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„Heureka! – ich hab den Auftrieb verstanden!“ – Ein ... - Josef Leisen

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<strong>„Heureka</strong>! <strong>–</strong> <strong>ich</strong> <strong>hab</strong> <strong>den</strong> <strong>Auftrieb</strong> verstan<strong>den</strong>!<strong>“</strong> <strong>–</strong> <strong>Ein</strong>Unterr<strong>ich</strong>tsbeispiel zum Wechsel der Darstellungsebenenvon <strong>Josef</strong> <strong>Leisen</strong>erschienen in: Unterr<strong>ich</strong>t Physik 3(2005), S. 12-15Keine Angst vor dem <strong>Auftrieb</strong>! Es ist eines der vielseitigsten Themen im Physikunterr<strong>ich</strong>t:re<strong>ich</strong> an Experimenten, verankert in der Alltagsphysik, historisch spannend, unzählig vieleAnwendungs- und Technikbezüge, herausfordernde Denkprobleme, mathematischhand<strong>hab</strong>bar und viele Mögl<strong>ich</strong>keiten zum Rechnen bis hin zum Zerrechnen. Gerade darinliegt die Gefahr, dass der Weg in die Abstraktion zu schnell und unzure<strong>ich</strong>end verankertangegangen wird. Dabei gibt es gerade beim <strong>Auftrieb</strong> beste Mögl<strong>ich</strong>keiten, „verstehendeZwischenschritte<strong>“</strong> auf dem Weg von der Konkretion zur Abstraktion einzubauen, indem dieDarstellungsformen auf die Lerngruppe abgestimmt und differenziert ausgewählt wer<strong>den</strong>.Die Darstellung in Abb. 1 gibt einen Überblick über die verschie<strong>den</strong>en Darstellungsebenen.Gegenständl<strong>ich</strong>e Ebene:Auf der gegenständl<strong>ich</strong>en Ebene wird das Realexperiment mit Knete als Gold und mit einemHolzring als minderwertigem Metall, einer Balkenwaage und einer wassergefüllten Wannedurchgeführt (Abb. 2) und verbalisiert (= handlungsbegleitendes Sprechen)Bildl<strong>ich</strong>e Ebene:Das Experiment kann mittels einer Filmleiste (vgl. [2], S. xx) beschrieben wer<strong>den</strong>. (=Textproduktion)Sprachl<strong>ich</strong>e Ebene:In einem szenischen Dialog wird das Experiment in verteilten Rollen vorgetragen und zurweiteren Bearbeitung gelesen. (= Textarbeit)Der szenische Dialog bietet mehrere Vorteile:• das Experiment wird in <strong>den</strong> historischen Bezug eingebun<strong>den</strong>• das Realexperiment wird narrativ wiederholt (oder vorweggenommen)• der Dialog ist eine Textgrundlage für die Weiterarbeit (evtl. Leerstellen)• die im Dialog eingebaute Argumentationsstruktur kann erarbeitet wer<strong>den</strong>• die in <strong>den</strong> Dialog eingebauten sprachl<strong>ich</strong>en Redundanzen auf unterschiedl<strong>ich</strong>emSprachniveau und in unterschiedl<strong>ich</strong>er Sprache sind konkrete Spracharbeit.Symbolische Ebene:Auf der symbolischen Ebene können mittels des archimedischen <strong>Auftrieb</strong>skörpers dieExperimente zur <strong>Ein</strong>führung der <strong>Auftrieb</strong>skraft incl. der symbolischen Kraftvektordarstellungdurchgeführt wer<strong>den</strong>. Spracharbeit findet hier in der Verbalisierung und Versprachl<strong>ich</strong>ung derBildfolgen und der symbolischen Darstellung statt. (= Versprachl<strong>ich</strong>ung)Mathematische Ebene:Die Herleitung der <strong>Auftrieb</strong>sformel geschieht sprachunterstützt anhand eines Arbeitsblattes.(= handlungsbegleitendes Sprechen)Verstehen gestaltet s<strong>ich</strong> maßgebl<strong>ich</strong> in dem Übersetzen von einer Darstellungsform in dieandere und im Springen von einer Darstellungsebene in die andere. Unterr<strong>ich</strong>t ist der Wegzunehmender Abstraktion nahe liegend, aber keinesfalls zwingend. Es gibt durchaus auch


Gründe dafür zunächst mit dem szenischen Dialog zu starten und anschließend dasRealexperiment durchzuführen.Spracharbeit findet statt durch handlungsbegleitendes Sprechen, Textproduktion, Textarbeitund Versprachl<strong>ich</strong>ung. Damit diese gelingt braucht es Metho<strong>den</strong>-Werkzeuge.Abb. 1: Darstellungsebenen zum <strong>Auftrieb</strong>


