Zuhörer<strong>Informationen</strong> zum Vorgang der Bewerbung bei den Grabungsfirmensowie zu Berufseinstiegsmöglichkeiten mitund ohne Promotion.Die erste Resonanz nach den Vorträgen war sehr positiv.Als erstmalige Informationsveranstaltung dieser Art warsie mit rund 25 Studierenden und Interessierten gut besucht.Schließlich „bekomme man eine derartige Chance, so vieleArchäologen und potenzielle Arbeitgeber in einem Raumfür individuelle Fragen zur Verfügung zu haben“ nicht soschnell wieder, wie ein Teilnehmer versicherte.Julia MunkertAustausch zwischen Mitarbeitern des BLfD, der Grabungsfirmen undStudenten (Foto: Julia Munkert)77


BerichteDer Karlsgraben in neuem LichtSeit September <strong>2013</strong> wird durch eine interdisziplinäreArbeitsgruppe im Rahmen des Schwerpunktprogramms1630 „Häfen von der römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter“das Teilprojekt „Fossa Carolina: Bindeglied derHafennetzwerke an Rhein und Donau. Studien zur Überwindungder europäischen Wasserscheide im Mittelalter“der Karlsgraben weiter erforscht. Antragsteller sind Prof.Dr. Peter Ettel, Leiter des Instituts für Ur- und Frühgeschichtean der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Prof.Dr. Christoph Zielhofer, Physische Geographie an der UniversitätLeipzig, und Dr. Stefanie Berg-Hobohm, Leiterinder Stabsstelle Lineare Projekte am Bayerischen Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong>. Hintergrund für das Vorhaben ist dieuralte Frage, ob der nach zeitgenössischen Schriftquellen793 n. Chr. errichtete Kanal, der südlich von Weißenburgüber die Europa „trennende“ Wasserscheide hinweg die Altmühlmit der Schwäbischen Rezat verbindet, fertig gestelltwurde und funktionstüchtig war. Bereits die ersten naturwissenschaftlichenUntersuchungen des Karlsgrabens unterder Leitung von Dr. Robert Koch, dem ehemaligen Dienststellenleiterder Bodendenkmalpflege in Nürnberg, zeigten,dass die Kanalsohle unterschiedliche Höhen aufwies undin Richtung Osten ansteigt. Bis heute ist jedoch unklar, obder Bau im frühen Mittelalter abgeschlossen oder vielleichtmöglicherweise nur in Teilabschnitten genutzt wurde. Dazuzählt auch die Frage, ob die auf dem Kanal fahrenden oderzu treidelnden Boote die Niveauunterschiede zwischenden einzelnen Wasserflächen über Landbrücken z. B. mitSchleifen überwunden hätten oder mit Hilfe von Schleusen.Bisher nicht geklärt ist auch, wie die Wasserhaltung imKanal gelöst wurde, da die Schwäbische Rezat, wie wir unswährend der Exkursion versichern konnten, nur geringfügigdazu beitragen konnte.Am 28. September <strong>2013</strong> stellte die Arbeitsgruppe ihre Zwischenergebnissein einer eindrucksvollen, dankenswerterweisevom Frankenbund, Gruppe Weißenburg i. Bay,der Stadt Weißenburg, der Sparkasse Mittelfranken Südund dem BLfD unterstützten Kolloquium im Wildbadsaalin Weißenburg vor. Eingeleitet wurde der sehr dichte undintensive Vormittag durch eine Vorstellung und Erläuterungder beiden einzigen (fast) zeitgenössischen Quellen,die den Karlsgraben zum Inhalt haben (Prof. Dr. AchimHack; Friedrich-Schiller-Universität Jena). In einer Quellewird angegeben, dass einerseits Karl der Große im Herbstdes Jahres 793 per Boot von Regensburg kam und späterper Boot weiter nach Würzburg reiste und an dem fossatummagnum mit einer hochrangigen päpstlichen Delegationzusammentraf, andererseits die Bauarbeiten wegen Regenund nassen Untergrunds vergeblich waren. Dabei wurdedieser Fehlschlag – bequemerweise – als von wenig kompetentenBeratern verursacht dargestellt. Neben mehrerenBeiträgen, die die bisherigen Überlegungen zum Karlsgrabennicht zuletzt im Rahmen eines größeren Konzepts zurSicherung der östlichen Gebiete Karls des Großen sahen(Prof. Dr. Friedrich Eigler) und auf die späteren ausgeführtenund geplanten Projekte zur Überwindung der Wasserscheidehinwiesen, wurde das Problem auch aus der Sichtvon zwei Wasserbauingenieuren vorgestellt (Dipl. Ing.Hermann Zeilinger, Dipl. Ing. Hans Trögl). Vor allem aberstellten die Projektmitarbeiter ihre Methoden und Zwischenergebnisse,meist allerdings in Form von Fragen, vor.Um es vorweg zu sagen, selten scheint mir ein Projekt sooffen und intensiv im Austausch, wirklich interdisziplinärdurchgeführt zu sein. Dafür sei allen Partnern ganz herzlichgedankt.Peter Ettel stellte die Projektentwicklung und die archäologisch-historischenZielsetzungen vor, ergänzt durch diekurze Darstellung der mehr als 200 jährigen Forschungsgeschichtezum Karlsgraben von Stefanie Berg-Hobohm.Christoph Zielhofer erläuterte die bisherige, schon umfangreicheBohrkampagne, in der in einer Vielzahl von gezogenenProfilen im mittleren Bereich auf geoarchäologischemWeg der Sohlentiefe des Kanals, dessen Längsentwicklung,dem Profil des Karlsgrabens samt den seitlichen Aushüben,den Schichten der Verfüllung und deren Datierung nachgegangenwird. Beeindruckend waren dabei die eindeutigTeilnehmer der Exkursion im Karlsgraben. (Foto: Bernd Pargmann BLfD)78


Berichtebelegten alten Oberflächen unter dem Aushub und vor allemdie enorm mächtigen Torfschichten über der Kanalsohle.Nicht zuletzt konnte schon ein Teil der auf der Sohle entdecktenHölzer, meist Eichen, datiert werden (vor allem14C) – „erfreulicherweise“ tatsächlich in die Karolingerzeit.Über den weiteren Verlauf des Karlsgrabens ließ sich dankgroßflächiger geophysikalischer Prospektion über eine größereStrecke Gewissheit erlangen. Dr. Sven Linzen, Institutfür Photonische Technologien e.V. (IPHT), Jena, stelltedie teilweise wirklich aufregenden, teilweise auch sehrirritierenden Ergebnisse der mittlerweile über 95 ha vorgenommenenMessungen vor. Dabei kam ein im Institutentwickeltes Messgerät in der sog. SQUID-Technik zumEinsatz, das nicht nur eine bisher ungeahnte Datendichte mitdirekt erzeugten geografischen Daten produziert, sondernauch, gezogen von einem Geländewagen, ein Vielfaches derbisher für möglich gehaltenen Flächen in relativ kurzer Zeiterschließen kann. Aufsehenerregend waren dabei wenigerdie Anomalien des Karlsgrabens selber als vielmehr diein seinen Randbereichen. Auf der westlichen Seite ist derKanal von einem mehrfach unterbrochenen, an einer Stelleauch versetzten, sehr starken linearen Befund begleitet, aufder östlichen teilweise von sehr „unruhigen“ Bereichen,aber anscheinend klar begrenzt. Von beiden Anomalien istbisher völlig unklar, was sie erzeugt. Abschließend leiteteDr. des. Lukas Werther aus Jena zu den von ihm selbst geleiteten,Anfang September begonnenen Grabungen über.Für alle Teilnehmer besonders ergiebig war auch die für denNachmittag angesetzte, hervorragend organisierte Exkursionan den nördlichen Karlsgraben. In vier Stationen erläutertendie Partner „vor Ort“ bei strahlendem Sonnenscheindie Positionen der Bohrungen im Bereich der Grabensohle,aber auch quer dazu, die Problematik eines vor mehr alseinem Jahrzehnt von Dr. Robert Koch postulierten flachenDamms zur Aufstauung der Rezat (der sich in den Vorarbeitenzur Beurteilung der bodendenkmalpflegerischenBedeutung der schon seit längerem geplanten OrtsumgehungDettenheim als mittelalterlich herausstellte und auchkeinerlei Sedimente eines stehenden Gewässers oberhalbaufwies) sowie den Messwagen samt Messgeräten für diegeophysikalische Prospektion. „Höhepunkt“ war sicher derEinblick in die Verfüllungen des Karlsgrabens selbst in demdrei Wochen zuvor begonnenen Grabungsschnitt. Mit Studentenmehrerer Universitäten konnte Lukas Werther bereitsnachweisen, dass eine trotz massiver Sedimentation verbleibende,mindestens einen Meter tiefe Mulde erst ab dem Mittelalterendgültig verfüllt wurde. Etwas überraschend sinddie Funde, viele Hufnägel und auch ein Hufeisen, die daraufhindeuten, dass in den noch bis ins 18. Jahrhundert alsKommunland ausgewiesenen feuchten Riedwiesen zumindestder östliche der beiden aus dem sandigen Aushub desKarlsgrabens entstandenen Dämme als Weg genutzt wurde.Als wesentliches neues Ergebnis der bisherigen geophysikalischen,geoarchäologischen und archäologischen Arbeitenwird man festhalten dürfen, dass, anders als es bisher denAnschein hatte, der Teil des Karlsgrabens mit der höchstgelegenenSohle sich nicht im Bereich der so eindrucksvollenRandwälle, dort, wo das umgebende Gelände am höchstenwar, befunden hat. Vielmehr scheint der Scheitel des Kanalsim Bereich des Zuflusses der Schwäbischen Rezat angelegtgewesen zu sein, sodass man sich fragen kann, ob derenWasser wahlweise nach Südwesten Richtung Altmühl odernach Norden Richtung Weißenburg geleitet werden konnte.Es ist dies sicher als ein Hinweis auf ein ausgeklügeltesWassermanagement des vor mehr als 1200 Jahren errichteten,auch heute noch den Besucher beeindruckenden Bauwerkszu werten.C. Sebastian SommerDenkmäler im Wald – Schutzkonzeptein EuropaDie internationale Tagung der European Association ofArchaeologists fand im September diesen Jahres in Pilsen(Tschechische Republik) statt. Dr. Walter Irlinger und Dr.Grietje Suhr organisierten dort gemeinsam mit Mgr. JanJohn Ph. D. und Mgr. Ondřej Chvojka Ph. D. von der Universityof South Bohemia in České Budějovice/Budweis dieSektion „Archaeological Sites in Forests – Strategies fortheir Protection“. In mehreren europäischen Ländern hatsich in den letzten Jahren eine enge Zusammenarbeit zwischenBodendenkmalpflege und Forstverwaltung etabliert.Ziel der Sektion war es daher, einige dieser Kooperationenund ihre Methoden vorzustellen. Es wurden zwölf Vorträgeund drei Posterbeiträge angemeldet. Die Referenten kamenaus Finnland, Norwegen, Schweden, den Niederlanden,Polen, Tschechien, Litauen und Deutschland. Sie stelltennationale sowie internationale Projekte, ihre Erfahrungenmit der Methode des Airborne Laser Scanning (ALS)sowie aktuelle Arbeitsbeispiele und die damit verbundenenBesonderheiten an Bodendenkmälern im Wald vor. Die Beiträgewerden im kommenden Jahr in Form eines Bandes ausder Schriftenreihe des Bayerischen Landesamts für <strong>Denkmalpflege</strong>für ein internationales Publikum aufbereitet undpubliziert.Walter Irlinger und Grietje SuhrDiorama zur Ausstellung „Denkmal im Wald“. Holzernte im Bereicheines Bodendenkmals (Foto: Heiko Trentzsch)79


BerichteNeue Zugänge zu einem alten ThemaKolloquium „Barock nach dem Barock“Fachtagung in Passau zum Thema Neubarock„Neue Zugänge zu einem alten Thema“ stellte der Generalkonservatordes Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>seiner Zuhörerschaft im Passauer Rathaussaal am21. Oktober in Aussicht. Und er hatte nicht zu viel versprochen:Einblicke in die <strong>Denkmalpflege</strong> und Erkenntnisse,die weit über die barocke und neubarocke Kunst hinausreichen,zu ermöglichen – diesem Ziel wurde das Kolloquium„Barock nach dem Barock – <strong>Denkmalpflege</strong>, Technologie,Schöpfungen des Neubarock“ vollkommen gerecht.Den Auftakt zum Kolloquium „Barock nach dem Barock“machten zwei Exkursionen am 11. und 12. Oktober <strong>2013</strong>.Erstes Ziel war die Kirche St. Nikola in Passau, in der dielaufenden Restaurierungsarbeiten erläutert wurden. Zu weiterenProgrammpunkten der Exkursionen zählten KlosterAldersbach, Engelhartszell und das dortige TrappistenklosterEngelszell sowie das Prämonstratenserstift Schlägl.Passau, Dom, Hochaltar von Josef Henselmann aus den 1950er Jahren(Foto: Dionys Asenkerschbaumer, Kellberg)Von 21.–23. Oktober <strong>2013</strong> schloss sich die Fachtagung imgroßen Passauer Rathaussaal an. Der von Ferdinand vonWagner im ausgehenden 19. Jahrhundert in neubarockenFormen ausgemalte Saal bot für das Kolloquium eine idealeKulisse.Unter der Überschrift „Barock nach dem Barock“ widmetensich 20 Vorträge verschiedensten Themenkomplexen:von Kirchen- und Profanbauten des Neubarock im RaumPassau über Architekten und Maler dieser Epoche, Fragender <strong>Denkmalpflege</strong> – Behandlung neubarocker Werke, Restaurierungund Rekonstruktionsversuche – bis hin zu Orgelkunstund Gartenkultur.Kleine Einführung in ein großes ThemaDas Kolloquium „Barock nach dem Barock – <strong>Denkmalpflege</strong>,Technologie, Schöpfungen des Neubarock“ war eineKooperation der Stadt Passau mit dem Bayerischen Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong> und dem Landeskonservatorat fürOberösterreich. Der Zweite Bürgermeister der Stadt Passau,Urban Mangold, begrüßte die Gäste des Kolloquiums unddankte den Projektpartnern. Mangold unterstrich die großeBedeutung der Fachtagung für die Stadt Passau: „BarockeKunst- und Bauwerke bestimmen bis heute das Erscheinungsbildunserer Dreiflüssestadt. Mit dem Projekt „Barocknach dem Barock“ soll das Bewusstsein für den verantwortungsvollenUmgang mit diesem Erbe entwickelt werden.“Eingebettet ist das Kolloquium in einen großen Rahmen:Adolf Hofstetter, Projektbeauftragter der Stadt Passau,erläuterte in seiner Einführung das von ihm koordinierteund aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung(EFRE) geförderte Gesamtprojekt „Barock im Donauraum“.Bereits im April <strong>2013</strong> hatte es zum Thema „Barockim Donauraum“ einen internationalen Wissenschaftskongressin Passau gegeben, weitere Projekte werden folgen.„Die Leistungen und Bedeutung der <strong>Denkmalpflege</strong> einerbreiten Öffentlichkeit nahe zu bringen“, sei das Ziel derTagung, so Adolf Hofstetter.Die „Kleine Einführung in ein großes Thema“, die GeneralkonservatorProf. Dr. Egon Johannes Greipl anschloss,leitete dann bereits in die Fachvorträge über. Greipl gingauch auf den Hochaltar im Passauer Dom ein: 1953 schufder Bildhauer Josef Henselmann die sakrale Plastik, dieheute als bedeutendstes Altarbild der Nachkriegszeit inDeutschland gewürdigt wird. „So ungewöhnlich wie diesesKunstwerk sind auch die Fragen, welche das Kolloquium‚Barock nach dem Barock‘ stellt“, schloss Greipl: „Mitdiesen ungewöhnlichen Fragen schaffen wir neue Zugängezu einem alten Thema“.Der Neubarock – Annäherung an eine EpocheDie Annäherung an das Thema „Neubarock“ stand zunächstim Mittelpunkt. Der Einführung Dr. Michael A. Schmids,Diözesankonservator in Augsburg, folgten Vorträge über dieneubarocken Kirchenbauten in der Diözese Passau von AloisBrunner M.A., Kunstreferent des Bistums Passau, und Dr.Ludger Drost. Die Wallfahrtsbasilika in Altötting, errichtetin den Jahren 1910/12, stand beim Vortrag von Dipl.-Rest. Mag. Paul Huber im Fokus. Der Gebietsreferent amBayerischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> widmete sich80


BerichteAltes Rathaus, Großer Rathaussaal, Wandgemälde „Einzug der Krimhildin Passau in Begleitung ihres Onkels Bischof Pilgrim“, von FerdinandWagner, nach 1885 (Foto: Dionys Asenkerschbaumer, Kellberg)dem monumentalen neubarocken Kirchenbau und seinerInstandsetzung. Der Passauer Stadtarchivar Richard Schaffnernahm seine Zuhörer mit auf eine gedankliche Zeitreisedurch die Stadt Passau im 19. Jahrhundert, bevor UrsulaSimon-Schuster über das Werk des Architekten HeinrichHauberrisser referierte. Dipl.-Rest. Andreas Müller (BLfD)stellte die Restaurierung des Kuppelmodells aus Pappmaché,das der Maler Waldemar Kolmsperger für die MurnauerPfarrkirche St. Nikolaus gestaltet hatte, vor. An den Vortragvon Dr. Elgin van Treeck-Vaassen über Neubarock undNeurokoko in der kirchlichen Glasmalerei schloss sich derAbendvortrag des ersten Tages an: Dr. Ute Engel, tätig ander Universität Mainz, befasste sich unter dem Titel „Wieluftig sich alles aufbaut!“ mit dem bayerischen Barock alsKonstrukt der deutschen Kunstwissenschaft in der Zeit zwischen1850 und 1950.<strong>Denkmalpflege</strong>, Bautechnik, Kunsttechnologiein nachbarocker ZeitDer zweite Tag des Kolloquiums widmete sich <strong>Denkmalpflege</strong>,Bautechnik und Kunsttechnik in nachbarocker Zeit.Dr. Thomas Kupferschmied, der für die Baudenkmalpflegeu. a. in der Stadt Passau zuständige Gebietsreferent am BayerischenLandesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>, führte mit einemVortrag über den Umgang mit barocker Kunst in der Donau-Wald-Region im 19. Jahrhundert in die Thematik ein. Ihmfolgte Dr.-Ing. Alexander Wisneth, tätig bei der BayerischenSchlösserverwaltung, der über Leo von Klenze und dessenArbeit an Schloss Schleißheim im 19. Jahrhundert referierte.Dr. Burkhard Körner (BLfD) führte das Thema Neubarockweiter bis ins 20. Jahrhundert: Er sprach über die neubarockenElemente beim Wiederaufbau in München nach 1945.Dr. Harald Gieß, ebenfalls Gebietsreferent am Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong>, stellte anschließend die Konzepte der<strong>Denkmalpflege</strong> für den Hochaltar der Klosterkirche und denBibliothekssaal von St. Emmeram in Regensburg vor.Restaurierung – Rekonstruktion – Neuinterpretation: dieseStichworte überschrieben das Nachmittagsprogramm deszweiten Kolloquiumstages. Dr. Annette Faber (BLfD)befasste sich mit der Neuinterpretation des Marmorsaalsvon Schloss Weißenstein in Pommersfelden, Dr. MichaelSchmidt (BLfD) mit der Rekonstruktion von Asam-Altärenin der Nachkriegszeit. Die Überlieferung und Veränderungbarocker Werke im 19. und 20. Jahrhundert stellte Dr. IrmhildHeckmann, Universität Passau, in den Mittelpunkt ihresVortrags. Welche Überarbeitung die Oberflächen barockerHolzausstattungen im Neubarock erfuhren, erläuterteDr. Dipl.-Rest. Katharina von Miller. Die Tragwerks- undGewölbekonstruktionen des Neubarocks stellten abschließendDipl.-Ing. Anja Säbel und Prof. Dr. Christian Hecht(Universität der Bundeswehr, München) vor.Zum Festvortrag des Kolloquiums begrüßte GeneralkonservatorGreipl zahlreiche Zuhörer aus der Stadt Passau.Prof. Dr. Christian Hecht, der als Kunsthistoriker an derUniversität Bamberg tätig ist, beschrieb in seinem informationsreichen,unterhaltsam präsentierten Vortrag dieAusmalung der Passauer Rathaussäle. Hecht erläuterte dieab 1886 entstandenen Gemälde des Historienmalers Ferdinandvon Wagner, beschrieb die dargestellten Szenen unddie gesellschaftlichen wie historischen Hintergründe.Das Schicksal barocker Orgeln und Gärtenin nachbarocker ZeitOrgeln und Gärten der Barockzeit waren Thema des drittenKolloquiumstages. „Mythos Barockorgel“ – so hatte Prof.Dr. Franz Körndle (Universität Augsburg) seinen Vortragüberschrieben. Prof. DDr. Gottfried Frieberger OPraemging anschließend auf die Orgeln in der Stiftskirche Schläglund die Veränderungsgeschichte der barocken Putz-Orgelein. Dipl.-Ing. Christian Schmidt (BLfD) führte die Besucherdes Kolloquiums mit seinem Vortrag vom östlichenRand Bayerns an den nördlichen, in den Itzgrund. Themaseiner Ausführungen war der Schlosspark im unterfränkischenUntermerzbach (Lkr. Haßberge), der im 19. Jahrhundertin barocken Formen umgestaltet worden war. Seit 2012wird die Gartenanlage auf diese Gestaltung zurückgeführt.Dr. Claudia Gröschel (Wien) berichtete anschließend vonder Rettung der Orangeriepflanzensammlung in SchlossSchönbrunn Ende des 19. Jahrhunderts, bevor Dr. habil. ClemensAlexander Wimmer (Potsdam) auf die Gestaltung undRekon struktion (neu-)barocker Gartenparterres einging.Mit diesen Beiträgen zur Gartenkunst endete der Vortragsteildes Kolloquiums. In den Diskussionen zwischenden einzelnen Vortragsblöcken fand ein reger fachlicherAustausch statt. Im Passauer Stadtteil Hacklberg fand diedreitägige Veranstaltung dann einen besonderen Abschluss:Nach einem Besuch des barocken Fürstenbaus, errichtet1692, führte der Leiter der Passauer Stadtgärtnerei, HermannScheuer, durch die Park- und Gartenanlagen der fürstbischöflichenSchlösser Hacklberg und Freudenhain.Die qualitätvollen Fachbeiträge des Kolloquiums ermöglichtenaus ganz verschiedenen Perspektiven einen Zugangzum Thema „Neubarock“. Die wertvollen Erkenntnisseund Ergebnisse, die das Kolloquium erbracht hat, sollen2014 in einem Tagungsband veröffentlicht werden.Dorothee Ott81


BerichteArchäologie in Bayern –Jahrestagung <strong>2013</strong> in ErdingVom 25. bis 27. Oktober <strong>2013</strong> führte das BLfD zusammenmit der Gesellschaft für Archäologie in Bayern die imzweijährigen Turnus abgehaltene gesamtbayerische Tagungdurch. Mitarbeiter, Mitglieder, Professoren, Studenten,Ehrenamtliche und archäologieinteressierte Bürger aus nahund fern folgten diesmal der Einladung nach Erding undnutzten dieses Forum, um sich über die jüngsten Aktivitätender Archäologie und Bodendenkmalpflege in Bayern zuinformieren, Fachgespräche zu führen, einschlägige Bücherzu erwerben, das örtliche Museum zu besuchen und Bodendenkmälerim Landkreis Erding zu besichtigen.Die Tagung in der Erdinger Stadthalle war in der Stadt sehrpräsent, beworben durch zahlreiche Plakate und Fahnen; mitder S-Bahn angereiste Besucher wurden mittels Plakatständernsicheren Weges zum Ort des Geschehens gelotst.Viel Mühe war seitens der Gesellschaft für Archäologie,der gastgebenden Stadt und des Museums Erding sowie desReferats B I im Landesamt darauf verwendet worden, denorganisatorischen Rahmen aufzubieten, das Vortragsprogrammzusammenzustellen und die Exkursion zu planen.Doch damit nicht genug, diesmal machten sich die Organisatorenzusätzlich daran, auch einen Führer zu archäologischenStätten in Stadt und Landkreis Erding zu schreiben.Dieser war, ebenso wie das aktuelle „Archäologische Jahrin Bayern 2012“, rechtzeitig zur Tagung erschienen; beideBücher wurden in Erding offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt,und man konnte sie sogleich erwerben.Am Freitag wurde die Tagung mit einem Grußwort desSchirmherrn S. K. H. Franz von Bayern eröffnet – einebesondere Ehre für diese Veranstaltung! Auch OberbürgermeisterMax Gotz, Prof. Dr. Egon Johannes Greipl vomBLfD und Prof. Dr. Bernd Päffgen als Vorsitzender derGesellschaft für Archäologie in Bayern hießen die Teilnehmerin Erding willkommen. Den Nachmittag füllten sodannsechs Kurzvorträge; den Abendvortrag hielt Prof. DieterWeiß zum Thema „Das Haus Bayern – Erding und WittelsbacherErinnerungsorte im Mittelalter“.Nicht weniger als 14 Vorträge umfasste das Vortragsprogrammdes Samstags. Aufgelockert wurde dieses durcheine Schwertkampfvorführung in der Vormittagspause, umdie Qualität des Köschinger Ringknaufschwerts mit einerNachbildung zu demonstrieren. – Einen Workshop zurBestimmung von Steingeräten boten Prof. Doris Mischkaund Prof. Thorsten Uthmeier am Vormittag parallel zu denVorträgen an. Der dicht gefüllte Tag klang aus mit einemEmpfang der Stadt Erding im Foyer des Museums.Einen wichtigen Bestandteil der Tagung bildete am Sonntagdie traditionelle Busexkursion, die vom Tagungsort insErdinger Umland führte. Die Route führte zwei randvollbesetzte Busse zunächst zum Extramusealen Infopoint desMuseums Erding an der Fundstelle des Reihengräberfeldesvon Altenerding-Klettham, wo Harald Krause vor allemdie Fund- und Bergungsgeschichte dieses über Bayernhinaus wichtigen Gräberfeldes thematisierte. Weiter gingdie Fahrt entlang der Grundmoräne nach Kirchötting, wodie über 100 Exkursionsteilnehmer die im Wald verstecktespätlatènezeitliche Viereckschanze mit neuentdecktemAußenwall („Mehrfachschanze“) und ausgedehnten Wölb-Exkursion, Führung mit Delia Hurka in der Dämmerung im verebneten Grabhügelfeld von Eichenkofen (Foto: BLfD, Christian Later)82