Abb. 2aAbb. 2cAbb. 2bAbb. 2dAbb.2eAbb. 2: Das <strong>Auftrieb</strong>sexperiment als Realexperiment nach Archimedes


Abb. 3: Filmleiste zur Beschreibung des Realexperimentes aus [1]


Heureka! <strong>–</strong> Archimedes in der Badewanne(Der folgende Dialog zwischen König Hieron II. von Syrakus und Archimedes ist erfun<strong>den</strong>.)König Hieron: Mein lieber Archimedes. Nun herrsche <strong>ich</strong> schon seit fast 50 Jahren überunser schönes Sizilien. Erinnerst Du d<strong>ich</strong> noch an die Gesch<strong>ich</strong>te, als wir <strong>den</strong> Goldschmiederwischten? Na ja, das hat ihn sein Leben gekostet. Verdient, n<strong>ich</strong>t wahr?Archimedes: Ja, ja, <strong>ich</strong> erinnere m<strong>ich</strong> genau, als wäre es gestern gewesen. Ihr hattet Eucheine neue Krone anfertigen lassen. Wie übl<strong>ich</strong> bekam der Goldschmied das Stück Gold undlieferte eine fertige Krone ab. <strong>Ein</strong>e schöne Krone, das muss <strong>ich</strong> schon zugeben. Aber man istmisstrauisch. Es ist ja bekannt, dass die Goldschmiede von dem Gold immer etwas stehlenund auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Aber der war besonders schlau. Die Goldkrone wogganz genau so viel, wie Sie ihm als Goldklumpen gaben. Das machte ihn s<strong>ich</strong>er.König Hieron: ... zu s<strong>ich</strong>er, <strong>den</strong>n er hat n<strong>ich</strong>t mit deiner List gerechnet. Ich gab dir damals<strong>den</strong> Auftrag, <strong>den</strong> Kerl zu überführen. Du hast nachgedacht und nachgedacht, n<strong>ich</strong>ts fiel direin. Du warst sehr verärgert. Und dann plötzl<strong>ich</strong>, in der Badewanne fiel es dir ein. Fast nacktkamst du zum Palast gelaufen und riefst: <strong>„Heureka</strong>, Heureka!<strong>“</strong> Die ganze Stadt liefzusammen, zu lustig. Ich <strong>den</strong>ke so gerne daran, mein lieber Archimedes. Wie kamst du bloßauf diese Idee? Du hast es ja auch in deinem Buch „Über schwimmende Körper<strong>“</strong> beschrieben,aber <strong>ich</strong> höre es lieber von dir selbst.Archimedes: Das war so: Während <strong>ich</strong> in der Badewanne saß, stellte <strong>ich</strong> mir das Stück Seifeimmer wieder als Goldklumpen vor. Ich brach ein Stück davon ab. Ich dachte es mir als das,was der Goldschmied Ihnen stahl. Damit das Gew<strong>ich</strong>t der Krone stimmte, musste er dasabgebrochene Stück durch ein anderes Metall ersetzen.König Hieron: ...ja, aber wieso sieht man das n<strong>ich</strong>t?Archimedes: Das ist le<strong>ich</strong>t zu verstehen. Das Gold wird mit dem Metall eingeschmolzen, diebei<strong>den</strong> Metalle vermischen s<strong>ich</strong> so, dass man das n<strong>ich</strong>t sieht.König Hieron: Und wie hast du ihm <strong>den</strong> Betrug nachgewiesen?Archimedes: Ich <strong>hab</strong>e mir <strong>den</strong> Goldklumpen durch das minderwertige Metall ersetztvorgestellt. Aber Gold ist das schwerste Metall, das wir kennen, das heißt: Gold hat beigle<strong>ich</strong>em Gew<strong>ich</strong>t ein kleineres Volumen als jedes andere Metall. Also nimmt dasErsatzmetall ein größeres Volumen ein als das gestohlene Gold. Wenn <strong>ich</strong> nun beides unterWasser tauche, dann ist das Ersatzmetall unter Wasser le<strong>ich</strong>ter als das Gold. Sie <strong>hab</strong>en dochbestimmt schon mal beim Ba<strong>den</strong> festgestellt, dass das Wasser beim Tragen hilft: die Beine