Berichteim Sempttal gelegene, mittlerweile weitgehend verebneteGrabhügelfeld von Eichenkofen, das erst in der anbrechendenDämmerung angesteuert werden konnte. So berichteteDelia Hurka bereits im Scheinwerferlicht der Reisebusseüber die lange und abwechslungsreiche Forschungsgeschichte,aber auch den schleichenden Denkmalverlust andiesem größten Grabhügelfeld im Erdinger Land. Pünktlichum 18.00 Uhr erreichten die Busse wieder den AusgangspunktErding, womit auch drei erfolgreiche Tagungstageihren Abschluss fanden.Christian Later und Doris EbnerDie Erdinger Stadthalle im Zeichen der Tagung „Archäologie in Bayern“(Foto: BLfD, Doris Ebner)Schwertkampfübungen vor der Erdinger Stadthalle (Foto: BLfD, D. Ebner)ackersystemen erwanderten. An diesem Beispiel wurde vorallem die Bedeutung von Hochwald als bestem „Konservator“für Bodendenkmäler deutlich. Die nächste Stationwar das über dem Isental thronende Schloss Burgrain, woBurgherr Ulrich Klapp sein Tor öffnete und persönlichdurch die ehemalige Burg der Freisinger Bischöfe führte,die aus einer mehrgliedrigen früh- bis hochmittelalterlichenAbschnittsbefestigung hervorgegangen ist. Auch dasMittagessen erfolgte in besonderem Ambiente, nämlich im1926 errichteten, denkmalgeschützten Festsaal des GasthofsKlement in Isen. Nach der Mittagspause und einstimmendemOrgelspiel führten Reinold Härtel und ChristianLater durch die romanische, auf eine bischöfliche Klostergründungvon 747/48 zurückgehende Pfarr- und ehem.Stiftskirche St. Zeno mit ihrer Krypta und dem beeindruckendenPortal. Ein weiterer Höhepunkt der Exkursion wardie Besichtigung des an der Strogen gelegenen BurgstallsWartenberg, wo die Nikolauskapelle den letzten baulichenRest der einst wichtigen Wittelsbacher Pfalzgrafen- undHerzogsburg darstellt. Hier ließ es sich Prof. Bernd Päffgennicht nehmen, persönlich zur Archäologie und Geschichteder Burg, aber auch zur Burgen- und Stadtgründungspolitikder Wittelsbacher im 12. und 13. Jahrhundert zu referieren.Das letzte Ziel dieses sonnigen Spätherbsttages war das25 Jahre Archäologischer Vereinim Landkreis Freising e.V.Der Archäologische Verein im Landkreis Freising e.V.,gegründet am 18. <strong>November</strong> 1988, begeht in diesem Jahrsein 25-jähriges Bestehen. Er widmet sich der Erforschungder Bodendenkmäler im Landkreis Freising und fördertin vielfältiger Weise das Bewusstsein der Bürger für dieGeschichte ihrer Heimat durch intensive Öffentlichkeitsarbeit.Von Anfang an arbeitet er – auf ehrenamtlicher Basis– eng mit dem Bayerischen Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>und verschiedenen Universitäten zusammen.Die umfangreichen Aktivitäten des Vereins, die sich u. a.in zahlreichen Ausgrabungen, Baustellenbeobachtungen,Feldbegehungen, Lesefunden, Fotografien und anderenDokumentationen niederschlugen, werden zur Zeit imBLfD aufbereitet und fachgerecht inventarisiert. Heute hatder Verein 600 Mitglieder. Sowohl der Verein als auch seinGründer Erwin Neumair sind mit verschiedenen Auszeichnungengeehrt worden, darunter 1993 die bayerische Denkmalschutzmedaille.Ein Festakt ist 2014 geplant.Red.Kurt-Bittel-Preis für Thomas LiebertDer zweijährig vergebene Kurt-Bittel-Preis der Stadt Heidenheimgeht <strong>2013</strong> an den Archäologen Thomas Liebert ausRoßtal. Die Preisfindungskommission befand dessen 2011an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg abgeschlosseneDissertation „Technik des frühen Mittelalters – Wassermühlenund sonstige Wasserbauwerke im fränkisch-bajuwarischenGrenzgebiet bei Greding, Mittelfranken“ fürpreiswürdig. Diese Arbeit behandelt die Ausgrabungen desBLfD in den Jahren 1996 bis 2001 auf der ICE-Trasse, wosie nahe Greding das Schwarzachtal durchquert und imBoden umfangreiche Holzbefunde erhalten waren.Die Preisübergabe fand am 8. <strong>November</strong> <strong>2013</strong> um 20.00 Uhrim Anschluss an das 16. Heidenheimer Archäologie-Colloquiumim Emil-Ortlieb-Saal des Heidenheimer Rathausesstatt. Die Dissertation soll in der vom BLfD herausgegebenenReihe der „Materialhefte zur bayerischen Archäologie“gedruckt werden.Red.83


BildarchivSchätze aus dem BildarchivRegensburg – Fenster zur VergangenheitNach Würzburg 2004, Augsburg 2007 und München 2008folgt nun Regensburg in der Publikationsreihe „Fensterzur Vergangenheit“ mit historischen Aufnahmen aus demBildarchiv des Bayerischen Landesamts für <strong>Denkmalpflege</strong>.Die Fotografien sind auch vom 11. September bis31. Dezember <strong>2013</strong> täglich von 10–19 Uhr im BesucherzentrumWelterbe Regensburg im Salzstadel an der SteinernenBrücke, Weiße-Lamm-Gasse 1, zu sehen. Die in bestmöglicherTechnik im Format 60 × 80 cm reproduziertenGlasplatten-Negative wie Albuminpositive zeigen Ein- undAusblicke auf die bayerische Welterbestadt, die auch denKenner Regensburgs zu überraschen vermögen. Die Aufnahmenwerden im gleichnamigen, 160-seitigen Katalog– erschienen im Regensburger Morsbach-Verlag – ausführlicherläutert und mit weiteren historischen wie modernenAufnahmen konfrontiert. So schärft sich im Sehen des Vergangenender Blick für den Ist-Zustand – veranschaulichtdie Dimension des Verlustes den Wert des erhalten Gebliebenen(siehe auch S. 86).Markus Hundemer21 Dom, 13 × 18 cm Gelatinetrockenplatte,Foto: Prof. Friedrich Carl Weysser, um 19002 Brunnen am Fischmarkt (Ausschnitt),13 × 18 cm Gelatinetrockenplatte,Foto: Prof. Friedrich Carl Weysser, 18973 Blick von den Winzerer Höhen,22,5 × 34 cm Albuminpapier,Foto: Johann Laifle, 18874 Ehem. Poststallgebäude am Alten Kornmarkt,22,5 × 17 cm Albuminpapier,Foto: wohl Prof. Friedrich Carl Weysser, um 1900sowie Markus Hundemer, <strong>2013</strong>5 Neupfarrplatz, 26,7 × 20,7 cm Albuminpapier,Foto: E. Mertens, um 1880sowie Markus Hundemer, <strong>2013</strong>1Bildnachweis: Bayerisches Landesamt für<strong>Denkmalpflege</strong>, Repro: Markus Hundemer84


Bildarchiv31 4585


Berichte / LiteraturRegensburg –Fenster zur VergangenheitFotos vom alten Regensburg 1865–1945aus dem Bildarchiv des Bayerischen Landesamtesfür <strong>Denkmalpflege</strong>Am 10. September <strong>2013</strong> eröffneten Oberbürgermeister HansSchaidinger und Generalkonservator Prof. Dr. Egon JohannesGreipl eine Fotoausstellung im Besucherzentrum Welterbeim Salzstadel an der Steinernen Brücke in Regensburg. Vonden insgesamt 3165 historischen Regensburg-Fotografienaus dem Bildarchiv des Landesamtes wurden 21 Gelatinetrockenplattenbzw. Albuminabzüge in derzeit bestmöglicherTechnik im Großformat 60 × 80 cm für die Ausstellungreproduziert. Im Katalog werden die Aufnahmen ausführlicherläutert und weiteren historischen wie modernen Aufnahmengegenübergestellt. Sie zeigen Einblicke in die bayerischeWelterbestadt, die auch den Kenner Regensburgs zu überraschenvermögen. Denn historische Fotografie ist nichts anderesals mittels Physik und Chemie festgehaltenes Licht undder in diesem Licht zur Anschauung gebrachten Gegenständevergangener Zeit. Im Sehen des Vergangenen schärft sich derBlick für den Ist-Zustand – veranschaulicht die Dimensiondes Verlustes den Wert des erhalten Gebliebenen.Die Ansichten einer Stadt seien der Zeit unterworfen undverändern sich ständig, sagte Oberbürgermeister HansSchaidinger bei der Eröffnung der Ausstellung: „Die Schauist der Schlüssel zu einer Schatzkiste der Erinnerungen. DieBilder helfen nicht nur ein Gefühl für verstrichene Zeit zuentwickeln, sondern stellen indirekt auch die Frage nach derZukunft und damit die Frage nach Verantwortung“.Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl wiesdarauf hin, dass sich auch Denkmäler stetig, bis hin zumVerlust – der radikalsten Form der Veränderung – verwan-Katalog zurAusstellungFotoausstellung im Untergeschoss des Salzstadels an der SteinernenBrücke in Regensburg (Foto: BLfD, Markus Hundemer)Ausstellungseröffnung im Besucherzentrum Welterbe Regensburg: (v. l.)Prof. Dr. Peter Morsbach, Oberbürgermeister Hans Schaidinger, Dr. AnkeBorgmeyer, Generalkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl undDr. Markus Hundemer (Foto: Uwe Moosburger)deln würden. Das fotografische Abbild sei der Versuchgewesen, den dynamischen Zustand des Denkmals in einenvirtuell statischen zu verwandeln. Aber auch Glasplatten-Negative brechen oder werden zerkratzt, Farbdias bleichenaus, ja ganze Archive seien schon im Wasser ertrunken oderim Feuer verbrannt. Daher habe das Landesamt bereits 2004begonnen, seinen gewaltigen Bilderschatz von gut 1,2 Millionenhistorischen Fotografien digital zu erschließen unddie Originale langzeitarchivgerecht zu sichern: „Ich freuemich, wenn sich viele Regensburger und viele Gäste vonunseren Fotos faszinieren lassen, wenn sie, im Vergleich mitder Wirklichkeit draußen, wieder einmal begreifen, dass daseinzig Beständige der Wandel ist – und dass es uns <strong>Denkmalpflege</strong>rbraucht, damit trotzdem noch etwas bleibt“.Nach Würzburg 2004, Augsburg 2007 und München 2008folgt nun Regensburg als nächste Stadt in der Ausstellungsseriedes Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>„Fenster zur Vergangenheit“. Die historischen Aufnahmenaus dem Bildarchiv sind vom 11. September bis 31. Dezember<strong>2013</strong> täglich von 10–19 Uhr zu sehen. Zur Ausstellungerschien im Morsbach-Verlag, Regensburg, ein gleichnamiger,160 Seiten umfassender Katalog, der von der im Landesamttätigen Grafikerin Susanne Scherff gestaltet wurde.Er ist in der Ausstellung, beim Verlag oder unter der ISBN-Nummer 978-3-937527-64-2 im Buchhandel erhältlich.Markus Hundemer86


MeldungenMELDUNGENWalter Irlinger vom BLfDwissenschaftlicher BeiratAuf der Sitzung am 13. September<strong>2013</strong> wählte der WissenschaftlicheBeirat des Keltenmuseum HalleinDr. Walter Irlinger zu seinem Vorsitzenden.Die wesentlichsten Aufgabendieses Gremiums sind – überdie Museums tätigkeit hinaus – dieForschungen am Dürrnberg, derenKoordination und Aufarbeitung.Keltische Gräberfelder und Siedlungen der Späthallstatt- bisMittellatènezeit sind in großem Umfang ausgegraben wordenund harren der Bearbeitung und Publikation. Dies wird vomBeirat gelenkt und beaufsichtigt. Da der Dürrnberg sichauf deutschem und österreichischem Staatsgebiet erstreckt,teilen sich Vertreter aus beiden Ländern die Zuständigkeit.Walter Irlinger ist auch Vorsitzender des wissenschaftlichenBeirats von KeltenWelten, einem Zusammenschluss vonOrten mit keltischer Geschichte in Deutschland und dembenachbarten Ausland. Der Vereinigung geht es um Vernetzungsstrategiendurch Ausstellungen, gemeinsame Internetseite(www.verein-keltenwelten.de), Werbung. Sie bietet einePlattform für gemeinsames Tourismusmarketing, für Kulturaktionenwie Wanderausstellungen, Kongresse und andereVeranstaltungen. Hier bürgt der wissenschaftliche Beirat fürQualität und Seriosität in der Außendarstellung.Red.AVISO-Ausgabe zum JubiläumAnlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Denkmalschutzgesetzesgibt das Bayerische Staatsministerium für Bildungund Kultur, Wissenschaft und Kunst ein Sonderheft avisozum Thema Denkmalschutz heraus. 40 Artikel von Expertinnenund Experten aus dem Denkmalbereich vermittelneinen Eindruck von der Komplexität, Vielgestaltigkeit undLebendigkeit des Themas. Die Publikation kann über dasBayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaftund Kunst kostenlos bestellt werden (Vorgestellt inder nächsten Ausgabe der DI).Freizeit im BR: GeneralkonservatorGreipl und Max Schmid unterwegsSeit Jahren ist die Sendung „Freizeit“ im Bayerischen Fernsehenfester Programmpunkt. Verstärkt rücken seit einigerZeit auch die Denkmäler in den Fokus: Zum vierten Mal warGeneralkonservator Prof. Dr. Egon Johannes Greipl jüngstmit dem Schmid Max und seinem Freizeit-Team in Bayernunterwegs. Im Frühsommer hieß es „Baden gehen“ – zusammenmit Generalkonservator Greipl hatte Max Schmid fünfDer Schmid Max und Generalkonservator Greipl auf einer ihrer Denkmaltouren(Foto: André Goerschel, BR)denkmalgeschützte Freibäder in Bayern besucht. Vom Terrassenschwimmbadin Bad Kissingen bis zum Moorbadnach Oberstdorf führte die Denkmalreise durch Bayern.Die Sendung war ein voller Erfolg, sie hat sich hinsichtlichder Quoten sogar gegen den Tatort behaupten können: Biszu 600000 Menschen in ganz Deutschland gingen vor denFernsehschirmen mit dem Schmid Max baden. Damit setztediese Ausgabe der „Freizeit“ den positiven Trend fort, denschon die vorangegangenen Denkmaltouren gezeigt hatten.Die drei Sendungen stellen Denkmäler aus den beidenBänden „Der Geschichte auf der Spur“, erschienen im VolkVerlag, vor.Sendetermin: Sonntags um 21.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen;Internetseite: www.br.de/freizeitTeam BLfD –auch <strong>2013</strong>wieder am Start!Foto: BLfD,Karlheinz Hemmeter87


DenkmalrätselDenkmalrätselAuflösung der Denkmalrätsel in Heft 155,Juli <strong>2013</strong>, S. 95:1. Marktplatz in Eibelstadt, Lkr. Würzburg2. Ehem. Benediktinerinnenkloster Klosterbergbei Hohenwarth, Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm3. Deckenfresko in St. Margaretha in Issing,Lkr. Landsberg am Lech4. Pfarr- und Wallfahrtskirche Vilgertshofen,Lkr. Landsberg am Lech5. Pfarrkiche Mariä Himmelfahrt in Mittich,Lkr. PassauAls Gewinner eines Buchpräsentes wurden ausgelost:Theresia Hartmann, Epfach; EberhardBrand, Rotthalmünster; Dr. Christoph Bellot,Köln. Es sei allen ganz herzlich Dank gesagt fürihre Beteiligung und Mithilfe.Wieder haben wir aus der gerade laufendenDigitalisierung der fotografischen Altbeständefünf unbeschriftete Aufnahmen ausgewählt, zudenen wir fragen:Wer kennt das Denkmal?Alle bislang ungelöst gebliebenen Denkmalrätselkönnen unter www.blfd.bayern.de/download_area/fotos/index.php „Denkmalrätsel“ eingesehenwerden. Wir freuen uns über jede Information!Bayerisches Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>,Bildarchiv, Hofgraben 4, 80539 MünchenTel. 089/2114-382 bzw. -261E-Mail: markus.hundemer@blfd.bayern.deMarkus Hundemer undMarion-Isabell Hoffmann12Alle Fotos: Bayerisches Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>, Bildarchiv3 4588


TermineTERMINEMontagsvorträge 2014: Von Germanen,Römern und BronzedenkmälernDie Reihe der Montagsvorträge wird auch 2014 fortgesetzt.Sechs Vorträge bieten abwechslungsreiche Einblicke indie bayerische <strong>Denkmalpflege</strong>. Die Vortragsreihe ist eineKooperation des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>mit der Volkshochschule München (MVHS) und derBayerischen Gesellschaft für Archäologie.Wir laden Sie ein, die Vielseitigkeit der bayerischen <strong>Denkmalpflege</strong>kennenzulernen: Vom 10. Februar bis zum24. März 2014 finden die Vorträge jeweils montags um19.00 Uhr in der Säulenhalle des Bayerischen Landesamtesfür <strong>Denkmalpflege</strong>, Hofgraben 4, 80539 München, statt.Am 10. Februar 2014 geht Dr. Jochen Haberstroh derFrage nach, ob die Germanen nur eine Erfindung sind, underläutert, welchen Einfluss diese „Erfindungen“ auf unserGeschichtsverständnis haben: Von Germanen und anderenErfindungen – Völkerbezeichnungen in der bayerischenArchäologie.Am 17. Februar 2014 stehen Kulturlandschaftsschutz undWindenergie im Zentrum des Vortrags von Dr. ThomasGunzelmann. Wie können Kulturlandschaft und Denkmalevor der totalen „Vermaisung“, „Verspiegelung“, „Verspargelung“bewahrt werden?Die Planstadt Erlangen: Städtebaulicher Aufbruch ins18. Jahrhundert ist der Gegenstand des Vortrags von Dipl.-Ing. Thomas Wenderoth am 24. Februar 2014. Nach dem30-jährigen Krieg waren ganze Landstriche verwüstet – derBau der Planstadt Erlangen bedeutete den Aufbruch in eineneue Zeit!Dipl.-Rest. Cornelia Saffarian begibt sich am 10. März2014 auf die Spuren Ferdinand von Millers, dessen Geburtstagsich <strong>2013</strong> zum 200. Mal jährt: Im Denkmalrausch –Ferdinand von Miller und die Königliche Erzgießerei inMünchen.Bronzedenkmäler sind auch am 17. März 2014 ein Thema,wenn Dipl.-Chem. Martin Mach über Münchner Denkmäleraus Bronze – Altern in Frieden und Schönheit? referiert.Der Vortrag illustriert, welchen externen Einflüssen– Wetter, Politik, Zivilisation – diese Denkmäler ausgesetztsind.Dr. Martin Pietsch und Dr. Silvia Radbauer schließen dieReihe der Montagsvorträge 2014 mit ihrem Vortrag am24. März 2014 ab. Sie befassen sich mit dem ExportlandBayern: Massenproduktion von Tafelgeschirr in derRömerzeit. Ausgangspunkt ihres Vortrags ist eine Grabungbei Rosenheim, die Tonnen rotglänzender Terra-sigillata-Keramik zutage förderte.Dorothee OttBald ist Weihnachten...Rezept für Gewürzplätzchen500 g Dinkelmehl250 g kalte Butter150 g Rohrzucker200 g gemahlene Mandeln,3–4 Eier25 g Zimt25 g Muskat10 g Nelken oder Kardamon1/2 TL SalzDie Zutaten verkneten, 30 Minuten kaltstellen,dann den Teig auswallen. Plätzchen ausstechenund ca. 10 Minuten bei 180°C backen.Weihnachtssterne und Herzen frisch ausdem Ofen – gebacken und fotografiertvon Doris Ebner89


Lebens-LagenLebens-Lagen gesammelt von Bernd SymankDachwasserableitung ins eigene Fundament,fotografiert am 28.11.2012 an der Friedhofsmauervon Arrach, Gde. Falkenstein, Lkr. Cham„Staubsaugeranschluss“ – fotografiert am19.03.<strong>2013</strong> in Birnfeld, Lkr. Schweinfurt,St. Michael„Rasierspiegel“ – fotografiert am 20.08.2012in Tussenhausen, Lkr . Unterallgäu, St. Vitus,Chor Nord- und SüdwandNicht so schnell durch das Städtchen galoppieren! Sonst wird ein Bußgeldvon 2–5 Franken fällig. Schild in Ilanz im Kanton Graubünden, Schweiz(Foto: BLfD, Doris Ebner)Gochsheim. „Ausstellung“ 1970er Jahre(Foto: BLfD, Hans-Christof Haas)„Malschicht- und Technikstratigrafie 1614 – ca. 1980“,so von mir gesehen und fotografiert am 4.10.2012 in Ballingshausen,Lkr. Schweinfurt, St. Bartholomäus und Dionys(Fotos: BLfD, Bernd Symank)90


LiteraturLITERATURDas archäologische Jahr in Bayern 2012Alljährlich legt die bayerische Bodendenkmalpflege eineBilanz ihres Tuns vor: „Das archäologische Jahr in Bayern“bietet einen Querschnitt durch das ganze Bundesland; diewichtigsten Ausgrabungen werden hier in 70 Kurzberichtenvorgestellt.Wie immer, wenn die Archäologen in den Untergrund blicken,begegnen ihnen Momentaufnahmen von Lebenssituationenaus mehreren Jahrtausenden. So sind auch diesmalallerlei Wechselfälle des Lebens in den Grabungsberichtendokumentiert: Vom Leben und Sterben, vom Erobern undBesiegtwerden, von Kult und Kitsch, von Schmuck undHandwerk, von Spreu und Weizen, von Glück und Pech, vonFleiß und Freizeit, vom Auf und Ab des Daseins handelndiese Momentaufnahmen, die unserem eigenen Erlebenletztlich so frappierend ähnlich erscheinen!Den Kürzeren gezogen – womöglich im wahrsten Sinn desWortes – hat ein Mann im Gipskarst bei Burgbernheim:Ihm steckten zwei Pfeilspitzen zwischen den Rippen; derAnschlag endete tödlich. Nähere Umstände waren nichtmehr aufzuklären, da das Geschehen schon fünfeinhalbJahrtausende zurück liegt. – Mit derselben Waffe wurdeviele Jahrhunderte später in Utzenhofen zugeschlagen: Hierwurde im Chor der Kirche St. Vitus im 15. Jahrhundert einGrab angelegt. Der darin bestattete etwa 40-jährige Mannist an einem Pfeilschuss gestorben.Glück im Unglück scheint hingegen ein römischer Villenbewohnerin Burgweinting gehabt zu haben, als ein im Baubefindlicher Brunnenschacht einstürzte. Sein Handwerkszeug,Hacke und Schaufel, ging im Schacht verloren, dieLeiter ist aufrecht stehend ebenfalls im Schacht verbliebenund hat sich dank ständiger Feuchtigkeit erhalten. Da keinSkelett in der Grube gefunden wurde, darf man annehmen,dass der Einsturz während einer Arbeitspause geschah undder Schachtgräber lebend entkam. Um die Leiter war es übrigensnicht allzu schade, denn sie war aus ganz verschiedenenHolzteilen offenbar nur behelfsmäßig zusammengebastelt.Ihrer Besitztümer verlustig gingen auch die Eigner mehrererrömischer Hortfunde bei Bad Füssing. Rund 240 Münzen,ein Kelle-Sieb-Set, ein Bronzekessel – diese Dinge wurdenoffenbar im Boden versteckt, konnten aber seinerzeit nichtmehr heraufgeholt werden.Pleiten, Pech und Pannen setzen sich fort: Pfusch am Bauwurde in Lindelach bei Gerolzhofen festgestellt – das gab esnämlich schon in der Zeit um 1600. Die Ausgräber konntendort in einem mainfränkischen Keller einen Wasserschadendurch Baumängel nachweisen.Doch fehlen neben allen Zeugnissen der Mühsal auch dieAnnehmlichkeiten des Lebens nicht! Seit jeher ist kostbarerSchmuck unter dieser Rubrik aufzulisten. In der Frühbronzezeitfinden wir solchen in einem reichen Frauengrab inWehringen: Die dort in Grab 1586 bestattete Frau trug an denUnterschenkeln bronzene Spiralringe mit neun Windungen,einen Ösenring um den Hals; Besatzteile waren wohl auf ihrGewand aufgenäht, dessen Stoff mit einer Schleifenkopfnadelzusammengehalten wurde; Blickfang auf der Brust warein 9 cm breites, ornamental verziertes Bronzeblech.Fünf Ösenhalsringe – jeder etwa ein Pfund schwer – undzwei Armspiralen wurden vor 3700 Jahren bei Aufhausenim Boden versteckt; auch damit hätte man nicht nur eineFrau glücklich machen können! – Ob zwei Frauen der Mittellatènezeitin Zuchering in ihrem Leben glücklich waren,wissen wir nicht. In ihrem Grab mangelte es jedenfalls nichtan bronzenen Fibeln, Arm- und Fußreifen.Von leiblichen Genüssen zeugt ein Befund in Möttingen, woin römischer Zeit offenbar ein Dinkelbier gebraut wurde. –Zu trinken gab es solches sicher in früher Neuzeit in Erdwegim Dachauer Land, wo Archäologen in dem alten „Wirtshausam Erdweg“ Untersuchungen durchführten.Dass Essen und Trinken mit Stil zu genießen waren, dafürmachten Töpfer feines Tischgeschirr: so in Westerndorf St.Peter in einer römischen Sigillatatöpferei – wo allerdingsauch erhebliche Mengen Ausschussware anfielen.Wohlgeruch gab es in Gernlinden – ein spätrömisches Räuchergefäß,hergestellt aus Geweih und mit Kerbschnittmusternverziert, hat dies ermöglicht. Es wurde dort in Grab4736 gefunden und zeigt starke Gebrauchsspuren. – Ob manauch an einen Wohlgeruch für die Götter dachte? Auf demRollenberg bei Hoppingen fanden vorgeschichtliche Brandopferstatt. Dank einer geophysikalischen Prospektion desBergplateaus rückt dieser Berg, von dem aus sich das ganzeRies überschauen lässt, in ein neues Licht.Alle Mühe gab man sich mit einem romanischen Schmuckfußbodenin der Kirche St. Peter und Paul in Münchaurach.Für den inkrustierten Estrichboden wurde nicht Kalk,91