und Arme sind unter Wasser le<strong>ich</strong>ter als in der Luft, die Seife und alles ist in Wasser le<strong>ich</strong>ter.Das Wasser hilft beim Tragen. Das nenne <strong>ich</strong> ‚<strong>Auftrieb</strong>. Je mehr Wasser von demeingetauchten Gegenstand verdrängt wird, umso größer ist der <strong>Auftrieb</strong>, also die Hilfe desWassers beim Tragen. Das ist ein Naturgesetz und <strong>ich</strong> <strong>hab</strong> es in meinem Buchaufgeschrieben.König Hieron: Ach so, <strong>ich</strong> verstehe. Das Ersatzmetall verdrängt mehr Wasser als dergestohlene Goldklumpen, weil Gold die größte D<strong>ich</strong>te hat.Archimedes: O, Ihre Majestät beherrschen die Fachausdrücke: D<strong>ich</strong>te. Gut, gut!König Hieron: Ja, wenn man ständig mit dir zu tun hat, dann lernt man doch eine Menge.Aber lass m<strong>ich</strong> verstehen, wie der Kerl erwischt wurde. Weil das Ersatzmetall mehr Wasserverdrängt als Gold, hat das Ersatzmetall einen größeren <strong>Auftrieb</strong>. Deshalb hat dasErsatzmetall unter Wasser ein kleineres Gew<strong>ich</strong>t als der gestohlene Goldklumpen. Dannmüsste also beides, an eine Balkenwaage gehalten, in der Luft gle<strong>ich</strong> schwer sein und, wennes in die Badewanne eingetaucht wird, müsste s<strong>ich</strong> die Waagschale mit der Krone heben.Genau das <strong>hab</strong>en wir dann gemacht. Du erinnerst D<strong>ich</strong>?Archimedes: Sehr gut! Majestät hatten ihn in <strong>den</strong> Festsaal gebeten. Dort hatten Sie eine großeBadewanne mit Wasser aufstellen lassen. Auf der rechten Waagschale lag ein Goldklumpen.Er war genau so schwer wie der, <strong>den</strong> Sie ihm damals gaben. Der Goldschmied kam herein.Sie fragten ihn, ob er alles Gold inder Krone verarbeitet hätte. Er sagte: „Ja, Eure Majestät, wie könnte <strong>ich</strong> Sie betrügen. Ichschwöre es bei Zeus.<strong>“</strong> Dann nahmt Ihr die Krone vom Kopf, legtet Sie auf die linkeWaagschale und sie kam ins Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t. „Seht Ihr, Eure Majestät, der Beweis. Ich <strong>hab</strong>ekeine Schuld<strong>“</strong>, rief der Goldschmied.König Hieron: Und dann kamst du, senktest die Waage langsam in das Wasser, und sie kamaus dem Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t. Das Ges<strong>ich</strong>t des Goldschmieds werde <strong>ich</strong> nie vergessen. Er hatte esphysikalisch n<strong>ich</strong>t verstan<strong>den</strong>, aber er hatte verstan<strong>den</strong>, dass wir ihn überführt <strong>hab</strong>en. Er kenntdeine List, deinen genialen Verstand. Trotzdem kostete es ihn das Leben. Lange ist es her.Schöne Zeiten! Wir <strong>hab</strong>en schwere Zeiten vor uns. M<strong>ich</strong> wird man vergessen, aber von dirwird man auch noch in 2000 Jahren re<strong>den</strong>, von dem großen Archimedes von Syrakus.Lexikon:Archimedes (287 - 212 v. Chr.):griechischer Mathematiker, Denker, ErfinderHieron II. (275 - 215 v. Chr.):König von Sizilien in der Hauptstadt SyrakusHannibal (246 - 182 v. Chr.):General in Kartago (Nordafrika).Er ging mit einer Armee mit Elefanten über die Alpen.Heureka: griechisch für: Ich <strong>hab</strong> es gefun<strong>den</strong>!<strong>Auftrieb</strong>: der scheinbare Gew<strong>ich</strong>tsverlust in einer FlüssigkeitD<strong>ich</strong>te: D<strong>ich</strong>te = Masse/VolumenZeus: griechischer Gott.Abb. 4: Dialog zwischen Archimedes und König Hieron aus [1]


Abb. 5a: Bildfolge zum Experiment mit dem Archimedischen <strong>Auftrieb</strong>skörperAbb. 5b: Bildfolge zum Experiment mit dem Archimedischen <strong>Auftrieb</strong>skörper mit <strong>den</strong>Kräften und Kraftvektoren


Abb. 6: Herleitung der <strong>Auftrieb</strong>sformel


Abb. 7: Darstellung in einem Lehrbuch und Aufgaben ([3], S. 179)Literatur:[1] <strong>Leisen</strong>, <strong>Josef</strong> (Hrsg.): Metho<strong>den</strong>-Handbuch <strong>–</strong> Deutschsprachiger Fachunterr<strong>ich</strong>t(DFU). Bonn: Varus 1999 und 2003[2] Hepp, R.; A. Krüger und J. <strong>Leisen</strong> (Hrsg.): Metho<strong>den</strong>-Werkzeuge.Naturwissenschaften im Unterr<strong>ich</strong>t 75/76(2003)[3]

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