Literatursondern Gips verwendet – eine große Seltenheit. Mit roterTonerde wurden die Inkrustationen farblich herausgehoben,ein Kleinod romanischer Kunst aus dem 12. Jahrhundert.Zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehört auch komfortablesWohnen. Davon zeugen Baubefunde einer frühneuzeitichenKemenate in Nürnberg-Ziegelstein. Zwei Wassergräbenschützten diese Burg. – Wie man sich gegen Eindringlingeaufwendig schützte, offenbaren die großflächigen Ausgrabungenin der bayerischen Landesfestung Ingolstadt. Als „arxmagnifica“ wurde die Befestigung schon im 16. Jahrhundertgerühmt. Sie ermöglichte ein stilvolles Leben in der Stadt, wieeine weitere Ausgrabung beim Ingobräu beweist: Hier fandsich u. a. ein reich verziertes Wandwasserbecken.Es strebt der Mensch, solang er lebt: gerne auch nach reichenBodenschätzen. Archäologen gingen dem Eisenerzbergbauam Teisenberg nach. Und nicht zuletzt wurde imOsten Bayerns nach Gold geschürft. Digitale Geländemodellezeigen vielfache Spuren dieses Eldorado in Ostbayern,die sich für kundige Augen sehr deutlich in der Erdoberflächemanifestieren. So bildet das „Archäologische Jahrin Bayern 2012“ wieder eine ganze Bandbreite von Lebendurch die Jahrtausende ab.DEDas frühmittelalterliche Reihengräberfeldvon PfakofenNelo Lohwasser, Das frühmittelalterliche Reihengräberfeldvon Pfakofen. Mit Beiträgen von Jörg W. E. Faßbinderund Gunnar Gransche. Materialhefte zur bayerischenArchäologie 98Das Donautal um Regensburg gehört wegen seiner fruchtbarenBöden und der historisch-topografischen Bedeutungals nördlicher Grenzstreifen des Römischen Reiches zuden Siedlungslandschaften, auf die die archäologische Forschungschon seit jeher ein besonderes Augenmerk gerichtethat. Nicht durch Zufall beschäftigte sich Ursula Kochbereits in den 60er Jahren mit den reihengräberzeitlichenFunden dieser Region, 1968 als eine der ersten zusammenfassendenPublikationen zum Frühmittelalter in Bayernerschienen. Diesem Beispiel folgend wurden im Laufe derfolgenden Jahrzehnte mehrere grundlegende Untersuchungenzu Grabfunden der Merowingerzeit vorgelegt, u. a. diezu Staubing oder Straubing-Bajuwarenstraße. In die Reihedieser Publikationen fügt sich nun auch die Vorlage des Reihengräberfeldesvon Pfakofen durch Nelo Lohwasser ein.Pfakofen, 20 km südlich der bajuwarischen HerzogsstadtRegensburg gelegen, war bis zur Ausgrabung dieses Friedhofesfür die Frühmittelalterforschung ein unbeschriebenesBlatt. Durch die Entdeckung des Gräberfeldes im Rahmeneiner Baugebietsausweisung und die planmäßige archäologischeGrabung 1993 bis 1996 durch das Bayerische Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong> wurde er eines der wichtigsten GrabungsundRestaurierungsvorhaben der Dienststelle Regensburg.Nicht ohne Grund, denn mit seinen über 515 Bestattungenhandelt es sich um den bislang größten planmäßig untersuchtenfrühmittelalterlichen Friedhof im Regensburger Umland.Obwohl der Bestattungsplatz nach Ausweis der späterenMagnetometerprospektion nur zu etwa 75 % archäologischdokumentiert wurde – der übrige Teil soll außerhalb desBebauungsplanes dauerhaft erhalten bleiben – bietet er einehervorragende Materialbasis für die wissenschaftliche Untersuchungder Bevölkerungsstruktur, des sozialen Gefüges unddes Totenbrauchtums im 6. und 7. Jahrhundert.Diese Chance hat Nelo Lohwasser, die dieses Gräberfeld imRahmen einer Dissertation an der Otto-Friedrich-UniversitätBamberg bearbeitet hat, trefflich genutzt: Die Auswertungder verschiedenen Fundgattungen ist äußerst solide, besondersdie der Frauengräber mit reichhaltigem Perlenschmuck,der trotz der umfangreichen späteren Graböffnungen erhaltenblieb. Gerade zum häufig in bajuwarischen Gräberfeldernanzutreffenden Phänomen des „Grabraubs“ konnteLohwasser dank der akribischen Grabungsdokumentationneue Ergebnisse erzielen. Spannend sind in diesem Zusammenhangdie Rekonstruktionen der Täterprofile anhand derMorphologie der Raubschächte und Grabungsmethoden.Auch wenn das Gräberfeld, abgesehen von den Highlightswie z. B. Gefäßbeigaben mit Färberläusen, nicht allzu spektakuläreFunde bieten kann, ist die übersichtlich gegliederte,gut recherchiert und leicht lesbare archäologische Auswertungein Gewinn für die Frühmittelalterforschung.Die magnetometrische Messung des noch nicht ausgegrabenenGräberfeldteils wird von Jörg W. E. Faßbinder dargestelltund erläutert. Ergänzt durch die schmiedetechnischenAnalysen der Spathen und Saxe von Gunnar Gransche bietetdie vorliegende Publikation eine breite Materialbasis zurVeranschaulichung des Lebens einer bäuerlichen Gemeinschaftim Frühmittelalter, soweit dies aus Bestattungenüberhaupt abgeleitet werden kann.Red.Handbuch Städtebauliche <strong>Denkmalpflege</strong>Mit dem Handbuch Städtebauliche <strong>Denkmalpflege</strong> legt dieVereinigung der Landesdenkmalpfleger in der BundesrepublikDeutschland erstmals ein Überblicks- und Nachschlagewerkvor, das in 240 Lexikonartikeln ausgewählte Begriffezum Thema erläutert und in einführenden Aufsätzen Grundlagenund Grundsätze städtebaulicher <strong>Denkmalpflege</strong>, ihrenGegenstand, Methoden der Erfassung, Bewertung undDokumentation, rechtliche Rahmenbedingungen und dieIntegration städtebaulich-denkmalpflegerischer Belange inStadtplanung und Raumordnung erläutert. Konzipiert wurdeder Band von der Arbeitsgruppe „Städtebauliche <strong>Denkmalpflege</strong>“in der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger, die– neben weiteren Veröffentlichungen zum Thema – in derReihe der „Berichte zu Forschung und Praxis der <strong>Denkmalpflege</strong>in Deutschland“ bereits mehrere Bände vorstellte:Band 5: „Instrumente der Städtebaulichen <strong>Denkmalpflege</strong>“,erschienen 1995, Band 9: „Ensembleschutz und städtebaulicheEntwicklung“, erschienen 2001, und Band 17a, „HistorischeStädte in Deutschland“, erschienen 2010.Wenn auch die Zuständigkeit für denkmalpflegerischeFragen in der Bundesrepublik Deutschland auf Länderebeneliegt, ist es doch sinnvoll und notwendig, sich in92


Literaturgrundsätzlichen Fragen bundesweit zu verständigen. Die1951 gegründete Vereinigung der Landesdenkmalpflegerübernimmt dieses Anliegen im Auftrag der Kultusministerkonferenzder Länder. Das Handbuch möchte vor diesemHintergrund „eine Lücke schließen, die besonders misslichist, da unterschiedliche Auffassungen über Begriffe undInhalte der städtebaulichen <strong>Denkmalpflege</strong> bestehen“ (S.6). 1973 als Fachausschuss „Stadtsanierung“ von den Leiternder deutschen Denkmalbehörden eingesetzt, kann dieseitdem bestehende Arbeitsgruppe auf vierzig Jahre Erfahrungzurückblicken. Der Band erscheint zu dem gewichtigenJubiläum und ist so auch repräsentative und würdigeReflexion der eigenen Arbeit. Er ist „aus der Praxis für diePraxis“ (S. 7) entstanden und richtet sich an alle Praktikerin der <strong>Denkmalpflege</strong>, an Behörden in den Kommunen, anHandwerker, Architekten und Planer, aber auch an Hochschulenund Ausbildungseinrichtungen.In dem einführenden Aufsatz „Grundlagen und Grundsätzeder städtebaulichen <strong>Denkmalpflege</strong>“ weisen VolkmarEidloth, Gerhard Ongyerth und Heinrich Walgern auf dieGründungsjahre der Disziplin hin, die in den 1970er Jahrenanzusiedeln sind. Sie sind es streng genommen lediglich ininstitutioneller Hinsicht: In jenen Jahren wurden in der Bundesrepublikzahlreiche neue Denkmalschutzgesetze erlassen,die <strong>Denkmalpflege</strong>-Institutionen ausgebaut und mit dem Städtebauförderungsgesetzein wichtiger Rückhalt in der Baukulturinsgesamt geschaffen. Dies alles war das Ergebnis einesUmdenkens in der Auseinandersetzung mit den architektonischenund städtebaulichen Ergebnissen des Wiederaufbausnach dem Zweiten Weltkrieg. Der Gedanke des Ensembleschutzesselbst ist älter und in den Reformbewegungen ander Wende zum 20. Jahrhundert zu finden. Eidloth zeichnetdiesen Weg auch mit dem Blick auf das Thema der „Altstadtgesundung“in der Zwischenkriegszeit nach. Für die Zeit nachdem Zweiten Weltkrieg werden die unterschiedlichen Wegeim geteilten Deutschland ansatzweise herausgearbeitet.Erst in den letzten vierzig Jahren jedoch wurde die systematische,theoretische und rechtliche Ausdifferenzierung derDisziplin in dem Maße geleistet, dass sie heute „im System<strong>Denkmalpflege</strong>“ (Eidloth) einen festen Platz einnehmen kann.In ihrem objektübergreifenden Charakter ist städtebauliche<strong>Denkmalpflege</strong> sehr viel mehr als der Schutz der Umgebungeines Denkmals, da sie auf Mehrheiten von Denkmalen zielt,auf ihre Wechselwirkungen in Städten, ländlichen Siedlungenbis hin zu Kulturlandschaften (S. 14). Sie ist innerhalbder traditionellen Arbeitsfelder der <strong>Denkmalpflege</strong> zwischenDenkmalerfassung und praktischer <strong>Denkmalpflege</strong> anzusiedeln,was ihren besonderen Status deutlich macht. Städtebauliche<strong>Denkmalpflege</strong> setzt weit vor baulichen Realisierungenein, sie agiert in Planungsprozessen und basiert in besondershohem Maß auf Bestands erfassung und Voruntersuchung.Neben ästhetischen oder sozialen Aspekten im städtebaulichenDenkmalbestand, die im Gefolge der Umbrüche in den sechzigerJahren als zu beachten eingefordert wurden, ist dabei diegeschichtliche Überlieferung, die am materiellen Zeugnis aufgezeigtwerden kann, das Bestimmende auch des städtebaulichenDenkmals. Die Publikation weist auf das differenzierteInstrumentarium hin, das bisher entwickelt wurde: die denkmaltheoretischenÜberlegungen Tilmann Breuers, die Konzeptezur Ortsbildanalyse, die ausgearbeiteten Erfassungs- undBewertungsmethoden historischer Kulturlandschaften.Die Betonung des gestalttheoretischen Ansatzes städtebaulicher<strong>Denkmalpflege</strong> ist geeignet, den übersummativen Charakterdieser Denkmalgattung zu unterstreichen (S. 19), giltaber letztlich auch für das Einzeldenkmal, in dem in den meistenFällen mehrere historische Schichten, die sich durchausauch widersprechen können oder die jeweils vorhergegangenezu überschreiben suchen, erkannt, beschrieben, vermitteltund in ein integrales denkmalpflegerisches Konzept gebrachtwerden müssen. Uneingeschränkt für alle Denkmalgattungengilt auch, dass sich die Voruntersuchungen nicht auf dieBereitstellung von Daten, Listen oder Literatur- und Quellensammlungenbeschränken können (S. 20). Erhobene Datenmüssen gelesen, gewichtet und interpretiert werden, um nichtim Orkus von Faktenwerken unterzugehen.Ausdruck heutiger Probleme ist die Abgrenzung städtebaulicher<strong>Denkmalpflege</strong> zur Stadtbildpflege, insbesondere zueiner, die lediglich auf das harmonische, wohlgeordneteStadtbild zielt. In Zeiten von „Bilderflut und Gedankenflucht“(Holger Brülls) erscheint es umso nötiger, das besonderedenkmalpflegerische Anliegen herauszuarbeiten. Ongyerthweist in seinem Beitrag nachdrücklich darauf hin, dasssich dieses „über die Geschichte der <strong>Denkmalpflege</strong>, ihrengesetzlichen Auftrag und ihre Stellung im gesellschaftlichenDiskurs“ bestimmen lässt. Auch Heimatpflege, Natur- undLandschaftspflege sowie städtebauliche Sanierungsplanungsind Partner für den grundsätzlichen Erhaltungsauftrag,jedoch ist das spezifisch <strong>Denkmalpflege</strong>rische stets klar zuformulieren. Walgern hebt in diesem Zusammenhang einenAspekt hervor, der erst in den letzten Jahren verstärkt anAufmerksamkeit gewinnt: Städtebauliche <strong>Denkmalpflege</strong> ist„Daueraufgabe und Prozess“ (S. 42).Die Besonderheit des Gegenstandes beleuchtet Thomas Gunzelmannim zweiten Aufsatz mit dem Blick auf die historischeKulturlandschaft und damit einen Bereich, der ebenfallseine sorgfältige Differenzierung benötigt, nämlich dann,93


Literaturwenn wir von Denkmallandschaft im engeren Sinne sprechenwollen. „Es geht um jene Phänomene, die sich überhaupterst beim dichten Auftreten einzelner Denkmalobjekte herausbildenkönnen.“ (S. 53) Wie grundlegend materielle undimmaterielle Substanz im Denkmal dabei ineinanderfließen,zeigt das Thema der Blickbeziehungen. Völlig immateriell,gehören Sicht- und Sinnachsen bzw. -felder zu den wesentlichendenkmalbestimmenden Eigenschaften. Gunzelmannunterstreicht hier zu Recht erneut den räumlichen Charakterder Denkmalgattung, aber auch sehr präzise und treffenddie Besonderheit des Gegenstandes. Städtebauliche <strong>Denkmalpflege</strong>kann „Strukturen und Zusammenhänge auch alseigenständige Elemente betrachten und nicht nur als abhängigenWirkungsraum, der durch einzelne Denkmalobjektebegründet wird“ (S. 54).Die drei nachfolgenden Aufsätze von Gerhard Ongyerth(Methoden der Erfassung, Bewertung und Dokumentation),Ernst-Rainer Hönes (Rechtliche Rahmenbedingungen) undHeinrich Walgern (Stadtplanung, Raumordnung und räumlicheFachplanungen) geben einen kurzen und knappenEinblick in die jeweiligen Themen und sind durch spezielleLiteraturhinweise ergänzt, die es dem Leser ermöglichen,unmittelbar weitere Beiträge nachzuschlagen.Der Lexikonteil des Bandes versammelt inhaltliche Definitionendes Gegenstandes städtebaulicher <strong>Denkmalpflege</strong> wiez. B. Stadt, Dorf, Hafen oder Friedhof und Kurzbeschreibungenverschiedener Instrumentarien wie Inventar, Gestaltungssatzung,Bebauungsplan etc. Es finden sich Einträge zuwichtigen Grundsatzpapieren wie etwa zu den Chartas vonVenedig, Lausanne oder Washington und soziologischenAspekten wie Identität und Sozialtopografie (den Begriffdes Milieus wollte man allerdings nicht aufnehmen), auchausdrücklich wertende Erläuterungen, etwa zu „Beeinträchtigung“und „Verunstaltung“. Grundsätzliche Begriffe wie„Raum“, „Bewegung“, „Ordnung“, „Zeit“ oder „Rhythmus“und „Wahrnehmung“ sucht man dagegen vergebens, es hättein rein theoretische Gefilde führen müssen, wäre man diesesWagnis eingegangen.Das umfangreiche Literaturverzeichnis ist eine wertvolleUnterstützung für die weiterführende Beschäftigung mit demThema und zugleich Ausdruck der vielfältigen und langjährigenGeschichte der denkmalpflegerischen Teildisziplin. DenAutoren und Herausgebern, nicht zuletzt auch dem Imhof-Verlag in Petersberg sei für die beharrliche Arbeit an demBand gedankt, ihm ist eine weite Verbreitung, Rezeption undUm set z u ng i n de r de n k m a lpflege r is che n P r a x is z u w ü n sche n .Sigrid BrandtRömische WehrbautenBand 7 der Schriftenreihe des BLfD„Alles im Blick“ hatte die Wachabteilung am Kastelltordes römischen Alenkastells Pförring allemal, und alles aufeinen Blick über ebenjene antike Pforte, deren archäologischeÜberreste zum kulturellen Erbe Bayerns gehören, hatnun auch der interessierte Leser durch den eben erschienenenBand aus der Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtesfür <strong>Denkmalpflege</strong> <strong>Nr</strong>. 7: „Römische Wehrbauten– Befund und Rekonstruktion“.Der Drucklegung ging ein Kolloquium mit dem Titel: „excelsaeturres quater divisae“ voraus, welches im Juli 2010 inder Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayernin München stattgefunden hatte und von Jürgen Obmannund Christof Flügel betreut worden war. Das Anliegen war,Rekonstruktionsmöglichkeiten der Porta principalis dextrades Reiterkastells Pförring zur Diskussion zu stellen. DerWunsch der Marktgemeinde Pförring im Landkreis Eichstätt,an ihrem ehemals zum Obergermanisch-Raetischen Limesgehörenden Kastell einen solchen Wiederaufbau vorzunehmen,muss angesichts der Zugehörigkeit der archäologischenBefunde zum UNESCO Welterbe mit großer Vorsicht behandeltwerden. Fragen nach vorhandenen Vorbildern in unserenBreiten und anderswo, Geschosshöhen, Erschließungsweiseder Tortürme, Form der Zinnen, Überdachungen von Wehrgängenund vieles mehr standen im Raum. Als äußerst fruchtbarmöchte man dieses Kolloquium beschreiben, betrachtetman den vorliegenden, vom Volk Verlag herausgegebenenBand. Dass dieses Arbeitsgespräch aber nicht nur literarischeFrüchte getragen hat, können Besucher vor Ort in Pförringsehen und Schwindelfreie auch ersteigen.Die archäologische Nachuntersuchung, welche einem solchenBau notwendigerweise vorausgehen musste, erläutert AndreasA. Schaflitzl. Den Aufbau, verwendete Pigmente und dieZusammensetzung von Putzproben aus dem Grabungsmaterialanalysieren Thomas Stöckl und Sven Bittner. Mario Bloierstellt die Verteidigungsbauten des Kastells Boiodurum in derangrenzenden Provinz Noricum vor. Einen Blick über denKanal zu ausgewählten Beispielen des britischen Hadrianswallswie Birdoswald, Chesters, Housesteads oder Milecastle37 gewährt Paul Bidwell, Archaeological and Heritage Consultant.Michael Mackensen von der Ludwig-Maximilians-Universität München stellt die Porta praetoria des severischenVexillationskastells Gheriat el-Garbia am tripolitanischenLimes vor. Die einst günstigen klimatischen Bedingungen im94


LiteraturDie Limesfachberatung des Bezirks Mittelfranken siehtes seit September 2010 als ihre ureigenste Aufgabe an, dieNahtstelle zwischen Schutz und Vermittlung des WelterbesLimes anzusprechen und die beteiligten Gruppen, Organisationenund Behörden fachlich diesbezüglich zu begleiten undzu vernetzen. Dies war auch das Thema der Tagung „WeltnordafrikanischenLibyen sind auch günstig für die provinzialrömischeForschung: Die Militärbauten präsentieren sichnoch mit atemberaubenden Mauerhöhen. Die Überreste derBebauung des römischen, 179 n. Chr. erbauten LegionslagersCastra Regina im heutigen Regensburg erläutert der BauforscherThomas Aumüller. Alexandra W. Busch vom DeutschenArchäologischen Institut in Rom setzt sich mit Wehrarchitekturim Zentrum des Römischen Reiches, genauer in Romund in Albano, auseinander. Landeskonservator C. SebastianSommer zeigt mögliche Zusammenhänge zwischen zivilerund militärischer Bebauung auf. Renate Schiwall analysiertDarstellungen römischer Kastelle auf antiken und modernenBildträgern wie der Trajanssäule, in wissenschaftlichen Publikationenoder auch im Medium Comic.Auf den letzten Heftseiten geht ein Aufsatz von Gustav vonRoessler drängenden Fragen „Ueber die Verteidigungseinrichtungender römischen Grenzkastelle“ nach. Er stammtaus dem Jahr 1885 und zeigt, dass sich die heutigen Fragestellungengar nicht so sehr von den damaligen unterschiedenhaben bzw. immer noch aktuell sind.Ina HofmannEdgar Weinlich (Hrsg.), Welterbe Limesund Tourismus. Geschichte und Kulturin Mittelfranken 2, <strong>2013</strong>.Tagungsband zur Limestagung „Welterbe Limes undTourismus“ am 5. Oktober 2012 in Ansbacherbe Limes und Tourismus“, auf der fünf anerkannte Spezialistenaus ihrer Sicht das Problem der fachlichen Betreuungund der touristischen Vermittlung des Limes (seit Juli 2005Welterbestatus) beleuchteten. Diese Tagungsvorträge liegennun in schriftlicher Form, z. T. mit Abbildungen und Anmerkungenversehen als zweiter Band der Reihe „Geschichteund Kultur in Mittelfranken“ vor. Somit steht der Inhalt derVorträge auch interessierten Gruppen und Einzelpersonen,die die Tagung leider nicht besuchen konnten dauerhaft zurVerfügung. Nebenbei gibt es jede Menge <strong>Informationen</strong> zumgrößten linearen Bodendenkmal in Europa, dem römischenLandlimes zwischen Rhein und Donau in seinem Ausbauzustandab 160 n. Chr. Ebenso wird z. T. das Thema Welterbeund das Problem der archäologischen Rekonstruktionen(Archäologiepark Xanten) angesprochen.Aus gutem Grund –Bodendenkmalpflege in BayernStandpunkte, Ziele, StrategienUnangetastet in Grund und Boden sind Bodendenkmäler ambesten aufgehoben. Werden sie aber aus dem für sie gutenErdengrund herausgeholt, dann bedürfen sie der Betreuungdurch die staatliche Bodendenkmalpflege. Aus gutem Grundhat diese daher jüngst ein Heft herausgegeben, in dem sieihren Auftrag, ihre Arbeitsfelder, Standpunkte und Methodendarstellt und vor allem auch betroffenen Bauherren eineHandreichung gibt.Die am häufigsten gestellten Fragen werden aufgegriffenund erläutert, zum Beispiel: Was ist überhaupt ein Bodendenkmal?Befindet sich eins auf meinem Grundstück? Hatdies Einfluss auf die Nutzung meines Grundstücks? Wannmuss ich um Erlaubnis nachfragen? Was kostet eine archäologischeUntersuchung, wer zahlt? Wem gehören die Funde?An wen kann ich mich wenden, um Auskunft zu erhalten?Das Heft stellt die Ziele und heute praktizierten Wege inder bayerischen Bodendenkmalpflege dar und erläutert dieHintergründe. Es möchte auch ein Bewusstsein wecken fürdie Notwendigkeit von gelegentlichen Einschränkungen inder Verfügbarkeit eines Grundstücks und appelliert an dieBürger, zum Schutz und Erhalt der Überreste von BayernsGeschichte im Boden beizutragen.Das Heft kann kostenlos beim BLfD bezogen werden undist auch über die Internetseite www.blfd.bayern.de abrufbar.Stadt und Landkreis ErdingAusflugsziele an Isar, Sempt, Isen und VilsDer moderne Landkreis Erding, der sich südöstlich der Isarvom Erdinger Moos bis in das tertiäre Hügelland erstrecktund von den Flüssen Isen, Sempt und Vils durchzogenenwird, hat trotz seiner Nähe zur Landeshauptstadt Münchenviel von seinem ursprünglichen Charme bewahrt.Historisch betrachtet ist das Erdinger Land eine der Kern-95


Literaturregionen Wittelsbacher Herrschaftsbildung in Bayern,die mit der heute mehr denn je florierenden herzoglichenStadtgründung Erding, dem beschaulichen Markt Dorfen,der einst mächtigen Pfalzgrafen- und Herzogsburg Wartenbergsowie zahlreichen kleineren Ministerialensitzenmarkante Spuren hinterlassen hat. Doch die Geschichte derRegion reicht deutlich weiter in die Vergangenheit zurück:Nach dem Rückgang der Vergletscherung durchstreiftenmittelsteinzeitliche Jäger und Sammler das Land undab der mittleren Jungsteinzeit ließen sich hier die erstenBauern nieder. Bronze- und eisenzeitliche Grabhügelfelderhaben sich in den ausgedehnten Waldgebieten ebensoerhalten wie spätkeltische Viereckschanzen, Römerstraßenund beeindruckende frühmittelalterliche Burg- undWallanlagen, zu denen die historischen Quellen schweigen.Aber gerade anhand aktueller archäologischer Forschungenzeichnet sich immer mehr ab, dass der ErdingerRaum im Frühmittelalter eine zentrale Rolle im bajuwarischenHerzogtum spielte. Neben dem bekannten Reihengräberfeldvon Altenerding zeigen dies großflächige beiGrabungen erschlossene Siedlungen und reiche Hofgrablegenwie in Erding-Aufhausen oder in Langengeislingsowie als historisches Ereignis die Synode von Neuching771 unter Herzog Tassilo III. Und in ihrer Zusammenschauzeugen alle diese Denkmäler nicht zuletzt von derBedeutung des Sempttals als Verkehrsachse, über die zuallen Zeiten Menschen, Güter und Ideen ihren Weg in dasErdinger Land fanden.Sowohl die Ausläufer der Münchner Schotterebene imWesten als auch das Hügelland im Osten bergen in ihrenWeilern und Dörfern einen reichen Schatz an historischenBauten und archäologischen Denkmälern, die zum Erkundenund Verweilen einladen, sei es die geschichtsträchtigeAltstadt Erdings selbst mit ihrem neu konzipierten Museumund der gerade eröffneten archäologischen Dauerausstellung,die romanische Stiftskirche in Isen mit ihrer Krypta,das trutzige Schloss Burgrain, das verwunschen wirkendeWasserschloss Altfraunberg oder die zahlreichen barockenDorfkirchen, in denen es auch mittelalterliche Kunstschätzezu entdecken gilt. Mit der imposanten gotischen WallfahrtskircheSt. Wolfgang und der barocken Kirche MariaDorfen besitzt die Region gleich zwei im Barock überregionalbedeutsame Wallfahrtsziele als Ausdruck bayerischerVolksfrömmigkeit, die bis heute kaum an Anziehungskraftverloren haben.39 Autoren haben am Band 57 der Reihe „Ausflüge zuArchäologie, Geschichte und Kultur in Deutschland“ mitgewirktund beschreiben auf 288 Seiten sach- und ortskundigsowohl für den Laien als auch für Fachleute 41 Ausflugsziele,sechs Museen und vier Rundwanderwege in einerLandschaft im Herzen Bayerns jenseits der üblichen Tourismusrouten.Dem bewährten Schema der Reihe folgend,führen zudem elf Übersichtsbeiträge den Leser detailliert indie Landschafts- und Erdgeschichte, die Kunstgeschichte,die historische Landesgeschichte und die archäologischenZeitepochen ein. Hierbei nehmen aktuelle Forschungsergebnissezu einer archäologisch reichen, wenn auch erst inAnsätzen erschlossenen Region einen breiten Raum ein, sodass dieser Band nicht nur ein Reiseführer, sondern gleichzeitigeine archäologische Standortbestimmung mit Handbuchcharakterist.Christian LaterBLfD-Kalender 2014 – Orte im WandelAuch in diesem Jahr hat das BLfD wieder tief in das Schatzkästleinseines Bildarchivs gegriffen und für das Themaunseres Kalenders 2014 „Orte im Wandel“ 13 historischeFotografien ausgesucht und aktuellen Aufnahmen vommöglichst gleichen Standort gegenübergestellt – natürlichmit der Frage im Hinterkopf: Wie haben sich unsere Orte inden vergangenen hundert Jahren verändert?Nachdem wir letztes Jahr Mittelstädte ausgewählt hatten,sollten es diesmal Dörfer und Städte sein: aus allen RegierungsbezirkenBayerns, von Mittenwald in Oberbayern bisMiltenberg in Unterfranken, von Graisbach in Schwabenbis Thurnau in Oberfranken, von Dürrwangen in Mittelfrankenbis Neuburg a. Inn in Niederbayern und Arnschwangin der Oberpfalz. Die Auswahl von Orten mit denbekannten baulichen Scheußlichkeiten, moderne Allerweltsarchitekturim Umfeld hochwertiger Sakral- undProfandenkmäler oder Störfaktoren im ehemals materiellund formal homogenen dörflichen und kleinstädtischenUmfeld, haben wir tunlichst vermieden – schließlich wolltenwir doch noch einen Kalender produzieren, den mansich gerne das ganze Jahr über an die Wand hängt. Wirhaben vielmehr wieder versucht, die Vielfalt und Harmoniealter Siedlungsbaukunst durch eine Vielzahl vonunterschiedlichen Motiven zu zeigen, durch Fern- undNahansichten, Straßenräume und Plätze, Sommer- undWinterbilder. Ein Vergleich von gestern und heute lohntsich.Htr96


LiteraturInventarband zur Baugeschichtedes Regensburger Doms erschienenNoch kurz vor Redaktionsschluss ist der erste Textband zudem auf fünf Bände angelegten Großinventar zum RegensburgerDom am 26. <strong>November</strong> d.J. in Regensburg der Pressevorgestellt worden. Nach dem Erscheinen des Tafelbandesim Jahr 2010, in dem die durch Prof. Manfred Schullerund seinem Team in Jahrzehnten geleistete Bauforschungin zahlreichen isometrischen Zeichnungen ausgebreitetwurde, und der Fotodokumentation im Jahr 2012 mit historischenund zeitgenössischen, durch Prof. Achim Hubelvom Gerüst aus aufgenommenen Fotografien liefert diesereinleitende Textband auf rund 500 Seiten mit 150 Abbildungeneine umfassende Erforschung und Darstellung derBaugeschichte des gotischen Doms. Er enthält neben derVeröffentlichung der erläuterten Quellen zum Bau, darunterden erhaltenen Baurechnungen aus der Zeit um 1380 bis1550 und dem Werkmeistervertrag mit Wolfgang Roriczer,mittelalterlichen Baurissen und Ansichten vor dem Zeitalterder Fotografie ausführliche Einzelbeiträge, die das Entstehendes Doms bis ins 20. Jahrhundert verfolgen. Ein Exkursvermittelt einen Überblick über den romanischen Vorgängerbauaus der Sicht der Bauforschung, ein Beitrag beschäftigtsich mit den Steinmetzzeichen.HtrHimmlisches Jerusalem zu LilienbadDer Kurpark von Bad Steben, ein Gartendenkmalin OberfrankenLilienbad, so nannte der Schriftsteller Jean Paul liebevollden Kurpark von Bad Steben, in dem er eine für sein „Handwerk“sehr nachdrückliche Zeit verlebte. So nachdrücklichkann auch ein heutiger Besuch des Kurbades sein, welchesmit seinen Schönheiten die Gäste erfreut. Die Publikationvon Dieter Blechschmidt und Martin Brandl, die den Parkvor allem auch als Gartendenkmal darstellt, das seit 2010 indie Denkmalliste aufgenommen ist, weist ein Spektrum vonBeiträgen auf, das von der Geologie bis zur Rezeptionsgeschichtereicht. Man erfährt von der Geschichte des Parks:seinen Anfängen mit dem „Sauerbrunnen“ und seinenSchöpfern, dem Kurgärtner Andreas Arthur Singer undseinem Sohn Wolfgang. Der Park, der in der Tradition englischgeprägter Vorbilder steht und den Spazierenden einstals Landschaftsgarten mit verschlungenen Wegen erquickte,verweist noch in seinem älteren Baumbestand auf diese Stufeseiner Entwicklung. Darüber und über den Um- und Ausbauim 19. Jahrhundert haben die Autoren viele Quellen, Planmaterial,Abbildungen, mündliche und schriftliche Aussagenzusammengetragen und bis zum heutigen Zustand mit neuangelegtenBrunnen und Figuren verfolgt. Kleine Pflanzenporträtsbringen dem Leser die „Bewohner“ des Gartens näher,Anekdoten, historische Ansichten von Stichen und Fotopostkartensowie das Wort des Dichters Bert Brecht runden dasPorträt der Anlage ab. Wie Jean Paul war auch dieser einstKurgast an diesem schönen Ort und konnte nicht umhin, ihndichterisch zu besingen. Grün wie der Park ist auch die dominierendeFarbe des vielseitigen Bandes, der nicht zuletzt mitseinen großformatigen Farbfotografien von Eberhard Lantz,Klaus Leidorf und Winfreid Berberich besticht.Ina HofmannNachdruck Sonderinfos „Steuern“und „Baumaßnahmen“Neu aufgelegt wurden die beiden Sonderinfos 1/2008,„Finanzielle Fördermöglichkeiten und Steuererleichterungenfür denkmalpflegerische Maßnahmen in Bayern“ und2/2008 „Baumaßnahmen an Baudenkmälern. Kooperationund optimaler Ablauf“. Diese äußerst nützlichen undinformativen Publikationen, die seit ihrem ersten Erscheinenim Jahr 2008 mehrere Nachdrucke und erweiterteAuflagen erlebt haben, mussten wegen der ungebremstenNachfrage auch dieses Jahr erneut – überarbeitet – herausgegebenwerden. 23 000 bzw. 19 000 Exemplare sinddamit bisher gedruckt worden – eine Erfolgsgeschichte. DieHefte können kostenfrei bestellt werden: Bayerisches Landesamtfür <strong>Denkmalpflege</strong>, Publikationsreferat Z IV, LianeSchröder, Hofgraben 4, 80539 München; Tel.: 089 2114-261;E-Mail: liane.schroeder@blfd.bayern.deDer Baum ist unser FreundEin Buch über „Holz – Was unsere Welt zusammenhält“„Sich auf dem Holzweg befinden“: Das kann dem Leser nachder Lektüre des nun schon in der zweiten Auflage erscheinendenFachbuches nicht mehr passieren. In der aktuellenPublikation „Holz. Was unsere Welt zusammenhält“, wirddieser wertvolle Rohstoff vom Reinhard Osteroth eingehendbesprochen und dabei quasi in seine einzelnen Holzfasernzerlegt: „vom Wald bis ins Wohnzimmer, vom urzeitlichenWerkzeugbau bis zur modernen Holzforschung“ heißt esim rückseitigen Umschlagwerbetext – und das ist auch allesdrin!Der Leser kann auf 152 Seiten in acht Einzelthemen, einerRubrik „Wald und Baum“, einer Kommodengeschichteund sechs Seitenblicken schmökern. Aha, Seitenblicke?Unter dieser Überschrift werden dem Holzlaien Fachbegriffewie beispielsweise Festmeter, Allmende oder Darrgewichterklärt. Die Seitenblicke informieren aber auchüber Rekorde in Sachen Holz: Hätten Sie gewusst, dass dieältesten Bäume der Welt in Kalifornien stehen? Und wissenSie zufällig auch noch, wie diese grünen Riesen heißen?Man kann etwas über die Herstellung von Papier lernen, eswerden kluge Sprichwörter aus dem Holzlatein aufgetischt,und Mythen und Sagen erzählen von alten Bäumen: zumBeispiel von der geschichtsträchtigen Donar-Eiche bei Geismar,die vom hl. Bonifatius, dem bekannten „Apostel derDeutschen“, gefällt wurde!97


LiteraturZwischen den vielen Seitenblicken stehen auch nochandere spannende Sachen: etwa die Geschichte einer altenHolzkommode, mit welcher eine interessante Restaurierungsreiseverbunden ist. Für jeden, der selbst ein Restaurierungsprojektin der heimischen Werkstatt stehen hat oderplant, obendrein eine tolle Do-it-yourself-Anleitung.In der dreiteiligen Rubrik „Baum und Wald“ wird unteranderem „des Deutschen liebster Baum“, die Eiche, nähervorgestellt und von der Beziehung zwischen diesem Baumriesenund dem sogenannten Eichelhäher berichtet, einemgroßen, auffälligen Vogel, den man ab und zu auf MünchnerBalkonen beim heimlichen Naschen beobachten kann. Nachder Lektüre des Baumkapitels können Sie bei einer sonntäglichenWanderung durch die Natur Mitspazierer schon mal inStaunen versetzen, wenn Sie mit Spezialwissen glänzen wie:„Hey, schaut mal! Die Eiche dort ist mindestens 40 Jahre alt,weil sie nämlich erst nach 40 Jahren Eicheln tragen kann.“Ebenso sachlich wie spannend geht es weiter: Was istChlorophyll, und wie hängt dieser Stoff mit der Fotosynthesezusammen? Und warum werden die Blätter im Herbsteigentlich bunt?Zwischen den drei Hauptthemen schlängeln sich acht Einzelthemen,ähnlich einem roten Faden, durch die Seiten:Holz als Baustoff und die Bauweisen der Vorgeschichte,der Germanen, der Römer und der Neuzeit werden angerissen.Und: In Zeiten des Energiesparens gerade richtig, wirddie Verwendung von Holz im heutigen Häuserbau hin zumNiedrigenergie- oder Passivhaus unter die Lupe genommen.Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus den letzten 100 Jahrenzeigen auf: Wie war das damals, als alles größtenteils nochmit Holz funktionierte? Zudem werden ein paar Tischlergeheimnisseverraten: Wie biegt man Holz? Was ist ein Furnier?Und wie hat Tilman Riemenschneider seine Figurenam Marienaltar in der Herrgottskirche zu Creglingen derSchwerkraft beraubt?Der Schreiber solch lehrreicher <strong>Informationen</strong> ist kein Neuling:Reinhard Osteroth, Jahrgang 1958, hat seine Themen-Schwerpunkte im Bereich Technik- und Kulturgeschichteund lebt als freier Autor und Journalist in Berlin. Die grafischeAusgestaltung stammt von Moidi Kretschmann. Siestellte charaktervolle Schwarz-Weiß-Fotografien und aussagekräftigeKunstwerke zusammen und schuf die kleinenund großen erläuternden Zeichnungen.Dass die Neuerscheinung alles andere als hölzern ist, wirdauch anhand der Preise deutlich, welche das Buch seitseinem Erscheinen erhalten hat: Im März letzten Jahreserhielt es den Luchs-Preis der ZEIT und Radio Bremen undheuer den Deutschen Jugendliteraturpreis. Ein Kinderbuchalso? Ein Jugendbuch? Ja, aber dieses Wissen in keineswegskindlicher, aber allen verständlicher Darstellungsformmöchte man wirklich nicht den Jugendlichen allein überlassen.Das Buch ist natürlich auch ein Gewinn für die <strong>Denkmalpflege</strong>.Nicht umsonst wurde dem vielseitigen MaterialHolz der bundesweite „Tag des offenen Denkmals“ im Jahr2012 gewidmet.Viel Vergnügen beim Lesen und sich Bilden wünscht dieBLfD-Redaktion (für Kinder ab 10 Jahren und für Neugierigeauch schon eher oder später).Ina HofmannBestellmöglichkeitenDas archäologische Jahr in Bayern 2012, hrsg. vom BayerischenLandesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> und der Gesellschaftfür Archäologie in Bayern, Stuttgart <strong>2013</strong> (Konrad TheissVerlag GmbH, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Hindenburgstraße40, 64295 Darmstadt, Tel. 06151/3308-127,Fax 06151/3308-208, www.theiss.de, E-Mail: service@wbgwissenverbindet.de,ISBN 978-3-8062-2859-5, 200 Seiten,331 meist farbige Abb., € 29,00, erhältlich im Buchhandel)Nelo Lohwasser, Das frühmittelalterliche Reihengräberfeldvon Pfakofen. Mit Beiträgen von Jörg W. E. Faßbinderund Gunnar Gransche. Materialhefte zur bayerischenArchäologie 98, <strong>2013</strong> (337 Seiten, 157 Tafeln, 8 Farbtafeln,73 Abb., 32 €, ISBN 978-3-7847-5098-9)Handbuch Städtebauliche <strong>Denkmalpflege</strong>. Im Auftragder Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der BundesrepublikDeutschland, hrsg. v. Volkmar Eidloth, GerhardOngyerth und Heinrich Walgern (Berichte zur Forschungund Praxis der <strong>Denkmalpflege</strong> in Deutschland, Band 17),Petersberg <strong>2013</strong> (Michael Imhof Verlag, 480 S., 29,95 €,ISBN 978-3-86568-645-9)Welterbe Limes und Tourismus. Herausgegeben vomBezirk Mittelfranken durch Edgar Weinlich (Geschichteund Kultur in Mittelfranken 2), Würzburg <strong>2013</strong> (120 Seitenmit diversen sw-Abbildungen, 18 €)Römische Wehrbauten. Befund und Rekonstruktion.Kolloquiumsband, zusammengestellt von Christof Flügelund Jürgen Obmann (Inhalte – Projekte – Dokumentationen,Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtes für<strong>Denkmalpflege</strong>, Bd. 7), München <strong>2013</strong> (Volk Verlag, 160 S.,17,90 €, ISBN 978-3-86222-131-8)98


LiteraturStadt und Landkreis Erding. Ausflugsziele an Isar,Sempt, Isen und Vils. Ausflüge zur Archäologie, Geschichteund Kultur in Deutschland 57, herausgegeben von JochenHaberstroh, Bernd Päffgen und Wilhelm Wagner für dasBayerische Landesamt für <strong>Denkmalpflege</strong>, die Gesellschaftfür Archäologie in Bayern e.V. und die Stadt Erding, Darmstadt<strong>2013</strong> (288 Seiten, 21,95 €, ISBN 978-3-8062-2852-6)Kalender 2014 des Bayerischen Landesamtes für<strong>Denkmalpflege</strong> „Orte im Wandel“, Deckblatt und 12Monatsblätter mit historischen Fotos und aktuellen Farbaufnahmen,34,6 × 42 cm, München <strong>2013</strong> (Lipp GmbH,Tel. 089/785808-0, Fax -33, E-Mail: info@lipp.de, 14,30 €,ISBN 978-3-87490-747-7)Der Dom zu Regensburg. Textband 1, hrsg. vom BayerischenLandesamt für <strong>Denkmalpflege</strong> (= KDB NF Bd. 7,1), Regensburg<strong>2013</strong> (Verlag Friedrich Pustet, 504 S., 131 SW-Abb.,19 Farbabb.; 54,00 €, ISBN 978-3-7917-2333-4)Dieter Blechschmidt, Martin Brandl, Der Kurpark von BadSteben. Ein Gartendenkmal in Oberfranken, hrsg. vomLandkreis Hof, Regensburg <strong>2013</strong> (Verlag Schnell und SteinerGmbH, 228 S., 24,95 €, ISBN: 978-3-7954-2756-6)Reinhard Osteroth, Holz – Was die Welt zusammenhält.Berlin 2012 (Bloomsberry-Verlag, 152 S., 16,90 €, ISBN978-3-8270-5449-4)Hinweise auf Publikationenzu denkmalpflegerischen Fragen(bei der Redaktion eingegangen)ArchäologieBeiträge zur Archäologie in Ober- und Unterfranken8/<strong>2013</strong>. Büchenbach: Verlag Dr. Faustus, <strong>2013</strong> (ISBN: 978-3-933474-8883-4, 390 S., 25 €)Architektur und KunstgeschichteGrimm-Stadelmann, Isabel/Locher, Wolfgang: Der Kosmas-und-Damian-Schrein– St. Michael. München (gefördertdurch Ärztlicher Verein München e.V., Münchner Vereinigungfür Geschichte der Medizin e.V.), Lindenberg i. Allgäu:Kunstverlag Josef Fink, 2012 (ISBN: 978-3-89870-745-9,32 S., 4,– €)Kölner Domblatt – Jahrbuch des Zentral-Dombau-Vereins(hrsg. von Michael Hauck und Klaus Hardering), Köln:Verlag Kölner Dom, 2012 (ISBN: 978-3-922442-80-6, 480S. 32,–€)Heberlein, Joachim: Die Kirche und Kapelle in der PfarreiengemeinschaftWeilheim i. OB, Lindenberg i. Allgäu:Kunstverlag Josef Fink, <strong>2013</strong> (ISBN: 978-3-89870-850-0,64 S., 5,– €)Eisenlöffel, Lars: Der Berliner Dom (hrsg. von der Oberpfarr-und Domkirche zu Berlin), Berlin: Deutscher Kunstverlag,Oktober <strong>2013</strong> (ISBN: 978-3-422-02360-4, 112 S.,9,80 €)Stock, Wolfgang Jean: Spiritualität und Sinnlichkeit. Kirchenund Kapelle in Bayern und Österreich seit 2000 (hrsg.von Europäischer Kirchenbau 1950 – 2000), Berlin: DeutscherKunstverlag, <strong>2013</strong> (ISBN: 978-3-422-07225-1, 112 S.,25,60 €)Die Sprache des Materials. Die Technologie der KölnerTafelmalerei vom „Meister der heiligen Veronika“ bisStefan Lochner (hrsg. von Wallraf-Richartz-Museum &Fondation Corboud, Doerner Institut/Bayerische Staatsgemäldesammlungen),Berlin: Deutscher Kunstverlag, <strong>2013</strong>(ISBN: 978-3-422-07216-9, 368 S., 70,– €)GeschichteBurg und Kirche. Herrschaftsbau im Spannungsfeld zwischenPolitik und Religion (hrsg. von Joachim Zeune imAufrag der Deutschen Burgenvereinigung, Reihe B: Schriften,Bd. 13) Braubach: Deutsche Burgenvereinigung, <strong>2013</strong>(ISBN: 978-3-927558-36-6, 292 S., 50,– €)Köln im Mittelalter. Geheimnisse der Maler (hrsg. vonWallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud), Berlin:Deutscher Kunstverlag, <strong>2013</strong> (ISBN: 978-3-422-07217-6,150 S., 24,90 €)SonstigesBlechschmidt, Dieter/Brandl, Martin: Der Kurpark vonBad Steben. Ein Gartendenkmal in Oberfranken (hrsg.vom Landkreis Hof), Regensburg: Verlag Schnell undSteiner GmbH, <strong>2013</strong> (ISBN: 978-3-7954-2756-6, 228 S.,24,95 €)40 Jahre 1972–2012. Festschrift zum Patrozinium (hrsg. vonder Katholische Pfarrgemeinde „Wiederkunft des Herrn“),München: Eigenverlag, 2012 (Bezug: Angelika Geelhaar:ange@wiederkunft-des-herrn.de, 82 S., 5,– €)Neimke, Lothar: Das Sachverständigengutachten. Grundlagenfür Aufbau und Inhalt eines Gutachtens, Stuttgart:Fraunhofer IRB Verlag, 2012 (ISBN: 978-3-8167-8758-7,158S., 29,– €)Eicker, Ursula/Löffler, Andreas/Dalibard, Antoine/Thumm, Felix/Bossert, Michael/Kristic, Davor: Stegplattenaus Polycarbonat. Potenziale und neue Anwendungen(Bd. 104), Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2012 (ISBN:978-3-8167-8828-7, 176 S., 40,– €)Scheffler, Michael: Management groß angelegter Grundstücksentwässerungsanlagen(mit CD-ROM), Stuttgart:Fraunhofer IRB Verlag, <strong>2013</strong> (ISBN: 978-3-8167-8537-8,360 S.,69,– €)Historische Kulturlandschaftselemente in Bayern. Heimatpflegein Bayern. Schriftenreihe des Bayerischen Vereinsfür Heimatpflege e.V., Bd. 4e (zu bestellen bei: BayerischerLandesverein für Heimatpflege e.V. Ludwigstraße 23, Rückgebäude,80539 München oder www.heimat-bayern-kaufladen.de,Preis 18,50 €)99


ISBN 978-3-86222-005-217,90 €Volk Verlag Münchenwww.volkverlag.deISBN 987-3-86222-005-224,90 €Volk Verlag Münchenwww.volkverlag.deSR 2_Ludwig II_Umschlag_DRUCK.indd 1 14.10.2010 08:15:1402.03.2011 20:06:56Kalk als Bindemittel in der Restaurierung oder denkmalpflegerischen Praxisist eines der am häufigsten und vielfältigsten eingesetzten und gleichzeitigkontrovers diskutierten Materialien im Umgang mit historischer Substanz.Das Wissen über die Materialeigenschaften und das Alterungsverhalten von Kalksowie die historischen Techniken und ihre Anwendung sind deshalb für allein der praktischen <strong>Denkmalpflege</strong> Tätigen von großer Bedeutung.Der Band veröffentlicht die Beiträge der zusammen mit der Fachgruppe Kirchenmalerveranstalteten Tagungen im Schloss Nymphenburg in München im Jahr 2009und im ehemaligen Benediktinerkloster in Thierhaupten 2010. Die Spannweitereicht von der unterschiedlichen Verwendung des Materials in Architektur undBildender Kunst im Laufe der Jahrtausende, über seine chemisch-physikalischenEigenschaften, die Verarbeitungstechnik bis hin zu aktuellen Anwendungsmöglichkeitenin der <strong>Denkmalpflege</strong>. Kritische Überlegungen zu den spezifischen Eigenschaftennachgestellter historischer Kalke und moderner Ersatzprodukte in Hinblick aufNachhaltigkeit und baugeschichtlicher Relevanz finden sich ebenso wie Berichteaus der Praxis von positiven und negativen Erfahrungen im Umgang mit dem Material.Die Tradierung empirischen Materialwissens und historischer Fertigkeiten dient der Pflegeund fachgerechten Erhaltung von Baudenkmälern. Nur die praktische Erfahrung derKirchenmaler und Restauratoren im Handwerk und ihr verantwortungsvoller Umgangmit Material und Denkmal ermöglichen eine langfristige Qualitätssicherung.ISBN 978-3-86222-061-813,90 €Volk Verlag Münchenwww.volkverlag.deSR 4_Kalk_Umschlag.indd 1 11.11.2011 15:48:28Die Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtes für <strong>Denkmalpflege</strong>Schriftenreihe nr. 1 | handwerk und denkmaLpfLegeInhalte – Projekte – DokumentationenHandwerkund <strong>Denkmalpflege</strong>Die Zukunft des baulichen Erbes im AlpenraumSchriftenreihe deS BayeriSchen LandeSamteS für denkmaLpfLege | nr. 1160 Seiten, 17,90 EuroSchriftenreihe nr. 2 | Ludwig ii. – denkmäLer eineS märchenkönigSInhalte – Projekte – DokumentationenDietmar SchulzeLudwig II.Denkmäler eines MärchenkönigsSchriftenreihe deS BayeriSchen LandeSamteS für denkmaLpfLege | nr. 2372 Seiten, 24,90 Euro240 Seiten, 19,90 EuroErstklassiges Fachwissen sowie umfangreicheshis to ri sches und aktuelles Bildmaterial– das Bayerische Landesamt für<strong>Denkmalpflege</strong> bringt beides in seinerneuen Schriftenreihe zusammen.NEUInhalte – Projekte – DokumentationenKalkin der <strong>Denkmalpflege</strong>Schriftenreihe nr. 4 | kaLk in der denkmaLpfLege86 Seiten, 12,90 EuroSchriftenreihe deS BayeriSchen LandeSamteS für denkmaLpfLege | nr. 4112 Seiten, 13,90 Euro144 Seiten, 15,90 Euro160 Seiten, 17,90 EuroBestellen Sie per Telefon: 089 / 420 79 69 80, per Fax: 089 / 420 79 69 86 oder im Internetunter www.volkverlag.de ➸ Die Ware wird Ihnen mit Rechnung versandkostenfrei zugestelltMonumento SALZBURGFachmesse für Denkmalpfl egemonumentosalzburgMATERIAL & EMOTIONF ACHME SSE FÜR D E NKMALPFLEGEMaterial & Emotion16.–18. Jänner 2014Öffnungszeiten:Do, Fr 10 00 –18 00 , Sa, 10 00 –17 00www.monumento.atABTEILUNG DENKMALPFLEGERIPARTIZIONE BENI CULTURALI

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